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Untersuchungen zum Schaltverhalten der spannungsgesteuerten Kaliumkan¨ ale Kv1.2 und Kv2.1 und Chim¨ aren dieser Kan¨ ale im Bereich des Spannungssensors Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades doctor medicinae (Dr. med.) vorgelegt dem Rat der Medizinischen Fakult¨ at der Friedrich Schiller Universit¨ at Jena von Matthias Leonhardt geboren am 14.04.1977 in Gera

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Untersuchungen zum Schaltverhalten der spannungsgesteuerten

Kaliumkanale Kv1.2 und Kv2.1 und Chimaren dieser Kanale im

Bereich des Spannungssensors

Dissertation

zur Erlangung des akademischen Grades

doctor medicinae (Dr. med.)

vorgelegt dem Rat der Medizinischen Fakultat

der Friedrich Schiller Universitat Jena

von Matthias Leonhardt

geboren am 14.04.1977 in Gera

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Gutachter

1. . . .

2. . . .

3. . . .

Tag der offentlichen Verteidigung:

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Inhaltsverzeichnis

1 Zusammenfassung 1

2 Einleitung 3

2.1 Ionenkanale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

2.1.1 Allgemeiner Aufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

2.1.2 Kaliumkanale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

2.1.3 Spannungsabhangige Kaliumkanale . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

2.1.4 Modelle und Methodik der Forschung an Ionenkanalen . . . . . . . . 4

2.1.5 Aufbau spannungsabhangiger Kaliumkanale . . . . . . . . . . . . . 6

2.1.6 Kontroverse Modelldiskussionen zum Spannungssensor . . . . . . . 7

2.1.7 Aktivierungsprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

3 Ziele der Arbeit 11

4 Materialien und Methoden 12

4.1 Unterteilung der Messmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

4.2 Molekularbiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

4.2.1 Sequenzen der Wildtypkanale und deren Chimaren . . . . . . . . . . 12

4.2.2 Verwendete cDNAs fur die Expression in Xenopus-Oozyten und Sauger-

zellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

4.2.3 Transfektion fur Saugerzellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

4.2.4 Heterologe Expression in Oozyten des Krallenfrosches Xenopus laevis 15

4.2.5 Heterologe Expression in Saugerzellen . . . . . . . . . . . . . . . . 16

4.3 Elektrophysiologische Messungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

4.3.1 Pipettenherstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

4.3.2 Patch-Clamp-Messungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

4.3.3 Zwei-Mikroelektroden-Messungen an Oozyten . . . . . . . . . . . . 19

4.3.4 Ganzzell-Messungen an Saugerzellen . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

4.3.5 Messlosungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

I

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4.3.6 Datenerfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

4.4 Pulsprotokolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

4.4.1 Ionenstrommessungen an Oozyten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

4.4.2 Aktivierungskinetik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

4.4.3 Bestimmung der Steady-State-Aktivierung . . . . . . . . . . . . . . 24

4.4.4 Gatingstrommessungen an Saugerzellen . . . . . . . . . . . . . . . . 25

4.5 Datenanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

4.5.1 Leckverrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26

4.5.2 Bestimmung der Mittelwerte und Standardabweichung . . . . . . . . 27

4.5.3 Integration der On-Gatingstrome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

5 Ergebnisse 29

5.1 Ionenstrome bei Ganzzell-Messungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

5.1.1 Fruhe Aktivierungsphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

5.1.2 Spate Aktivierungsphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

5.1.3 Zeitdauer bis zur halbmaximalen Aktivierung . . . . . . . . . . . . . 40

5.1.4 Steady-State-Aktivierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44

5.1.5 Spannungsabhangigkeit der Sigmoiditat . . . . . . . . . . . . . . . . 49

5.2 Gatingstrome der Ganzzell-Messungen an Saugerzellen . . . . . . . . . . . . 52

5.2.1 Ladungsverschiebung beim Gating in Abhangigkeit von der Spannung 52

5.2.2 Zeitverlauf des abfallenden Gatingstromes und Bestimmung der Zeit-

konstanten τg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55

6 Diskussion 60

6.1 Modell fur das Schaltverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60

6.2 Vergleich Wildtypkanale mit den Chimaren . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61

6.2.1 Vergleich der Kanale anhand des Zeitverlaufs und der Zeitkonstanten 61

6.2.2 Sigmoiditat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67

6.2.3 Steady-State-Aktivierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67

6.3 Beurteilung der Gatingstrome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67

7 Schlussfolgerungen 68

II

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1 Zusammenfassung

Die Arbeit beschaftigt sich mit Struktur-Funktions-Beziehungen an spannungsgesteuerten Ka-

liumkanalen.

Die aus vier gleichen α-Untereinheiten bestehenden spannungsgesteuerten Wildtyp - Kalium-

kanale Kv1.2 der Ratte und Kv2.1 des Menschen wurden untersucht. Dazu wurden Chimaren

zwischen dem schnell aktivierenden Kv1.2 und dem langsam aktivierenden Kv2.1 konstruiert,

um Zusammenhange zwischen der Sequenz und damit der Struktur der Kanale zu den elektro-

physiologischen Eigenschaften zu erkennen. Die Chimaren wurden aus der Gensequenz der

langsam aktivierenden Kv2.1-Kanale konstruiert, denen die Gensequenz fur die transmem-

branaren Segmente S2 und S3 aus dem schnell aktivierenden Kv1.2-Kanal eingefugt wurden.

Diese Segmente werden mit dem Spannungssensor der Kanale in Verbindung gesetzt bzw. sind

Teil desselben. Die Kanale wurden in Xenopus Oozyten exprimiert, um Ganzzell-Ionenstrom-

Messungen durchzufuhren. Um Gatingstrome zu messen, wurden die Kanale zusatzlich in

Saugerzellen exprimiert.

Die Ergebnisse lassen sich qualitativ durch ein Modell beschreiben, in dem die Schaltvorgange

in spannungsabhangige und spannungsunabhangige Schritte aufgeteilt werden, die nacheinan-

der stattfinden. Durch Ubertragen der S2- und S3-Segmente kann man diese Schaltvorgange in

ihrer Geschwindigkeit beeinflussen. Vor allem bei der Chimare mit ubertragenem S2-Segment

zeichnet sich eine Beeinflussung der stabilisierenden Elemente der spannungsabhangigen Kom-

ponente ab. Diese Chimare ist deutlich mehr spannungsunabhangig als die Wildtypkanale.

Durch Ubertragen der Segmente wird vor allem in der fruhen Phase der Aktivierung die span-

nungsunabhangige Komponente der Aktivierung beschleunigt. Die Chimaren sind somit ahn-

lich schnell wie der schnell aktivierende Wildtypkanal Kv1.2. Dies lasst darauf schließen,

dass die spannungsunabhangige Komponente vor allem in den ubertragenen Regionen des

Molekuls liegen oder mit diesem in Wechselwirkung stehen.

Bei Betrachtung der Verschiebungen der Aquivalentladung wahrend der einzelnen Aktivie-

rungsphasen wird deutlich, dass durch das Ubertragen des S2- und/oder S3-Segmentes in der

fruhen Aktivierungsphase in den Chimaren ahnlich viele Ladungen verschoben werden, wie

bei dem schnell aktivierenden Wildtypkanal. In der spaten Aktivierungsphase unterscheiden

sich die resultierenden Chimaren dagegen in der Menge der verschobenen Aquivalentladun-

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gen. Bei alleiniger Ubertragung des S3-Segmentes wird das Verhalten der Chimare wenig

geandert, wahrend durch Ubertragen beider Segmente eine Chimare entsteht, die dem schnell

aktivierenden Wildtypkanal sehr ahnlich ist. Bei der Chimare, bei welcher lediglich das S2-

Segment ubertragen wurde, werden in der spaten Aktivierungsphase sehr viele Ladungen ver-

schoben. Man kann also davon ausgehen, dass vor allem das S2-Segment eine herausragende

Aufgabe bei der Aktivierung der spannungsgesteuerten Kaliumkanale ubernimmt.

Die initiale Ladungsverschiebung, welche das Offnen der Kanale einleitet, und als Gatingstrom

bezeichnet wird, ist bei den Wildtypkanalen ahnlich groß. Die unterschiedlich starke Verzoge-

rung in der Aktivierung ist also nicht auf die initialen Schaltvorgange, sondern auf die ihr

folgenden Schritte zuruckzufuhren. Die an den Chimaren gemessenen Gatingstrome lassen

aufgrund der geringen Expressionsrate keine signifikanten Aussagen zu, da durch die anteilig

geringe Große der Strome im Vergleich zu den Leckstromen die gemessenen Werte mit hohen

Fehlerwerten behaftet sind. Hier stoßt die Messmethode an ihre Grenzen.

Die Arbeit tragt dazu bei, die Struktur-Funktions-Beziehungen an spannungsgesteuerten Ka-

liumkanalen naher zu charakterisieren und die bekannten Modellvorstellungen zu vertiefen.

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2 Einleitung

2.1 Ionenkanale

2.1.1 Allgemeiner Aufbau

Die Plasmamembran von Zellen ist aus einer Lipid-Doppelschicht aufgebaut, welche fur hy-

drophile Ionen nahezu undurchlassig ist. Um die Hydrathulle von Ionen fur den Durchtritt

durch die Membran zu entfernen, ist ein extrem großer Energieaufwand notig. Da dennoch

ein Ionentransport durch die Membran stattfindet, begannen zahlreiche Untersuchungen, um

den zugrundeliegenden Mechanismus aufzuklaren. Dabei wurden vielfaltige Modellvorstel-

lungen uber die Art und Weise des Transportes, z.B. Diffusion durch einfache Locher in der

Lipidmembran oder uber Carrier entwickelt. Im Kapitel 2.1.4, Seite 5 wird das auf hoch-

selektiven Kanalen mit Poren aufgebaute Modell von Hodgkin und Huxley beschrieben. Die

Ionenkanale werden nach dem Ionentyp benannt, fur den sie spezifisch durchlassig sind. Fur

andere Ionen ist die Durchlassigkeit um mehrere Großenordnungen geringer. Der Transport

von Ionen durch die Zellmembran, ob aktiv oder durch Diffusion, kann das Membranpotential

verandern und gekoppelte Transportvorgange in der Zelle auslosen.

Ionenkanale sind transmembranare Proteine mit einer wassergefullten Pore. Die Ionen durch-

queren die Pore passiv und ohne Energieverbrauch. Die elektrochemische Triebkraft fur den

Durchtritt ist abhangig von der Potentialdifferenz uber der Membran sowie dem chemischen

Konzentrationsgradienten des entsprechenden Ions, sie bestimmt auch die Richtung des Io-

nenstromes. Die Ionenkanale sind mit Selektivitatsfiltern ausgestattet, die jeweils nur eine

oder wenige Ionenarten durchlassen. Die permeierenden Ionen mussen meist ihre Hydrathulle

abstreifen, um durch die Pore zu gelangen. Um den Energieaufwand dafur zu vermindern,

befinden sich am Selektivitatsfilter polare Aminosauregruppen wie z.B. Carboxylgruppen, die

wahrend des Durchtritts durch die Pore fur kurze Zeit die Rolle der Hydrathulle ubernehmen.

Diese Reste sind so angeordnet, dass in der Regel nur bestimmte Ionen den Filter passieren

konnen, da bei anderen Ionen die Hydrathulle nicht so gut imitiert wird und deshalb die De-

hydrierungsenergie zu hoch ist [Armstrong & Hille, 1998]. Da fur den Durchtritt durch die

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Membran nicht unbedingt die komplette Hydrathulle sondern auch Teile derselben abgelost

werden konnen, ist es moglich, dass kleinere Ionen die Membran passieren konnen.

2.1.2 Kaliumkanale

Kaliumkanale kommen sowohl in eukaryotischen als auch in prokaryotischen Zellen vor. Sie

sind die haufigsten und vielfaltigsten aller bekannten Ionenkanale. Beim Menschen sind uber

50 verschiedene Kaliumkanal-Gene bekannt. Sie kommen in allen Geweben und Organen

vor und ubernehmen eine Vielzahl von Funktionen wie Osmoregulation, Kalium-Homoostase,

sekretorische Prozesse, Signaltransduktion und Regulierung des Membranpotentials sowohl

erregbarer als auch nicht-erregbarer Zellen [Coetzee et al., 1999].

Fur diese verschiedenen Funktionen existieren unterschiedliche Kaliumkanale, welche in Eu-

karyoten in einer großen Anzahl verschiedener Gene verschlusselt sind. Die Vielfalt der aus

den Genen synthetisierten Kanale wird wahrend der Proteinbiosynthese durch alternatives

Spleißen der pra-mRNA und nachfolgender Translation zusatzlich vergroßert.

Ein funktionsfahiger Kaliumkanal wird durch das Zusammenlagern mehrerer Untereinhei-

ten gebildet, welche gleich (homooligomer) oder unterschiedlich (heterooligomer) strukturiert

sein konnen. Bis zu vier Untereinheiten bilden den Kanal und werden als primare bzw. α-

Untereinheiten bezeichnet. Die Kaliumkanale sind nach Anzahl ihrer Transmembrandomanen

(zwei, vier oder sechs Domanen) in drei großere Gruppen unterteilt. Die innere Wand der Ka-

nalpore wird von der P-Schlinge aller vier Untereinheiten ausgekleidet [Doyle et al., 1998].

2.1.3 Spannungsabhangige Kaliumkanale

Spannungsabhangige Ionenkanale bilden die Klasse von Membranproteinen, die den Erre-

gungsvorgang in Nerven- und Muskelzellen bewirken. Innerhalb dieser Klasse stellen die

spannungsabhangigen Kaliumkanale die am einfachsten aufgebauten Proteine dar. Sie ha-

ben ungefahr nur ein Viertel des Molekulargewichts anderer spannungsabhangiger Kanale

(Natrium- oder Kalziumkanale). Spannungsabhangige Kaliumkanale steuern in besonderem

Maße die Repolarisationsphase verschiedenster Aktionspotentiale.

2.1.4 Modelle und Methodik der Forschung an Ionenkanalen

Carrier-Hypothese

Anhand von Experimenten uber die Erregungsleitung am Riesenaxon des Tintenfisches ent-

wickelten Alan Hodgkin und Andrew Huxley ein Carrier-Modell, zu welchem sie zwischen

1949 und 1952 eine Reihe von Arbeiten veroffentlichten [Hodgkin & Huxley, 1952]. In die-

sen zeigten sie, wie ein Aktionspotential entsteht (siehe dazu auch Kapitel 2.1.4, Seite 5 uber

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das Hodgkin & Huxley Modell). Die von Cole und Curtis entwickelte Spannungsklemme

ermoglichte die genauere Untersuchung der vermuteten physiologischen Vorgange an Zell-

membranen [Cole, 1979]. Sie entdeckten, dass Aktionspotentiale von spezifischen Stromen

von Kalium- und Natriumionen durch die Zellmembran hervorgerufen werden. Die ursprung-

liche Carrier-Hypothese mussten Hodgkin und Huxley anhand der gewonnenen Erkenntnisse

durch ein Konzept spannungsabhangiger ionensensitiver Tore (Kanale) ersetzen [Hodgkin,

1976].

Das Hodgkin-Huxley-Modell

Hodgkin und Huxley entwickelten ein Modell zur Erklarung der physikalischen Vorgange an

Zellmembranen bei Aktions- und Ruhepotential [Hodgkin & Huxley, 1952]. Zur Beschrei-

bung der Vorgange nutzten sie mathematische Gleichungen und konnten Vorhersagen uber

die Eigenschaften von Gatingmechanismen treffen. Sie stellten separate Gleichungen fur die

Leitfahigkeit von Natrium und Kalium (gNa und gK) durch die Membran auf. Der Anstieg von

gK bei Depolarisation der spannungsgesteuerten Kaliumkanale folgt einer sigmoidalen Kurve,

wahrend bei Repolarisation der Abfall exponentiell ist. Sie nahmen an, dass an einem Kanal

vier unabhangige Partikel (Untereinheiten) beteiligt sind, welche fur die Offnung des Kanales

zustandig sind. Nimmt man fur die Moglichkeit n an, dass eine Untereinheit korrekt positio-

niert ist, damit der Kanal offnet, so ergibt sich die Moglichkeit von n4, bei der alle vier Un-

tereinheiten korrekt positioniert sein mussen, damit der Kanal offnet. Unter Berucksichtigung

der Eigenschaft spannungsgesteuerter Kaliumkanale, bei Anderung des Membranpotentials

zu offnen, gingen Hodgkin und Huxley davon aus, dass die hypothetischen Partikel Ladungen

tragen, welche ihre Position in der Membran spannungsabhangig andern.

Patch-Clamp Technik

Die ersten Patch-Clamp Experimente wurden von Neher und Sakmann Ende der 1970 Jahre

durchgefuhrt [Neher et al., 1978] und von vielen anderen Gruppen weiterentwickelt [Neher &

Sakmann, 1995]. Bei der Patch-Clamp Technik wurden Glaspipetten unter mikroskopischer

Kontrolle auf die Zellmembran der zu untersuchenden Zelle aufgesetzt, um die Ionenstrome

der eingeschlossenen Zellmembranabschnitte mittels Verstarkern zu messen. Durch das Er-

stellen sehr hohe Abdichtwiderstande zwischen Pipette und Zellmembran (bis zu 100 GΩ)

wurden auch Einzelkanalmessungen moglich. Die Verstarkertechnik, die Materialien sowie

die Handhabung der benutzten Pipetten wurden in den letzten Jahrzehnten weiter verbessert.

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2.1.5 Aufbau spannungsabhangiger Kaliumkanale

Spannungsabhangige Kaliumkanale sind Tetramere (siehe Abbildung 1, Seite 6), d.h. die Ter-

tiarstruktur besteht aus vier Untereinheiten (Tetramer), welche eine funktionelle Einheit bil-

den [MacKinnon, 1991, Heginbotham & MacKinnon, 1992, Liman et al., 1992]. Jede der Un-

tereinheiten besitzt wiederum sechs transmembranare Helices (S1-S6), die durch Linker ver-

bunden sind. Die Porenregion, welche den Segmenten S5 und S6 sowie dem dazwischen be-

findlichen Linker zugeordnet wird, gleicht denen prokariotischer Kaliumkanale [MacKinnon

et al., 2005].

Abbildung 1: Struktur spannungsabhangiger Kalium-Kanale. Jeder Kanal ist aus vier gleichen

Untereinheiten aufgebaut (Tetramer), die aus jeweils sechs transmembranaren Segmenten (S1

bis S6) bestehen, die uber Linker miteinander verbunden sind. Man (siehe Zitate Kapitel 2.1.5,

Seite 6) geht davon aus, dass die Segmente S2 und S4 als Spannungssensor fungieren und S5

und S6, verbunden durch die Porenschleife P, die Porenregion bilden.

Der Spannungssensor

Es ist bekannt, dass das S4-Segment zusammen mit S2-Segment den Spannungssensor bil-

det. Spannungsanderungen an der Membran bewegen Ladungen in den transmembranaren

Domanen der Spannungssensoren. Diese Ladungsverschiebungen konnen als Gatingstrome

gemessen werden. Das Hauptelement des Spannungssensors ist das S4-Segment [Liman et

al., 1991, Papazian et al., 1991, Logothetis et al., 1992, Perozo et al., 1994, Larsson et al.,

1996, Cha & Bezanilla, 1998]. Es ist davon auszugehen, dass das S4-Segment sich wahrend

einer Depolarisation nach auswarts bewegt [Larsson et al., 1996, Yusaf et al., 1996, Starace et

al., 1997, Cha & Bezanilla, 1997]. Das S4-Segment hat 4 bis 8 positiv geladene Aminosaur-

en, von welchen nur ein Teil am Gating beteiligt ist [Aggarwal & MacKinnon, 1996, Seoh et

al., 1996]. In anderen Arbeiten werden sowohl S2- als auch S3-Segment dem Spannungssen-

sor zugeordnet, dies wird mit den negativ geladenen Anteilen des S2- und S3-Segmentes be-

grundet [Papazian et al., 1995,Plannells-Cases et al., 1995,Seoh et al., 1996,Tiwari-Woodruff,

1997, Cha & Bezanilla, 1997, Milligan & Wray, 2000].

Es ist auch denkbar, dass die Bewegung eines so gearteten Spannungssensorpaddels den Haupt-

anteil des Gatingstromes in Shaker-Kanalen ausmacht. Eine kurze initiale Anstiegsphase in

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den ON-Gatingstromen zeigt, dass am Gating mindestens zwei geschwindigkeitslimitierende

Vorgange beteiligt sind [Bezanilla et al., 1991,Stefani et al., 1994,Wang et al., 1999,Taglialate-

la & Stefani, 1993,Bezanilla, 2000]. Fur Shaker-Kanale wird vermutet, dass der extrazellulare

Teil des S4-Segmentes direkt den Selektivitatsfilter steuert [Elinder et al., 2001]. Die Kopp-

lung der Bewegung des Spannungssensors mit dem Offnen der Pore ist noch nicht ausfuhrlich

bekannt [Yellen, 2002]. Fur die zu den untersuchten Kanalen ahnlich gebauten HERG-Kanale

wird beschrieben, dass die Bewegung im S4-Segment der Ausloser fur eine Bindung zwischen

dem S4-S5-Linker und der Aktivierungsoffnung in S6 ist [Sanguinetti & Xu, 1999, Tristani-

Firouzi et al., 2002]. Außerdem wurde fur Shaker-Kanale und hyperpolarisationsaktivierte

HCN-Kanale gezeigt, dass der S4-S5-Linker in den Kopplungsprozess involviert ist [McCor-

mack et al., 1991, Shieh et al., 1997, Chen et al., 2001]. Neuere Arbeiten implizieren, dass die

Bewegung des Spannungssensors Bewegungen im S4-S5-Linker induziert, welche wiederum

Bewegungen in den S5 Helices und in der Pore auslosen, was den Kanal offnet [Jiang et al.,

2003b].

2.1.6 Kontroverse Modelldiskussionen zum Spannungssensor

Das konventionelle Modell

In den vergangenen Jahrzehnten sind zahlreiche Arbeiten zum Schaltverhalten der spannungs-

gesteuerten Ionenkanale veroffentlicht worden. Dabei hat sich im Hinblick auf die Struktur

und Lage der transmembranaren Segmente ein Konsens gefestigt [Bezanilla, 2000, Gandhi &

Isacoff, 2002]. Das Modell, welches Grundlage fur die meisten dieser Arbeiten ist, geht davon

aus, dass alle sechs Segmente der spannungsgesteuerten Kaliumkanale in eukaryotischen Zel-

len komplett transmembranar sind. Der Spannungssensor wird, wie in den vorangegangenen

Abschnitten dieser Arbeit zitiert, den S1- bis S4-Segmenten zugeschrieben. Das S4-Segment

mit mehreren positiv geladenen Lysin- und Arginin-Resten wird hierbei von einer hydropho-

ben Gating-Pore umgeben, welche aus Vorraumen der S1- bis S3-Segmente besteht. Diese

Vorraume sind mit Wasser gefullt. Die Gating-Pore liegt strategisch gunstig zwischen ein bis

drei negativen Ladungen. Dadurch wird die Energie niedrig gehalten, die notig ist, um das S4-

Segment aus seiner leichten Bindung zu losen und es zu bewegen. Das elektrische Feld ist vor

allem auf die Gating-Pore fokussiert, welche deutlich kurzer ist als die komplette Membran

dick ist. Das S4-Segment antwortet auf Anderungen des Membranpotentials mit relativ kleinen

Bewegungen, etwa < 15 A, wogegen die S1- bis S3-Segmente von der Spannungsanderung

unbeeinflusst bleiben. Um diese Basisaussagen zum Spannungssensor, welche in allen kon-

ventionellen Arbeiten relativ ubereinstimmend sind, herum gibt es einige Variationen [Yellen,

1998,Horn, 2004]. Allen gemein ist, dass das energetische Problem der Ladungsbewegung der

Aminosauren durch die dielektrische Umgebung auf zwei Wegen gelost wird. Erstens durch

wassergefullte Umgebungen um das S4-Segment herum und zweitens durch Stabilisierung der

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Bewegungen durch die Gating-Pore durch negative Ladungen. Somit hat das S4-Segment nur

minimalen Kontakt zum hydrophoben Kern der Membran.

Das Paddel-Modell

Das Paddel-Modell wurde in den letzten Jahren vorwiegend von R. MacKinnon und sei-

nen Mitarbeitern eingefuhrt. Es wurde aus experimentellen Untersuchungen der Kristallstruk-

tur bakterieller spannungsgesteuerter Kaliumkanale entwickelt, wobei die S2-, S3- und S4-

Segmente dem Spannungssensor zugeschrieben wurden [Jiang et al., 2003a,Jiang et al., 2003b].

Vor allem aus seinen Arbeiten an bakteriellen KvAP-Kanalen und einer Studie mit moglichen

Biotin-Bindungsstellen an den Kanalproteinen entwickelte MacKinnon das Paddel-Modell,

was sich von der konventionellen Modellvorstellung unterscheidet. In seinen Arbeiten wird

davon ausgegangen, dass das S4-Segment und der C-terminale Teil des S3-Segmentes ein

Paddel bilden, welches zum großten Teil am intrazellularen Bereich der Membran lokalisiert

ist. Das Paddel ist eine feste Einheit, die im Ganzen durch die Membran bewegt wird (> 20

A), ahnlich einer Elektrophorese. Hier legen die Ladungen also eine deutlich großere Strecke

als die im konventionellen Modell angenommene zuruck.

Die Spannungssensoren sind im Wesentlichen unabhangige Domanen innerhalb der Mem-

bran. Dadurch leisten sie mechanische Arbeit an der Pore, unter anderem uber die S4-S5 Lin-

kerhelices, welche in der Lage sind, die inneren S6-Helices der Pore zu komprimieren oder zu

dilatieren [MacKinnon et al., 2005]. Jiang und Mitarbeiter schrieben den Aminosauren der S2-

Helices eine stabilisierende Wirkung auf die positiven Paddelladungen zu [Jiang et al., 2003b].

Im Offen-Zustand sind zwei der vier Arg-Gruppen des S4-Segments an der lipidseitigen Ober-

flache lokalisiert und zwei befinden sich innerhalb des Spannungssensors [MacKinnon et al.,

2005].

Fur die Unterschiede zum konventionellen Modell muß man berucksichtigen, dass die an Kri-

stallstrukturen gewonnenen experimentellen Interpretationen nicht unbedingt die exakte Kon-

formation des Spannungssensors in eukaryotischen Zellen darstellen.

Berucksichtigung der unterschiedlichen Syntheseeinflusse

Um funktionelle Ergebnisse auf Anderungen in Gensequenzen zuruckzufuhren, muss beruck-

sichtigt werden, dass nicht allein die Gensequenz fur die Synthese der Kanale verantwort-

lich ist. So dient die Basensequenz lediglich als Vorlage fur die Abfolge der entsprechenden

Aminosauren. Der synthetisierte Kanal kann trotz gleicher Aminosauresequenz trotzdem un-

terschiedliche Tertiar- (Faltung) und Quartarstruktur (mehrere Untereinheiten, z.B. α bzw.

β) haben. Auch alternatives Splicen kann die Kanalzusammensetzung wahrend der Synthese

verandern. Weiterhin kann die Kanalfunktion durch Phosphorylierung, Glykosylierung oder

Bindung von Transmittern beeinflußt werden [Hille, 2001]. In diesem Kontext sind auch die

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von [MacKinnon et al., 2005] beschriebenen Kristallstrukturen mit Vorbehalt zu beurteilen,

da diese in Bakterienzellen vervielfaltigt wurden, wobei im Gegensatz zu Saugerzellen oder

Oozyten keinerlei Glykosylierung stattfindet [Hille, 2001]. Hinzu kommt hier, dass die Kri-

stallisierung durch Anlagern einer oxido-reduktase-β2-Untereinheit an den Kanal ermoglicht

wurde, welche dadurch auch den Kanal beeinflussen kann. Die Kristallisierungen sind au-

ßerdem Momentaufnahmen des Offenzustandes des Kanales, wahrend die physiologischen

Messungen eine Betrachtung der verschieden Ablaufe darstellen.

Die meisten topologischen Eckpunkte des konventionellen Modells sind in einigen Arbei-

ten mit Hilfe von Antikorpern, welche an der Membranoberflache intra- und extrazellular

gebunden waren, gefestigt worden [Shih & Goldin, 1997, Tu et al., 2000]. Demgegenuber

wurde in Experimenten mit dem Gift der Vogelspinne (VSTx) nachgewiesen, dass dieses

nur bei prokaryotischen KvAP Kanalen bei depolarisierter Membran an das Paddel bindet,

wahrend dieses bei eukaryotischen Kv2.1 Kanalen unabhangig von der angelegten Spannung

bindet [Jiang et al., 2003a, Lee et al., 2003]. Dies spricht dafur, dass das S4-Segment hier

anders lokalisiert ist, als bei den prokaryotischen Zellen. Auch fur das S3b-Segment, was

laut MacKinnon Teil des beweglichen Paddels sein soll, sind Arbeiten an Natrium und Sha-

ker-Kaliumkanalen veroffentlicht worden, die mit Hilfe von Chimaren nachweisen, dass das

S3b-Segment sich wahrend einer Depolarisation nicht großere Strecken durch die Membran

bewegen kann [Nguyen & Horn, 2002, Gandhi et al., 2003].

Trotz einer hohen Frequenz von Veroffentlichungen und Reviews zu beiden Modellen be-

stehen momentan beide parallel und es konnte bisher nicht abschließend bewiesen werden,

welches Modell von beiden die Realitat genauer wiederspiegelt [Ahern & Horn, 2004]. Die

vorliegende Arbeit benutzt sowohl fur die Messmethode als auch fur die Interpretation der

gewonnenen Daten das konventionelle Modell. Dies ist fur die Untersuchung der elektrophy-

siologischen Vorgange mit Hilfe der Messungen der Ionenstrome und Gatingstrome besser

geeignet.

2.1.7 Aktivierungsprozess

Bei der Aktivierung von Shaker-Kanalen geht man davon aus, dass durch Konformationsande-

rungen 12 bis 16 Aquivalentladungen pro Kanal durch das elektrische Feld der Membran be-

wegt werden. Die Sigmoiditat der Aktivierungskurven lasst erkennen, dass mehrere sequen-

tielle Konformationsanderungen stattfinden mussen, bevor der Kanal offnet. Die Spannungs-

abhangigkeit der Verschiebung der Gating-Ladung deutet darauf hin, dass jede einzelne Bewe-

gung 3.5 elektrische Aquivalentladungen verschiebt [Zagotta et al., 1994b]. Untersuchungen

der Gatingstrome an Kv2.1 unterstutzen die Modellvorstellung, dass in der Aktivierung der

Kaliumkanale einer anfanglichen langsamen bzw. wenig spannungsabhangigen Komponente

mehrere spannungsabhangige folgen, die in einer letzten spannungsunabhangigen Komponen-

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te der Aktivierung munden, durch welche dann die Pore letztlich geoffnet wird [Taglialatela

& Stefani, 1993]. Obwohl die zitierten Arbeiten mittlerweile einen großen Einblick in die

Struktur und Funktionsweise der spannungsgesteuerten Kaliumkanale ermoglichen, bleiben

noch viele Fragen offen [Cohen et. al, 2003]. Insbesondere, warum Kanale mit sehr ahnlicher

Stuktur und enger Verwandschaft trotzdem mit unterschiedlicher Kinetik aktivieren, bleibt

ungeklart. Die dieser Dissertation vorausgegangenen Arbeiten gingen auf die Tatsache ein,

dass Kv1.2 Kanale ungefahr dreimal so schnell aktivieren, wie Kv2.1 Kanale [Scholle et al.,

2000, Koopmann et al., 2001]. Hierfur wurden das S4-Segment, der S5 Porenlinker und die

Pore selbst als beeinflussende Elemente ausgemacht. Scholle und Mitarbeiter analysierten die

Aktivierung des Gatingstroms von Kv1.2 und Kv2.1 Kanalen, um herauszufinden, welcher

Teil des Aktivierungsprozesses fur die unterschiedliche Kinetik der Kanale verantwortlich

ist [Scholle et al., 2004]. Hierbei wurde der initiale Gatingstrom als Ursache ausgeschlossen,

da er einen gleichformigen Zeitverlauf in beiden Wildtypkanalen besitzt. Die unterschiedliche

Kinetik ist also auf die dem initalen Strom folgenden Reaktionen zuruckzufuhren.

Untersuchungen der Gatingstrome an Chimaren

Um die verschiedenen Schritte des Aktivierungsprozesses den einzelnen Strukturen der Kanale

zuzuordnen und mehr Informationen uber den zeitlichen Zusammenhang der Reaktionen zu

bekommen, wurden Chimaren der Wildtypkanale Kv1.2 und Kv2.1 hergestellt und analy-

siert [Koopmann et al., 2001]. Diese Chimaren bestehen aus den S1- bis S4-Segmenten des

schnell aktivierenden Wildtypkanales Kv1.2, wahrend alle restlichen Anteile der Chimaren

dem langsam aktivierenden Wildtypkanal Kv2.1 entsprechen. Hierbei stellte sich heraus, dass

die Chimaren schneller aktivieren als der langsame Wildtypkanal. Die Aktivierungskinetik der

Chimaren zeigte eine starkere Spannungsabhangigkeit als die der Wildtypkanale. Der Aus-

tausch des S3-Segmentes ergab eine Chimare, bei der weniger effektive Gatingladungen an

der Aktivierung beteiligt sind, was eine Beschleunigung sowohl der spannungsabhangigen wie

auch der spannungsunabhangigen Komponente des Zeitverlaufs der Aktivierung bewirkt. Der

Austausch des S2-Segmentes fuhrte zu einer Beschleunigung uberwiegend der spannungs-

abhangigen Komponente der Aktivierung und lasst die beteiligte effektive Gatingladung un-

beruhrt.

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3 Ziele der Arbeit

Ziel der Untersuchungen war, durch den Einsatz molekularbiologischer und elektrophysio-

logischer Techniken zur Aufklarung des molekularen Aktivierungsmechanismus spannungs-

abhangiger Kaliumkanale beizutragen.

Hierbei wurde als Arbeitshypothese eine mogliche Zuordnung der geschwindigkeitsbestim-

menden Prozesse im Gating zu strukturellen Elementen (transmembranare Segmente) der un-

terschiedlichen Wildtypkanalen und Chimaren in den Vordergrund gestellt. Dazu war es erfor-

derlich, die ermittelten Ergebnisse in die bestehenden Modellvorstellungen wie das Hodgkin-

Huxley-Modell sowie Zagotta-Hoshi-Aldrich-Modell einzuordnen und die Ergebnisse anhand

dieser zu bewerten [Hodgkin & Huxley, 1952, Zagotta et al., 1994b].

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4 Materialien und Methoden

4.1 Unterteilung der Messmethoden

Um Ionenstrom- und Gatingstrom-Messungen an den Wildtypkanalen Kv1.2 und Kv2.1 und

deren Chimaren durchfuhren zu konnen, mussten diese in großer Zahl in solchen Zellen

synthetisiert werden, die unter Laborbedingungen fur Messungen geeignet sind. Die Zellen

mussen moglichst wenig endogene Kanale in der Zellmembran haben und ausreichend groß

sein, damit sie mit Mikroelektroden untersucht werden konnen. Besonders gut geeignet und

im Labor etabliert sind hier die Oozyten des Krallenfrosches Xenopus. Sie sind mit bloßem

Auge zu sehen (Durchmesser ca. 1 mm) und deshalb sehr gut fur die Untersuchung mit Mi-

kroelektroden geeignet. Die Xenopus-Oozyten wurden im Rahmen dieser Arbeit zur Messung

von Ionenstromen eingesetzt.

Fur die Messung von Gatingstromen, die in wenigen Millisekunden fließen, sind diese Zellen

nicht geeignet, da die Umpolung der Zellmembran langer dauert als die zu messenden Ga-

tingstrome. Deshalb wurden hierfur Saugerzellen eingesetzt, welche aufgrund ihrer geringen

Große schwieriger zu handhaben sind.

4.2 Molekularbiologie

4.2.1 Sequenzen der Wildtypkanale und deren Chimaren

Im Rahmen der Arbeit wurden elektrophysiologische Messungen an zwei Wildtyp-Kaliumkanalen

durchgefuhrt (Kv1.2 der Ratte, Accession No. X16003; Kv2.1 des Menschen, Accession No.

X68302). Weiterhin wurden drei Chimaren konstruiert und untersucht. Die Chimaren CH S2

und CH S3 entsprechen in der Aminosauresequenz dem langsam aktivierenden Wildtypka-

nal Kv2.1, in den das dem Chimarennamen entsprechende Segment des schnell aktivierenden

Wildtypkanales Kv1.2 eingebaut wurde. Bei der Chimare CH S2-S3 wurden die Segmente S2

und S3 einchließlich der Linker ersetzt.

Abbildung 2 zeigt einen Sequenzvergleich der beiden Wildtypkanale, die angenommenen

membranstandigen Segmente S1 bis S6 sowie die Linkerregionen sind gekennzeichnet. In Ta-

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belle 1 sind die untersuchten Chimaren mit ihren den Wildtypkanalen entsprechenden Nucleo-

tidanteilen in der cDNA aufgelistet.

Kanalname Segmente Nucleotidanteile

Kv2.1 Kv1.2 Kv2.1

Wildtypkanal Kv2.1 1-stopp

Wildtypkanal Kv1.2 1-stopp

Chimare CH S2 1-684 664-735 757-stopp

Chimare CH S2-S3 1-684 664-843 862-stopp

Chimare CH S3 1-777 754-843 862-stopp

Tabelle 1: Ubersicht uber die untersuchten Kanale. Die Tabelle beschreibt, welche Nucleoti-

danteile in den cDNAs der Chimaren denen der Wildtypkanale entsprechen. Siehe dazu auch

Abbildung 2.

4.2.2 Verwendete cDNAs fur die Expression in Xenopus-Oozyten und

Saugerzellen

Die fur die Expression in Xenopus-Oozyten erforderlichen Konstrukte wurden von Prof. O.

Pongs (Zentrum fur Molekulare Neurobiologie Hamburg) zur Verfugung gestellt [Stuhmer

& Pongs, 1989]. Die cDNA fur Kv1.2 befindet sich im Vektor pAKS2, die fur Kv2.1 in

pGEMHEnew. Beide Vektoren sind fur die Herstellung von cRNA geeignet, d.h. sie enthalten

vor der kodierenden Region des Kanals den SP6- (pAKS2) bzw. den T7-Promotor (pGEM-

HEnew) fur die in vitro Transkription. Vektor pGEMHEnew enthalt zusatzlich die 5´- und

3´-nichtkodierenden Bereiche des Xenopus- β-Globingens, die eine effizientere Translation

ermoglichen sollten. Die cDNAs fur die Chimaren Ch S2, Ch S2-S3 und Ch S3 befinden sich

ebenfalls im Vektor pGEMHEnew.

Alle gentechnischen Arbeiten wurden von Herrn Dr. T. Zimmer und Frau K. Schoknecht (In-

stitut fur Physiologie II, FSU Jena) durchgefuhrt.

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Abbildung 2: Gegenuberstellung der Aminosauresequenzen der Wildtypkanal Kanale Kv1.2

und Kv2.1. Die Nummern 1 bis 7 kennzeichnen die fur die Chimarenkonstruktion genutzten

Proteinbereiche. Mit S1 bis S6 sind die transmembranaren Segmente bezeichnet.

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4.2.3 Transfektion fur Saugerzellen

Um eine transiente Expression in Saugerzellen zu erreichen (siehe 4.2.5 Heterologe Expressi-

on, Seite 16), mussten die kodierenden Bereiche aller funf Kanale in einen geeigneten Vektor

umkloniert werden. Hierfur stand das Expressionsplasmid pTracerSV40 (Invitrogen; genutzt

fur Kv2.1) sowie sein Derivat pTSV40G (fur Kv1.2 und alle Chimaren) zur Verfugung. Beide

Plasmide enthalten den SV40-Promotor, den BGH-Terminator sowie die kodierende Region

einer spektralen Variante des Green Fluorescent Proteins (GFP). pTracerSV40 enthalt die ko-

dierende Region des Wildtyp-GFP, pTSV40G hingegen kodiert fur die modifizierte GFP-Form

EGFP der Firma Clontech. Die GFP-Koexpression ermoglichte nach geeigneter Anregung die

Identifikation transfizierter Zellen. Die Umklonierungen erfolgten unter Nutzung der Restrik-

tionsorte fur KpnI (bzw. dem Isoschizomer Asp718I) und PstI. Die Richtigkeit der Klonierun-

gen wurde mit Restriktasen uberpruft.

4.2.4 Heterologe Expression in Oozyten des Krallenfrosches Xenopus

laevis

Praparation von Xenopus laevis-Oozyten

Die Oozyten wurden von adulten Sudafrikanischen Krallenfroschen (Xenopus laevis) entnom-

men. Dazu wurden die Tiere fur ca. 1 Stunde auf Eis gelegt. Danach wurden die Frosche fur

15 bis 20 Minuten mit Tricaine (0,3 % 3-aminobenzoesaure-Ethylester; 4 g/l Wasser, Sigma,

Deutschland) anasthesiert. Nachdem der Frosch keine Reaktion mehr zeigte, wurde er auf eine

mit Eis gefullte Operationsschale gelegt. Mit einer Operationsschere wurde die Haut sowie die

Bauchinnenhaut am Unterbauch ca. 1 cm lang aufgeschnitten. Mit einer gebogenen Pinzette

wurden die Ovarien teilweise herausgezogen. Die benotigten Oozyten wurden abgetrennt und

entnommen. Zuerst wurde die Muskulatur mit Bindegewebe und anschließend die Haut mit re-

sorbierbarem Nahtmaterial (4/0 USP, catgut GmbH, Markneukirchen, Deutschland) zugenaht.

Die abgeschnittenen Ovarien wurden vorsichtig auseinandergezogen und, soweit es moglich

war, die Blutgefaße entfernt. Anschließend wurden die Stucke fur 60 - 90 Minuten in einer

Kollagenase-Losung bei Zimmertemperatur auf einem Schuttler inkubiert (1,2 mg/ml, Typ

CLS II, Biochrom, Deutschland). Nachdem sich schon einige Oozyten aus dem Verband gelost

hatten, wurde die restliche Enzymlosung in mehreren Spulvorgangen mit Barthmedium aus-

gewaschen.

Oozyten wurden nach dem Protokoll von Goldin prapariert [Goldin, 1992]. Die Oozyten wur-

den in Barth-Medium (siehe Tabelle 3, Seite 22) mit 1,2 mg/ml Kollagenase (Typ 1, Sigma,

St. Louis, MO) 20 - 40 Minuten geschuttelt und anschließend 1 - 2 Stunden lang mit kal-

ziumfreiem Barth-Medium gespult. Nach der Uberfuhrung und wiederholtem Spulen in kal-

ziumhaltigem Barth-Medium wurden die Oozyten mit Pipetten mechanisch isoliert und in

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einer Petri-Schale defollikuliert. Fur die weitere Praparation wurden nur Oozyten der Ent-

wicklungsstufe V verwendet [Dumont, 1972]. Innerhalb der nachsten 6 Stunden wurde 50nl

cRNA Losung in die isolierten Oozyten injiziert. Die cRNA-Konzentration wurde dabei vari-

iert, um die Expressionshohe besser kontrollieren zu konnen. Die Oozyten wurden bei 18 C

in Barth-Medium fur maximal drei Tage inkubiert und anschließend fur elektrophysiologische

Messungen verwendet.

Synthese der cRNA

Fur die Herstellung der copy RNA (cRNA) mittels in vitro Transkription wurden die Vektoren

zunachst mit EcoRI (Kv1.2 in pAKS2) bzw. NotI (Kv2.1 sowie die Chimaren in pGEMHE-

new) linearisiert. Die Fragmente wurden mittels Agarosegelelektrophorese und einem DNA-

Gelextraktionskit aufgereinigt. Der in vitro Transkriptionsansatz enthielt neben dem gereinig-

ten DNA-Fragment, dem Nukleotidmix, dem Transkriptionspuffer, einem RNAse-Inhibitor

und der SP6 bzw. T7 DNA Polymerase. Außerdem enthielt sie m7G(5´)ppp(5´)G, um am 5´-

Ende die gewunschte cap-Struktur zu erhalten, welche die Stabilitat der synthetischen RNA in

den Oozyten erhoht. Der Transkriptionsansatz wurde fur 2 Stunden bei 37 C inkubiert. Die

noch vorhandene DNA wurde mittels DNAse abgebaut (20 Minuten bei 37 C). Der cRNA-

Ansatz wurde aliquotiert und bei -80 C gelagert.

Injektion der cRNA in Oozyten

Zur Injektion der Oozyten wurde dunnwandiges Borosilikatglas verwendet. Der Außendurch-

messer betrug 2 mm, der Innendurchmesser 1,6 mm (Hilgenberg, Malsfeld, Deutschland). Die

Pipetten wurden mittels eines Horizontalpullers (P-97, Sutter Instruments, Novato, California,

USA) gezogen. Die Spitzen der Injektionspipetten wurden unter Sichtkontrolle an einem Heiz-

draht einer Mikroschmiede in eine kanulenformige Offnung umgewandelt, um die Oozyten so

wenig wie moglich zu verletzen. Der Durchmesser der Offnung lag zwischen zwei und 4 µm.

Zur Injektion der RNA wurden die Oozyten in kleine Vertiefungen in einer Petrischale pipet-

tiert. Durch ein Stereomikroskop konnte die Injektion und die Bewegung der Injektionspipette

kontrolliert werden. Die Pipette wurde in eine Vorrichtung auf einem mechanischen Mikro-

manipulator eingespannt. Die mit der Vitellinmembran umgebenen Oozyten wurden mit 30 -

50 nl RNA injiziert.

4.2.5 Heterologe Expression in Saugerzellen

Fur die heterologe Expression der Wildtyp- und chimaren Kaliumkanale wurden sowohl CHO-

Zellen als auch L-Zellen gewahlt. Fur beide Zellinien liegen keine Literaturdaten vor, die

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auf die Expression endogener Kaliumkanale hindeuten. Beide Zellinien waren somit fur die

heterologe Expression der zu untersuchenden Kanale geeignet.

Die transiente Transfektion der CHO- und L-Zellen erfolgte mit dem Reagenz Effectene (Qia-

gen GmbH, Hilden). Die Zellen wurden ca. 24 Stunden vor der Transfektion in Kulturschalen

(Durchmesser 3 cm) ausgesat und bei 5 % CO2 und 37 C in 3 ml Nahrmedium inkubiert.

Zum Zeitpunkt der Transfektion waren die Zellen zu 60 - 80 % konfluent. Zunachst wurden 1

- 2 µg gereinigter Plasmid-DNA in 71 µl EC-Puffer uberfuhrt und mit 4 µl Enhancer-Losung

versetzt. Der Ansatz wurde mit dem Vortexer gemischt und 2 - 5 Minuten bei Raumtemperatur

inkubiert. Nach Zugabe von 12,5 µl Effectene wurde der Ansatz nochmals ca. 10 Sekunden

mit dem Vortexer gemischt, fur weitere 5 - 10 Minuten bei Raumtemperatur inkubiert und mit

0,5 ml Nahrmedium versetzt (siehe Tabelle 2, Seite 17). In der Zwischenzeit wurde das alte

Nahrmedium von den CHO-Zellen entfernt und durch 1,5 ml frisches Nahrmedium ersetzt.

Schließlich wurde der Transfektionsansatz vorsichtig tropfenweise zu den Zellen zugegeben.

Die Kulturschale wurde schließlich fur 16 - 22 Stunden bei 5 % CO2 und 37 Celsius in-

kubiert. Anschließend wurde das Transfektionsgemisch entfernt und die Zellen wurden mit

sterilem PBS gewaschen. Zum Ablosen der transfizierten Zellen von der Kulturschale erfolg-

te schließlich die Zugabe von 75 µl Trypsinlosung (0,25 %; Gibco) und eine ca. 3-minutige

Inkubation bei 37 Celsius. Die abgelosten Zellen wurden in 2 ml Nahrmedium vorsichtig

resuspendiert und portionsweise in Eppendorfgefaße uberfuhrt. Diese Suspension wurde fur 2

- 3 Stunden bei 37 Celsius inkubiert und anschließend fur die elektrophysiologischen Mes-

sungen verwendet.

CHO-Zellen: • MEMα (einschließlich 2 mM Glutamin, Gibco)

• 10 % Fotales Kalberserum (FKS; Biochrom)

• 1 % Streptomycin/Penicillin-Losung (Gibco)

L-Zellen: • MEM (einschließlich Glutamin, Gibco)

• 10 % FKS (Biochrom)

• 1 % Antibiotika/Antimykotika-Losung (Gibco)

• 1 % Nichtessentielle Aminosauren (Gibco)

Tabelle 2: Zusammensetzung der Nahrmedien fur die Saugerzellen

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4.3 Elektrophysiologische Messungen

Die elektrophysiologischen Messungen an CHO- und L-Zellen sowie an Xenopus-Oozyten

wurden mit der Patch-Clamp-Technik bei Raumtemperatur (21 - 23 C) durchgefuhrt [Hamill,

1981]. Samtliche Spannungsangaben bezeichnen das intrazellulare in Bezug zum extrazel-

lularen Potential. Auswartsgerichtete Kationenstrome sind als positive Strome definiert.

4.3.1 Pipettenherstellung

Die Pipetten fur die Patch-Clamp-Messungen wurden aus Borosilikatglaskapillaren (Außen-

durchmesser 2,0 mm, Innendurchmesser 1,0 mm; Hilgenberg, Malsfeld) mit einem Vertikal-

elektrodenziehgerat (PP-83, Narishige, Japan) in zwei Zugen hergestellt. Anschließend wur-

den die Pipetten fur Saugerzell-Messungen unter optischer Kontrolle uber einem gluhenden

Platindraht poliert, fur die Oozyten wurde dieser Schritt ausgelassen, damit die Pipetten besser

die Oozytenmembran perforieren konnen. Mit der verwendeten Pipettenlosung (siehe 4.3.5,

Seite 22) ergab sich ein Widerstand zwischen 1 und 4 MΩ.

4.3.2 Patch-Clamp-Messungen

Um außere Einflusse auf die Messungen so gering wie moglich zu halten, wurde der Ver-

suchsaufbau auf einem schwingungsfreien Labortisch gelagert und mit einem geerdeten Faraday-

Kafig gegen elektrische Storungen abgeschirmt.

Alle Messungen erfolgten in einer Messkammer aus Plexiglas, die mit Hilfe von Zulauf- und

Absaugvorrichtungen einen standigen Losungsfluss und eine nahezu konstante Ionenkonzen-

tration der Badlosung ermoglichte. Die Experimentierkammer hatte ein Volumen von ca. 2 ml.

Ein Pipettenhalter fixierte die Messpipette und stellte gleichzeitig uber eine Elektrode (chlo-

rierter Silberdraht) den Kontakt zwischen Messkammer und Verstarker her. Der Pipettenhalter

konnte mittels eines Mikromanipulators unter optischer Kontrolle uber eine Videokamera drei-

dimensional positioniert werden. Eine uber einen Schlauch verbundene Spritze ermoglichte

es, an der Pipettenspitze einen Uber- oder Unterdruck anzulegen. Als Badelektrode fungier-

te ein Ag/AgCl-Pellet, das auf Masse gelegt wurde. Zu den verwendeten Losungen und dem

Messaufbau siehe Kapitel 4.3.5, Seite 22 sowie Abbildung 4, Seite 21.

Die Patch-Clamp-Technik wurde unter Sicht durch ein invertiertes Mikroskop (Axiovert 100,

Carl Zeiss Jena) durchgefuhrt (siehe auch Abbildung 3, Seite 20). Vor dem Eintauchen der

Messpipette in die Badlosung wurde in dieser ein leichter Uberdruck erzeugt, damit keine

Verunreinigungen an der Pipette haften blieben. Diese Maßnahme wurde auch beim Aufset-

zen auf der Zellmembran angewendet. Die Beruhrung mit der Zellmembran wurde sowohl

optisch uber einen Monitor am Mikroskop als auch uber die Beobachtung des Anstieges des

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Pipettenwiderstandes kontrolliert. Sowohl die Messungen an Saugerzellen als auch die Zwei-

Elektroden-Messungen an Oozyten wurden als Ganzzell-Messungen durchgefuhrt [Number-

ger & Draguhn, 1996].

4.3.3 Zwei-Mikroelektroden-Messungen an Oozyten

Die Messungen an Xenopus-Oozyten zur Ermittlung der Ionenstrome wurden mit der Zwei-

Mikroelektroden in Ganzzell-Konfiguration durchgefuhrt [Numberger & Draguhn, 1996]. Hier-

bei kam der Verstarkers OC725C (Warner Instruments) zum Einsatz.

Die Glaselektroden wurden etwa zur Halfte mit 3 M KCl-Losung gefullt und hatten einen

Pipettenwiderstand zwischen 0.1 und 0.5 MΩ. Als Badlosung fungierte modifizierte Barth-

Losung mit 5 mM KCl und 80 mM NaCl (siehe Tabelle 3, Seite 22). Nach dem Eintauchen

der beiden Pipetten wurden diese gleichzeitig mit den Mikrometertrieben uber der Oozyte po-

sitioniert und solange an die Zelle herangefuhrt bis diese sich leicht bewegte oder eindellte.

Dann wurden mit einer kurzen Drehung an den Mikrometertrieben die beiden Pipetten gleich-

zeitig in die Oozyte eingestochen. Danach wurde der Faraday-Kafig geschlossen, um storende

Einflusse auf die Messung zu reduzieren. Zu den verwendeten Losungen und dem Messaufbau

siehe Kapitel 4.3.5, Seite 22 sowie Abbildung 3, Seite 20.

4.3.4 Ganzzell-Messungen an Saugerzellen

Die Gatingstrome wurden an L- bzw. CHO-Zellen gemessen. Diese wurden mit einer Mes-

selektrode in cell-attached-Konfiguration als Ganzzell-Messungen durchgefuhrt [Numberger

& Draguhn, 1996].

Im Unterschied zu den Zwei-Mikroelektroden-Messungen (Kapitel 4.3.3, Seite 19) wurde die

Pipette nicht in die Zelle eingestochen, sondern sofort nach dem Aufsetzen durch Wegnah-

me des Uberdruckes und Anlegen eines leichten Unterdruckes ein hoher Abdichtwiederstand

(Gigaseal) erzeugt. Es wurden Sealwiderstande bis 60 GΩ erreicht. Nachdem die Pipette ab-

gedichtet an der Zelle anlag, konnte mit einem kurzen Verstarken des Unterdruckes in der

Pipette ein Loch in der Membran erzeugt werden. Dadurch war der Inhalt der Pipette mit dem

Zellinneren verbunden und die Pipettenlosung vermischte sich in wenigen Sekunden mit dem

Zytoplasma. Nachdem die Pipette mit der Zelle verbunden war, wurde mit Badlosung gespult,

bis die spannungsabhangigen Ionenstrome nicht mehr sichtbar waren. In dieser Konfiguration

(cell-attached, Ganzzell) konnten die Gatingstrom-Messungen durchgefuhrt werden [Number-

ger & Draguhn, 1996].

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Abbildung 3: Messaufbau der Zwei-Elektroden-Messungen (Ionenstrom-Messungen) an Oozy-

ten: 1 Oozyte; 2 Pipette; 3 Pipettenhalter mit Offnung zum Anlegen von Unter- bzw. Uberdruck;

4 Mikromanipulator; 5 und 6 Ableitung zum Verstarker (5 Pipettenelektrode, 6 Badelektrode);

Konfiguration siehe Ausschnittsvergroßerung: a vor dem Einstechen in die Oozyte; b eingesto-

chene Pipette in Ganzzell-Konfiguration

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Abbildung 4: Messaufbau der Gatingstrom-Messungen an Saugerzellen: 1 Zelle; 2 Pipette; 3

Pipettenhalter mit Offnung zum Anlegen von Unter- bzw. Uberdruck; 4 Mikromanipulator; 5 und

6 Ableitung zum Verstarker (5 Pipettenelektrode, 6 Badelektrode); cell-attached-Konfiguration

siehe Ausschnittsvergroßerung: a Sealbildung vor dem Exzidieren; b Patch mit in der Pipette

geoffneter Membran: Ganzzell-Konfiguration

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4.3.5 Messlosungen

Fur die Messungen wurden folgende Pipetten- und Badlosungen verwendet:

Bad- und Pipettenlosungen fur Ionenstrom-Messungen an Xenopus-Oozyten

Als Pipettenlosung fur die Messungen an Xenopus Oozyten diente 3 M KCl-Losung. Zu den

verwendeten Badlosungen siehe Tabelle 3.

Barth-Medium modifiziertes Barth-Medium Barth-Medium, kalziumfrei

NaCl 84 mM

KCl 1 mM

NaHCO3 2,4 mM

MgSO4 0,82 mM

Ca(NO3)2 0,33 mM

CaCl2 0,41 mM

TRIS 7,5 mM

pH 7,4

NaCl 80 mM

KCl 5 mM

NaHCO3 2,4 mM

MgSO4 0,82 mM

Ca(NO3)2 0,33 mM

CaCl2 0,41 mM

TRIS 7,5 mM

pH 7,4

NaCl 84 mM

KCl 1 mM

NaHCO3 2,4 mM

MgSO4 0,82 mM

TRIS 7,5 mM

pH 7,4

Tabelle 3: Badlosungen fur Ionenstrom-Messungen an Xenopus Oozyten

Bad- und Pipettenlosungen fur Gatingstrom-Messungen an Saugerzellen

Zu den verwendeten Losungen bei den Ganzzellmessungen an CHO- und L-Zellen siehe Ta-

belle 4, Seite 23. Ionenstrome an Kaliumkanalen sind deutlich großer als Gatingstrome. Um

Gatingstrome zu messen, mussen die Ionenstrome blockiert werden, da die Gatingstrome nicht

auflosbar sind, wenn ein Ionenstrom fließt. Fur die Messungen von Gatingstromen enthielten

die Losungen N-methyl-D-glucamin, welches die Kanale nicht permeiren kann.

4.3.6 Datenerfassung

Als Messprogramm zum Aufzeichnen der Strome wurde die ISO2-Software verwendet (MFK,

Niederhausen in Deutschland). Seitens der Hardware kamen IBM-kompatible PCs zum Ein-

satz, die fur die verwendeten AD-Wandler- und Timerkarten einen ISA-Bus benotigten. Uber

eine 12-bit D/A Karte wurden die Pulsprotokolle vom PC an den Verstarker ubermittelt. Eine

12-bit A/D Karte im PC wandelte die Analogsignale vom Verstarker in digitale Messwerte

um.

22

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Tabelle 4: Bad- und Pipettenlosungen fur Messungen an Saugerzellen

Badlosung fur Ionenstrome Badlosung fur Gatingstrome

NaCl 130 mM

KCl 4 mM

HEPES 10 mM

CaCl2 1,8 mM

MgCl2 1 mM

Glukose 10 mM

pH 7,35 (mit NaOH)

N-methyl-D-glucamin 140 mM

HEPES 10 mM

CaCl2 1,8 mM

MgCl2 1 mM

Glukose 10 mM

pH 7,35 (mit NaOH)

Pipettenlosung fur Ionenstrome Pipettenlosung fur Gatingstrome

KCl 120 mM

HEPES 10 mM

EGTA 5 mM

MgCl2 1 mM

pH 7,20 (mit KOH)

N-methyl-D-glucamin 140 mM

KCl 120 mM

HEPES 10 mM

EGTA 5 mM

MgCl2 1 mM

pH 7,20 (mit HCl)

4.4 Pulsprotokolle

4.4.1 Ionenstrommessungen an Oozyten

Zur Messung der Ganzzell-Ionenstrome wurde ein Haltepotential von -80 mV angelegt. Klei-

nere lineare Lecks und kapazitive Strome wurde durch Substrahieren der skalierten Mittel-

werte von 4 bis 8 Traces bei -70 mV eliminiert. Siehe dazu auch Abbildung 5 (Pulsprotokoll

Ionenstrome), Seite 24. Die Daten wurden neu gefiltert mit der Gauss Filterroutine der ISO2

Software (siehe Datenerfassung, Kapitel 4.3.6, Seite 22). Die Spannung des ersten Pulses wur-

de von -70 mV bis +70 mV variiert.

Jedem Testpuls ging ein Haltepuls voraus, in welchem die Membran bei dem angegebenen

Haltepotential gehalten wurde. Dies diente dazu, nahezu alle spannungsgesteuerten Kalium-

kanale zu schließen und eine Vergleichbarkeit der Messpulse zu ermoglichen. Der Halte-

puls war bei den Oozyten 2 Sekunden lang und bei den Saugerzellen bei 500 ms. Somit er-

gibt sich eine Pulsfrequenz von 0.4 Hertz bei Oozyten (1s/(0.5s + 2s)) und von 1.75 Hertz

(1s/(0.07s+0.5s)) bei Saugerzellen.

Bei den Oozytenmessungen wurde eine Abtastfrequenz von 5 kHz verwendet.

23

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0 100 200 300 400 500 600 700 800 900 30003100-100

-80

-60

-40

-20

0

20

40

60

80

zweiter Puls (500 ms)

erster Puls (400 ms)

V (m

V)

t (ms)

Abbildung 5: Messprotokoll fur die Ganzzell-Ionenstrommessungen an Oozyten. Der Haltepuls

von -80 mV wurde zwischen den Messungen zwei Sekunden lang angelegt (zusatzlich zu den

50 ms am Beginn und Ende jeder Pulssequenz). Jeder Doppelpuls bestand aus einem 1. Puls von

400 ms Lange, der in einer Sequenzfolge in 10 mV Schritten von -70 mV bis +80 mV variiert

wurde sowie einem 2. Puls, der immer 500 ms lang auf 0 mV geklemmt wurde.

4.4.2 Aktivierungskinetik

Zur Quantifizierung der Aktivierungskinetik der Ionenstrome wurde der 1. Testpuls der Mes-

sung verwendet, bei welchem vom Haltepotential bei -80 mV auf die Messspannung von -70

mV bis 70 mV geklemmt wurde. Das Ergebnis einer solchen Messung ist in Abbildung 6

ersichtlich.

4.4.3 Bestimmung der Steady-State-Aktivierung

Die Steady-State-Aktivierung wurde mit einem Doppelpuls-Protokoll (siehe 4.4.1, Seite 23) in

den Ionenstrommessungen ermittelt. Nach einem 400 ms Vorpuls zu unterschiedlichen Test-

spannungen wurde die Spannung 500 ms lang auf einen Testpuls von 0 mV geklemmt. Bei

0 mV ist die Aktivierung und Deaktivierung im Vergleich zum kapazitiven Strom langsam.

Die Steady-State-Aktivierung wurde sofort nach dem Spannungsabfall des kapazitiven Stro-

24

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a)

0 20 40 60 80 100 120 140

0.0

0.2

0.4

0.6

0.8

1.0

I, no

rmie

rt

t (ms)

Kv1.2

Kv2.1

b)

0 10 20 30 40 50 60 70 80

0.0

0.2

0.4

0.6

0.8

1.0

I, no

rmie

rt

t (ms)

Kv2.1

Kv1.2

Abbildung 6: Beispiel einer Messung der Ionenstrome an den beiden Wildtypkanalen Kv2.1

und Kv1.2. Es ist der gemessene Ionenstrom bei einer Testspannung von a) 0 mV bzw. a) 40 mV

wahrend des Testpulses zu sehen. Die Stromamplituden wurden normiert, um die unterschiedlich

schnelle Aktivierung der beiden Wildtypkanale sichtbar zu machen.

mes bestimmt, der ein bis drei Millisekunden nach dem Start des 0 mV Testpulses soweit

abgeklungen ist, dass er den Messwert nicht verfalscht.

Der zweite Testpuls, welcher direkt dem ersten folgt und bei 0 mV liegt, dient zur Messung der

Steady-State-Aktivierung, d.h. der Offenwahrscheinlichkeit der Kanale. Durch den Gradien-

ten, der bei einer angelegten Spannung vorhanden ist, findet ein Ionenfluss durch die Membran

statt, der den Messwert fur die Offenwahrscheinlichkeit verfalschen wurde.

4.4.4 Gatingstrommessungen an Saugerzellen

Im Unterschied zu den Ionenstrommessungen wurde ein Haltepotential von -100 mV (bei

Kv1.2 -120 mV) angelegt. Siehe dazu auch Abbildung 8 (Pulsprotokoll Gatingstrome), Seite

27. Es wurde nur ein Testpuls zum Messen geklemmt, welcher bei den Wildtypkanalen 25

ms und bei den Chimaren 50 ms lang war. Die Spannung wurde dabei von -70 mV bis +80

mV variiert. Das Ergebnis einer solchen Messung ist in Abbildung 7, Seite 26 ersichtlich.

In der Pipettenlosung wurde im Gegensatz zu den Ionenstrommessungen Kalium durch N-

methyl-D-glucamin ersetzt, welches den Kanal nicht passieren kann. Nach dem einige Sekun-

den wahrenden Auswaschen der zelleigenen Kaliumionen der Zelle sind keine Ionenstrome

mehr an der Membran messbar und die Gatingstrome konnten registriert werden.

Bei den Messungen an CHO- und L-Zellen wurde eine Abtastfrequenz von 20 kHz verwendet.

4.5 Datenanalyse

Zum Auswerten und zur statistischen Aufbereitung der Daten kam das Auswertungsprogramm

Ana3 der ISO2 Software zum Einsatz (MFK, Niederhausen in Deutschland). Weiterhin wurde

fur tabellarische Berechnungen und einige Diagramme Microsoft Excel eingesetzt. OriginLab

25

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1.0 1.5 2.0 2.5 3.0 3.5 4.0 4.5 5.0

0

100

200

300

40080 mV

I (pA

)

t (ms)

40 mV

0 mV

-70 mV

Abbildung 7: Beispiel einer Gatingstrommessung am Wildtypkanal Kv2.1. Es ist das On-Gating

beim Anlegen des Vorpulses von -100 mV auf die verschiedenen Testspannungen zu sehen. Der

kapazitive Strom wurde nicht mit aufgetragen.

Origin Pro (OriginLab corp.) diente zur spateren Aufbereitung der gewonnenen Daten sowie

zum Berechnen von Funktionsparametern und der graphischen Darstellung der ermittelten

Funktionen. Es wurden mehrere Funktionen mit der χ-Quadrat Methode von Origin Pro sowie

die in die ISO2 integrierten Funktionen verwendet (siehe Kapitel Auswertung ab Seite 29).

Statistische Daten sind als Mittelwert mit Standardabweichung vom Mittelwert angegeben.

Die statistische Signifikanz wurde mit dem Student-t-Test uberpruft (p < 0.05).

4.5.1 Leckverrechnung

Um Leckstrome als Fehlerquelle in den Messungen rechnerisch aus den Daten zu entfernen,

wurden im Messprotokol (siehe Kapitel 4.4.1, Seite 23) Testpulse bei stark negativen Poten-

tialen eingefugt, bei denen mit hoher Wahrscheinlichkeit alle Kanale geschlossen sind und der

gemessene Strom vor allem dem Leckstrom zugerechnet werden kann. Vor der weiteren Aus-

wertung der im Messprogramm gewonnenen Messdaten wurden die Messdaten zunachst mit

diesen bei -80 mV ermittelten Stromen leckverrechnet. Dazu wurde die im Analyseprogramm

Ana3 vorhandene Routine verwendet. Hierzu wurden im Pulsprotokoll mehrere Pulse mit -80

mV vor und nach der eigentlichen Messung eingebaut, welche dann zur Leckverrechnung her-

angezogen wurden. Siehe dazu auch Kapitel 4.4.1 Pulsprotokolle, Seite 23. Die Daten wurden

mit der in Ana3 enthaltenen Gauss Routine bei einer Frequenz von 5 kHz gefiltert.

26

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0 10 20 30 40 50 60 10001010

-100

-80

-60

-40

-20

0

20

40

60

80

V (m

V)

t (ms)

25 ms (Wildtypkanäle)

5050 ms (Chimären)

Abbildung 8: Messprotokoll fur die Gatingstrommessungen an Saugerzellen. Der Haltepuls

von -100 mV wurde zwischen den Messungen eine Sekunde lang gehalten. Beim Wildtypka-

nal Kv1.2 war der Haltepuls -120 mV statt -100 mV. Der Messpuls bei den Wildtypkanalen

wurde 25 ms gehalten, wahrend er bei den Chimaren 50 ms gehalten wurde. Die Pulse wurden

ausgehend vom Haltepotential auf die verschiedenen Messspannungen von -70 bis +80 mV in

10 mV Schritten geklemmt.

4.5.2 Bestimmung der Mittelwerte und Standardabweichung

Zur Bestimmung der Zeitkonstanten der Aktivierungskinetik wurden die im Ana3 vorhande-

nen Funktionen verwendet (siehe auch Gleichung 5.1, Seite 29 und folgende). Jede Messung

bei einem Spannungspuls im Pulsprotokoll (siehe 4.4.1 Pulsprotokolle, Seite 23) wurde ein-

zeln approximiert und die vom Programm ermittelten Zeitkonstanten in eine Exceltabelle ein-

getragen. Letzteres gilt auch fur die anderen gemessenen Parameter der Aktivierung und der

Steady-State-Aktivierung.

Die Werte fur jede Spannung wurden dann aus mehreren Messungen gemittelt und die Stan-

dardabweichung vom Mittelwert mit Hilfe der folgenden Funktion ermittelt:

σx = SEMx =σ√N

=

1

N(N −1)

N

∑i=1

(xi − x)2 (4.1)

Die gemittelten Werte wurden dann in Origin Pro ubernommen und wie in Kapitel 5.1 be-

schrieben erneut approximiert.

27

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4.5.3 Integration der On-Gatingstrome

Zur Bestimmung der bewegten Gatingladung der Gatingstrome wurden die gemessen On-

Gatingstrome (siehe Abbildung 7, Seite 26) integriert. Hierzu diente die ,,area under the curve“

Funktion des Ana3. Diese misst die Flache zwischen der ermittelten Stromkurve und drei

manuell festgelegten Grenzen. Diese wurden links an den Zeitpunkt nach dem Abfall des

kapazitiven Stromes und rechts den Schnittpunkt mit der Nullinie, welche die vierte Grenze

darstellt, gelegt. Siehe Abbildung 9.

0 1 2 3 4

0

100

200

300

400

500

I (pA

)

t (ms)

Abbildung 9: Die Flache unter der Gatingstromkurve wurde berechnet, um die Ladungsver-

schiebungen in Abhangigkeit von der Spannung zu ermitteln (Integral des Gatingstromes). Dar-

gestellt ist die ON-Gatingphase des Wildtypkanales Kv2.1 bei 60 mV.

28

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5 Ergebnisse

Um im Rahmen der Struktur-Funktionsuntersuchungen an Kaliumkanalen Proteinbereiche fur

die Aktivierungskinetik zu analysieren und zuzuordnen, wurden zunachst Ionenstrommessun-

gen der Wildtypkanale Kv1.2 und Kv2.1 sowie an den Chimaren CH S2, CH S2-S3 und

CH S3 durchgefuhrt. Im folgenden Kapitel werden die Parameter der Aktivierungskinetik

beschrieben. Hierzu wurden die zeitlichen Parameter zu drei verschiedenen Zeitpunkten der

Aktivierung bestimmt. Es sind die Zeitkonstanten der fruhen und der spaten Aktivierungs-

phase der Ionenstrome sowie die Zeitdauer der halbmaximalen Aktivierung. Darauf folgt die

Beschreibung der gemessenen Steady-State-Aktivierung der Kanale.

5.1 Ionenstrome bei Ganzzell-Messungen

5.1.1 Fruhe Aktivierungsphase

Um die Starke der Spannungsabhangigkeit der fruhen Aktivierungsphase zu bestimmen, wur-

de der initiale sigmoide Aktivierungszeitverlauf beginnend von 0 ms bis zum Wendepunkt des

Verlaufs entsprechend dem Hodgkin-Huxley-Model (siehe 2.1.4, Seite 5) approximiert. Ein

Beispiel eines approximierten Verlaufes ist in Abbildung 10 zu sehen.

Die fruhe Aktivierungsphase der Ionenstrome wurde mit einer exponentiellen Funktion mit

vierter Potenz approximiert, um die Zeitkonstante τn fur die einzelnen Untereinheiten bei ver-

schiedenen Spannungen zu ermitteln:

I = I∞

[

1− e−tτn

]4(5.1)

I∞ ist ein Amplitudenparameter des Stromes I bei t → ∞ und τn ist die Zeitkonstante der Akti-

vierung einer einzelnen Untereinheit. Die resultierende Zeitkonstante τn wurde in Abhangig-

keit von der Spannung aufgetragen. Abbildung 11 zeigt die aufgetragenen τn-Graphen der

beiden Wildtypkanal Kanale, die Abbildungen 12 bis 14 zeigen die Chimaren im Vergleich

zu den Wildtypkanalen. Auf die einzelnen Abbildungen wird im weiteren Text noch naher

eingegangen.

29

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10 20 30 40 50 60 70 80 90

0

2

4

6

8

10

12

14

16

18

20

Stro

mst

ärke

I in

A

Zeit t in ms

Abbildung 10: Approximation der Ionenstrome zur Ermittlung von τn. Approximation erfolgte

mit Gleichung 5.1 (rot).

Zur Beschreibung der Spannungsabhangigkeit der ermittelten Zeitkonstanten τn wurde diese

mit einer exponentiellen Funktion mit zwei Parametern approximiert:

τn = A e(−znFVRT ) +B (5.2)

Nach Approximation mit Gleichung 5.2 wurden die Parameter A, B und z bestimmt und sind

in Tabelle 5 sowie als Graph in Abbildung 15 ersichtlich.

fruhe Aktivierung spate Aktivierung halbmaximale Akti-

vierungszeit

τn τl ta,1/2

A B z A B z A B z

Kv1.2 4.23 0.49 0.66 9.39 3.35 0.86 10.5 2.21 1.08

Kv2.1 30.97 4.71 1.57 43.18 15.60 1.66 33.1 10.63 0.96

CH S2 2.51 0.23 0.48 1.26 11.63 4.05 5.51 5.77 1.07

CH S2-S3 3.23 2.33 0.37 27.25 20.47 0.42 29.5 9.29 0.56

CH S3 8.35 3.43 0.61 75.24 12.58 1.07 50.4 1.67 0.58

Tabelle 5: Vergleich verschiedener Parameter zur Beschreibung der Aktivierungskinetik. Die

Parameter wurden durch Approximation der ermittelten Werte fur τn, τl und ta,1/2 mit der Glei-

chung 5.2 (τn), Gleichung 5.4 (τl) sowie Gleichung 5.5 (ta,1/2) ermittelt. Zum Vergleich der Werte

siehe auch Abbildung 15, 21 und 27.

30

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Wie in Abbildung 11 ersichtlich, zeigt der Wildtypkanal Kv2.1 eine deutlich hohere Span-

nungsabhangigkeit als Kv1.2. Die Chimare CH S2 hat noch kurzere Zeitkonstanten als der

Wildtypkanal Kv1.2 und ist noch weniger spannungsunabhangig (Abbildung 12). Die Chimare

CH S2-S3 ist bei niedrigeren Spannungen ahnlich schnell aktiviert wie der Wildtypkanal

Kv1.2, bei hoheren Spannungen nahert sich die Kurve eher der des Wildtyps Kv2.1. (Ab-

bildung 13). Insgesamt ist die fruhe Aktivierungsphase der Chimare spannungsunabhangiger

als die Aktivierung beider Wildtypkanale. Die Chimare CH S3 weist bei Spannungen klei-

ner 10 mV kleinere Zeitkonstanten auf als der Wildtypkanal Kv1.2, bei hoheren Spannungen

ahnelt ihr Verhalten eher der des Wildtyps Kv2.1 (Abbildung 14).

Die unterschiedliche Spannungsabhangigkeit der verschiedenen Kanale in der fruhen Aktivie-

rung spiegelt sich in Parameter A als Skalierungsfaktor der Gleichung 5.2 (siehe Tabelle 5,

sowie Abbildung 15) wieder. Es zeigt sich ein signifikanter Unterschied zwischen den Wild-

typkanalen. Kv2.1 hat ca. den 7-fachen Wert von Kv1.2 (Kv2.1 A=30,97 ms; Kv1.2 A=4.23

ms). Die Chimaren liegen eher im Bereich von Kv1.2 (CH S2 A=2,51 ms; CH S2-S3 A=3,23

ms; CH S3 A=8,35 ms).

Parameter B als Offset der Gleichung 5.2 auf der Achse der Zeitkonstanten und damit der

Anteil der spannungsunabhangigen Komponente der fruhen Aktivierung zeigt, dass Kv2.1

erst bei starkerer Depolarisation das Verhalten von Kv1.2 annimmt (Kv1.2 B=0,49 ms; Kv2.1

B=4,71 ms). Die Chimare CH S2 liegt noch unter den Werten von Kv1.2 (CH S2 B=0,23

ms), d.h. sie aktiviert schon fruher, wahrend sich die beiden anderen Chimaren zwischen den

Wildtypkanalen einordnen (CH S2-S3 B=2,33 ms; CH S3 B=3,43 ms).

Parameter z der Gleichung 5.2 als Ausdruck fur die involvierten Aquivalentladungen zeigt

einen ca. doppelt so hohen Wert fur Kv2.1 wie fur Kv1.2 (Kv1.2 0,66 Kv2.1 1,57). Die

Chimaren CH S2 und CH S3 haben einen ahnlichen Wert fur z wie der Wildtypkanal Kv1.2

(CH S2 0,48, CH S3 0,61), was dafur spricht, dass bei ihnen ahnlich viele Ladungen verscho-

ben werden wie bei dem Wildtyp. Der Parameter z der Chimare CH S2-S3 ist noch kleiner

als bei allen anderen Kanalen (0,37), es werden also weniger Aquivalentladungen verschoben.

Dies ist auch in Abbildung 15 ersichtlich.

31

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0 20 40 60 800

5

10

15

20

25

30

35

40

45

Kv2.1 Kv1.2

n (m

s)

Spannung V (mV)

Abbildung 11: Vergleich τn der Wildtypkanale Kv1.2 und Kv2.1. Der Graph zeigt die Zeitkon-

stante τn in Abhangigkeit von der Spannung aufgetragen. Gleichung 5.2 wurde zu den Daten-

punkten approximiert. Die ermittelten Parameter sind in Tabelle 5 und Abbildung 15 dargestellt.

Kv2.1 zeigt eine deutlich hohere Spannungsabhangigkeit als Kv1.2. Bei hoheren Spannungen

wird die Kurve von Kv2.1 zunehmend flacher, d.h. die Spannungsabhangigkeit nimmt bei starke-

rer Depolarisation ab. Siehe dazu auch Diskussion Seite 62.

0 20 40 60 800

5

10

15

20

25

30

35

40

45

Kv2.1 Kv1.2 CH_S2

n (m

s)

Spannung V (mV)

Abbildung 12: Approximation der Zeitkonstanten τn als Funktion der Spannung der Chimare

CH S2 im Vergleich zu den Wildtypkanalen. Die Chimare hat noch kurzere Zeitkonstanten als

der Wildtypkanal Kv1.2 und ist damit noch spannungsunabhangiger.

32

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0 20 40 60 80

0

5

10

15

20

25

30

35

40

45

Kv2.1 Kv1.2 CH_S2-S3

n (m

s)

Spannung V (mV)

Abbildung 13: Approximation der Zeitkonstanten τn als Funktion der Spannung der Chimare

CH S2-S3 im Vergleich zu den Wildtypkanalen. Die Chimare ist bei niedrigeren Spannungen fast

so schnell aktiviert wie der Wildtypkanal Kv1.2, bei hoheren Spannungen nahert sich die Kurve

eher der des Wildtyps Kv2.1. Insgesamt ist die beginnende Aktivierung spannungsunabhangiger

als der der beiden Wildtypkanale.

0 20 40 60 80

0

5

10

15

20

25

30

35

40

45

Kv2.1 Kv1.2 CH_S3

n (m

s)

Spannung V (mV)

Abbildung 14: Approximation der Zeitkonstanten τn als Funktion der Spannung der Chimare

CH S3 im Vergleich zu den Wildtypkanalen. Die Chimare CH S3 weist bei Spannungen kleiner

10 mV kleinere Zeitkonstanten auf als der Wildtypkanal Kv1.2, bei hoheren Spannungen nahert

sich die Kurve eher der des Wildtyps Kv2.1. Zur Approximation wurden nur die Werte ≥ 40 mV

herangezogen.

33

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a)

KV1.2 KV2.1 CH_S2 CH_S2-S3 CH_S30

10

20

30

40

A

A (m

s)

Kanal

b)

KV1.2 KV2.1 CH_S2 CH_S2-S3 CH_S30

1

2

3

4

5

B

B (m

s)

Kanal

c)

KV1.2 KV2.1 CH_S2 CH_S2-S3 CH_S30.0

0.2

0.4

0.6

0.8

1.0

1.2

1.4

1.6

z

z

Kanal

Abbildung 15: Parametervergleich fur die mit Gleichung 5.2 ermittelten Parameter bei der Ap-

proximation von τn als Funktion der Spannung. Siehe auch Tabelle 5, Seite 30. a) Parameter A als

Skalierungsfaktor der Gleichung charakterisiert die spannungsabhangige Komponente. Es zeigt

sich ein signifikanter Unterschied zwischen den Wildtypkanalen. Kv2.1 hat ca. den 7-fachen

Wert von Kv1.2. Die Chimaren liegen eher im Bereich von Kv1.2. b) Parameter B als Offset

auf der Achse der Zeitkonstanten und damit der Anteil der spannungsunabhangigen Komponen-

te zeigt, dass Kv2.1 erst bei starkerer Depolarisation das Verhalten von Kv1.2 annimmt. Die

Chimare CH S2 liegt noch unter den Werten von Kv1.2, d.h. sie aktiviert schon fruher, wahrend

sich die beiden anderen Chimaren zwischen den Wildtypkanalen einordnen. c) Parameter z als

Ausdruck fur die involvierten Aquivalentladungen zeigt einen ca. doppelt so hohen Wert fur

Kv2.1 wie fur Kv1.2. Die Chimaren CH S2 und CH S3 haben einen ahnlichen Wert fur z wie

der Wildtypkanal Kv1.2, was dafur spricht, dass bei ihnen ahnlich viele Ladungen verschoben

werden wie bei dem Wildtyp. Der Parameter z der Chimare CH S2-S3 ist noch kleiner als bei

allen anderen Kanalen, es werden also weniger Aquivalentladungen verschoben.

34

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5.1.2 Spate Aktivierungsphase

Um die Starke der Spannungsabhangigkeit der spateren Aktivierungsphase zu bestimmen,

wurde der spatere sigmoide Aktivierungszeitverlauf beginnend von Wendepunkt des Verlaufs

bis zur gesattigten maximalen Aktivierung approximiert. Ein Beispiel eines approximierten

Verlaufes ist in Abbildung 16, Seite 36 zu sehen.

Die spatere Aktivierungsphase der Ionenstrome wurde mit einer exponentiellen Funktion be-

ginnend beim halbmaximalen Strom approximiert, τl bezeichnet die Zeitkonstante:

I = I∞

[

1−e−tτl

2

]

(5.3)

I∞ ist ein Amplitudenparameter des theoretischen Stromes I bei t → ∞ und τl ist die Zeitkon-

stante der Aktivierung einer einzelnen Untereinheit.

Zur Beschreibung der Spannungsabhangigkeit der ermittelten Zeitkonstanten τl wurde diese

mit einer exponentiellen Funktion mit zwei Parametern approximiert:

τl = A e(−zlFVRT ) +B (5.4)

Die ermittelten Parameter der Gleichung 5.4 wurden in Abhangigkeit von der Spannung auf-

getragen.

Abbildung 17 zeigt die aufgetragenen τl-Graphen der beiden Wildtypkanal Kanale, die Abbil-

dungen 18 bis 20 zeigen die Chimaren im Vergleich zu den Wildtypkanalen. Die ermittelten

Parameter A, B und z sind in Tabelle 5, Seite 30 sowie als Graph in Abbildung 21, Seite 39

ersichtlich.

Kv2.1 weist bei der spateren Aktivierung eine hohere Spannungsabhangigkeit auf als Kv1.2.

Die Chimare CH S2 ist bei niedrigeren Spannungen fast so schnell aktiviert wie der Wildty-

pkanal Kv1.2, bei hoheren Spannungen nahert sich die Kurve eher der des Wildtyps Kv2.1.

Insgesamt ist die spatere Aktivierung spannungsunabhangiger als bei beiden Wildtypkanalen.

Das Verhalten ist ahnlich dem der Chimare CH S2-S3 bei τn (Abbildung 13, Seite 33). Fur τl

zeigt die Chimare CH S2-S3 eine geringe Spannungsabhangigkeit die ahnlich der des Wild-

typs Kv1.2 ist, aber bei deutlich großeren Zeitkonstanten. Die Chimare CH S3 zeigt eine hohe

Spannungsabhangigkeit, die ahnlich der des Wildtyps Kv2.1 ist, wobei bei niedrigeren Span-

nungen die Zeitkonstanten noch großer sind als bei den Wildtypkanalen.

Der Parameter A der Gleichung 5.4 (siehe Tabelle 5, sowie Abbildung 21) als Maß fur die

spannungsabhangige Komponente der spaten Aktivierung zeigt einen signifikanten Unter-

schied zwischen den Wildtypkanalen. Kv2.1 hat ca. den 4,6-fachen Wert von Kv1.2 (Kv2.1

A=43,18 ms; Kv1.2 A=9,39 ms). Die Chimare CH S2 ist sehr wenig abhangig von der Span-

nung, wie am flachen Kurvenverlauf in Abbildung 18 (Seite 37) zu sehen ist (CH S2 A=1,26

ms). Die Chimare CH S2-S3 ordnet sich zwischen den beiden Wildtypkanalen ein und die

35

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Chimare CH S3 zeigt eine starke spannungsabhangige Komponente (CH S2-S3 A=27,25 ms;

CH S3 A=75,24).

Parameter B der Gleichung 5.4 als Maß fur den Anteil der spannungsunabhangigen Kompo-

nente der spaten Aktivierung zeigt, dass Kv2.1 erst bei starkerer Depolarisation das Verhalten

von Kv1.2 annimmt. Die Chimaren CH S2 und CH S3 haben etwas kurzere Zeitkonstanten

(siehe Tabelle 5, Seite 30) als der Wildtypkanal Kv2.1, wahrend die Chimare CH S2-S3 eine

starkere Verzogerung in der spannungsunabhangigen Komponente zeigen.

Der Parameter z der Gleichung 5.4 als Ausdruck fur die involvierten Aquivalentladungen

zeigt einen ca. doppelt so hohen Wert fur Kv2.1 wie fur Kv1.2 (Kv2.1 1,66, Kv1.2 0,86).

Wahrend bei die Chimare CH S3 ahnlich viele Aquivalentladungen wie beim Wildtypkanal

Kv1.2 verschoben werden (1,07), hat die Chimare CH S2-S3 einen deutlich kleineren Pa-

rameter z (0,42). Die Chimare CH S2 zeigt einen signifikant hoheren Wert als alle anderen

untersuchten Kanale (4,05).

0 20 40 60 80 100

-2

0

2

4

6

8

10

12

14

16

18

20

22

24

Stro

mst

ärke

I in

A

Zeit t in ms

Abbildung 16: Approximation der Ionenstrome zur Ermittlung von τl . Gleichung 5.3 wurde zu

den Datenpunkten approximiert (rot).

36

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0 20 40 60 800

10

20

30

40

50

60

70

80

Kv2.1 Kv1.2

l (m

s)

Spannung V (mV)

Abbildung 17: Vergleich der Zeitkonstanten τl der Wildtypkanale Kv1.2 und Kv2.1. Der Un-

terschied in Aktivierungsgeschwindigkeit ist auch hier zu sehen (vergleiche Abbildung 11 zu τn,

Seite 32). Kv2.1 weist eine hohere Spannungsabhangigkeit auf als Kv1.2. Bei hoheren Spannun-

gen wird die Kurve von Kv2.1 zunehmend flacher, d.h. die Spannungsabhangigkeit nimmt bei

starkerer Depolarisation ab. Siehe dazu auch Diskussion Seite 62.

0 20 40 60 800

10

20

30

40

50

60

70

80

Kv2.1 Kv1.2 CH_S2

l (m

s)

Spannung V (mV)

Abbildung 18: Approximation der Zeitkonstanten τl der Chimare CH S2 im Vergleich zu den

Wildtypkanalen. Die Chimare ist bei niedrigeren Spannungen fast so schnell aktiviert wie der

Wildtypkanal Kv1.2, bei hoheren Spannungen nahert sich die Kurve eher der des Wildtyps

Kv2.1. Insgesamt ist die spatere Aktivierung spannungsunabhangiger als die der beiden Wildty-

pkanale. Das Verhalten ist ahnlich der Chimare CH S2-S3 bei τn (Abbildung 13, Seite 33).

37

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0 20 40 60 800

10

20

30

40

50

60

70

80

Kv2.1 Kv1.2 CH_S2-S3

l (m

s)

Spannung V (mV)

Abbildung 19: Approximation der Zeitkonstanten τl der Chimare CH S2-S3 im Vergleich zu

den Wildtypkanalen. Die Chimare zeigt eine geringe Spannungsabhangigkeit die ahnlich der des

Wildtyps Kv1.2 ist, aber bei deutlich großeren Zeitkonstanten.

0 20 40 60 800

10

20

30

40

50

60

70

80

Kv2.1 Kv1.2 CH_S3

l (m

s)

Spannung V (mV)

Abbildung 20: Approximation der Zeitkonstanten τl der Chimare CH S3 im Vergleich zu den

Wildtypkanalen. Die Chimare zeigt eine hohe Spannungsabhangigkeit, die ahnlich der des Wild-

typs Kv2.1 ist, wobei bei niedrigeren Spannungen die Zeitkonstanten noch großer sind als bei

den Wildtypkanalen.

38

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a)

KV1.2 KV2.1 CH_S2 CH_S2-S3 CH_S30

10

20

30

40

50

60

70

80

A

A(m

s)

Kanal

b)

KV1.2 KV2.1 CH_S2 CH_S2-S3 CH_S30

5

10

15

20

25

30

B

B (m

s)

Kanal

c)

KV1.2 KV2.1 CH_S2 CH_S2-S3 CH_S30.00.51.01.52.02.53.03.54.04.55.05.5

z

z

Kanal

Abbildung 21: Parametervergleich der Approximation von τl . Siehe auch Tabelle 5, Seite 30. a)

Parameter A als Skalierungsfaktor der Gleichung charakterisiert die spannungsabhangige Kom-

ponente. Es zeigt sich ein signifikanter Unterschied zwischen den Wildtypkanalen. Kv2.1 hat

ca. den 4,6-fachen Wert von Kv1.2. Die Chimare CH S2 ist sehr wenig abhangig von der Span-

nung, wie auch am flachen Kurvenverlauf in Abbildung 18 (Seite 37) zu sehen ist. Die Chimare

CH S2-S3 ordnet sich zwischen den beiden Wildtypkanalen ein und die Chimare CH S3 zeigt

eine starke spannungsabhangige Komponente. b) Parameter B als Offset auf der Achse der Zeit-

konstanten und damit der Anteil der spannungsunabhangigen Komponente zeigt, dass Kv2.1 erst

bei starkerer Depolarisation das Verhalten von Kv1.2 annimmt. Die Chimaren CH S2 und CH S3

haben etwas kurzere Zeitkonstanten als der Wildtypkanal Kv2.1, wahrend die Chimare CH S2-

S3 eine starkere Verzogerung in der spannungsunabhangigen Komponente zeigen. c) Parameter

z als Ausdruck fur die involvierten Aquivalentladungen zeigt einen ca. doppelt so hohen Wert

fur Kv2.1 wie fur Kv1.2. Wahrend bei die Chimare CH S3 ahnlich viele Aquivalentladungen

wie beim Wildtypkanal Kv1.2 verschoben werden, hat die Chimare CH S2-S3 einen deutlich

kleineren Parameter z. Die Chimare CH S2 zeigt einen signifikant hoheren Wert als alle anderen

untersuchten Kanale.

39

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5.1.3 Zeitdauer bis zur halbmaximalen Aktivierung

Die Zeitdauer bis zur halbmaximalen Aktivierung ta,1/2 wurde bei Spannungen von -20 mV

bis +80 mV bestimmt. Hierzu wurde jeweils am halbmaximalen Strom der Messung der zu-

gehorige Zeitwert bestimmt. Dies ist in Abbildung 22 gezeigt.

0 20 40 60 80 100 120 140 160

0.0

0.5

1.0

1.5

2.0

2.5

3.0

3.5

4.0

4.5I (

A)

t (ms)

1/2 max

ta,1/2

max

Abbildung 22: Bestımmung von ta,1/2 an einer Ionenstrom-Messung (hier Kv1.2 bei 40 mV).

Nach Ermittlung der maximalen Stromstarke wurde bei deren Halfte der Schnittpunkt mit der

Kurve ermittelt und der zugehorige Zeitwert abgelesen, welcher ta,1/2 entspricht.

Ebenso wie τl charakterisiert ta,1/2 die Aktivierung des gesamten Kanals. Die ermittelten Wer-

te wurden in Abhangigkeit von der Spannung aufgetragen und mit Gleichung 5.5 approxi-

miert.

Die Spannungsabhangigkeit von ta,1/2 wurde mit folgender exponentieller Funktion mit 2 Pa-

rametern beschrieben:

ta,1/2 = A e(−za,1/2FVRT ) +B (5.5)

Beide Wildtypkanale zeigen eine spannungsabhangige Aktivierung, wobei Kv2.1 deutlich

starker spannungsabhangig als Kv1.2 ist (Parameter A fur Kv1.2 10,5ms, Kv2.1 33,1 ms). Der

Wildtypkanal Kv1.2 zeigt eine deutlich schnellere Aktivierung als Kv2.1 (siehe dazu auch Ab-

bildung 23, Seite 41). Die Chimare CH S2 weist eine geringere Spannungsabhangigkeit auf

als die beiden Wildtypkanale und aktiviert ahnlich schnell wie der Wildtypkanal Kv1.2. Die

Chimare CH S2-S3 zeigt sehr ahnliche Werte fur ta,1/2 wie der Wildtypkanal Kv2.1, hat eine

etwas geringere Spannungsabhangigkeit als Kv2.1, die großer ist als die des Wildtyps Kv1.2.

Die Chimare CH S3 aktiviert bis ca. 65 mV langsamer als die beiden Wildtypkanale. Bei

großeren Spannungen ist sie etwas schneller als Kv2.1 aktiviert. Im Bereich von 20 bis 80 mV

ist sie starker spannungsabhangig als alle anderen untersuchten Kanale.

40

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Die aus der Approximation ermittelten Parameter sind in Abbildung 27 dargestellt.

-20 0 20 40 60 800

5

10

15

20

25

30

35

40

45

50

Kv2.1 Kv1.2

t a, 1

/2 (m

s)

Spannung V (mV)

Abbildung 23: Zeitverlaufe der Aktivierung ta,1/2 der Wildtypkanale. Kv1.2 zeigt eine geringere

Spannungsabhangigkeit sowie eine schnellere Aktivierung als Kv2.1.

-20 0 20 40 60 800

5

10

15

20

25

30

35

40

45

50

Kv2.1 Kv1.2 CH_S2

t a, 1

/2 (m

s)

Spannung V (mV)

Abbildung 24: Approximation der ta,1/2-Werte der Chimare CH S2 im Vergleich zu den Wild-

typkanalen. Sie zeigt eine geringere Spannungsabhangigkeit als die beiden Wildtypkanale und

aktiviert ahnlich schnell wie der Wildtypkanal Kv1.2.

41

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0 20 40 60 800

5

10

15

20

25

30

35

40

45

Kv2.1 Kv1.2 CH_S2-S3

t a, 1

/2 (m

s)

Spannung V (mV)

Abbildung 25: Approximation der ta,1/2-Werte der Chimare CH S2-S3 im Vergleich zu den

Wildtypkanalen. Die Chimare aktiviert ahnlich schnell wie der Wildtypkanal Kv2.1 und hat ei-

ne etwas geringere Spannungsabhangigkeit als Kv2.1, die aber großer ist als die des Wildtyps

Kv1.2.

0 10 20 30 40 50 60 70 80 900

5

10

15

20

25

30

35

40

45

Kv2.1 Kv1.2 CH_S3

t a, 1

/2 (m

s)

Spannung V (mV)

Abbildung 26: Approximation der ta,1/2-Werte der Chimare CH S3 im Vergleich zu den Wild-

typkanalen. Die Chimare aktiviert bis ca. 65 mV langsamer als die beiden Wildtypkanale. Bei

großeren Spannungen ist sie etwas schneller als Kv2.1 aktiviert. Sie ist starker spannungs-

abhangig als die beiden Wildtypkanale.

42

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a)

KV1.2 KV2.1 CH_S2 CH_S2-S3 CH_S30

10

20

30

40

50 A

A (m

s)Kanal

b)

KV1.2 KV2.1 CH_S2 CH_S2-S3 CH_S30

2

4

6

8

10

12

B

B (m

s)

Kanal

c)

KV1.2 KV2.1 CH_S2 CH_S2-S3 CH_S30.0

0.2

0.4

0.6

0.8

1.0

1.2

1.4 z

z

Kanal

Abbildung 27: Parametervergleich der Approximation von ta,1/2. a) Parameter A charakte-

risiert die spannungsabhangige Komponente. Wahrend Chimare CH S2 eine geringere span-

nungsabhangige Komponente als die beiden Wildtypkanale aufweist, ist die Chimare CH S3

deutlich starker von der Spannung abhangig als die beiden Wildtypkanale. Chimare CH S2-S3

liegt im Bereich des Wildtyps Kv2.1. b) Parameter B als Offset fur die Achse ta,1/2 zeigt, dass

der Wildtypkanal Kv2.1 deutlich zu langeren Zeitwerten verschoben ist, also spater das Verhal-

ten von Kv1.2 annimmt. Die Chimare CH S3 aktiviert schneller als der Wildtypkanal Kv1.2,

wahrend die beiden anderen Chimaren sich zwischen den Wildtypkanalen einordnen. c) Parame-

ter z als Ausdruck fur die involvierten Aquivalentladungen zeigt, dass bei den Wildtypkanalen

und der Chimare CH S2 ahnlich viele Aquivalentladungen verschoben werden, wahrend z bei

den Chimaren CH S2-S3 und CH S3 ca. halb so große Werte aufweist, also weniger Ladungen

verschoben werden.

43

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5.1.4 Steady-State-Aktivierung

Um die Steady-State-Aktivierung der Kanale bei verschiedenen Spannungen zu messen, muss

man die Kanale fur einen langeren Zeitraum mit der Testspannung aktivieren und kann dann

das Membranpotential auf die jeweils gleiche Spannung klemmen. Bei den Messungen fur

diese Arbeit wurde hierfur eine Spannung von 0 mV verwendet (siehe Kapitel 4.4.1, Pulspro-

tokolle). Dann ist die treibenden Kraft (Spannung), welche die Ionen bei angelegtem Mem-

branpotential durch die Membran fließen lasst, gleich. Nach ein bis zwei zusatzlichen Milli-

sekunden ist der kapazitive Strom, welcher durch die Spannungsanderung an der Membran

fließt, abgeklungen. Die zu diesem Zeitpunkt gemessenen Ionenstrome wurden zum maxima-

len Ionenstrom ins Verhaltnis gesetzt. Der maximale Ionenstrom wurde nach der Testspannung

bei 80 mV gemessen (siehe Kapitel 4.4.3). Man kann davon ausgehen, dass bei 80 mV nah-

zu alle Kanale offen sind. So erhalt man durch das Verhaltnis der Stromstarke zur maximal

moglichen den Anteil der offenen Kanale bei einer bestimmten angelegten Spannung.

Die Approximation der ermittelten Werte mittels der modifizierten Boltzmann Funktion (Glei-

chung 5.7) ergab Werte fur die halbmaximale Kanalaktivierung V1/2 sowie den Anstiegsfaktor

zi als Gatingaquivalentladung.

Die Gleichung der Boltzmann Funktion lautet:

Irel(V ) =1

(

1+ e(Vi,1/2−V)ziF

RT

) (5.6)

Die zur Bestimmung der Parameter der Steady-State-Aktivierung genutzte Boltzmann Funk-

tion mit vierter Potenz lautet:

Irel(V ) =

1(

1+ e(Vi,1/2−V )ziF

RT

)

4

(5.7)

R ist die molare Gaskonstante, T die absolute Temperatur in K (298 K) und F die Faraday

Konstante. Zum Approximieren wurde die Boltzmann Funktion mit der 4. Potenz verwendet,

um der Annahme gerecht zu werden, dass die Kanale Tetramere sind. Die Datenpunkte konn-

ten auch mit Funktionen der 1. bis 5. Potenz approximiert werden und unterschieden sich dann

in den ermittelten Werten von denen der 4. Potenz.

Der Wendepunkt bzw. die halbmaximale Spannung des Wildtyps Kv1.2 liegt bei niedrigeren

Werten als der des Wildtyps Kv2.1, er aktiviert also schon bei geringeren Spannungen. Die

Kurve des Kv1.2 ist steiler als die von Kv2.1, was auf eine hohere Spannungsabhangigkeit

hindeutet (siehe Abbildung 28).

Die Vi,1/2-Werte der Wildtypkanale (Kv1.2 Vi,1/2=-30.4 mV; Kv2.1 Vi,1/2=-26.0 mV) sind

ahnlich, wahrend die Chimare Ch S2 bei deutlich negativeren Spannungen aktiviert (CH S2

44

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Vi,1/2=-50.8 mV) und im Gegensatz zu den Chimaren Ch S2-S3 (Vi,1/2=-12.1 mV) und Ch S3

(Vi,1/2=-7.6 mV) steht, welche erst bei hoheren Spannungen aktivieren (siehe Tabelle 6, Seite

46).

Unter Berucksichtigung der Tetramer-Struktur der Kanale wurden bei der Aktivierung von

Kv2.1 weniger positive Ladungen verschoben. Bei Kv2.1 wurden im Mittel 1.55∗4 = 6.2 La-

dungen auswarts verschoben wahrend bei Kv1.2 2.23 ∗ 4 = 8.92 Ladungen verschoben wur-

den. Auch in Abbildung 32 wird deutlich, dass bei Kv1.2 mehr Ladungen verschoben werden,

als bei Kv2.1 und dass bei den Chimaren weniger Ladungen als bei den Wildtypkanalen be-

wegt werden.

-80 -60 -40 -20 0 20 40 60 80 100

0.0

0.2

0.4

0.6

0.8

1.0

Kv2.1 Kv1.2

norm

ierte

Akt

ivie

rung

Spannung V in mV

Abbildung 28: Vergleich der Steady-State-Aktivierung der beiden Wildtypkanale. Der Wende-

punkt bzw. die halbmaximale Spannung des Wildtyps Kv1.2 liegt bei niedrigeren Spannungen

als der des Wildtyps Kv2.1, er aktiviert also schon bei geringeren Spannungen. Die Kurve des

Kv1.2 ist steiler als die von Kv2.1, was auf eine großere Spannungsabhangigkeit hindeutet.

45

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-80 -60 -40 -20 0 20 40 60 80 100

0.0

0.2

0.4

0.6

0.8

1.0

Kv2.1 Kv1.2 CH_S2

norm

ierte

Akt

ivie

rung

Spannung V in mV

Abbildung 29: Approximation der Steady-State-Aktivierung der Chimare CH S2 im Vergleich

zu den Wildtypkanalen. Die Kurve der Chimare CH S2 ist deutlich flacher als die der Wildty-

pkanale, was die geringere Abhangigkeit von der Spannung verdeutlicht und die halbmaximale

Aktivierung liegt zwischen den Wildtypkanalen.

zi zi SEM vi,1/2 vi,1/2 SEM

KV1.2 2.23 0.10 -30.4 1.88

KV2.1 1.55 0.16 -26.0 1.50

CH S2 0.94 0.05 -50.8 2.41

CH S2-S3 1.06 0.05 -12.1 1.86

CH S3 1.44 0.04 -7.6 0.95

Tabelle 6: Parametervergleich der Approximation der Steady-State-Aktivierung mit der Glei-

chung 5.7, Seite 44. Die Vi,1/2-Werte der Wildtypkanale sind ahnlich, wahrend die Chimare

Ch S2 bei deutlich negativeren Spannungen aktiviert und im Gegensatz zu den Chimaren Ch S2-

S3 und Ch S3 steht, welche erst bei hoheren Spannungen aktivieren.

46

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-80 -60 -40 -20 0 20 40 60 80

0.0

0.2

0.4

0.6

0.8

1.0

norm

ierte

Akt

ivie

rung

Spannung V in mV

Kv2.1 Kv1.2 CH_S2-S3

Abbildung 30: Approximation der Steady-State-Aktivierung der Chimare CH S2-S3 im Ver-

gleich zu den Wildtypkanalen. Die Kurve der Chimare CH S2-S3 ist flacher als die der Wild-

typkanale, was die geringere Abhangigkeit von der Spannung verdeutlicht. Die halbmaximale

Aktivierung liegt bei deutlich hoheren Spannungen.

-80 -60 -40 -20 0 20 40 60 80

0.0

0.2

0.4

0.6

0.8

1.0

norm

ierte

Akt

ivie

rung

Spannung V in mV

Kv2.1 Kv1.2 CH_S3

Abbildung 31: Approximation der Steady-State-Aktivierung der Chimare CH S3 im Vergleich

zu den Wildtypkanalen. Die Kurve der Chimare CH S3 weist eine ahnliche Steigung wie die des

Wildtyps Kv2.1 auf, was auf eine ahnlich starke Spannungsabhangigkeit hinweist. Sie aktiviert

bei Spannungswerten, die im Schnitt ca. 20 mV hoher liegen.

47

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a)

-50

-40

-30

-20

-10

0KV1.2 KV2.1 CH_S2 CH_S2-S3 CH_S3

V1/2

V 1/2

Kanal

b)

KV1.2 KV2.1 CH_S2 CH_S2-S3 CH_S30.0

0.5

1.0

1.5

2.0

2.5

zi

z i

Kanal

Abbildung 32: Parametervergleich der Approximation der Steady-State-Aktivierung a) Parame-

ter V1/2 als Offset fur die Spannungsachse zeigt einen fast doppelt so hohen Wert fur die Chimare

CH S2 wie fur den Wildtypkanal Kv2.1. Sie aktiviert also schon bei geringeren Spannungen,

wahrend die Chimaren CH S2-S3 und CH S3 erst bei deutlich hoheren Spannungen (hoherer

Depolarisation) aktivieren. b) Parameter zi beschreibt die verschobenen Aquivalentladungen pro

Untereinheit. Es wird deutlich, dass bei Kv1.2 mehr Ladungen verschoben werden, als bei Kv2.1

und dass bei den Chimaren weniger Ladungen als bei den Wildtypkanalen bewegt werden.

48

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5.1.5 Spannungsabhangigkeit der Sigmoiditat

Zur Analyse der Sigmoiditat der Aktivierung wurden die Ionenstrommessungen bei verschie-

denen Spannungen auf einen einheitlichen Maximalwert im Gleichgewicht skaliert und an-

schließend in der Zeitachse skaliert, sodass der Anstieg der Kurven bei dem halbmaximalen

Strom gleich ist. !!Zitat Das Ergebnis ist in Abbildung 33 fur die Wildtypkanale Kv1.2 und

Kv2.1 ersichtlich. Bei den Wildtypkanalen zeigt Kv2.1 eine weitgehend gleiche Sigmoiditat

bei verschiedenen Spannungen, wobei die Sigmoiditat bei niedrigen Spannungen großer ist als

bei hoheren. Kv1.2 dagegen zeigt die starkere Sigmoiditat bei hohen Spannungen und weist

eine deutlich starkere Spannungsabhanigkeit der Sigmoiditat auf.

Die Sigmoiditat der Chimaren ist in Abbildung 34, Seite 51 ersichtlich. Hier zeigt sich bei

allen Chimaren eine geringe Spannungsabhangigkeit der Sigmoiditat, wie wir es auch bei

dem Wildtypkanal Kv2.1 finden.

49

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a)

0 5 10 15 20 25 30 35 40

0

5

10

15

20

I (A)

t (ms)

60 mV0 mV

b)

0 5 10 15 20 25

0

2

4

6

8

10

0 mV

60 mV

t (ms)

I (A)

Abbildung 33: Ubersicht und Vergleich der Sigmoiditat der Wildtypkanale. Die Strome wurden

im spateren Bereich auf eine Hohe in der Amplitude skaliert sowie bei der halbmaximalen Ak-

tivierung auf eine Steigung skaliert. Bei niedrigen Spannungen wurde mit 1kHz gefiltert um das

Rauschen zu unterdrucken. Es wurden Kurven zwischen 0 mV und 60 mV in 10 mV-Schritten

einbezogen. Die Zeitskala ist nur fur den Spannungswert von 60 mV gultig. a) Die Kurven des

Wildtyps Kv2.1 liegen eng beieinander, es zeigt sich eine geringe Spannungsabhangigkeit. Bei

0 mV ist die Sigmoiditat etwas starker als bei 60 mV. b) Die Kurven des Wildtyps Kv1.2 zeigen

eine große Streubreite, das laßt auf eine starke Spannungsabhangigkeit schließen. Im Gegensatz

zu Kv2.1 ist die Sigmoiditat bei 60 mV am starksten, was auf unterschiedliche Mechanismen in

der Geschwindigkeitslimitierung der Wildtypkanale schließen laßt. Siehe dazu auch Diskussion

Seite 61.

50

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a)

0 10 20 30 40 50

0

20

40

60

80

100

120

t (ms)

I (A

)

b)

0 20 40 60 80 100 120

0.0

0.5

1.0

1.5

2.0

2.5

t (ms)

I (A

)

c)

0 20 40 60 80 100 120 140

0

2

4

6

8

t (ms)

I (A

)

Abbildung 34: Ubersicht und Vergleich der Sigmoiditat der Chimaren. Die Strome wurden im

spateren Bereich auf eine Hohe in der Amplitude skaliert sowie bei der halbmaximalen Akti-

vierung auf eine Steigung skaliert. Bei niedrigen Spannungen wurde mit 1kHz gefiltert um das

Rauschen zu unterdrucken. Die Zeitskala ist nur fur den Spannungswert von 60 mV gultig. Es

wurden Kurven zwischen 0 mV und 60 mV in 10 mV-Schritten einbezogen. Es zeigt sich eine

geringe Abweichung in der Sigmoiditat bei allen Chimaren, die Sigmoiditat ist ahnlich span-

nungsunabhangig wie die des Wildtyps Kv2.1. a) Chimare CH S2 b) Chimare CH S2-S3 c)

Chimare CH S3

51

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5.2 Gatingstrome der Ganzzell-Messungen an Saugerzellen

Um die geschwindigkeitsbestimmenden Schritte der Aktivierung zu analysieren, ist es sinn-

voll, den ersten Schritt der Aktivierung genauer zu untersuchen. Die Ladungsverschiebung

des Spannungssensors der Kanale, das Gating, ordnet man diesem ersten Schritt zu. Die Ga-

tingstrome sind sehr klein und nehmen nur eine sehr kurzen Zeit in Anspruch. Deshalb sind

Xenopus-Oozyten aufgrund ihrer Große und der daraus resultierenden langen Dauer der Um-

polung der Membran nicht zum Messen von Gatingstromen geeignet. Deshalb wurden diese an

Saugerzellen gemessen. Es kamen CHO- und L-Zellen zum Einsatz. Die Ionenstrome wurden

durch den Losungsbestandteil N-methyl-D-glucamin geblockt, sodass diese die Gatingstrome

in den Messungen nicht uberdecken konnten. Naheres dazu ist in Kapitel 4.3.5 zu finden.

5.2.1 Ladungsverschiebung beim Gating in Abhangigkeit von der

Spannung

Um ein Maß fur die Menge der beim Gating verschobenen Ladung zu bekommen, kann

man die gemessenen Gatingstrome integrieren. Um Zusammenhange der verschobenen Ga-

tingladung bei verschiedenen Spannungen zu ermitteln, wurden die ON-Gating Strome unter

Steady-State-Bedingungen bei verschiedenen Spannungen gemessen und integriert (siehe da-

zu auch Kapitel 4.5.3, Seite 28 sowie Abbildung 9, Seite 28). Abbildung 7, Seite 26 zeigt die

ON-Gating Phase der Wildtypkanale Kv1.2 und Kv2.1 bei verschiedenen Spannungen. Die

Gatingladungen Q wurden normiert auf die maximale Gatingladung Qmax und die entspre-

chenden Qrel-Werte wurden, wie in Abbildung 35, Seite 53 dargestellt, in Abhangigkeit von

der Testpulsspannung aufgetragen.

Die ermittelten Werte wurden dann mit Gleichung 5.8 approximiert.

Die Funktion zur Ermittlung der aquivalenten Gatingladung lautet:

Qrel(V ) =1

(

1+ e[(Vg,1/2−V )zg,QVF

RT ]) (5.8)

Vg,1/2 ist die mittlere Spannung und zg,QV die bewegte aquivalente Gatingladung fur das Ga-

ting einer einzelnen Untereinheit. In Abbildung 36 sind die Chimaren CH S2 und CH S3 im

Vergleich zu den Wildtypkanalen ersichtlich. Die approximierten Parameter zg,QV und Vg,1/2

sind in Tabelle 7 ersichtlich. Aufgrund der hohen Fehlerwerte bei der Approximation der

Chimaren ist Parameter z nicht ausreichend signifikant bestimmt. Die geringe Anzahl auswert-

barer Gatingstrom-Messungen an Chimaren ließ keine genauere Bestimmung der Parameter

zu. Bei den Wildtypkanalen liegen die Abweichungen der ermittelten beteiligten Ladungs-

mengen im Bereich des Messfehlers (Kv1.2 zg,QV =2.27 ± 0.67; Kv2.1 zg,QV =1.71 ± 0.86).

Es sind also keine signifikanten Unterschiede im Bezug auf die beteiligten Ladungsmengen

zwischen den Wildtypkanalen feststellbar.

52

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-80 -60 -40 -20 0 20 40 60 80 100

0.0

0.2

0.4

0.6

0.8

1.0

Kv2.1 Kv1.2

QV gating Wildtypkanäle

norm

ierte

Lad

ung

Qre

l

Spannung V (mV)

Abbildung 35: Die normierten Gatingladungen in Abhangigkeit von der Spannung wahrend

On-Gating Phase der Wildtypkanalen im Vergleich. Es deutet sich an, dass bei beiden Kanalen

ahnliche Ladungsmengen bei entsprechenden Spannungen verschoben werden.

zg,QV zg,QV SEM Vg, 12

Vg, 12

SEM

Kv1.2 2.27 0.67 -19.96 0.77

Kv2.1 1.71 0.86 -16.50 0.96

CH S2 1.44 2.37 -15.98 2.61

CH S3 1.24 2.75 -11.38 2.82

Tabelle 7: Vergleich der Parameter zg,QV und Vg,1/2 zur Beschreibung des Gatings. Die Para-

meter wurden durch Approximation der Werte fur die Beziehung der Ladung zur Spannung im

On-Gating mit der Gleichung 5.8 (Seite 52) ermittelt. Aufgrund der hohen Fehlerwerte bei der

Approximation der Chimaren ist Parameter z nicht ausreichend signifikant bestimmt. Die gerin-

ge Anzahl auswertbarer Gatingstrom-Messungen an Chimaren ließ keine genauere Bestimmung

der Parameter zu.

53

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-80 -60 -40 -20 0 20 40 60 80 100

0.0

0.2

0.4

0.6

0.8

1.0

Kv2.1 Kv1.2 CH_S2 CH_S3

QV gating Chimären

norm

ierte

Lad

ung

Qre

l

Spannung V (mV)

Abbildung 36: Die normierten Gatingladungen in Abhangigkeit von der Spannung wahrend On-

Gating Phase der Wildtypkanale im Vergleich zu den Chimaren. Trotz der geringen Anzahl der

auswertbaren Messungen (nKv1.2 = 3,nKv2.1 = 2,nS2 = 1,nS3 = 1) wird deutlich, dass bei allen

Kanalen ahnliche Ladungsmengen bei entsprechenden Spannungen verschoben werden.

54

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5.2.2 Zeitverlauf des abfallenden Gatingstromes und Bestimmung der

Zeitkonstanten τg

Die Aktivierungsphase im On-Gating war im Vergleich zu den Ionenstrommessungen sehr

kurz, wie in der Abbildung 7 zu sehen ist. Der abfallende Verlauf wurde mittels der Glei-

chung 5.9 approximiert. Ein Beispiel fur einen approximierten Verlauf ist in Abbildung 37

ersichtlich.

0 1 2 3 4

0

100

200

300

400

500

I (pA

)

t (ms)

Abbildung 37: Beispiel fur die Approximation des abfallenden Verlaufs der ON-Gatingphase

am Wildtypkanal Kv2.1 bei 60 mV (rot)

Die Funktion zur Ermittlung der Zeitkonstanten τg in der On-Gating Phase lautet:

I = I0 e

(

−tτg

)

(5.9)

I0 ist ein Amplitudenparameter, t die Zeit und τg ist die Zeitkonstante der abfallenden Kurve.

Die ermittelten τg wurden in Abbildung 38 in Abhangigkeit von der Spannung aufgetragen.

Die aquivalente Gatingladung zτgdes abfallenden Gatingstromes wurde durch Approximation

τg-Werte mit der Gleichung 5.10 ermittelt.

Die Funktion zur Ermittlung der Parameter zur Zeitkonstante τg in der On-Gating Phase lautet:

τg = A e(−zxFVRT ) +B (5.10)

A und B sind Amplitudenparameter einer spannungsabhangigen und einer spannungsunabhangi-

gen Komponente. Die ermittelten Werte wurden in Tabelle 8 zusammengefasst. Die ermit-

telten τg-Werte fur Spannungen < 0 mV sind nicht beurteilbar, da die Differenzierung zu

55

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Leckstromen bei den Wildtypkanalen wie auch bei der Chimare sehr schwer war. In Abbil-

dung 39 und 40 zeigen die Chimaren starke Abweichungen der Werte fur τg im Vergleich zu

den Wildtypkanalen. Chimare CH S2 hat bei Spannungen < 10 mV deutlich langere Zeitkon-

stanten als die Wildtypkanale. Da hier aber nur eine Einzelmessung vorliegt und die Zeitkon-

stanten im Verhaltnis zu den Leckstromen nur sehr schwer bestimmbar waren, kann man uber

die Werte bei geringerer Depolarisation keine signifikanten Aussagen machen. Gleiches gilt

auch fur die ermittelten τg-Werte der Chimaren CH S2-S3 und CH S3. Bei starkerer Depola-

risation gleichen sich die τg-Werte der Chimaren immer mehr den Werten der Wildtypkanale

an.

A A SEM B B SEM zτgzτg

SEM

KV1.2 2.44 0.23 0.22 0.21 1.48 0.25

KV2.1 2.63 0.10 -0.11 0.10 2.04 0.13

CH S2 5.78 0.28 1.59 0.22 0.71 0.02

CH S2-S3 0.08 0.02 0.26 0.01 1.32 0.45

CH S3 0.61 0.12 0.43 0.12 2.31 0.75

Tabelle 8: Vergleich der Parameter A, B und zτgzur Beschreibung der abfallenden On-Gating

Phase. Die Parameter wurden durch Approximation der Werte fur τg im On-Gating mit der Glei-

chung 5.10 (Seite 55) ermittelt. Es zeigt sich, dass die ermittelten Parameter der Wildtypen bei

Berucksichtigung der Fehler gleich sind, wahrend die Werte der Chimaren weit streuen, die

Werte der Chimaren sind Einzelmessungen und die angegebenen Fehlerwerte Angaben uber den

Fehler bei der Ermittlung der Parameter der Approximation. Die Fehler sind sehr groß, was dar-

auf schließen lasst, dass die Werte fur die Einzelmessungen nicht ausreichend bestimmt sind, um

signifikante Aussagen uber die Werte zu machen.

56

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-40 -20 0 20 40 60 800

1

2

3

4

5

6

7

8

Kv2.1 Kv1.2

g (m

s)

Spannung V (mV)

Abbildung 38: Approximation der Zeitkonstanten τg des abnehmenden Stromes der On-Gating

Phase der Wildtypkanale im Vergleich. Im Spannungsbereich >= 0 mV sind die Zeitkonstanten

der beiden Kanale nahezu gleich groß. Je niedriger die Spannung, desto großer war die Streu-

ung zwischen einzelnen Messungen desselben Kanales. Die Gatingstrome waren bei niedrigen

Spannungen sehr klein, was die Differenzierung zu Leckstromen schwer machte. Die Werte < 0

mV sind daher nicht beurteilbar.

57

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-40 -20 0 20 40 60 80

0

10

20

30

40

50

60

Kv2.1 Kv1.2 CH_S2

g (ms)

Spannung V (mV)

Abbildung 39: Approximation der Zeitkonstanten τg des abnehmenden Stromes der On-Gating

Phase der Chimare CH S2 (Einzelmessung) im Vergleich zu den Wildtypkanalen. Im Span-

nungsbereich >= 0 mV gleicht die Messung der Chimare den Wildtypkanalen. Bei Spannungen

kleiner 0 mV kann man die ermittelten Zeitkonstanten nicht beurteilen, da die Differenzierung zu

Leckstromen bei den Wildtypkanalen wie auch bei der Chimare sehr schwer waren. Die Werte <

0 mV sind daher nicht beurteilbar. Bei den Chimaren ist sind jeweils nur Einzelmessungen aus-

wertbar gewesen. Aus diesen Grunden ist eine weitere Beurteilung der τg-Zeitkonstanten nicht

sinnvoll.

58

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-40 -20 0 20 40 60 800

1

2

3

4

5

6

7

8 Kv2.1 Kv1.2 CH_S2-S3 CH_S3

g (m

s)

Spannung V (mV)

Abbildung 40: Approximation der Zeitkonstanten τg des abnehmenden Stromes der On-Gating

Phase der Chimaren CH S2-S3 und CH S3 im Vergleich zu den Wildtypkanalen. Die Messungen

der Wildtypkanale weisen bei Spannungen kleiner 0 mV eine große Streubreite auf. Bei den

Chimaren ist sind jeweils nur Einzelmessungen auswertbar gewesen. Aus diesen Grunden ist

eine weitere Beurteilung der τg-Zeitkonstanten nicht sinnvoll.

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6 Diskussion

6.1 Modell fur das Schaltverhalten

Fur Kv1.2 Wildtypkanale kann man das Gating mit Schema 6.1 beschreiben.

Gatingschema fur Kv1.2(

C1−→k1

C2

)

4

−→k2

O (6.1)

C steht fur einen geschlossenen Zustand der unabhangigen Untereinheiten, O ist offen und

k1 und k2 beschreiben Geschwindigkeitskonstanten [Zagotta et al., 1994b]. Die Geschwindig-

keitskonstante k1 beschreibt das unabhangige Gating der Untereinheiten und damit hauptsachlich

die Kinetik des Gatingstromes. Die Geschwindigkeitskonstante k2 beschreibt die nachfolgend

angekoppelte gemeinsame Offnungsreaktion der Untereinheiten. Sie zeichnet sich eher fur

den spaten Zeitverlauf der Aktivierung verantwortlich. Man kann annehmen, dass die bei-

den Geschwindigkeitskonstanten k1 und k2 bei starkerer Depolarisation großer werden, da

alle gemessenen Zeitkonstanten τg, τn und τl bei starkerer Depolarisation kleiner werden. Die

unterschiedlich starke Verzogerung der Schaltvorgange bei verschiedenen Spannungen kann

man mit der unterschiedlichen Spannungsabhangigkeit der beiden Prozesse, die durch k1 und

k2 beschrieben werden, erklaren. Siehe auch Abbildung 41. Diese Modellvorstellung ahnelt

der von Taglialatela und Mitarbeitern beschriebenen, die davon ausgeht, dass einer anfangli-

chen langsamen und wenig spannungsabhangigen Komponente mehrere spannungsabhangige

Schritte folgen [Taglialatela & Stefani, 1993]. Erst wenn diese Schritte abgelaufen sind, kann

der letzte folgen, welcher zur Offnung der Pore fuhrt.

Voneinander unabhangige Untereinheiten bedingen gleiche Sigmoiditat [Zagotta et al., 1994a].

Die Sigmoiditat von Kv1.2 Ionenstromen war bei starkerer Depolarisation ausgepragter als

bei geringerer Depolarisation (siehe auch Abbildung 33). Dieses Ergebnis laßt darauf schlie-

ßen, dass die Aktivierung von Kv1.2 Kanalen nicht vorzugsweise durch den ersten Schritt

der Aktivierung, das Gating der unabhangigen Untereinheiten, sondern zusatzlich durch die

darauf folgende Kopplungsreaktion, reprasentiert durch k2, in der Geschwindigkeit limitiert

wird. Die Kopplungsreaktion findet erst statt, wenn die erste Reaktion (k1) in allen Unter-

einheiten abgelaufen ist. Bei geringerer Depolarisation stellt eher die Kopplungsreaktion (k2)

60

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den geschwindigkeitsbestimmenden Schritt dar, wahrend es bei starkerer Depolarisation das

Gating der Untereinheiten (k1) ist. Der gesamte Zeitverlauf wird bei starkerer Depolarisation

beschleunigt, wobei k2 starker als k1 beschleunigt wird. Die Kopplungsreaktion ist trotzdem

bei starken Depolarisationen noch mit zeitbestimmend, da die Aktivierung des Ionenstromes

auch dort noch langsamer als der abfallende Gatingstrom ist.

Fur Kv2.1 Kanale ergaben die Auswertungen, dass diese langsamer als Kv1.2 Kanale ak-

tivieren und dass die Sigmoiditat weniger spannungsabhangig ist (siehe Abbildung 33). Da

die Gatingstrome genauso schnell sind wie bei Kv1.2 Kanalen, muss also ein dem Gating

nachgeschalteter geschwindigkeitslimitierender Vorgang fur die Verzogerung in der Aktivie-

rung verantwortlich sein. Dass die Sigmoiditat wenig spannungsabhangig ist, legt nahe, dass

ein großer Anteil der Geschwindigkeitslimitierung in einer spannungsunabhangigen Verschie-

bung der Untereinheiten zu suchen ist. Das Gatingschema 6.1 kann also um einen zusatzlichen

Schritt (k′1) fur das Untereinheiten Gating erweitert werden:

Gatingschema fur Kv2.1(

C1−→k1

C2 −→k′1

C3

)

4

−→k2

O (6.2)

6.2 Vergleich Wildtypkanale mit den Chimaren

6.2.1 Vergleich der Kanale anhand des Zeitverlaufs und der

Zeitkonstanten

Kv2.1 Kv1.2 CH_S2 CH_S2-S3 CH_S3 stark A > 15 ms

τn mittel 15 ms >= A >= 6 ms

τl schwach A < 6 ms

ta,1/2 nicht auswertbar

Sigmoidität

τg Ionenstrom

QVg alle sehr ähnlich Gatingstrom

Abbildung 41: Ubersicht uber die ermittelte Große der spannungsabhangigen Komponente der

verschiedenen ausgewerteten Parameter. Die Sigmoiditat war lediglich bei Kv1.2 deutlich span-

nungsabhangig. Interessant ist, dass die Spannungsabhangigkeit von Kv2.1 in der Sigmoiditat

großer gegenuber Kv1.2 ist, wahrend das bei allen anderen Parametern genau umgekehrt ist.

Siehe dazu auch Kapitel 6.2.2. Weiterhin wird deutlich, dass die Chimare CH S2 sehr wenig

spannungsabhangig ist. Siehe dazu auch die Erlauterungen in Kapitel 6.2.1, Seite 62. Bei den

anderen Chimaren (CH S2-S3 und CH S2-S3) zeigt sich, dass sich die spate Aktivierung und

die Zeit der halbmaximalen Aktivierung im Bezug auf die Spannungsabhangigkeit ahnlich ver-

halten und die Chimaren bei diesen Zeitkonstanten ahnlich spannungsabhangig bleiben, wie bei

Wildtypkanal Kv2.1. Dagegen wird bei allen Chimaren die fruhe Aktivierung im Bezug auf die

Spannungsabhangigkeit ahnlich spannungsabhangig wie der Wildtypkanal Kv1.2, wobei dies

starker ausgepragt ist, wenn das S2-Segment mit ubertragen wurde. Siehe dazu auch die Erlaute-

rungen in Kapitel 6.2.1.

61

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Kv2.1 Kv1.2 CH_S2 CH_S2-S3 CH_S3 langsam B > 10 ms

τn mittel 10 ms >= B >= 4 ms

τl schnell B < 4 ms

ta,1/2 nicht auswertbar

τg

QVg alle sehr ähnlich Ionenstrom

Gatingstrom

Abbildung 42: Ubersicht uber die ermittelte Große der spannungsunabhangigen Komponente

der verschiedenen ausgewerteten Parameter. Es wird deutlich, dass diese durch das Ubertragen

von Segmenten des schnell aktivierenden Kanales Kv1.2 vor allem in der fruhen Aktivierungs-

phase beschleunigt wird, wohingegen die spate Aktivierungsphase kaum geandert wird. Der Zeit-

punkt der halbmaximalen Aktivierung wird vor allem durch die Ubertragung des S3-Segmentes

vorverlegt. Siehe dazu auch die Erlauterungen in Kapitel 6.2.1. Die beim Gating verschobene

Ladungsmenge in Abhangigkeit von der Spannung ist bei allen Kanalen ahnlich. Siehe dazu

auch die Erlauterungen zu den Gatingstrommessungen in Kapitel 6.3.

beteiligte Äquivalentladungen (Parameter z)

Kv2.1 Kv1.2 CH_S2 CH_S2-S3 CH_S3 viele z > 2

τn mittel 2 >= z >= 1

τl wenige z < 1

ta,1/2 nicht auswertbar

Aktivierung

QV Ionenstrom

τg Gatingstrom

Abbildung 43: Ubersicht uber die ermittelte Menge der verschobenen Aquivalentladungen der

verschiedenen ausgewerteten Parameter. Hier zeigt sich, dass sowohl bei der fruhen (τn), wie

auch bei der spaten Aktierung (τl) bei Kv1.2 weniger Aquivalentladungen verschoben werden,

als bei Kv2.1 und dass sich diese Eigenschaft unterschiedlich auf die Chimaren ubertragen laßt.

So zeigen alle Chimaren bei der fruhen Aktivierung ahnliche Ladungsverschiebungsmengen wie

der schnell aktivierende Wildtypkanal Kv1.2, wahrend bei der spaten Aktivierung die Chimare

CH S3 ahnlich viele Ladungen verschiebt, wahrend bei CH S2 deutlich mehr Ladungen werden,

als bei den anderen Kanalen. Siehe dazu auch die Erlauterungen in Kapitel 6.2.1, Seite 63.

Betrachtet man die Spannungsabhangigkeit der Chimaren im Vergleich (ersichtlich in Abbil-

dung 41, Seite 61) wird deutlich, dass durch Ubertragung von Segmenten des schnell aktivie-

renden Kv1.2 die resultierenden Chimaren vor allem in der fruhen Aktivierungsphase deutlich

weniger spannungsabhangig sind, als der Wildtypkanal Kv2.1. Dagegen wird die spate Ak-

tivierungsphase und auch die Zeit der halbmaximalen Aktivierung nur durch den Austausch

des S2-Segmentes so wenig spannungsabhangig wie Kv1.2. Bei genauerer Differenzierung

der spannungsabhangigen wie der spannungsunabhangigen Komponente anhand der entspre-

chenden Parameter kann man die Chimaren noch weiter unterscheiden.

Beim Vergleich der Zeitkonstanten der Aktivierungsphasen der beiden Wildtypkanale zeigt

sich, dass Kv1.2 eine durchgehend geringe Spannungsabhangigkeit hat, wahrend Kv2.1 bei

niedrigen Spannungen (bei τn bis 40 mV, bei τl bis 30 mV) eine starke Spannungsabhangigkeit

62

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zeigt, die bei hoheren Spannungen deutlich geringer wird (siehe auch Abbildung 17). Man

kann deshalb davon ausgehen, dass die spannungsabhangige Komponente der Aktivierung

bei niedrigen Spannungen deutlich mehr zur Verzogerung in der Aktivierung beitragt als bei

hoheren Spannungen.

Fur die spate Aktivierungsphase der Ionenstrome τl nimmt die Chimare CH S2 im niedrigeren

Spannungsbereich (-10 mV bis 40 mV) das Verhalten von Kv1.2 an, wahrend sie im oberen

Spannungsbereich (> 40 mV) eher das Verhalten von Kv2.1 annimmt (bezogen auf die Ak-

tivierungsgeschwindigkeit; siehe dazu auch Abbildung 18, Seite 37). Es werden außerdem

bei der spaten Aktivierung (τl) mehr Aquivalentladungen verschoben als bei allen anderen

Kanalen. Sie ist dabei weniger spannungsabhangig als beide Wildtypkanale. Der Austausch

des S2-Segmentes bewirkt also eine starke Beschleunigung der spannungsabhangigen Kom-

ponente (Parameter A).

Durch Ubertragen des S2-Segmentes wird die bei niedriger Depolarisation stark spannungs-

abhangige Komponente von Kv2.1 stark beschleunigt. Dies laßt vermuten, dass diese dem

S2-Segment zugeordnet werden kann oder dass durch die andere Struktur des S2-Segmentes

raumlich angrenzende Segmente beeinflußt werden, die der spannungsabhangigen Kompo-

nente zugeordnet werden konnen. Dies geht mit den Ergebnissen von [Jiang et al., 2003b]

konform, in denen dieser den Aminosauren des S2-Segmentes eine stabilisierende Wirkung

auf die positiven Paddelladungen des Spannungssensors zuschreibt. Die Ergebnisse legen na-

he, dass durch Austausch des S2-Segmentes mit dem des schnell aktivierenden Wildtypkana-

les die stabilisierende Wirkung in der resultierenden Chimare gestort wird und dadurch das

Paddel beweglicher wird, d.h. dass in der gleichen Zeit mehr Ladungen verschoben werden

konnen. Dies erklart auch die hohen Werte der Aquivalentladung (Parameter z) bei Chimare

CH S2 (siehe dazu auch die Erlauterungen im Kapitel 6.2.1).

Bei Betrachtung der spannungsunabhangigen Komponente der Aktivierungsgeschwindigkeit

(siehe dazu auch Abbildung 42) wird deutlich, dass sie durch das Ubertragen von Segmenten

des schnell aktivierenden Kanales Kv1.2 vor allem in der fruhen Aktivierungsphase beschleu-

nigt wird. Dies gilt fur alle drei Chimaren. Dagegen wird die spate Aktivierungsphase kaum

geandert. Der Zeitpunkt der halbmaximalen Aktivierung wird vor allem durch die Ubertra-

gung des S3-Segmentes vorverlegt.

Die Analyse der verschobenen Ladungen bei den verschiedenen gemessenen Kanalen (siehe

dazu auch Abbildung 43) zeigt, dass das Ubertragen der Segmente auf den langsamer aktivie-

renden Kanal Chimaren erzeugt, bei denen in der fruhen Aktivierung ahnlich wenige Aquiva-

lentladungen verschoben werden, wie bei dem schnell aktivierenden Wildtypkanal Kv1.2. Im

Gegensatz dazu werden in der spaten Aktivierungsphase bei den Chimaren CH S2 und CH S3

mehr Ladungen verschoben (ahnlich viele wie beim Wildtypkanal Kv2.1), wobei bei Chimare

CH S2 sogar mehr Ladungen verschoben werden, als bei beiden Wildtypkanalen. Der Ver-

gleich der Menge der verschobenen Aquivalentladungen mit der Starke der Verzogerung durch

63

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die spannungsabhangige Komponente der Aktivierung (siehe Abbildung 42) lasst vermuten,

dass, je weniger Ladungen verschoben werden mussen, desto geringer ist die Verzogerung der

Aktivierung durch die spannungsabhangige Komponente der Aktivierung.

Die Parameter der approximierten halbmaximalen Ionenstrome (ta,1/2) zeigen ein ahnliches

Bild wie die der Zeitkonstanten τl . Es wird deutlich, dass sowohl die spannungsabhangige,

als auch die spannungsunabhangige Komponente der Aktivierung am Wildtypkanal Kv1.2

schneller als bei Kv2.1 sind. Durch den Austausch des S2-Segmentes sind auch hier beide

Komponenten schneller als im Wildtypkanal Kv2.1, wobei die spannungsabhangige Kompo-

nente sogar schneller ist als in Kv1.2. Auch durch Austausch beider Segmente (S2 und S3)

werden beide Komponenten beschleunigt. Dies bestatigt die Ergebnisse in [Koopmann et al.,

2001]. Der Austausch des S3-Segmentes beschleunigt sowohl bei τl als auch bei ta,1/2 die

spannungsunabhangige Komponente, wahrend die spannungsabhangige Komponente deutlich

verzogert bleibt. Hier ist auch denkbar, dass wahrend der stark verzogerten spannungsabhangi-

ge Komponenten schon Vorgange der spannungsunabhangigen parallel ablaufen.

64

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a)

CH_S3

CH_S2-S3

CH_S2

Kv2.1

Kv1.2

0 4 8 12 16 20 24 28 32 36

Parameteranteil in ms

Kan

altyp

A spannungsabhängig B spannungsunabhängig

b)

CH_S3

CH_S2-S3

CH_S2

Kv2.1

Kv1.2

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90

A spannungsabhängig B spannungsunabhängig

Kan

altyp

Parameteranteil in ms

Abbildung 44: Anteil des Parameters A (spannungsabhangige Komponente) bzw. B (span-

nungsunabhangige Komponente) von der Summe aus A und B der Approximation der Zeit-

konstanten τn und τl . Es wird deutlich, dass bei beiden Wildtypkanalen die spannungsabhangige

Komponente der Aktivierung den großten Anteil an der Verzogerung hat. a) fruhe Aktivie-

rung: Durch Ubertragung des S2-Segmentes werden beide Komponenten beschleunigt, sodass

die Zeitkonstanten kurzer als bei dem schnellen Wildtypkanal Kv1.2 sind. Bei den beiden ande-

ren Chimaren kann man davon ausgehen, dass die spannungsunabhangige Komponente ahnlich

langsam wie bei Wildtypkanal Kv2.1 bleibt, wahrend die spannungsabhangige Komponente be-

schleunigt wird. b) spate Aktivierung: Eine Ausnahme stellt die Chimare CH S2 dar, die bei τl

einen sehr geringen spannungsabhangigen Anteil hat, d.h. der spannungsunabhangige Anteil der

Aktivierung fast allein fur die Verzogerung der Aktivierung verantwortlich ist.

65

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CH_S3

CH_S2-S3

CH_S2

Kv2.1

Kv1.2

0 10 20 30 40 50

A spannungsabhängig B spannungsunabhängig

Kan

altyp

Parameteranteil in ms

Abbildung 45: Ubersicht uber die unterschiedlichen Anteile der Parameter bei den Zeitverlaufen

der Aktivierung (ta,1/2). Es zeigt sich ein ahnliches Bild wie bei der Zeitkonstanten τl . Es wird

deutlich, dass sowohl die spannungsabhangige, als auch die spannungsunabhangige Komponente

der Aktivierung am Wildtypkanal Kv1.2 schneller als bei Kv2.1 sind. Durch den Austausch des

S2-Segmentes sind auch hier beide Komponenten schneller als im Wildtypkanal Kv2.1, wobei

die spannungsabhangige Komponente sogar schneller ist als in Kv1.2. Auch durch Austausch

beider Segmente (S2 und S3) werden beide Komponenten leicht beschleunigt. Dies bestatigt

die Ergebnisse in [Koopmann et al., 2001]. Der Austausch des S3-Segmentes beschleunigt

sowohl bei τl als auch bei ta,1/2 die spannungsunabhangige Komponente, wahrend die span-

nungsabhangige Komponente deutlich verzogert ist, hier ist auch denkbar, dass durch die stark

verzogerte spannungsabhangige Komponente schon Vorgange der spannungsunabhangigen par-

allel ablaufen.

66

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6.2.2 Sigmoiditat

In Abbildung 41 fallt auf, dass Kv1.2 in der Sigmoiditat eine großere Spannungsabhangigkeit

als die anderen Kanale aufweist, wahrend sich bei den Zeitkonstanten ein entgegengesetztes

Bild zeigt. Dies kann man darauf zuruckfuhren, dass die Sigmoiditat die Summe aller Schalt-

vorgange wahrend der Aktivierung verdeutlicht, wahrend die gemessenen Zeitkonstanten le-

diglich eine ausgewahlte Betrachtung eines Zeitpunktes innerhalb der Aktivierung darstel-

len. In Abbildung 44 ist ersichtlich, dass die spannungsunabhangige Komponente bei Kv1.2

deutlich weniger zur Verzogerung beitragt. Die spannungsabhangige Komponente hat also ein

großeres Gewicht bei der Aktivierung, was sich in der Sigmoiditat in der großeren Spannungs-

abhangigkeit niederschlagt.

6.2.3 Steady-State-Aktivierung

In der Steady-State-Aktivierung zeigt der Wildtypkanal Kv1.2 eine starkere Spannungsabhangig-

keit als der Wildtypkanal Kv2.1 und aktiviert schon bei niedrigeren Spannungen (siehe Ab-

bildung 28). Die Steady-State-Aktivierung der verschiedenen Chimaren unterscheidet sich

von beiden Wildtypkanalen. Es zeigt sich, dass ein Austausch des S2-Segmentes bei niedri-

gen Spannungen (-40 mV bis -20 mV) eine Chimare mit hoherer Aktivierung als bei beiden

Wildtypkanalen erzeugt, wahrend diese bei hoheren Spannungen das Verhalten von Kv2.1 an-

nimmt (siehe Abbildung 29). Die Steady-State-Aktivierung der Chimare CH S2 ist deutlich

spannungsunabhangiger als die der Wildtypkanale. Wird auch das S3 Segment ausgetauscht,

ergibt sich eine Chimare, die ahnlich spannungsabhangig ist, wie bei alleinigem Austausch

von S2, dabei ist die Aktivierung aber zu positiveren Spannungen verschoben. Wird lediglich

das S3 Segment ausgetauscht, ist die Spannungsabhangigkeit der Chimare ahnlich Kv2.1, aber

auch hier ist die gleiche Aktivierung erst bei hoheren Spannungen erreicht (siehe Abbildung

31, Seite 47). Diese Ergebnisse gehen mit [Koopmann et al., 2001] konform.

6.3 Beurteilung der Gatingstrome

Die geringe Ausbeute der Messungen der Gatingstrome an den Chimaren laßt die Ergebnisse

diesbezuglich weniger Gewicht annehmen. Dennoch deutet sich an, dass die Ladungsverschie-

bung in Abhangigkeit von der Spannung auch bei den Chimaren denen der Wildtypkanale

entsprechen. Es sind anhand der Daten also keine signifikanten Unterschiede zwischen den

Kanaltypen feststellbar. Wie auch in [Scholle et al., 2004] beschrieben, kann man das Gating

unabhangiger Untereinheiten nicht fur die unterschiedlich schnelle Aktivierung der Kanale

verantwortlich machen, sondern es muss einem nachfolgenden Schrit zugeordnet werden. Dies

gilt fur den gesamten getesteten Spannungsbereich.

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7 Schlussfolgerungen

Der Vergleich der verschiedenen Zeitkonstanten legt nahe, dass das S2-Segment Teil des Span-

nungssensors ist bzw. zu diesem stark in Wechselwirkungen steht, da durch den Austausch

dieses Segmentes die enstehende Chimare deutlich spannungsunabhangiger wird. Diese Er-

kenntnis wird sowohl durch die Betrachtung der Zeitkonstanten als auch der Steady-State-

Aktivierung untermauert.

Die Ergebnisse lassen sich durch Modell 6.2 gut beschreiben, in dem die Schaltvorgange

in den Untereinheiten in spannungsabhangige und spannungsunabhangige Schritte aufgeteilt

werden, die nacheinander stattfinden. Durch Ubertragen der S2- und S3 Segmente kann man

diese Schaltvorgange in ihrer Geschwindigkeit beeinflussen. Vor allem bei dem S2-Segment

zeichnet sich eine Beeinflussung der stabilisierenden Elemente der spannungsabhangigen Kom-

ponente ab.

Die initiale Ladungsverschiebung durch die Gatingstrome ist bei allen gemessenen Kanalen

ahnlich groß. Die unterschiedlich starke Verzogerung in der Aktivierung ist also nicht auf die

initialen Schaltvorgange, sondern auf die folgenden Schritte zuruckzufuhren.

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Lebenslauf

Angaben zur Person

Name Matthias Leonhardt

Wohnort Tatzendpromenade 1

07745 Jena

Geburtstag 14.04.1977 in Gera

Familienstand ledig

Nationalitat deutsch

Schulbildung

08.1983 - 08.1991 16. POS Gera

09.1991 - 07.1995 K.T. Liebe Gymnasium Gera

06.05.1995 Abitur

Zivildienst

08.1995 - 09.1996 Ambulante Kranken- und Altenpflege

Diakonie Gera-Langenberg

Berufsausbildung

09.1996 - 08.1998 Vorklinisches Studium Universitat Jena

09.1998 - 09.2003 Klinisches Studium Universitat Jena

10.2001 - 09.2002 Forderstipendium fur Promotion (Unterbrechung des Studiums

fur Messungen im Rahmen der Promotion)

10.2003 - 11.2004 Praktisches Jahr am Klinikum der FSU Jena

03.2004 Abschluß des Medizinstudiums

seit 04.2004 Doktorand im Institut fur Physiologie II der MTI der FSU

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Eigenstandigkeitserklarung

Hiermit erklare ich, dass mir die Promotionsordnung der Medizinischen Fakultat der Friedrich-

Schiller-Universitat bekannt ist, ich die Dissertation selbst angefertigt habe und alle von mir

benutzten Hilfsmittel, personlichen Mitteilungen und Quellen in meiner Arbeit angegeben

sind, mich folgende Personen bei der Auswahl und Auswertung des Materials sowie bei der

Herstellung des Manuskripts unterstutzt haben: Prof. K. Benndorf, Dr. J. Kusch, PD T. Zim-

mer, die Hilfe eines Promotionsberaters nicht in Anspruch genommen wurde und dass Dritte

weder unmittelbar noch mittelbar geldwerte Leistungen von mir fur Arbeiten erhalten haben,

die im Zusammenhang mit dem Inhalt der vorgelegten Dissertation stehen, dass ich die Disser-

tation noch nicht als Prufungsarbeit fur eine staatliche oder andere wissenschaftliche Prufung

eingereicht habe und dass ich die gleiche, eine in wesentlichen Teilen ahnliche oder eine ande-

re Abhandlung nicht bei einer anderen Hochschule als Dissertation eingereicht habe. Hiermit

erklare ich, diese Dissertation selbststandig verfasst zu haben.

Jena, den 4. Februar 2007

Matthias Leonhardt

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