Dobusch, Forsterleitner - Freie Netze, Freies Wissen
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FREIE NETZE.FREIES WISSEN.
FREIENETZE.FREIESWISSEN.
HERAUSGEBER: Dobusch Leonhard /ForsterleitnerChristian
Die Bewegung fr Freie Software ist eine Bewegung fr Menschenrechteund fr soziale Vernderung.(Richard Stallman)
Es gibt keine Kunst, die nicht wiederverwendet.(Lawrence Lessig)
ISBN 3-901761-64-0
Freie Netze. Noch nie war es einfacher, Menschen und ihr
Wissen in Form von Texten, Bildern oder Tnen zusammen-
zubringen und zu vernetzen. Freie Netze sind der Versuch,
dieses Potential von Internet und PC auszuschpfen und
mglichst alle Menschen daran teilhaben zu lassen.
Freies Wissen. Der Zugang zu digitalen Netzen bedeutet
noch nicht den Zugang zu Inhalten. Ein freier Zugang zu
Wissen ist aber die Basis fr Innovation und Emanzipation.
Den neuen Mglichkeiten fr freien Zugang zu Wissen
stehen neue und alte, soziale und rechtliche Barrieren
gegenber.
Von siebzehn Autorinnen und Autoren werden die verschie-denen Anwendungsbereiche von Freien Netzen und Freiem
Wissen dargestellt. In jedem der neun Kapitel kommen in
Interviews Menschen wie Lawrence Lessig oder Richard
Stallman zu Wort, die mit dem Thema als ExpertInnen,
PionierInnen oder unmittelbar Betroffene zu tun hatten
oder haben. Am Ende jedes Kapitels finden sich k onkrete
Projektvorschlge zur Umsetzung auf lokaler Ebene als
Beitrag fr das Linzer Kulturhauptstadtjahr 2009.
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Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 2.0 sterreich
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Das Commons Deed ist eine Zusammenfassung des Lizenzvertrages in allgemeinverstndlicher Sprache.
Im Volltext ist die Lizenz unter http://creativecommons.org/licences/by-sa/2.0/at/legalcode im Internet abrufbar.
IMPRESSUM:
2007 Wien Echo media verlag ges.m.b.h.,
ISBN 3-901761-64-0
Herausgeber: Leonhard Dobusch, Christian Forsterleitner
fr die einzelnen Beitrge bei den Autorinnen und Autoren fr das Gesamtwerk bei den Herausgebern
Das Werk steht elektronisch im Internet zur Verfgung:
www.freienetze.at
Grafische Gestaltung und Satz: Gerhard Schmadlbauer
Druck: Gutenberg Linz
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FREIE NETZE.FREIES WISSEN.Ein Beitrag zum Kulturhauptstadtjahr Linz 2009
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INHALTSVERZEICHNIS00 Intro Seite 006
Vorwort Martin Heller Intendant der Kulturhauptstadt Linz 2009 Seite 006Vorwort der Herausgeber Seite 008
01 Freiheit liegt in der Luft: Freie Funknetze und ihr Beitrag zurBekmpfung der Digitalen Spaltung Manu Hiesmair und Leonhard Dobusch Seite 012Interview mit Aaron Kaplan (Funkfeuer.at) Seite 026
Projekte Seite 034
02 Kreativitt in Fesseln: Wie Urheberrecht Kreativitt behindertund doch mit seinen eigenen Waffen geschlagen werden kann Markus Eidenberger und Andreas Ortner Seite 040Interview mit Lawrence Lessig (Stanford/Creative Commons) Seite 056Interview mit Hubert Hummer (Wissensturm) Seite 060Projekte Seite 066
03 Offene Lehre ist freie Lehre ist gute Lehre:
Viele Universitten publizieren Lehrunterlagen als Open Courseware.Schulen und andere Bildungseinrichtungen knnten folgen. Rebecca Kampl und Barbara Hofmann Seite 072Interview mit Anne Margulies (MIT Open Courseware) Seite 084Interview mit Thomas Pfeffer (Universitt Klagenfurt) Seite 090Projekte Seite098
04 Freie Software fr freie Brger/innen: Kommunale Chancen und Aufgabenbei der Verwendung von Freier und Open Source Software. Leonhard Dobusch und Jakob Huber Seite 104Interview mit Richard Stallman (Free Software Foundation) Seite 122Interview mit Anne stergaard (GNOME-Projekt) Seite 128Projekte Seite 136
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05 Zurck in die Zukunft des Internets: Blogs und Wikis bringendas Internet nher an seinen Ursprung. Laura Kepplinger und Josef Zehetner Seite 142Interview mit Christoph Schultheis (BILDblog.de) Seite 160Interview mit Kurt Janssen (Wikimedia Deutschland) Seite 164Projekte Seite 172
06 Ars Electronica Activa Die Kunst digitalen Lebens:
Potentiale des erweiterten Ars Electronica Centers fr dieDigital Community Miriam Kck und Stefan Augustyn Seite 178Interview mit Gerfried Stocker (Ars Electronica Center) Seite 190Interview mit Herbert W. Franke (Autor) Seite 198Projekte Seite 202
07 Freiheit der Kunst durch freie Werke? Kunst und Kultur im Zeitalterdigitaler Remixes. Thomas Gegenhuber und Stefan Bru Seite 208Interview mit Johannes Grenzfurthner (Monochrom) Seite 224Interview mit Udo Raaf (Tonspion) Seite 232
Projekte Seite 238
08 Digitale Freiheit fr Forschung und Forscher/innen:Open Access macht wissenschaftliche Publikationen frei verfgbar.Und Wissenschaft besser. Michaela Mader und Bettina Langeder Seite 244Interview mit Gerhard Frhlich (Universitt Linz) Seite 260Interview mit Melissa Hagemann (Open Society Institute) Seite 266Projekte Seite 272
09 Die Voraussetzungen der Freiheit: Die Bewegung fr freiesWissen und ihre Bedeutung fr die Stadt. Christian Forsterleitner und Stefan Pawel Seite 276Interview mit Volker Grassmuck (Humboldt Universitt Berlin) Seite 298Projekt Seite 308
Autorinnen und Autoren Seite 318
Statt eines Glossars: Digitale Freiheit von A bis Z Seite 320
Anmerkungen Seite 330
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Linz liegt in der Luft
Warum habe ich den Herausgebern dieses Buchs angeboten, ein Vorwort zu schreiben?An meiner Faszination fr Medientechnologie kann es nicht liegen sie hlt sich in
berschaubaren Grenzen. Also haben die Grnde mit dem Umstand zu tun, dass Linz sich
2009 als Kulturhauptstadt zeigen darf und bewhren muss. Seit ber einem Jahr lebe ich
mit und teilweise in dieser Stadt. Ich wei, wie sehr sie darum bemht ist, den Wohlstand,
den sich diese Region hart erkmpfen musste, mglichst vielen zukommen zu lassen. Sozial
und dynamisch zugleich will sie sein, die erfolgreiche Arbeiter/innen- und Industriestadt,
der Gerechtigkeit und dem Fortschritt verpflichtet, ein Labor der Zukunft. Eingelst
wurde dieser Anspruch in den letzten dreiig Jahren in mehrfacher Hinsicht. Nicht nurin Wirtschaft und Politik, sondern auch in Bildung und Kultur. Die visionre Kraft, welche
die Ars Electronica und die damit verbundenen Innovationen Wirklichkeit werden lie,
hat ebenso dazu beigetragen, wie der spielerische Anarchismus eines Teils der freien Szene
VorwortKulturhauptstadtintendant
Martin HellerIntendant der Kulturhauptstadt Linz 2009
00| INTRO
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Foto: Heller Enterprises, Credits: Marc Wetli Zrich, September 2003
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oder jene pragmatische Utopie einer Kultur fr alle, die aus dem Linzer Alltag kaummehr wegzudenken ist. Indessen: So richtig zusammenfinden wollten diese einzelnen
Handlungsfelder und Aktionsprogramme nicht. Auch haben sie teils mehr, teils weniger
Patina angesetzt. Das Ganze, das zwingend mehr sein muss als die Summe seiner Teile,
wurde nie zu einer wirklich aufregenden, alles beflgelnden kulturellen Schubkraft, an der
die Stadt htte nachhaltig wachsen knnen.
Zugleich ist das um Modernitt bemhte Linz lngst in der Postmoderne angelangt. In
jener Zeit also, die uns angesichts schwankender Gewissheiten vor die Aufgabe stellt, ausunzhligen Mglichkeiten die richtige Wahl zu treffen und alle Ansprche immer wieder
von neuem zu prfen, zu modellieren, zu verknpfen. Um jede Selbstgerechtigkeit ebenso
zu vermeiden wie Beliebigkeit, und stattdessen die eigenen Ressourcen profiliert einzubringen
in einem hrter gewordenen Wettbewerb nicht nur der Stdte, sondern auch der Haltungen
und Mentalitten. Dieser Aufgabe hat sich das Kulturhauptstadt-Projekt zu stellen, wenn
es seinem Auftrag und seinen eigenen Ambitionen gerecht werden will. Fr 2009, und darber
hinaus denn was hier angestoen wird, muss weitergehen knnen. Dafr sind Bndnispartner
gesucht. Partner, wie jene jngere bis junge Generation, die sich mit Freie Netze. Freies Wissenzu Wort meldet. Getragen von einer medialen und medienpolitischen Sozialisation, die sie
von ihren Mttern und Vtern unterscheidet, und getrieben von der Lust, sich einzumischen.
Nicht irgendwo, theoretisch und abstrakt, sondern konkret, auf der lokalen Ebene, in einer
Kommune und Stadt, die ein Modell fr so vieles sein knnte, das berregional und
international in der Luft liegt. Vorausgesetzt, sie erobert sich jenen Mut zum Experiment
und zum Risiko zurck, ohne den kein Aufbruch zu haben ist.
Bezeichnenderweise gehren die Themen, die im folgenden unter der Prmisse techno-logisch und gesellschaftlich relevanter Entwicklungen diskutiert werden, zum Standardre-
pertoire jeder Auseinandersetzung um ein unfassbarer, mitunter gar fragwrdiger gewordenes
Gemeinwohl: demokratisch offene Strukturen als Voraussetzung zu sozialem Lernen und
Entscheiden; technologische Kompetenz als Ermglichung wirksamer Zeitgenossenschaft;
Content als stndiger Stachel der Informations- und Mediengesellschaft.
Wer sich heute auf solche Fragen und die damit verbundenen Projektideen einlsst, sucht
nach neuen Fundierungen fr alte Ideale. In einer weiten Perspektive, die Hoffnungenweckt und Bewegung fordert: von allen Krften, die in Linz und in Obersterreich ttig
sind, und die sich in eine Allianz der nchsten Schritte einbringen mssen - damit die
Stadt ihren eigenen Potenzen gerecht werden kann.
FREIE NETZEFREIES WISSEN
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Das Phnomen Freie bzw. Open Source Software hat in den letzten Jahren wichtige
gesellschaftliche Vernderungen bewirkt. In den verschiedensten Bereichen bildeten sich
soziale Bewegungen fr die Nutzung neuer digitaler Produktions- und Verbreitungs-
mglichkeiten bzw. der dazugehrigen Freiheiten. Im Bereich Wissen und Bildung sind
das beispielsweise Initiativen fr freien Zugang zu wissenschaftlichem (Open Access) und
didaktischem (Open Courseware) Wissen. Im Bereich von Kunst und Kultur ist das zum
Beispiel der Versuch, Werke ber Creative Commons-Lizenzen anderen KnstlerInnen
zur Weiterverwendung zugnglich zu machen. Quer ber alle Bereiche wirken immer mehr
Menschen mittels sozialer Software zusammen, erstellen gemeinsam Gter wie die freie
Online-Enzyklopdie Wikipedia oder beteiligen sich ber Weblogs an zivilgesellschaftlichem
Diskurs.
Leonhard DobuschHerausgeber
Christian ForsterleitnerHerausgeber
VorwortHerausgeber
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Auf nationaler und supranationaler Ebene ist die Frderung oder Behinderung diesersozialen Bewegungen schon seit langem Gegenstand von (politischen) Auseinandersetzungen1.
Erstaunlicherweise finden gerade bedeutende lokale Initiativen und Projekte kaum Beachtung
und begegnen weitgehend kommunalpolitischer Ignoranz. Das ist deshalb verwunderlich,
weil viele dieser Phnomene stark lokal verankert sind. Beispiele dafr sind etwa Weblog-
Journalismus oder diverse standortbezogene Verknpfungen verschiedener Anwendungen
(sogenannte Mashups) ebenso wie digitale Kulturinitiativen. Nirgendwo sonst gilt der
Spruch Global denken, lokal handeln mehr, als wenn es um die Potentiale von und Ge-
fahren fr die neuen digitalen Freiheiten geht. Hinzu kommt, dass die Grundvoraussetzungall dieser Phnomene auf dem mglichst freien und gleichberechtigten Zugang zum Internet
aufbaut einer im Wesentlichen kommunalen Herausforderung.
Als Heimatstadt des Prix Ars Electronica, dem weltweit fhrenden Preis fr digitale
(Medien-) Kunst, liegt es nahe, in Linz besonderes Engagement im Bereich digitaler
Freiheiten zu erwarten. Aber auch wenn beim Prix in der Kategorie Digital Communities
sowohl die Wikipedia als auch die Free Software Foundation zu den Preistrgern gehrthaben, ist die Stadt Linz im Bereich Open Sources bislang noch weitgehend Entwicklungs-
gebiet. Da trifft es sich, dass Linz im Jahr 2009 Europische Kulturhauptstadt sein wird,
und dementsprechend zahlreiche Anlsse und Mglichkeiten bestehen, eben diese Entwickl-
ungen voranzutreiben.
Freie Open Source Netze
Dieses Buch versucht, die auf freien Netzen basierenden und in freien Netzen agierenden
sozialen Bewegungen rund um Open Sources in ihren zahlreichen Facetten zum (kom-
munalen) Thema zu machen. Die Darstellung der teilweise sehr abstrakten Themen an
Hand eines konkret-kommunalen Beispiels soll sie dabei auch technischen Laien zugnglich
machen und dabei helfen, die europische Kulturhauptstadt Linz zu einem kommunalen
Role Model digitaler Freiheiten zu machen.
Der Band gliedert sich in neun thematisch abgeschlossene Kapitel, die sich jeweils einem
spezifischen Bereich des Spektrums von Open Sources im weiteren Sinne widmen und
fr diesen konkret-kommunale Bezugspunkte liefern. Jedes Kapitel umfasst dabei neben
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dem Haupttext noch Interviews mit Menschen, die mit dem Thema als ExpertInnen,PionierInnen oder unmittelbar Betroffene zu tun hatten oder haben. Die Bandbreite der
Interviewpartner/innen reicht von den Vordenkern freien Wissens Richard Stallman (Free
Software Foundation) und Lawrence Lessig (Creative Commons) ber die Leiterin des
Open Courseware-Programms des Massachusetts Institute of Technology (MIT), Anne
Margulies, bis hin zu Linzern, wie dem Geschftsfhrer des Ars Electronica Centers, Gerfried
Stocker.
Am Ende jedes Kapitels finden sich schlielich Vorschlge fr Projekte - insgesamt sind
es 24 -, die die zuvor in den Texten und Interviews entwickelten Themen und Ideen auf
die konkrete Situation in Linz herunterbrechen. Das Kulturhauptstadtjahr 2009 geht dabei
zumindest als End- oder Startpunkt, teilweise aber auch weit drber hinaus in die
Projektplanung ein.
Alle Beitrge wurden von jeweils zwei AutorInnen gemeinsam recherchiert und verfasst,
denen vor allem das Interesse an der Thematik gemein ist. Dieses speist sich aber zum Teil
aus unterschiedlichen Quellen: Whrend bei einigen die Arbeit und Erfahrung in digitalen
Communities Grund fr das Interesse an den Freien Netzen ist, sehen andere vor allem
die (kommunal-)politischen Entwicklungspotentiale.
Dem Thema des Buches entsprechend haben sich auch smtliche AutorInnen bereit
erklrt, ihre Beitrge unter der Creative Commons Lizenz Namensnennung - Weitergabe
unter gleichen Bedingungen 2.0 sterreich zur Verfgung zu stellen. Damit ist einerseitsdas Recht verbunden, smtliche Texte dieses Bandes gegen Nennung der AutorInnen vllig
frei (weiter-)zuverbreiten und zu nutzen. Andererseits drfen die Inhalte auch weiterverarbeitet
und abgendert werden, solange diese nderungen nur ebenfalls frei verfgbar sind. Zu
diesem Zweck ist das Buch auch online im Volltext unter www.freienetze.at verfgbar.
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LINZ.STADT DER
FREIEN NETZE
LINZ.STADT DER
FREIEN NETZE
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01 | FREIHEIT LIEGT IN DER LUFT
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Freie Netze sind die logische Fortsetzung der Ideen,
auf denen das Internet ursprnglich aufgebaut war.
(Armin Medosch, Verfasser des Buches Freie Netze)
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FREIE NETZEFREIES WISSEN
Manu Hiesmair und Leonhard Dobusch
FREIHEIT LIEGTIN DER LUFTFREIHEIT LIEGTIN DER LUFT
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Freie Funknetze und ihr Beitrag zur Bekmpfung der DigitalenSpaltung
Technologien haben schon immer wesentlich zur Vernderung unserer Gesellschaft
beigetragen und sie mitbestimmt. Technologien wie Schrift, Papier und schlielich Buchdruck
mit beweglichen Lettern hatten als Meta-Technologien aber besonders groen Einfluss:
Egal ob technische oder soziale Innovationen, mit Hilfe dieser Technologien der Wissens-
sicherung und der Wissensweitergabe fanden sie immer umfassendere und immer schnellere
Verbreitung.
Als Meta-Technologien in diesem Sinne schufen der Personal Computer (PC) und das
Internet vllig neue Mglichkeiten Wissen zu generieren, Informationen einzuholen und
mit anderen Menschen zu kommunizieren. Sie vernderten und verndern unsere Lebens-
und Arbeitsweise so tiefgreifend, dass manche ExpertInnen mit der Entwicklung des PCs
und des Internets die dritte industrielle Revolution eingelutet sehen, und viele dabei
Wissen als eigentlichen Rohstoff dieser (post)industriellen Entwicklungsstufe zu erkennen
glauben. Im 21. Jahrhundert ist die Fhigkeit, Informationen zu suchen, zu finden, zu
verarbeiten und sich darber auszutauschen immer essenzieller dafr, Teil einer immer
komplexer werdenden Gesellschaft zu sein. Das Internet ist dabei das Medium, das viele
dieser Dinge schnell und einfach mglich macht.
Ich bin drin! Mit diesen Worten warb denn auch vor einigen Jahren ein amerikanischer
Onlinedienst fr den schnellen und unkomplizierten Einstieg ins World Wide Web. Diese
drei Wrter mutierten zum modernen Sesam ffne dich einer virtuellen Schatzkammer,
die all jenen, die Zugang dazu haben, unzhlige Mglichkeiten erffnet, ihre Lebensbeding-
ungen positiv zu beeinflussen: E-Government erlaubt es den BrgerInnen via Internet mit
Behrden zu kommunizieren2 und zahlreiche grere und kleinere Amtswege online zu
absolvieren. Online-Jobbrsen bieten die Mglichkeit sterreichweit Jobs zu suchen und
Bewerber/innen sich selbst in Online-Jobprofilen Unternehmen vorzustellen. Diskussionsforen,
Chats und Internettelefonie sind moderne Mglichkeiten miteinander in Kontakt zu treten,
die persnliche Begegnungen zwar obsolet machen, immer fter aber Vorbedingung fr
sie werden. Die Kombination aus Multimedia-Maschine PC mit dem Internet ermglicht
Einzelnen ein weltweit verstreutes Publikum anzusprechen und etablierten Medien eigene
Sichtweisen und Meinungen entgegenzustellen oder sich an Diskussionen und der kollektiven
Erstellung digitaler Gter zu beteiligen. All dies funktioniert jedoch nur, wenn man einen
Internetzugang zur Verfgung hat. Ich bin drin! gilt somit immer mehr in doppelter
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Hinsicht: Nur wer im Internet drin ist, hat auch soziale Teilhabe an einer modernenGesellschaft.
Die Zahl jener, die in den Genuss all dieser Mglichkeiten kommen, steigt stetig: Nutzten
im Jahr 1996 nur knapp 14% der sterreicherInnen ber 14 Jahren das Internet, hat sich
diese Zahl 2006 mittlerweile auf 67% vervielfacht.3 Das Problem, dass nicht alle Zugang
zum Internet haben und dessen Chancen nutzen knnen, scheint sich auf den ersten Blick
also im Zeitverlauf selbst zu lsen. Beim zweiten Hinsehen zeigen viele Nutzungsstudien,
dass bestimmte Bevlkerungsgruppen seit Einfhrung des Internets konstant unterreprsentiertsind oder das Internet aufgrund mangelnder Fhigkeiten nicht ausreichend nutzen knnen.
Und dass auch scheinbares Aufholen in den meisten Fllen bestenfalls den weiterhin
bestehenden Abstand wahrt.
Digitale Spaltungen als gesellschaftliches Problem
Online zu sein als eine zentrale Dimension des sozialen Ein- bzw. Ausschlusses von
Menschen ist ein relativ junges Phnomen und deshalb in seinen auch lngerfristigenFolgen nur schwer abzuschtzen. Konkreter lassen sich hingegen die strukturellen Barrieren
identifizieren und untersuchen, die bestimmte Bevlkerungsgruppen bei der Internetnutzung
behindern. Als Synonym fr soziale Chancenungleichheit und strukturelle Benachteiligungen
im Zusammenhang mit dem Internet wird hufig der Begriff Digital Divide/Digitale
Spaltung verwendet. Digitale Spaltung bezieht sich hierbei auf die Grben innerhalb
unserer Gesellschaft zwischen den Menschen mit und ohne Internet. Bei nherer Betrachtung
zeigt sich aber, dass unter Digital Divide gleich mehrere verschiedene Flle von ungleichem
Zugang zu neuen digitalen Medien zusammengefasst werden. So geht ein groer Teil derdigitalen Kluft auf diverse soziale Unterschiede in der Gesellschaft zurck, nmlich dass
bestimmte Bevlkerungsgruppen schlechteren Zugang zu bestimmten gesellschaftlich
relevanten Ressourcen und Partizipationsmglichkeiten haben als andere.
Der Begriff der Digitalen Spaltung tauchte im Jahr 1995 auf, als eine groangelegte
staatliche Internetnutzungsstudie in den USA zum ersten Mal Daten ber Internetzugang
und nutzung mit soziodemografischen Daten verknpfte. Hier wurde erstmals erforscht,
ob und in welchem Ausma bestimmte Bevlkerungsgruppen bei der Internetnutzungunterreprsentiert sind.4 Das bloe Aufsummieren wie viele Personen einer bestimmten
Bevlkerungsgruppe online sind bzw. nicht online sind und der Vergleich mit anderen
Bevlkerungsgruppen stellt eine einfache und doch verlssliche Art der Messung dar und
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ist aufgrund mangelnder Verfgbarkeit detaillierterer Daten oftmals die einzige Mglichkeit,Aussagen ber die Digital Divide zu treffen.
Seit 1995 fhrten Forscher/innen international unzhlige Studien durch, die immer
wieder folgende Bevlkerungsgruppen identifizierten, die ein besonders hohes Risiko haben,
von der Digital Divide betroffen zu sein: In Industrienationen sind dies vor allem Frauen,
ethnische Minderheiten, Menschen mit geringem Einkommen, Personen mit geringer
Schulbildung, weiters jene, die im lndlichen Raum leben bzw. lter als 50 Jahre sind.
Diese Personengruppen haben eines gemeinsam: Bereits im realen Leben sind sie zumBeispiel durch geringes Einkommen, schlechte Wohninfrastruktur oder mangelnde
Sprachkenntnisse Risikogruppen was soziale Ausgrenzung betrifft. Die reale Ungleichheit
determiniert regelmig die digitale, denn sozial ungleich verteilte Chancen bestimmen,
ob jemand Zugang zum Internet hat oder nicht. Keinen Zugang zum Internet zu haben
bedeutet wieder im Vergleich zu all jenen, die Zugang haben, weniger Handlungs- und
Gestaltungsraum zu haben. Whrend bestehende soziale Ungleichheit heute die digitale
Ungleichheit determiniert, verstrkt diese wiederum die soziale Ungleichheit von Morgen.
Digital gespaltenes sterreich
Die Erforschung der Digitalen Spaltung steckt in sterreich im Vergleich mit anderen
Lndern noch in den Kinderschuhen. Bisher wurden kaum aussagekrftige Daten erhoben
und ffentlich zugnglich gemacht. Eine Ausnahme hierzu ist die seit 1997 vom Meinungs-
forschungsinstitut Integral im Auftrag des ORF quartalsmig durchgefhrte reprsentative
Studie ber die Internetnutzung in sterreich. Der Austrian Internet Monitor (AIM)
liefert so regelmige Momentaufnahmen in Sachen Digital Divide in sterreich. Alter,Bildung und Geschlecht der InternetnutzerInnen sind in den meisten Studien zentrale
Dimensionen zur Analyse digitaler Ungleichheit. Der Austrian Internet Monitor liefert
zunchst einmal Daten, die zeigen, in wieweit bestimmte Bevlkerungsgruppen bei der
Internetnutzung unterreprsentiert sind. Dies erfolgt mit der Gegenberstellung des
NutzerInnenanteils mit dem Bevlkerungsanteil. Fr die sozio-demografischen Merkmale
Alter, Bildung und Geschlecht liefert der Austrian Internet Monitor folgende Zahlen5:
Frauen machen 51% der sterreichischen Bevlkerung ber 14 Jahren aus, hingegennur 45% der Internetnutzer/innen der selbigen Alterskategorie. Diese Unterreprsentanz
nimmt bei den IntensivnutzerInnen, die mindestens einmal pro Woche einsteigen,
weiter zu. Bei ihnen sinkt der Frauenanteil auf 42%.
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Auch die Alterskluft bei den NutzerInnen bleibt weiterhin ein groes Problem insterreich: So sind etwa Personen ber 60 Jahre, insgesamt 24% der sterreicher/innen
ber 14 Jahren, mit 7% der Internetnutzer/innen, die online am meisten unterreprsent-
ierte Gruppe. Interessant ist aber, dass ihr Anteil bei den Intensivnutzer/innen mit
7% konstant bleibt. Dies zeigt, dass es kaum ltere Personen gibt, die ab und zu mal
im Internet surfen, sondern in dieser Altersgruppe nur diejenigen online gehen, die
das Internet dann auch bestndig nutzen.
Was die Schulbildung betrifft, zeigt sich, dass Pflichtschulabgnger/innen (Bevlker-ungsanteil 26% der ber 14jhrigen) mit 19% der InternetnutzerInnen klar unterre-
prsentiert sind. MaturantInnen und UniversittsabsolventInnen sind mit 34% der
NutzerInnen bei nur 24% Bevlkerungsanteil weiterhin berreprsentiert.
Werden Momentaufnahmen verglichen, zeigt sich die Dynamik digitaler Spaltung im
Zeitverlauf. Auf den ersten Blick sieht es so aus, als wrden bestimmte Bevlkerungsgruppen
bei der Internetnutzung aufholen. Auf den zweiten Blick jedoch dauert der Prozess oft weit
lnger als dies die Statistiken aussagen und er geschieht nicht von alleine. Am Beispiel derInternetnutzung von Frauen und Mnnern zeigt sich, dass auch bei Statistiken zur digitalen
Spaltung die richtige Interpretation der Zahlen keineswegs eine triviale Angelegenheit ist.
Die Daten des Austrian Internet Monitor6 zeigen, dass im Jahr 1997 nur 8% der Frauen
das Internet nutzten, whrend im Jahr 2006 bereits 56% der Frauen das Internet nutzen.
Zu den gleichen Zeitpunkten waren 16% bzw. 69% der sterreichischen Mnner Internet-
nutzer. Die Zahl der Internetnutzerinnen hat sich im letzten Jahrzehnt versiebenfacht,
whrend die Gruppe der Nutzer nur um etwa das 4,3fache angewachsen ist. Diese Zahlenscheinen zu beweisen, dass der massivere Zuwachs bei den Frauen darauf hindeutet, dass
die digitale Spaltung zwischen den Geschlechtern eindeutig abnimmt. Die massiven
Zuwchse bei Frauen kommen aber nur dadurch zustande, weil ihr Nutzerinnenanteil
1997 mit 8% noch sehr gering war. Je geringer die Zahl, desto einfacher ist natrlich ihre
Vervielfachung.
Werden die Zahlen anders interpretiert, zeigt sich ganz schnell, dass sich die digitale
Kluft zwischen sterreicherinnen und sterreichern in den letzten 10 Jahren nicht vernderthat. Die Mnner lagen nmlich 1997 genauso vor den Frauen (8% Frauen und 16%
Mnner nutzten das Internet) wie sie dies im Jahr 2006 tun (56% Frauen, 69% Mnner).
Diese Zahlen sprechen also gegen das Verschwinden der digitalen Spaltung im Zeitablauf
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und jedes Jahr, in dem darauf gewartet wird, dass diese Schlieung quasi von selbst geschieht,ist ein verlorenes.
Denn mit jedem Jahr, in dem das Internet als Informations- und Kommunikationsmedium
immer zentraler wird, kommen diejenigen, die offline sind, immer mehr ins Hintertreffen
gegenber all jenen, die die Mglichkeiten des Internets bereits nutzen. Die Gruppe
derjenigen, die keinen Zugang zum Internet haben, mag kleiner werden - dafr wchst
die Chancenungleichheit dieser Menschen mit jedem Jahr an. Hinzu kommen Lerneffekte
im Zuge der Internetnutzung: Die Potentiale und Mglichkeiten dieser vielfltigsten allerdigitalen Kommunikationstechnologien erschlieen sich erst mit besserem Verstndnis
und nach lngerem Gebrauch. Wenn die Internet-Nachzgler/innen endlich ihre ersten
Schritte im World Wide Web unternehmen, sind die Vorreiter/innen ihnen schon wieder
Lichtjahre voraus. Genauso wenig, wie sich soziale Probleme im Zeitablauf lsen, lsen
sie sich von selbst. Eine Wahrheit, die fr das Problem der digitalen Spaltung ganz besonders
gilt.
Digitale Ungleichheit als politische Herausforderung
Manche Bevlkerungsgruppen schaffen den Sprung ber den Digitalen Graben einfacher
als andere vielleicht auch deshalb, weil sie aufgrund ihrer Mglichkeiten nur einen Hopser
tun mssen. Fr andere Bevlkerungsgruppen ist die andere Seite des Grabens noch nicht
mal in Sichtweite. Als Barrieren, die die berquerung des Digitalen Grabens erschweren,
identifiziert der sterreichische Soziologe Aichholzer vor allen Dingen fehlende sozio-
kulturelle Rahmenbedingungen, finanzieller Ressourcenmangel und ungengender techni-
schen Zugang zum Internet (vgl. Tabelle 1).
Verschiedene Ursachen fr digitale Ungleichheiten erfordern klarerweise auch verschiedene
Lsungen. So vielfltig mgliche Lsungsanstze sind, haben die meisten von ihnen jedoch
eines gemeinsam: Sie alle nehmen die Politik bei der Bekmpfung der digitalen Spaltung
in die Verantwortung. Denn strukturelle Barrieren, wie zum Beispiel geringes Einkommen,
hohe Telekommunikationskosten oder keine Breitbandverbindung zum Internet, zu
reduzieren, ist die Grundvoraussetzung, um sozio-kulturelle Barrieren die oft noch viel
strker und nachhaltiger wirken berhaupt wirksam verringern zu knnen. Ob die PolitikAnstrengungen dahingehend unternimmt, hngt nicht zuletzt davon ab, in wieweit sie
verstanden hat, dass die Bekmpfung von digitaler Chancenungleichheit auf jeden Fall ein
immer wichtigerer Aspekt von sozialer Gerechtigkeit im Allgemeinen ist.
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FREIE NETZEFREIES WISSEN
Die lokale Umsetzbarkeit vieler Projekte fordert hierbei vor allen Dingen die Kommunal-politik, die Manahmen gegen die digitale Spaltung vor Ort setzen kann. Die Stadt Linz
versuchte in den letzten Jahren zumindest durch punktuell kommunalpolitische Manahmen
zur Bekmpfung (auch: spezifischer Ausprgungen) der digitalen Ungleichheit zu setzen.
So existiert an der Linzer Volkshochschule neben speziellen Interneteinstiegskursen fr
SeniorInnen ein Internetkurs fr Anfngerinnen von Frauen fr Frauen. All jene, die sich
PC und Internetverbindungskosten nicht leisten knnen, erhalten in Bibliotheken und
Volkshusern kostenfreien Zugang zum Netz. Mittlerweile gibt es nicht nur dort, sondern
auch anunzhligen anderen Hotspots in Linz die Mglichkeit, per Funknetz ins Interneteinzusteigen. Wer allerdings nicht in unmittelbarer Nhe eines Hotspots wohnt oder mit
einem Laptop dorthin pilgern kann, schaut weiterhin beim Gratis-Internet durch die Finger.
Hinzu kommen Nutzungseinschrnkungen durch blo temporr und/oder rtlich
eingeschrnkte Internet-Zugnge: Internetterminals und Hotspots in Bibliotheken sind
sicherlich ein brauchbares Angebot fr Online-Recherchen, fr andere Bereiche der
Internetnutzung wie e-Commerce, Filesharing und (regelmige) e-Government-Lsungen
sind sie aber unpraktisch bis ungeeignet. Der volle Nutzen eines Internetzugangs erschlietsich eben erst ber die gesamte Bandbreite der diversesten Anwendungsmglichkeiten.
Thema
Barrieren zur berwindung derDigitalen Kluft
Mgliche Gegenmanahmen
Sozio-
kulturell
Wirtschaftlich
Technisch
Potentiale des Internets sind nichtbewusst, keine Motivation insInternet einzusteigen, wenig PC-Kentnisse
Bildung & Frderung derMedienkompetenz, Untersttzungund Beratung
Kosten fr PC undInternetzugang
Billigere Internettarife/gratisInternetzugang, ffentlicheInternetzugnge
Schlechte Internetinfrastruktur(langsamer Netzwerkanschluss)und PC-Ausstattung
Breitbandinternet, billige PC-Hard-und Software, ffentlicheInternetzugnge
Tabelle: Dimension digitaler Ungleichheit7
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Gerade auch zivilgesellschaftliche und kreative Beteiligung im World Wide Web erschlietsich in der Regel erst dann, wenn mit dem Gang ins Internet selbst kein oder ein uert
geringer Aufwand verbunden ist.
In diesem Sinne ist die technische Infrastruktur fr einen Internetzugang die absolute
Grundvoraussetzung fr smtliche weiteren Schritte ins und im Netz. Eine technische
Anschlussmglichkeit aller Haushalte an das Breitbandinternet ist dabei besonders im
lndlichen Raum alles andere als selbstverstndlich im stdtischen Bereich ist es kein
Thema mehr. Im Gegenteil, in Linz gibt es mit drei Breitbandtechnologien berTelefonkabel, ber Fernsehkabel und ber Stromleitungen sogar nicht nur konkurrierende
Anbieter/innen, sondern sogar konkurrierende Technologien fr leistungsfhige Internet-
anschlsse. In den Ballungsrumen lenkt die vorhandene technische Infrastruktur deshalb
den Blick umso mehr auf wirtschaftliche und sozio-kulturelle Faktoren digitaler Ungleichheiten:
Viele Familien knnen und/oder wollen sich keinen Internetanschluss leisten, zum Beispiel
weil fehlende Online-Erfahrungen gerade bei Menschen, die sich in finanziell prekren
Situationen befinden, dazu fhren, dass sie andere Ausgaben priorisieren (mssen).
Einige kreative Anstze zur Adressierung dieses Problems existieren bereits und meistens
laufen sie auf verschiedene Formen von freien Netzen im Sinne einer ffentlichen Internet-
Grundversorgung hinaus. Bevor erste kommunale Projekte ins Leben gerufen wurden,
nahmen einige NetzpionierInnen die gratis Grundversorgung ihrer Nachbarschaft mit
Internet selbst in die Hand. Ihre Vision sind freie Netze fr freie BrgerInnen.
Pionier freier Netze: Freifunk
London hatte es als erstes, Wien und Graz mittlerweile auch und in Deutschland hat
es schon fast jede Grostadt: Die Rede ist von freien Funknetzwerken, auch BrgerInnennetze
genannt. Sie basieren darauf, dass private Internetnutzer/innen oder Vereine ihre WLAN-
Knoten miteinander verbinden und kostenlos anderen NutzerInnen zur Verfgung stellen.
Durch diesen selbstorganisierten Zusammenschluss zahlreicher WLAN-Knoten entsteht
bei gengend TeilnehmerInnen ein freies Netz, das ganze Stadtteile erfasst und den
Teilnehmer/innen mobilen Internetzugang ermglicht. Diese drahtlose Vernetzung
funktioniert dabei in Eigenverwaltung ohne von einem Internetprovider abhngig zu sein.
Der in Graz geborene und in London ttige Medienknstler und Autor Armin Medosch
hat in seinem Buch Freie Netze8 die Entstehung des ersten dieser Netze in London
020
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FREIE NETZEFREIES WISSEN
beschrieben und dabei die politischen berlegungen hinter den Projekten betont: Unabhngigvon staatlicher Kontrolle und Zensur sollen in den freien Netzen Inhalte getauscht und
verfgbare Internet-Bandbreite optimal genutzt werden. Auf diese Weise soll eine Art
Netzwerk-Allmende (Network Commons) entstehen, die frei nutzbar ist und durch den
digitalen Charakter der getauschten Daten jede Kopie ist genauso gut wie das Original
und quasi kostenlos erstell- und verbreitbar auch keine Abnutzungserscheinungen zu
befrchten hat. Im Gegenteil, je mehr Leute sich an der Netzwerk-Allmende mit ihrem
WLAN-Knoten und durch Bereitstellung von Inhalten beteiligen, desto besser, stabiler
und leistungsfhiger wird das Netzwerk.
Vielfach geht es den freien BrgerInnennetzen weniger um gnstigen oder mobilen
Zugang zum Internet als vielmehr um den Aufbau von lokal-digitalen Communities, die
im Rahmen des Funknetzes Daten austauschen. So arbeiten beispielsweise verschiedene
Vereine wie Wavelan und c-base in Berlin an einem ber mehrere Stadtteile erstreckten
Kultur-Netz. Aber egal ob lokale Communities oder sogar berregionale Freifunk-Netzwerke
das Ziel sind, immer versuchen die Initiativen die ohnehin weit verbreiteten, privaten
WLAN-Knoten zu einem gemeinsamen Netzwerk zu verbinden. Als Trger und Untersttzerfr Neueinsteiger/innen haben sich mit Freifunk.net in Deutschland und Funkfeuer.at in
sterreich Vereine gebildet, die auf ihren Homepages und in wchentlichen Treffen
Untersttzung beim Einstieg ins gemeinsame Netz anbieten.
Diese technische Untersttzung ist fr Internet-Laien auch bitter notwendig, wie das
verglichen mit der explosionsartigen Verbreitung privater WLAN-Infrastruktur eher
langsame Wachstum der freien Netzwerke zeigt: Obwohl immer mehr Menschen ber
WLAN-Module und Basisstationen verfgen, beteiligen sich nur sehr wenige an denfreien Funknetzwerken. Abgesehen von der geringen Bekanntheit der Freifunk-Initiativen
sind es wohl technische Einstiegshrden wie notwendige Auenantennen und technisch-
rechtliches Kauderwelsch (Community-Netzwerke erfordern sogenannte Pico-Peering-
Agreements fr die wechselseitige Datenweiterleitung), die abschreckend wirken. Zumindest
fr jene Bevlkerungsteile, die aus sozio-kulturellen oder finanziellen Grnden ber keinen
Zugang zum Internet verfgen, ist die Teilnahme an freien Funknetzen noch einmal um
einiges schwieriger. Ironischerweise sind es damit gerade die absoluten Online-PionierInnen
und technisch versiertere Bastler/innen, die fr sich ber geteilte Netze besonders gnstigenInternetzugang herstellen knnen, wie diverse Fallbeispiele beweisen. So zeigen die deutschen
Freifunker, wie mit Hilfe eines alten Computers, einer selbst gebastelten Antenne und
etwas Kabel ein Haus mit 35 BewohnerInnen fr weniger als 4 Euro pro Person und Monat
Thema
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01 | FREIHEIT LIEGT IN DER LUFT
bei hoher Bandbreite ins Internet gebracht und gleichzeitig mit Computern in drei
benachbarten Wohngemeinschaften per Funk verbunden werden kann.9
ffentliche Gehversuche: Stadtnetze
Im Gegensatz zu den privaten und selbstorganisierten freien Funknetzen, setzen ffentliche
Projekte im Kampf gegen die Digitale Spaltung zwar ebenfalls immer hufiger auf WLAN-
Funktechnologie, schpfen deren Potential allerdings in den allerwenigsten Fllen aus.
Selbst beim relativ groen Projekt Hotspot Linz, mit mehr als 100 WLAN-Accesspoints
fr drahtlos-kostenlosen Internetzugang in Bibliotheken, Volkshusern, Jugendzentren undanderen ffentlichen Gebuden, sind die einzelnen Sendestationen Funk-Oasen in der
kommunalen Funkwste. Denn untereinander sind die WLAN-Stationen nicht vernetzt,
obwohl das technisch immer einfacher mglich wird. Das Zauberwort in diesem Zusam-
menhang heit Vermaschung (Mesh-WLAN) der zahlreichen, im Stadtgebiet verteilten
WLAN-Knoten.10
Einige grere Stdte in den USA beschlossen denn auch, nicht nur mit vereinzelten
WLAN-Knoten zu kleckern, sondern mit flchendeckender WLAN-Versorgung zu klotzen.In Philadelphia wurde gemeinsam mit dem kommerziellen Internetprovider Earthlink ein
stadtweites WLAN-Netz mit dem dezidierten Ziel etabliert, die digitale Kluft zu verringern.
Auch wenn der Internetzugang (abgesehen von wenigen ffentlichen Hotspots) nicht vllig
022
WLAN bezeichnet kabellose, lokale Netzwerke zwischen Computern zum Austausch von Datenaller Art. Die Daten werden dabei per Funk in einem freien Frenquenzband des Spektrumsentweder direkt zwischen zwei Computern mit WLAN-Modulen (WLAN-Knoten) gesendet oderder Computer stellt so Kontakt mit dem Internet her und kann darber mit anderen Rechnernkommunizieren.Die Reichweite ist auf einige 100 Meter begrenzt (in Gebuden noch weniger), bietet dafr abersehr hohe Bandbreiten, d.h. es lassen sich relativ groe Datenmengen in kurzer Zeit bertragen.
Da nahezu smtliche modernen PCs und Laptops mit WLAN-Modulen ausgestattet sind undmittlerweile auch zahlreiche Mobiltelefone ber WLAN-Technik verfgen, stellen immer mehrMenschen den Kontakt zum Internet drahtlos her. Im Unterschied zu Mobilfunktechnologien wieUMTS ist die Nutzung der WLAN-Technologie selbst kostenlos und erfordert keine zustzlichenGebhren oder Anmeldungen. Der Zugang zum Internet selbst muss aber abseits von ffentlichenoder privaten freien WLAN-Netzwerken wie sonst auch bezahlt werden.
Was ist WLAN oder Wireless LAN?
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FREIE NETZEFREIES WISSEN
kostenlos zugnglich ist, musste sich Earthlink zu einem moderaten Grundpreis von 9,95US-Dollar pro Monat sowie zur Spende von 10.000 Computern an Bedrftige sowie zur
jhrlichen Zahlung von fnf Prozent der Einnahmen fr Computerschulungskurse
verpflichten.11
Philadelphias Fokus auf begleitende soziale Manahmen zustzlich zur technischen
WLAN-Infrastruktur ist dabei keineswegs Luxus sondern Notwendigkeit, sollen von
freien oder kostengnstigen Netzen nicht nur jene Bevlkerungsschichten profitieren, die
sich PC und Internetzugang ohnehin schon leisten knnen. Craig Settles, Experte frkommunale WLAN-Netze, behauptet sogar, dass typischerweise diejenigen, die ffentliches
WLAN am wenigsten bentigen, es am meisten nutzen wrden.12
Internet, powered by Google?
Die Kooperation mit Firmen beim Aufbau kommunaler Funknetze fr mglichst einfachen
und umfassenden Internetzugang ist dabei nicht ohne Tcken, wie das Beispiel des freien
Funknetzes in San Francisco beweist, das als Spionagenetz in die Schlagzeilen geriet.13
San Francisco ging fr den Aufbau eines stadtweiten WLAN-Netzes, das zumindest bis zu
einer Datenbertragungsrate von (relativ geringen) 300 KBit/Sekunde allen BrgerInnen
der Stadt kostenlos zur Verfgung stehen wird, eine Kooperation mit dem Suchmaschinen-
Riesen Google ein. Google wiederum will das Service ber standortbezogene Anzeigen
refinanzieren. Je nachdem, bei welchem WLAN-Knoten sich die Benutzer/innen einwhlen,
sollen Anzeigen von Restaurants und Geschften im nchsten rtlichen Umkreis eingeblendet
werden.
Whrend sich Nutzer/innen, die gegen Aufpreis das Netz mit hherer Bandbreite nutzen
wollen, schon alleine aus Abrechnungsgrnden identifizieren mssen, rief die Forderung
Googles Kritik hervor, dass sich auch die Benutzer/innen des kostenlosen Angebots
persnlich einloggen sollen. So mssen Benutzer des Gratis-Zugangs ber einen Account
bei Google verfgen, der Daten ber die benutzten Einwahlknoten sowie das individuelle
Surfverhalten fr mindestens 180 Tage speichert. Die mit diesen Daten mglichen
NutzerInnenprofile lassen Datenschtzer/innen denn auch vor totaler Erfassung und Big
Brother Google warnen.
Gleichzeitig sehen sich zumindest in den USA kommunale WLAN-Netze mit Attacken
der dortigen Telekommunikationslobby konfrontiert, die durch ffentliche Netze eine
Thema
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Gefahr fr den Wettbewerb entstehen sehen. Befrworter/innen der freien Netze drehendas Argument freilich um und sehen im Falle einer kommunalen Internet-Grundsicherung
nur den Wettbewerb auf die Ebene des Hochgeschwindigkeits-Internets verlagert und
kritisieren ihrerseits hchstens die zu starke Einbindung von Firmen sowie warnen vor
proprietren Monopolen. Neue Bewegung in die Debatte um neue Monopole brachte
dabei in jngster Zeit die WLAN-Nachfolgetechnologie WiMax.
Zukunftsmusik: WiMax
Die vom Prozessorhersteller Intel heftig gefrderte Funktechnologie der nchsten
Generation ermglicht hhere Datenbertragungsraten als WLAN bei gleichzeitig um ein
vielfaches grerer Reichweite. Intel spricht deshalb sogar von Wimax als der wichtigsten
Erfindung seit dem Internet selbst.14 Mit mehreren Kilometern Reichweite schliet der
Wimax-bertragungsstandard zumindest technologisch die Lcke zwischen WLAN und
Mobilfunkstandards wie UMTS. Auch grere Stdte lieen sich mit nur wenigen
Basisstationen flchendeckend mit einem Internetzugang versorgen. Die Kosten einer
Basisstation liegen derzeit allerdings noch deutlich ber denen eines oder mehrerer WLAN-Hotspots.
Whrend die neue Technologie besonders im lndlichen Raum Gebiete fr Breitband-
Internet erschlieen soll, die bislang nur mit sehr groem Aufwand per Kabel ins Internet
gebracht werden konnten, ist sie in Ballungsrumen eine weitere Mglichkeit fr eine
Internet-Grundversorgung smtlicher Brgerinnen und Brger. Abgesehen von den bislang
noch fehlenden WiMax-Endgerten ist auch die Frage, ob WiMax-Gerte dauerhaft freie
Frequenzbnder nutzen drfen oder auf bestimmte, kostenpflichtige Lizenzbnder beschrnktwerden. Die Versteigerung der wichtigsten WiMax-geeigneten Frequenzbnder fand in
sterreich bereits im Jahr 2004 statt.15 Die groen Reichweiten lassen sich voraussichtlich
nur in diesen Frequenzbereichen erzielen, da dort grere Sendestrken zulssig sind.
Freie Netze als Mglichkeitsraum
Egal in welcher Form WiMax-Netzwerke letztendlich zum Einsatz kommen werden, in
stdtischen Ballungsrumen stellen sie ohnehin nur eine Erweiterung der bereits vorhandenentechnologischen Vielfalt zur Vernetzung der Brger/innen untereinander und mit dem
Internet dar. Und wie die Beispiele kommunaler Netzwerke in Philadelphia, San Francisco
oder New Orleans zeigen, ist die technologische Grundversorgung nur ein erster Schritt
024
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FREIE NETZEFREIES WISSEN
zur Verringerung der Digital Divide. Ein erster Schritt, der vor allem deshalb so wichtigist, weil er die viel schwieriger zu berwindenden sozio-kulturellen Ursachen fr digitale
Ungleichheiten sichtbar macht und ins Zentrum der (auch: politischen) Aufmerksamkeit
rckt.
Abgesehen von der sozialpolitischen Agenda Teilhabe fr alle an der digitalen Internet-
ffentlichkeit und -Gesellschaft erkennen viele Verfechter/innen von kommunalen freien
Netzen auch den ermglichenden Charakter dieser Netzwerke. Denn hnlich wie PCs als
Universalmaschinen fr die verschiedensten Zwecke als Kommunikations- genauso wieals Gestaltungsmittel, als Konsumations- wie als Distributionswerkzeug eingesetzt werden
knnen, wirken auch digitale Netze als Katalysator fr auf ihnen aufbauende Projekte in
Form von sozialen Gemeinschaften, zivilgesellschaftlichen Engagements und knstlerisch-
intellektuellem Austausch und Diskurs. Voraussetzung dafr ist aber die die Freiheit des
Zugangs und die Neutralitt der Technologie gegenber den im Netz transportierten und
verfgbaren Daten.
Aufbau und Betrieb von freien Netzen ist aber auch deshalb immer eine kommunal-(politisch)e Aufgabe, weil mit ihnen eine kontinuierliche Rckbindung der prinzipiell
globalen Digital Community im World Wide Web an lokale Einrichtungen, Gruppen
und Sozialstrukturen verbunden ist. Viele der in diesem Band im folgenden angesprochenen
Themen und Projekte knnen ihr Potential erst dann zur Gnze entfalten, wenn mit einer
kommunalen Netzwerkinfrastruktur die Basis geschaffen ist. Als Beispiel sei hierfr die
Verknpfung realer Gebude und Orte einer Stadt mit den entsprechenden Informationsseiten
der freien Online-Enzyklopdie Wikipedia mittels an den Objekten angebrachten Strichcodes
genannt16: Ihren vollen Nutzen entfaltet diese Verlinkung der realen Welt mit im Internetfrei verfgbaren Inhalten erst dann, wenn sie auch einfach und kostenlos ber ein freies
Netz vor Ort erreichbar sind.
Gerade weil die Nutzung der Infrastrukur eines Freien Netzes nicht im Voraus geplant
werden muss, ja nicht einmal soll, sondern der Bevlkerung in Form einer Netzwerk-
Allmende zur kollektiv-produktiven Verwertung berantwortet wird, ist die Schaffung
dieses kommunalen Mglichkeitsraumes auch kommunale Aufgabe. Fr Linz im speziellen
ist sie die konsequente Fortsetzung eines mit dem Hotspot-Projekt17 lngst eingeschlagenenWeges.
Thema
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Warum sollten schwingendeelektromagnetische Wellenetwas kosten auer Strom?
Interview: Aaron Kaplan
Aaron Kaplan ist einer der Mitbegrnder und der Pressesprecher des sterreichischen Vereins
Funkfeuer.at. Wie ihr deutsches Pendant Freifunk.net versucht die Initiative durch Vernetzungvon privaten WLAN-Knoten freie Netzwerke zum Austausch von Daten und fr den Zugang zum
Internet zu schaffen. In sterreich gibt es Funkfeuer-Netze in Wien, Graz, Bad Ischl und dem
Weinviertel.
Foto: Manu Hiesmair
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7/22/2019 Dobusch, Forsterleitner - Freie Netze, Freies Wissen
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FREIE NETZEFREIES WISSEN
Interview
Wie bist du dazu gekommen, dich frFreifunknetze zu engagieren?
Aaron Kaplan: Ich bin Informatiker und
habe viel im Bereich Telekommunikations-
systeme gearbeitet, das legte quasi den Grund-
stein fr mein Interesse. Im Jahr 2003 habenwir ein bisschen mit WLAN Access Points
herumgespielt und dann auch beim Verein
Quintessenz im Wiener Museumsquartier
einen Access Point hingestellt, der quasi
anonym ffentlich nutzbar war. Das be-
deutet, der Zugangsknoten zum Internet
hat nichts von den Netzaktivitten der
User/innen mitdokumentiert.
Wie seid ihr damals auf die Idee gekom-men, dieses Projekt zu machen?
Aaron Kaplan: Als Gegenentwurf zur ber-
wachungsverordnung, die damals neu ge-
kommen ist und nach der jeder Internet-
Provider mitloggen, d.h. die Nutzer/-innendaten mitdokumentieren muss. Das
haben wir dann auch alles juristisch durch-
exerziert mit dem Ergebnis, dass wir als
nichtgewerbliches Unternehmen gar nicht
mitloggen drfen. Auf jeden Fall war es eine
nette Aktion, hat gut funktioniert und ist
auch medial sehr gut angekommen. Nach
dem Projekt mit dem anonymen AccessPoint, haben wir uns gedacht, das kann
nicht alles sein. Mein Kollege Markus und
ich haben dann weiter an Ideen gearbeitet
und dann in Wien Funkfeuer aufgebaut.
Funkfeuer ist ja ein freies Netzwerk. Waskann man sich darunter vorstellen?
Aaron Kaplan: Im Grunde funktioniert
das Netz auf technischer Ebene wie OpenSource Software: Wenn jemand einen bes-
seren Vorschlag zur Vernetzung der einzelnen
Knoten hat, wird er umgesetzt. Derzeit
verwenden wir Standard-WLAN-Techno-
logie und verwenden nur eine zustzliche
Software,18 um die einzelnen Knoten zu
einem gemeinsamen Mesh-Netzwerk zu
verbinden.
Es gibt ja auch einen Verein Funkfeuer,der quasi als Dachorganisation des freienNetzwerks gegrndet wurde. Warumgrndet eine Initiative mit dem Ziel freierNetze einen Verein?
Aaron Kaplan: Ursprnglich wollten wirgar keinen Verein grnden, sondern nur
ein anarchistischer Zusammenschluss von
Knoten sein, die sich halt zufllig sehen und
einfach Daten austauschen. Aber wir haben
dann doch einen Verein gegrndet, weil es
Vorteile bringt, wie zum Beispiel eine zent-
rale Anlaufstelle fr Interessierte. Der Verein
kmmert sich prinzipiell um die Erforschungalternativer Datenbertragungswege und
die Weiterentwicklung von Mesh-Routing
Systemen.
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Eine wesentliche Aufgabe des Vereins istes ja auch, Neulinge bei ihrem Einstiegins Freifunknetz zu untersttzen. Wiefunktioniert das, wenn ich bei Funkfeuermitmachen mchte?
Aaron Kaplan: Die InteressentInnen kom-men am Montag zu unserem wchentlichen
Treffen, dort helfen wir ihnen dann mit
den ganzen technischen Details. Man
braucht an Hardware im Prinzip nur einen
handelsblichen Router, auf den Linux und
das Internetprotokoll gespielt werden. Diese
Box montiert man dann zu Hause so hoch
wie mglich ans Dach und verlegt Kabel indie Wohnung oder bekommt das Signal per
Funk herein. Danach funktioniert der Inter-
netzugang genauso wie ein normaler Zugang.
Auch in der Qualitt der Verbindung?
Aaron Kaplan: Wir sagen den Leuten
immer, wenn sie ein strungsfreies undimmer verfgbares Netz haben wollen, dann
sollen sie zu einem Provider gehen. Dort
zahlen sie eben fr diesen Service. Bei uns
ist das ganze experimenteller.
Auf der Homepage Funkfeuer.at fhrt dieFrage nach dem Warum? zu einem sehr
langen Text. Kann die Frage nach denIntentionen eines solchen Projekts auchin ein bis zwei Stzen erlutert werden?
Aaron Kaplan: Es gibt mehrere Aspekte,
die ein Projekt wie Funkfeuer interessant
und wichtig machen. Zunchst ist der tech-
nische Aspekt der Weiterentwicklung des
Mesh-Routing (Der dezentralen Vernetzung
von WLAN-Knoten, Anm.) sehr interessant.
Das andere ist unser politischer Anspruch.Mir fllt da eben kein besseres Wort als
genossenschaftlich ein. Wir kaufen uns
Hardware teilweise gemeinsam und inves-
tieren unsere Zeit da hinein, ein Netz auf-
zubauen, das uns gehrt und nicht einer
groen Firma. Dadurch knnen wir auch,
zumindest innerhalb unseres Netzes, der
berwachung und dem Zugriff auf DatenEinhalt gebieten.
Ein dritter wichtiger Aspekt geht hier nochab: Auf der Funkfeuer Homepage werdenfreie Netzwerke vor allem als soziale Ini-tiativen dargestellt.
Aaron Kaplan: Wir haben uns am Anfangimmer wieder die Frage gestellt "Wollen
wir ein Internet-Provider werden?" Und die
Frage wurde immer von der Mehrheit der
Kerngruppe verneint. Deshalb sind wir auch
kein Internetdienstleister und keine Firma.
Das wrde auch den Forderungen, ein freies
- im Sinn von "Freiheit" - Netz zu haben,
widersprechen. In diesem Sinne sind wireben eine soziale Initiative.
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FREIE NETZEFREIES WISSEN
Die ProponentInnen freier Funknetzeerheben auch den Anspruch, etwas gegendie Digital Divide zu unternehmen. Beiwelchen Personengruppen besteht hier dermeiste Handlungsbedarf?
Aaron Kaplan: Ich glaube in sterreichexistiert eine ganz groe Kluft zwischen den
Generationen und ein Problem, dass viele
lndliche Gemeinden nur per Modem Inter-
netzugang haben. Aber auch wenn das
supermhsam ist, ist das zumindest schon
mal ein Anschluss.
Finden sich die Personengruppen, die vonder Digital Divide betroffen sind, bei denNutzer/innen des Funkfeuer Netzes?
Aaron Kaplan:Wir haben eine heterogene
NutzerInnenstruktur. Wieviele von den
Personen, die an unserem Netzwerk teil-
nehmen, keine Arbeit haben, wissen wir
auch nicht genau. Es sind aber wahrschein-lich nicht mehr als 10 Prozent. Fr sie ist
es eine gnstige Mglichkeit, an der Welt
teilzuhaben. Bei ihnen erfllen wir unseren
Anspruch, zur Bekmpfung der Digital
Divide beizutragen, voll und ganz. Der Rest
unserer Nutzer/innen sind entweder
Techies, d.h. zum Beispiel Informatiker/-
innen, die einfach an der technischen Neu-heit unseres Netzes interessiert sind oder
diejenigen, die mitmachen, weil sie die
politische Seite interessiert.
Ist es dann auch ein Ziel eures Vereins,gezielt Personen der ersten NutzerInnen-gruppe anzuspechen?
Aaron Kaplan: Wir wollten bisher gezielt
mit Flyern Werbung machen, aber das wur-
de nicht besonders konsequent betrieben.Ansonsten haben wir durch gute Berichte
in der Presse an Bekanntheit gewonnen.
Auerdem erreichen wir durch Mundpro-
paganda sehr viele Leute. Und schon alleine
durch die Mglichkeit, gratis Internet zu
beziehen, sind die dann auch interessiert.
Aber wir sind halt experimentell und nicht
wie groe Internetanbieter/innen auf Kund-Innenfang. Wenn Leute kommen wollen,
dann kommen sie oder auch nicht.
In wieweit sind Leute, die nicht geradetechnisch versiert sind, abgeschreckt beiFunkfeuer mitzumachen. Es ist nicht wiebei einem Provider wo ein/e Techniker/in
sich um den Anschluss kmmert, sonderndie Leute mssen da ja schon eine gewisseEigeninitiative an den Tag legen.
Aaron Kaplan: Natrlich ist gerade fr
Nicht-Technies ein gewisses Abschreck-
ungspotential da. Das haben wir auch im
Verein lange diskutiert, wie wir das verbes-
sern knnen. Mir wre es sogar lieber gewe-sen, wenn wir die technische Entwicklung
soweit vorantreiben, dass wir ein Package
zum Einstieg ins Funkfeuer-Netzwerk mit
Interview
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7/22/2019 Dobusch, Forsterleitner - Freie Netze, Freies Wissen
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allem drum und dran zum Verkauf anbieten
wrden und die Leute montieren es sich
nur mehr auf ihr Dach. Aber damit wren
wir dann wieder ein Anbieter, dann htten
wir gleich eine Firma aufmachen knnen.
Dagegen hat sich aber die Mehrheit der
Leute entschieden. Wir mchten eben auchein soziales Netzwerk sein, das gemeinsam
mit den Leuten dann am Aufbau des Netzes
arbeitet.
Nicht nur politisch und technisch Interes-sierte partizipieren an eurem Netzwerk.Die dritte groe Gruppe ist die, die einfach
nur daran interessiert ist, mglichst billigins Internet zu kommen auch wennFreiFunk das nicht als eigentliches Zielihres Engagements sieht. In wieweit habenauch diese Personen Interesse, an einersozialen Gemeinschaft teilzuhaben?
Aaron Kaplan: Eine Schiene, ber die wir
Personen in unser soziales Netzwerk inte-grieren wollen, sind Workshops und Vortr-
ge. Wer da partizipiert, macht mit, wer
nicht will, der macht halt nicht mit. Dazu
kann man niemanden zwingen. Aber so
zehn Prozent derjenigen, die eigentlich nur
wegen des Gratis-Internetzugangs gekom-
men sind, partizipieren dann auch weiterhin
an der Gemeinschaft.
Gibt es Bedrohungen fr das weitere Be-stehen und Wachstum freier Netze wieFunkfeuer?
Aaron Kaplan: Bisher war unsere Existenz
ein paar Mal gefhrdet, doch die Bedrohung
konnte immer wieder abgewendet werden.Beispielsweise stellte unser Hauptsponsor
zu der Zeit als Funkfeuer noch keine eigene
Datenleitung hatte, seine Leitung zur Ver-
fgung. Als dann der Hauptsponsor von
einem auslndischen Unternehmen gekauft
wurde, haben wir ziemlich um unser Netz
gebangt. Aber unser Projekt wurde weiter
untersttzt.
Wre eine Internetgrundversorgung fralle sterreicher/innen eine Zukunftsvi-sion im Sinne des Vereins Funkfeuer?
Aaron Kaplan: Hinter der Struktur von
Funkfeuer steht grundstzlich ein anderes
Konzept. A la longue sollte es aber beimInternet so sein wie bei der Wasserver-
sorgung: Man dreht den Hahn auf und es
kommt Wasser raus. Vielleicht zahlt man
ein bisschen Steuern dafr, weil es ja auch
pro Person gar nicht so viel kostet. Das
schwierigste dabei ist halt, die Leitungen zu
verlegen. Denn das kostet. Da stehen Initia-
tiven wie Funkfeuer halt in ihren Mglich-keiten an.
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7/22/2019 Dobusch, Forsterleitner - Freie Netze, Freies Wissen
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FREIE NETZEFREIES WISSEN
Wenn du schon von Steuerfinanzierungund Infrastrukturleistungen redest, dannist aber wohl auch klar, wer dies machensollte.
Aaron Kaplan: Grundstzlich schon. Wenn
der Staat diese Grundversorgung baut undfinanziert, hat er auch die Kontrolle darber.
Das ist nicht etwas, das du immer haben
willst. Gerade was beispielsweise die ber-
wachung im Internet betrifft, schafft ein
ffentliches Netz ganz neue Mglichkeiten
fr den Staat, auf die Daten zuzugreifen.
Im Gegensatz dazu gibt es im FunkfeuerNetz ja keine berwachung.
Aaron Kaplan: Wir als Verein drfen gar
nicht mitloggen, das bedeutet, dass grundstz-
lich innerhalb unseres freien Funknetzes es
keine Aufzeichnungen ber die Internet-
aktivitten unserer Nutzer/innen gefhrt
wird. Durch die IP-Adressen sind aber alleNutzer/innen identifizierbar. Wenn also
jemand etwas wirklich Illegales macht und
die Staatsanwaltschaft mit einem Brief vor
unserer Tr steht, dann bekommen sie die
Daten von uns. Bei allem anderen sagen
wir grundstzlich einmal nein.
Abschlieend erscheint es noch interessant,einen Blick auf Linz zu werfen. Was knntehier auf kommunaler Ebene getan werden,um freie Funknetze zu untersttzen?
Aaron Kaplan: Ein paar gesponserte Initi-
alknoten, die einen Ring bilden, wrde hier
einen guten Ausgangspunkt fr ein freies
Funknetz bieten. Das muss so beschaffen
sein, dass sich dann die Leute da einfach
dran hngen knnen. Sie sehen das dann
beispielsweise auf ihren Notebooks, dass siedas Signal von, sagen wir mal Freies Netz
Linz hereinbekommen und dann ins Inter-
net gehen und sich dann dranhngen.
So etwas hnliches gibt es ja bereits inLinz: Nmlich die ffentlichen Hotspots.Was ist da deiner Meinung nach der grte
Unterschied zu eurem freien Netz?
Aaron Kaplan: Zunchst sind Hotspots
nur punktuelle Zugnge, die nicht mit-
einander vermascht sind, so wie unser Funk-
netz. Bei all diesen Hotspotinitiativen gibt
es auerdem immer eine Zentrale, die die
Organisation des Netzzugangs bernimmt.
Bei uns ist es so vorgesehen, dass wer immerInternetzugang anbieten kann oder will, dies
auch anbieten kann. Wir haben ein Netz,
das niemanden und doch allen gehrt und
gleichzeitig aber jedem/jeder Einzelnen, da
ja jeder einzelne Knoten einer Privatperson
gehrt. Freifunk hat da eher einen genossen-
schaftlichen Ansatz, der im Wesentlichen
auf Selbstorganisation aufbaut.
Interview
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7/22/2019 Dobusch, Forsterleitner - Freie Netze, Freies Wissen
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Diese Selbstorganisation geht ja im wesent-lichen immer von Privatpersonen oderVereinen aus. Wie wrde dann ein freiesFunknetz funktionieren, das beispielsweisevon der Stadt Linz initiiert werden wrde?
Aaron Kaplan: Ich glaube, wenn es wirklichein kommunales Projekt wird, ein freies
Funknetz aufzubauen, dann existiert schon
ein gewisser Druck, es rasch aufzubauen.
Das haben wir jetzt bei Funkfeuer nicht.
Wenn sich die Stadt Linz wirklich dazu
entscheidet, dies bis 2009 zu schaffen, dann
ist es am sinnvollsten, den Initialaufbau
einer Firma zu bergeben. Da kommt dannim Endeffekt so etwas heraus, wie ein Hot-
spotmodell, aber nur vermascht und dadurch
fr mehr Leute zugnglich. Das ist aber
dann ein ganz anderer Ansatz als ein freies
Netz: Da geht es wirklich nur um die Gratis-
grundversorgung - ohne soziale und politi-
sche Ansprche.
In Linz sind ja grundstzlich auch guteVoraussetzungen dafr, dass ein selbst-organisiertes freies Netz startet. Im Bereichder Neuen Medien gibt es ja das Ars Electro-nica Center (AEC) und an der Kepler Unigibt es die Mglichkeit, Informatik zustudieren. Da mssen sicher doch auch ein
paar Interessierte drauen herumlaufen,die da den Aufbau eines neuen FunkfeuerStandorts forcieren knnten. Warum gibtes noch keinen Funkfeuer Standort in Linz?
Aaron Kaplan: Die Initialzndung fehlt
hier wohl noch: Es braucht immer nur eine
Person, die dann sagt, ich mach das jetzt
und dann wird es auch funktionieren.
Welche Aktivitten plant Funkfeuer in
nchster Zeit in sterreich?
Aaron Kaplan: Es ist viel zu tun und unsere
To do-Liste ist lang. Zunchst haben wir
eine Initiative geplant, um in Gesamtster-
reich da vor allem am Land weitere
Funkfeuer Standorte zu grnden und interes-
sierte Gemeinden durch unser Know-How
zu untersttzen. Es gibt noch die berlegungeine internationale Leitung nach Bratislava
zu bauen. Ausgangspunkt soll ein hoher
Punkt in Wien sein, von wo aus das Funk-
signal ber mehrere Repeater bis nach Bratis-
lava weitergeleitet wird, um dort an das
slowakische Freenet anzuschlieen.
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LINZ.STADT DER
FREIEN NETZE
In
terview
LINZ.STADT DER
FREIEN NETZE
In
terview
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PROJEKT: Freies Netz fr alle Linzer/innen
Mit den mehr als 120 Hotspots fr kostenlosen Internet-Zugang in Bibliotheken, Volkshusern,
Jugendzentren und an vielen weiteren ffentlichen Orten hat 1die Stadt Linz bereits einen
ersten Schritt in Richtung einer freien, stadtweiten Internetgrundversorgung fr alle Linzerinnen
und Linzer getan. Viele neue Nutzungsarten des Internets wie Online-Tagebcher (Blogs),Wikis oder andere Formen sozialer Software gewinnen ihre Bedeutung gerade daraus, dass
sie sich nahtlos in den alltglichen Tagesablauf integrieren (lassen) und sind deshalb nur
ungengend mittels rtlich begrenzten, ffentlichen Hotspots nutzbar. Auch etabliert sich
das Internet immer mehr als Raum fr (auch: lokalen) Diskurs und Debatten, die allerdings
im Unterschied zu herkmmlichen Massenmedien quasi von unten (bottom-up) durch die
Nutzer/innen selbst (mit-)bestimmt werden. Ein Zugang zum Internet ist fr Teilnahme und
Teilhabe an diesem Diskurs conditio sine qua non.
Wie die Beispiele grerer Stdte wie San Francisco, das bereits eine Internet-Grundversorgung
auf seinem Stadtgebiet bietet, zeigen, ist es mit modernen Funktechnologien ohne weiteres
mglich, einen kostenlosen Internetzugang fr das ganze Stadtgebiet umzusetzen. Und zwar
mit einer Bandbreite, die fr die meisten blichen Internetanwendungen ausreichend ist.
Auch wenn die Erfahrungen in anderen Stdten Hoffnungen enttuschen, mit einer kostenlosen
Internetgrundversorgung die digitale Spaltung der Gesellschaft bereits berwunden zu haben,
ist sie dennoch ein wichtiger Schritt, um weitergehende Manahmen berhaupt erst sinnvoll
ergreifen zu knnen.
Welche Technologie genau zum Einsatz kommt bzw. ob man auf einen Technologie-Mix
setzen knnte, soll am besten im Einvernehmen mit einem/einer Technologie-Partner/in bei
der Umsetzung gemeinsam ausgearbeitet werden. Wichtig ist nur, dass die kostenlose
Basisbandbreite nicht zu niedrig bemessen ist (d.h. unter 1 MBit/Sekunde) und dass bei
allflligen (insbesondere bei standortbezogenen) Werberefinanzierungsmodellen datenschutz-
rechtliche Mindeststandards gewahrt bleiben.
Selbstverstndlich mssen gleichzeitig mit dem Aufbau des stdtischen Funknetzes auch
Manahmen einhergehen, die eine mglichst breite Nutzung des Angebots mglich machen,
insbesondere in Bezug auf fehlende Hardware und notwendige Schulungsmanahmen.
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FREIE NETZEFREIES WISSEN
- Reduzierung der digitalen Kluft in Linz
- Schaffung einer Linzer Netzwerk-Allmende
Aufbau eines stadtweiten, kostenlosen Netzwerkes fr drahtlosen Zugang zum
Internet
- Alle Linzerinnen und Linzer
- Linz-Besucher/innen, TouristInnen
Stadt Linz (evtl. gemeinsam mit einem/einer Partner/in)
- Stadt Linz
- Volkshochschule Linz (fr Kurse und Schulungen)
- TechnologiepartnerInnen
Start zu Jahresbeginn 2009
Kosten fr den Aufbau des Netzes sowie die laufende Wartung der Basisstationen
(abhngig vom verfolgten technologischen Ansatz)
Projektziele
Projektbestandteile
Projektzielgruppen
Projekttrger
Dialoggruppen
Zeitraum
Finanzierungsbedarf
Freies Netz fr alle Linzer/innenPROJEKTSKIZZE:
Projekte
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01 | FREIHEIT LIEGT IN DER LUFT
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PROJEKT: Laptops fr Linz
Neben den Kosten fr einen Internetzugang werden von Menschen, die keine oder wenig
Erfahrung mit neuen Medien im Allgemeinen und dem Internet im speziellen haben, auch
Investitionen in die notwendige (Computer-)Hardware gescheut. Dies fhrt dazu, dass
von ffentlichen Hotspots oder gar stadtweiten, freien Netzen vor allem jene Menschen
profitieren, die ohnehin die (finanziellen) Mittel fr privaten und mobilen Internetzugang
htten.
Hinzu kommt, dass Computer als Gerte und das Internet mit seinen diversesten
Anwendungen Erfahrungsgter sind: Die Menschen lernen erst mit der Zeit und whrend
des (alltglichen) Gebrauchs, welche (bislang ungenutzten) Potentiale ihnen die neuen
Technologien erffnen knnen. Das ist auch einer der Hauptgrnde, warum es in sterreich
keine Schule egal welcher Schulstufe mehr gibt, die es sich leisten kann, auf EDV-
Rume und Ausstattung zu verzichten.
Und dennoch knnen die nur temporr und fr bestimmte Anwendungen zugnglichen
Schulcomputer die individuelle Auseinandersetzung und Erforschung der Technologie in
der alltglichen Nutzung nicht vllig kompensieren. Vergleichbar dem One Laptop per
Child-Projekt fr Entwicklungslnder sollten in Zukunft Linzer Volksschler/innen mit
Beginn der 4. Klasse einen Laptop als quasi digitales Schulbuch erhalten. Abgesehen von
softwarepolitischen berlegungen sollte er mit Freier Software ausgestattet sein, um die
Kosten gering zu halten, die Virengefahr einzudmmen sowie die Weitergabe und
Verwendung der Software auch auf anderen privaten PCs zu ermglichen. Hier bieten sich
Distributionen wie Edubuntu mit Schwerpunkt auf pdagogisch wertvollen Programmen
an.
Begleitend mssten gemeinsam mit den Pdogigschen Hochschulen in Linz Weiter-
bildungsangebote fr Linzer Lehrkrfte der Volksschulen sowie der Hauptschulen und
gymnasialen Unterstufen geschaffen werden, um die Potentiale der digitalen Vollausstattung
der Linzer Schler/innen auch sinnvoll innerhalb und auerhalb des Unterrichts zu nutzen.
Auch abseits von Schulen msste es mglich sein, ausgewhlte ffentliche Hotspots (z.B.
in Bibliotheken) mit einer gewissen Zahl an Leihgerten auszustatten, die gegen Pfand an
Interessierte ausgehndigt werden.
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Laptops fr LinzPROJEKTSKIZZE:
FREIE NETZEFREIES WISSEN
Projekte
Projektziele
Projektbestandteile
Projektzielgruppen
Projekttrger
Dialoggruppen
Zeitraum
Finanzierungsbedarf
- Abbau der digitalen Kluft- Frderung des technologischen Verstndnisses breiter Bevlkerungsteile
- Ausgabe eines Laptops mit Freier Software an smtliche Linzer Volksschler/innen
mit Beginn der 4. Klasse
- Einrichtung von Laptop-Verleihstellen an ausgewhlten ffentlichen Hotspots
Linzer Schler/innen
Stadt Linz
- Linzer Volksschulen
- Pdagogische Hochschulen
- Stadt Linz
Erstmalige Ausgabe von Laptops an die Schler/innen der 4. Klasse Volksschule
mit Herbst 2008.
Jhrliche Kosten fr die Finanzierung der Hardware, keine Kosten fr die Software
bei Verwendung freier Angebote.
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PROJEKT: 2009 Jahr der Freien Netze
Erfolgreiche Kooperation zeichnet sich dadurch aus, dass durch das Zusammenwirken
vieler Akteurinnen und Akteure mehr entsteht, als durch das bloe Zusammenzhlen der
jeweiligen Ressourcen. Blumiger ausgedrckt geht es um Nicht-Nullsummenspiele, um
ein Ganzes, das Mehr ist als die Summe der einzelnen Teile. Oft ist es aber so, dass zwar
alle von kooperativem Handeln profitieren wrden, aber sich nicht genug finden, einen
Anfang zu machen oder das wechselseitige Vertrauen fehlt. In der Wissenschaft spricht
man in diesem Zusammenhang von Gefangenendilemma-Situationen.
Die in zahlreichen Husern und Wohnungen vorhandenen Knoten fr drahtlosen
Internetzugang mittels Wirelss LAN bzw. deren bestndig wachsende Anzahl sind nun
genau so eine Situation, wo alle von Kooperation durch Vernetzung der einzelnen Knoten
profitieren wrden hhere Bandbreite, lokale Netzwerke, mobile Verfgbarkeit es aber
bislang dennoch nicht dazu gekommen ist. Das Kulturhauptstadtjahr 2009 knnte nun
Anlass sein und Ansto dafr geben, den Stein der Kooperation ins Rollen zu bringen:
Indem das Jahr 2009 zumindest in Linz zum Jahr der freien Netze gemacht wird.
Als Vorbild knnte hierfr ein anderes Linzer Kulturprojekt in seiner Urfassung dienen:
Die Klangwolke. Whrend die Klangwolke heute nur noch ber dem Linzer Donaupark
schwebt, wurden in den ersten Jahren alle Linzerinnen und Linzer dazu eingeladen, ihre
Fenster zu ffnen, das Radio auf die Fensterbank zu stellen und mit der Radiobertragung
des Konzerts die Klangwolke wirklich im ganzen Stadtgebiet hr- und erfahrbar zu
machen.
2009 knnte die Stadt Linz ihre Brger/innen nun dazu einladen, ihre drahtlosen WLAN-
Netze zu ffnen und mit anderen drahtlosen Netzen zu einem stadtweit freien WLAN-
Mesh-Netzwerk zu verbinden. In einem ersten Schritt sollte natrlich die Stadt selbst
vorangehen und die ber 100 ffentlichen Hotspots untereinander vernetzen und es anderen
Menschen ermglichen, sich in dieses ffentliche Hotspot-Netz mit den jeweils eigenen
WLAN-Knoten einzuklinken. Im Jahr der freien Netze 2009 sollten technisch weniger
versierte Linzer/innen dann ber eine zentrale Service-Stelle bei der Teilnahme am dann
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Open Courseware fr UniversittenPROJEKTSKIZZE:
- Im Kulturhauptstadtjahr ein Zeichen fr Freie Netze unter Einbindung weiter
Teile der Stadtbevlkerung setzen
- Frderung des technologischen Verstndnisses breiter Bevlkerungsteile
- Festlegung der technischen Spielregeln fr das Freie Netzwerk
- Vernetzung der bestehenden ffentlichen Hotspots
- Werbekampagne fr das Jahr der Freien Netze- Technische Untersttzung ber eine zentrale Service-Stelle
- evtl. Angebote speziell fr Teilnehmer/innen am Freien Netz ber einen
ffentlichen Public Space Server
- Alle Linzer/innen als potentielle Nutzer/innen
- Linzer/innen mit WLAN-Infrastruktur als potentielle Teilnehmer/innen am freien
Netz
Stadt Linz
- Linzer Bevlkerung
- Stadt Linz
- Technische Untersttzung
Vorbereitungen ab 2008, Beginn der ffentlichen Bewerbung ab Mitte 2008,
Schwerpunkt im Jahr der freien Netze 2009
Kosten fr die Bewerbung sowie die Einrichtung eines zentralen technischen
Servicedienstes zur Beratung/Untersttzung
Projektziele
Projektbestandteile
Projektzielgruppen
Projekttrger
Dialoggruppen
Zeitraum
Finanzierungsbedarf
FREIE NETZEFREIES WISSEN
Projekte
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02 | KREATIVITT IN FESSELN
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berregulierung erstickt Kreativitt. Es unterdrckt
Innovation. Es gibt Dinosauriern ein Veto ber die Zukunft.
Es verschwendet die auerordentlichen Mglichkeiten fr
demokratische Kreativitt, die digitale Technologienbeinhalten
(Lawrence Lessig, Grnder von Creative Commons)
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FREIE NETZEFREIES WISSEN
Markus Eidenberger und Andreas Ortner
KREATIVITTIN FESSELNKREATIVITTIN FESSELN
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02 | KREATIVITT IN FESSELN
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Wie Urheberrecht Kreativitt behindert und doch mit seinen eigenenWaffen geschlagen werden kann.
Stellen Sie sich vor, Ihnen ist im Jahr 1986 eine unglaublich spannende, witzige oder
aufrhrende Geschichte eingefallen. Stellen Sie sich vor, Sie haben sich tatschlich
durchgerungen und sie als Buch niedergeschrieben. Aber leider konnten Sie keine/n
Verleger/in begeistern, das finanzielle Risiko einer Verffentlichung einzugehen und
selbst fehlte Ihnen das Geld dazu. Nun, Sie werden vielleicht alle Verwandten und Bekannten
zu Weihnachten mit einer selbst gebastelten Variante Ihres Buchs beglckt haben aber
dem Rest der Welt wird Ihre spannende, witzige und aufrhrende Geschichte vorenthalten.
Nehmen wir an, Sie wollten im Jahr 1985 das Aufwachsen Ihrer Kinder nicht einfach
fotografieren, sondern filmen und gemeinsam mit Musik aus dieser Zeit und mit Fernseh-
Mitschnitten unvergesslicher Ereignisse zu einer Art Dokumentation zusammenschneiden.
Selbst wenn Sie so wohlhabend waren, sich die notwendige Ausrstung und die teuren
Stunden in einem professionellen Schnitt-Studio zu leisten, selbst wenn Sie die Zeit und
Mue hatten, sich das Film-Schneiden beibringen zu lassen das Ergebnis Ihrer Bemhungen
wird nur eine berschaubare Anzahl von Menschen je zu Gesicht bekommen haben.
Und wenn Sie 1987 mit Ihrer Hard-Rock-Trash-Metal-Garagenband an der unglaublichen
Fantasielosigkeit der groen Plattenfirmen gescheitert sind, so hatten Sie vielleicht das
Glck, dass Mama Ihnen einmal einen Studiotag geschenkt hat. Aber wahrscheinlich sind
ein paar selbst aufgenommene Audiokassetten von mieser Qualitt das einzige berbleibsel
einer schnen Zeit. (Die nicht mehr ganz jungen Leser/innen mgen sich auerdem kurz
an die berauschende Qualitt berspielter Kassetten erinnern)
Die neue Freiheit: Publizieren leicht gemacht!
Dieser kleine Ausflug in die unseligen Achtziger soll aber kein Nostalgie-Trip sein im
Gegenteil. Denn stellen Sie sich vor, all das passiert hier, jetzt und heute. Das Buch wird
Ihnen vielleicht auch heute niemand verlegen. Aber heute knnen Sie erstens ohne Tipp-
Ex korrigieren. Und zweitens was viel wichtiger ist knnen Sie das Buch auf Ihrer
Webseite im Internet verffentlichen, in verschiedenen Foren und Blogs gezielt dafr
Werbung machen und damit theoretisch ganz ohne Verleger ein Millionenpublikum
erreichen. Und vielleicht ist ja unter den so gewonnenen Leser/innen eine weniger bornierte
Verleger/in dabei und schickt Ihnen ein E-Mail bezglich einer Fortsetzung.
02 | KREATIVITT IN FESSELN
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7/22/2019 Dobusch, Forsterleitner - Freie Netze, Freies Wissen
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FREIE NETZEFREIES WISSEN
Heute wrden Sie wahrscheinlich keinen Hard-Rock-Trash-Metal mehr spielen, sondernHip-Hop oder Techno, und Sie wrden statt Instrumenten teilweise so genannte Samples
verwenden, also kurze Ausschnitte aus anderen Songs. Aber es wre erstens mit einem
handelsblichen PC und ein paar leistbaren Zusatzgerten machbar. Und zweitens knnten
Sie sich auch in diesem Fall ber Verffentlichungen im Internet an den groen Verlagen
vorbei eine hoffentlich wachsende Fangemeinde erarbeiten.
Und schlielich hat die moderne Technologie das Gestalten von Filmen zu einem
leistbaren Hobby gemacht, denn auch das ist mit einer digitalen Videokamera, einem PCund der passenden Software machbar. Natrlich brauchen Sie auch keine langwierige
Ausbildung oder Berufserfahrung mehr, um das Zeug sinnvoll schneiden zu knnen.
Auerdem ist das Produkt Ihrer Bemhungen nicht mehr notwendiger Weise einem kleinen
Kreis von Eingeweihten vorbehalten: Rauf auf die Homepage, und schon kann die Welt
mitsehen!
Ja, drfen Sie das denn?
So weit so gut, aber die Sache hat einen Haken: das aktuell gltige Urheberrecht. Denn
sowohl das Sampeln von Versatzstcken von Musik, die jemand anders komponiert und
gespielt hat, als auch das Verwenden von Film- oder Fernsehausschnitten oder von Songs,
auch das Einbauen von Textpassagen anderer, wenn es ber ein einfaches Zitat hinausgeht,
ja vielleicht sogar das Verwenden einer Romanfigur, die schon jemand anders genau so
gezeichnet hat wie sie, fallen mglicherweise unter das Copyright. Das heit, wenn Sie
ihre so gewonnenen Produkte auch verffentlichen und das tun Sie auf Ihrer Homepage
selbst dann, wenn Ihre Zugriffszahlen mehr als bescheiden sind begehen Sie damit eineillegale Handlung und machen sich strafbar. Dabei handelt es sich auch nicht gerade nur
um ein Organmandat. Das sterreichische Gesetz beispielsweise sieht einen Mindeststreitwert
von 36.000 Euro bei Urheberrechtsangelegenheiten vor, und dieser bestimmt auch die
Hhe der Gerichts- und Anwaltskosten!
Dass es so etwas wie ein Urheberrecht gibt, ist natrlich nicht neu und auch nicht
unbegrndet. Schlielich sind die meisten kreativen Werke wie Text, Musik oder Film
relativ einfach kopierbar und daher so genannte nicht rivalisierende Immaterialgter.Was kompliziert klingen mag, heit einfach, dass Musikstcke oder Texte nicht verbraucht
werden, wenn Sie sie anhren oder lesen im Gegensatz zur Wurstsemmel, wenn Sie sie
essen. Daher braucht jemand, der vom Produzieren und Verkaufen von Musik oder Text
Thema
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7/22/2019 Dobusch, Forsterleitner - Freie Netze, Freies Wissen
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02 | KREATIVITT IN FESSELN
leben will, einen besonderen Schutz davor, dass nur der erste Kunde bezahlt und dann alleanderen von ihm kopieren. (konominnen sprechen dabei vom Trittbrettfahrerproblem.)
Wozu Urheberrecht?
Man kann diesen Schutz auf zwei Arten begrnden: Einerseits aus der Perspektive des
Privateigentums als hchstem Gut, nmlich dass Ihnen einfach gehren sollte, was Sie
produzieren, egal ob man es angreifen kann oder nicht, und dass Sie es auch verkaufen,
verschenken oder vererben knnen sollen. Andererseits aber auch aus der Sicht der gesamtenGesellschaft, fr die es ja wichtig ist, dass Menschen kreativ ttig sind und Musik oder
Texte produzieren. Dann muss die Gesellschaft, so das Argument, aber auch einen Anreiz
schaffen, das zu tun. Und die konomie meint mit Anreiz meist Geld. sterreich
(und die meisten europischen Staaten) folgt diesen beiden Argumenten sehr weitgehend
und hat traditionell ein recht restriktives Urheberrecht: Ein Schutz bis 70 Jahre nach dem
Tod der Urheberin ist das Prinzip, und das automatisch, also ohne dass ein bestimmter
Hinweis auf dem Werk oder eine Registrierung notwendig wren.
Beide Argumente, das Eigentums- und das Anreiz-Argument, haben etwas fr sich.
Aber beide erweisen sich auf den zweiten Blick als unvollstndig, vor allem hinsichtlich
des Ausmaes des Urheberrechtes. Was den Anreiz angeht: Dass Geld nicht das einzige
Motiv fr Kreativitt ist, ist wohl auch klar. Dennoch soll es sicherlich so sein, dass
Kulturschaffender ein Beruf ist, von dem man leben kann. Andererseits sind die allermeisten
Werke, die unter Urheberrechtsschutz fallen, heute nicht mehr kommerziell verwertbar:
Bcher werden irgendwann nicht mehr neu aufgelegt, Platten oder CDs sind irgendwann
vergriffen, selbst die meisten Hollywood-Filme schlummern irgendwann einmal in denArchiven. Man schtzt, dass nur etwa 4% aller geschtzten kreativen Werke derzeit
kommerziell verwertet werden. Dennoch gilt das Urheberrecht auch fr die restlichen 96%.19
Das ideologische Argument sieht erst einmal ebenso bestechend aus in einer Gesellschafts-
ordnung, fr die der Schutz von Eigentum ein wesentlicher Grundbaustein ist. Aber wie
auch zum Beispiel beim Eigentum an Grund und Boden ein hheres gesellschaftliches
Interesse (etwa der Bau einer Strae) vorgeht, gibt es auch bei kreativen Werken eine zweite
Wahrheit. In der gesamten Geschichte der Menschheit war Kultur nicht etwas, wasberwiegend in Privateigentum war, weil es immer so etwas wie ein gemeinsames kulturelles
Erbe, eine gemeinsame kulturelle Basis, einen so genannten Public Domain gegeben hat.
Im deutschsprachigen Raum wird dafr heute wieder gelegentlich der mittelalterliche
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7/22/2019 Dobusch, Forsterleitner - Freie Netze, Freies Wissen
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FREIE NETZEFREIES WISSEN
Begriff der Allmende verwendet: Ein Bereich, der niemandem und daher allen gehrtund von dem alle profitieren knnen. Aus diesem Grund ist das Urheberrecht zeitlich
begrenzt, wenn auch in einem fr die Urheber/innen sehr grozgigen Ausma. Denn
neue Kultur baut notwendigerweise immer auf dem auf, was bisher war, was unser
gemeinsames kulturelles Erbe ist. Manchmal weniger offensichtlich, manchmal offensichtlicher,
wie bei Neubearbeitungen lterer Inhalte, etwa Verfilmungen, oder bei Parodien, oder bei
Dokumentationen, oder beim schon beschriebenen Sampling. Die Grenze ist flieend,
was aber leider heit, dass auch die Grenze zum Urheberrechtsversto flieend ist, wenn
das verwendete Rohmaterial noch nicht Teil des Public Domain ist.
Wo das Problem liegt
Dabei ist Urheberrecht nichts Neues, und trotzdem entwickelte es sich mehr und mehr
zum Problem. Der Auslser des Problems ist eine revolutionre Technologie zur weltweiten
Vernetzung namens Internet. Eine Technologie, die die Welt schon verndert hat und
weiter verndern wird. Eine Technologie, die unserer Gesellschaft und ihrer Kultur schier
unglaubliche Mglichkeiten erffnen kann. Nicht nur bezglich des Zugangs zur Kulturund bezglich ihrer Verbreitung, sondern vor allem auch bezglich einer breiten Beteiligung
am Schaffen von Kultur. Nie war Kultur so konsumorientiert, so professionalisiert und
industriell, so passiv wie im 20. Jahrhundert. Das Internet wrde die Mglichkeit erffnen,
aus dieser reinen Konsum-Kultur wieder in eine strker interaktive Kultur zu finden. Das
Internet wrde die Mglichkeit erffnen, unser gemeinsames kulturelles Erbe in einem
bislang undenkb