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Überbetriebliche Regulierung von Arbeitsbeziehungen Klaus Dörre 1 Gegenstand und Problemstellung: Organisierte Arbeitsbeziehungen – ein Auslaufmodell? Das „kurze 20. Jahrhundert“ war nicht nur ein „Zeitalter der Extreme“ (Hobsbawm 1994: 20), im Rückblick können die Jahre zwischen 1914 und 1991 auch als eine Epoche der Organisierung und Institutionalisierung von Arbeitsinteressen bezeichnet werden. Die sys- temischen Ausprägungen der „organisierten Moderne“ (Wagner 1995), wohlfahrtsstaatli- cher Kapitalismus und staatsbürokratischer Sozialismus, entstanden aus Versuchen, den für industriekapitalistische Gesellschaften zentralen Kapital-Arbeit-Gegensatz zu zähmen oder gar zu überwinden. Die Bezeichnung „kurzes 20. Jahrhundert“ impliziert freilich, dass die Gegenwart sich von dem unterscheidet, was zu Ende gegangen ist. Und in der Tat: blickt man heute auf die Organisation und Repräsentation von Arbeitsinteressen, so sieht man sich mit Krisenszenarien konfrontiert. Arbeiterparteien haben an Einfluss verloren, wohl- fahrtsstaatliche Arrangements geraten unter Druck und auch die Kraft der Gewerkschaften scheint erschöpft. Allein zwischen 1993 und 2003 haben kontinentaleuropäische Gewerk- schaftsbünde im Durchschnitt 15% ihrer Mitglieder eingebüßt. Zahlreiche Organisationen leben von „geborgter Zeit” (Waddington 2005: 3), weil ihre Mitgliedschaft überaltert ist und sich vorwiegend in schrumpfenden Wirtschaftszweigen befindet. 1 Die Folgen der gewerkschaftlichen Repräsentationskrise schlagen sich auch in sozio- logischen Reflexionen nieder. Galt die in Deutschland praktizierte „Konfliktpartnerschaft“ (Müller-Jentsch 1999) zeitweilig als Vorzeigemodell (Turner 1992: 217-246; Crouch/ Trax- ler 1995; Schröder/Wessels 2003), wird inzwischen auch hierzulande über einen „Kapita- lismus ohne Gewerkschaften“ (Müller-Jentsch 2007: 169-180) debattiert. Angesichts des anhaltenden Organisationsdefizits im Dienstleistungssektor, bei neuen und kleinen Unter- nehmen sowie Jugendlichen und Frauen schließt Wolfgang Streeck (2001: 308) nicht mehr aus, „dass die Präsenz der Gewerkschaften unaufholbar unter jene kritische Masse gesun- ken“ sei, „die erforderlich wäre, damit ein selbsttragender Organisierungsprozess auch nur eine Chance hätte, wieder in Gang zu kommen“. Nun vermag selbst der beste Sozialwis- senschaftler den Schwellenwert für einen unumkehrbaren Verlust an organisatorischer Bindekraft nicht exakt zu bestimmen, zumal Organisationsgrade allein noch wenig über den realen gesellschaftlichen Einfluss von Gewerkschaften aussagen. 2 Ungeachtet notwendiger Differenzierungen offenbaren Niedergangsszenarien aber ein grundlegendes Problem: In- 1 Noch in den 1970er Jahren stieg in den meisten entwickelten Industrienationen der gewerkschaftliche Organisa- tionsgrad an. Diese Entwicklung hat sich mittlerweile umgekehrt. Zwischen 1970 und 2003 fiel der gewerkschaft- liche Organisationsgrad in zwölf untersuchten EU-Staaten trotz der Mitgliederzuwächse in einzelnen Ländern um 11,5%. Norwegen und die Schweiz eingerechnet, ergibt sich ein Durchschnitt von 17,2% an Mitgliedern, die bereits verrentet sind (Chang/Sorrentino 1991; Visser 2006). 2 Neben Mitgliederdaten sind Variablen wie die Verhandlungsreichweite, die Beziehungen zur Politik oder Wahr- nehmung von Gewerkschaften in der Öffentlichkeit von Bedeutung (Visser 2006).

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Überbetriebliche Regulierung von Arbeitsbeziehungen 873

Überbetriebliche Regulierung von Arbeitsbeziehungen Klaus Dörre

1 Gegenstand und Problemstellung: Organisierte

Arbeitsbeziehungen – ein Auslaufmodell? Das „kurze 20. Jahrhundert“ war nicht nur ein „Zeitalter der Extreme“ (Hobsbawm 1994: 20), im Rückblick können die Jahre zwischen 1914 und 1991 auch als eine Epoche der Organisierung und Institutionalisierung von Arbeitsinteressen bezeichnet werden. Die sys-temischen Ausprägungen der „organisierten Moderne“ (Wagner 1995), wohlfahrtsstaatli-cher Kapitalismus und staatsbürokratischer Sozialismus, entstanden aus Versuchen, den für industriekapitalistische Gesellschaften zentralen Kapital-Arbeit-Gegensatz zu zähmen oder gar zu überwinden. Die Bezeichnung „kurzes 20. Jahrhundert“ impliziert freilich, dass die Gegenwart sich von dem unterscheidet, was zu Ende gegangen ist. Und in der Tat: blickt man heute auf die Organisation und Repräsentation von Arbeitsinteressen, so sieht man sich mit Krisenszenarien konfrontiert. Arbeiterparteien haben an Einfluss verloren, wohl-fahrtsstaatliche Arrangements geraten unter Druck und auch die Kraft der Gewerkschaften scheint erschöpft. Allein zwischen 1993 und 2003 haben kontinentaleuropäische Gewerk-schaftsbünde im Durchschnitt 15% ihrer Mitglieder eingebüßt. Zahlreiche Organisationen leben von „geborgter Zeit” (Waddington 2005: 3), weil ihre Mitgliedschaft überaltert ist und sich vorwiegend in schrumpfenden Wirtschaftszweigen befindet.1

Die Folgen der gewerkschaftlichen Repräsentationskrise schlagen sich auch in sozio-logischen Reflexionen nieder. Galt die in Deutschland praktizierte „Konfliktpartnerschaft“ (Müller-Jentsch 1999) zeitweilig als Vorzeigemodell (Turner 1992: 217-246; Crouch/ Trax-ler 1995; Schröder/Wessels 2003), wird inzwischen auch hierzulande über einen „Kapita-lismus ohne Gewerkschaften“ (Müller-Jentsch 2007: 169-180) debattiert. Angesichts des anhaltenden Organisationsdefizits im Dienstleistungssektor, bei neuen und kleinen Unter-nehmen sowie Jugendlichen und Frauen schließt Wolfgang Streeck (2001: 308) nicht mehr aus, „dass die Präsenz der Gewerkschaften unaufholbar unter jene kritische Masse gesun-ken“ sei, „die erforderlich wäre, damit ein selbsttragender Organisierungsprozess auch nur eine Chance hätte, wieder in Gang zu kommen“. Nun vermag selbst der beste Sozialwis-senschaftler den Schwellenwert für einen unumkehrbaren Verlust an organisatorischer Bindekraft nicht exakt zu bestimmen, zumal Organisationsgrade allein noch wenig über den realen gesellschaftlichen Einfluss von Gewerkschaften aussagen.2 Ungeachtet notwendiger Differenzierungen offenbaren Niedergangsszenarien aber ein grundlegendes Problem: In- 1 Noch in den 1970er Jahren stieg in den meisten entwickelten Industrienationen der gewerkschaftliche Organisa-tionsgrad an. Diese Entwicklung hat sich mittlerweile umgekehrt. Zwischen 1970 und 2003 fiel der gewerkschaft-liche Organisationsgrad in zwölf untersuchten EU-Staaten trotz der Mitgliederzuwächse in einzelnen Ländern um 11,5%. Norwegen und die Schweiz eingerechnet, ergibt sich ein Durchschnitt von 17,2% an Mitgliedern, die bereits verrentet sind (Chang/Sorrentino 1991; Visser 2006). 2 Neben Mitgliederdaten sind Variablen wie die Verhandlungsreichweite, die Beziehungen zur Politik oder Wahr-nehmung von Gewerkschaften in der Öffentlichkeit von Bedeutung (Visser 2006).

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zwischen ist unklar, ob – einst vermeintlich gesichertes industriesoziologisches Wissen – die Beschäftigung mit organisierten Arbeitsinteressen oberhalb des Betriebs überhaupt noch ins Zentrum der Regulationssysteme entwickelter Gesellschaften führt.

Stand der Aufstieg von Arbeiterparteien und Gewerkschaften zu Massenorganisationen am Beginn von gesellschaftlichen Entwicklungen, die schließlich in eine umfassende wohl-fahrtsstaatliche Einbettung von Arbeitsbeziehungen mündeten, so deutet die schwindende gewerkschaftliche Repräsentationsfähigkeit nun möglicherweise den Übergang zu Gesell-schaftsformen an, in denen der Gegensatz von Kapital- und Arbeitsinteressen zwar nicht vollständig verschwunden, aber doch nicht mehr zentral ist. Was in zahlreichen Analysen zur Institutionalisierung und Entdramatisierung des industriellen Klassenkonflikts bereits angedeutet wurde, hat die Gesellschafts- und Sozialtheorie nach ihrer antiproduktivistischen Wende bereits vielfach als Gewissheit formuliert. Gerade weil die fortgeschrittenen Kapita-lismen ihre Regulierungskapazität erfolgreich auf die Einhegung des Kapital-Arbeit-Gegensatzes konzentrierten, seien mit der „Kolonialisierung der Lebenswelt“ (Habermas 1987: 489-547) Konfliktlinien jenseits der industriellen Klassenspaltung entstanden. Da die „förmliche Erwerbsarbeit die subjektive Qualität“ verloren habe, „organisierendes Zentrum der Lebenstätigkeit, der sozialen Fremd- und Selbsteinschätzung und der moralischen Orien-tierungen zu sein“, könne der Kapital-Arbeit-Konflikt auch nicht mehr das Zentrum der Herrschaftsbeziehungen entwickelter Gesellschaften bilden (Offe 1984: 7, 37).

Selbst Analysen, die – statt von einer „Krise der Arbeitsgesellschaft“ (Offe 1984: 7) auszugehen – an der „Revolutionierung“ technisch-organisatorischer Produktivkräfte anset-zen (Castells 1996, 1997, 1998), verorten die Kollektividentitäten sozialer Bewegungen häufig nicht mehr im industriellen Klassenkonflikt. Der globalisierten Macht des Finanzka-pitals stehe „desaggregierte Arbeit“ gegenüber, die „in ihrer Ausführung weiter in ihre Be-standteile zerlegt, in ihrer Organisation fragmentiert, in ihrer Existenz diversifiziert [und, K.D.] in ihrer kollektiven Aktion gespalten“ sei, weshalb sie „ihre kollektive Identität“ ein-büße (Castells 2001: 533). Widerstand gegen „the New Global Order“ (Castells 1998: 68ff.) erfolge eher durch klassenunspezifische soziale Bewegungen. Muss also von einer irrever-siblen gesellschaftlichen Transformation ausgegangen werden, in deren Verlauf die Arbeits- und Industriesoziologie trotz einer Reaktualisierung der „sozialen Frage“ (Kronauer 2006: 29; Castel/Dörre 2009: 11-20) mit den kollektiven Arbeitsinteressen zugleich einen ihrer ursprünglich für zentral erachteten Gegenstände verliert? Sind organisierte Arbeitsbeziehun-gen oberhalb der Unternehmensebene ein Auslaufmodell? Und – sofern das zutrifft, was wird an ihre Stelle treten? Nachfolgend werden im Anschluss an eine machttheoretische Konzeptualisierung und eine Diskussion klassischer (Abschnitt 2) wie auch zeitgenössischer Wissensbestände (Abschnitt 3) Forschungsperspektiven sondiert (Abschnitt 4). 2 Entwicklungslinien und Wissensbestände: Von struktureller zu

institutioneller Macht Wie sich zeigen wird, müssen seriöse wissenschaftliche Antwortversuche vorsichtiger und möglicherweise anders ausfallen, als es manche alltägliche Betrachtung zuweilen nahe legt. Für die hier präsentierten Überlegungen ist der Gedanke zentral, dass Quellen von „Arbei-termacht“ (Silver 2005: 30-44), besser: die Machtressourcen von Lohnabhängigen, Aus-gangspunkt für eine Inspektion arbeits- und industriesoziologischer Wissensbestände zur

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gesellschaftlichen Regulation von Arbeitsbeziehungen sein können. Das aus einem doppel-ten Grund. Zum einen liefert erst die Herausbildung von Lohnabhängigenmacht Anreize für die Organisierung von Kapitalinteressen, aber auch für verschiedene Formen der Staatsin-tervention, die sich schließlich im modernen Wohlfahrtsstaat verdichtet haben. Zum ande-ren sind Arbeiterbewegungen und Gewerkschaften seit jeher wichtiger Bezugspunkt eines Typs sozialwissenschaftlicher Reflexion, den Luc Boltanski und Eve Chiapello als „Sozial-kritik“ bezeichnen.3 In der Schwäche der Gewerkschaften offenbart sich demnach auch eine Krise wissenschaftlicher Sozialkritik (Boltanski/Chiapello 2003: 309f.). Ohne eine alterna-tive, in Daten dokumentierte „Darstellung aus Arbeitnehmersicht“, wie sie betriebsüber-greifende Gewerkschaftsbewegungen ermöglichen, lässt sich „nur schwer ein Gegenge-wicht zu den unternehmerischen, inhaltlich von Profitinteressen geleiteten Geschäftsanaly-sen“ bilden (2003: 310). Sozialkritik hängt dann ,in der Luft‘, die Arbeitswelt erscheint als Ansammlung von Sachzwängen, aus denen es für Lohnabhängige kaum ein Entrinnen gibt. 2.1 Soziale Macht, Lohnarbeitermacht Um solch hermetische Deutungen zu vermeiden, sei der Bilanz arbeits- und industriesozio-logischer Wissensbestände die knappe Skizze eines soziologischen Konzepts von Arbei-termacht voran gestellt. Nach Max Weber (1980: 28) bezeichnet der Begriff Macht „jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung, den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen“. Im Anschluss daran unterscheidet Michael Mann idealtypisch vier grund-legende Formen von Macht (1994: 46-56): die ökonomische, die politische, die ideologi-sche und die militärische (1994: 50f.). Diese vier Grundformen werden in modernen Ge-sellschaften auf je besondere Weise miteinander kombiniert. So lässt sich die autoritative, hierarchische Macht von Unternehmensbürokratien und Staaten nutzen, um die diffuse, anonym wirkende Macht des Marktes einzuschränken. Umgekehrt ist es auch möglich, Marktmechanismen zu stärken, um autoritative Macht zu begrenzen. Das Wechselspiel von De- und Rekommodifizierung, wie es sich in langen Perioden kapitalistischer Entwicklung vollzieht (Yergin/Stanislaw 1999; Dörre 2009a), hängt wesentlich von einer Machtkonfigu-ration ab, die bei Michael Mann zwar auftaucht, in ihrer Eigenart begrifflich aber unzurei-chend bestimmt wird. Gemeint ist oppositionelle, konterhegemoniale, heterodoxe Macht.

Arbeitermacht ist ihrem Ursprung nach eine solche Form heterodoxer Macht, die sich quer zu den Grundtypen sozialer Macht als ökonomische, politische oder ideologische entfaltet. Die Kategorie wird hier analytisch im Sinne von Lohnabhängigenmacht genutzt und entsprechend weit gefasst (Silver 2005: 38; im englischen Original: 2003). Sie unter-stellt ein Interesse mehr oder minder heterogener Arbeiter- und Angestelltengruppen, Asymmetrien in den Austauschbeziehungen von Kapital und Arbeit durch kollektive Mobi-lisierungen besonderer Machtressourcen zu korrigieren. Entsprechende Versuche sind bis in die Gegenwart hinein Entstehungsursache von Arbeiterbewegungen, deren soziale Basis, Organisationsformen und Zielsetzungen sich erheblich voneinander unterscheiden. Sie können systemtranszendierende Ziele verfolgen oder bloßen Schutz vor marktvermittelter

3 Sozialkritik stellt auf klassenspezifische Verteilungskonflikte ab und orientiert sich an der Arbeitskraftperspekti-ve. „Künstlerkritik“ richtet sich gegen die ,Verdinglichung‘ sozialer Beziehungen und betrachtet Autonomiege-winn in und außerhalb des Arbeitsprozesses als Grundvoraussetzung menschlicher Emanzipation (Bol-tanski/Chiapello 2003: 68 ff.).

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Konkurrenz einfordern. Sie können reaktiv-nationalistische oder, wie im Falle faschisti-scher Mobilisierungen, geradezu terroristische Züge annehmen. Im Unterschied zu den Implikationen des marxschen Klassenuniversalismus, der unterstellt, dass die „Exploitation des Weltmarktes die Produktion und Konsumtion aller Länder kosmopolitisch gestaltet“ (Marx/Engels 1977: 466), muss Arbeitermacht daher im Plural buchstabiert werden. Denn „nivellierende“ Marktmacht bestärkt eine „endemische Tendenz“ unter den Arbeitern, „klassenunspezifische Grenzen abzustecken, auf deren Basis sie beanspruchen können, vor dem Mahlstrom geschützt zu werden“ (Silver 2005: 41; vgl. auch Wright 2000: 957-1002). Auch aus diesem Grund ist es sinnvoll, nicht von nur einer Bewegung, sondern von einer Pluralität an Arbeiterbewegungen auszugehen, die sich fallweise auf unterschiedliche Quel-len und Kombinationen sozialer Macht gründen.

Prinzipiell kann zwischen struktureller und Organisationsmacht von Lohnabhängigen differenziert werden (Silver 2005: 30-44). Strukturelle Macht (structural power) erwächst aus der Stellung von Lohnabhängigengruppen im ökonomischen System. Sie kann sich in primärer Verhandlungsmacht, die aus einer angespannten Arbeitsmarktsituation entspringt, ebenso ausprägen wie in Produktionsmacht, die sich über eine besondere strategische Stel-lung von Arbeitergruppen in Produktionsprozessen konstituiert. Davon zu unterscheiden ist Organisationsmacht (associational power), die aus dem Zusammenschluss zu kollektiven politischen oder gewerkschaftlichen Arbeiterorganisationen entsteht. Organisationsmacht kann strukturelle Verhandlungs- und Produktionsmacht teilweise substituieren, ohne sie jedoch vollständig zu ersetzen. Strukturelle Macht wird häufig spontan ausgeübt, sie tritt in Gestalt von „labour unrest“ in plötzlichen Unruhen und situativer Empörung ebenso auf wie als ,Sabotage‘ oder Absentismus in Produktionsprozessen (2005: 11, 44ff.). Organisa-tionsmacht ist demgegenüber auf handlungsfähige Gewerkschaften, Parteien oder ähnliche kollektive Akteure angewiesen. Zusätzlich lässt sich eine dritte Quelle von Arbeitermacht benennen, die institutionelle Macht. Sie entsteht als Resultat von Aushandlungen und Kon-flikten, die auch über strukturelle oder organisatorische Machtressourcen ausgetragen wer-den. Ihre Besonderheit wurzelt in dem Faktum, dass Institutionen soziale Basiskompromis-se über ökonomische Konjunkturen und kurzzeitige Veränderungen gesellschaftlicher Kräf-teverhältnisse hinweg festschreiben und teilweise gesetzlich fixieren. Institutionelle Macht präformiert Aushandlungsprozeduren und Handlungsstrategien von kollektiven Akteuren, Betriebsräten, Gewerkschaften und Wirtschaftsverbänden, die auch dann noch als wahr-scheinlich, nahe liegend und verbindlich gelten können, wenn sich gesellschaftliche Kräfte-verhältnisse gravierend verändert haben. Gewerkschaften können institutionalisierte Res-sourcen selbst in Zeiten rückläufiger Organisationsmacht nutzen. Dies setzt freilich voraus, dass die Lohnabhängigenorganisationen – trotz nachlassender Bindefähigkeit bei Arbeitern und Angestellten – seitens der Kapitalverbände und Regierungen weiterhin als authentische Repräsentanten von Arbeitsinteressen akzeptiert werden (Brinkmann u.a. 2008: 24-26).

Strukturelle, Organisations- und institutionelle Macht von Lohnabhängigen entwickeln sich in Phasen. Die eine Machtform geht aus der anderen hervor. Das jedoch nicht im Sinne strikter Linearität und permanenter Steigerung. Über lange Zeiträume und in Abhängigkeit von sozioökonomischen wie politischen Einflüssen existieren die Quellen von Lohnarbei-termacht in unterschiedlichen Kombinationen und Organisationsformen mit-, neben- und teilweise auch in Konkurrenz zueinander. Arbeits- und industriesoziologische Konzeptio-nen der Organisierung und Durchsetzung kollektiver Arbeitsinteressen reflektieren solche Kombinationen. Sie sind jedoch mehr als bloße Bestandsaufnahmen. Häufig antizipieren

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sie Entwicklungen, die zum Zeitpunkt ihrer wissenschaftlichen Entdeckung allenfalls im Larvenstadium zu erkennen sind. 2.2 Frühe Konzeptionen von Arbeitermacht und Arbeitsinteressen Klassische Theorien kollektiver Arbeitsinteressen befassen sich mit der Transformation von struktureller Organisationsmacht, gehen in ihren je besonderen Emanzipationsprojekten jedoch über diesen Prozess hinaus. Ihren sozioökonomischen Kontext bildeten industrielle Revolution, Fabriksystem, bürgerliche Eigentumsverhältnisse und die Herausbildung dop-pelt freier, weder an Scholle noch Lehen gebundener Lohnarbeiter. Unterschiede und Un-gleichzeitigkeiten beim Übergang zum Industriekapitalismus ließen disparate Formen der Regulierung von Kapital-Arbeit-Beziehungen entstehen, deren Tradierung bis heute in den nationalen Systemen organisierter Arbeitsbeziehungen fortwirkt (Crouch 1996: 67-124; Visser 1996: 1-41). In Britannien setzte die Industrialisierung früh ein und zog sich über einen längeren Zeitraum hin, so dass sich handwerkliche Traditionen bei der Repräsentation von Arbeitsinteressen länger hielten (Thompson 1987). Die Organisierung von Arbeitsinte-ressen verblieb überwiegend innerhalb der liberal-kapitalistischen Ordnung und vollzog sich in relativer Autonomie gegenüber dem bürgerlichen Staat. Die kontinentaleuropäi-schen Kernländer (Deutschland, Frankreich) traten demgegenüber mit Zeitverzug in das Industriezeitalter ein. Dafür erfolgten Industrialisierungsprozess und Herausbildung des Fabriksystems umso rascher und unter massiver Beteiligung des Staates (Wood 1999; Braudel 1985, 1986; Mann 1994: 319-424; Greenfeld 2001).

Für die neu entstehenden Arbeiterbewegungen war die Kontrolle der Arbeitsmärkte zugleich der Schlüssel für eine Durchsetzung kollektiver Interessen. Dabei wurden, den jeweiligen historischen Ausgangsbedingungen geschuldet, Machtressourcen auf unter-schiedliche Weise kombiniert. Im britischen Empire spielte strukturelle Arbeitermacht, die aus einer beruflich-handwerklichen Sonderstellung resultierte und durch Kontrolle der Zugangsbedingungen zur Profession bewahrt werden sollte, bei der Konstitution gewerk-schaftlicher Organisationen eine prägende Rolle. Folgerichtig bildete sich eine Tradition der detaillierten Kontrolle und Regulierung von Arbeitsbedingungen heraus, die, mit der Repräsentation vorwiegend ökonomischer Interessen kombiniert, erst zeitverzögert und aus der organisierten Gewerkschaftsbewegung heraus zu einem eigenständigen politischen Ausdruck der Arbeiterschaft (Labour Party) gelangte (Edwards u.a.: 1998: 1-54; Sisson 1995: 33-58). Demgegenüber ließ der rasche Industrialisierungsprozess auf dem Kontinent handwerklichen Traditionen und darauf basierender struktureller Macht wenig Raum, wenngleich in Deutschland noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine buntscheckige Orga-nisationslandschaft mit einer Koexistenz von Industriegewerkschaften und berufsbezogenen Fachverbänden existierte (Schönhoven 2003: 47). Im Kontrast zur angelsächsisch-voluntaristischen Tradition spielten jedoch – im deutschen Fall gelernte – Industriearbeiter zunächst in kleineren, später vor allem in Großbetrieben eine prägende Rolle bei der Arti-kulation von Kollektivinteressen. Von Beginn an durch repressive (Sozialistengesetz) oder sozialintegrative Staatsintervention (Bismarcksche Sozialreformen) beeinflusst, vollzog sich die Herausbildung organisierter Arbeitsinteressen in enger Verzahnung mit politischer Macht. Gewerkschaften entstanden parallel zu sozialistischen oder katholischen Parteien, teilweise wurden sie direkt von diesen Parteien gegründet. Sozialstrukturelle Homogenisie-

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rungen der Arbeiterschaft in Großbetrieben und der dadurch ermöglichte Übergang zu un-ternehmens- oder branchenbezogenen Industriegewerkschaften, die kollektive politische Ausgrenzung der Arbeiterschaft sowie der gemeinsame Kampf für Koalitionsfreiheit und allgemeines Wahlrecht erleichterten die Institutionalisierung organisierter Arbeitsinteressen (Grebing 1985; Klönne/Reese 1984).

Unterschiedliche Pfade überbetrieblicher Regulation haben in frühen Konzeptionen kollektiver Arbeitsinteressen ihren Niederschlag gefunden. Grob lässt sich zwischen revo-lutionär-sozialistischen Ansätzen einerseits und evolutionär-reformerischen bzw. liberal-sozialen Theoremen andererseits unterscheiden.

Stilbildend für die erste Variante ist das marxsche Theoriegebäude. Im Denken von Karl Marx werden organisierte Arbeitsinteressen in ein antagonistisches Verhältnis zu kapi-talistischer Klassenherrschaft gesetzt. Hinter Tauschbeziehungen auf freien Arbeitsmärkten verbirgt sich demnach eine grundlegende Machtasymmetrie. Konstitutiv für die kapitalisti-sche Wirtschaftsweise ist, dass sich die Aneignung und Nutzung eines Überschussprodukts, das allein durch die Nutzung von Arbeitskraft entstehen kann, in der Form besonderer Pro-duktionsverhältnisse vollzieht. Eine Klasse von Kapitaleigentümern, die den Besitz an Produktionsmitteln monopolisiert, ist in der Lage, sich den produzierten Mehrwert anzu-eignen. Während die Lohnarbeiter lediglich gemäß des Werts ihrer Arbeitskraft bezahlt werden, welcher – abhängig vom materiellen Lebensniveau und den Kräfteverhältnissen zwischen den gesellschaftlichen Klassen – um die Reproduktionskosten eben dieser Ar-beitskraft oszilliert, sind die Kapitalbesitzer in der Lage, die Arbeitskraft über ihre Lohn-kosten hinaus zu konsumieren. Nach Abzug der Kosten für konstantes Kapital (Rohstoffe, Energie, Maschinen) erzielen sie bei gelingenden Tauschakten einen Profit, der mit dem Ziel reinvestiert werden kann, noch größeren Gewinn zu erwirtschaften (Marx 1973: 170-232). Um ihre Ziele durchzusetzen, können die Kapitaleigner als Einzelne zunächst auf ihre Marktmacht vertrauen. Aus sich heraus bietet das Kapitalverhältnis daher keinerlei Organi-sationsanreiz. Die Lohnarbeiter hingegen können die Bedingungen, zu denen sie ihre Ar-beitskraft verkaufen, letztendlich nur beeinflussen, wenn sie ihre Konkurrenz überwinden und damit beginnen, „Koalitionen gegen die Bourgeoisie zu bilden“ (Marx/Engels 1977: 468). Während die Arbeiter zunächst eine „durch die Konkurrenz zersplitterte Masse“ dar-stellen, ermöglicht der Übergang zur großen Industrie organisierte Interessenkämpfe. In diesen Auseinandersetzungen siegen von Zeit zu Zeit die Proletarier, doch „das eigentliche Resultat ihrer Kämpfe ist nicht der unmittelbare Erfolg, sondern die immer weiter um sich greifende Vereinigung der Arbeiter“ (1977: 470f.). Erst im Verlauf der Kämpfe erfolgt die „Organisation der Proletarier zur Klasse und damit zur politischen Partei“. Der organisierte Kampf, der immer wieder durch die Konkurrenz unter den Arbeitern selbst behindert wird, erzwingt „die Anerkennung einzelner Interessen der Arbeiter in Gesetzesform“ (1977: 471). Doch dies ist in der marxschen Sicht nur ein Übergangsstadium, das letztlich in die revolu-tionäre Überwindung kapitalistischer Klassenherrschaft mündet. Primär an sozialistischer Transformation interessiert, ist die marxsche Analyse innerkapitalistischer Regulationsfor-men rudimentär geblieben. Das gilt auch für Aussagen über das Lohnverhältnis und über die Gewerkschaften. Letztere zeichnen sich im marxschen Verständnis durch ihren „Dop-pelcharakter“ (Zoll 1976) aus. Gewerkschaften beeinflussen demnach erstens die Preisbil-dung der Ware Arbeitskraft, indem sie das Lohndiktat der Kapitaleigentümer brechen und so die volle Reproduktion der Arbeitskraft ermöglichen. Im alltäglichen „Kleinkrieg“ (Marx 1962: 152) zwischen Kapital- und Arbeit dienen sie zweitens als Sammelpunkte des

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Widerstandes und als organisatorische Zentren der Arbeiterklasse. Darüber hinaus stellen sie drittens „Schulen für den Sozialismus“ dar, weil sie die Erfahrung von Klassengegen-sätzen vermitteln und über erreichte materielle Verbesserungen überhaupt erst die Voraus-setzungen für ein politisch selbstbewusstes Proletariat schaffen (Marx 1973: 674). Ohne den Kampf für bessere Lebensbedingungen und industrielle Rechte gering zu schätzen, war Karl Marx überzeugt, die Gewerkschaften würden ihren Zweck gänzlich verfehlen, sofern sie sie sich darauf beschränkten, „einen Kleinkrieg gegen die Wirkungen des bestehenden Systems zu führen, statt gleichzeitig zu versuchen, es zu ändern“ (Marx 1962: 152). Nicht die Diagnose einer strukturellen Machtasymmetrie zwischen Anbietern und Nutzern von Arbeitskraft, sondern der behauptete Klassenantagonismus unterscheidet die marxsche von liberalen und reformsozialistischen Konzeptionen.

Anders als Karl Marx konzentrieren sich liberale Reformer wie Lujo Brentano (1890) oder Reformsozialisten wie das Ehepaar Beatrice und Sidney Webb (Webb/Webb 1898), die alle den zweiten Theoriestrang repräsentieren, stärker auf die Regulation kollektiver Arbeitsinteressen innerhalb des Kapitalismus. Sie sind daher in gewisser Weise die eigent-lichen Vorläufer vieler zeitgenössischer soziologischer Analysen organisierter Arbeitsbe-ziehungen. Die gemeinsame Schnittmenge mit den marxschen Auffassungen besteht in der Ablehnung des unregulierten Marktkapitalismus und der Überzeugung, dass die Arbeiter ihre Lebensbedingungen durch organisierte Machtausübung und Kollektivverträge verbes-sern können. Für Lujo Brentano sind die Arbeiter „Warenverkäufer“, die in ihren Aus-tauschbeziehungen zu den Kapitaleigentümern einer doppelten Machtasymmetrie ausge-setzt sind. Da sie weder über Produktions- noch über sonstige Unterhaltsmittel verfügen, stehen sie unter „Angebotszwang“. Hinzu kommt, dass sich die verkaufte Arbeitskraft nicht von der Person des Verkäufers trennen lässt. Mit dem Verkauf unterliegt der Arbeiter somit auch als Person einem Herrschaftsverhältnis, dem Direktionsrecht des Unternehmers. Ge-werkschaften und Kollektivverhandlungen sind für Lujo Brentano das entscheidende Mittel um diese Machtasymmetrien zu korrigieren. Er sieht sie jedoch nicht in einem Gegensatz zur liberalen Ordnung, sondern betrachtet sie als deren Vollendung (vgl. Brentano 1890). Für Beatrice und Sidney Webb bezeichnen kollektive Vertragsverhandlungen, das „collec-tive bargaining“, die zentralen Mechanismen, um den Verkauf und die Anwendungsbedin-gungen der Ware Arbeitskraft zu regeln. Die beiden Mitglieder der Fabian Society sehen einen Zusammenhang zwischen der Tendenz zu lokalen, regionalen und schließlich natio-nalen Kollektivverträgen auf der einen und der gewerkschaftlichen Organisation auf der anderen Seite. Nur die Gewerkschaften („Gewerkvereine“) verkörpern einen Kollektivwil-len, der den Vertragsschließungen „Dauer und Elastizität“ verleiht (Webb/Webb 1891). Der „Gewerkvereinsmechanismus“ stellt somit die wesentliche Triebkraft bei der Herausbil-dung eines Systems betriebsübergreifender Kollektivverträge dar. Letztere bedürfen, wie die Webbs betonen, zusätzlich verbindlicher – informeller oder gesetzlich fixierter – Regeln und Normen, die in der Gesellschaft akzeptiert und mit Sanktionsmacht ausgestattet sind, um die Einhaltung der Vereinbarungen zu gewährleisten.

Alles in allem reflektieren diese frühen Konzeptionen bereits wesentliche Bestandteile organisierter Arbeitsbeziehungen, wie sie später zum Gegenstand soziologischer Forschung geworden sind. Im Zentrum dieser Forschungen steht die kollektive Regulierung der Ar-beitsverhältnisse abhängig Beschäftigter. In der Regel wird nicht der unmittelbare Aus-tausch zwischen Arbeitern und Beschäftigern thematisiert, Gegenstand sind vielmehr Be-

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ziehungen zwischen Repräsentanten von Arbeitsinteressen. Es geht um Organisation, kol-lektive Akteure, gesellschaftliche Interessendefinitionen und Regulierungen. 2.3 Organisierter Kapitalismus und befestigte, „anerkannte“ Gewerkschaft Was klassische Theorien kollektiver Arbeitsinteressen noch antizipierten, realisierte sich erst im Übergang zum organisierten Kapitalismus (vgl. Hilferding 1974), wie er sich in den industriellen Zentren zwischen 1890 und 1933 herausbildete. In dieser Periode erfolgten der Durchbruch von Arbeiterparteien und Gewerkschaften zu Massenorganisationen, die Pro-fessionalisierung und Bürokratisierung ihrer Apparate sowie die Ausdifferenzierung von Mitglieder-, Funktionärs- und Organisationsinteressen. Offizielle Anerkennung der Ge-werkschaften sowie erste Institutionalisierungen kollektiver Verhandlungssysteme fallen ebenfalls in die Zeit. Allein in Deutschland stieg die Zahl der Mitglieder sozialdemokrati-scher Gewerkschaftsverbände von 300.000 (1890) auf 2,5 Mio. (1914) an. Etwa ein Drittel der Gewerkschaftsmitglieder arbeitete vor dem Ersten Weltkrieg bereits im Rahmen kollek-tivvertraglicher Regelungen. Als Reaktion auf die gewerkschaftliche Organisierung began-nen sich Unternehmerverbände zu formieren, die Streiks verhüten und in Kollektivverhand-lungen als Vertragspartei auftreten sollten (Kessler 1907).

Nach Kriegswirtschaft und Novemberrevolution waren die deutschen Gewerkschaften zu Beginn der 1920er Jahre mit 9,3 Mio. Mitgliedern auf dem vorläufigen Höhepunkt ihrer Organisationsmacht angelangt. Neben Arbeitern waren auch Angestellte und Beamte in nennenswerten Größenordnungen organisiert. Diese Macht, die sich auch programmatisch in einer eigenständigen wirtschaftsdemokratischen Konzeption niederschlug, konnte in den Krisenjahren der Weimarer Republik aufgrund interner Spaltungen und politischer Konkur-renzen der Arbeiterbewegungen allenfalls punktuell aktiviert werden; eine Transformation von Organisations- in institutionelle Macht misslang. Am Ende dieser Phase war das Sys-tem kollektiver Arbeitsbeziehungen zerbrochen. Unter der Herrschaft der Nationalsozialis-ten wurden die Gewerkschaften gleichgeschaltet, die Arbeiterparteien verboten. In Westeu-ropa zeichnete sich bei der Regulierung von Arbeitsbeziehungen indessen eine extrem pola-risierte Konstellation ab (Streeck 2003: 91). Dem faschistischen Deutschland mit seinem autoritär-antidemokratischen Regulierungssystem stand die industrielle Demokratie Schwe-dens gegenüber, wo nach dem sozialistischen Wahlsieg 1932 Ansätze einer nachfrageorien-tierten Vollbeschäftigungspolitik mit einer weit reichenden Institutionalisierung kollektiver Vertragsbeziehungen kombiniert wurden.

Der Übergang zum organisierten Kapitalismus und dessen Auswirkungen auf die Ar-beitsbeziehungen hatten innerhalb der sozialistischen, teilweise an marxscher Theorie ori-entierten Arbeiterbewegung theoretische Kontroversen ausgelöst.4 Die im engeren Sinne soziologisch relevante Diskussion (Auerbach 1922; Kessler 1907; Lederer/Marschak 1927; Cassau 1925; Losowski 1934) entsprang hingegen bei einigen Protagonisten (Briefs 1927) eher der konservativ gefärbten Sorge um Marktverzerrungen durch überproportionalen

4 Hier wurde vor allem über das Verhältnis von ökonomischer und politischer Interessenvertretung, die Arbeitstei-lung zwischen Partei und Gewerkschaften sowie die Bedeutung spontaner Streiks und Massenbewegungen kon-trovers diskutiert. Vertretern moderater Strömungen (Bernstein 1909) standen Anhänger revolutionär-sozialisti-scher Positionen gegenüber, die, wie Rosa Luxemburg (1974: 91-170) und Antonio Gramsci (1991–2002), Arbei-ter- oder Fabrikräte als Organisationsform gegenüber den Gewerkschaften priorisierten.

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Gewerkschaftseinfluss (Esser 2003: 68ff.). Aus der Vielzahl der Diskussionsbeiträge seien drei besonders einflussreiche Interventionen knapp skizziert:

(1) Robert Michels (1925) befasst sich am Beispiel von Arbeiterorganisationen mit ei-ner Tendenz, die er als „ehernes Gesetz der Oligarchie“ bezeichnet. Nach seiner Auffas-sung dominiert in bürokratischen Großorganisationen die Tendenz zur Abkoppelung der Sonderinteressen professioneller Führungsgruppen von Mitgliederinteressen. Mit „zuneh-mender Organisation“ sei unweigerlich die „Demokratie im Schwinden begriffen“ (1925: 26). Professionelle Führungsgruppen neigten dazu, sich mit den bestehenden Verhältnissen auszusöhnen und interessierten sich vor allem für den Erhalt ihrer eigenen Machtpositio-nen. Daher gelte grundsätzlich: „Wer Großorganisation sagt, sagt Oligarchie“ (1925: 370). Robert Michels führt diese Oligarchisierungstendenz auf den Informationsvorsprung, das taktische Geschick und die überlegenen Ressourcen zurück, die Gewerkschaftsführungen in die Lage versetzen, das psychologische Bedürfnis der Massen nach ,guter Führung‘ für sich zu instrumentalisieren. Gegen diese Deutung lässt sich einwenden, dass Bürokratisierungs-tendenzen immer auch dem Bestreben entspringen, die Durchsetzungsfähigkeit kollektiver Interessen jenseits der Konjunkturen sozialer Bewegungen zu verstetigen (Einflusslogik). Zudem bleiben professionelle Führungsgruppen in demokratisch verfassten Großorganisa-tionen zumindest punktuell auf eine Legitimation durch ihre Mitglieder angewiesen (Mit-gliederlogik).5 Insofern ist Robert Michels „ehernes Gesetz der Oligarchie“ zu apodiktisch formuliert. Dennoch wird ein wichtiges Argument in die Diskussion um organisierte Ar-beitsbeziehungen eingeführt. Sobald sie durch Großorganisationen mit professionellen Stäben und Führungsgruppen repräsentiert werden, wirken Kollektivinteressen, wie Robert Michels herausarbeitet, nicht mehr unmittelbar, sie werden gefiltert, definiert, selektiert und von Sonderinteressen überlagert, die ihren Ursprung in der Organisation selbst haben.

(2) Dieses besondere Gewicht der Organisation klingt auch in den von Götz Briefs und Franz Neumann vorgelegten Funktionsanalysen an, die bis heute in der gewerkschaftsso-ziologischen Diskussion nachwirken (Esser 2003: 66ff.; Müller-Jentsch 2008: 53ff.). In seiner Skizze der „befestigten Gewerkschaft“ antizipiert Götz Briefs (1927) in gewisser Weise die Transformation von Organisations- in institutionelle Macht. Für Götz Briefs sind Gewerkschaften „nach innen genossenschaftliche, nach außen Interessen ihres Lebenskrei-ses vertretende institutionelle Verbindungen besitzloser, auf Lohneinkommen gestellter Arbeitnehmer“ (1927: 1117). Erhellend ist die Unterscheidung von innerem und äußerem Zweckkreis: Nach außen agieren die Gewerkschaften als Arbeitsmarkt-Kartell und Kampf-verband. Sie versuchen, Transparenz auf dem Arbeitsmarkt herzustellen und diesen im Interesse ihrer Mitglieder zu regulieren. Im Unterschied zu Berufsgewerkschaften, die sich der Arbeitsvermittlung (Stellennachweise) und der Zugangskontrolle zu lokalen oder fach-spezifischen Arbeitsmärkten bedienen können, sind Industriegewerkschaften auf die mas-senhafte Organisierung ganzer Branchen angewiesen, um Kollektivvereinbarungen ab-schließen und sie gegebenenfalls mittels Streiks durchsetzen zu können. In ihrem inneren Zweckkreis fungieren die Gewerkschaften hingegen als genossenschaftliche Hilfskasse. In einem frühen Entwicklungsstadium gründen sie Kranken-, Hilfs- und Sterbekassen, die später durch interne Dienstleistungssysteme ergänzt oder abgelöst werden. Der innere Zweckkreis bezieht sich somit auf kollektive Arbeitsinteressen, die mit der Expansion des Wohlfahrtsstaates zumindest teilweise von öffentlichen Einrichtungen repräsentiert werden.

5 Zur Unterscheidung von Mitglieder- und Einflusslogik vgl. Wolfgang Streeck (1981, 1994).

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(3) Franz Neumann, im Umfeld der kritischen Theorie angesiedelt, sucht mit seiner synthetisierenden Definition, den Doppelcharakter von Gewerkschaften noch einmal neu zu begründen (Neumann 1978: 152). Die Gewerkschaften sind für ihn ebenfalls Genossen-schaften, welche auf dem Grundsatz der gegenseitigen Hilfe beruhen, sowie Kampfverbän-de, deren Ziel die Beherrschung des Arbeitsmarktes ist. Hinzu kommt jedoch eine politi-sche Funktion. Gewerkschaften streben danach, den Staat in allen seinen Funktionen im Mitgliederinteresse zu beeinflussen – durch „unmittelbare Teilnahme an Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung, durch Verhandlung mit Staatsbehörden wie auch durch den politischen Streik gegen den Staatsapparat“ (1978: 150f.). Darin Götz Briefs ähnlich, begreift Franz Neumann die „anerkannte“ Gewerkschaft als Zentrum organisierter Arbeits-beziehungen. Wie viele Zeitgenossen analysiert er die Organisation immer auch als soziale Bewegung. Die Zerstörung der Gewerkschaften in faschistischen wie stalinistischen Dikta-turen reflektierend, betrachtet Franz Neumann „die Idee der Befreiung der Arbeiterklasse“ weiter als konstitutives Ziel der Lohnabhängigenorganisationen (1978: 152). Jenseits der Doppelbestimmung von Kampf im und gegen das Lohnsystem antizipiert er jedoch, wie-derum übereinstimmend mit Götz Briefs, eine Institutionalisierung, ja „Inkorporation“ (zitiert nach Müller-Jentsch 1997: 94) von Arbeitsinteressen, die erst in einer späteren Ent-wicklungsphase des Kapitalismus Realität werden sollte. 3 Neue Entwicklungslinien und Konzepte: Intermediäre

Gewerkschaft und duales System Diese Periode setzte in den westlichen Zentren nach dem Zweiten Weltkrieg ein. Sieht man von den unmittelbaren Nachkriegsjahren ab, während derer die Gewerkschaften und Teile des politischen Spektrums auf eine grundlegende Neuorganisation von Staat und Wirtschaft setzten, vollzog sich die Restrukturierung organisierter Arbeitsbeziehungen in Europa auf der Grundlage eines wohlfahrtsstaatlichen Klassenkompromisses. Im Gegenzug für einen faktischen Verzicht auf systemtranszendierende Ziele wurden die Gewerkschaften und – überwiegend – die Mehrheitsströmungen der politischen Arbeiterbewegungen in den Staat inkorporiert. Begünstigt durch die Systemkonkurrenz und durch das Interesse der Hegemonialmacht USA, Sozialkosten nicht alleine zu tragen, sondern sie auf konkurrieren-de europäische Volkswirtschaften auszudehnen (Streeck 2003), entstand ein sozial-büro-kratischer Kapitalismus, der die „Anarchie der Märkte“ (Sennett 2007: 21) mit den quasi-militärischen Organisationsprinzipien ausdifferenzierter Bürokratien kombinierte.

Unternehmensbürokratien und Wohlfahrtsstaat, wie sie in unterschiedlichen nationalen Ausformungen vor allem nach 1949 zu einem Strukturmerkmal westlicher Metropolenkapi-talismen geworden sind, wirkten während der außergewöhnlich langen Nachkriegsprosperi-tät (Lutz 1984) auch als Garanten sozialer Stabilität und Sicherheit. Dabei unterlagen sie dem Einfluss einer politischen Ökonomie der Arbeit. Dauerhafte Systemintegration war zumindest in den kontinentaleuropäischen Kapitalismen nur mittels partieller Anerkennung von kollektiven Arbeitsinteressen und Arbeitermacht zu leisten. Diese Inkorporation von Lohnabhängigeninteressen, lässt sich allerdings nicht als bloße „Integration der Klassenau-tonomie in die alleinige Logik des Kapitals“ verstehen. Sie ist ebenso Ausdruck einer „Ausdehnung der Arbeiterklasse, ihrer Macht und ihres gewachsenen Einflusses“ (Buci-Glucksmann/Therborn 1982: 121). Je erfolgreicher Arbeiterparteien und Gewerkschaften in

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ihrem Bestreben waren, abhängig Beschäftigte am Produktivitätsfortschritt zu beteiligen und sie mit kollektiven Partizipations- und Schutzrechten auszustatten, desto stärker verän-derten sie sich selbst. In den wohlfahrtsstaatlich regulierten Kapitalismen verschob sich das Zentrum ihres strategischen Handelns von struktureller und Organisationsmacht hin zu institutioneller Macht. Für Deutschland bedeutete dies, dass die Gewerkschaften und die mit ihnen verbündeten Betriebsräte die intermediäre Logik des dualen Systems der Interes-senrepräsentation – die spezifische Kombination von Tarifautonomie und betrieblicher Mitbestimmung – möglichst effizient zu nutzen suchten. Auf diese Weise gelang es, institu-tionelle Gewerkschaftsmacht immer stärker auszubauen. 3.1 Sozialer Kapitalismus und entfaltete Intermediarität Die während der 1950er und 1960er Jahre dominanten arbeits- und industriesoziologischen Konzeptualisierungen organisierter Arbeitsinteressen müssen vor diesem Hintergrund ge-sehen werden. Während sich in den angelsächsischen Staaten, in denen die Institutionalisie-rung von Arbeitermacht außerhalb der Betriebe weit weniger erfolgreich verlief, frühzeitig eine eigenständige Industrial-Relations-Forschung herausbildete, konzentrierte sich die bundesdeutsche Diskussion auf die „Nivellierung“ sozialer Unterschiede – eine vermeintli-che „Verbürgerlichung“ der Arbeiter (Schelsky 1965; kritisch: Mooser 1984; Tenfelde 1991) – und auf die Inkorporation von Gewerkschaften in den entstehenden Wohlfahrts-staat. Was Franz Neumann und Götz Briefs aus unterschiedlichen Perspektiven antizipiert hatten, wurde nun in gewisser Weise zu gesellschaftlicher Realität. Die Gewerkschaften, die sich in der Gründungsperiode der Bundesrepublik geradezu mit einem „Organisations-wunder“ (knapp sechs Millionen DGB-Mitglieder 1951) (Müller-Jentsch/Ittermann 2000: 85) konfrontiert sahen, erreichten als „bürokratisch gefestigte und für die Volkswirtschaft als unentbehrlich angesehene Massenorganisation“ die „volle Anerkennung durch Gesetz-gebung, Arbeitgeber und öffentliche Meinung“ (Briefs 1952: 87). Sie büßten sukzessive ihren Bewegungscharakter ein, übertrugen genossenschaftliche Funktionen auf den Wohl-fahrtsstaat und agierten oberhalb der Betriebsebene als effiziente ,Tarifmaschinen‘.

Die Institutionalisierung des Klassenkonflikts wurde sowohl in staatsrechtlichen (Forsthoff 1971) als auch in liberal-pluralistischen Ansätzen (Dahrendorf 1967) reflektiert. Fürchteten konservative Staatrechtler eine gewerkschaftliche Instrumentalisierung des Öf-fentlichen, die zu Lasten der Gemeinwohlorientierung des Staates gehe, hoben liberale Ansätze die Integrationskraft normierter Konflikte in einer durch Interessenvielfalt gepräg-ten Gesellschaft hervor. Beide Richtungen hielten die Institutionalisierung des Klassenge-gensatzes für eine wesentliche gesellschaftliche Stabilitätsbedingung (Geiger 1949). Den konservativen Staatsrechtlern war klar, dass der von ihnen befürwortete Staatsinterventio-nismus schwerlich ohne Gewerkschaften möglich sein würde. Daher akzeptierten auch sie die Übertragung wirtschaftlicher Lenkungsfunktionen auf die Arbeitnehmerorganisationen. Disziplinierende Maßnahmen wie die Einschränkung des Streikrechts sollten organisierte Interessen allerdings daran hindern, den Markt als politisch beeinflussbare Größe anzuse-hen (Esser 2003: 68 ff.). Gemeinsam war den konkurrierenden Deutungsangeboten, dass sie die Pazifizierung des Klassenkonflikts für unumkehrbar hielten.

Umso größer war die Überraschung, als sich viele westeuropäische Staaten in den spä-ten 1960er Jahren mit einer Rückkehr der Arbeitermilitanz konfrontiert sahen (Crouch/

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Pizzorno 1978a, b; Harvey 2007: 20-22). Selbst in Westdeutschland schienen die Gewerk-schaftsführungen während der spontanen Septemberstreiks im Jahr 1969 kurzzeitig die Kontrolle über ihre Mitgliederbasis zu verlieren (Schumann u.a. 1971). Für die sich im Anschluss daran etablierende kritische Arbeiterbewusstseins- (Kern/Schumann 1973; Dep-pe 1971; Fürstenberg 1969; Kudera u.a. 1979) und Gewerkschaftsforschung erschien das Paradigma der befestigten, anerkannten Gewerkschaft nun in einem anderen Licht. Erklä-rungsbedürftig war, weshalb die etablierten Gewerkschaftsorganisationen, etwa im franzö-sischen Mai 1968, gegenüber einer radikalisierten Basis Konflikt dämpfend wirkten. For-schungen, die wesentlich von dieser Fragestellung ihren Ausgangspunkt nahmen (Berg-mann 1979; Bergmann/Jacobi/Müller-Jentsch 1975, 1977; Mayer 1973; Projektgruppe Gewerkschaftsforschung 1976; Erd 1978), haben wohl eine der fruchtbarsten Phasen ar-beits- und industriesoziologischer Konzeptentwicklung begründet. Im Ergebnis setzten sich mit der Gewerkschaft als intermediärer Organisation und mit dem dualen System der Inte-ressenrepräsentation Basiskategorien durch, die seither zum festen Wissensbestand der Arbeits- und Industriesoziologie zählen. In systemischen Betrachtungen organisierter Ar-beitsbeziehungen haben sie später eine Weiterung gefunden (Dore 1996; Katzenstein 1989; Streeck 1999; Müller-Jentsch 1999; Frege/Kelly 2004).

Das Konzept der intermediären Gewerkschaft besagt, dass die Gewerkschaften in den entwickelten Kapitalismen ihren klassenbasierten Doppelcharakter zugunsten einer eher pragmatischen Mittlerrolle zwischen Kapital- bzw. Systeminteressen auf der einen sowie Lohnarbeiter- bzw. Mitgliederinteressen auf der anderen Seite aufgeben. Walther Müller-Jentsch (2008: 51-78) hat die Essenz umfangreicher empirischer wie theoretischer For-schungen in einem stilbildenden Aufsatz zusammengefasst. Danach sind für den Übergang von der „klassischen“ (Götz Briefs) zur intermediären Gewerkschaft fünf Entwicklungen ausschlaggebend. Dazu gehört (1) der bereits angesprochene Wandel der gewerkschaftli-chen Organisationsformen. Bürokratisierung der Verwaltung und Professionalisierung der Funktionäre bewirken eine Lockerung des innerorganisatorischen Zusammenhalts; Ver-bandsziele und Mitgliederbedürfnisse fallen, anders als bei Berufsgewerkschaften, immer stärker auseinander. Dies ermöglicht (2) einen Wandel der gewerkschaftlichen Interessen-politik. Die Notwendigkeit einer Interessenverallgemeinerung in bürokratischen Großorga-nisationen bedingt zugleich, dass qualitative Interessen zugunsten quantitativer (Lohn, Arbeitszeiten) in den Hintergrund geschoben werden. Der genossenschaftliche Aufgaben-kreis schrumpft, während Interessenvertretung nach außen mehr und mehr zur zentralen Legitimationsgrundlage der Organisation wird. In der Dualität von Organisations- und Mitgliederinteressen sind latente Basis-Führungs-Konflikte angelegt, in denen sich der Apparat auch gegen die Mitglieder durchsetzen kann.

All dies fördert (3) Differenzierungen zwischen betrieblicher und sektoraler Interes-senpolitik. Zwar zeichnet sich in Westeuropa kein einheitliches Muster ab; insgesamt lässt sich jedoch von einer Intention des Managements sprechen, die Gewerkschaften aus den Betrieben herauszuhalten. Duale Vertretungsformen werden vom Management bevorzugt, gewerkschaftliche Präsenz kann nur durch staatlich-politische Intervention erzwungen werden. Doch gleich welche Form der Interessenrepräsentation sich durchsetzt, das Ma-nagement muss sich arrangieren und kooperieren. Gleiches gilt umgekehrt für die betriebli-chen Interessenvertretungen, die eine relativ eigenständige Machtposition besitzen und zugleich zu einem Äquivalent für den inneren Zweckkreis der klassischen Gewerkschaft werden. Entlastungen durch die betriebliche Ebene erweitern die Möglichkeiten zur (4)

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Institutionalisierung der Konfliktbeziehungen zwischen Kapital und Arbeit in der Tarifau-tonomie. Wirtschaftliche lassen sich von politischen Kämpfen isolieren, was eine Kanali-sierung von Klassenauseinandersetzungen begünstigt. Nachholend wird diese Entwicklung auch seitens der Rechtssprechung abgesichert. Nach Anerkennung des Koalitions- und Streikrechts in früheren Phasen sind gruppenautonome Regelungen die dritte Etappe auf dem Weg zur Institutionalisierung der Tarifautonomie und zur „legalen Befestigung“ (Briefs 1952) der Gewerkschaften. Gewöhnung in kollektiven Aushandlungen lässt ein Konsensklima zwischen den Tarifparteien entstehen. All das ermöglicht die staatliche An-erkennung der Gewerkschaften als repräsentative, quasi-öffentliche Institution. Die Ge-werkschaften bekommen (5) öffentliche Aufgaben und damit eine ordnungspolitische Funktion zugewiesen. Nach innen verringert dieser Organisationswandel den Solidarisie-rungsbedarf zugunsten tauschbarer Ordnungsleistungen, ohne indessen den sozialen Frie-den verbindlich garantieren zu können. Schließlich fördert der zunehmende Bedarf an Staatsinterventionen eine wirtschaftspolitische Funktionalisierung der Gewerkschaften. Die Organisation wird in einem Wechselspiel von Machtbeschränkung und Selbstdisziplinie-rung in staatliche Politik eingebunden; sie entwickelt sich zu einer Ordnungsmacht. Ent-sprechen diese Bestimmungen im Wesentlichen den Kriterien für eine ,legal befestigte‘ Gewerkschaft, geht das Intermediaritäts-Konzept in einigen Punkten doch über die Brief-sche Definition hinaus.

Erstens wird gezeigt, dass der Verzicht gewerkschaftlicher Führungseliten auf Markt- und Machtchancen voraussetzungsvoll ist. Basis des Verzichts sind keynesianische Wirt-schaftspolitik und korporatistische Kooperation, „die die Führungseliten von Gewerkschaf-ten und Unternehmerverbänden zu einem Steuerungsverbund zusammenzufassen versucht, um wirtschaftlich relevante Entscheidungen aufeinander abzustimmen“ (1952: 61f.). In Deutschland handelt es sich allerdings um einen begrenzten, eher sektoral entwickelten und zudem selektiven, einseitig an männlichen Facharbeiterinteressen ausgerichteten Korpora-tismus (Esser/Fach 1981).

Zweitens bedeutet Intermediarität keineswegs zwangsläufig Verzicht auf Konfliktfä-higkeit. Es bestehen durchaus Alternativen zur Kooperation. Kooperative und konfliktori-sche Interessenpolitiken stellen jedoch lediglich Varianten der intermediären Gewerkschaft dar. Kooperation zwischen den Repräsentanten von Kapital und Arbeit ist möglich, weil neben den antagonistischen auch kompatible sowie sektionale Fraktions- und Brancheninte-ressen existieren. Über die Gewichtung, die Definitionen und die Bearbeitungsformen die-ser Interessen entstehen unterschiedliche Gewerkschaftsmodelle. Idealtypisch bilden revo-lutionäre und Staatsgewerkschaft die Pole, zwischen denen die intermediäre Gewerkschaft agiert. Letztere tritt in den Varianten der kooperativen und der konfliktorischen Gewerk-schaft sowie in Gestalt des Social-Contract-Bargaining auf.6

Drittens agiert die intermediäre Gewerkschaft in zwei Umwelten. Als sozialer Akteur zielt sie auf die Durchsetzung kollektiver Mitgliederinteressen, als Organisation übernimmt sie Integrationsfunktionen für die institutionelle Umwelt. Für Sozial- wie Systemintegration (Lockwood 1971: 124-137) gleichermaßen bedeutsam, ist auch die intermediäre Gewerk-schaft auf die Nutzung spezifischer Machtressourcen angewiesen. In diesem Zusammen-

6 Die kooperative Gewerkschaft basiert auf Wohlverhalten in Erwartung von Gegenleistungen; die konfliktorische Gewerkschaft setzt ihr Störpotential ein, um Zugeständnisse zu erzwingen, das Social-Contract-Bargaining er-kennt Systemzwänge an und erwartet von einer Zurückhaltung von Organisationsmacht im Gegenzug an Arbeits-interessen ausgerichtete Reformen.

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hang gilt: Gewerkschaftliche Macht ist Organisationsmacht, Mitgliederzahlen und Mobili-sierungspotenzial sind entscheidend. Allerdings muss zwischen potentieller und manifester Ausübung von Organisationsmacht unterschieden werden. Manifeste Machtausübung in Gestalt von Streiks gilt eher als Ausnahme, sie erfolgt, wo inkompatible Interessengegen-sätze auftreten. Primär beruht gewerkschaftliche Interessendurchsetzung heute jedoch „auf potentieller Organisationsmacht; sie reicht aus, um in Tarifverhandlungen und im ‚politi-schen Tausch‘ Interessenkompromisse zu erzielen“ (Müller-Jentsch 2008: 69). Dabei übt die Organisation Macht in unterschiedliche Richtungen aus: „Die Bargaining-Funktion der Gewerkschaften hat zur Voraussetzung, dass die Organisation streikfähig ist, d. h. Macht durch Mitglieder ausgeübt werden kann. Die Repräsentationsfunktion der Gewerkschaft basiert darauf, dass sie ihre Mitglieder auf ausgehandelte Vereinbarungen verpflichten kann, d. h. Macht über ihre Mitglieder auszuüben vermag.“ (2008: 69, Hervorh. i.O.)

Rückblickend beschreibt das Konzept der intermediären Gewerkschaft eindrucksvoll und in einer in der Nachfolgeforschung nur selten erreichten Klarheit die Transformation der Organisationsmacht von Lohnabhängigen in institutionelle Macht, ohne allerdings den letzt-genannten Terminus überhaupt zu benutzen. Institutionelle erscheint als latente, nicht ausge-übte Organisationsmacht, ihr wird jedoch analytisch keine eigenständige Qualität und Funk-tion eingeräumt. Infolgedessen wird der Integrationsbegriff im Grunde eindimensional kon-zipiert; die Widersprüchlichkeit jeglicher Integration von Lohnabhängigenmacht geht ten-denziell verloren und wird durch das Spannungsverhältnis von Sozial- und Systemintegra-tion ersetzt. Primär aus der Organisationsperspektive definiert, bleiben Mitgliederinteressen und deren Konstitutionsprozess analytisch unterbelichtet (Beerhorst 2005). Die Organisati-ons- dominiert die Mitgliederperspektive. Als Ordnungsmacht ist die intermediäre Gewerk-schaft immer schon Bestandteil des Systems. Die Interessenregulation erfordert schwierige Balanceakte, die nur zu bewältigen sind, indem die Organisation spezifische Integrations- (normative Einbindung der Aktiven, Verbandsideologie, politische Traditionen) (Offe/Wie-senthal 1980) und Selektionsmechanismen (sozialstrukturelle Interessenfilterung, Trennung von Entscheidung und Beteiligung) (Weitbrecht 1969; Bergmann 1979) ausbildet.

Entscheidend ist jedoch, dass die intermediäre Gewerkschaft zum integralen Bestand-teil eines Systems wird, das auf einer Dreiteilung von Aushandlungen beruht. In diesem System werden Arbeitsinteressen nicht mehr ausschließlich von den Gewerkschaften, son-dern zusätzlich von den Arbeitsverwaltungen/Sozialversicherungen und den betrieblichen Interessenvertretungen repräsentiert. In der Bundesrepublik hat sich als Besonderheit eine duale Struktur von Kollektivverhandlungen herausgebildet. Der institutionalisierte Klas-senkonflikt findet anhand quantifizierbarer Forderungen in der Arena der Tarifautonomie statt, während qualitative Arbeitsinteressen Sache der betrieblichen Interessenvertretung sind. Nur wenn die betriebliche Arena überfordert ist, kommt es zur Verlagerung von Aus-handlungen auf eine andere Ebene. Das duale System wird wiederum durch kollektive Sicherungen entlastet, die allgemeine Reproduktionsinteressen der Lohnabhängigen wahr-nehmen. Die Einbettung in kollektive Sicherungssysteme erleichtert es den Gewerkschaf-ten, sich auf ,Arbeitsplatzbesitzer‘ zu konzentrieren. Zwar changieren die intermediären Gewerkschaften weiterhin zwischen kooperativen und konfliktorischen Formen der Interes-sendurchsetzung; die institutionelle Einbindung erzeugt jedoch eine ,Schwerkraft‘ zuguns-ten kooperativer Formen. Aus einstigen „Schulen für den Sozialismus“ sind Stützen des – wohlfahrtsstaatlich regulierten – Systems geworden (Müller-Jentsch 2008: 78). Wie sich Organisationsmacht, die überwiegend latent bleibt, reproduziert und ob sie von den kollek-

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tiven Gegenspielern dauerhaft anerkannt wird, bleibt im Konzept der intermediären Ge-werkschaft allerdings ungeklärt. 3.2 Systemische Konzeptionen organisierter Arbeitsbeziehungen An diesem neuralgischen Punkt setzen alternative (neo)marxistische Analysen an, die – während der 1950er und 1960er Jahre im akademischen Spektrum allenfalls isolierte Einzelmeinungen (Abendroth 1954, 1967; Gorz 1969; Pirker 1960) – mit dem kurzzeitigen Aufleben der Arbeitermilitanz eine vorübergehende Blüte erlebten.7 Vor allem Arbeiten aus dem Umfeld der so genannten „Marburger Schule“ (Deppe 1979; Hautsch/Pickshaus 1979: 245-278) kritisierten den hermetischen Integrationsbegriff, der dem Konzept der intermedi-ären Gewerkschaft zugrunde lag und setzten ihm eine eigene, an Lelio Bassos (1975, vgl. auch Trentin 1982) Theorem antagonistischer Vergesellschaftung angelehnte Konstruktion von „Klassenautonomie“ entgegen. Kritiker haben an diesem Ansatz moniert, dass er mit der Überbetonung des konfliktorischen Moments seinen Gegenstand verzerre und so zur Affirmation der realen Gewerkschaftspolitik beitrage (Offe/Wiesenthal 1980; Esser 2003).

Die Entwicklung der 1980er Jahre sprach in der Tat für ein stabiles System industriel-ler Beziehungen, das kooperative Politiken der Tarifparteien begünstigte. Ursprünglich hatten auch die Forscher im Umfeld des Frankfurter Instituts für Sozialforschung erwartet, dass ökonomische Krisen und schwindender Spielraum für materielle Zugeständnisse die Stabilisatoren der organisierten Arbeitsbeziehungen erschüttern und die Konflikte dämp-fende Wirkung intermediärer Interessenregulation schwächen würden. Doch das war so nicht der Fall. Das „ökonomistische Vorurteil“, eine große Wirtschaftskrise werde auch zu Legitimationsproblemen kooperativer Gewerkschaftspolitik führen, musste angesichts der globalen Krisen von 1973/74 und 1980-1983 sowie steigender struktureller Arbeitslosigkeit korrigiert werden (Müller-Jentsch 2008: 76; Hoffmann 1987: 344-363). Mehr noch, war die intermediäre Interessenvermittlung im dualen System zunächst Gegenstand einer Kritik, die auf das Wiedererwachen einer militanten Arbeitsbasis setzte, so galt das deutsche ,Modell‘ Mitte der 1990er Jahre geradezu als Hort institutioneller Stabilität (Müller-Jentsch 1995; kritisch: SOFI 1995). Denn während sich Referenzsysteme wie das britische und das italie-nische mit ihren zeitweilig stärker konfliktorientierten Gewerkschaftsbewegungen bereits in einer tiefen Krise befanden (Ferner/Hyman 1998), attestierten nun selbst marxistische Au-toren wie Richard Hyman (1996, 2001a, b) der IG Metall und ihren Verbündeten angesichts harter Auseinandersetzungen um die Verkürzung der Wochenarbeitszeit einen „innovativen Radikalismus“ mit Beispielcharakter für Westeuropa.

In der arbeits- und industriesoziologischen Diskussion, wie auch in verwandten Diszip-linen, dominierten allerdings immer stärker systemische Ansätze, die die Regulation von Arbeitsbeziehungen als komplexes Wechselspiel institutionell präformierter, ausgehandelter Anpassungsprozesse begriffen (stilbildend aus systemtheoretischer Perspektive: Dunlop 1993). Für solche Ansätze waren Gewerkschaften noch immer wichtig, aber keineswegs zentral. Als Interessenverbände repräsentierten diese eine „Logik kollektiven Handelns“

7 Generell lässt sich sagen, dass für eine kurze Phase im Anschluss an 1968 Gewerkschaftsanalyse und -theorie ohne Bezug zur marxschen Kritik der politischen Ökonomie auch im akademischen Bereich kaum denkbar war. Siehe dazu: Dzielak u.a. 1978; Müller/Neusüß 1970; Blanke/Jürgens/Kastendieck 1975; Jacobi/Müller-Jentsch/ Schmidt 1972-1975, 1978 ff.

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(Olson 1985), die aufgrund rationaler Kosten-Nutzen-Kalküle potentieller Mitglieder eine Free-Rider-Problematik erzeugte. Ab Mitte der 1980er Jahre wurden die Gewerkschaften als Organisationen in Deutschland kaum noch beforscht. Stattdessen rückten betriebliche Inte-ressenvertretungen, Management und Managementkonzepte, direkte Partizipationsformen oder die Steuerung von Unternehmen in den Fokus empirischer Forschungen. Der arbeits- und industriesoziologische Mainstream konzentrierte sich zumindest in Deutschland stärker auf die Regulierung betrieblicher Arbeitsbeziehungen.8 Konzeptionen, in denen die Reprä-sentation von Arbeitsinteressen oberhalb der Unternehmensebene überhaupt noch eine Rolle spielte, ersetzten die Frage nach der Organisationsmacht von Lohnabhängigen sukzessive durch die nach der Passfähigkeit und der Effizienz institutioneller Konfigurationen.

Drei einflussreiche Theoreme mittlerer Reichweite, Neokorporatismus, Neoinstitutio-nalismus und Regulationstheorie, seien nachfolgend exemplarisch vorgestellt. Vorausge-schickt werden muss, dass die genannten Ansätze in sich keineswegs homogen sind. Zudem sehen sie sich jeweils mit einer vergleichbaren Problematik konfrontiert. Sie alle müssen ökonomische Internationalisierung (Dicken 2007), sektoralen und sozialstrukturellen Wan-del (Castells 1996, 1997, 1998), Umbrüche in der Arbeitswelt (Voß/Pongratz 1998; Sauer 2005; Schumann 2003) sowie nicht zuletzt die Umorientierung auf angebotsorientierte Wirtschafts- wie Arbeitsmarktpolitiken (Howell 2005) verarbeiten. In diesem Kontext ist (1) Korporatismus ein schillernder Begriff, der – jenseits auch vorhandener autoritärer, etwa im italienischen Faschismus verankerter Traditionen – in seiner liberalen Fassung eine soziopolitische Technik zur Regulierung des Klassenkonflikts bezeichnet (Lehmbruch 1979). Demnach bleiben die grundlegenden Motive, Mechanismen, Attribute und Resultate des Kapitalismus (Gewinnstreben, Allokation durch Wettbewerb, Expansionsstreben, Ak-kumulationstendenz) konstant. Politische Interventionen, kulturelle Normen oder Krisen können zwar diese Charakteristika verzerren; als „wesenseigene Merkmale“ des Kapitalis-mus werden sie sich jedoch „letztendlich wieder durchsetzen“ (Schmitter 1996: 314). Dass Kapitalismus dennoch möglich bleibt, ja dass er sich mehr oder minder erfolgreich entwi-ckeln kann, lässt sich auf eine innovative Einverleibung von Kollektivinteressen und der diese Interessen repräsentierenden Verbände zurückführen (1996: 316). Zunächst am Leit-bild eines organisierten Kapitalismus orientiert, betrachtete der Neo-Korporatismus die Schaffung eines institutionalisierten, zentralisierten Verhandlungsmodus, „der in der Folge auch zu expliziten Kompromissen zwischen Gesellschaftsklassen und Wirtschaftssektoren“ (1996: 318; vgl. auch: Streeck 1999) führt, als optimale Steuerungsform. Erwartet wurde zunächst, dass sich Steuerungsexperimente, wie die Konzertierte Aktion9 in Westdeutsch-land, in mehr oder minder allen europäischen Kapitalismen durchsetzen ließen. Aufgrund der Instabilitäten und Misserfolge vergleichbarer Steuerungsexperimente, vor allem jedoch wegen der Abkehr von keynesianischen Wirtschaftspolitiken, geriet das neo-korporatis-tische Paradigma unter Druck. Gegen die These eines Übergangs zum „disorganized capita-lism“ (Lash/Urry 1987) haben Verfechter des Paradigmas immerhin geltend machen kön-

8 Siehe hierzu den Beitrag von Rainer Trinczek „Betriebliche Regulierung von Arbeitsbeziehungen“ in diesem Band. 9 Gemeint ist der 1967 beginnende Versuch, korporative Beziehungen zwischen Staat, Gewerkschaften und Ar-beitgeberverbänden zu institutionalisieren. Der damalige Bundeswirtschaftsminister Karl Schiller (SPD) griff eine Empfehlung des Sachverständigenrates auf und initiierte die Konzertierte Aktion als Mittel zur Steuerung der Konjunktur. Veranlasste die Konzertierte Aktion die Gewerkschaften zunächst zur Lohnzurückhaltung, verlor das korporative Bündnis infolge von Streiks und einer Verfassungsklage mehrerer Arbeitgeberverbände an Bedeutung. Auf ihrem Kongress von 1978 erteilten die Gewerkschaften der Konzertierten Aktion eine endgültige Absage.

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nen, dass korporatistische Arrangements unterhalb der nationalstaatlichen Ebene bei der Steuerung von Sektoren (Schmitter 1996: 337) oder der Bewältigung von Branchenkrisen eine bedeutsame Rolle spielen.

Einen umfassenden Versuch, das neo-korporatistische Paradigma an veränderte gesell-schaftliche Verhältnisse anzupassen, hat die Forschergruppe um Wolfgang Streeck (1999) vorgelegt. Ursprünglich davon überzeugt, das deutsche System dualer Interessenrepräsenta-tion sei besonders geeignet, neue sozioökonomische Herausforderungen zu meistern (Esser 2003: 74; Streeck 1981), wird ab Mitte der 1990er Jahre eine veränderte Realität konsta-tiert. Von ökonomischer Globalisierung und den Folgeproblemen der deutschen Vereini-gung gleichsam in die Zange genommen, zweifelt Wolfgang Streeck an der Überlebensfä-higkeit des „German Capitalism“ (Streeck 1997: 33-54; Crouch/Streeck 1997). Die einma-lige institutionelle Konfiguration, bestehend aus diversifizierter Qualitätsproduktion, Zen-tralbanksystem, ausgehandelten Unternehmen, sozial kohäsivem Staat und dualer Interes-senrepräsentation, erodiere. Internationale Märkte würden durch „Diplomatie“, nicht durch komplizierte Klassenpolitiken geschaffen. Das mitbestimmte Unternehmen deutscher Prä-gung sei für einen Institutionen-Export nach Europa ungeeignet. Zudem nehme die Hand-lungsfähigkeit des Nationalstaates in einer internationalisierten Ökonomie ab, selbst ein im Entstehen begriffener europäischer Staat könne das daraus resultierende Steuerungsdefizit nicht kompensieren. Das wiege schwer, weil die deutschen Verbände einen Staat benötig-ten, der sie fördere. Ein solcher Staat könne in einer internationalen Ökonomie aber nicht mehr existieren. Schließlich sei die traditionalistische deutsche Wirtschaftskultur mit ihrem schwerfälligen Kollektivismus kaum in der Lage, sich den Verlockungen der attraktiv-individualistischen amerikanischen Herausforderung zu widersetzen. Aus diesen Gründen drohe die „deregulierende Tendenz der Globalisierung“ zu dem „perversen Ergebnis“ zu führen, dass das „weniger leistungsfähige anglo-amerikanische Modell des Kapitalismus das leistungsfähigere ‚Rheinische Modell‘ verdrängen“ werde (1997: 51-53).

Die Hoffnung, korporatistische Interessenregulierung könne durch eine prioritäre An-gebotsorientierung gesellschaftlicher Kompromissbildungen an die veränderten Rahmenbe-dingungen angepasst werden, ist seit dem Scheitern des Bündnisses für Arbeit und Wett-bewerbsfähigkeit (Heinze 2006) de facto zerstoben. Veränderungen im Tarifsystem, die sich für eine gewisse Zeit im Sinne einer korporativ eingebetteten „koordinierten Dezentra-lisierung“ interpretieren ließen (Rehder 2003), haben sich real eher als Schwächung organi-sierter Arbeitsbeziehungen erwiesen. Mit dem offensiven Verzicht auf eine Kooptation der gewerkschaftlichen Führungsgruppen (Streeck 2005), wie ihn die Agenda-Politik der rot-grünen Bundesregierung 2003 bis 2005 vollzogen hat, ist eine weitere zentrale Vorausset-zung für korporative „Eliten-Deals“ (Müller-Jentsch 2008: 63; Dörre 2006: 7-28) weg gebrochen. Vorerst bleibt unklar, was an deren Stelle treten kann.

Wenngleich soziologische Paradigmen nicht für politische Fehlschläge verantwortlich sind, ist doch offenkundig, dass das angebots-korporatistische Paradigma die Konsensfä-higkeit organisierter Arbeitsinteressen überschätzt hat. Während Wolfgang Streeck in sei-nen Arbeiten die Gefahr einer marktgetriebenen Universalisierung des angelsächsischen Kapitalismusmodells (Albert 1992) akzentuiert, um sodann den Wettbewerbs-Korporatis-mus als letzten Rettungsanker des Rheinischen Kapitalismus zu empfehlen, argumentieren konkurrierende (2) institutionalistische Ansätze, dass der Druck einer internationalen Öko-nomie die Ausprägung unterschiedlicher Kapitalismen (Fulcher 2007) eher noch verstärkt (Sorge 1999). Die vermeintlich homogenisierende Wirkung globaler Märkte wird durch

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„institutionelle Filter“ (North 1998: 247-257) klein gearbeitet und in eine tiefere Ausprä-gung von „Varieties of Capitalism“ (Hall/Soskice 2001) transformiert. Selbstverständlich ist sozialer Wandel auch innerhalb des institutionalistischen Paradigmas vorstellbar. Als wahrscheinlich gilt er im Falle der Arbeitsbeziehungen jedoch nur, sofern er sich innerhalb von Pfaden bewegt, welche die jeweilige institutionelle Umwelt den sozialen Akteuren nahe legt. Entsprechend dieser Annahme agieren selbst mächtige weltmarktorientierte Kon-zerne auf präformierten Internationalisierungspfaden, weil radikale Pfadwechsel mit be-trächtlichen „sunk costs“ verbunden wären (Ruigrok/van Tulder 1995; kritisch: Altvater/ Mahnkopf 1996).

Im Kontrast zu Szenarien, die von einer Nivellierung institutioneller Divergenz ausge-hen, legen ,harte‘ Pfadabhängigkeitsthesen daher zwei analytische Konsequenzen nahe:

Erstens schließen sie die Möglichkeit einer Verallgemeinerung z. B. des US-ameri-kanischen Kapitalismusmodells aus. Gegen die unter dem Eindruck des amerikanischen Jobwunders der 1990er Jahre formulierte These, radikale Innovationen, wirtschaftliches Wachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen seien unter den Bedingungen „intensivier-ter Globalisierung“ (Giddens 1995) am besten in Gesellschaften möglich, die sich durch einen an kurzfristiger Gewinnorientierung ausgerichteten Wirtschaftsstil, schwache zivilge-sellschaftliche Assoziationen, Deregulierung und Entsozialstaatlichung auszeichneten, setzen Autoren wie J. Rogers Hollingsworth (1997, 1996) die Skizze einer problematischen dualen Wirtschaftsstruktur. Der amerikanische Kapitalismus sei Produkt eines historisch einmaligen Evolutionsprozesses, einer individualistischen, Pioniergeist und Unternehmer-tum fördernden Kultur. Seine ökonomischen Institutionen funktionierten innerhalb beson-derer gesellschaftlicher Verhältnisse, sie könnten daher „nicht konvergieren“ (Hollings-worth 1997: 133).

Zweitens hängt die institutionelle Einbettung des Wirtschaftshandelns eng mit der In-korporierung von Lohnabhängigeninteressen zusammen, welche sich in Form und Volumen von Staat zu Staat unterscheidet. Auch Marktbeziehungen bilden demnach soziale Felder (Fligstein 2001: 67ff.; Polanyi 1977), deren Struktur durch Koalitionen und Kompromiss-bildungen beeinflusst wird, welche der Konstitution von Märkten in nationalen Wirt-schaftssystemen zugrunde liegen. Folgt man Neil Fligstein, so wird die „Architektur der Märkte“ in skandinavischen Staaten durch Arbeiter-Staat-Koalitionen bestimmt; in den Vereinigten Staaten werden die Allianzen einseitig von Kapitalinteressen dominiert wäh-rend es sich in Deutschland um Koalitionen handelt, die auf Kompromissbildungen zwi-schen Arbeitern und Kapitalisten fußen. Die besonderen Allianzen und Kompromissbildun-gen schlagen sich in unterschiedlichen Wohlfahrtsmodellen nieder. Zugespitzt formuliert gilt: Je stärker die Organisationsmacht und Mobilisierungsfähigkeit von Arbeiterbewegun-gen, desto umfassender der Sozialstaat (Korpi 1983; Esping-Andersen 1985). Politik für organisierte Arbeitsinteressen bedeutet demnach in der Regel De-Kommodifizierung (Esping-Andersen 1996: 44).

Auch wenn die Stärke von Arbeiterbewegung und Gewerkschaften für sich genommen sicher nicht ausreicht, um die unterschiedlichen Welten des Wohlfahrtskapitalismus zu erklären, machen solche Überlegungen doch deutlich, dass Systeme mit einem hohen Ni-veau institutionalisierter Arbeitermacht radikale Anti-Gewerkschaftsstrategien nach dem Vorbild der Reagan-Revolution im Grunde ausschließen. Umgekehrt lassen sich die Me-chanismen eines Finanzmarkt-Kapitalismus (Windolf 2005) leichter in und von kapitaldo-minierten Koalitionen in den angelsächsischen Kapitalismen durchsetzen. Was diese Er-

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kenntnis für die Analyse organisierter Arbeitsbeziehungen bedeutet, ist indessen unklar. So legen institutionalisierte Arbeitsbeziehungen Verbänden wie den Gewerkschaften Hand-lungsstrategien nahe, die auch dann noch überzeugend erscheinen, wenn sich gesellschaftli-che Kräfteverhältnisse bereits gravierend verändert haben. Die Chance, institutionelle Macht über ihre Erzeugungsbedingungen hinaus wirksam werden zu lassen, kann kollekti-ve Akteure aber auch dazu animieren, Repräsentationsdefizite mittels institutionenkonfor-men Verhaltens kompensieren zu wollen. In diesem Fall laufen vor allem die Lohnabhän-gigen-Organisationen beständig Gefahr, Handlungsstrategien zu konservieren, denen die Geschäftsgrundlage längst abhanden gekommen ist.

Insofern sind auch bei gleichen institutionellen Rahmenbedingungen divergente stra-tegische Optionen denkbar. Gewerkschaften können eine „auf Konsens und Interessenaus-gleich beruhende Koordination“ zur Blockade struktureller Anpassungen nutzen und sie können als „Traditionswächter“ einer im Niedergang begriffenen sozialen Ordnung (Beyer 2003: 18) agieren. Die Korrespondenz zwischen unterschiedlichen Kapitalismen, Arbeits-beziehungsmodellen und Gewerkschaftstypen lässt sich aber auch als Basis für eine pfad-spezifische Erneuerung der Lohnabhängigen-Organisationen (Turner 2004: 1-10; Huz-zard/Gregory/Scott 2004: 20-44) nutzen. Insgesamt wird so allerdings eine Spannbreite von strategischen Optionen wie von sozialwissenschaftlichen Diagnosen deutlich, die auf ein Grundproblem institutionalistischer Theoreme (Fligstein/Choo 2006: 98-103) verweist. Es mangelt an eindeutig identifizierbaren Kriterien, anhand derer sich radikaler von pfadim-manentem Wandel abgrenzen ließe. Dementsprechend läuft institutionalistische Analyse beständig Gefahr, Veränderungen als Wiederkehr des Immergleichen zu interpretieren (Campbell 2004). Der Neoliberalismus ist dann eine übernationale Herausforderung, die jedoch komplexer, divergenter und offener ist, als es viele Interpreten wahrhaben wollen (Campbell/Pedersen 2001: 3). Kapitalmarktorientierte Steuerungsformen setzen sich auch in den Unternehmen des Rheinischen Kapitalismus durch, doch es handelt sich eben um einen „ausgehandelten Shareholder Value“ (Vitols 2003). Wird jede Veränderung sogleich als pfadimmanente gedeutet, könnte nur ein vollständiger Zusammenbruch eines Institutio-nensystems einen Pfadwechsel überhaupt denkbar erscheinen lassen. Umgekehrt verliert das Pfadabhängigkeits-Argument an Schlüssigkeit, wenn nahezu jede Veränderung immer auch als Kontinuitätsnachweis dienen kann (vgl. zu dieser Problematik Streeck 2009).

Im Spannungsfeld von Konvergenz und Divergenz bewegen sich (3) regulationstheo-retische Ansätze gewissermaßen auf einer mittleren Argumentationslinie. Den Übergang von einer kapitalistischen Formation zu einer anderen führen sie sowohl auf allgemeine, übernationale, als auch auf besondere, institutionenspezifische Triebkräfte zurück (Boyer 1997: 71-101). Laut Regulationstheorie konstituiert sich eine kapitalistische Formation über halbwegs stabile Beziehungen zwischen Akkumulationsregime, Regulationsweise und Produktionsmodell.10 Institutionelle Vielfalt ist auf der Ebene der Regulationsweise ange-

10 Ein Akkumulationsregime bezeichnet über längere Zeiträume hinweg stabile Entsprechungen zwischen den materiellen Produktionsbedingungen und ihrer Entwicklung (Volumen des eingesetzten Kapitals, Branchenstruk-tur, Produktionsnormen) sowie dem gesellschaftlichen Verbrauch (zahlungsfähige Nachfrage, Konsumnormen, Aglietta 2000a: 12ff.). Als Regulationsweise wird die Gesamtheit der institutionellen Formen, Organisationen, expliziten und impliziten Normen bezeichnet, die den Zusammenhalt der Gesellschaft stiften, indem sie gegensätz-liche Interessen und eigensinnige Verhaltensweisen von sozialen Gruppen und Individuen mit den Erfordernissen der Kapitalverwertung in Einklang bringen. Produktionsmodelle sind Netzwerke sozialer Verhältnisse, in denen spezifische Managementprinzipien mit der Regulation der Kapital-Arbeit-Beziehungen kombiniert werden. Dazu

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siedelt. Anders als Vertreter von institutionalistischen Theoremen behaupten Regulations-theoretiker allerdings einen qualitativen Wandel gesellschaftlicher Regulationsmodi: Zwar können die konstitutiven sozialen Verhältnisse in bestimmten Perioden kapitalistischer Entwicklung mit individuellen wie kollektiven Verhaltensmustern in Überseinstimmung gebracht werden; doch diese auf Institutionen und Gewohnheit basierende Stabilität ist niemals von Dauer (Lipietz 1998: 12ff.). In ,großen Krisen‘ kapitalistischer Akkumulation wird die bestehende Regulationsweise destruiert und in einem ungerichteten, kontingenten Prozess ohne zentrales strategisches Subjekt möglicherweise durch eine andere Regulati-onsweise ersetzt. Nach dieser Konzeption sind sowohl institutionelle Kontinuität als auch qualitativer Wandel von Arbeitsbeziehungen möglich. So können Aushandlungsprozesse, Kontrollpraktiken und Tarifsysteme der institutionellen Form nach stabil bleiben; mit der Verschiebung der zugrunde liegenden Kompromissstruktur und den Veränderungen ihrer ,Umwelt‘ wandeln sich jedoch zugleich die Inhalte und gesellschaftlichen Bedeutungen regulativer Institutionen.

Ihre Erklärungskraft hat die Regulationstheorie lange Zeit aus der retrospektiven Ana-lyse des fordistischen Kapitalismus bezogen. Aussagen über die Herausbildung einer neuen Formation sind hingegen merkwürdig blass geblieben. Darin institutionalistischen oder neo-korporatistischen Argumentationen ähnlich, galt die deutsche Variante der „ausgehan-delten Einbindung“ (Lipietz 1992) zunächst als sozial wie ökonomisch besonders leistungs- und damit überlebensfähig. Als einer der ersten entwickelte Michel Aglietta (2000a) eine andere Sicht der Dinge. Ihm zufolge hat sich ein „Wachstumsregime der Vermögensbesit-zer“, herausgebildet, das sich in den entwickelten Staaten zu verallgemeinern beginnt. Für das finanzgetriebene Akkumulationsregime sei die Regulation des Lohnverhältnisses nicht mehr zentral. Vom angelsächsischen Kapitalismus übernehme es „die Vorherrschaft der Konkurrenz, die Unternehmenskontrolle durch die institutionellen Anleger, das bestim-mende Kriterium des Profits und die Kapitalisierung an der Börse“ (Aglietta 2000b: 66). Trotz aller Fehlentwicklungen und Krisenherde seien jedoch „positive Verkettungen“ der Systembestandteile dieses Akkumulationsregimes prinzipiell möglich.

Michel Agliettas Argumentation, die unter dem Eindruck des New-Economy-Booms in den USA entstand, hat innerhalb der polit-ökonomischen Diskussion scharfen Wider-spruch ausgelöst (Brenner 2003). Wichtige Autoren aus dem regulationstheoretischen Spektrum (Chesnais 1996, 2004; Orléan 1999; Lordon 2000) halten trotz dieser Einwände an der These eines finanzgetriebenen Akkumulationsregimes fest, identifizieren es jedoch eher mit einer Krisen- als mit einer Prosperitätskonstellation. So steht für Francois Chesnais (1996) außer Zweifel, dass das Anlagekapital seit Mitte der 1980er Jahre eine Position erreicht hat, die es ihm erlaubt, entscheidenden Einfluss auf die Ausrichtung der Investitio-nen und die Verteilung der Erträge zu nehmen. In einem originellen Rückgriff auf die marxsche Kategorie des fiktiven Kapitals (Marx 1976: 482ff., 524f.) begründet Francois Chesnais (2004) jedoch, dass sich die relative Verselbstständigung dieser Kapitalform kei-neswegs in parasitären Effekten erschöpfen muss. Akkumulation bestehe nicht nur im An-wachsen von Investitionsmitteln und Produktionskapazitäten; sie lasse sich auch mittels Ausweitung privatkapitalistischer Produktionsverhältnisse auf nicht erschlossene Bereiche oder durch „Mehrwertabschöpfung“ realisieren, die infolge der Macht fokaler Unternehmen über ihre Zulieferer oder mittels Flexibilisierung und Prekarisierung der Arbeit erreicht gehören Firmenorganisation, Formen des Wettbewerbs, Arbeitsbeziehungen und Bildungssysteme (Boyer/Durand 1997: 3, 7ff.; Aglietta 1979: 117; Lipietz: 1985).

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werden könne (2004: 222f.). In dieser Diagnose ist zugleich eine Aussage über die Ent-wicklung organisierter Arbeitsbeziehungen enthalten. Akkumulationsstrategien, die auf eine „Landnahme“ (Luxemburg 1975; Arendt 2006: 332ff.; Dörre 2009)11 von für die Kapi-talverwertung zuvor unerschlossenen „äußeren Märkten“ (Luxemburg 1975: 315) zielen, ziehen auch die Arbeitsbeziehungen und ihre Institutionen in den Sog kompetitiver Re-strukturierung (Streeck 1998, Crouch/Streeck 1997) hinein. Dieses Faktum wird paradig-menübergreifend vor allem von Analysen klar herausgearbeitet, die eine politökonomische Fundierung nicht völlig aufgegeben haben.

Ungeachtet aller Divergenzen, so lässt sich festhalten, zeichnen sich innerhalb der drei hier skizzierten Paradigmen ähnliche Denkbewegungen ab: Neo-Koporatismus, neuer Insti-tutionalismus und Regulationstheorie sind im Grunde wesensverwandt. Sie alle interpretie-ren die Nachkriegsentwicklung organisierter Arbeitsbeziehungen in den westlichen Staaten als einen evolutionären Prozess der Institutionalisierung, Ausdifferenzierung und interme-diären Regulation kollektiver Arbeitsinteressen. Stellten einschlägige Analysen die korpo-rative Befriedung des Klassenkonflikts zunächst unter einen Prosperitätsvorbehalt, so be-förderte die reale gesellschaftliche Entwicklung ab Mitte der 1970er Jahre eine Hinwen-dung zu organisations- und institutionenzentrierten Forschungen. Relativ unabhängig von der jeweiligen theoretischen Fundierung (Dunlop 1993; Streck 1999; Hyman 1989) hielt der Systemgedanke Einzug in die wissenschaftliche Betrachtung organisierter Arbeitsbe-ziehungen. Formierung und Durchsetzung kollektiver Arbeitsinteressen oberhalb der Be-triebsebene erfolgten in systemischen Konfigurationen, in denen die Gewerkschaften neben betrieblichen Interessenvertretungen, sozialstaatlichen Einrichtungen, Wirtschaftsverbän-den, korporativen Gremien etc. nur noch ein Akteur unter vielen anderen waren. Innerhalb der systemischen Analysen blieben konzeptionelle Innovationen rar. Man nutzte Versatz-stücke früherer Forschungen, so auch die Konzepte der intermediären Gewerkschaft und des dualen System der Interessenrepräsentation. Obwohl zum Beispiel das regulationstheo-retische Paradigma zunächst zentral auf das Lohnverhältnis hin ausgerichtet war, ist der systematische Stellenwert organisierter Arbeitsbeziehungen in entsprechenden Ansätzen bis heute unklar geblieben. Arbeitsbeziehungen sind sowohl für die Regulationsweise als auch für die Produktionsmodelle konstitutiv. In ihrer Beschreibung institutioneller Konfiguratio-nen teilweise weitaus präziser, sind aber auch in institutionalistischen oder korporatisti-schen Ansätzen mit den Gewerkschaften zugleich (potentielle) Mitgliederinteressen sowie die Konstitutionsbedingungen von Arbeitermacht sukzessive aus dem Blick geraten. Die Evolution organisierter Arbeitsbeziehungen schien vor allem in institutionalistischen und neokorporatistischen Ansätzen ein Extrakt kollektiver Lernprozesse von Partnern in nor-mierten Aushandlungsprozeduren zu sein.

Infolgedessen gerieten in der einschlägigen Forschung – gleich welchem der drei The-oreme sie verpflichtet war – gesellschaftliche Auseinandersetzungen, Streiks, soziale Be-wegungen, Protest und Widerständigkeit mehr und mehr aus dem Blick. Selbst dramatische Veränderungsprognosen (Streeck 1997) stellten die Logiken intermediärer Konfliktregula- 11 Das Landnahme-Theorem besagt, dass der Kapitalismus strukturell darauf angewiesen bleibt, äußere Märkte und Produktionsformen zu erobern. Für Landnahmen kann der Kapitalismus „ein bereits bestehendes ‚Außen‘ nutzen“, etwa die Existenz nichtkapitalistischer Gesellschaften. Er kann sich ein bestimmtes Gebiet innerhalb des Kapitalismus, z. B. ein Bildungssystem, das noch nicht kommodifiziert worden ist, einverleiben. Er kann ein solches Außen aber auch „aktiv herstellen“ (Harvey 2005: 140). Dies bedeutet, dass sich der „Sündenfall“ (Arendt 2006: 335) politisch-staatlicher und mitunter gewaltsam angestoßener Akkumulationsdynamik auf erweiterter Stufenleiter beständig wiederholt.

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tion, wie sie in den analytischen Konstrukten aus den 1970er Jahren begründet worden waren, nicht grundsätzlich in Frage. Weil mit keynesianischer Wirtschaftspolitik und einer Beteiligung der Lohnabhängigen am Produktivitätszuwachs wichtige Prämissen intermedi-ärer, korporativer Einbindung entfielen, sollten nun angebotsorientierte Anpassungsstrate-gien (Kommission 1996) oder ein aus kollektivem Lernen resultierender erweiterter „Bür-gerstatus“ (Müller-Jentsch 1994, Marshall 1992) den Modus intermediärer Interessenregu-lation stabilisieren. An die Stelle der klassischen Ressourcen von Arbeitermacht rückten mehr und mehr Fragen nach der Performanz und der ökonomischen Effizienz von Instituti-onensystemen. Damit war zugleich eine veränderte Sicht auf Arbeiterbewegungen und Gewerkschaften verbunden. Hatten die klassischen Theorien organisierter Arbeitsinteressen ihre Analyse noch mit gesellschaftlichen Emanzipationsprojekten verbunden, so zeichnete sich die Arbeitsbeziehungsforschung zu Beginn des 21. Jahrhunderts eher durch konservie-renden Realismus aus. Handlungsspielräume für kollektive Akteure wurden, wenn über-haupt, so allenfalls innerhalb der Varieties of Capitalism gesucht. Mit ihrem Gegenstand hatte sich zugleich die wissenschaftliche Sicht auf organisierte Arbeitsinteressen gewandelt. Vielen, wenn auch nicht allen wissenschaftlichen Interpreten, galten die Gewerkschaften längst nicht mehr als Protagonisten progressiver Veränderung; „ihren gesellschaftsverän-dernden Antrieb“ schienen die Arbeitnehmerorganisationen „verloren zu haben“ (Beyer 2003: 18). Auf wichtigen Einflussebenen seien sie nicht länger an einer im Konsens betrie-benen Umgestaltung interessiert, sondern verweigerten sich den politischen Maßnahmen zur Veränderung des Bestehenden. Als Begründung für die eingeforderte Anpassung an nicht hintergehbare Zwänge galt solchen Zeitdiagnosen häufig ein als mehr oder minder alternativlos konstruierter Globalisierungsprozess, in dessen Verlauf jedoch zunehmend unklar wurde, ob, inwieweit und zu welchen Bedingungen kooperative Arrangements und institutionelle Arbeitermacht überhaupt noch die Akzeptanz gesellschaftlicher Eliten finden konnten. Im Rückblick erweisen sich somit auch die skizzierten Theorien mittlerer Reich-weite trotz gravierender Divergenzen als Versuche, theoretische Konstrukte aus den 1970er Jahren auf veränderte gesellschaftliche Realitäten zu beziehen. Doch je weiter sich die gesellschaftliche Realität von diesen Konstrukten entfernt, desto stärkre reduziert sich die Erklärungskraft von Konzepten, die ihren Ursprung in der Ära des fordistischen Kapitalis-mus haben. 4 Herausforderungen und Perspektiven: Jenseits intermediärer

Interessenregulierung? Damit ist ein neuralgischer Punkt jeglicher Analyse überbetrieblicher Interessenregulation benannt. Nicht nur die organisierten Arbeitsbeziehungen und die Gewerkschaften stehen an einem „Scheideweg“ (Esser 2003: 81); für ihre wissenschaftlichen Deutungen gilt Ähnli-ches. Mit Blick auf die Arbeits- und Industriesoziologie lässt sich die konservierende Schwerkraft wirkungsmächtiger Paradigmen kaum bestreiten. Insofern ist wahrscheinlich, dass Versuche, aktuelle Entwicklungen durch das Raster intermediärer Interessenregulatio-nen hindurch zu interpretieren, auf absehbare Zeit dominieren werden. Argumente für wis-senschaftliche Kontinuität sind reichlich vorhanden, solange organisierte Arbeitsbeziehun-gen und ihre maßgeblichen Akteure existieren. Selbst radikaler Wandel wird sich dann realitätsnah, aber einigermaßen überraschungsfrei als „Hybridisierung“ (Schmierl 2003),

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Amalgamierung oder schlicht als Kontinuität im Strukturwandel identifizieren lassen (Mül-ler-Jentsch 2007). Der Preis für Analysen, die sich immer schon auf der sicheren Seite bewegen, dürfte indessen zunehmende gesellschaftstheoretische Marginalisierung sein. 4.1 Diskontinuitäten Riskanter ist es, vermeintlich gesichertes arbeits- und industriesoziologisches Wissen auch theoretisch-konzeptionell in Frage zu stellen. Betrachtet man die Veränderungen nach 1991 in der Summe, ist fraglich, ob das Intermediaritätsparadigma sie noch zu bündeln vermag. So läuft die finanzgetriebene Landnahme darauf hinaus, kompatible Produktions- und Tauschnormen zu nutzen, um die raum-zeitlichen, technologischen und politisch-infra-strukturellen Fixierungen der fordistischen Ära aufzulösen und sie durch eine finanzkapita-listische Fixierung zu ersetzen (Harvey 2005, 2006a, b). In den Außenbeziehungen nationa-ler Kapitalismen mündet das finanzkapitalistische Regime in eine Konkurrenz unterschied-lich ausgeprägter Regulationstypen, etwa zwischen kapitalmarktorientierten westlichen und stärker produktionszentrierten asiatischen Kapitalismen (Gabriel 2006). Nach innen zielt die neue Landnahme gerade im deutschen Fall auf die Anpassung der gewinnorientierten Exportwirtschaft an das finanzmarktgetriebene Regime (Chesnais 2004; Lordon 2003). Dies geschieht über kapitalmarktorientierte Formen der Unternehmenssteuerung (Höpner 2003, Kädtler 2003),12 die Führung dezentraler Einheiten mittels Gewinnvorgaben und über die Realisierung von Produktionsmodellen, die wegen knapper Zeit-, Personal- und Materi-alpuffer auf eine flexible Arbeitskraftnutzung angewiesen sind (Boyer/Freyssenet 2002; Caprile/Llorens 2001; Durand 2007; Esterhazy/Nayabi /Hellingrath 2006; Dörre/Brink-mann 2005; Dörre 2002). Darüber hinaus beinhaltet die finanzmarktgetriebene Landnahme aber auch eine Übertragung konkurrenzbasierter Normen und Funktionsprinzipien des von Großunternehmen dominierten privatwirtschaftlichen Bereichs auf Sektoren, die – wie KMU-Wirtschaft, öffentlicher Dienst, Non-Profit-Sektor oder Hauswirtschaft – eigentlich völlig anderen Rationalitätsprinzipien folgen. Wichtige Hebel sind u.a. Privatisierungen, die Anwendung marktzentrierter Managementprinzipien im öffentlichen und Non-Profit-Sektor sowie rekommodifizierende Arbeitsmarkt- und Sozialpolitiken (Bescherer/Röbne-nack/Schierhorn 2009: 145-156).

Noch innerhalb der Hülle formal intakter Institutionen haben sich die Inhalte kollekti-ver Aushandlungen im System der organisierten Arbeitsbeziehungen seit Mitte der 1990er Jahre grundlegend verändert. Ging es in der Ära des „sozialen Kapitalismus“ (Sennett 2007) noch um den Grad der Abkoppelung lohnabhängiger Existenzen von Marktrisiken, so wird in den Unternehmen seit langem vor allem über das Maß an Beschäftigungs-, Ein-kommens- und Statusunsicherheit verhandelt, das den Arbeitern und Angestellten zugemu-tet werden soll (Huber/Burkhard/Wagner 2006). Entsprechende Verhandlungen verfolgen hierzulande nicht das Ziel, die Gewerkschaft zu zerschlagen; die faktische Schwächung institutioneller Lohnabhängigen-Macht ist jedoch nicht zu übersehen. Dafür liefert die Pra-xis der betrieblichen Wettbewerbspakte Anschauungsunterricht. Unter den Bedingungen einer straffen Profitsteuerung und der Internalisierung von Marktmechanismen in die Un-

12 Siehe hierzu den Beitrag von Jürgen Kädtler „Finanzmärkte und Finanzialisierung“ in diesem Band.

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ternehmensorganisation (Sauer 2005)13 gelingt es der Managementseite, die Konkurrenz unter den Arbeitern und Angestellten zu verstetigen. Standortwettbewerbe sind in vielen Großunternehmen zur alltäglichen Erfahrung geworden. Zugleich haben sich in wichtigen Branchen bei immerhin 10% der Unternehmen stark asymmetrische Wettbewerbspakte als Form betrieblicher Regulation durchgesetzt (Haipeter 2009). Im Tausch gegen befristete Beschäftigungsgarantien verlangen solche Pakte den Stammbeschäftigten Zugeständnisse bei Arbeitszeiten, Löhnen und Arbeitsbedingungen ab (Massa-Wirth 2007).

Die großen Asymmetrien betrieblicher Wettbewerbspakte bewirken inzwischen Legi-timationsverluste nicht nur der Gewerkschaften, sondern zunehmend auch der Betriebsräte. Noch scheint es einigermaßen verwegen, bereits vom Ende der „Dekade des Co-Manage-ments“ zu sprechen und einen neuen Frühling basis- und mitgliedsorientierter Interessen-vertretung (Rehder 2006: 242) zu prognostizieren. Unübersehbar ist indessen, dass Wett-bewerbspakte die Tendenz zur Prekarisierung der Arbeitsgesellschaft (Castel 2000, 2009a) im Grunde noch verstärken. Im Zuge der neuen Landnahme gewinnen Strategien einer extensiven Arbeitskraftnutzung wieder an Bedeutung. Befristete Absicherungen von Stammbeschäftigten korrespondieren daher häufig mit der verstärkten Nutzung von prekär Beschäftigten als flexiblen ,Personalpuffern‘. Der expansive Einsatz von Leiharbeitern (Promberger u.a. 2006; Holst 2009), ist hier nur die Spitze eines Eisbergs. Denn die Re-kommodifizierung trifft vor allem jene Bereiche, in denen Organisationsmacht von Ge-werkschaften traditionell schwach ausgeprägt ist. Das gilt für den Niedriglohn- und den Nonprofit-Sektor – mit ihren überdurchschnittlichen Frauenanteilen – und für die von klei-neren und mittleren Betrieben geprägten Strukturen14 ebenso wie für die expandierenden Segmente mit kreativer, immaterieller Arbeit, in denen es häufig nicht einmal Mitbestim-mungsinstitutionen gibt (zu zaghaften Ansätzen kollektiver Interessenorientierung in die-sem Sektor: Boes/Trinks 2006; Martens 2005). Vor allem in der Kulturwirtschaft, im Me-dienbereich und im Non-Profit-Sektor mit seinen Weiterbildungsträgern, Beschäftigungs- und Transfergesellschaften sind die Grenzen zwischen kreativer und prekärer Arbeit flie-ßend geworden (Dörre 2009b: 50-53).15 Mit voller Wucht trifft die Prekarisierung so ge-nannte einfache, niedrig entlohnte Tätigkeiten. Das sind häufig personenbezogene Dienst-leistungen im Pflegebereich, der Gastronomie, im Hotelgewerbe oder auch arbeitsintensive Boten- und Helfertätigkeiten (Bosch/Weinkopf 2007).

Zwar gelingt es in gewerkschaftlichen Hochburgen wie den ehemaligen Staatsunter-nehmen Bahn, Post und Telekom noch immer, tariflich garantierte ,Besitzstände‘ für Stammbeschäftigte zu bewahren. Bei den Konkurrenten dieser Unternehmen und vielen ausgegründeten Subeinheiten ist das aber nicht mehr der Fall. Die wachsende Zahl von ‚Arbeitnehmern zweiter Klasse‘ – Niedriglöhnern, befristet Beschäftigten, Leiharbeitern, Mini- und Midijobbern oder „proletaroiden“ Selbstständigen (Bologna 2006: 131ff.) – wirkt auf die institutionelle Verhandlungsmacht der Gewerkschaften wie ein aggressives Virus auf ein geschwächtes Immunsystem. Vor diesem Hintergrund wird ein theoretischer Mangel des Intermediaritätsparadigmas deutlich. Dass ein mehr oder minder erfolgreicher Modus der Konfliktregulation seitens der Eliten in Frage gestellt werden könnte, ist inner-

13 Siehe hierzu den Beitrag von Dieter Sauer „Vermarktlichung und Vernetzung der Unternehmens- und Betriebs-organisation“ in diesem Band. 14 Siehe hierzu den Beitrag von Gerhard Bosch „Strukturen und Dynamik von Arbeitsmärkten“ in diesem Band. 15 Siehe hierzu den Beitrag von Alexandra Manske und Christiane Schnell „Arbeit und Beschäftigung in der Kultur- und Kreativwirtschaft“ in diesem Band.

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halb des Paradigmas so nicht vorgesehen. Dementsprechend wird eine fast schon überhisto-rische Kontinuität kooperativer Interessenpolitiken unterstellt. Solche Politiken setzen je-doch zumindest implizit relative Machtgleichgewichte zwischen Kapital und Arbeit voraus, die nur fortbestehen, wenn auch die Mittel vorhanden sind und genügend Machtressourcen reproduziert werden, um der Ausprägung großer Machtasymmetrien wirksam entgegen treten zu können (Aronowitz 2005; Carter 2006: 415-426; Naglo 2003). Gelingt dies nicht, geht die Logik der Einflussnahme früher oder später zu Lasten der gewerkschaftlichen Sozialintegration, d. h. sie beeinträchtigt die Beteiligungsmotivation potentieller Mitglieder und reduziert so die Binde- und Konfliktfähigkeit der Organisation.

Hält die Schwäche der Gewerkschaften an, kann das bei den Wirtschafts- und Politik-eliten die Neigung fördern, institutionelle Arbeitermacht an die schwindende Organisati-onsmacht anzupassen. Ein solcher Umschlagpunkt scheint nun in zahlreichen kontinental-europäischen Staaten, darunter – zeitverzögert – auch Deutschland, erreicht. So hat die Politik der Lohnzurückhaltung (Flassbeck 2008) und der Wettbewerbspakte den Mitglie-derschwund der Gewerkschaften nicht stoppen können. Vielmehr findet die Krise gewerk-schaftlicher Repräsentation im Institutionensystem eine Fortsetzung. Wegen der Mitglie-derverluste der Gewerkschaften lässt der Organisationsanreiz auf der Kapitalseite nach. Das hat zu einer Schwächung der Industrie- und Wirtschaftsverbände (etwa durch die Gewäh-rung von Mitgliedschaften ohne Tarifbindung) sowie des gesamten Tarifsystems geführt. Die heile Welt des Flächentarifvertrags, der mit seinen verbindlichen und unabdingbaren Tarifstandards die Arbeits- und Einkommensbedingungen regelte, „gehört der Vergangen-heit an“ (WSI-Tarifhandbuch 2006: 41-66, 2008; dies relativierend Bispinck/Schulten 2009: 201-209). Infolge des industriellen Strukturwandels sind in klein- und mittelbetrieb-lich geprägten Bereichen große gewerkschafts- und mitbestimmungsfreie Zonen entstan-den. Wo die Mitbestimmung existiert, gewinnen gewerkschaftsdistanzierte oder betriebs-syndikalistische Formen der Interessenrepräsentation an Bedeutung. Im Osten Deutsch-lands ist ein teils rapider, teils schleichender „Entgewerkschaftungsprozess“ (Candei-as/Röttger 2008) im Gange. Der Trend zur Schaffung großer Multibranchengewerkschaften wird durch den gegenläufigen Aufschwung kleiner Berufsvereinigungen (Sadowski 2008; Hoffmann/Schmidt 2008: 323-342) konterkariert. All das wiegt umso schwerer, als die strukturelle Schwäche organisierter Lohnarbeitsinteressen auf europäischer, inter- und transnationaler Ebene mit einer neuen Machtkonzentration an der Spitze grenzüberschrei-tend operierender Unternehmen einhergeht (Dicken 2007). Auch aufgrund des unbestreitba-ren „Mobilitätsdifferentials“ (Hübner 1998) und der damit verbundenen Machtverschie-bung zwischen organisierter Lohnarbeit und Kapital können die Gewerkschaften nicht länger damit rechnen, dass ihnen ihr über eine lange Periode gewährter quasi-institutio-neller Charakter künftig Verhandlungsmacht trotz rückläufiger Organisations- und Mobili-sierungsfähigkeit beschert. 4.2 Innovationen Man mag einwenden, dass diese Sicht allzu hermetisch ausfällt. Immerhin gibt es auch neue, teilweise innovative Tarifverträge (Schulten/Pawicki 2008); eine radikale Infragestel-lung der Tarifautonomie hat in Deutschland hingegen bislang nicht stattgefunden. Es zeich-nen sich erste Ansätze zur Herausbildung transnationaler Verhandlungssysteme (Erne

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2008) sowie internationaler Interessenpolitiken (Bieler/Lindberg/Pillay 2008: 264-282; Müller/Platzer/Rüb 2004) ab. Der Negativtrend in der Mitgliederentwicklung scheint auch bei einigen deutschen Gewerkschaften zumindest kurzzeitig gestoppt (Dörre/Holst/Nacht-wey 2009); europaweit zeichnen sich ohnehin seit längerem differierende Entwicklungen ab, zu denen auch Mitgliederzuwächse in einigen Staaten gehören (Brinkmann u.a. 2008: 20-22). Angesichts der globalen Finanzkrise mag zudem die Rolle einer gewerkschaftlichen Ordnungsmacht bei zuvor skeptischen Eliten wieder stärker gefragt sein. Selbst an der Spit-ze der westlichen Hegemonialmacht USA ist eine spürbar veränderte Haltung zur Arbeit-nehmerbewegung festzustellen (Economist 2009). Doch auch, wenn man all das in Rech-nung stellt, bleiben Zweifel, ob sich die neue soziale Realität noch ins Raster intermediärer Interessenregulation zwingen lässt. Ein Typus kapitalistischer Landnahme, der die Instituti-onen organisierter Arbeitsbeziehungen aushöhlt und entleert, war im Intermediaritätspara-digma theoretisch-konzeptionell nicht vorgesehen. Eine wissenschaftliche Reflexion der Veränderungen muss mit dem Eingeständnis beginnen, dass institutionelle Macht (nicht nur) den deutschen Gewerkschaften gegenwärtig noch eine Stärke verleiht, die sie als Mit-gliedsorganisationen gar nicht mehr besitzen. Auch aus diesem Grund stellt sich die Frage nach potentiellen Quellen von struktureller und Organisationsmacht der Lohnabhängigen oder aber nach funktionalen Äquivalenten neu. Weitet man die Untersuchungsperspektive über den engen institutionellen Rahmen nationaler Arbeitsbeziehungssysteme hinweg aus, stößt man auf Phänomene, die den Horizont konventioneller Analysen überschreiten.

So kann trotz ökonomischer Globalisierung und Standortkonkurrenzen nicht von ei-nem unaufhaltsamen Niedergang jeglicher Arbeitermacht gesprochen werden. Produktions-verlagerungen und Restrukturierung der Wertschöpfungsketten setzen keinen unaufhaltsa-men Wettlauf nach unten in Gang (Silver 2005: 211ff.). Vielmehr erzeugen geografische Verlagerungen raum-zeitliche Fixierungen und mit ihnen neue Arbeiterklassen und Arbei-terbewegungen an den jeweils bevorzugten Produktionsstandorten. Jede neue räumliche Fixierung sorgt für eine Diffusion von Produktionsmacht, die sich – wie etwa in China – zunächst in Labour Unrest äußert. In Ländern wie Brasilien (Antunes 2001), Südkorea (Ho 2002; Kim/Kim 2003) und Südafrika (von Holdt 2002; Donelly/Dunn 2006) ist strukturelle Arbeitermacht aber auch in Organisationsmacht von Gewerkschaften und Arbeiterbewe-gungen überführt worden, die für bessere Arbeitsbedingungen und höhere Löhne kämpfen und sich z.T. an die Spitze nationaler Demokratiebewegungen setzen (Brinkmann u.a. 2008: 45-69).

Unter dem Label „Labor Revitalization Studies“ (Frege/Kelly 2004; Turner/Cornfield 2007; Tait 2005; Bieler/Lindberg/Pillay 2008; Hälker/Vellay 2006) hat sich inzwischen eine neue Forschungsrichtung herausgebildet, die, ohne weiteren Niedergang auszuschlie-ßen, nach den Möglichkeiten einer ,strategischen Wahl‘ von Gewerkschaften fragt. In ei-nem stilbildenden Aufsatz, der bezeichnenderweise mit „Breaking the Iron Law of Oligar-chy“ überschrieben ist (Voss/Sherman 2000: 303-349), haben die Autorinnen den Erneue-rungsprozess einiger US-Gewerkschaften facettenreich beschrieben. Vieles, was an Er-kenntnissen präsentiert wird, lässt sich als implizite Kritik am Intermediaritätsparadigma verstehen. So präsentieren Kim Voss und Rachel Sherman drei Beobachtungen, von denen sich zwei auf innerorganisatorische Phänomene beziehen. Zum einen schafft das verbreitete Bewusstsein über eine tiefe politische Krise der Organisation an der Basis Voraussetzungen für einen Führungswechsel. Das neue Personal, das sich lokal durchsetzt, verbindet die eigene Positionierung mit der Motivation für einen politischen Strategiewechsel. Zum an-

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deren erfasst der Wandel die gesamte nationale Organisation und ist teilweise mit heftigen Konflikten an der Spitze verbunden. Von zentraler Bedeutung ist indessen eine dritte Beo-bachtung. Ein Teil der neuen Führungskräfte kommt von außen und verfügt über Erfahrun-gen mit sozialen Bewegungen, Graswurzelinitiativen und Stadtteilarbeit. Diesen bewe-gungssozialisierten Gewerkschaftern fällt es offenbar leichter, einen umfassenden Strate-giewechsel in Gang zu setzen. Sie verfügen in der Regel über komplexere Gerechtigkeits-vorstellungen als Gewerkschafter „mit Stallgeruch“. Mit eingefahrenen Gewerkschaftstra-ditionen und Handlungsroutinen sind sie nicht belastet. Dafür sind die neuen Aktivisten mit Mobilisierungstechniken in der Zivilgesellschaft bestens vertraut. Ihre Kontakte versetzen sie in die Lage, Bündnisbeziehungen zu NGOs und Initiativen außerhalb der Arbeitswelt als Machtressourcen auch für die Gewerkschaft zu nutzen (2000: 327-331).

Mittlerweile gibt es eine Vielzahl an Studien und Publikationen, die sich der Revitali-sierung von Gewerkschaften und Arbeiterbewegungen unter verschiedensten Gesichtspunk-ten (Mitgliederpartizipation, Bündnispolitik, Kampagnen, Kollektivvereinbarungen, politi-scher Tausch) nähern. Ein wichtiger analytischer Zugang ist Social Movement Unionism. Ursprünglich war diese Kategorie der Bewegungsgewerkschaft auf neue Arbeiterbewegun-gen und erstarkende Gewerkschaften in einigen Ländern des Südens gemünzt. Diese schwach institutionalisierten Gewerkschaften setzen nicht nur auf Massenmobilisierung, sie verfügen über eine entwickelte Beteiligungskultur in ihrer Mitgliedschaft, organisieren ihre Kämpfe über die Fabrikgrenzen hinaus, gehen Bündnisse mit sozialen Bewegungen außer-halb der Arbeitssphäre ein und bemühen sich vor allem um einen Brückenschlag zwischen organisierten Beschäftigten und jenen Gruppen, die zu eigenständiger Mobilisierung „aus sich heraus nicht in der Lage sind: die Verarmten, Arbeitslosen oder Prekären“ (Moody 1997: 276; Tait 2005). Autoren wie Kim Moody (1997) und Peter Waterman (2008: 248-263) werten dies als Herausbildung eines völlig neuen Gewerkschaftstyps, der sich vor-nehmlich außerhalb korporativer Einbindungen formiert. Andere Interpreten sprechen da-gegen von einer Neuauflage des alten „political unionism“ (Neary 2002). Jenseits dieser Kontroverse thematisieren Forscher, die eine starke Verknüpfung von Organizing-Ansätzen und Bewegungsgewerkschaft konstatieren (Nissen 2003: 143ff.), einen wichtigen Punkt. Offenkundig fällt es Gewerkschaften, die vornehmlich als bessere Problemlöser mit dem Management konkurrieren, schwer, organisationspolitisch erfolgreich zu sein, weil der Gewerkschaftsanteil an den Problemlösungen für die Beschäftigten kaum nachzuvollziehen ist und von solchen Ansätzen daher kein Beteiligungs- und Organisierungsimpuls ausgeht (Cregan 2005). Insofern passen Interessenpolitiken, die Gerechtigkeitsfragen gegenüber dem Nachweis wirtschaftlicher Effizienz priorisieren (Aronowitz 2005), in vielen Fällen offenbar besser zum Anspruch offensiver Organizing- und Erneuerungsansätze (Fanta-sia/Voss 2004: 127-130) als wertschöpfungsorientierte Strategien.

Allerdings sind die Forschungsergebnisse hier nicht eindeutig (Hurd/Milkman/Turner 2003): Bewegungspolitiken lassen sich nicht beliebig auf Dauer stellen. Auch die südlichen Bewegungs- und die nordamerikanischen Organizing-Gewerkschaften sind um eine Institu-tionalisierung ihrer Verhandlungsmacht bemüht. Ferner ist fraglich, inwieweit sich Erfah-rungen aus voluntaristischen, gering institutionalisierten Arbeitsbeziehungs-Systemen auf Kontinentaleuropa übertragen lassen (Frege 2000). Fakt ist jedoch, dass die Adaption von Erneuerungspraktiken durch europäische und deutsche Gewerkschaften längst im Gange ist (Rehder 2008; Bremme/Fürniß/Meinecke 2007; Dribbusch 2007: 24-52; Dörre/Holst/

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Nachtwey 2009). Eine wissenschaftliche Reflexion dieser Phänomene ist in Deutschland bislang jedoch randständig geblieben. 4.3 Forschungen jenseits gesicherter Erkenntnisse Zur Kluft zwischen mittlerweile renommierten, international ausgerichteten Labor-Revitalization-Studies und einer in Deutschland eher selbstgenügsamen Arbeitsbeziehungs-forschung dürfte die fraglose Akzeptanz des Intermediaritätsparadigmas in erheblichem Maße beigetragen haben. Soll dies korrigiert werden, sind theoretisch-konzeptionelle Inno-vationen unabdingbar. Offensichtlich ist, dass die soziale Frage ins Zentrum entwickelter Gesellschaften und damit in den Mittelpunkt sozialwissenschaftlicher Zeitdiagnosen zu-rückgekehrt ist (Aulenbacher 2009). Fakt ist aber auch, dass sich diese Entwicklung in den zeitgenössischen Analysen organisierter Arbeitsbeziehungen konzeptionell kaum niederge-schlagen hat. So bewirkt die Flexibilisierung und Prekarisierung von Arbeit keineswegs automatisch „Desaggregation“, wie Manuell Castells (2001) vermutet. Allerdings erzeugt sie eine Konfliktdynamik, die sich im Grunde am Besitz von knappem „sozialen Eigentum“ (Castel 2005: 41, 2009b) entzündet. Hatte Jürgen Habermas (1987: 276f., 293) seine Zeit-diagnose einer „Kolonialisierung der Lebenswelten“ an die wohlfahrtsstaatliche Pazifizie-rung des Klassenkonflikts gebunden, so zehrt die finanzkapitalistische Landnahme nun an eben dieser Regulierungskapazität. Das Resultat ist freilich weder ein Disorganized Capita-lism noch die Wiederkehr des industriellen Klassenkonflikts in seiner bekannten histori-schen Gestalt.

Zwar spricht einiges dafür, dass die finanzgetriebene Landnahme auch „als ein Projekt angelegt war, das die alte Klassenmacht“ herrschender Gruppen wiederherstellen sollte (Harvey 2007: 26). Trotz des unbestreitbaren Erfolgs dieses Projekts wirkt die soziale Macht der „Finanzaristokratie“ (Marx 1976: 454) und der „aktiven Rentiers“ (Chesnais 2004: 224) auf Seiten der Beherrschten keineswegs als Katalysator konventioneller Arbei-termacht. Der soziale Konflikt splittert auf. Zum Niedergang organisierter Arbeitsbezie-hungen in manchen Sektoren und Ländern gesellen sich neue Arbeiterbewegungen in ande-ren Staaten und Regionen. Die Revitalisierung zuvor bürokratisierter, im Niedergang be-griffener Gewerkschaften ist ebenso möglich, wie die neuerliche Ausprägung von Bewe-gungsmomenten, ohne die Gewerkschaften wahrscheinlich niemals wirklich handlungsfä-hig waren. Kollektive Arbeitsinteressen artikulieren sich jedoch häufig nicht mehr inner-halb normierter Konflikte. In abgehängten Quartieren und Regionen findet längst ein „bar-gaining by riots“ statt, das – trotz der unbestreitbaren Relevanz ethnischer oder geschlechts-spezifischer Konstruktionen – als Ausdruck von „Brotkonflikten“, von spontanem, mitunter aber auch von organisiertem Klassenhandeln jenseits der gewerkschaftlichen und politi-schen Arbeiterbewegung analysiert werden kann (Wacquant 2009: 85-112).

Ihre gesellschaftstheoretische Relevanz werden Analysen von Arbeitsinteressen nur erhöhen können, wenn sie sich auch mit solchen Phänomenen jenseits normierter Konflikte und kollektiver Aushandlungen beschäftigen. Eine adäquate Theoretisierung der – empi-risch teilweise gut erfassten – Veränderungen der Arbeitsbeziehungen seit 1991 steht bis-lang noch aus. Um Derartiges leisten zu können, ist es sinnvoll, organisations- und institu-tionenzentrierte Analysen organisierter Arbeitsbeziehungen wieder stärker auf ihre sozio-ökonomischen Kontexte rückzubeziehen (dazu instruktiv Streeck 2009: 230-272). Sicher-

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lich war es wichtig und richtig, die Spezifik von Organisation und Institution herauszuar-beiten. Doch mit deren sozioökonomischen Konstitutionsbedingungen sind zugleich Machtsressourcen und -asymmetrien, nicht-normierte Konflikte und soziale Bewegungen aus dem Blick geraten. Das gilt es zu korrigieren. Dementsprechend kann Arbeitsbezie-hungsforschung nicht mehr ausschließlich als Analyse intermediärer Organisationen und Interessenregulierung betrieben werden. Sie hat zu verarbeiten, dass Klassenkonflikte heute in eine Vielzahl klassenunspezifischer Alltagswelten eingebettet sind, welche eine Verbin-dung von Arbeiter-Organisationsmacht mit anderen Machtquellen und -ressourcen möglich machen (Tait 2005: 4ff.). Ein solcher Formwandel von Arbeitermacht lässt sich indessen nur thematisieren, wenn die Forschung neue Akteure (Konsumentengruppen, Migranten- und Frauenorganisationen, Umweltverbände, NGOs) und Felder (Organisierung von ,Nicht-Organisierbaren‘) einbezieht, eine international ausgerichtete Analyseperspektive einnimmt, Arbeiterbewegungen und Labour Unrest in den Ländern des Südens untersucht und sich zugleich für andere Disziplinen und Fachrichtungen (z. B. den International Politi-cal Economy Approach – dazu ein Überblick in Bieling 2007) öffnet. Ein solches Erneue-rungsprojekt anzugehen, würde bedeuten, dass die wissenschaftliche Thematisierung kol-lektiver Arbeitsinteressen in gewisser Weise zu ihren Wurzeln zurückkehren muss. Ange-sichts eines radikal gewandelten Kapitalismus und einer Krise, die zumindest in ihren Ausmaßen an die große Depression von 1929/33 erinnert (Galbraith 2008), harrt die Frage nach den Quellen von Arbeitermacht einer neuen Bearbeitung. Bei der Suche nach Antwor-ten kann auf gesicherte Erkenntnisse der Disziplin nicht verzichtet werden. Ohne den Mut zu konzeptionellen Innovationen jenseits des Intermediaritätsparadigmas dürfte analytischer Fortschritt indessen nur schwer möglich sein. Zur Vertiefung Brinkmann, Ulrich/Choi, Hae-Lin/Detje, Richard/Dörre, Klaus/Holst, Hajo/Karakayali, Serhat/

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