Dossier Gerontopsychiatrie

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Film: Was ist Gerontopsychiatrie? Dossier Gerontopsychiatrie Die Patienten bleiben im Schni 28 Tage in Behandlung. Im Interview spricht Paikert- Schmid über psychiatrische Erkrankungen im Alter, über verschiedene Formen der De- menz und Behandlungsmethoden in ihrer Abteilung. l Nicolas Diekmann und Tim Wessling Die Gerontopsychiatrie ist ein Fachgebiet der Psychiatrie, das sich mit mit älteren Men- schen und ihren seelischen Erkrankungen beschäftigt. Im Isar-Amper-Klinikum Mün- chen-Ost gibt es seit 1992 eine eigene Station mit offenen und geschlossenen Bereichen. Irmgard Paikert-Schmid ist dort Chefärztin. Gebrechliche Seele Ein Dossier über psychische Erkrankungen im Alter Seit Jahren steigen die Zahlen psychischer Er- krankungen im Alter. Die Gerontopsychiatrie ist der Fachbereich für seelische Beeinträch- tigungen ab 65 – so zumindest definiert das Klinikum-Ost in München Alter. Inzwischen gibt es in Deutschland Behandlungszentren, allerdings fehlen diese Einrichtungen noch in weiten Teilen Deutschlands. Sucht und Abhängigkeiten von Alkohol oder Medikamenten sind bei Senioren öfter ein Problem als angenommen wird. Depres- sionen werden in den Behandlungszentren ebenso therapiert wie Schizophrenie. Vor allem aber sind es Demenzerkrankungen, auf die sich viele Einrichtungen speziali- siert haben. Inzwischen taucht diese Erkrankung zunehemnd in den Medien auf. Vor allem dann, wenn ein Prominenter sein Leiden öffentlich macht. Dennoch ist Demenz in Deutschland noch immer ein Tabuthema. Wie Erkrankte behandelt werden, wissen die Wenigsten. In den geschlossenen stationären Einrichtungen arbeiten Pfleger und Ärzte anhand unterschiedlicher Therapieansäꜩe mit ihren Patienten. In immer mehr Häusern wird mit Musik behandelt, auch Malerei ist eine gute Möglichkeit, Abwechslung in den Alltag der Patienten zu bringen. Bei einer Demenzerkrankung führt der Weg allerdings nicht automatisch in stationäre Einrichtungen. Inzwischen gibt es Demenz- Wohngemeinschaften und Konzepte zum betreuten Wohnen. In Rheinland-Pfalz wird derzeit sogar ein Demenz-Dorf nach geplant. Die Angehörigen der Betroffenen stehen beim Ausbruch der Krankheit oftmals vor einem Wust aus Bürokratie und unver- ständlichem Beamtendeutsch. Dabei ist es wichtig zu wissen, dass die rechtliche Betreuung auch andere Personen überneh- men können Foto: Flickr, Video: Tim Wessling/Nicolas Diekmann

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Film: Was ist Gerontopsychiatrie?Dossier GerontopsychiatrieDiePatientenbleibenimSchnit28Tagein Behandlung.ImInterviewsprichtPaikert-SchmidberpsychiatrischeErkrankungen im Alter, ber verschiedene Formen der De-menzundBehandlungsmethodeninihrer Abteilung.l Nicolas Diekmann und Tim WesslingDieGerontopsychiatrieisteinFachgebiet der Psychiatrie, das sich mit mit lteren Men-schenundihrenseelischenErkrankungen beschftigt. Im Isar-Amper-Klinikum Mn-chen-Ost gibt es seit 1992 eine eigene Station mitofenenundgeschlossenenBereichen. Irmgard Paikert-Schmid ist dort Chefrztin. GebrechlicheSeeleEin Dossier ber psychische Erkrankungen im AlterSeit Jahren steigen die Zahlen psychischer Er-krankungen im Alter. Die Gerontopsychiatrie istderFachbereichfrseelischeBeeintrch-tigungenab65sozumindestdefniertdas Klinikum-Ost in Mnchen Alter. Inzwischen gibt es in Deutschland Behandlungszentren, allerdingsfehlendieseEinrichtungennoch in weiten Teilen Deutschlands.SuchtundAbhngigkeitenvonAlkohol oder Medikamenten sind bei Senioren fter ein Problem als angenommen wird. Depres-sionen werden in den Behandlungszentren ebensotherapiertwieSchizophrenie.Vor allem aber sind es Demenzerkrankungen, aufdiesichvieleEinrichtungenspeziali-siert haben.InzwischentauchtdieseErkrankung zunehemnd in den Medien auf. Vor allem dann,wenneinProminenterseinLeiden fentlichmacht.DennochistDemenzin Deutschland noch immer ein Tabuthema.Wie Erkrankte behandelt werden, wissen die Wenigsten. In den geschlossenen stationren EinrichtungenarbeitenPfegerundrzte anhandunterschiedlicherTherapieanste mit ihren Patienten. In immer mehr Husern wird mit Musik behandelt, auch Malerei ist eine gute Mglichkeit, Abwechslung in den Alltag der Patienten zu bringen.Bei einer Demenzerkrankung fhrt der Weg allerdingsnichtautomatischinstationre Einrichtungen. Inzwischen gibt es Demenz-WohngemeinschaftenundKonzeptezum betreuten Wohnen. In Rheinland-Pfalz wird derzeit sogar ein Demenz-Dorf nach geplant.DieAngehrigenderBetrofenenstehen beim AusbruchderKrankheitoftmalsvor einemWustausBrokratieundunver-stndlichemBeamtendeutsch.Dabeiist eswichtigzuwissen,dassdierechtliche Betreuung auch andere Personen berneh-men knnenFoto: Flickr, Video: Tim Wessling/Nicolas DiekmannDie helfende HandalleEntscheidungenberdiePfegeihrer Muter. Fr sie ist Krger eine groe Hilfe.EhrenamtlicheBetreuerwerdenimmer wichtigerfrdieVersorgungalterMen-schen:VieleAngehrigelebennichtam gleichenOrtoderfhlensichberfordert mit der Pfege der Erkrankten. Doch da Be-rufsbetreuer hufg fr bis zu vierzig Flle gleichzeitigverantwortlichsind,bleibtih-nen keine Zeit, die Betreuten persnlich zu besuchen. Krger kann sich die Zeit dafr nehmen. Er arbeitet nur noch wenige Stun-den in der Woche und betreut neben Berger vierweitereltereMenschen.Frallehat erdieVermgens-undGesundheitssorge bernommen.ZweiMalimMonatschaut erfreinpaarStundenbeiihnenvorbei, bespricht mit der Heimverwaltung fnanzi-elle Fragen oder informiert sich beim Pfe-gepersonal,welcheMedikamentederzeit verabreicht werden. KrgerwirdselbstregelmigvomBe-treuungsgerichtkontrolliert.Beiwichti-genEntscheidungenwiederknstlichen ErnhrungeinesPatientenodernotwen-digen Operationen muss er zudem die Zu-stimmungdesGerichteseinholen.Auch Was tun, wenn ein Angehriger nicht mehr in der Lage ist, eigenstndig Entscheidungen zu trefen? Eine rechtliche Betreuung durch Ehrenamtliche kann Betrofenen und Angehrigen helfenmitdenAngehrigenbleibt erinKontakt.Krgerversteht sichalsInteressensvertreter derPatienten.Erversucht,ein Vertrauensverhltniszuihnen aufzubauenundachtetdarauf, wiediePfegerindenHeimen mit den Betreuten umgehen. InderPfegekannteHartmut Krgersichschonvorseinem Ehrenamtauszeitweisehat er im Bro eines Pfegedienstes gearbeitet.Auerdemversorg-teerlangeseinekrankeMut-terundbernahmfrsiezum SchlussauchdierechtlicheBe-treuung.Dannlieersichbei einemVereinzumehrenamt-lichenBetreuerausbildenund bernahmdieVerantwortung frweiterePfegebedrftige. DerVereinistauchheutenoch einewichtigeAnlaufstellefr ihn.ErnimmtdortanWeiter-bildungenteilundtauschtsich mitanderenEhrenamtlichen aus. Die Arbeit gibt Krger das Gefhl,etwassinn-volles zu tun und er istfroh,wennsein EngagementdasLe-ben der Patienten er-leichtert. l Magdalena SchmudeMartina Berger kann nicht mehr alleineessenodertrinken,sie sprichtundeutlichunderkennt ihre eigene Tochter hufg nicht, wenn die sie im Pfegeheim be-sucht. Die 87-Jhrige ist dement undmussdauerhaftgepfegt werden.Eigentlichmsstedeshalbihre Tochter alle Entscheidungen fr Bergertrefen,dennsiewurde alsrechtlicheBetreuerinihrer Mutereingesett.DochAntr-gebeimternundderKran-kenkasse berforderten sie. Auf ihren Wunsch hin bertrug das BetreuungsgerichtdieVerant-wortungfrdieVermgens-sorgedeshalbHartmutKrger. Der63-Jhrigeistehrenamt-licherBetreuerundkmmert sichseitdemdarum,dassdie HeimkostenfrBergerbezahlt werdenknnen,oderbean-tragtfrsieZuschssebeider Krankenkasse. Martina Bergers Tochtertriftdabeiweiterhin Dossier GerontopsychiatrieBetreuungsdienst der Johanniterwww.johanniter.de/dienstleistungen/be-treuung/demenzbetreuung/Gesetestext zum Betreuungsrechtwww.dejure.org/gesete/BGB/1896.htmlBetreuungsformular des Justizministeriumswww.bmj.de/SharedDocs/Downloads/DE/broschueren_fuer_warenkorb/Anlagen/Betreuungsverfuegung_Formular_Novem-ber2009.pdf?__blob=publicationFileVorsorgeformular des Justizminsteriumswww.bmj.de/SharedDocs/Downloads/DE/broschueren_fuer_warenkorb/Anlagen/Formular_P.pdf?__blob=publicationFileRat und HilfeImpressumChefredaktionLaura HertreiterArt DirectorTim WesslingTextchefNicolas DiekmannAutorenLisa AltmeierFranziska BroichNicolas DiekmannJulia FlsCharlote HaunhorstLaura HertreiterJulius LukasVerena OrthMagdalena SchmudeMartin SchneiderDaniel SchrdelPhilipp StuteHakan TanriverdiTim WesslingMax ZiererV.i.S.d.P. und Projektleiter Andreas LauxEin Projekt der Deutschen JournalistenschuleHultschiner Strae 8 81677 MnchenDossier Gerontopsychiatries Ist ein an Demenz erkrankter Mensch rechtsfhig? Ja,dieRechtsf-higkeitendetin Deutschlanderst mitdemTod.Frag-lichistvielmehr, obErkranktege-schfts-unddelikt-fhig sind. Wenn ein PatienteinGeschft abschliet,dasihm schadet,odereine Straftatbegeht,ent-scheidet ein Gutach-terimEinzelfall,ob erdieKonsequen-zen tragen muss. s Welche Probleme ergeben sich durch die Rechtsfhig-keit? ImAnfangsstadi-umderDemenz solltenpersnliche Angel egenhei t en undVorstellungen frspterfestgelegt werden.Dabeigibt esdreiMglich-keiten:Betreuung, Vorsorgevollmacht oderPatientenver-fgung. s Was bedeutet Be-treuung? EinBetreuerkann einspringen,wenn ein Patient seine An-gelegenheitennicht selbstregelnkann. Erwirddurchden Erkranktenoder vonofziellerStelle eingesett.Werda-fr in Frage kommt, bestimmtderPati-entdurcheineBe-treuungsverfgung. Erkanndarinauch festlegen,wieseine Finanzenverwaltet werdensollenoder inwelchesPfege-heim er mchte. Fr dieVerfgungein ArztdemPatienten Geschftsfhigkeit bescheinigen.Be-treuerwerdenvon einemGerichtkont-rolliert. s Was ist eine Vor-sorgevollmacht? IneinerVorsorge-vollmachtregelt derPatient,wel-chePersonfrihn wichtigeEntschei-dungentrefensoll. Die Verfgung kann allgemeinseinoder einzelneAufgaben-bereichebeschrei-ben.DerPatient mussbeimErstel-leneinerVollmacht rztlichbescheinigt geschftsfhigsein. DerBevollmch-tigteunterliegt keinergerichtli-chenKontrolle. sWo endet die Vor-sorgevollmacht?Wennfreiheitsein-schrnkendeMa-nahmennotwen-digwerden-z.B. wennderPatient ineinegeschlos-seneEinrichtung muss,schwere medizinischeEin-grife,ruhigstellen-deMedikamente, Bauchgurteoder Betgiternotwen-digsind.Dann mussdasGericht zustimmen. bestimmtWer an Demenz erkrankt, kann hufg nicht mehr selbst entscheiden. Nur was dann?Foto: FlickrsWas ist eine Pati-entenverfgung?EineErklrung,in derderPatientbe-stimmt,wieerin lebensbedrohlichen Kr ankhei t ssi t ua-tionenbehandelt werdensoll-z.B. oblebenserhaltende Manahmenange-wandtwerden.Die Verfgungsollte miteinemArztver-fasstwerden.Eine Missachtungdes Pat i ent enwi l l ens kannstrafrechtlich verfolgtwerden. l Martin SchneiderFremd- Dossier GerontopsychiatrieSiesindAlkoholiker,sagteeinArztvor zweiJahrenzuHaraldScholz*.Derheute 62-JhrigeglaubtedemMedizinernicht.Er war wegen einer Entndung der Bauchspei-cheldrse in die Praxis gekommen und hielt sichansonstenfrgesund.Der Arztmachte Scholzklar:Siemssensofortaufrenzu trinken.ScholzbegabsichinBehandlung understjettwurdeihmbewusst,dasser schtig war. Ein oder zwei Bier am Abend hat-te er immer gern getrunken. Mit Ende Fnfzig ging der IT-Spezialist in Altersteilzeit, gleich-zeitigzerbrach einelangjhri-geBeziehung. Scholzwarnun hufg allein und die Biere wurden mehr.AmEnde warenesjeden Abend sieben bis acht Flaschen.MitdemAl-koholhabeich michzufrieden gefhlt,auch wennichallein war, sagt Scholz heute.ErhateineEntgiftungimKranken-haus gemacht und zwei Monate Therapie in einer Tagesklinik. Damit hat Scholz die Sucht berwunden.MenschenwieHaraldScholzwerdenals Late-Onset-Abhngigebezeichnet:Sie entwickeln erst im hheren Alter eine Sucht. ber dieses Problem ist wenig bekannt, aber inStudienwirdalleinderAnteilderAlko-holschtigen in der Altesgruppe zwischen 60 und69aufberzehnProzentgeschtt.Da es immer mehr Senioren gibt, wird auch die Zahl der lteren Suchtkranken in den nchs-ten Jahrzehnten zunehmen.ChristinePschiererarbeitetbeiderCaritas inMnchenmitlterenSuchtpatienten.Die PsychologinhatvieleKlienten,diewieHa-raldScholzindieSuchtrutschen,wennsie weniger arbeiten oder in Rente gehen. Es ist fr viele Menschen nicht einfach, als Rentner dievieleFreizeitzufllen,sagtPschierer. EinandererRisikofaktorseidieEinsamkeit ihren Angehrigen deshalb, die gesamte Lis-te ihrer Medikamente regelmig von einem Arztberprfenzulassenundnachzufra-gen, ob jedes Mitel wirklich notwendig ist.Eine Alkoholsucht hat meist deutlichere An-zeichen,zumBeispieleineFahneoderLal-len.HufgeAnzeichensindzudemeine Verwahrlosung der Betrofenen und dass sie sichzurckziehen,sagtChristinePschierer vonderCaritas.Auch,wennjemandhufg strze,Stimmungsschwankungenhabeoder pltlich aggressiv werde, knne das auf eine Alkoholabhngig-keithindeuten. Wichtigsei,dass Angehrigeund Freundediemg-licheSuchtanspre-chen, auch wenn l-tereMenschensich dafr oft besonders schmen wrden.DerersteSchritzu einererfolgreichen Behandlungist, eineBeratungsstel-leoderdenHaus-arztanzusprechen. Wird dann eine Sucht festgestellt, beginnt die TherapiemiteinerEntgiftung:DerKrper wird vom Suchtmitel entwhnt. Danach folgt in der Regel eine lngere Therapie, bei der die Ursachen behandelt werden. Die Erfolgsaussichten der Therapie bei Late-Onset-Abhngigen sind sehr gut, sagt Chris-tinePschierer.OftblhendieMenschen hierwiederrichtigauf.Dasbesttigtauch HaraldScholz,derseine Alkoholsucht ber-wundenhat:Esisterstaunlich,wasman mit einem klaren Kopf alles anstellen kann. *Name gendert.l Philipp Stutelterer Menschen, wenn Partner oder Famili-enmitglieder sterben. NebenAlkoholikerngehrenzuPschierers Klienten vor allem Senioren, die von Medika-menten abhngig sind. Anders als beim Al-kohol sind darunter mehr Frauen als Mnner. UnddieseGruppewchstdeutlichschnel-ler, so Pschierer.SiegfriedWeyerervomZentralinstitutfr seelische Gesundheit in Mannheim erforscht dieMedikamentenabhngigkeitbeilteren Menschen. Er sagt, dass rzte lteren Patien-ten zu leichtfertig Medikamente verschreiben wrden.IneinerStudieseifestgestelltwor-den, dass etwa 13 Prozent der ber 70-Jhri-genBenzodiazepineeinnehmen.DieseMe-dikamentewirkenberuhigendundnehmen ngste,machenaberauchsehrschnellab-hngig.Aufmerksamkeit ist bei diesem Problem das wichtigste, ergnzt Werner Barking von den BodelschwinghschenStiftungeninBielefeld. ErleiteteinModellprojekt,mitdeminder AltenpfegedieAufmerksamkeitfrSucht-problemeerhhtwerdensoll.AuchfrAn-gehrige und Freunde von lteren Menschen sei es nicht immer einfach, eine Abhngigkeit zu erkennen.EineMedikamentensuchtkannsehrun-auflligverlaufen.WenndieMitelbei-spielsweiseeineVerlangsamungodereine Gehstrungen hervorrufen, wird das oft als normaleAlterserscheinunggedeutet.Wer-ner Barking empfehlt lteren Menschen und Die stille SuchtSchtige vermutet man auf Bahnhofstoiletenund nicht im Altersheim. Trotdem sind vieleSenioren abhngig von Alkohol oder TabletenDeutscheHauptstelle frSuchtfragen02381/90150 www.dhs.de Bundesweite Sucht- undDrogenhotline01805/313031Rat und HilfeTelefonseelsorge0800/1110111www.telefonseelsorge.de Infotelefon der Bundeszentrale fr gesundheitliche Auflrung zur Suchtvorbeugung 0221/892031 Foto: FlickrTrampolin und Wolle PetryWelchen Dingen begegnen ltere Patienten in der Psychiatrie? Typische Gegenstnde aus dem Klinikleben - gefunden im Klinikum Haarl Lisa AltmeierImBastelraumwerdenKrbegefochten oder Tcher bemalt.Auf einem Holzkontrabass wird bei der Mu-siktherapie gespielt. MitGedchtniskartentrainierenPatienten ihr Erinnerungsvermgen.EinTabletmitMitagessen.FesteEssenzei-ten strukturieren den Tag.Schnabeltassen?Neindanke.Diemeisten Patienten trinken aus bunten Bechern.Ein Instrument fr alle: Mit dem Gong kann jeder Patient musizieren.UnterihrerKleidungtragenPatientenoft diese Hosen. Wenn sie damit hinfallen, bre-chen sie sich nicht so leicht die Hfte.Bunte Blle frs Fingertraining. Durch Greif-bungen werden die Hnde wieder beweg-licher.Von wegen alt und gebrechlich: Im Gymnas-tikraumwirdmitTrampolinundHpfl-len trainiert.Fitness fr Senioren: Dieser Wagen trainiert automatisch die Beinmuskulatur.Gute-LauneMusik:ImKlinikumwerden Wolfgang Petry und Volksmusik gespielt.KlassikerimKrankenhaus:Wschewagen mit Handtchern, Windeln, Betzeug.Dossier GerontopsychiatrieFotos: Lisa AltmeierDeutschland wird ein Land der Senioren. Noch um die Jahrtau-sendwendewarennur17Pro-zentderBevlkerunglterals 65Jahre,inwenigenJahrzehn-ten,2050,werdenesknappein Dritelsein.Durchdiesende-mographischen Wandel werden immermehrMenschenunter altersbedingtenpsychischen Krankheiten,wiezumBeispiel Alzheimer, leiden. GerontopsychiatrischeZentren habensichaufdieProbleme erkrankterSeniorenspeziali-siert.Sievereinenambulanten Dienst,TagesklinikundBera-tungundsindsomitwichtige AnlaufstellenfrBetrofene undderenAngehrige.Die Zentrenwurden1988vonei-nerExpertenkommissionder Bundesregierungentwickelt undsollenjeweilsfr250000 Menschenzustndigsein.Laut derDeutschenGesellschaftfr Gerontopsychiatrieund-psy-chologie(DGGPP)hatdieAr-beit der Zentren die Versorgung psychischkrankerSeniorener-heblich verbessert. DochdieZentrensindin Deutschlandnichtgleichmig verteilt. Einige Gebiete sind un-Keine Psychiatrie fr Senioren in der Nheterversorgt.DieFolge:Hilfsbe-drftigemssendemAngebot hinterherreisen,umbestmg-lich behandelt zu werden. Zum BeispielgibtesinMecklen-burg-Vorpommern,verglichen mitBaden-Wrtemberg,sehr wenigeZentren.Voneinigen Orten sind sie mehr als 50 Ki-lometer entfernt. DieDeutscheGesellschaft frSozialePsychiatriefor-dert,dasssichKommu-neninganzDeutschland mehr um die Versorgung derSeniorenkmmern. Mit Brgerbefragungen soll der tatschliche Be-darfanambulanten, teilstationrenund stationrenPlten ermitelt werden. l Daniel SchrdelGerontopsychiatrische Zentren bieten spezialisierte Hilfe fr psychisch kranke Senioren. Doch solche Einrichtungen gibt es nicht berallDieZahlderDemenzkran-keninDeutschlandwirdin denkommendenJahrzehn-tendrastischsteigen.Derzeit sindetwa1600von100.000 Einwohnernbetrofen.In30 JahrenwirdsichdieseZahlvo-raussichtlichverdoppelthaben. Besondersdieber65-Jhrigen sind betrofen, da mit dem Alter dieWahrscheinlichkeitzuer-kranken steigt. Die Zahl der De-menzflle ist auch eine Folge der alternden Gesellschaft. LagdieLebenserwartung1960 nochbei70Jahren,istsieheute auf 82 Jahre gestiegen. Auerdem kommenimmerwenigerKinder zurWelt.VonderZunahmeder Demenzflle wird ganz Deutsch-landbetrofensein.Allerdings fallendieSteigerungenregional unterschi ed- l i c h hochaus.Ins-besonderedie ostdeutschen Bundeslnder sindstarkbe-trofen.Neben Klick aufs Bild: Entwicklung der Krankheitsflle in DeutschlandwenigNeugeborenenkommt dorteinehoheAbwanderungs-quotehinzu.InSachsen-Anhalt oderMecklenburg-Vorpommern werden2025mehrals2800De-menzkranke auf 100.000 Einwoh-nerkommen.InandereBundes-lndern wie Baden-Wrtemberg oderHamburgsteigtdieZahl wenigerstark,dadieseGebiete wegenguterwirtschaftlicherBe-dingungenjungeMenschenan-ziehen.Die Folge: Knftig wird es weni-ger Menschen geben, die sich um diePatientenkmmernknnen. In der Pfege undmedizinischen VersorgungkanneszuEngps-sen kommen, auf die sich Lnder undKommuneneinstellenms-sen. l Julius LukasDossier GerontopsychiatrieDemografe und DemenzGrafk und Video: Julius Lukas, Karte: GooglemapsInteraktive Karte der Gerontopsych-iatriezentren in Baden-Wrtemberg und Mecklenburg-VorpommernWunderbar,sagt eineDamemitdun-kelroterHornbrille undschulterlangen grauenHaaren.Gro-er Applaus.Weiter so,rufteinZuh-rerausderletten Stuhlreihe.Katha-rinaRuckgaber,die Sngerin,istbeein-druckt,wiesichdie PatientenderGeron-topsychiatriefreuen. Die 22-Jhrige ist Sti-pendiatin des Vereins LiveMusicNow, genausowiediePi-anistinKatharina Khodos.Ruckgaber und Khodosbringen MusikzudenMen-schen, die nicht mehr zueinemKonzert kommenknnen wie zum Beispiel den PatientenderGeron-Regelmig kommen Musiker des Vereins Live Music Now und spielen fr die Patienten derGerontopsychiatrie. Das Konzert ist immer ein Hhe-punkt fr die Patienten. Eine Audioreportagetopsychiatrie.Heute fndet das Konzert in einemlichtdurchfu-tetenGruppenraum im Haus 61 des Klini-kumsMnchen-Ost stat. Katharina Ruckgaber kndigtdasnchste Liedan:Dashabe ichinderSchulege-lernt. Genau wie mei-ne Eltern. Und wahr-scheinlich auch Sie.Musik gegen das VergessenDeutsche Gesellschaft fr Musiktherapie 030/ 294 92 493Fax: 030/ 294 92 494 www.musiktherapie.deAlzheimer Forum Musik-, Tanz- und Kunstherapie www.alzheimerforum.deAllesechsWochen organisiert Ute Rent-meistereinKonzert inderGerontopsy-chiatrie. Rentmeister istMusiktherapeu-tin und erzhlt: Die Patienten freuen sich immeraufdieKon-zerte. FrdieMitarbeiter derMusiktherapie bedeutetdasviel Organisation.Rent-meisterundihre Kolleginnenrollen dasKlavierinden Aufzug und dann in denGruppenraum. SiestellenSthle undholendiePati-enten aus den umlie-genden Husern. Eine zierliche Patien-tin mit feinen grauen Haarenmchtejett eineKopfschmerz-tablete;einHerr imRollstuhlistun-geduldigundfragt, waserberhauptin demRaummacht. Rentmeistererlu-tert, wie sich die Mu-sik auf Demenzkran-ke auswirkt.SngrinRuckgaber trgteinrosaKleid ausdnnemStofundschwarzeHigh Heels.Dielangen schwarzen Haare hat sie zu einem Pferde-schwanz nach hinten gebunden.Obwohl siezumerstenMal vordenPatienten derGerontopsych-iatriesingt,tritsie selbstsicherauf.Es machtihrSpadie MusikzudenMen-scheninsKlinikum Mnchen-Ostnach Haar zu bringen.DiePianistinKa-tharinaKhodoswar schon einmal in Haus 61.Sieistbegeistert davon,wiediePa-tientendieMusik schten:Jadasist immersehrs,wie siedannankommen undsichbersehr einfacheStckefreu-en. und ihre Kolleginnen ausderMusikthera-pie.Dabeimachen dieErkranktenmit RasselnundKlang-instrumentenMusik, singenoderhren Schlager.Dasmacht ihnenSpaund wecktErinnerungen ausderVergangen-heit.Nocheinmalgroer Applaus.Eigent-lichwarMeinklei-nergrnerKaktus schondieZugabe, dochdiePatienten sindsobegeistert, dassRuckgaberund Khodosalslettes StcknochMozarts Wiegenliedspie-len. Eine blonde lte-reDamesummtmit underinnertsich: Dashabeichmei-nenKindernimmer zumEinschlafen vorgesungen.NachdemLied stehtdieDamemit derdunkelroten Hornbrilleaufund klatscht.Siehatsich gefreutberden BesuchderMusike-rinnen.FrRuck-gaberundKhodos hatsieeineorange Rosemitgebracht, diesieihnenber-reichtundsichnoch malbedankt.Dann verlsstsielchelnd den Raum. l Franziska BroichRat und HilfeAuchfrdieMusi-kerinnenistesneu vorlteren,see-lischkrankenMen-schenzuspielen. Die meisten Patienten kennenRentmeister Dossier GerontopsychiatrieFotos und Audios: Franziska BroichManchmal bin ich richtig schusseligEllenHartmannistaufgeregt.Mitschnel-lenTrippelschritenluftdiealteDame zurPforteihresWohnheims.Ichhabe meineMedikamenteheutenochnichtbe-kommen.Diezierliche80-Jhrigeistgu-ter Dinge. Aber ihre Medikamente sind ihr sehr wichtig. Frau Hartmann schaut ernst. KurzeZeitspterstehteineKranken-schwesterdesambulantenPfegedienstes der Caritas vor Ellen Hartmann. Die Rent-nerin lebt in einer betreuten Wohneinrich-tung.Morgensundabendsberwachtdie Caritas, dass sie ihre Medikamente nimmt. FrauHartmann,ichhabeIhnenheute MorgenihrePillengegeben.Hierstehts doch.SchwesterCorinnazeigtderal-tenDameihreAkte.Achja,dannmuss ichdaswohlvergessenhaben,sagtFrau Hartmann leise. Manchmal bin ich richtig 1,2 Millionen Menschen leiden in Deutschland an Demenz. 2060 werden es mehr als doppelt so viele sein. Bisher leben die meisten Erkrankten in Heimen oder werden von Angehrigen gepfegt. Doch es geht auch andersDossier GerontopsychiatrieFotos: Carpediem Mnchen e.V.schusselig.EllenHartmann lchelt.Dasmachtdoch nichts,mirgehtesoftganz genauso,sagtSchwester Corinna. Beide lachen. EllenHartmanngehrtzu den1,2MillionenDemenz-krankeninDeutschland. SieleidetanAlzheimer,der hufgstenFormvonDe-menz. Die Zahl der Erkrank-tensteigtkontinuierlich. Dasliegtvorallemdaran, dassdieLebenserwartung immerhherwird.DieDeutschenwer-denimSchnit80Jahrealt.1960waren esnochzehnJahreweniger.EllenHart-mannistkrperlichft.DieKrankheitist im Anfangsstadium. Frau Hartmann muss nichtimPfegeheimleben.Anderehaben esnichtsogut.Oftms-senPfegekrfte die Erkrankten rund um die Uhr betreuen. HeimewarenlangeZeitdieeinzigeL-sung. Im Oktober 2000 hat der Verein Carpe Diem eineDemenz-WGinMnchenerfnet.Je sieben Personen leben in den zwei groen Wohnungen in einem Haus mit Garten im OstenMnchens.Daswichtigstebeiuns ist,dassdieMenscheneinenganznorma-lenAlltagerleben,sagtPaulRothenfu-er, der Vorsitende der Jacob und Ma-rie Rothenfuer-Gedchtnisstiftung,diedas Projekt mitgegrndet hat. Jeder Bewoh-ner hateineigenesZimmer,dasersichnach eigenem Geschmack einrichten kann wie innormalenWohngemeinschaften.Die Gewohnheiten und die Vergangenheit der BetrofenensindwichtigeBestandteileim UmgangmitDemenzkranken.Jebesser wir unsere Bewohner kennen, desto besser verstehenwir,warumsieinbestimmten Situationenaggressivwerdenundinan-deren nicht. Das ist der groe Vorteil ge-genber oft anonymen Pfegeheimen. EllenHartmannlebtalleininihrerWoh-nung.IhrMannistschonlangeverstor-ben.Alles,wasaneinePfegeeinrichtung erinnert,istderNotfallknopfnebenihrer Eingangstr. Ich will niemals in ein Pfe-geheim, sagt die 80-Jhrige. l Julia FlsGibtesgengend Anlaufstellenfr Migranten,dieun-terDepressionlei-den?Nein.Esgibteine Handvolltrkische Psychotherapeuten undeinbiszwei Psychiater sind. Wie kann man Depression behandeln?MitMedikamentenundeinerPsychothera-pie. Das funktioniert ber Sprache. Die tr-kischenMigrantengehendarumlieberzu trkischen rzten, auch weil die den kultu-rellenHintergrundkennenundeinordnen knnen.Was heit das konkret?VieleMenschenrealisieren,dasssiezwar alt sind, aber nichts fr sich selbst getan ha-ben.Diesagen,siewollenwasndernund genaudasversuchenwir.Esgehtumein Umdenken, dass sie sagen Ja, das Eine hat nichtgeklapptabervielleichtkannichwas anderes machen. Wir mssen ihnen zeigen, dasssieaktivwerdenknnen.InGymnas-tikgruppen zum Beispiel. l Hakan TanriverdiLeidentrkischeMigrantenandersals Deutsche?Man kann sagen, dass bei den Trken eher kr-perliche Beschwerden im Vordergrund stehen. IndertrkischenKulturwerdenSymptome ganzandersgelebt-undzwarganzheitlich. Was heit das?Alles ist betrofen: Der Krper, die Seele und auch das Soziale. Sie leiden oft jahrelang un-ter Kopf-, Bauch- und Rckenschmerzen und rennen von Arzt zu Arzt. Meist kommen die nicht darauf, dass es sich um eine Depression handelt.Diedeutschenrztesindberfor-dert damit. Sie fragen, wo es weh tut. Es tut aber alles weh, der Schmerz ist berall. SchmensichtrkischeMigranten,indie Therapie zu gehen?Ja,SchamspielteinegroeRolle.Diemeis-tenKrankheitenbleibeninderFamilieund werden nicht nach auen getragen. Wenn sie doch zum Arzt gehen, sagen sie Ich habe R-ckenschmerzen.Dasistwenigerschambe-sett als zuzugeben Ich habe ein psychisches Leiden,ichgeheindieTherapie.Daknnt es schnell heien, er sei verrckt geworden. Migration macht krankAls sie kamen, wollten sie nicht lange bleiben. Etwas ar-beiten, dann zurck in die Heimat -das war der Plan. Dann verging ihr halbes Leben und heute leiden trkische Migranten hufg unter Depressionen. Im Interview spricht Neuropsychologin Fatma Srer ber das weitgehend unbekannte Problem WarumleideninsbesonderedieMigran-ten? Migrationmachtkrank.Beidentrkischen Menschen liegt das an ihrer Geschichte. Als sienachDeutschlandkamen,wusstensie nicht, wo sie hingehen, wie lange sie bleiben drfen.SiehatenHeimweh,auchweilsie meistihreKinderoderFamilienzurckge-lassen haben. Aberwarumsindsiedannberhauptso lange geblieben?Siekamenundhabenberstundenge-macht, weil sie dachten: Wir verdienen viel Geldundkehrenzurck.Dannhabenvie-leihreFamiliennachgeholt.Irgendwann stellte sich die Frage einer Rckkehr einfach nicht mehr.Siesagen:Migrationmachtkrank.Istdas grundstlich so?Daswrdeichnichtsagen.Dasistspezi-ellsoimFalldertrkischenMigrantenin Deutschland.GrundstlichistjedeMigra-tionbelastend,aberesisteinUnterschied, obichineinLandgeheundwei,dassich dortbleibenwerde,wennichmirdorteine Zukunftsperspektivevorstellenkannund dieSprachelerne.DaswarbeidenGastar-beitern so gar nicht vorgesehen.NeuropsychologinDr. Fatma SrerSichselbstauszudrcken,ist Lebensqualitt.DieKunsthera-peutinElisabethSeidelarbeitet im Schn-Klinik Bad Aibling mit Demenzpatienten und deren An-gehrigen.DreiWochendauert die Reha-Manahme, bei der sich die Patienten mit Pinsel und Stift selbstverwirklichenknnen. Wirarbeitenressourcenorien-tiert, das bedeutet wir heben die nochvorhandenenTalenteund FhigkeitenderPatientenher-vor, sagt sie. Das sei sinnvoller, als die von der Krankheit betrof-fenenHirnarealezutrainieren. ElisabethSeidelzeigteineAus-wahl der Werke ihrer Patienten.Kunst trotz DemenzMit Malerei bleibt das Gehirn auf TrabDossier GerontopsychiatrieFotos: Shuterstock, Fatma Srer Video: Maximilian ZiererKlick aufs Bild: Audiokommentar zur Demenz-Kunstwohnen |n der 0orfgeme|nschaft - A|zeyreucllirsLresse 10-11.1066S Lerlir.Lel 0S0S4 99 08 0.fex 0S0-S4 99 08 88. reilfeccerser-ercliLelLer.ce02860 - /lLier SLre8e, /lzey4 83ladleoau||c|e 3lud|e 31.05.20118au|orperslud|eImhollndischenWeespnaheAmsterdam hatesangefangen.Dortlebenseit2009rund 150DemenzkrankeinihremeigenenDorf namens De Hogewey. Stat Pfegepersonal in weienKitelnundKlinikessengibteshier Friseure, Supermrkte und sogar ein Theater. DieMenschenlebeninvonPfegepersonal betreutenWohngemeinschaften.Andersals inKlinikenknnendieBewohnerbeimKo-chen helfen und ihre Wsche selber waschen. Trotdem ist das Dorf eine stationre Einrich-tung: Eine Doppelschleuse regelt den Zugang zur Auenwelt. Kritiker werfen dem Konzept deshalbvor,eineScheinselbststndigkeit aufzubauen.DiedemenzkrankenBewohner seien eingesperrt, ohne es zu merken.Befrworterwiederumsprechenvoneinem dervielversprechendstenPilotprojektefr denzuknftigenUmgangmitDemenz-Pati-enten. Denn die Bewohner von De Hogewey sind im Vergleich zu stationren Demenzein-richtungennachweislichwenigeraggressiv undbentigenkaumMedikamentezurRu-higstellung. JanBennewitisteinerderBefr-worterdesProjektes.Seit2009ist er Geschftsfhrer der auf Gesund-heitsunternehmenspezialisierten UnternehmensberatungBennewit&Georgi.AufeinerVeranstaltung im Frhjahr 2011 hrt er das erste Mal von De Hogewey. Das Projekt interes-siertihn,kurzeZeitspterbesuchter dashollndischeDorfundistbeein-druckt:DieMenschendortwirkten sehr zufrieden. Sie leben in einem siche-ren Wohn- und Lebensraum und haben weiterhindasGefhlselbststndigzu sein. Das ist ein Ort wo Menschen leben, kein Krankenhaus, beschreibt Bennewit das Dorf. Bei ihm und einer Kollegin aus der Unternehmensberatung wchst die Idee eines hnlichen Dorfs in Deutschland. Die Immobi-liengruppe Schetler aus Herten mchte sich als Investor beteiligen.SeitAnfangdesJahreswirddasDorfnun auf einem Gelnde der rheinhessischen Stadt Alzeygeplant,12.000Quadratmetergro. ImLandkreisAlzey-WormswirdPrognosen desLandesRheinland-Pfalzzufolgeallein bis2020dieBevlkerungber60umgut30 Prozent zunehmen. Entsprechend steigt auch der Pfegebedarf. In dem von den Planern als StadtquartierbezeichnetenDorffrDe-menzpatienten sollen zuknftig 120 Personen nach hollndischem Vorbild leben. Ein alltags-nahes,persnlichesLebensumfeldistBenne-wit dabei genauso wichtig, wie die medizini-scheVersorgungderPatienten:Wir wollenkeineabwischbaren, nicht-brennbaren Funkt i -o n s -mbel,er-klrt Jan Bennewit. DieBewohnersollen sich zuhause fhlen und somit auch ihre eigenen Sachen mitbringen drfen. In dem Dorf soll es mindestens ein Caf,einenSupermarktundeinenSpielplatgeben.MehrereTherapeutenkmmernsich dannumdiePatienten.Umzuntwirddas Ganzenicht.DieArchitekturdesGelndes lssteszu,dassrundherumdurchGebude natrliche Begrenzungen entstehen, sagt Pla-nerBennewit.InnerhalbdesDorfesknnen die Bewohner sich dann frei bewegen, wobei stets eine Pfegekraft ein Auge auf die Patien-ten haben soll. Wenn Bewohner das Dorf ver-lassen wollen, dann soll das in Begleitung mit einem Betreuer mglich sein.WichtigeristfrBennewitaller-dings der Zugang der Stadt Alzeyzudem S t a dt -quartier. Die Anwohner sollendengleichen SupermarktoderSpiel-platbenuten,wiedieDe-menzkrankenauch.DenVorwurf,er wrdediealtenLeuteghetoisieren,weist Bennewit von sich: Ein Gheto entsteht nur, wenndassozialeLebenvorOrtvernachls-sigtwird.Wirwollenunshingegenbeson-dersumdieMenschenkmmern.Beitra-ditionellenstationrenPfegeeinrichtungen beschwertsichkaumjemanddarber,dass die Menschen dort keinen Zugang zum rea-lenLebenhaben.Wirstellennunwiederum eine Alternative vor und sofort heit es: Das Leben dort ist nicht real genug. AbgesehenvondeninhaltlichenKritikpunk-tenmussdasModellallerdingsauchfnan-ziertwerden.MomentanrechnendieInitia-torenmiteinemEigenanteilderBewohner von1400EuroproMonat.Hinzukommen 13 bis 14 Millionen Euro von den Investoren, den Rest wird der Landkreis Alzey-Worms in Form von Sozialleistungen auszahlen mssen. ImJuniwillderLandkreisdarberentschei-den, ob er den Planern ein Vorkaufsrecht fr das Grundstck einrumt. Die Chancen dafr sieht Bennewit momentan bei Fifty-Fifty. l CharloteHaunhorstLange Zeit galten stationre Einrichtungen fr Demenzkranke als einzige Betreuungsmglichkeit. Im rheinhessischen Alzey soll sich das nun ndern. Hier wird Deutschlands erstes Demenz-Dorf geplantDie AltstadtWebseite von De Hogeweywww.vivium.nl/hogewey_weespWebseite Bennewit & Partnerwww.bengeo.de/Rat und HilfeDas Leben im Demenz-DorfDossier GerontopsychiatrieGrafk: Bengeo & Partner, Video: 3SatDossier GerontopsychiatrieKrankheiten des alternden GehirnsDie vorherrschenden Krankheiten im Alter sind neurodegenerativ.Hierzuzhlen Alzheimer, Parkinson und Chorea Huntington. Diese Krankheiten beruhen auf dem fortschreitenden Funktionsverlust von Nervenzellen (Neurone), der oft in deren Abbau endet (Degeneration). Auch neuropsychologische Beeintrchtigungen treten im Alter auf: Depressionen zeigen sich bei lteren Patienten anders als bei jungen. Auch alternde Schizophrenie-Patienten und die steigende Zahl an lte-ren Ersterkrankten erfordern eine spezielle Behandlung und Pfege. Im Folgenden werden diese fnf Gehirn-Erkrankungen genauer erklrt1906 beschrieb der deutsche Neurologe Alo-isAlzheimerzumerstenMalDieKrank-heitdesVergessens,anderheutemehr als50ProzentderAltersdementenleiden. Gedchtnis-undSprachstrungensowie rumlicheDesorientierungsindtypische Symptome. Die Strungen beruhen auf dem Absterben von Nervenzellen. Eine geregelte Weiterleitung von Nervensigna-len ist somit nichtmehrmglich.VieleFaktorenfhren zueinerAlzheimererkrankung.Derwich-tigsteRisikofaktoristdas Alter. AuchBlut-hochdruck und Diabetes scheinen eine Rolle zu spielen. Fast die Hlfte der ber 85-Jhri-genistbetrofen.EsgibtkeineHeilung,da wederabgestorbeneNervenzellenersett, nochdasFortschreitendesZellverlustes gestoppt werden kann. Allerdings kann die richtigeTherapieVerhaltensstrungenmil-dern und die Gedchtnisleistung erhhen. PatientenmitkrperlichenKrankheiten entwickelnleichtereineDepressionalsGe-sunde.ZehnProzentderber65-Jhrigen, die zu Hause leben, weisen eine Depression auf. Im Altersheim leiden bis zu 40 Prozent darunter.BeialtenMenschenuertsich eineDepressionoftinkrperlicheSchmer-zenundgenerellenngstenvorKrankheit. FrheSymptomesindKonzentrationsst-rungen:DerPatientdenktlangsamerund sprichtweniger.AuftretendeGe-dchtnis-strungen machen es schwer, die depressive Pseudodemenz von einer echten Demenz zu unterscheiden. Verursacht wird eine Depres-sion durch ein Ungleichgewicht der bioche-mischen Vorgnge im Gehirn. Die Kommu-nikationvonNervenzellenistgestrt.Eine Depression ist mit Hilfe von Medikamenten und Psychotherapien heilbar. Besonders bei DepressionenimAltersollteschnelleinge-grifenwerden,dadieSuizidratebeialten Menschen sehr hoch ist: 30 Prozent aller Su-izide werden von Menschen ber 65 Jahren verbt.Alzheimer Hardy,J:AhundredyearsofAlzheimers Disease Researchw w w . c e l l . c o m / n e u r o n /issue?pii=S0896-6273(06)X0313-6 Das Wichtigste ber die Alzheimer-Krank-heit, Deutsche Alzheimer Gesellschaftwww. deut sche- al zhei mer . de/ i ndex.php?id=13Rat und HilfeDepressionenim AlterStoppe, G: Depressionen im Alterwww. aeksh. de/shae_al t/2009/200904/Mw69_73.pdfLanger, A: Depression im Alter Das ganze Scheileben, das ich gefhrt habe www. s pi e ge l . de / panor ama/ ge s e l l -schaft/0,1518,801834,00.htmlImmel-Seher,A:DepressionimAlter: Wenn die Freude am Leben zerbrichtwww.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=30889Rat und HilfeFoto: Margaret Thatcher FoundationDie ehemalige britische Premierministerin Mar-garet Thatcherist 2008 an Demenz erkranktDossier GerontopsychiatrieDieKrankheitzhltzudenendogenenPsy-chosenundzeichnetsichdurchdiegestrte WahrnehmungdesIchsunddesAuenbe-zugsaus.MeistsettdieErkrankungvor dem30.Lebensjahrein.Esgibtjedochauch ErstdiagnosenimhherenLebensalter:Bei Frauen kann es nach der Menopause zu einer Ersterkrankungkommen.Schizophrenieist einesehrvielfltigeKrankheit.Diemeisten ParkinsonDieauchalsSchtellhmungbezeichnete KrankheitistnachAlzheimerdiehufgste neurodegenerativeErkrankung.DieSymp-tomewurden1817erstmaligvondemeng-lischenArztJamesParkinsonbeschrieben. TypischsindeinZiternderGliedmaenim Ruhezustand,steifeGlieder,langsameBe-wegungenundfehlendeMimik.Parkinson brichtimAlterzwischen50und70Jahren aus, schreitet schnell voran und geht in mehr als 40 Prozent der Flle mit einer Demenz ein-her.Ursacheistdas AbsterbenvonNerven-zellen in einem beschrnkten Gebiet. Mit dem Tod der Zellen fllt die Kommunikation mit Hirnarealen weg, die fr Bewe-gungskoordi-nationzustndigsind.DieSymptomekn-nenmitMedikamentengemildertwerden. Heilbar ist die Krankheit jedoch nicht, da die Ursachen zunehmender Verlust der Zellen nicht behandelbar ist.LeeVMY,TrojanowskiJQ:Review:Me-chanism of Parkinsons Disease w w w . c e l l . c o m / n e u r o n /issue?pii=S0896-6273(06)X0313-6Deutsche Parkinson-Vereinigung www.parkinson-vereinigung.de/Kompetenznetwerk Parkinson www.kompetenznetparkinson.de/Parkin-son/basisinfo.htmlSchizophrenie Rat und HilfeFaust V: Psychosoziale Gesundheit: Von Angst und Zwangwww.psychosoziale-gesundheit.net/psychiatrie/schizophrenie.html Kompetenznet-Schizophreniewww.kompetenznet-schizophrenie.de

National Insitute of Mental Health: Schizophrenia www.nimh.nih.gov/health/publications/schizophrenia/what-cau-ses-schizophrenia.shtml Psychiatriegesprch: Ursachen und Entstehung der Schizophreniewww.psychiatriegespraech.de/psychische_krankheiten/schizo-phrenie/schizophrenie_aetiologie.phpRat und HilfeFotos: DPAPapst Johannes Paul II. kmpfte in den letten Jahren seines Lebens mit ParkinsonDieKrankheitwurdeerstmals1872von dem amerikanischen Arzt George Hunting-tonbeschrieben.Wegendertypischen,un-freiwilligen, zuckenden Bewegungen wurde die Krankheit frher Veitstanz genannt. Ne-bendenBewegungsstrungentretenauch psychischeSymptomeauf:oftndertsich der Charakter des Betrofenen, begleitet von UnaufmerksamkeitundGedchtnisverlust. UrsacheistauchhierdasAbsterbenvon Nervenzellen.DieKrankheitistautosomal dominant vererbbar. Erkrankt ein Elternteil, hat jedes Kind unabhngig vom Geschlecht, ein Risiko von 50 Prozent, dass es ebenfalls anChoreaHuntingtonerkrankenwird. ChoreaHuntingtonistnichtheilbar.Medi-kamentehelfenjedoch,diegeistigenSym-ptomeunddieunfreiwilligenBewegungen zu mildern. Chorea HuntingtonBano D, Zaneti F, Mende Y, Nocotera P: Neu-rodegenerativeProcessesinHuntingtons Disease (2011) Cell Death & Disease www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3223696/?tool=pubmed Deutsche Huntington-Hilfew w w . h u n t i n g t o n - h i l f e .de/?newwebID=906&newwpID=24739Rat und HilfePatientenzeigennegativeSymptome(Typ-II),dasbedeutetBeeintrchtigungendes Denkens, der Gemtslage, des Antriebs und der Kommunikations- und Kontaktfhigkeit. Als positiveSymptome (Typ-I)werdenHal-luzinationen und Wahn bezeichnet. Untersu-chungen deuten darauf hin, dass die gestrte KommunikationvonNervenzelleneintypi-scher Bestandteil der Schizophrenie ist. Viele Schizophrenie-Kran-ke mssen ein Leben langbehandeltwer-den, denn eine chro-nischeSchizophre-nieistnichtheilbar. Medikamentelin-derndieSymptome oderlassensieganz verschwinden.Eine zustlichePsycho-therapiehilftdem Betrofenenmitder Krankheitzuleben undeinnorma-les Berufs- und Sozialle-ben zu fhren.Patientenverfgung Erklrung,inderderDemenzkrankebe-stimmt,wieerimFallelebensbedrohlicher Krankheitssituationenbehandeltwerden soll.ImGegensatzurBetreuungsverf-gungundVorsorgevollmachtbetriftdie VerfgungnurSituationen,indenender Patientsichselbstnichtmehruernkann. Meistens erklrt der Patient in dieser Verf-gung,inwelchemMaeerlebenserhalten-den Manahmen zustimmt.Freiheitseinschrnkenden Manahmen Manamen,diedieinderVerfassungfest-gelegteFreiheitdesMenscheneinschrn-ken.EtwadasEinsperrenimZimmerauf derStation,dasWegnehmenvonGehhil-fen,KleidungoderdieGabeberuhigen-derMedikamentesein.DieseManahmen sindstrafar,wennkein(Amts-)Arzteinen Rechtfertigungsgrund(z.B.dieSicherheit des Patienten) feststellt. VorsorgevollmachtIneinerVorsorgevollmachtregeltderPa-tient,welchePersonfrihnstellvertretend wichtigemedizinischeundjuristischeEnt-scheidungen trefen soll. Sie kann allgemein sein oder einzelne Aufgabenbereiche haben. Die Vorsorgebevollmchtigte ist nicht mehr zustndig,wennfreiheitseinschrnkenden ManahmenamPatientennotwendigwer-den.Rechtliche BetreuungEhemals Vormundschaft. Sie dient dem Wohl einesvolljhrigenMenschen,dersichnicht selbstzuversorgenkann.DerBetreutewird nurinAngelegenheiten,dieeralleinenicht bewltigenkann(z.B.Vermgens-undGe-sundheitsangelegenheiten), vertreten. Betrof-fene,AngehrigenoderNachbarn,Freunde und soziale Einrichtungen knnen Betreuung beantragen. Das Betreuungsgericht prft den Antrag und sett einen Betreuer ein. Das kann einAngehriger,einBerufsbetreuer(hufg Anwlte oder Sozialpdagogen) oder ein ge-schulter ehrenamtliche Betreuer sein. Das Be-treuungsgericht kontrolliert sie regelmig.Dossier GerontopsychiatrieBetreuungsgerichtGericht, das zustndig ist fr die rechtliche BetreuungundUnterbringunghilfsbedrf-tigerVolljhrigerunddieVormundschaft und Pfegschaft Minderjhriger.Gerontopsychiatrie Fachgebiet der Psychiatrie und befasst sich mitderDiagnose,TherapieundVorbeu-gung (Prvention) psychischer Krankheiten im Alter. AufGrunddesdemographischen WandelswirddiesesGebietimmerwichti-ger.Musiktherapie Form der Psychotherapie, bei der nicht das gesprocheneWort,sondernKommunikati-on durch Musik im Vordergrund steht. Mu-siktherapiealsWissenschaftsdisziplinist engverbundenmitMedizin,Psychologie, Gesellschaftswissenschaften,Musikwissen-schaften und Pdagogik.PsychosomatischeErkrankungenKrperlicheBeschwerden, diesichnichtodernichthinreichendauf eineorganischeErkrankungzurckfhren lassenundoftkrperlicheFolgenpsychi-scher Probleme sind.Psychotherapie PsychotherapienberuhenaufGesprchen; jenachTherapieformwerdenergnzend Verhaltensbungen,Vorstellungsbungen (mentalesTraining)undEntspannungsver-fahreneingesett. AuchKunst-undMusik-therapie zhlen zu den Methoden.Psychologe Psychologe hat nicht Medizin, sondern Psy-chologiestudiert.Erdarfwederkrperlich eingreifende Untersuchungen durchfhren, noch Medikamente verschreiben. Psycholo-genbehandelnpsychischeundpsychoso-matische Erkrankungen mit Psychotherapi-en.Psychologie Wissenschaft,diedasErlebenundVerhal-tendesMenschen,seineEntwicklungim LaufedesLebensundalledafrmageb-licheninnerenunduerenUrsachenund Bedingungen beschreibt.Psychiatrie Medizinische Fachdisziplin, die sich mit der Prvention,DiagnostikundTherapieseeli-scher Erkrankungen beschftigt.Psychiater Arzt,dersichimLaufeseinesMedizinstu-diumsaufDiagnose,TherapieundVorbeu-gung psychischer Krankheiten - also Krank-heitendiedasDenkenundGefhlsleben betrefen - spezialisiert hat. Er darf krperlich eingreifendeUntersuchungendurchfhren (z.B. Blut abnehmen) und Medikamente ver-schreiben.Pfegeheim EinrichtunginderpfegebedrftigeMen-schen von eigens dafr ausgebildetem Fach-personal betreut werden. Pfegebedrftig ist, wer sich selbst nicht mehr versorgen kann auf Grund von Alter (Alterspfegeheim), chroni-scher Krankheit oder geistiger Behinderung.Autosomal Dominante Vererbung Geschlechtsunabhn-gigeErbsubstanz,diejederMenschbesitt. Dominantbedeutet,dasseinverndertes Gennichtdurcheingesundesausgeglichen werdenkann,-obwohlinjederZellezwei Ausgaben jedes autosomalen Gens vorliegen. HateinElternteileineautosomaldominant vererbte Krankheit, betrgt das Risiko, daran zu erkranken fr jedes KGlossarDie wichtigsten Begrife auf einen Blick