Dossier III Der Israel- Palästina-Konflikt · Der Israel-Palästina-Konflikt Der...

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Dossier III Der Israel- Palästina-Konflikt Monitoring-Projekt Zivile Konfliktbearbeitung · Gewalt- und Kriegsprävention Herausgegeben von der Kooperation für den Frieden

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Dossier IIIDer Israel-Palästina-Konflikt

M o n i t o r i n g - P r o j e k tZ i v i l e K o n f l i k t b e a r b e i t u n g ·

Gewalt- und Kriegsprävention

Herausgegeben von der Kooperation für den Frieden

Impressum

Herausgeberin Kooperation für den Frieden Römerstraße 88 · 53111 BonnTel. 02 28/69 29 04 · Fax 02 28/69 29 [email protected] Zusammenarbeit mit dem Förderverein Frieden e.V.

Diese Publikation wurde gefördert von der Heinrich-Böll-Stiftung Nordrhein-Westfalen.

Spendenkonto: Förderverein Frieden e.V.Kto.-Nr. 33 0 35Sparkasse Bonn, BLZ 380 500 00Stichwort: Monitoring-Projekt

Monitoring-Projekt: Zivile Konfliktbearbeitung, Gewalt- und KriegspräventionDossier III: Der Israel-Palästina-Konflikt

Grafik & Satz: www.kippconcept.dealle Fotos: www.version-foto.de

1. Auflage Dezember 2007

1 Expl. à 1,20 EURab 5 Expl. à 1,00 EUR

ab 50 Expl. à 0,70 EURjeweils zzgl. Versandkosten Bestellung s. Rückseite

Text und v.i.S.d.P.Andreas Buro, Clemens Ronnefeldtc/o Kooperation für den Frieden

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Mitwirkende der Kooperation für den Frieden

Aachener Friedenspreis e.V.; Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF); Aktionsgemeinschaft Friedenswoche Minden; Bil-dungs- und Begegnungsstätte für gewaltfreie Aktion KURVE Wustrow; Bremer Aktion für Kinder (BAKI); Bund demokratischer Wis-senschaftlerInnen (BdWi); Bund für Soziale Verteidigung (BSV); Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU); Christen fürgerechte Wirtschaftsordnung (CGW); Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK); EUCOMmuni-ty; Evangelische Arbeitsgemeinschaft zur Betreuung von Kriegsdienstverweigerern (EAK); Evangelisch-methodistische Kirche inDeutschland – Friedensausschüsse; Frauen in Schwarz Hamburg; Frauennetzwerk für den Frieden e.V.; Friedensforum Münster; Frie-densgruppe Altenholz; Friedensinitiative Nottuln e.V.; Friedensrat Müllheim; Forum Ziviler Friedensdienst (forumZFD); GewerkschaftErziehung und Wissenschaft (GEW), Hauptvorstand; Infostelle für Friedensarbeit, Meckenheim; IALANA (International Association ofLawyers against Nuclear Arms); IPPNW, Deutsche Sektion der internationalen Ärzte zur Verhütung des Atomkrieges / Ärzte in sozialerVerantwortung; Internationale Frauenliga für Frieden und Freiheit; Internationaler Versöhnungsbund – deutscher Zweig; Komitee fürGrundrechte und Demokratie; Koordinierungsausschuss der Friedensbewegung in der Region Ingolstadt; Lebenshaus Schwäbische Alb;Leserinitiative Publik e.V.; Menschen für den Frieden, Anti-Kriegsbündnis Düsseldorf; Mönchengladbacher Friedensforum; Naturwis-senschaftlerInnen-Initiative „Verantwortung für Frieden und Zukunftsfähigkeit“; Netzwerk Friedenskooperative; Netzwerk Friedens-steuer; Ökumenisches Friedensnetz Düsseldorfer Christinnen und Christen; Ökumenisches Zentrum für Umwelt-, Friedens- und Eine-Welt-Arbeit, Berlin; Pädagoginnen und Pädagogen für den Frieden (PPF); pax christi – Deutsche Sektion; Rhöner Friedenswerkstatt imUNESCO Biosphärenreservat, Künzell; Sichelschmiede, Werkstatt für Friedensarbeit in der Kyritz-Ruppiner Heide; Ver.di-Jugend;Werkstatt für Gewaltfreie Aktion, Baden (Stand: November 2007)

Kooperation für den Frieden (www.koop-frieden.de)

ist ein Zusammenschluss friedenspolitisch aktiver Organisationen und Initiativen in der Bundesrepublik Deutschland.

Die Kooperation für den Frieden n organisiert Diskussions- und Beratungsprozesse

innerhalb der Friedensbewegung n fördert den Austausch von Informationen

und Einschätzungen zwischen Organisationenund Gruppen

n unterstützt oder initiiert Veranstaltungen und Kampagnen

n veröffentlicht die aus diesen Prozessen hervorgegangenen Positionen

n verbreitet Aktionsvorschläge für die Friedensarbeit

n ermöglicht persönliche Kontakte zwischen Aktiven, z.B. bei der Mitarbeit im Koopera-tionsrat oder bei den jährlichen Konferenzen.

Editorial

Wir freuen uns, dass jetzt das dritte Dossier der Monitoring-Reihe vorliegt. Zunächst skizzierte eine Bürgerinnen- und Bürgerinformation die Idee des

Monitorings-Projekts: Neben einer Situationsanalyse werden Möglichkeiten des zivilen Umgangs mit akuten internationalen Krusen und Konflikten vorgestellt und „angemahnt“ (von Monitum = Mahnung).

Das erste Dossier befasst sich mit dem Irankonflikt, das zweite mit dem Türkei-Kurdistan-Konflikt und im dritten werden nun Vorschläge ziviler Konfliktbearbeitung im Israel-Palästina-Konflikt formuliert. Diese Vorschläge können eine Messlatte sein für die Beurteilung der Politik von Regierungen und zivilgesellschaftlichen Initiativen.

Alle Monitoring-Hefte hatten einen bemerkenswerten Entstehungsprozess, da eine Ursprungsversion zur Diskussion gestellt wurde und viele engagierte Menschen ihre Anmerkungen dazu machten, die dann nach Möglichkeit eingearbeitet wurden.

Auch dieses Dossier, das von den beiden Autoren mit ihren je eigenen Blickwinkeln gemeinsam geschrieben wurde, ist durch diesen partizipativen Prozess gegangen. Die aufwändige Integrationsarbeit, umfassende Änderungsvorschläge zu bearbeiten und gegebenenfalls einzubauen, wurde zum besonderen Qualitätsmerkmal.

Angesichts der komplexen Problematik des Nahost-Konflikts, die eng mit der deutschen Geschichte und Gegenwart verbunden ist, kann das Dossier „Der Israel-Palästina-Konflikt“ selbstverständlich nicht die speziellen Sichtweisen aller Mitglieder der „Kooperation für den Frieden“ abbilden.

Es kann aber ein wichtiger Schritt sein in einer konstruktiven Debatte jenseits von Verdrängung, Resignation, Hilflosigkeit oder einseitiger Solidarität.

Für den SprecherInnenkreisSusanne Grabenhorst

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Der Israel-Palästina-Konflikt

Der israelisch-palästinensische Konflikt ist von großer Bedeutung für Frieden in Nah- und Mittelost

Alle Gewalt im Israel-Palästina-Konflikt hat bislang dieser Region keinen Frieden und schon gar nicht Aussöhnung gebracht, sondern nur Elend, Vertreibung, Tod, Angst und Verfeindung. Der Konflikt beeinflusst den Nahen- und den Mittleren Osten, die arabischenund muslimischen Gesellschaften und reicht weit in die internationale Politik der großenMächte hinein. Nach 40 Jahren der Besetzung des verbliebenen palästinensischen Gebietes ist eines deutlich geworden: eine Gewaltlösung hat keine Friedensperspektive. Ob aus den Beschlüssen der Nahost-Konferenz in Annapolis sich tatsächlich ein Friedensprozess in Richtung auf eine Zwei-Staaten-Lösung entwickeln wird, scheint gegenwärtig sehr zweifelhaft.Deshalb gilt es weiter, alle Anstrengungen für eine zivile Bearbeitung des Konflikts voran zutreiben. Um Missverständnissen vorzubeugen, sagen wir ausdrücklich, dass wir Methoden des gewaltfreien Widerstandes für legitim halten, nicht aber gewaltsames Vorgehen.

Im Rahmen des Monitoring-Projekts „Zivile Konfliktbearbeitung, Gewalt- und Kriegs-prävention“ formulieren wir deshalb in diesem Dossier Forderungen an die Konfliktakteureund an die internationale Gemeinschaft, deren Erfüllung eine friedliche Lösung des Konfliktsnäher bringen könnte. Die Summe dieser Forderungen umreißt eine Politik der zivilen Kon-fliktbearbeitung, die von all denen vertreten werden kann, die sich, in welchem Zusammen-hang auch immer, für Frieden und Sicherheit sowohl für Israel wie für Palästina einsetzen. Wir hoffen, damit eine Richtschnur in den vielfältigen Bemühungen in diesem Konflikt geben zu können, die unabhängig ist von den aktuell sich schnell verändernden Positionenund Konstellationen der Konfliktakteure, weil es um grundsätzliche Verhaltensweisen geht.Unser Ausgangspunkt ist das Jahr 1967, in dem Israel im Sechstagekrieg die palästinensischenGebiete (Westbank, Gaza und Ost-Jerusalem) okkupiert hat und seitdem trotz Resolutionender Vereinten Nationen besetzt hält. Unser Maßstab ist das internationale Völker- und Menschenrecht, das für alle Konfliktakteure zu gelten hat.

Zu diesem schwierigen Vorhaben fühlen wir uns ermutigt durch die „Berliner Erklärungjüdischer BürgerInnen Schalom 5767“. Darin heißt es:

„Seit Jahrzehnten leben das israelische und das palästinensische Volk als Nachbarn. Es gäbe viele Möglichkeiten zur Zusammenarbeit und zur gemeinsamen Entwicklung. Statt dessen wirdihr Leben vergiftet durch Krieg und Gewalt, durch Bedrohung und Terror, durch gegenseitigenHass, Verachtung und Respektlosigkeit.

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Das Grundübel ist die seit 1967 andauernde israelische Besetzung palästinensischen Gebiets.Die Besetzung bedeutet Entwürdigung und Entrechtung der Palästinenser. Sie lähmt ihr wirt-schaftliches, politisches und soziales Leben. Darüber hinaus verhindert dieses täglich neu erlebteUnrecht einen friedlichen Ausgleich des alten Unrechts, das den Palästinensern mit der Vertreibungvon 1948 angetan wurde. All dies treibt die Spirale der Gewalt an. Es ist an der Zeit, diese Spirale zu durchbrechen und einer dauerhaften Friedenslösung den Weg zu bereiten, die 3 dem palästinensischen Volk ein selbstbestimmtes Leben in Würde ermöglicht3 beiden Nationen die Existenz in international anerkannten Grenzen sichert3 die gesamte Region befriedet und dadurch die ganze Erde friedlicher und sicherer werden lässt.

In beiden Gesellschaften, der israelischen wie der palästinensischen, gibt es seit langem Stimmenfür Verständigung. ...“ (www.schalom5767.de)

Den Chor dieser Stimmen, Gruppen und Kräfte – auch im internationalen Bereich – wollen wir verstärken. Wir hoffen, einen Anstoß zu einem Prozess des Umdenkens geben zu können, der zur weiteren Ausarbeitung und Durchsetzung von Strategien der zivilen Konfliktbearbeitung führt.

Das Dossier beginnt nach einer thesenhaften Charakterisierung der aktuellen Situationmit einer Übersicht über die Ängste, Hoffnungen und legitimen Interessen der Akteure undgeht dann zu den „Vorschlägen“ über. Ein sehr knapper Aufriß des historischen Hintergrundsdes Konflikts befindet sich im Anhang 1. Anhang 2 listet die Adressen von Friedensorgani-sationen im Nahen Osten auf. Im Anhang 3 werden Organisationen in Deutschland, die die Friedensbewegungen im Nahen Osten unterstützen, mit ihren Tätigkeitsbereichen kurzbeschrieben. Obwohl es über den israelisch-palästinensischen Konflikt eine kaum noch zuübersehende Literatur mit sehr kontroversen Darstellungen und Interpretationen gibt, nennenwir im Anhang 4 einige aktuelle Literaturhinweise, die nach unserer Einschätzung Orientie-rung im gegenwärtigen Konflikt vermitteln können.

Unser Dank gilt allen, die sich mit Ideen, Verbesserungsvorschlägen und konstruktiverKritik an der Entstehung dieses Dossiers beteiligt haben.

Andreas Buro und Clemens Ronnefeldt

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Elemente der aktuellenKonfliktsituation

Ende 2007 sind es vor allem die folgendenElemente, welche die Situation im israelisch-palästinensischen Konflikt charakterisieren:

1. Die 2003 beschlossene „Road Map forPeace“ hat nicht zu einer friedlichen Lö-sung geführt. Israel baut ungeachtet viel-seitiger Proteste eine Mauer bzw. Zaun-anlage zur Abgrenzung vom Westjordan-land, die zum großen Teil auf palästinen-sischem Gebiet verlaufen und tief in die-ses einschneiden.

2. Das Bestreben der israelischen Regie-rung, sich mittels ihrer systematischenSiedlungspolitik Teile des palästinensi-schen Gebietes anzueignen, sowie diedemütigenden Bedingungen für die Palä-stinenser/innen führen immer wieder zurEskalation der Gewalt von beiden Seiten.Dadurch werden auf beiden Seiten die ra-dikalsten Kräfte mobilisiert.

3. Die Wahlen in Palästina 2006 haben zueiner Niederlage der Fatah und zu einerparlamentarischen Mehrheit der Hamasgeführt. Israel, die USA und die EU ha-ben jedoch das Wahlergebnis und eineHamas-Regierung nicht akzeptiert. IhreForderungen, das Existenzrecht Israelsohne definierte Grenzen und die bishermit ihm geschlossenen Verträge anzuer-kennen, sowie grundsätzlich auf den be-waffneten Kampf zu verzichten, wurdenvon der Hamas nicht angenommen, zu-mal die USA und die EU Israel keines-wegs parallel dazu aufforderten, auf Ge-walt zu verzichten, bestehende Verträge

einzuhalten und einen palästinensischenStaat anzuerkennen

4. Der Libanon-Krieg im Sommer 2006führte in drastischer und tödlicher Weisedie große Gewaltbereitschaft in diesemKonflikt vor Augen. Israel konnte trotzmilitärischer Überlegenheit und großenZerstörungen im Libanon die dortigeHisbollah nicht zerschlagen. Der Kriegzeigte erneut, wie sehr der israelisch-palä-stinensische Konflikt in einen regionalenKonflikt eingebettet ist, in dem Iran, Sy-rien, Irak und andere Nachbarstaateneine wichtige Rolle spielen.

5. Die arabischen Staaten unter Führungvon Saudi-Arabien haben ihr Angebotvon 2002 erneuert, Israel in den Grenzenvon 1967 anzuerkennen, wenn dieses dieBesetzung beendet. Bislang ist noch im-mer nicht endgültig geklärt, ob Israel be-reit ist, sich auf dieses Angebot in ernst-haften Verhandlungen einzulassen.

6. Der „Westen“ unterstützt einseitig Präsi-dent Abbas von der Fatah mit Finanzenund Rüstungsgütern, was von der Hamasvermutlich als eine Vorbereitung zum in-nerpalästinensischen Bürgerkrieg ver-standen wurde.

7. Eine von Saudi-Arabien im März 2007vermittelte Einigung zwischen Hamasund Fatah sollte zu einer Reform der PLOführen, damit Hamas ihr beitreten konn-te, und eine Einheitsregierung ermögli-chen. Letztere zerbrach sehr bald, da derWesten seine Sanktionen aufrecht erhielt.Präsident Abbas entließ die von Hamasgeführte Einheitsregierung und setzteeine Notstands-Regierung ein.

8. Daraufhin riss die Hamas im Juni 2007in einem Gewaltstreich die Herrschaft im

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Gaza-Streifen an sich, aus dem Israel sei-ne Siedler und sein Militär abgezogenhatte, und bewirkte damit eine de factoZweiteilung der palästinensischen Terri-torien. Die Palästinenser sind weiter dennje davon entfernt, mit einer Stimme zusprechen.

9. Israel hat im September 2007 den Gazast-reifen zum „Feindesland“ erklärt. DerGazastreifen, ein Stück Land von 10 x 40km mit 1,5 Millionen Menschen ist voll-ständig von Israel abhängig. Einschrän-kungen der Versorgung der Bevölkerungund Angriffe des israelischen Militärsführen zu Destabilisierung und zu Rake-tenbeschuss auf israelische Zivilisten. Ver-feindung wird so verstärkt. Ein Aktions-plan der EU zum Ausbau der Wirtschaftsoll sich zunächst nur auf das Westjordan-land beziehen. Die Strategie und die Ein-flußmöglichkeiten des jüngst zum Son-dervermittler des Nahostquartetts er-nannten ehemaligen britischen Premier-

ministers Tony Blair werden sich anschei-nend auf solche Themen richten.

10. Angesichts der Parteienkämpfe in Israelist kaum mit einer Regierungspolitik zurechnen, die weitreichende Entscheidun-gen trifft. Premierminister Olmert kün-digte gegenüber der israelischen Opposi-tion an, dass es eine Einigung über eineendgültige Lösung „in den kommenden20 bis 30 Jahren“ nicht geben würde(TAZ, 25.9.2007).

11. Sollte die US-Regierung und möglicher-weise auch Israel den Iran angreifen, sosänken die Chancen für eine friedlicheLösung des israelisch-palästinensischenKonflikts noch weiter.

12. In der UN gibt es Überlegungen, aus demNahost-Quartett auszusteigen, da diesesnichts gegen die Völkerrechts- und Men-schenrechtsverstöße erreicht hat.

13. Im November 2007 fand auf Einladungder USA in Annapolis eine Nahost-Kon-ferenz statt, an der die meisten arabischen

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Staaten, darunter auch Syrien, teilnah-men. Israelis und Palästinenser haben sichdort auf eine Wiederaufnahme von Frie-densverhandlungen im Dezember 2007geeinigt, die bis Ende 2008 zu einemFriedensabkommen über eine Zwei-Staa-ten-Lösung führen sollen. InhaltlicheVorgaben zu den zentralen Konfliktthe-men wurden nicht getroffen. Angesichtsder vielen nicht eingehaltenen histori-schen Friedenstermine, wie auch ange-sichts der Schwäche der israelischen Re-gierung, des Auslaufens der US-Präsi-dentschaft und der Zerstrittenheit derPalästinenser werden keine hohen Erwar-tungen an die Vereinbarungen geknüpft.Die Vermutung besteht, dass es der US-Administration vielmehr darum geht, diesunnitischen Araber gegen die schiiti-schen, sprich vor allem gegen Teheran,zusammenzuschließen.

14. In Israel wie in Palästina, aber auch in vie-len Ländern außerhalb gibt es Stimmenund zahlreiche Bemühungen für eine Po-litik der Verständigung und der Aussöh-nung. Sie gehen zumeist von der Einsichtaus, dass dieser Konflikt militärisch nichtzu lösen ist. Im Vergleich mit den herr-schenden politischen Kräften und unterBerücksichtigung der Verfeindung durchJahrzehnte gegenseitiger Gewalt sind die-se Kräfte allerdings nicht sehr stark.

Diese hier stichwortartig aufgezähltenElemente der aktuellen Konfliktsituation zei-gen bereits, dass mit einer kurzfristigen Lö-sung nicht zu rechnen ist.

Was sind die Ängste, Hoffnungen und legitimen Interessen der Akteure?Was brauchen die Menschen, die direkt betroffen sind?

Die israelische Bevölkerung braucht einesichere Lebenssituation, in der sie keine Ra-ketenangriffe und Selbstmordattentate zu be-fürchten hat. Ihre Lebenssituation würde sicherleichtern, wenn nachbarschaftliche Bezie-hungen zu den umliegenden Staaten herge-stellt und eine Kooperation in möglichst vie-len Bereichen erreicht würde. Die Minde-rung der für Rüstung, die Aufrechterhaltungder Besatzung und den Siedlungsbau aufge-wandten Kosten würde Investitionen in dieweitere Entwicklung des Landes ermögli-chen.

Die Palästinenser/innen brauchen besse-re Lebensbedingungen in jeder Hinsicht, Si-cherheit vor Raketenbeschuss, gezielten Tö-tungen und willkürlichen Festnahmen durchdie israelischen Streitkräfte, Selbstbestim-mung und staatliche Unabhängigkeit imWestjordanland, Ost-Jerusalem und imGaza-Streifen, Rechtssicherheit im öffentli-chen Leben und Schutz gegen Enteignungen.Sie wollen sich in ihrem Territorium frei vonKontrollen und Verboten bewegen und insAusland reisen können. Sie benötigen Wasser,was gegenwärtig von israelischen Siedlern/in-nen verbraucht oder ihnen durch Umleitun-gen vorenthalten wird. Die Schaffung vonArbeitsplätzen, Ausbildungsstellen, sozialerund medizinischer Versorgung und der Zu-gang zu einem nicht fremd kontrollierten Ex-und Import sind dringlich.

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Beide Seiten wünschen sich, nicht längervon Gewaltakten der jeweils anderen Seitebedroht zu werden.

Was sind legitime Interessen der staatlichen Akteure?

Für Israel sind es die Sicherheit seinerGrenzen von 1967, die Beendigung gewaltsa-mer Angriffe auf seine Bevölkerung und seinTerritorium und die Anerkennung durch ara-bische und islamische Staaten mit der Folgeder Aufnahme diplomatischer Beziehungen.

Für Palästina ist es ein legitimes Interesse,einen eigenen Staat in den Grenzen von 1967zu gründen und dessen Souveränität auch inBezug auf die israelischen Siedlungsgebieteherzustellen. Legitim ist auch das Interesse,von anderen Staaten anerkannt zu werdenund mit ihnen diplomatische Beziehungenzu unterhalten, ebenso die Mitgliedschaft ininternationalen Organisationen wie z.B. denVereinten Nationen. Legitim ist auch dieSchaffung einer freien Verbindung zwischendem Westjordanland und dem Gaza-Streifen,sowie einer Möglichkeit, den Reiseverkehrund den Außenhandel ohne Kontrolle durchIsrael organisieren zu können. Legitim istauch das Bemühen, eine angemessene Lö-sung für die Ausübung des Rechts auf Rück-kehr der palästinensischen Flüchtlinge zu fin-den, die heute noch in Flüchtlingslagern le-ben. Es sollte ein internationaler Fonds ge-schaffen werden, der den Anspruchsberech-tigten verschiedene Möglichkeiten für dieWahl eines dauerhaften Aufenthaltsortseröffnet und individuelle Entschädigungs-zahlungen sowie kollektive Beihilfen zentralverwaltet.

Was ist wichtig für das internationale Umfeld?

3 Eine baldige Beendigung dieses Kon-flikts, der seit Jahrzehnten eine kooperati-ve Entwicklung der Region behindertund den Gegensatz zwischen der arabi-schen und islamischen Welt einerseitsund dem „Westen“ andererseits ständigangeheizt hat.

3 Die Sicherung der Existenz Israels, die ei-nen eigenständigen Staat der Palästinen-ser und damit eine Normalisierung derBeziehungen zu den arabisch-islamischenStaaten erfordert. Dies ist nur über einefriedliche zivile Lösung zu erreichen,nicht aber durch eine Eskalation der Ge-walt, wie es der jüngste Libanon-Krieg er-neut gezeigt hat.

3 Dass die erheblichen finanziellen Mittel,die in die Region fließen, nicht zur weite-ren Aufrüstung und damit zur Destabili-sierung der Region verwendet werden,sondern zur Hebung des Lebensstandardsder jeweiligen Bevölkerung.

Ziele ziviler KonfliktbearbeitungEs gilt, die weitreichende Verfeindung ab- undVertrauen aufzubauen, damit beide Seiteneine gut nachbarschaftliche Beziehung – vor-aussichtlich in zwei eigenen Staaten – anstre-ben. Dazu notwendig ist eine Gewaltdeeskala-tion, so dass die gegenseitigen Gefühle der Be-drohung überwunden werden. Wichtig istauch der Abbau struktureller Barrieren, die

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insbesondere die Palästinenser/innen in ihremtäglichen Leben behindern. Dazu zählen dervölkerrechtswidrige Grenzzaun- und Mauer-bau tief auf palästinensischem Territorium sowie alle Checkpoints. Zusätzlich zu einemisraelisch-palästinensischen Dialog ist die Be-arbeitung der Feindbilder innerhalb der jewei-ligen Gesellschaften notwendig.

Ziel ziviler Konfliktbearbeitung ist auchdie Neugestaltung des Verhaltens der äußerenAkteure, die mit eigenen Interessen und Ver-haltensweisen in der Regel nicht zu einer Lö-sung des Konflikts beigetragen, ja ihn oftmalsverschärft haben. Dies gilt sowohl für das sogenannte Nahost-Quartett, bestehend ausUSA, EU, Russland und den UN, wie auchfür arabische Akteure und den Iran.

Nach den bisherigen Erfahrungen ist esunzureichend, einen ergebnisoffenen Prozesseinleiten zu wollen. Deshalb sollte parallel zuVertrauen bildenden Maßnahmen das Zielder Konfliktlösung konkret definiert werden,und zwar ohne dass dabei Vorbehalte von dereinen oder anderen Seite gemacht werden.Etwaige störende Ereignisse dürfen somitnicht als Legitimation für die Aufgabe desZieles dienen.

Alle an konstruktiven Fortschritten Interessierten sollten nach ihren je-weiligen Möglichkeiten auf die Konflikt-beteiligten einwirken und gezielte An-forderungen an deren Beitrag stellen:

An die israelische Politik und Gesellschaft

1. Israel möge sich grundsätzlich mit derSchaffung eines souveränen palästinensi-schen Staates in Westbank einschließlichOstjerusalems und Gaza einverstanden

erklären. Die Einzelheiten der Schrittezur Beendung der Besatzung müssen inverbindlichen Vereinbarungen festge-schrieben werden, wobei Änderungen desGrenzverlaufs gegenüber der „Grünen Li-nie“ der Zustimmung beider Konflikt-parteien bedürfen. Israel hebt alle Be-schränkungen gegenüber dem Gaza-Streifen auf und deklariert es nicht mehrals Feindesland.

2. Israel möge alle Siedlungs- und Bauvor-haben in den palästinensischen Gebietensowie alle Besatzungsmaßnahmen, diemit Verletzungen des humanitären Völ-kerrechts und der Menschenrechte ein-hergehen, definitiv einstellen.

3. Da in einer Übergangsphase mit Gewal-takten von Gruppierungen, die außer-halb der Kontrolle staatlicher Institutio-nen stehen, zu rechnen ist, ist die Bildungeines ständigen paritätisch besetzten isra-elisch-palästinensischen Krisen-Komiteeshilfreich. Die Aufgabe dieses Krisen-Ko-mitees wäre es, jegliche Eskalation vonGewalt und Gegengewalt zu verhindern,so dass daraus keine Störungen des Aus-söhnungsprozesses entstehen. Israel ver-zichtet auf jeden rechtswidrigen Einsatzseines Militärs in den besetzten Gebieten.

4. Israel anerkennt prinzipiell das Recht aufRückkehr der Flüchtlinge und erklärtsich bereit, im Rahmen der Vereinbarun-gen zur Schaffung eines internationalenFonds einem Kontingent die Einbürge-rung zu ermöglichen und den Fonds inangemessener Weise finanziell zu unter-stützen.

5. Israel möge seine Kontrollpunkte (check-points) im Westjordanland auf Null redu-zieren und den Palästinensern Bewe-

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gungsfreiheit auf dem gesamten Straßen-system in den besetzten Gebieten ermög-lichen.

6. Israel möge die Zuständigkeiten der palä-stinensischen Autonomiebehörde erwei-tern. Es zahlt alle zurückgehaltenen Gel-der aus, die Palästinenser/innen zustehen.

7. Wenn Israel weiterhin eine Mauer oderGrenzzaunanlage für nötig hält, müssendiese auf dem eigenen Gebiet errichtetwerden, gemäß dem Gutachten des Inter-nationalen Gerichtshofes in Den Haagvom 9. 7. 2004.

8. Zum Abbau von Feindbildern gegenüberden Palästinensern/innen ist ein innerge-sellschaftlicher, historischer Aufarbei-tungsprozess des gegenseitigen Verhält-nisses durch Veröffentlichungen, öffentli-che Dialoge und Seminare mit langfristi-ger Perspektive einzuleiten.

9. Israel soll seine Bereitschaft erklären, inVerhandlungen über den saudi-arabi-schen Vorschlag von 2002, der 2006 er-neuert wurde, einzutreten. Dieser Vor-schlag sieht als Grundlage eine Anerken-nung Israels durch die arabischen Staatenvor, wenn Israel die Bildung eines StaatesPalästina in Gaza und Westbank mit Ost-jerusalem in den Grenzen von 1967 zu-lassen würde.

10. Die politischen Gefangenen sollen entlas-sen werden, beginnend mit Ministernund Abgeordneten, so genannten „Ver-waltungsgefangenen“, denen keineStraftat nachzuweisen ist, sowie zahlrei-chen Minderjährigen und Frauen, um da-mit die Verständigungsbereitschaft Israelsauszudrücken.

11. Israel soll Syrien und Libanon Gesprächemit der Bereitschaft zu Verhandlungen

über die von ihm besetzten Golanhöhenund die Shebaa-Farmen im Dreiländer-eck Libanon-Syrien-Israel anbieten.Nach einer Räumung der Siedlungenkönnte auf den Golanhöhen eine israeli-sche Frühwarnstation verbleiben, die sy-rische Regierung könnte Israel eine Was-sermengen-Garantie aus dem See Gene-zareth geben. Das umstrittene Ostuferdes Sees Genezareth könnte ein binatio-nales syrisch-israelisches Naturschutzge-biet werden.

12. Von der israelischen Regierung ist zu for-dern, dass sie förmlich erklärt, sie werdenicht als erste Atomwaffen einsetzen. Indie Verfassung soll ein Verbot von An-griffskriegen aufgenommen werden. Isra-el tritt der Internationalen AtomenergieOrganisation (IAEO) in Wien bei undunterwirft sich der UN-Kontrolle, dieauch die atomare Abrüstung vorsieht.Das Ziel dieser Schritte ist Vertrauenbil-dung in der Region.

13. Die israelische Regierung möge ihre Be-reitschaft erklären, sich an einer „Konfe-renz für Sicherheit und Zusammenarbeitim Nahen und Mittleren Osten“ gleichbe-rechtigt zu beteiligen.

An die palästinensische Politik und Gesellschaft

1. Für beide Teile der palästinensischen Ge-biete (Westbank und Gaza) sollte eine ge-meinsame Regierung der Nationalen Ein-heit gebildet werden, die auch auf eineangemessene Verteilung der Ämter zwi-schen Hamas und Fatah achtet. Bewaff-nete Gruppen werden aufgelöst und – womöglich – in reguläre Sicherheitsinstitu-

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tionen integriert, um Angriffe auf israeli-schen Zivilisten unter Verletzung derGrundsätze des humanitären Völker-rechts zu verhindern.

2. Die Regierung möge als Ziel ihrer Politikerneut erklären, einen souveränen palästi-nensischen Staat in Gaza, Westbank undOstjerusalem zu schaffen, wobei Ände-rungen des Grenzverlaufs gegenüber der„Grünen Linie“ der Zustimmung beiderParteien bedürfen. Damit bestätigt siegleichzeitig eine Zwei-Staaten-Lösungund erkennt die Grenzen Israels von vor1967 an.

3. Die palästinensische Regierung und ihrPräsident drängen auf möglichst zügigeVerhandlungen über die Bildung einespalästinensischen Staates, orientiert ander Grenze von 1967. Dabei müssen auchdie Fragen des Status von Ost-Jerusalem,der jüdischen Siedlungen und der palästi-nensischen Flüchtlinge definitiv geklärtwerden.

4. Die Regierung unterstützt die Schaffungeines internationalen Fonds für dieFlüchtlinge. Als mögliche Optionen sol-len den Anspruchsberechtigten offen ste-hen: Die Einwanderung in den palästi-nensischen Staat, nach Israel oder inDrittstaaten im Rahmen von Kontin-gentlösungen sowie der Verbleib im der-zeitigen Aufnahmeland.

5. Zur Überwindung der politischen Spal-tung zwischen Hamas und Fatah mögenPräsident Abbas und seine RegierungNeuwahlen ausschreiben mit der aus-drücklichen Vereinbarung, dass Hamasauch in der Westbank kandidieren kannund dass die Wahlergebnisse nicht von derFatah in Frage gestellt werden, und zwar

unabhängig von dem Verhalten des „Nah-ost-Quartetts“ gegenüber dem Sieger derWahl. In diesem Zusammenhang ist derWunsch nach einer innerpalästinensi-schen Vertrauensbildung, Kooperationund Einheitsregierung zu wiederholen.

6. Hamas möge zur Vertrauensbildung sichfür eine Freilassung des gekidnappten is-raelischen Soldaten Gilad Schalit einset-zen und die Hisbollah im Libanon auffor-dern, ebenfalls die beiden im Jahre 2006gekidnappten israelischen Soldaten EhudGoldwasser und Eldad Regev ohne Be-dingungen freizulassen. Die dadurch an-gestrebte Vertrauensbildung soll dazudienen“ die unwirksame gewalttätigeAuseinandersetzung durch Deeskalationauf eine politische Ebene der Konfliktbe-arbeitung zu heben.

7. Fatah wie auch Hamas sollen grundsätz-lich auf die Bedrohung Israels mit Rake-ten und Selbstmordattentaten verzichtenund alles ihnen Mögliche zu deren Unter-bindung unternehmen. Dabei geht esdarum, die eskalationsträchtige ständigeRache für Angriffe der jeweils anderenSeite zu unterlassen und sich einem zivi-len Konfliktaustrag zuzuwenden. Dieswürde auch die internationale Unterstüt-zung sehr erleichtern.

8. In diesem Sinne erklären beide Organisa-tionen ihre Bereitschaft, gemeinsam mitIsrael in einem Krisen-Komitee zusam-menzuarbeiten. Dieses soll verhindern,dass doch noch vorkommende gewaltsa-me Zwischenfälle zu einer erneuten Ge-walteskalation führen.

9. Die jetzige und eine mögliche nächsteRegierung erklären ihre Bereitschaft, sicheiner „Konferenz für Sicherheit und Zu-

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sammenarbeit im Nahen- und MittlerenOsten“ anzuschließen.

10. Gruppierungen aus der Zivilgesellschaftsollten einen innergesellschaftlichen Dia-log zu den unterschiedlichen Politikenvon Fatah und Hamas initiieren. Das Zielist, mehr Verständnis für die jeweiligenMotive zu gewinnen und Gemeinsamkei-ten herauszuarbeiten.

11. In diesem Zusammenhang gilt es, aucheine Aufarbeitung des Konflikts zwischenIsrael, den arabischen Staaten und Palästi-na zu betreiben, in denen das gewalt-trächtige Verhalten aller Seiten kritisch zuanalysieren ist. Dabei sollten auch Dialo-ge auf gesellschaftlicher Ebene mit israeli-schen Gruppen ausgeweitet werden.

An die US-Regierung

1. Die US-Regierung ist von möglichst vie-len Seiten aufzufordern, ihre einseitigeBegünstigung der Okkupationspolitik Is-raels, wie auch ihre Veto-Politik im Si-cherheitsrat in diesem Zusammenhang,zugunsten einer schnellen Beilegung desisraelisch-palästinensischen Konflikts aufder Basis einer Zwei-Staaten-Lösung auf-zugeben. Dies nicht nur aus Gründen ei-ner regionalen Beruhigung der Konflikte,sondern auch deshalb, weil die dauerhafteSicherheit Israels damit verbunden ist.Andauernden Verletzungen des huma-nitären Völkerrechts und der Menschen-rechte muß jede Anerkennung, Beihilfeoder Unterstützung verweigert werden.

2. Washington ist aufzufordern, jede ausWahlen hervorgegangene Regierung inPalästina anzuerkennen und keine Sank-tionen gegen sie zu verhängen.

3. Die US-Regierung soll nachhaltig dasFriedensangebot von 2002 des saudi-schen Kronprinzen Abdullah im Namenvon 22 arabischen Staaten und seine Ak-tualisierung 2006 unterstützen und Israeldazu drängen, dieses Angebot in Ver-handlungen aufzugreifen.

4. Die US-Regierung soll sich für eine„Konferenz für Sicherheit und Zusam-menarbeit im Nahen und MittlerenOsten“ einsetzen. Dabei soll sie einenAusgleich der Interessen durch Dialog aufdiplomatischem Wege in dieser gegen-wärtig spannungsreichen Situation för-dern.

5. Die US-Regierung ist aufzufordern, alsVertrauen bildende Maßnahme ihreFlugzeugträger aus der Golfregionzurückzuziehen und jegliche Bedro-hungsrhetorik zu unterlassen.

6. Die US-Regierung soll sich für einen„Marshall-Plan“ in der Nahost-Regioneinsetzen und eine großzügige eigene Be-teiligung in Aussicht stellen. Diese Mittelsollen dem Aufbau von Infrastrukturenim weitesten Sinne dienen, aber auchdazu, eine Umsiedlung von israelischenSiedlern aus dem Westjordanland zu un-terstützen.

7. Die US-Regierung erklärt sich bereit, imRahmen eines internationalen Fonds einKontingent von Palästinensern/innen ausden Flüchtlingslagern aufzunehmen undden Fonds zu unterstützen.

8. Libanon, Syrien und Jordanien wird eineBeteiligung an dem „Marshall-Plan“ inAussicht gestellt, wenn diese Staaten dieZwei-Staaten-Lösung unterstützen, wiesie auch von der Friedensinitiative derArabischen Liga vorgeschlagen wird.

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9. Die US-Regierung sollte die übrigen Mit-glieder des so genannten Nahost-Quar-tetts, aber auch andere Staaten auffor-dern, sich an dem „Marshall-Plan“ durcheigene Beiträge zu beteiligen.

10. Von den USA ist dringend zu fordern –das gilt in gleicher Weise für Republika-ner wie Demokraten – die angekündigtengigantischen Rüstungslieferungen fürden Nahen und Mittleren Osten zu wi-derrufen und den Aufbau neuer Konfron-tationslinien zwischen sunnitischen undschiitischen Kräften und Staaten zu un-terlassen.

Exkurs: Was hat die deutsche Regierungs-politik mit dem Konflikt zu tun?

Die Europäische Union kann sich aus dem Isra-el-Palästina-Konflikt nicht heraus halten. Diefolgenreiche Geschichte der christlich-europäi-schen Judenpogrome, aber auch der englischenund französischen Kolonialpolitik verpflich-ten. Insbesondere Deutschland hat angesichtsder Shoa mit der „Endlösung der Judenfrage“im sogenannten „Dritten Reich“ eine schwer-wiegende Verantwortung für Israel übernom-men und in vielfacher Hinsicht zur Entwick-lung eines Staates beigetragen, in dem sich diejüdische Bevölkerung sicher fühlen sollte.

Aber diese Sicherheit stand von Anfangan auf tönernen Füßen, insofern die palästi-nensische Bevölkerung sich dagegen wehrte,ungefragt zur Schachfigur von internationa-len Interessen zu werden. Seitdem gab es inKriegen und täglichen Kämpfen unzähligeOpfer auf beiden Seiten. Israelische Sicher-heit ist jedoch nur durch Verhandlungen mitNachbarn und durch die Lösungen der

Streitfragen, nicht aber durch militärischeÜberlegenheit und Abschreckung möglich.

Das Eintreten für das Existenzrecht desStaates Israel darf und muss nicht zu Lasteneines zu gründenden, überlebensfähigenStaates Palästina gehen.

Aufgrund der deutschen Geschichte gibtes eine starke Zurückhaltung, israelische Re-gierungspolitik zu kritisieren, wenn man die-se für friedensgefährdend hält. In einem Auf-sehen erregenden „Manifest der 25“ mit demTitel „Freundschaft und Kritik“ haben deut-sche Friedensforscher/innen im Herbst 2006dafür plädiert, zwischen Deutschland und Is-rael „eine belastungsfähige Freundschaft zu ent-wickeln, in der auch Kritik in unterstützender,nicht abwertender Absicht ihren Platz hat“.Auch sei im israelisch-palästinensischen Kon-flikt „das Leiden wie das Unrecht (die Gewalt-samkeit der Konfliktaustragung) auf beidenSeiten wahrzunehmen und die Bedürfnissenach Sicherheit, Menschenwürde und Vertrags-treue auf beiden Seiten anzuerkennen“ (archi-viert u.a. bei www.uni-kassel.de/fb5/frieden/regionen/Israel/manifest.html).

Eine Konsequenz aus der deutschen Ge-schichte sollte sein, mit den universalen Men-schenrechten als Richtschnur für zivile Kon-fliktlösungen, Verständigung und Kooperati-on in Nahost einzutreten. Denn es gilt zu ler-nen, dass offene, aber auch strukturelle Ge-walt immer wieder zu Unterdrückung, Hassund im schlimmsten Fall zu Massenmordenführen.

l 14 Doss ie r I I I : De r I s rae l - Pa läs t i na -Kon f l i k t

Anforderungen an die EU und an Deutschland

1. Die Europäische Union nutzt die Eu-ropäische Nachbarschaftspolitik (ENP)zur Förderung einer Zwei-Staaten-Lö-sung. Verletzungen des humanitären Völ-kerrechts und der Menschenrechte istjede Anerkennung, Beihilfe oder Unter-stützung zu verweigern.

2. Die Umsetzung des ENP-Aktionsplansmit der Palästinensischen Behörde solltedurch zusätzliche Soforthilfe für die palä-stinensische Bevölkerung starten. Bei derUmsetzung von humanitärer Hilfe solltedeutlich vom Staat Israel verlangt werden,dass er den Verantwortlichkeiten nach-kommt, welche er als Besatzungsmachtmit effektiver Kontrolle für die Zivilbe-völkerung von West Bank und Gazastrei-fen hat. Diese betreffen vor allem den Zu-gang zum und aus dem Gazastreifen so-wie die Bewegungsfreiheit innerhalb derWest Bank einschließlich Ost-Jerusalems.

3. Die EU setzt sich als Teil des sogenanntenNahost-Quartetts für konkrete Ziele undSchritte zur Bildung eines palästinensi-schen Staates in den Grenzen von 1967ein.

4. Die EU-Staaten erklären sich bereit, imRahmen der Vereinbarungen zur Schaf-fung eines internationalen Fonds Kontin-genten von palästinensischen Flüchtlin-gen die Einbürgerung zu ermöglichenund den Fonds nach Kräften finanziell zuunterstützen.

5. Rüstungslieferungen nach Nahost sind zustoppen, um die anlaufenden Verhand-lungen über eine „Konferenz für Sicher-heit und Zusammenarbeit“ nicht mitneuer Aufrüstung zu belasten. Dazu

zählen insbesondere atomar umrüstbareU-Boote und Dingo-Truppenpanzer ausDeutschland.

6. EU-Beauftragte sollten im Nahen undMittleren Osten über die Prozeduren undErfahrungen aus den Verhandlungen derKonferenz für Sicherheit und Zusam-menarbeit in Europa (KSZE, späterOSZE) informieren und ihre guten Dien-ste für die Vorbereitung einer KSZNMO(Konferenz für Sicherheit und Zusam-menarbeit im Nahen und MittlerenOsten) anbieten.

An die iranische Führung

1. Die iranische Führung möge ihre Unter-stützung für eine Zwei-Staaten-Lösungim israelisch-palästinensischen Konfliktin den Grenzen von 1967 erklären.

2. Die iranische Regierung ist aufzufordern,ihre grundsätzliche Bereitschaft zu er-klären, sich an einer KSZNMO ohneVorbedingungen zu beteiligen.

3. Zum Zeichen seiner Kooperationsbereit-schaft möge Teheran, entsprechend seinerimmer wieder erklärten Absicht der fried-lichen Nutzung von Atomenergie, der In-ternationalen Atomenerige Organisation(IAEO) alle ihr zustehenden Kontroll-rechte gewähren. Abgebaute Überwa-chungskameras werden wieder installiert,unangemeldete Kontrollen nach dem Zu-satzprotokoll des Atomwaffensperrvertra-ges zugelassen.

An die Regierung Syriens

1. Sie möge jegliche militärische Unterstüt-zung für den gewaltsamen Kampf imNahost-Konflikt einstellen.

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2. Sie möge ihre guten Dienste zur Vermitt-lung im Streit zwischen Hamas und Fatahanbieten und nutzen.

3. Sie möge Israel erneut Verhandlungenüber die Rückgabe und Nutzung der vonIsrael besetzten syrischen Gebiete vor-schlagen.

An alle arabischen Staaten der Region

1. Sie mögen hartnäckig an ihrem Vorschlagfesthalten, Israel anzuerkennen, sobald eseinen souveränen palästinensischen Staatin den Grenzen von 1967 zulässt und er-möglicht.

2. Sie mögen ihre Bereitschaft erklären, sichan einer KSZNMO zu beteiligen und In-itiativen in diesem Sinne ergreifen.

Handlungsoptionen für Friedensbewegun-gen, Nichtregierungs-organisationen (NROs)und zivil-gesellschaft-liche InitiativenVorbemerkung: Grundlage der Arbeit ist dasExistenzrecht beider Völker in gesichertenGrenzen und der Einspruch gegen jede Ge-waltpolitik – von welcher Seite auch immer.In beiden Ländern gibt es friedens- und aus-söhnungsbereite Teile der Gesellschaft – das„andere Israel“ und das „andere Palästina“,die für zivilgesellschaftliche Initiativen diewichtigsten Adressaten sind.

1. Die hier vorgelegten Anforderungen andie Akteure des Konflikts (s.o.) sollten beiVeranstaltungen und Kampagnen zumThema gemacht werden. In ihrer Ge-samtheit ergeben sie ein Konzept der zivi-len Bearbeitung dieses Konflikts. Ihrewichtigsten Elemente bestehen aus ein-seitigen friedenspolitischen Schritten,Vertrauen bildenden Maßnahmen, Dia-logbereitschaft, Nicht-Bedrohung der an-deren Seite und grundsätzlichem Gewalt-verzicht.

2. Die aufgrund der Annapolis-Konferenzbeginnenden Friedensverhandlungenzwischen Israel und Palästina bedürfender kritischen Begleitung, damit – wiefrüher geschehen – falsche Schuldzuwei-sungen für Verzögerungen an die palästi-nensische Seite in der Öffentlichkeit kor-rigiert werden können.

3. Gegenwärtig wird als Teil einer ideologi-schen Kriegsführung allzu oft Verantwor-tung und Schuld für den Konflikt einsei-tig den Palästinensern angelastet. Das istangesichts der gewaltförmigen Elementedes israelischen Besatzungsregimes hochproblematisch. Im israelisch-palästinensi-schen Konflikt stehen sich eine Bevölke-rung unter Besatzung und ein militärischhochgerüsteter Staat gegenüber. Israel hatals Besatzungsmacht für Schutz und Si-cherheit der Bevölkerung zu sorgen. Sei-ne Politik ist allerdings von systemati-schen Völkerrechtsbrüchen und Men-schenrechtsverstößen gekennzeichnet.Die Erfahrung von Schutz- und Rechtlo-sigkeit schafft ein Mobilisierungspotenti-al für politische Gewalt in Teilen der palä-stinensischen Bevölkerung. Auf beidenSeiten lassen sich daher Elemente der Ge-

l 16 Doss ie r I I I : De r I s rae l - Pa läs t i na -Kon f l i k t

walteskalation benennen, die die Zivilbe-völkerung der anderen Seite nicht scho-nen. Die bewusste Inkaufnahme zivilerOpfer mit dem Ziel, unter der Bevölke-rung Schrecken hervorzurufen, kenn-zeichnet terroristische Gewalt. Für dieserechtswidrige Form politischer Gewalt-anwendung darf es keine Rechtfertigunggeben – weder sicherheitspolitische nochreligiöse. Nur mit einem entsprechendenGewaltverzicht auf beiden Seiten sindweitere Opfer unter der Zivilbevölkerungzu vermeiden.

4. In der öffentlichen Darstellung des Kon-fliktes kommen das „andere Israel“ unddas „andere Palästina“ kaum zu Wort. Sieaber repräsentieren in hohem Maße dieKräfte, die für Verständigung und friedli-che Konfliktlösung eintreten. Sie sind diewichtigen Ansprechpartner. Ihre Aussa-gen sollten deshalb möglichst weit in un-serer Gesellschaft verbreitet werden. Dieskann am besten geschehen, indem diewichtigen Stellungnahmen der israeli-schen und der palästinensischen Frie-densbewegung in Deutschland bekanntgemacht werden. Das sollte arbeitsteiligoder bei einer von verschiedenen Frie-densgruppen finanzierten Informations-stelle gesichtet, gewichtet, übersetzt undverbreitet werden.

5. Auch zwischen Menschen und Gruppendes „anderen Palästina“ und des „anderenIsrael“ sind der Dialog und die Überwin-dung von Barrieren nach so viel gegensei-tig zugefügtem Leid oft sehr schwierig.Vermittlung von außen ist dafür hilfreich.Das „Komitee für Grundrechte und De-mokratie“ betreibt beispielsweise im Rah-men der Aktion „Ferien vom Krieg“ diese

komplizierte Arbeit mit jährlich über 200jungen Leuten aus Israel und Palästina inDialog-Seminaren. Der „InternationaleVersöhnungsbund“ lädt VertreterInnenbeider Seiten zu Vortragsreisen in Europaein, unterstützt die palästinensische„Bücherei auf Rädern“ mit gewaltfreierLiteratur für die besetzten Gebiete sowiedas israelische Komitee gegen die Zer-störung von Häusern (s. auch Anhang 3).Diese und viele andere ähnliche Aktivitä-ten gilt es, qualitativ und quantitativ aus-zuweiten.

6. Die verarmte palästinensische Bevölke-rung muss auch aus friedenspolitischenGründen spüren, dass Erfolge auf friedli-chem Wege zu erreichen sind und dieWelt „draußen“ sie nicht vergessen hat.Zivilgesellschaftliche Gruppen solltendeshalb für die Unterstützung humanitä-rer Hilfsfonds, die im Westjordanlandund im Gaza-Streifen arbeiten, werben.„Medico International“ betreibt z.B. ei-nen solchen Fonds. Das „Komitee fürGrundrechte und Demokratie“ hat 2002Ferienspiele für 50 Kinder finanziert.2003 waren es bereits 200 Kinder ausBethlehem, Nablus und Jenin. Inzwi-schen haben Hunderte von Kindern ausdem Flüchtlingslager Deheisha, dem vonder Mauer rundum eingeschlossenenQalqilia und den ständig weiter vertriebe-nen Beduinen aus der Negev-Wüste beiFerienspielen ein paar unbeschwerte Wo-chen verlebt. Hier liegt ein großes undvielfältiges Aufgabengebiet für Friedens-arbeit von unten vor.

7. Friedensbewegung und Nichtregierungs-organisationen drängen in der Öffent-lichkeit ständig darauf, dass der Weg zu

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einer friedlichen Lösung des Konfliktsbeschritten wird. Dabei sollten sie ver-stärkt versuchen, gemeinsam mit ver-wandten Gruppen aus Israel, Palästinaund islamischen und arabischen LändernStellungnahmen und Appelle zu formu-lieren. Eine Vernetzung der Gruppen ausder Friedensbewegung national und in-ternational, die sich für eine zivile Lösungin der Nahost-Region einsetzen, sowie dieBildung von Partnerschaften könnte hier-bei hilfreich sein.

8. Friedenskonferenzen in Israel und/oderin Palästina auf der Grundlage der hierangezeigten Forderungen mit internatio-naler Präsenz könnten die friedenspoliti-sche Opposition in beiden Ländern stär-ken und die Dringlichkeit der zivilen Be-arbeitung des Konflikts in das Blickfeldrücken.

9. Um die vielfältigen Friedensaktivitätenzu diesem Konflikt in Zusammenhang zubringen, sollte in Deutschland eine Kam-pagne etwa unter der Forderung „Sicher-heit und Gerechtigkeit für Israel undPalästina – jetzt!“ aufgebaut werden. Viel-leicht könnte der bereits bestehende Zu-sammenschluss „Weg mit der Mauer inPalästina!“ dafür einen Nukleus bilden,falls eine Einigung auf Grundsätze der zi-vilen Konfliktbearbeitung möglich ist.

10. Ein aktuelles Thema einer solchen Kam-pagne sollte die gegenwärtige Isolierungdes Gaza-Streifens sein. Hierdurch wer-den die Menschenrechte der dort leben-den Palästinenser schwer verletzt. Verant-wortlich hierfür sind, neben Israel, dieEU und die USA. Ihre Politik erzeugtHass und ist friedenspolitisch unverant-wortlich. Eine israelisch-palästinensische

Kampagne hierzu ist bereits in Vorberei-tung („Break the Siege on Gaza“).

11. Ein weiteres aktuelles Thema ist der Mau-er- und Grenzzaunbau, den Israel nachwie vor weitgehend auf palästinensischemBoden errichtet und der vor allem der il-legalen Landnahme durch die Besat-zungsmacht dient. Hier sollen vollendeteTatsachen geschaffen werden, die einerFriedenslösung im Wege stehen werden.

Eine zivile Lösung dieses Konflikts wäre überregional bedeutsamWürden die hier genannten Forderungenaufgegriffen, könnten das tiefe Mißtrauenund die gegenseitigen Feindbilder abgebautwerden. Gegenseitige Nicht-Bedrohung undwachsende Kooperation könnten die Lebens-bedingungen der Menschen diesseits undjenseits der Mauer so erleichtern, dass darauseine den Frieden fördernde Dynamik er-wüchse.

Davon könnten auch die benachbartenLänder Nutzen ziehen, die gegenwärtig einengroßen Teil ihrer erwirtschafteten Mittel in„Feindschaftsarbeit“ vergeuden. Es ist gutvorstellbar, dass der Wille zu einer zivilen Lö-sung des Israel-Palästina-Problems zum An-stoß für eine „Konferenz für Sicherheit undZusammenarbeit im Nahen- und MittlerenOsten“ wird. Dann würde endlich nichtmehr gegeneinander gekämpft, sondern mit-einander über die Probleme der ganzen Regi-on gesprochen werden.

l 18 Doss ie r I I I : De r I s rae l - Pa läs t i na -Kon f l i k t

Im dritten Jahrtausend vor Christus wander-ten Kananäer in das heutige israelische undpalästinensische Gebiet ein, die dem Landden Namen Kanaan gaben. Im zweiten Jahr-tausend vor Christus folgten die Hebräer, diein der Bibel als „Israeliten“ bezeichnet wer-den. In der Zeit um 1200 vor Christus kamenaus der Ägäis seefahrende Philister in dasLand, die dem Land den Namen „Palästina“gaben. Juden lebten dort bis zur Zerstörungdes jüdischen Staates durch die Römer 70nach Christus, der eine große jüdische Aus-wanderungswelle folgte. Auch nach dem Jah-re 70 lebten Juden als Minderheit ununter-brochen bis heute in Palästina.

Die vielen furchtbaren Juden-Pogromeinsbesondere in Europa, nicht zuletzt unterchristlichem Vorzeichen und auch unter demEinfluss des Nationalismus in Europa, ließenam Ende des 19. Jahrhunderts den zionisti-schen Gedanken einer Nationalstaatsgrün-dung in Palästina aufkommen. Für ein jüdi-sches Heimatrecht in Palästina wurden reli-giöse Begründungen und historische Mythenherangezogen.

Das zionistische Vorhaben der Gründungeines Nationalstaates in der ersten Hälfte des20. Jahrhunderts fiel in eine Zeit, in der inder ganzen Region um die Befreiung vonFremd- und Kolonialherrschaft (Osmani-sches Reich, Großbritannien und Frankreich)gerungen wurde. Eigenständige National-staaten sollten geschaffen werden. Das zioni-stische Vorhaben wurde von der arabischen

Seite als Versuch wahrgenommen, neueFremdherrschaft zu errichten, und kollidiertemit den eigenen nationalen Ansprüchen. Ter-rorismus gegenüber der Zivilbevölkerung warauf beiden Seiten in den aufbrechenden Kon-flikten ein gängiges Kampfmittel.

David Ben Gurion, später der erste Mini-sterpräsident Israels, bemerkte dazu in einerinternen Diskussion: Wir müssen „unter unsder Wahrheit ins Auge blicken. Politisch näm-lich sind wir die Aggressoren, während sie sichselbst verteidigen (...). Das Land gehört ihnen,weil sie es bewohnen, während wir ankommenund uns hier niederlassen, und aus ihrer Per-spektive wollen wir ihnen das Land wegneh-men, noch bevor wir richtig angekommen sind“.Der Aufstand „ist aktiver Widerstand seitensder Palästinenser gegen das, was sie als Usurpie-rung ihrer Heimat durch die Juden betrachten“.

Die Shoah, die Vernichtung des europäi-schen Judentums in der Zeit des deutschenNationalsozialismus, verstärkte die interna-tionale Akzeptanz und Unterstützung derzionistischen Bestrebungen. Nun galt es zu-sätzlich, den europäischen Juden die Perspek-tive gesicherter Staatlichkeit und Schutz vorVerfolgung und Ausrottung zu verschaffen.Die zionistische Bewegung erfuhr massivepolitische und finanzielle Unterstützungdurch Juden in aller Welt, besonders aus denUSA.

Nach 1945 ergab sich ein grundsätzlicherWandel. Die alten Imperialmächte Großbri-tannien und Frankreich verloren schrittweise

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Anhang IKurze Anmerkungen zu den historischen Grund-strukturen des israelisch-palästinensischen Konflikts

ihren dominierenden Einfluss in der Region.Die Siegermächte des 2. Weltkriegs, die USAund die UdSSR, forcierten als eine ihrer letztengemeinsamen Handlungen die Gründung desStaates Israel. 1947 stimmte die UN-Vollver-sammlung für eine Teilung Palästinas und dieInternationalisierung Jerusalems. 56 % derFläche Palästinas sollten nun zu Israel gehören,Jerusalem (1 %) unter UNO-Kontrolle „neu-tral“ bleiben. Die Palästinenser wurden nichtgefragt, ob sie mit der Teilung einverstandenwaren. Es kam zum ersten von sechs israelisch-arabischen Kriegen, die alle von Israel gewon-nen wurden. In diesem ersten Krieg annektier-te der am 14. Mai 1948 von Ben Gurion ausge-rufene Staat weitere Gebiete, so dass er statt56 % nun 77 % des Landes kontrollierte. Da-bei vertrieben israelische Kräfte bzw. flüchte-ten rund 750.000 Palästinenser aus ihren an-gestammten Heimatgebieten. Viele der Ver-triebenen und ihre Nachfahren leben heutenoch in Flüchtlingslagern. In jüngster Zeitversucht eine Gruppe aus der israelischen Op-position (Zochrot), die zerstörten Orte derVertreibung, der Nakba (arab. Katastrophe),aufzuspüren und daran zu erinnern.

Die anliegenden arabischen Nachbarstaa-ten traten im Laufe der Geschichte zwar alsInteressensvertreter der vertriebenen Palästi-nenser auf, ihre oft fragliche Unterstützungist jedoch durch innen- und außenpolitischeInteressen widersprüchlich und oft gebro-chen.

Die forcierte Einwanderung von Judenaus aller Welt nach Israel förderte die Hetero-genität und stärkte fundamentalistisch reli-giöse Strömungen. Gerade sie fordern einGroß-Israel im ganzen „Heiligen Land“, dieVertreibung der Araber, und eine forcierteBesiedlungspolitik. Dagegen gab es immer

auch eine liberale Minderheit, wie MartinBuber sie repräsentierte, die in einem säkula-ren Staat Israel eine Heimstatt der Juden sah,und die für eine Verständigung mit den Palä-stinensern plädierte.

Insgesamt wurden sechs Kriege zwischendem Staat Israel und arabischen Nachbarstaa-ten geführt. 1948 waren Ägypten, Jordanien,Syrien, Libanon und Irak die Aggressoren.Beim Suez-Sinai-Feldzug 1956 waren es dieMächte Großbritannien, Frankreich und Is-rael. 1967 griff die israelische Armee Ägyp-ten, Syrien und Jordanien an. Im Oktober-Krieg 1973 attackierten Ägypten und SyrienIsrael. Den fünften Krieg führte die israeli-sche Regierung 1982 gegen Libanon und Sy-rien. Im Mai 2000 zogen sich die israelischenStreitkräfte aus dem Süd-Libanon zurück.Auf den sechsten Krieg zwischen Israel unddem Libanon im Jahre 2006 wird unten nocheinzugehen sein. Alle beteiligten Staaten wa-ren also zu unterschiedlichen Zeiten Aggres-soren und Angegriffene.

Der dritte, der Sechs-Tage- oder Juni-Krieg, führte 1967 zur Besetzung des West-jordanlandes, Ostjerusalems, des Gaza-Strei-fens, der syrischen Golan-Höhen und der Si-nai-Halbinsel. Im Westjordanland, damals zuJordanien gehörig, gab es kaum Widerstandgegen die Invasion. Der israelische PremierMenachem Begin: „Im Juni 1967 standen wirerneut vor der Wahl. Die Konzentration ägypti-scher Truppen auf dem Sinai beweist nicht, dassNasser uns wirklich angreifen wollte. Wir müs-sen uns selbst gegenüber ehrlich sein: Wir ent-schlossen uns zu dem Angriff.“ (Rede vom8.8.1982, zitiert nach N. Chomsky: OffeneWunde Nahost, Hamburg 2002, S. 41)Michael Ben Jair, Generalstaatsanwalt in derRegierung Rabin, schrieb jüngst: „... aber der

l 20 Doss ie r I I I : De r I s rae l - Pa läs t i na -Kon f l i k t

siebente Tag des Krieges, der am 12. Juni 1967anbrach, dauert bis heute an und resultiert ausunserer eigenen Entscheidung. Mit Begeiste-rung sind wir zu einer Kolonialgesellschaft ge-worden, die internationale Verträge missachtet,Grund und Boden beschlagnahmt, Siedler ausIsrael in die besetzten Gebiete verbringt, Dieb-stahl begeht und für all das noch irgendwelcheRechtfertigungen findet.“ (Le Monde diploma-tique, Dt. Ausgabe 4/2003, S. 13).

Die UN forderten in ihrer Resolution242 im November 1967 den israelischenRückzug aus den besetzten Gebieten und dasRecht aller Staaten der Region „innerhalb si-cherer und anerkannter Grenzen in Friedenund Freiheit von Drohung und Gewalt zu le-ben“. Diese UN-Resolution haben die Regie-rungen Israels nie befolgt. Einzig die Sinai-Halbinsel wurde nach einem weiteren Krieg(1973) an Ägypten zurückgegeben. Die Be-setzung seit 1967 ist die Ausgangssituationfür alle heutigen Bemühungen um eine Lö-sung. Sie ist verbunden mit einer höchst ag-gressiven und nach internationalem Recht il-legalen Besiedlungspolitik, mit illegitimerLandenteignung durch israelische Siedler/in-nen und der Zerstückelung des palästinensi-schen Raums. Die israelische Besetzung istvon fast ununterbrochener Gewalt gekenn-zeichnet. Die palästinensische Seite verstehtdie israelische Besetzung denn auch als Ver-such der Kolonisierung ihres Landes undsieht ihren Widerstand als Kampf um Deko-lonisation.

Das westliche und insbesondere US-Interesseam Staat Israel im Ost-West-Konflikt undnach 1989 an der Kontrolle des ölreichen Ge-bietes bis zum Kaspischen Meer und zumPersischen Golf führte dazu, dass das Regie-rungshandeln der politischen Klasse in Israelseitens der Westmächte einen Sonderstatuserhielt. Dank des Veto-Rechtes der US-Re-gierung brauchte die israelische FührungUN-Resolutionen nicht zu befolgen. Siedurfte eine eigene Atommacht aufbauen undmodernste B- und C-Waffen anschaffen. Dieisraelische Armee zählt zu den stärksten derWelt; sie durfte auch potentielle militärischeKonkurrenten bekämpfen, um keine ara-bisch-islamische Regionalmacht in Nahostaufkommen zu lassen.

Aus israelischer Perspektive garantiert dieEinbindung in die westlichen geopolitischenInteressen eine Absicherung der Existenz Is-raels. Nur in diesem Bündnis erscheint diestaatliche Integrität des Staates Israels als gesi-chert – gegenüber einem Lager arabischerStaaten, das zeitweise die Existenz des StaatesIsrael abgelehnt hatte. Das Exempel für dieEinbindung israelischer Machtpolitik in US-amerikanische Geo-Strategie war die israeli-sche Bombardierung des (durch Franzosen)im Bau befindlichen irakischen Kernkraft-werks Osirak 1981.

Der Krieg gegen den Irak von 1991 istu.a. neben der Befreiung Kuwaits auch ausder Perspektive der Verhinderung einer arabi-schen Regionalmacht zu bewerten. In diesemKonflikt versuchte Bagdad, die palästinensi-sche Bevölkerung gegen Israel zu mobilisie-ren. Die Besetzung des Irak 2003 durch dieUSA und Großbritannien hat diese Konstel-lation verändert. Nachdem Irak als potentiel-le Regionalmacht ausgeschaltet wurde, dro-

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hen die Regierungen der USA und Israelsnun dem Iran – einem weiteren Land mit Re-gionalmachtanspruch – mit militärischer In-tervention, während in Teheran eine antiisra-elische Stimmung angeheizt wird.

Die vielfachen Spannungen zwischen dervom „Westen“ vorangetriebenen Globalisie-rung und der islamischen Welt, die keines-wegs ein harmonischer Block ist, finden ihrenFokus im israelisch-palästinensischen Kon-flikt. Das so offensichtliche Unrecht gegenü-ber der palästinensischen Bevölkerung unddas daraus folgende Elend bieten die idealeProjektionsfläche für antiwestliche Tenden-zen in der islamischen Welt. Gleichzeitig er-leichtert der Einsatz von Selbstmordanschlä-gen und Raketenangriffen gegen zivile Zieledem „Westen“, diesen Kampf als terroristischeinzuordnen und damit zu delegitimieren.

Im näheren Umfeld ist der israelisch-palästinensische Konflikt regional eingebun-den in den Konflikt zwischen Israel und demLibanon mit der Hisbollah, sowie mit Syrienund insbesondere dem Iran. Er führte im Juli2006 zu einem heißen Krieg mit sehr großenZerstörungen im Libanon aber auch in Israel.Seine naheliegendste Ursache war, dass Israeldie gewachsene militärische Stärke der His-bollah im Süden des Libanons als Bedrohungempfand. Es nahm ein Kidnapping israeli-scher Soldaten an der Grenze zum Anlass, dieHisbollah und ihr militärisches Potentialpräventiv zu zerschlagen. Vielleicht kam einweiteres Motiv hinzu. Israel hat immer wie-der verlauten lassen, es würde eine Nuklear-macht Iran nicht dulden. Dieser Drohungsollte durch den Angriff auf die HisbollahNachdruck verliehen werden. Eine durch denIran mit weiterreichenden Raketen bewaffne-te Hisbollah könnte Israel noch größere Ver-

letzungen und Schäden zufügen und damiteine gewisse Abschreckungswirkung vor An-griffen auf den Iran erzielen (vgl. M. Massa-rat: FR, 23. 8. 2006). Israel wollte demnachdie Voraussetzungen hierfür mit seinem An-griff auf den Libanon beseitigen. Dies lägeganz auf der Linie der Strategie-Entwicklungder USA für Präventiv-Kriege (Prompt Glo-bal Strike-Strategy). Syrien, das die Hisbollahunterstützt, hat noch eine eigene Rechnungmit Israel zu begleichen, das nach wie vor dieeinst syrischen Golan-Höhen besetzt hält.

Es bestehen also „Ringe des Konflikts“.Im Inneren ist es der zwischen Israel und denPalästinensern. Der zweite Ring schließt Li-banon, Iran und Syrien mit ein. Der drittebezieht die arabischen Staaten, einschließlichden amerikanisch-britisch besetzten Irak, ein.Diesem eng verbunden ist der vierte Ring. Indiesen sind die USA an erster Stelle, aberauch die EU-Staaten involviert. Das Ganzeergibt ein höchst komplexes Konfliktsystem.

Über lange Zeit und zum Teil bis zur Gegen-wart haben arabische Staaten Israel nicht an-erkannt. Diese Haltung wurde in den 70erJahren durch die Verhandlungen zwischenÄgypten und Israel über den Sinai durchbro-chen. Ein mühsamer Prozess des Umlernensbegann. Immerhin wurde hier exemplarischdeutlich, dass Wege der Verständigung mög-lich sind. Menachem Begin und Anwar as-Sa-dat erhielten dafür den Nobelpreis. Die„Palästinensische Befreiungsorganisation“PLO zeigte im Juni 1974 erstmals Bereit-schaft, eine teilstaatliche Lösung für einenzukünftigen palästinensischen Staat zu ak-zeptieren. Im September 1982 beschlossendie arabischen Staatschefs in Fez einen Frie-densplan für Nahost. Dieser forderte den Ab-

l 22 Doss ie r I I I : De r I s rae l - Pa läs t i na -Kon f l i k t

zug des israelischen Militärs aus den 1967 be-setzten Gebieten, die Räumung der jüdischenSiedlungen und die Errichtung eines Palästi-na-Staates. Für alle Staaten der Region, alsoauch für den israelischen, sollte es eine inter-nationale Friedensgarantie geben. Diesewichtige arabische Initiative, in der de factodas Existenzrecht des Staates Israels aner-kannt wurde, griff Israel jedoch nicht auf.

Die erste Intifada: Im Dezember 1987begannen die Palästinenser/innen einen weit-gehend zivilen Aufstand gegen die israelischeBesetzung ihres Landes. Damit erreichten siedie internationale Öffentlichkeit. Am 31. Juli1988 verzichtete Jordanien auf seinen Sou-veränitätsanspruch auf das Westjordanlandund machte damit den Weg für die PLO frei,im Exil am 15. November 1988 einen StaatPalästina auszurufen. Sie akzeptierte damitdie 1948 von den UN beschlossene TeilungPalästinas in einen israelischen und einenpalästinensischen Teil. Diese „Unabhängig-keitserklärung“ wurde kurz darauf von derUN-Generalversammlung anerkannt. 1996tilgte der Palästinensische Nationalrat aus sei-ner Charta die Formel, dass der bewaffneteKampf der einzige Weg zur Befreiung Palä-stinas sei. (Blätter für deutsche und interna-tionale Politik 5/2003, S. 577)

Seit den 90er Jahren gab es zwei Ansätzefür eine politische Konfliktbewältigung, undzwar jeweils im Zusammenhang mit den In-terventionskriegen gegen den Irak 1991 und2003. In beiden Fällen befürchteten dieUSA, es könne zu einer breiten Mobilisie-rung gegen die US-Truppen kommen undBagdad würde als Ansatzpunkt hierfür diemilitärische und politische Unterdrückungder palästinensischen Bevölkerung durch dieisraelische Besatzungsmacht nutzen.

Der Oslo-FriedensprozessNach dem Golfkrieg 1991 ergriff US-Präsi-dent George Bush die Initiative für eine Nah-ost-Konfliktlösung. In der arabisch-muslimi-schen Welt waren die doppelten Standardsnicht mehr nachvollziehbar, warum das be-setzte Kuwait mit der Legitimation einerUN-Resolution nach nur vier Monaten mi-litärisch „befreit“ wurde, während die palästi-nensischen Gebiete trotz etlicher UN-Reso-lutionen zur Beendigung der israelischen Be-setzung seit 1967 weiterhin besetzt blieben.

Der erste Ansatz für eine politische Lö-sung, der zur Beendigung der ersten Intifadaführte, begann mit der Madrider Konferenzam 30. Oktober 1991 und führte schließlichüber geheime Parallelverhandlungen am13.9.1993 zu einem von Yitzhak Rabin undJassir Arafat im Beisein von Bill Clinton inWashington unterzeichneten Prinzipienab-kommen (Oslo I). Danach sollte die israeli-sche Regierung schrittweise Territorium undpolitische Zuständigkeiten an die zu bildendePalästinensische Autorität (PA) übergeben.Die zentralen Fragen nach dem Status Jerusa-lems, der Zukunft der Siedlungen, der Gren-zziehung usw. sollten in „Endstatusverhand-lungen“ nach einer fünfjährigen Interimspe-riode geklärt werden. Nach dem Interimsab-kommen (Oslo II) von 1995 sollte dieser Pro-zess bis 1999 abgeschlossen sein. Währenddieser Zeit trieb die israelische Staatsmachtden Siedlungsbau in den palästinensischenGebieten systematisch weiter voran.

Der palästinensischen Autorität (PA) ge-lang es in der Interimsperiode durchaus, dieGrundstrukturen eines staatlichen Gemein-wesens herzustellen, obwohl ihre Befugnisse

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geographisch und rechtlich in hohem Maßeeingeschränkt waren. Die PA hatte am Endeder Interimsperiode nur in 10 % des West-jordanlandes und in 60 % des Gaza-Streifensdie alleinige Kompetenz für Selbstverwal-tung, innere Ordnung und Sicherheit.

Das Massaker des jüdischen Arztes Dr.Baruch Goldstein in der vollbesetzten Ibra-hims-Moschee in Hebron 1994, bei dem 29Palästinenser getötet wurden, brachte denOslo-Prozess in größte Schwierigkeiten. Dieisraelische Regierung beugte sich den Dro-hungen der Siedler/innen und verzichtete aufdie Räumung der Siedlung bei Hebron, ausder Baruch Goldstein kam. Das Massakervon Hebron führte zu ersten Selbstmordan-schlägen der Hamas, nachdem die RegierungRabin einem Hamas-Ultimatum zur Evaku-ierung von vier Siedlungen nicht nachge-kommen war.

Nach dem Mord an dem israelischen Mi-nisterpräsidenten Yitzhak Rabin durch einenisraelischen Rechtsextremisten im November1995, der die Spannungen innerhalb der isra-elischen Gesellschaft hinsichtlich der Bewer-tung des Friedensprozesses markiert, undwährend der Regierungszeit des Rabin-Nach-folgers Benjamin Netanyahu stagnierte dervereinbarte Prozess aufgrund israelischer Ver-zögerungspolitik. Diese Politik konnte sichjedoch auf Ambivalenzen innerhalb und zwi-schen den palästinensischen Organisationenbeziehen. Auch auf dieser Seite war der Oslo-Prozess nicht unumstritten. Auch währenddieser Zeit trieb die israelische Staatsmachtden Siedlungsbau in den palästinensischenGebieten systematisch weiter voran.

Parallel dazu verhandelte der israelischePremier Ehud Barak von der Arbeitspartei –Nachfolger von Benjamin Netanyahu –

zunächst mit Syrien. Der US-Nahost-Beauf-tragte Dennis Ross kommentierte: „Die Syrerzeigten sich in allen Punkten zu Kompromissenbereit, aber Barak hat sich überhaupt nicht be-wegt.“

Erst im Juli 2000 kam es erneut zu Ver-handlungen über Palästina in Camp David,bei denen sich Barak sogar weigerte, Arafatpersönlich zu treffen. Angeblich sei Barak – soder Chor der Medien – zu großen Zugeständ-nissen bereit gewesen. Dies wird jedoch vonkritischen Beobachtern bestritten. Auch habeArafat nie die Rückkehr von drei MillionenFlüchtlingen nach Israel, wie es öffentlichhieß, gefordert. Nur einige Hundert bis Tau-sende hätten zur Debatte gestanden. Nie seimehr als 91 % des Westjordanlandes von Isra-el angeboten worden und auch nicht die volleSouveränität über die arabischen StadtviertelJerusalems. (Alle Angaben nach Le Monde Di-plomatique, Dt. Ausgabe, 7/2002, S. 18).„Nicht nur Arafat, sondern auch andere palästi-nensische Führer sahen in den territorialen Vor-stellungen des israelischen Premiers Barak keinakzeptables Friedensangebot“. Barak versuchtejedoch anschließend – und die westlichen Me-dien zogen mit – das Scheitern auf Arafat ab-zuwälzen. In Folgeverhandlungen im ägypti-schen Taba wurden in fast allen strittigen Fra-gen Annäherungen erreicht. Zu diesem Zeit-punkt war der israelische Ministerpräsidentbereits weitgehend machtlos – die bevorste-henden Neuwahlen brachten Ariel Scharon andie Regierungsspitze.

Die Enttäuschung in der palästinensi-schen Öffentlichkeit und die soziale Not derBevölkerung waren groß. Im Jahre 2000 be-trug das Pro-Kopf-Einkommen im Westjord-anland 1.500 $ bei 40 % Arbeitslosigkeit; inIsrael zum Vergleich: 18.900 $ und 9 %. In

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dieser gespannten Situation marschierte ArielScharon – über viele Jahre Hauptverantwort-licher für die israelische Besiedlungspolitik –am 28.9.2000 mit einem großen Polizeiauf-gebot auf den Ost-Jerusalemer Tempelberg,um vor der für die islamischen Gläubigenäußerst traditionsreichen Al-Aksa-Moscheeisraelische Ansprüche geltend zu machen.Diese gezielte Provokation, gegen die auch is-raelische Abgeordnete protestierten, war derAuslöser für die zweite Intifada. Während derProteste unmittelbar nach dem Tempelberg-besuch des israelischen Ministerpräsidentenwurden viele Palästinenser/innen getötet.

Die Intifada wird von den Medien meistals ein Volksaufstand der palästinensischenBevölkerung gegen die israelische Regie-rungspolitik und die anhaltend unzumutbareSituation dargestellt. Das ist sie einerseitsauch, andererseits aber ist dieser Protest auchgeprägt von politischen Kräften, die ihrerseitserklärtermaßen nicht mit der Möglichkeit ei-ner friedlichen Beilegung des israelisch-palä-stinensischen Konflikts rechneten.

Mit zunehmender Dauer wurde der Auf-stand von diesen Kräften stärker gestaltet.Teilweise richtete sich der Protest auch gegendie eigene als korrupt empfundene Führungder PLO.

Die Intifada begann zunächst als zivilerProtest, der durch Israel gewaltsam niederge-schlagen wurde und daraufhin zu Selbst-mord-Attentaten mit verheerenden Wirkun-gen auf die israelische Bevölkerung eskalierte.Hierfür hat sich international die Bewertungals „Terrorismus“ durchgesetzt, während diemilitärisch brutale Besatzungsgewalt als „Ter-rorismus-Bekämpfung“ qualifiziert wird.

Der einseitige Terrorismus-Vorwurf ge-gen die palästinensische Seite dient vor allem

dazu, den Palästinensern/innen die Schuldam Konflikt anzulasten. Die Intifada ist – wieGuerilla-Krieg – eine asymmetrische Kriegs-form militärisch Schwacher gegen einenhochgerüsteten Gegner. Auf beiden Seitenlassen sich Elemente der bewussten Gewaltes-kalation benennen, welche die Zivilbevölke-rung nicht schonen. Diese bewusste Inkauf-nahme ziviler Opfer kennzeichnet u.a. terro-ristische Gewalt.

Uri Avnery, der Senior der israelischenFriedensbewegung, der den Gedanken derKoexistenz zweier Staaten vertritt, schrieb:„Nach 1 000 Tagen wurde trotz des Tötens undder Zerstörung der palästinensische Wider-standsgeist nicht gebrochen (...). Zu Beginn die-ser Intifada gab es ein paar Freiwillige fürSelbstmordattentate; zuletzt standen hundertebereit. Auch die Palästinenser haben nicht ge-wonnen (...). Sie haben verhindern können,dass die palästinensische Sache nicht von derWeltagenda gestrichen wurde. Die israelischeWirtschaft ist schwer angeschlagen (...). Die Is-raelis sind, genau wie die Palästinenser, er-schöpft. Diese Intifada ist für den augenblickli-chen Zeitpunkt mit einem Unentschieden zuEnde.“ (taz, 15.7.2003).

Die Selbstmordattentate haben in Israelzur Unterstützung und Akzeptanz der rechts-konservativen Regierung beigetragen. Daszeigte sich unter anderem in der hohen Zu-stimmung für den Bau von Mauersperranla-gen, obwohl diese rechtswidrig weit in palä-stinensisches Gebiet hinein gebaut wurdenund zur Abriegelung und faktischen Annexi-on ganzer palästinensischer Landstriche führ-ten. Die Militäraktionen Israels sowie dieZerstückelung der palästinensischen Gebietedurch Mauern, Zäune, Checkpoints, Sied-lungen und Siedlerstraßen haben zu gemein-

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samer Empörung der Palästinenser beigetra-gen. Dennoch wurde der israelisch-palästi-nensische Konflikt auch zum politischenKonflikt innerhalb beider Gesellschaften.

Im palästinensischen Teil fand dieszunächst seinen deutlichsten Ausdruck in derAuseinandersetzung um die Einstellung derSelbstmordattentate und des Raketenbeschus-ses. Am 22.6.2002 veröffentlichten 55 palä-stinensische Persönlichkeiten, darunter auchdie prominente Politikerin Hanan Ashrawi, inder Ostjerusalemer Zeitung „Al Quds“ einenAufruf gegen Selbstmordattentate:

„Ausgehend von unserem Gefühl nationalerVerantwortung und angesichts der Gefahren,die von der Situation, in der sich das palästi-nensische Volk befindet, ausgehen, wünschenwir, die Unterzeichner, dass jene, die hinter denmilitärischen Operationen gegen Zivilisten inIsrael stehen, kritisch ihre Bilanzen begutachtenund damit aufhören, unsere Jugend zu diesenOperationen anzutreiben. Wir wünschen dies,weil wir als einziges Ergebnis dieser Anschlägedie Verfestigung der Abneigung, der Wut unddes Hasses und die Vertiefung der Kluft zwi-schen den beiden Völkern sehen. Sie zerstörendie Möglichkeit, dass beide Völker Seite an Sei-te in zwei benachbarten Staaten in Frieden le-ben“. (zit. aus: Blätter für deutsche und inter-nationale Politik, 8/2002).

In Israel standen die Vertreter/innen einerexpansiven Siedlungspolitik denen gegenü-ber, die sich für ein friedliches Nebeneinan-der von zwei Staaten oder sogar für einen ge-meinsamen Staat gleichberechtigter Bürger/innen einsetzen. Charakteristisch für diesenKonflikt war der Aufruf von 53 Offizierenund Soldaten/ innen aus Kampfeinheiten,der am 25.1.2002 in israelischen Zeitungenerschien:

„Wir werden nicht länger jenseits der Gren-ze von 1967 kämpfen, um die dortige Bevölke-rung zu beherrschen, zu vertreiben, auszuhun-gern und zu erniedrigen. Die Befehle, die wirerhielten, zerstören alle Werte, die wir in diesemLand verinnerlicht haben. Wir begreifen heute,dass der Preis der Besetzung die Korrumpierungder gesamten israelischen Gesellschaft ist.“

Mit der Eskalation von Gewalt wurdenund werden in beiden Gesellschaften die Be-dingungen für demokratisch-politischesHandeln repressiv eingeengt.

Der Dritte Golf-Krieg führte zur „Roadmap“Im April 2002, also im Vorfeld des DrittenGolf-Krieges, trat das „Nahost-Quartett“, be-stehend aus UN, USA, EU und Russland, inseiner Erklärung von Madrid für einen Waf-fenstillstand, den Abzug des israelischen Mi-litärs, sowie die Beendigung der palästinensi-schen Terror-Anschläge ein. Es sprach sichfür das Ziel zweier Staaten – Israel und Palä-stina – gemäß UN-Resolution 1397 aus.

Vorher hatte der saudi-arabische Kron-prinz Abdullah ein Friedensangebot im Na-men von 22 arabischen Staaten unterbreitet:Gegenseitige Anerkennung in Verbindungmit der Bildung eines Staates Palästina in denGrenzen vor 1967. Die Parole der US-Regie-rung lautete jedoch: Erst Bagdad, dann Palä-stina. Dementsprechend wurde erst nach derUS-GB-Invasion in den Irak das Thema wie-der aufgenommen. Das Nahost-Quartettschlug eine „Roadmap for Peace“ vor. Da-nach sollte 2005 ein Staat Palästina entste-

l 26 Doss ie r I I I : De r I s rae l - Pa läs t i na -Kon f l i k t

hen. Die israelische Regierung hatte sich al-lerdings vorbehalten, den ganzen Prozess ab-zulehnen, wenn einer von 13 Vorbehaltennicht erfüllt sein sollte. Angesichts der eska-lierenden Konfrontation und der weitgehen-den Untätigkeit des Quartetts fragten sichviele in Palästina, ob die „Roadmap“ nichtnur für den US-Wahlkampf 2004/5 gemachtwar, um die verschiedensten Erwartungenabzudecken. Umgesetzt wurde die „Road-map“ jedenfalls bislang nicht. Auch die Hoff-nungen, die an den Teilrückzug des israeli-schen Militärs aus dem Gazastreifen im Jahr2005 und den Abbau der dortigen Siedlun-gen geknüpft waren, wurden enttäuscht: DieUS-Regierung belohnte diesen unilateralenSchritt Israels mit Zusagen zum Erhalt großerSiedlungsblöcke im Westjordanland.

Die vom Ausland immer wieder geforder-ten demokratischen Wahlen im Westjordan-land und im Gazastreifen fanden im Januar2006 statt. Ihre Durchführung wurde nichtbeanstandet, aber der Sieg der Hamas gegendie Fatah wurde weder von den USA nochvon vielen EU-Staaten akzeptiert. Hamas warnicht bereit, Israel und die früher geschlosse-nen Verträge offiziell anzuerkennen undgrundsätzlich auf Gewalt zu verzichten. (Derermordete Scheich und Gründer der Hamas,Yasin, hatte allerdings bereits 1997 eine„Hudna“ – einen Langzeitwaffenstillstandmit Israel – angeboten, was eine de facto An-erkennung Israels implizierte.) Der Westenstellte seine Hilfszahlungen weitgehend ein.Der Westen, insbesondere die USA unter-stützte jedoch einseitig Präsident Abbas vonder Fatah mit Finanzen und Rüstungsgütern,was von der Hamas vermutlich als eine Vor-bereitung zum innerpalästinensischen Bür-gerkrieg verstanden wurde.

Der jüngste Libanon-Krieg vom Juni2006 führt zu einer weiteren Verhärtung undVerfeindung in der Region und zeigt aufsNeue die weitgehenden regionalen Wurzelndieses Konflikts.

Eine von Saudi-Arabien im März 2007vermittelte Einheitsregierung Hamas/Fatah,die auch zu einer Reform der PLO führensollte, zerbrach sehr bald. Präsident Abbasentließ die von Hamas geführte Regierungund setzte eine Regierung seiner Wahl ein.

Hamas riss daraufhin im Juni 2007 in ei-nem Gewaltstreich die Herrschaft im Gaza-Streifen an sich und bewirkte damit eine defacto-Zweiteilung der palästinensischen Ter-ritorien. Eine Aussöhnung zwischen Hamasund Fatah scheint zur Zeit nicht in Reichwei-te zu sein.

Israel hat im September 2007 den Gaza-streifen zum „Feindesland“ erklärt. Der Ga-zastreifen ist vollständig von Israel abhängig.

Ob die im Januar 2007 angekündigteWiederbelebung des Nahost-Quartetts zu ei-ner wirksamen Friedenspolitik in Nahostführen wird, ist ungewiss, zumal Washingtonsich nicht eindeutig gegen den weiteren Sied-lungsausbau im Westjordanland wendet. Diegroßen Siedlungsblöcke im Westjordanlandwurden sogar von der US-Regierung als israe-lisches Staatsgebiet anerkannt – entgegen vie-ler UN-Resolutionen und des Völkerrechts.

Auf Betreiben der US-Regierung fand imNovember 2007 in Annapolis eine Nahost-Konferenz statt, an der sich auch arabischeStaaten beteiligten. Israelis und Palästinenserbeschlossen im Dezember mit Friedensver-handlungen zu beginnen, die bis Ende 2008zu einem Friedensvertrag über eine Zwei-Staaten-Lösung führen sollen.

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The Alternative Information Centre (AlC)www.alternativenews.org [email protected]

Anarchists against the wallwww.awalls.org [email protected]

Arab Educational Institutewww.aeicenter.org [email protected]

Bat Shalomwww.batshalom.org [email protected]

Bisan Center for Research and Development www.bisan.org [email protected]

Breaking the Silence www.breakingthesilence.org.il [email protected]

B’Tselem www.btselem.org/English/[email protected]

Center for Conflict Resolution and Reconciliation (CCRR)www.mideastweb.org/ccrr/[email protected]

Givat Havivawww.dialogate.org.il [email protected]

The Grassroots Palestinian Anti-Apartheid Wall Campaignwww.stopthewall.org [email protected]

Gush Shalomwww.gush-shalom.org [email protected]

Hand in Hand – (Zentrum für jüdisch-arabische Erziehung in Israel)www.handinhand12.org [email protected]

Health Work Committees www.hwc-pal.org [email protected]

The International Center of Bethlehem –Dar Annadwa Adduwaliyya www.annadwa.org/german.htm [email protected]

International Solidarity Movementwww.palsolidarity.org/[email protected]

The Israeli Committee Against HouseDemolitions (ICAHD)[email protected]

The Israel Interfaith Association www.uni-Leipzig.de/~judaica/i-faith/ index2.htm [email protected]

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Anhang II-IVAnhang 2: Friedensorganisationen im Nahen Osten

Die nachfolgende Auswahl von Kontaktadressen stellt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.Sie möchte Anregungen geben, aktiv zu werden und Organisationen auf beiden Seiten desKonfliktes kennenzulernen und zu unterstützen, die sich für zivile Lösungen stark machen.

Jerusalem Center for Women www.j-c-w.org [email protected]

Latin Patriarchat of Jerusalemwww.lpj.org [email protected]

Library on Wheelswww.library.hhpl.on.ca [email protected]

Machsomwatchwww.machsomwatch.org [email protected]

Neve Shalom/Wahat al-Salamwww.nswas.org [email protected]

New profile Movement for the Civilization of Israeli Societywww.newprofile.org/ [email protected]

Oz VeShalomwww.netivot-shalom.org.il [email protected]

Palestinian Agricultural Relief Committees (PARC) [email protected] / [email protected]

Palestinian Center for the Disseminationof Democracy and Community(Panorama)www.panoramacenter.org [email protected]

Parents Circle – Families Forum www.theparentscircle.com [email protected]

Peace Research Institute in the Middle East (PRIME)www.vispo.com/PRIME/ [email protected]

Physicians for Human Rights Israel (PHR)www.phr.org.il/phr/, [email protected]

Rabbis for Human Rights (RHR)www.rhr.israel.net/ [email protected]

Sabeel (Ökumenisches Befreiungstheologie Center)www.sabeel.org [email protected]

Society of Saint Yves – Catholic Human Rights Center for Legal Resources und Development www.saint.yves.org [email protected]

Ta’ayush (Zusammen leben)www.taayush.org/ [email protected].

Wi’am (Palestine Conflict Resolution Center) www.alaslah.org/ [email protected]

Women in Black Jerusalemwww.coalitionofwomen.org/home/english/ [email protected]

Zochrot – Learning-Centerwww.zochrot.org [email protected]

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Die nachfolgende Zusammenstellung vonOrganisationen in Deutschland, die in derFriedensarbeit in Israel und Palästina enga-giert sind, erhebt keinen Anspruch auf Voll-ständigkeit, sondern möchte lediglich exem-plarisch zeigen, welche Aktivitäten bereits be-stehen und ausgebaut werden könnten. DerStärkung der zivilen Kräfte vor Ort im Nahost-Konflikt kommt eine große Bedeutung zu.

Aktion Sühnezeichen-Friedensdienste(ASF)

ASF ist eine Freiwilligenorganisation, die vonChristen gegründet wurde, die sich der Ära desNationalsozialismus in Deutschland stellenwollten. Die Anerkennung der deutschenSchuld am zweiten Weltkrieg war der Start-punkt für Aktion Sühnezeichen im Jahre 1958.Mehr als 20 Freiwillige sind jährlich in Israeltätig, die mit alten und behinderten Menschen,benachteiligten Kindern, an Gedenkstättenund Instituten wie z.B. Yad Vashem und demLeo Baeck-Institut arbeiten.

Die Arbeit mit benachteiligten Minderhei-ten ist ein wichtiger Pfeiler der ASF-Versöh-nungsarbeit. Deshalb arbeitet ASF mit ver-schiedenen Projekten jüdisch-arabischer Ver-ständigung zusammen. Auch ist ASF an Initia-tiven beteiligt, interreligiösen Dialog in Israelzu fördern.

Aktion Sühnezeichen fühlt sich besondersden Gruppen nahe, die kooperative und zivileWege suchen, mit dem Nahostkonflikt umzu-

gehen. ASF betreibt in Jerusalem ein internatio-nales Zentrum, das „Ben Yehuda Haus“ und or-ganisiert Seminare und Treffen über jüdisch-christliche und israelisch-deutsche Beziehun-gen.Aktion Sühnezeichen Friedensdienste e.V.Auguststr. 80, 10117 BerlinTel. 030/2 83 95-184 Fax 030/2 83 95-135 [email protected], www.asf-ev.de

Arbeitskreis Nahost Berlin

Der AK Nahost Berlin ging aus der JüdischenGruppe hervor, die 1982 aus Protest gegen denLibanonkrieg entstanden ist. Er ist unabhängigvon ethnischer oder religiöser Zugehörigkeitund offen für alle Interessierte, die sich für dieZiele des AK einsetzen. Der AK unterstützt isra-elische und palästinensische Friedensgruppen,die sich für ein Ende der Besetzung der West-bank und des Gazastreifens sowie gegen die An-nexion Ost-Jerusalems einsetzen. Besonderswichtig ist der unmittelbareKontakt in die Regi-on. Seit mehreren Jahren unterstützt der AKNahost Berlin die Arbeit von Taayush (http://taayush.tripod.com), das freedom theatre in Je-nin (www.thefreedomtheatre. org) und arbeitetz.B. mit Machsom Watch zusammen, einerFrauengruppe in Israel, die regelmäßig die Vor-gänge an den checkpoints beobachtet. Der AKNahost plant Veranstaltungen zwischen NGOsund Politikern, die in Menschenrechtskommis-sionen tätig sind. Seit Juni 2006 ruft der Arbeits-

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Anhang 3: Organisationen in Deutschland, die die Friedensbewegungen im Nahen Osten unterstützen

kreis monatlich zu einer Solidaritätskundge-bung mit dem Dorf Bilin auf. Bilin (www.bilin-village.org) liegt in der Westbank und führt je-den Freitag eine gewaltfreie Demonstration ge-gen den Bau der Mauer bzw. Grenzzaunanlagedurch, die ihnen den Zugang zu ihren Feldernversperrt und ihnen damit die Lebensgrundla-gen nimmt.AK Nahost Berlin c/o Bildungswerk der Heinrich-Böll-Stiftung Kottbusser Damm 72, 10967 [email protected]

Bund für Soziale Verteidigung

Gruppe „Gewaltfrei eingreifen ... in den Palä-stina-Konflikt“. Seit Anfang 2002 arbeitet imBSV eine Gruppe zu der Fragestellung, welcheAktivitäten sie in Deutschland entfalten kön-nen, um im Konflikt zwischen Israel und denPalästinensern diejenigen Kräfte zu stärken, diefür eine friedliche Lösung einstehen. Nach ei-ner Erkundungsreise und einem Workhop mitisraelischen Friedens- und Menschenrechtsak-tivistInnen entstanden folgende Projekte:

1. KDV-Unterstützung: In einem Email-Newsletter informiert die Gruppe über israeli-sche Kriegsdienstverweigerer und unterstütztsie durch Briefe und Protestschreiben.

2. Das BSV-Stipendium für Zivile Kon-fliktbearbeitung: Der BSV hat einem Israeliund einem Palästinenser den viermonatigenAusbildungskurs in Ziviler Konfliktbearbei-tung finanziert, den das Forum Ziviler Frie-densdienst anbietet.

3. Eine Vortragsrundreise durch Nord-rhein-Westfälische Schulen mit Jugendlichenaus der Gruppe „Breaking Barriers“. BreakingBarriers organisiert gemeinsame Treffen undWorkshops israelischer und palästinensischer

Jugendlicher, um durch gegenseitiges Kennen-lernen Fremdheit zu überwinden und Feindbil-der abzubauen.

4. Ein Projekt des Zivilen Friedensdienstesbei den Jahalin-Beduinen in der Westbanknahe Jerusalem. Es setzt die bisherige intensiveFreiwilligenarbeit u.a. der „Rabbis für Men-schenrechte“ fort. Dieses Projekt soll nicht nurdie Lebensbedingungen der Beduinen verbes-sern helfen, sondern auch zum Abbau vonSchranken zwischen den Bewohnern des Be-duinen-Camps, der palästinensischen Gesell-schaft und den BewohnerInnen der nahe gele-genen Siedlung Maàle Adumim beitragen.Bund für Soziale Verteidigung e.V.Schwarzer Weg 8, 32423 Minden Tel. 05 71/2 94 56, Fax 05 71/2 30 [email protected]

Connection e.V.

In Israel steigt die Zahl der Kriegsdienstverwei-gerer kontinuierlich an. Mehr als 2.000 Män-ner und Frauen, Wehrpflichtige wie Reservis-ten, haben ihreVerweigerung öffentlich erklärt.Einige wurden zu einem Jahr Haft verurteilt.Ihre Motive reichen von der grundsätzlichenAblehnung des Militärs bis zur Ablehnung desDienstes in den besetzten Gebieten. Geradedurch die unterschiedlichen Ansätze kann dieseBewegung eine besondere Kraft entfalten: füreine friedliche und gerechte Lösung. Connec-tion e.V. unterstützte die Bewegung mit einerEmail-Aktion, gab 2004 und 2006 Broschürenheraus, in der auch weitere Friedensaktivitätenin Israel und Palästina vorgestellt werden, pflegtKontakte zu verschiedenen Gruppen und ludVertreterInnen von New Profile und Taayushzu Veranstaltungsreihen ein.

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Connection e.V.Gerberstr. 5, 63065 OffenbachTel. 0 69/82 37 55 34Fax 0 69/82 37 55 35 [email protected]

Deutsch-israelischer Arbeitskreis fürFrieden im Nahen Osten (diAK) e.V.

Der 1977 gegründete diAK ist davon über-zeugt, dass das nationale Selbstbestimmungs-recht von Israelis und Palästinensern dieGrundlage einer friedlichen Konfliktlösungbilden muss. Der diAk sucht dabei den Kon-takt vor allem zu solchen Personen und Grup-pen, die aktiv für eine friedliche Regelung desisraelisch-palästinensischen Konflikts eintre-ten. Die Aktivitäten umfassen u.a.:, Herausgabe der vierteljährlich erscheinen-

den Zeitschrift „israel&palästina“., Herausgabe von ein bis zwei Bänden pro

Jahr in einer Schriftenreihe., Veranstaltung eines Jahresseminars mit

ReferentInnen aus der Region., Darstellung dieser Aktivitäten sowie der

Entwicklungen in der Region und der Dis-kussionen darüber in Deutschland auf derdiAk-Homepage.

, Beratungs- und Referententätigkeiten ein-zelner Mitglieder u. des Vorstandes.

Deutsch-Israelischer Arbeitskreis für Frieden im Nahen Osten e.V. Geschäftsstelle, Zeißstr. 51/1 22765 Hamburg, Tel. 0 40/39 55 73 [email protected] www.diak.org

EAPPI / ÖFPI

Freiwillige des „Ökumenischen Friedensdien-stes in Palästina und Israel“ (ÖFPI, engl. EAPPI)unterstützen israelische und palästinensischeFriedensaktivisten in ihrem Bemühen um einegerechte Lösung des Israel-Palästina-Konflikts.Sie leben für drei Monate mit den Menschen vorOrt zusammen und arbeiten in internationalenTeams mit der örtlichen Bevölkerung, mit Kir-chen, kirchlichen Institutionen und Nichtregie-rungsorganisationen zusammen. Wo immermöglich, versuchen sie zu deeskalieren, um Ge-walt gegen Zivilisten und deren Demütigung zuverringern. Das Begleitprogramm, das der Öku-menische Rat der Kirchen 2002 im Rahmen derDekade zur Überwindung von Gewalt ins Lebengerufen hat, möchte aktiv bezeugen, dass gewalt-freier Einsatz für Gerechtigkeit und Friedenmöglich ist. Ein wichtiger Teil der Arbeit derFreiwilligen besteht daher in der Öffentlich-keitsarbeit nach ihrer Rückkehr. Voraussetzun-gen zur Teilnahme sind u.a. ein Mindestaltervon 25 Jahren, sehr gute Englisch-Kenntnissesowie Erfahrungen in der Entwicklungs-, Men-schenrechts- oder Solidaritätsarbeit.

Die deutsche Beteiligung an diesem Pro-gramm liegt in Verantwortung des Evangeli-schen Missionswerks in Südwestdeutschland(EMS), des Berliner Missionswerks (BMW) undder katholischen Friedensbewegung pax christi.Sie werden dabei unterstützt durch den Evangeli-schen Entwicklungsdienst (EED), Brot für dieWelt, das Evangelische Missionswerk (EMW),die katholische Arbeitsgemeinschaft für Ent-wicklungshilfe (AGEH) und andere kirchlicheStellen. Seit 2005 beteiligt sich auch das Netz-werk der ehemaligen deutschen Freiwilligen andieser Arbeit.

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Bewerbungen für den Friedensdienst kön-nen an drei Organisationen gerichtet werden: , Evangelisches Missionswerk in Südwest-

deutschland, Pfarrer Andreas Maurer Tel. 0711/636 78 [email protected]

, Berliner Missionswerk, Pfarrerin Almuth Nothnagle, Tel. 030/24 34 41 [email protected]

, pax christi, Geschäftsführerin Christamaria Weber, Tel. 0 61 01/20 [email protected]

Weitere Informationen auch unter:www.eappi-netzwerk.de, www.eappi.orgwww.eed.de/eappi

EED / MISEREOR: Gemeinsame Initiative humanitäres Völkerrecht Nahost

Das Bischöfliche Hilfswerk MISEREOR undder Evangelische Entwicklungsdienst (EED)fördern im Rahmen ihrer ProgrammarbeitNahost zahlreiche israelische und palästinensi-sche Partnerorganisationen. Ein großer Teil vonihnen engagiert sich in den Bereichen Frieden,gewaltfreie Konfliktbearbeitung und Men-schenrechte. Um ihre Arbeit zu unterstützen,haben die Werke Anfang 2007 beschlossen, ihreProgrammarbeit in Nahost durch gezielte Lob-by- und Advocacy-Aktivitäten zur Achtung deshumanitären Völkerrechts und der Menschen-rechte im israelisch-palästinensischen Konfliktim Rahmen der Gemeinsamen Initiative hu-manitäres Völkerrecht Nahost zu ergänzen.

Im Zentrum der ökumenischen Koopera-tion steht die Forderung nach einer konsequen-teren Durchsetzung der Einhaltung des huma-nitären Völkerrechts. Denn dessen entwick-lungspolitische Bedeutung liegt auf der Hand:Es schützt in Konfliktsituationen und unter Be-satzung das private und öffentliche Leben derbetroffenen Menschen und ihre Entwick-lungschancen. Dadurch hilft es, die Tür zu ei-nem gerechten Frieden offen zu halten. Zusam-men mit europäischen Schwesterhilfswerken inverschiedenen EU-Mitgliedstaaten erarbeitendie beiden Hilfswerke Empfehlungen dafür, wieDrittstaaten konsequenter ihrer eigenen Ver-pflichtung nachkommen können, für die Ach-tung des humanitären Völkerrechts und derMenschenrechte in Israel und den palästinensi-schen Gebieten Sorge zu tragen. Konkret geht esdarum, bei der Umsetzung von Kooperations-maßnahmen der Europäischen Union mit denKonfliktparteien sicherzustellen, dass durch siekeine indirekte Anerkennung, Beihilfe oder Un-

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terstützung rechtswidriger Maßnahmen erfolgt.Weitere Infos: Dr. Christina PfestroffBischöfliches Hilfswerk MisereorEvangelischer Entwicklungsdienstc/o EED, Ulrich-von-Hassel-Str. 76, 53123 Bonn, Tel. 02 28/81 01-21 06Fax 02 28/81 01-160 [email protected]/voelkerrecht-nahost

Forum Ziviler Friedensdienst – Abteilung Nahost

Seit 2000 engagiert sich das forumZFD mitProjekten des Zivilen Friedensdienstes in Nah-ost. Ein Projekt zur Ausbildung von Studentin-nen und Mitgliedern von Jugendeinrichtungenin der gewaltfreien Kommunikation, das das fo-rumZFD zusammen mit dem Willy Brandt-Zentrum durchführte, wurde 2005 abgeschlos-sen. Momentan laufen vier Projekte des fo-rumZFD und seiner Partnerorganisationen(Willy Brandt-Zentrum und Bund für sozialeVerteidigung) in Palästina und Israel und einProjekt in Palästina, Israel und Jordanien. Beiletzterem geht es um Erinnerungsarbeit undKonfliktbearbeitung im Projekt Land undIdentität. Ziel des Projektes ist es, verschiedenepolitische und soziale Akteure in Israel, Palästi-na und Jordanien als Friedensallianzen zu be-fähigen, zusammen über die Flüchtlingsfrageund den teilweise konfliktschürenden „Erinne-rungsfiguren“ (Erinnerungsfiguren als Schlüs-selkonzept der Theorie des kulturellen Ge-dächtnisses nach Jan Assmann und MauriceHalbwachs) in beiden nationalen Gemein-schaften zu reflektieren. Die Zielgruppen um-fassen jüdische und arabische Israelis und Palä-stinenser, sowohl aus den palästinensischen Ge-

bieten, als auch aus Jordanien, die als junge Ak-tivisten bereits in Bemühungen eingebundensind, sozialen Wandel innerhalb ihrer Gemein-schaften zu fördern.Forum Ziviler Friedensdienst Wesselstraße 12, 53113 Bonn Tel. 02 28/9 81 45 15Fax 02 28/9 81 45 [email protected], www.forumzfd.de

IPPNW

Ziele der IPPNW sind die weitere Stärkung derKontakte nach Israel-Palästina und dabei dasEinholen von Informationen über die – gleich-gültig von welcher Seite verursachte – Notlageder dortigen Bevölkerung und Menschen-rechtsverletzungen. Wichtig ist insbesondereder Kontakt zu den Ärzten für Menschenrechte(PHR Israel), und (aktuell) auch eine kritische Dis-kussion mit der Israeli Medical Association. Inden letzten Jahren besuchten IPPNW-Delega-tionen Israel/Palästina. Seit 2003 thematisiertdie IPPNW in Deutschland den Mauerbau,z.B. durch Mitarbeit an der internationalenKonferenz „Stop the Wall“ 2004 und 2006, undim daraus entsprungenen Koordinationskreis(www.stopptdiemauer.de). IPPNW-Studieren-de aus Deutschland und anderen westlichen Län-dern beteiligten sich seit Sommer 2004 in jedemJahr in vier Flüchtlingslagern der Westbank an ei-nem Projekt über psycho-soziale Auswirkungenvon Krieg und Gewalt auf Kinder und Jugend-liche (Palestinian Refugee Project www.ippnw-students.org/ReCap/ReCap.html). IPPNW GeschäftsstelleKörtestr. 10, 10967 BerlinTel. 0 30/69 80 74-13 Fax 0 30/6 93 81 66, www.ippnw.de

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Jüdisch-Palästinensische Dialoggruppe München

Im Jahre 1985 fanden sich in München ansässi-ge palästinensische und jüdische Frauen undMänner zusammen und beschlossen die Grün-dung der Jüdisch-Palästinensischen Dialog-gruppe. Es hatte sich nämlich gezeigt sich, dass esauch für die in Deutschland lebenden Mitglie-der der Gruppe nicht möglich ist, sich von demisraelisch-palästinensischen Konflikt abzugren-zen.

Seither bemüht sich die Gruppe durch Re-cherchen und Diskussionen, die Hintergründeund Probleme der Konfrontation beider Völkerzu analysieren. Durch Studienreisen durchPalästina (Westbank, Gaza) und Israel machtesich die Dialoggruppe ein Bild von der Situati-on vor Ort und führte Gespräche mit Vertreternverschiedener palästinensischer und israeli-scher Organisationen. Die Gruppe besuchteauch einige Flüchtlingslager.

Die Dialoggruppe trifft sich regelmäßig undbespricht historische und aktuelle Aspekte desnunmehr seit einem Jahrhundert währendenKonflikts. Dadurch konnten Barrieren von Mis-strauen und Unkenntnis untereinander abge-baut werden. Die Dialoggruppe unterstützt In-itiativen im Nahen Osten und Europa und or-ganisiert von Zeit zu Zeit Veranstaltungen, zudenen israelische und palästinensische Gästeeingeladen werden, um so durch Informationder Öffentlichkeit zum besseren Verständnisdes Konfliktes und zum Abbau von Vorurteilenbeizutragen.Judith Bernstein, Viktor-Scheffel-Str. 5, 80803 München Tel. 0 89/34 01 95 20 [email protected] Helow, Grimmeisenstr.27 81927 München, Tel. 089/907756 [email protected]

Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost

Am 9. November 2003 wurde in Berlin unterdem Namen „Jüdische Stimme für gerechtenFrieden in Nahost“ die Sektion der Föderation„EUROPEAN JEWS FOR A JUST PEACE“(„Europäische Juden für einen gerechten Frie-den“) in den Räumen des Hauses der Demokra-tie und der Menschenrechte ins Leben gerufen.Die „Jüdische Stimme für gerechten Frieden inNahost“ handelt auf der Basis der Gründungs-erklärung der „EUROPEAN JEWS FOR AJUST PEACE“ (EJJP), die im September 2002in Amsterdam von 18 jüdischen Organisatio-nen aus 10 europäischen Ländern verabschie-det wurde. Als assoziiertes Mitglied der Födera-tion will sie über die Notwendigkeit und Mög-lichkeit eines gerechten Friedens zwischen Palä-stina und Israel informieren. Ihre wesentlicheAufgabe sieht sie darin, darauf hinzuwirken,dass die Bundesregierung ihr außenpolitischesund ökonomisches Gewicht in der Europäi-schen Union, in den Vereinten Nationen undnicht zuletzt auch in Nahost nachdrücklich undunmissverständlich im Interesse der Herstel-lung eines lebensfähigen, souveränen StaatesPalästina auf integriertem Hoheitsgebiet undinnerhalb sicherer Grenzen nutzt und aktiv zurVerwirklichung eines dauerhaften und für bei-de Nationen lebensfähigen Friedens beiträgt Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahostc/o Internationale Liga für Menschen-rechte, Haus der Demokratie und Menschenrechte Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin Fax 0 30/3 96 21 [email protected]

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Komitee für Grundrechte und Demokratie – „Ferien vom Krieg“

Bei der Aktion „Ferien vom Krieg“ begegnetensich in den letzten 14 Jahren 20.000 Kinder,Jugendliche und junge Erwachsene aus denverfeindeten Gruppen des Balkans bzw. desNahen Ostens zu gemeinsamen Freizeiten.

Die meisten der jungen Erwachsenen ausIsrael und Palästina (Westbank) hatten nochnie zuvor Kontakt zu Menschen der anderenSeite. Viele der 500 jungen Israelis kamen, –auch gegen den Rat der Familie – nachDeutschland, um „den Terroristen“ zu begeg-nen. Viele der 500 PalästinenserInnen aus derWestbank passierten trickreich die checkpointsoder umgingen sie auf gefährliche Weise, um„ihre Besatzer“ kennen zu lernen. Auf beidenSeiten können diese Kontakte als „Verrat“ oder„Kollaboration mit dem Feind“ denunziertwerden und soziale Sanktionen zur Folge ha-ben.

Bei dem schwierigen Dialogprozess geht esum die Bedrohungen und Ängste im Alltag, aberauch um Hoffnungen und Visionen. Die Teil-nehmer lernen die Perspektive der „anderen“ zuden Ursachen der Konfliktgeschichte ebensokennen wie die politischen und ökonomischenInteressen der Kriegsparteien. Sie erfahren haut-nah, dass die Schuldfrage nicht so einfach zu lö-sen ist, wie ihnen die heimische Propagandaweismachen will. Auch wenn Schreckensmel-dungen über terroristische Bombenangriffe derisraelischen Armee oder über Mordanschlägevon palästinensischen Terroristen die Begeg-nungen belasteten, kam es nicht zu gewalttäti-gen Auseinandersetzungen.

„Wir können zusammen leben – sogar un-ter einem Dach! Das ist eine phantastische Er-fahrung!“ – so das Resümee einer Palästinense-rin. Darüber hinaus wurden für ca. 500 Kin-der aus palästinensischen FlüchtlingslagernFerienspiele finanziert.

Dieses friedenspolitische Projekt des „Ko-mitee für Grundrechte und Demokratie“(Köln) wird ausschließlich durch private Spen-den und Sammlungen finanziert. (Eine „Feri-enpatenschaft“ beträgt 130 Euro)Helga Dieter, Tel. 0 69/ 789 25 [email protected] für Grundrechte und Demokratie, Tel. 02 21/9 72 69 [email protected]

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KURVE Wustrow

Die KURVE Wustrow engagiert sich seit 1994in Palästina, zunächst im Freiwilligendienst,mittlerweile vor allem im Friedensfachdienst.Ziel des Engagements in der Region ist es, dielokalen Friedenskräfte zu stärken und zivile ge-waltfreie Konflikttransformation nachhaltig inder palästinensischen Zivilgesellschaft zu ver-ankern. Zur Zeit arbeitet eine Friedensfach-kraft im Rahmen des Zivilen Friedensdienstes(ZFD) für die Union of Palestinian WomenCommittees (Ramallah), eine Partnerorganisa-tion der KURVE Wustrow, am Aufbau einesTrainerInnennetzwerks im Bereich Genderund gewaltfreie Konfliktbearbeitung. Palästi-nenserInnen aus den unterschiedlichen Part-nerorganisationen nahmen auch als TrainerIn-nen oder TeilnehmerInnen am InternationalenTraining und Fachseminaren der KURVE Wu-strow teil, um Konfliktlösung „von unten“ zulernen und zu lehren.Bildungs- und Begegnungsstätte für gewaltfreie Aktion KURVE Wustrow e.V.,Kirchstraße 14, 29462 WustrowTel. 0 58 43/9871-0Fax 0 58 43/98 [email protected]

Medico International

Der Nahe Osten – Israel und Palästina –gehört zu den ältesten Projektregionen vonmedico international. Im Jahre 2003 rief me-dico gemeinsam mit Intelektuellen zum Soli-darfonds „Zeichen paradoxer Hoffnung“ zurUnterstützung zivilgesellschaftlicher Initiati-

ven in Israel und Palästina auf, die über alleGrenzen und Feindbilder hinweg für Zusam-menarbeit eintreten und auf Demokratie undRespektierung der Menschenrechte drängen.

Partner & Projekte

1. Tel-Aviv-Ramallah-Gaza: Physiciansfor Human Rights PHR-Israel / PalestinianMedical Relief Society PMRS. Gesundheit istMenschenrecht für alle Menschen in Israelund den besetzten Gebieten, so lautet die De-vise der PHR-Israel (Ärzte für Menschenrech-te). Gemeinsam mit der palästinensischenMedical Relief Society PMRS besuchen die is-raelischen Ärzte mit mobilen Kliniken dieDörfer der Westbank, die ohne gesichertenZugang zu regulärer Gesundheitsversorgungsind.

2. Jerusalem-Bethlehem: Das AlternativeInformation Center (AIC) Das AIC ist einKooperationsprojekt zwischen israelischenund palästinensischen AktivistInnen. Die Ar-beit des jüdischen Büros in Jerusalem und despalästinensischen in Bethlehem stellt eine derwenigen verbliebenen jüdisch-arabischen In-itiativen dar.

3. Nazareth: Women Against Violence/Frauen gegen Gewalt (WAV) Die arabisch-is-raelische Vereinigung Women Against Violen-ce (WAV) ist eines der ältesten Frauenhäuserfür arabische Frauen im Nahen Osten. DieWAV unterstützen arabische Frauen in ihremKampf um Gleichberechtigung innerhalb derarabisch-palästinensischen Minderheit in Isra-el wie auch gegenüber der jüdisch dominier-ten Mehrheitsgesellschaft.medico international e.V.,Burgstraße 106, 60389 Frankfurt/M.Tel. 069/94438-0, Fax 069/436002 [email protected], www.medico.de

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Ohne Rüstung Leben – ORL

Ohne Rüstung Leben informiert über denKonflikt sowie über Aktivitäten der Friedens-und Menschenrechtsbewegung vor Ort. Dasbesondere Interesse gilt Gruppen, die sich ge-gen die Militarisierung der israelischen Ge-sellschaft engagieren und/ oder aus dem Mi-litär heraus kritisch zur aktuellen Politik Isra-els Stellung beziehen (zum Beispiel YeshGvul, Shministim, Courage to Refuse, NewProfile, ...). Darüber hinaus informiert ORLüber Rüstungsexporte in die Konfliktregion,insbesondere nach Israel, das zu den größtenEmpfängern deutscher Rüstungslieferungenaußerhalb der NATO gehört. Über das Enga-gement im Forum Ziviler Friedensdienstsetzt sich ORL auch für zivile Konfliktbear-beitung in der Region ein.Ohne Rüstung Leben, Referat Grund-satzfragen – Zivile KonfliktbearbeitungArndtstr. 31, 70197 Stuttgart Tel. 0711/60 83 96, Fax 0711 /60 83 [email protected]

Pax Christi – Deutsche Sektion

Pax Christi engagiert sich seit den 70er Jahrenfür einen gerechten Frieden zwischen Israel undden Palästinensern, der beiden Völkern Sicher-heit schenkt. Kontakte bestehen zu israelischenGruppen, u.a. zu Gush Shalom, dem Komiteegegen Hauszerstörung (ICAHD), B’tselemund den Rabbinern für Menschenrechte und zupalästinensischen Organisationen wie demHaus der Gnade in Haifa, dem „Arab Educatio-nal Institut“ (www.aeicenter. org), der Societyof St. Yves oder dem internationalen Begeg-nungszentrum in Betlehem. Immer wieder lädtPax Christi Friedensbewegte aus Israel und

Palästina zu Vortragsreisen und Tagungen nachDeutschland ein, zuletzt Jeff Halper (ICAHD)aus Jerusalem und Husam al Najar (Planungs-ministerium) aus Gaza, um diese Stimmen inDeutschland zu Gehör zu bringen. Pax Christihat im Jahr 2007 ein Projekt des Zivilen Frie-dens-Dienstes (ZFD) zur interreligiösen Frie-densarbeit in Jerusalem begonnen. Außerdemist die Organisation Mitträgerin des EAPPI-Programms des Weltkirchenrats. Die Pax Chri-sti Nahostkommission treibt im Verband dieinhaltliche Arbeit voran. Sie stellt Forderungenan die Politik, menschenrechts- und völker-rechtsverletzende Politik nicht länger mitzutra-gen, sie arbeitet in der bundesweiten Kampagne„Stoppt die Mauer in Palästina – Für einen ge-rechten Frieden in Palästina und Israel“ mit, er-stellt Info-Material und vertreibt aus einemSelbsthilfeprojekt in Betlehem Olivenholz-Ar-beiten. Eine Fotoausstellung „Time for Palesti-ne“ mit 40 laminierten DIN A 3 formatigenBildern und dazugehörigende Postkarten ist beider Nahostkommission auszuleihen. Reg. Nah-ost-Arbeitskreise gibt es in: Aachen, Augsburgund Stuttgart. Pax ChristiPostfach 1345, 61103 Bad VilbelTel. 061 01/20 73, www.paxchristi.de

Versöhnungsbund e.V.

Der deutsche Zweig des Internationalen Ver-söhnungsbundes (International Fellowship ofReconciliation, IFOR) beschäftigt sich im Rah-men seiner Nahost-Kommission mit dem Isra-el-Palästina-Konflikt. Mitglieder besuchen im-mer wieder Partnerprojekte wie z.B. die Büche-rei auf Rädern (library on wheels) des Palästi-nensers Nafez Assaily, der mit gewaltfreier Lite-ratur durch die Westbank fährt und diese an

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Kinder und Jugendliche verteilt, oder AmosGvirtz vom israelischen Komitee gegen die Zer-störung von Häusern. Der Versöhnungsbundorganisierte 2005 für diese beiden Vertreter derFriedensbewegungen beider Seiten eine Vor-tragsreise quer durch Deutschland. In den letz-ten beiden Jahren wurden weitere Referenten-Touren in Deutschland mit Noah Salameh,dem Direktor des „Zentrums für Konfliktlö-sung“ in Bethlehem sowie mit einem israeli-schen Kriegsdienstverweigerer durchgeführt.Auf dem evangelischen Kirchentag wie auchden Katholikentagen organisierte die Versöh-nungsbund-Nahostkommission zahlreicheVeranstaltungen mit Gästen aus Israel/Palästi-na oder auch z.B. mit Prof. Rolf Verleger, Mit-glied im Zentralrat der Juden in Deutschland.Anka Schneider vom Versöhnungsbund-Vor-stand nahm an einem ISM-Freiwilligendienst

im Gazastreifen teil, Ilse Mühlstep verstärkte2007 das Christian Peace Maker Team (CPT)in Hebron. Der Friedensreferent des Versöh-nungsbundes und Co-Autor dieses Dossiers,Clemens Ronnefeldt, besuchte in den vergan-genen Jahren mehrfach israelische und palästi-nensische Friedensgruppen; über seine Erfah-rungen und Analysen berichtet er bundesweitbei Vorträgen, in denen er auch Kontakte zuFriedensorganisationen beider Seiten vermit-telt.Internationaler Versöhnungsbund –Deutscher ZweigSchwarzer Weg 8, 32423 Minden Tel. 0571/8508 75, Fax 0571/829 [email protected]

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