dpa-Whitepaper Nr. 3 03 · 2020. 2. 19. · dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH MEHR WISSEN! 03...

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dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH MEHR WISSEN! 03 dpa-Whitepaper Nr. 3 Dr. Eckart von Hirschhausen, Millionen Klicks für Komet „Tschuri“ Holger Dambeck, Spiegel Online Wissenschaftsjournalismus im Wandel Martin Schneider, Wissenschafts- Pressekonferenz und SWR-Fernsehen Schafft Wissen! Denni Klein, Sächsische Zeitung Warum Wissenschaftsjournalismus beim Leser zieht Mediziner und Wissenschaftsjournalist Fünf steile Thesen zur Zukunft des Wissenschaftsjournalismus Mit einem Beitrag von:

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dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH

MEHR WISSEN!

03

dpa-Whitepaper Nr. 3

Dr. Eckart von Hirschhausen,

Millionen Klicks für Komet „Tschuri“Holger Dambeck, Spiegel Online

Wissenschaftsjournalismus im WandelMartin Schneider, Wissenschafts-

Pressekonferenz und SWR-Fernsehen

Schafft Wissen!Denni Klein, Sächsische Zeitung

Warum Wissenschaftsjournalismus beim Leser zieht

Mediziner und Wissenschaftsjournalist

Fünf steile Thesen zur Zukunft des

Wissenschaftsjournalismus

Mit einem Beitrag von:

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03 WISSENSCHAFT

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Editorial

Silvia Kusidlo, dpa

Wissenschaftsjournalismus im Wandel

Martin Schneider, Wissenschafts-Pressekonferenz und SWR-Fernsehen

Millionen Klicks für Komet „Tschuri“

Holger Dambeck, Spiegel Online

Fünf steile Thesen zur Zukunft des Wissenschaftsjournalismus

Dr. Eckart von Hirschhausen, Mediziner und Wissenschaftsjournalist

Schafft Wissen!

Denni Klein, Sächsische Zeitung

Inhaltsverzeichnis

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Silvia KusidloLeiterin der Redaktion Wissen

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, liebe Leser,

Ehec, Mers, Ebola. Geheimnis-voller Pluto, bizarre Tierarten und humanoide Roboter. Wis-senschaftsjournalismus ist ein weites Feld. Und es wird immer

größer. Denn das Tempo, in dem Forscher Entdeckungen machen und

neue Entwicklungen gelingen, nimmt ra-sant zu. Unsere Welt wird immer komplizierter – und der Leser, Hörer, Zuschauer will sie verstehen. Der Auf-trag an die Wissenschaftsjournalisten ist klar: Erkläre die Welt in möglichst einfachen Worten!

Doch dies ist bei weitem nicht mehr die einzige Aufga-be. Studien müssen eingeordnet und bewertet werden – denn nicht jede Mitteilung, nicht jede wissenschaftli-che Untersuchung hält, was sie verspricht. Betrachtet man etwa rückblickend alle Pressemitteilungen der vergangenen Jahre zu „Durchbrüchen“ in der Alzhei-mer-Forschung, so ist es verwunderlich, dass das weit verbreitete Demenz-Leiden nicht längst besiegt ist. Sind Statistiken tatsächlich aussagekräftig, wer finanziert mit

welchen Absichten eine Studie? Auch solche Fragen müssen Wissenschaftsjournalisten beantworten.

Dass gute Wissenschaftsbeiträge auf große Resonanz treffen, hat aber auch noch einen anderen Grund: Ne-ben der menschlichen Neugier profitiert dieser Bereich besonders stark von der Multimedialität. Was wäre die Berichterstattung von dem Ritt eines Mini-Labors auf dem Kometen „Tschuri“ ohne die faszinierenden Bilder von dem Brocken im All? Grafiken veranschaulichen Teilchenexperimente am Europäischen Kernforschungs-zentrum Cern oder die globale Verteilung der Aids-Fälle. Zur Sonnenfinsternis im Frühjahr 2015 in Deutsch-land bot dpa ein umfangreiches multimediales Paket aus Texten, Bildern, Grafiken, Videos, Audio-Beiträgen und Live-Blogging an.

In diesem Whitepaper beschreiben Kollegen verschie-dener Medien, wie vielfältig ihre Arbeit in diesem Be-reich ist. Sie schreiben über Erfolge im Wissenschafts-journalismus und über ihre Sorgen.

Mit herzlichen Grüßen,

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03 WISSENSCHAFT

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Jahrzehntelang ging es im Wissenschaftsjour-

nalismus vorrangig darum, die Erkenntnisse der

Forschung verständlich zu machen. Die Medien

waren Übersetzer. Doch die Rolle der Wissen-

schaftsjournalisten hat sich verändert.

Es las sich mal wieder zu schön, um wahr zu sein. „Tonminerale helfen chronisch Nierenkranken“ war die Pressemitteilung einer großen deutschen Forschungsor-ganisation überschrieben – und tatsächlich fand diese Meldung genau so ihren Weg in viele Zeitungen. Die dadurch geschürte Hoffnung für Nierenkranke war je-doch verfrüht, wenn nicht sogar völlig verfehlt. Bisher

nämlich gab es nur Laborversuche mit Zellkulturen, eine Studie mit Mäusen befand sich im Anfangsstadium – von klinischen Tests war man noch Jahre, von einem wirksamen Medikament noch weiter entfernt.

Wissenschaftsjournalisten können ganze Listen solcher Fälle erstellen, in denen Pressestellen wissenschaftlicher Institutionen Forschungsergebnisse übertreiben, um ihre eigene Forschungsstätte in die Schlagzeilen zu bringen. Dergleichen ist man aus den PR-Abteilungen von Firmen oder Institutionen wie der Nasa schon länger gewohnt. Bei der amerikanischen Raumfahrtbehörde etwa kann man seit jeher darauf wetten, dass, wenn mal wieder

Wissenschaftsjournalismus im Wandelvon Martin Schneider, Wissenschafts-Pressekonferenz und SWR-Fernsehen

Expertise auch von Wissenschaftsjournalisten gefragt: die Fukushima-Katastrophe Foto: Tomohiro Ohsumi

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vermeintliche Spuren von Leben in den Tiefen des Alls entdeckt werden, gerade Etatverhandlungen anstehen. Nun sind es zunehmend auch normale Forschungs-einrichtungen, die die Spielregeln zwischen Öffent-lichkeitsarbeit und Medien gelernt haben: Zugespitzte Meldungen erleichtern den Weg in die Schlagzeilen. Pressemitteilungen sind eben auch dazu da, Drittmittel-geber zufriedenzustellen und können bei Etatverhand-lungen hilfreich sein.

Das Aufdecken von Übertreibungen und versteckten Interessen gehört heute zum Kerngeschäft von Wissen-schaftsjournalisten. Ihr Berufsbild hat sich damit deut-lich gewandelt. Die ersten Wissenschaftsjournalisten nämlich, wie etwa der Physiker Heinz Haber, verstan-den sich als Übersetzer. Da sich die Forscher selbst nicht allgemeinverständlich ausdrücken konnten oder – wegen drohenden Renommee-Verlusts in der scientific community – wollten, war eine solche Übersetzungs-tätigkeit auch dringend nötig. So ehrenvoll die Aufgabe des Übersetzens auch war, die „Dolmetscher“ blieben Teil des Wissenschaftssystems. Kritisches Beobachten, Hinterfragen, Bewerten oder das Aufdecken versteckter Interessen – die klassischen journalistischen Tugenden – konnten dadurch kaum auf der Agenda stehen.

In den 1990er Jahren erkannte die Wissenschaft die Wichtigkeit der Kommunikation mit der Öffentlichkeit –

vor allem, um die Akzeptanz der Wissenschaft zu erhö-hen, aber eben auch, um sich bei der Verteilung knapper werdender Mittel in eine bessere Position zu bringen. Die massiv ausgebauten Abteilungen für „Marketing und Kom-munikation“ liefern seither druckreife Pressemitteilungen, Hochglanzmagazine stellen die Arbeiten der Institution in spannend geschriebenen Geschichten vor. Für die reine Übersetzungstätigkeit brauchte es keine Journalisten mehr.

Die Wissenschaftsjournalisten haben schnell erkannt, dass durch diese Entwicklung die klassischen journalisti-schen Tugenden umso wichtiger wurden: das Einordnen und Bewerten neuer Forschungsergebnisse, das Hinter-fragen, aber auch, den Wissenschafts- und Forschungs-betrieb selbst kritisch zu beobachten, in den jährlich Milliarden von Euro an Steuergeldern fließen. Sie wur-den vom „Cheerleader“ zum „Watchdog“ der Wissen-schaft, wie das Fachblatt „Nature“ einmal titelte.

Erklären und einordnen – auch bei der Ebola-Epidemie in Westafrika

Wenn die Nasa mal wieder

vermeintliche Spuren von Le-

ben im All entdeckt, stehen

bei ihr wohl Etatverhandlun-

gen an.

Foto: Kristin Palitza

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Martin Schneider

Vorsitzender der Wissen-schafts-Pressekonferenz (WPK) und stellvertretender Redaktionsleiter Wissenschaft beim SWR-Fernsehen

[email protected]

Aus historischen Gründen wirken Wissenschaftsjourna-listen in vielen Medien – vor allem bei den elektroni-schen – leider in erster Linie in ihren eigenen Ressorts. Wenn aktuell etwas passiert, übernehmen dann häufig doch die Kollegen vom „Aktuellen“, das heißt aus der Politik, die Berichterstattung. Da mag noch das alte Image der Wissenschaftsjournalisten als wissenschafts-nahe Welterklärer mitspielen. Der Qualität der Bericht-erstattung aber dient das nicht.

Denn gerade, „when science hits the news“, wenn The-men mit wissenschaftlicher Relevanz in die Schlagzei-len kommen, können Wissenschaftsjournalisten ihre durch kontinuierliche Beschäftigung mit den Themen erworbene Expertise ausspielen. Wenn Bakterien und Viren die Bevölkerung bedrohen, Vulkanausbrüche den Flugverkehr lahmlegen oder Atomkraftwerke explo-dieren, überblicken sie viel schneller, welche Experten dazu befragt werden können und ob eher Panik oder Zurückhaltung angemessen ist. Sie erfassen schnell die Studienlage, wenn Genmais angeblich Krebs auslöst oder verhindern, dass die Meldung von angeblich schlank machender Schokolade ungeprüft auf den ver-mischten Seiten landet.

Um die Berichterstattung vor allem dann zu unterstützen, wenn Ereignisse mit wissenschaftlichem Hintergrund in die Schlagzeilen drängen, hat die Wissenschafts-Pres-sekonferenz (WPK) die Einrichtung eines Science Me-

dia Centers initiiert, das zunächst von der Klaus Tschira Stiftung finanziert wird. Es soll ab 2016 bei der Suche nach geeigneten Experten helfen, Themendossiers her-ausgeben und virtuelle Pressekonferenzen veranstalten(www.sciencemediacenter.de).

Wissenschaft und Technik bestimmen zunehmend unse-re Welt. Damit Leser, Hörer und Zuschauer den Über-blick behalten, müssen die Medien neue Forschungser-gebnisse nicht nur erklären, sondern auch einordnen, hinterfragen und bewerten. Gerade wegen der „Auf-rüstung“ der Forschungspressestellen ist ein wirklicher Wissenschaftsjournalismus heute wichtiger denn je. Auch, damit sich Nierenkranke künftig keine vergebli-chen Hoffnungen machen.

„When science hits the news“: Vulkanausbruch legt Flugverkehr lahm Foto: Vilhelm Gunnarsson

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03 WISSENSCHAFT

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Wer auf die Top-Liste der am häufigsten gelese-

nen oder verschickten Texte bei „Spiegel Online“

schaut, findet oft Wissenschaftsthemen darunter.

Holger Dambeck gibt Einblick in die Arbeit seines

Ressorts Wissenschaft/Gesundheit.

Was für eine Dramatik: Erst meldet Europas Raumfahrt-agentur Esa die glückliche Landung auf dem Kometen „Tschuri“. Um kurz danach einzuräumen, dass der kühl-schrankgroße Apparat „Philae“ nach der ersten Berüh-rung noch einmal abgehoben hat und erst nach mehre-ren Hüpfern zum Stehen gekommen ist.

Die spektakuläre Landung gehörte zu den Themen auf „Spiegel Online“, für die sich unsere Leser im Novem-ber 2014 am meisten interessierten. Die Meldungen

und Geschichten waren stundenlang die Aufmacher der Seite. Am 12. November, dem Tag der Landung, wurden die Texte darüber mehr als eine Million Mal angeklickt – hinzu kamen vier Millionen Klicks auf Fotos der Mission.

In vielen Tageszeitungen spielen Wissenschaft und Medizin eine eher untergeordnete Rolle. Bei „Spiegel Online“ erscheinen jeden Tag fünf bis sieben Geschich-ten über Ernährung, Krebsvorsorge, neu entdeckte Arten oder Klimaforschung. Geschrieben von acht Re-dakteuren, darunter sind eine Ärztin, ein Geowissen-schaftler, eine Biochemikerin und ein Physiker. Hinzu kommen ein Dutzend Freie, Kollegen vom Heft sowie ein Bildredakteur und je nach Thema das ressortüber-greifende Video-Team.

Millionen Klicks für Komet „Tschuri“von Holger Dambeck, Spiegel Online

Foto: Esa AOES Medialab Foto: DLR

Foto: Esa ATG medialab Foto: Esa

Landeapparat „Philae“ Sonde „Rosetta“

Landung auf Tschuri Blick auf Kometen

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In der Spiegel-Gruppe gibt es eigene Print- und On-line-Redaktionen, die sich aber eng abstimmen. Die Arbeitsrhythmen und -abläufe eines Wochenmagazins und einer Newssite mit minütlicher Aktualisierung sind sehr verschieden, umso intensiver müssen Absprachen getroffen werden, um Themen und Geschichten platt-formübergreifend zu inszenieren.

Wie wichtig das Ressort Wissenschaft/Gesundheit für „Spiegel Online“ ist, zeigt auch der Blick in die Statistik. Im Mai 2015 kamen Wissenschaft und Gesundheit auf mehr als 50 Millionen Zugriffe – immerhin fast zehn Prozent aller Klicks der Seite.

Bei der Suche nach Themen nutzen wir unterschiedli-che Quellen. Natürlich Agenturen, neben dpa auch AFP und die englischsprachigen Dienste von AP und Reuters. Aber auch Twitter sowie diverse Webseiten, die News und Pressemitteilungen bündeln. Wir schau-en uns zudem an, welche Themen in sozialen Netzen aktuell besonders häufig geteilt werden und entdecken so immer wieder Geschichten, die woanders erst viel später oder gar nicht auftauchen.

Die Auswahlkriterien sind streng journalistisch: Wir achten zuallererst auf Relevanz und Neuigkeitswert. Ein Thema kann jedoch auch interessant sein, weil es bild-stark ist, kurios oder überraschend. „Spiegel Online“ will natürlich informieren, aber eben auch unterhalten.

Deshalb berichten wir nicht nur über Mers-Infektionen in Südkorea oder den Streit um die vermeintliche Pause bei der Erderwärmung – sondern auch über eine Gala-xie in Form eines Smileys oder linkshändige Kängurus. Hinzu kommen populäre Rubriken wie der „rätselhaf-te Patient“, das „Rätsel der Woche“, „Nachgeforscht“, „Graf Seismo“ und „Mythos oder Medizin“.

„Im Mai 2015 kamen Wissen-

schaft und Gesundheit auf

mehr als 50 Millionen Zugriffe

– immerhin fast zehn Prozent

aller Klicks der Seite.“

Foto: Esa/NasaLächelnde Galaxie

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Bei den Formen herrscht große Vielfalt: Klassische News sind 2000 bis 3000 Zeichen lang, Autorentex-te knapp 5000 Zeichen. Ein Story-Telling-Projekt über Paare mit unerfülltem Kinderwunsch kommt auch mal auf 10 000 Zeichen.

Wenn es sich anbietet, integrieren wir Fotostrecken und Videos. Es gibt auch rein bildgetriebene Geschichten, die allein über die kurzen Texte unter den Fotos erzählt werden. Für manches Thema ist das Video die beste Erzählform – dann ver-zichten wir auf einen Text.

Wissenschaft und Ge-sundheit haben häufig mit Zahlen und Statisti-ken zu tun – ideale Vor-aussetzungen für Daten-journalismus. Egal ob es um Plastikmüllmengen pro Einwohner weltweit geht oder Masern-Impf-quoten für Deutschland auf Kreisebene – solche Informationen zeigen wir möglichst in interaktiven Infografiken, in denen der Leser die Daten selbst erkunden kann.

Eine Frage wird uns immer wieder gestellt: Funktioniert Online anders als Print? Die grundsätzliche Antwort lautet Nein, weil die Kriterien bei der Themenwahl die-selben sind wie bei Tageszeitungen. Und weil an Texte überall dieselben Ansprüche gestellt werden: klare, ver-ständliche Sprache, logischer Aufbau.

Doch es gibt auch Unterschiede: Wir können Texte mit Videos, interaktiven Grafiken und mehreren Fotos an-reichern. Wir verlinken zu den Originalquellen in wis-senschaftlichen Fachblättern. Das sind große Vorteile.

Holger Dambeck

Ressortleiter Wissenschaft/Gesundheit bei „Spiegel Online“

Twitter: @[email protected]

Vielleicht noch wichtiger: Wir können sehr schnell be-richten und aktualisieren. Dies erfordert jedoch ganz besondere Sorgfalt. Etwa wenn eine Eilmeldung über einen Störfall in einem Atomkraftwerk der Ukraine ge-sendet wird. So geschehen am 3. Dezember 2014. Weil es nur eine einzige Quelle gab, haben wir nach einer Bestätigung von einer unabhängigen Seite gesucht. Da-bei stellte sich heraus, dass es keinesfalls einen Störfall gab, sondern ein außerplanmäßiges Herunterfahren des Meilers, ausgelöst von einem kleinen Defekt außer-

halb. „Ukraine meldet technische Probleme in Atomkraftwerk“, lautete die Überschrift schließlich – andere Webseiten brachten den angeblichen Stör-fall ungeprüft als Eil-meldung.

Das Beispiel zeigt auch, wie groß die Verant-wortung für Journalisten bei „Spiegel Online“ ist. Unser Selbstverständnis ist: Wir sind die mit Abstand am meisten gelesene Webseite für seriöse Nachrichten in Deutschland. Wir müs-sen daher besonders

kritisch prüfen und recherchieren. Bei komplexen Themen etwa aus der Medizin würden sonst schnell fragwürdige Informationen auf unserer Webseite landen.

Datenjournalismus in der Wissenschaft

© Spiegel Online

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03 WISSENSCHAFT

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Wir brauchen Menschen, die das Handwerk von

Verstehen und Verständlich-Machen verstehen,

jetzt und erst recht in Zukunft. Wenn wir die gro-

ßen Fragen beantworten wollen, wie wir auf

diesem Planeten leben können, müssen die Men-

schen, die uns allen bei den Antworten helfen,

auch selber davon leben können. So einfach. So

wichtig.

Dies ist leider keine Selbstverständlichkeit mehr,

überall wird gespart, vor allem an Sinn und Ver-

stand. Immer weniger Köpfe sollen immer mehr

„Output“ leisten, und dabei gehen Kompetenz,

Relevanz und Humor vor die Hunde. Und das re-

gelt nicht „der Markt“. Deshalb hoffe ich, dass

viele Verantwortliche und Entscheider diese Texte

beherzigen und Ressourcen für Wissen einplanen.

Als ARD-Moderator bin ich auf die Recherche von

guten Wissenschaftsjournalisten angewiesen. Ge-

Fünf steile Thesen zur Zukunft des Wissenschaftsjournalismusvon Dr. Eckart von Hirschhausen, Mediziner und Wissenschaftsjournalist

1. Menschen werden sich immer für ihren Körper

interessieren. Aber noch mehr für die Körper von

anderen.

rade im Bereich Gesundheit braucht es Profis, die

zwischen Sinn und Unsinn unterscheiden können.

Unabhängige Berichterstattung ist keine Nische,

sondern der Kern des öffentlich-rechtlichen Sys-

tems, ein Pfeiler unserer Demokratie, die in kom-

plexen Dingen entscheiden muss. Kein Luxus, son-

dern Notwendigkeit. Musste mal gesagt werden.

„Sextipps, die wirklich funktionieren!“Sie sind auf diese Überschrift reingefallen? Ich auch. Erwartungsfroh kaufte ich die Zeitschrift, zu Recherche-zwecken. Erst ärgerte ich mich über das Heft, dann über meine Naivität zu glauben, dass in einer Ange-legenheit, die seit Millionen Jahren auf diesem Plane-ten praktiziert wird, in der letzten Woche fundamental Neues erfunden worden sein könnte. Als Spiegel On-

Erste Hilfe an Schulen rettet nachweislich Leben © WDR/Max Kohr

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line im März 2015 die Meldung „Forscher errechnen durchschnittliche Penislänge“ brachte, blieb sie über-durchschnittlich lange auf Platz 1.

Psychoanalyse als Aphorismus: „Wenn einer eine Schraube locker hat, liegt es immer an der Mutter.“ Womit Freud Recht behält: Menschen interessieren sich für ihren Körper, vor allem im Vergleich mit anderen. Männer und Frauen.

Ich glaube weiter an gute Zeitschriften, gedruckt! Klar ändern sich Zielgruppen. Aber „Zeit“, „Spiegel“ und „Stern“ werden gekauft, nicht nur damit man sie liest, sondern auch damit andere sie herumliegen sehen, wenn mal wer zu Besuch kommt. Das ist mit einem Bildschirm nicht zu erreichen. Was ich mir als Leser wünsche: mehr Transparenz über die Entstehungsbe-dingungen von Texten. Einen Beipackzettel. Ich möchte wissen: Ist das copy & paste, ist das Interview selber geführt oder eingekauft, wie ist der Autorenkopf quali-fiziert, warum kann ich dem trauen? Ich will Texte von freilaufenden Redakteuren, keine aus Käfighaltung. Und wenn ich verstehe, warum da einer sich belesen hat, hingefahren ist, mit Leuten gesprochen und neue Blickwinkel eröffnet hat oder mir aus einer Konferenz in 3000 Zeichen das Wichtigste zusammenfasst, dann zahle ich dafür auch sehr gerne Geld. Aber bitte über-rascht mich mit Qualität und Originalität.

Unterhaltsam zu schreiben ist alles andere als einfach. Es sieht nur einfach aus. „Glück kommt selten allein…“ ist mein wichtigstes Buch. Und ich habe mich sehr dar-über gefreut, dass es vielen Menschen weitergeholfen hat und bis heute etwas bedeutet. Ich hätte es auch „Kognitive Verhaltenstherapie zur Prävention von Burn Out und Depression“ nennen können – inhaltlich kor-rekt, hätte sich aber wohl nicht so gut verkauft. Dass Medizin und Unterhaltung zusammenpassen, wollte lange Zeit niemand glauben. Ich auch nicht. Ich trenn-te vor 20 Jahren meine „seriösen“ Artikel als Arzt und Wissenschaftsjournalist von meinem „Hobby“, auf der Bühne Menschen unterhalten zu können. Mein Durch-bruch kam, als ich relevante Inhalte mit komödianti-schen Formen mischte. Und erst als ich Jahre später nicht mehr 20, sondern 2000 Zuschauer pro Abend hatte, wurden auch Fernsehen und Verlage neugierig. Ich liebe meine ARD-Sendung „Hirschhausens Quiz des Menschen“: Zur Primetime Millionen Menschen mit Wissen zum Staunen und Weitererzählen zu erreichen, ist ein großes Privileg. Auf eine Sendung zum Thema Wiederbelebung hin haben sich mehrere Zuschauer erstmals getraut, jemandem im echten Leben das Leben zu retten. Ich kenne keinen Krimi, der das von sich be-haupten kann. Ich finde, es sollte weiter im öffentlich-rechtlichen nicht nur ermittelt, sondern auch vermittelt werden. Intensiver als mit jedem „Medium“ erreiche ich

2. Wer verständlich ist, ist klar im Vorteil. Wer dabei auch unterhält, erst recht!

Insulinresistenz erklärt als Sketch von Zucker und Zelle, der Rezeptor ist die Klingel. © WDR/Max Kohr

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Wie klärt man über magisches Denken auf? Mit Magie! © WDR/Max Kohr

Zuschauer immer noch live auf der Bühne. Da schaltet keiner um, bleibt über zwei Stunden an einem Thema dran, wo gibt es das sonst noch? Der Bestseller „Darm mit Charme“ folgt einem ähnlichen Muster. Erst war die Bühne, dann das Buch. Giulia Enders hat bei „Science Slams“ erst entdeckt, wie unterhaltsam sie und das The-ma sind. In der Wissenschaft galt lange als unseriös, wer sein Fachgebiet allgemeinverständlich macht. Das än-dert sich. Der Communicatorpreis der Deutschen For-schungsgemeinschaft ging 2015 an Boris Zernikow, einen Pionier der Kinderschmerztherapie. Gewürdigt wurde sein international erfolgreicher Zeichentrickfilm, der in zehn Minuten Schmerz erklärt. Zeichentrick kann illustrieren, was sonst nicht zu bebil-dern ist. Für „Faktencheck Gesundheit“ erstellte die Köl-ner Firma Maakii mit dem Zeichner Jörg Reddemann und mir kurze erklärende Filme zu so „unsexy“ Themen wie Prostatakarzinom. Aber wenn witzig gezeichnete Männer in einem Fußballstadion die Statistik und Engel-chen die Mortalität anschaulich machen, sind wesentli-che Infos in vier Minuten zu packen, ohne abzuschre-cken. Die Zukunft vermute ich im Web in der Kombi von glaubwürdigen Presentern mit coolen Animationen.

Das Internet hat Wissen demokratisiert. Gleichzeitig ist das Netz ein Eldorado für Verschwörungstheoretiker, Außenseitermeinungen und fundamentalen „Bullshit“. Von Politik bis Wissenschaft greift eine „Gleich-Gültig-keit“ um sich, die keinen Unterschied mehr macht, ob und welche Beweise für eine Behauptung herhalten. Jede absurde These ist interessanter als ihre mühsame Widerlegung. Andrew Wakefield mutmaßte an zwölf Kindern einen Zusammenhang zwischen Masernimp-fung und Autismus. Bis heute hält das Menschen vom Impfen ihrer Kinder ab. Aber wer hat davon gehört, dass diese Arbeit als Fälschung entlarvt, die Zulassung entzogen und an über 500 000 Kindern das Gegen-teil bewiesen wurde? Immer noch sterben Kinder in Deutschland an einer Infektion, die seit 50 Jahren mit zwei kleinen Piksern Geschichte sein könnte. Die Inter-netseiten, die in staatlichem Auftrag evidenzbasiert und verständlich sind, kennen wenige. Erst recht Bildungs-ferne. So wie man Medikamente auf ihre Wirksamkeit testet, so kann man auch Texte und Seiten auf Wirkung und Verhaltensänderung testen, und sollte das auch tun. Veröffentlichen allein genügt nicht.

3. Die Deutungshoheit liegt beim Nutzer. Leicht Infos finden, macht es nicht leichter. Es braucht Suchmaschinen mit Verstand.

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Dr. Eckart von

Hirschhausen

Mediziner, Wissenschafts-journalist, Autor, Moderator und Gründer der Stiftung HUMOR HILFT HEILEN

www.hirschhausen.com [email protected]

5. Die größte Herausforderung ist nicht Wissen, sondern Handeln zu verändern.

Es braucht dringend eine Plattform oder „Suchmaschi-ne der Vernunft“, die erste Anlaufstelle in Gesundheits-fragen werden kann. In skandinavischen Ländern gibt es das bereits. In Deutschland braucht es noch den politischen Willen: Geld ist genug im System. Wer ist dabei?

Wissenschaftsvermittlung hat sich lange darauf konzen-triert, was Wissenschaftler herausgefunden haben, ver-ständlich zu machen. Patienten wollen aber andere Din-ge wissen, als was Forscher interessiert. Von 25 000 veröffentlichten Fachartikeln landet genau ein einziger in der Praxis. Sollten wir nicht mehr forschen, warum Menschen wirksame Medikamente nicht nehmen, statt neue Rezeptoren zu klassifizieren? Wie verhindert man Diabetes, Herz-Kreislauf, Übergewicht, Rücken, Depres-sion? Alles nicht ansteckend. Gesundheit folgt der Bil-dung. Wie erreicht man Kinder so früh und wirksam, dass sie gesund bleiben? Die Konzepte dazu gibt es, aber wer hat ein echtes Interesse daran? Wer einen Bypass operiert, ist ein Held und verdient viel Geld. Wenn ich heute in einer Schule Jugendlichen beibringe, nicht zu rauchen, brauchen sie in 30 Jahren keine OP, aber ich bin kein Held, verdiene nichts. In der Bilanz habe ich diesem Menschen und der Gesellschaft den größeren Dienst erwiesen als jeder kurative Arzt. Guter Wissenschaftsjournalismus wird nicht müde, auch pati-entenrelevante und soziale Fragen in den Elfenbeinturm hineinzutragen.

4. Die großen Herausforderungen liegen nicht auf der Zellebene, sondern auf der Gesellschaftsebene.

Wie macht man Statistik deutlich? Mit Fans in einem Fußballstadion…

© Faktencheck Gesundheit/ Stiftung Bertelsmann

Stimmt. Und wenn Sie wissen, wie das geht oder ge-meinsame Projektideen entwickeln möchten, schreiben Sie mir bitte eine E-Mail. Danke.

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03 WISSENSCHAFT

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Schafft Wissen!von Denni Klein, Sächsische Zeitung

Was interessiert die Leser wirklich? Die „Sächsi-

sche Zeitung“ prüft täglich, wie ihre Artikel an-

kommen. Wissenschaftsbeiträge erzielen dabei

Top-Lesewerte.

Leser entscheiden in Bruchteilen von Augenblicken, ob sie ein Thema berührt – im Alltag, im Denken und im Herzen. Gelingt es einem Artikel, diese Hürde zu neh-men, ist es die Aufgabe des Textes, das in ihn als Vor-schuss gesetzte Vertrauen zu rechtfertigen. In den ver-gangenen vier Jahren haben allein in der „Sächsischen Zeitung“ mehr als 2500 Menschen im Projekt Lesewert täglich ihr Feedback gegeben. Dazu bekommen sie für einen Zeitraum zwischen zwei und zwölf Monaten einen Scanstift und ein Smartphone mit nach Hause. Die zentrale Botschaft des Feedbacks: Qualität er-schließt Leser, und Leser erschließen sich Qualität. Der Scanstift offenbart auch schonungslos Enttäuschungen.

Der Stift hat das Format eines Textmarkers und funktio-niert im Prinzip auch genauso leicht: Er verbindet sich per Funk mit dem Smartphone, und der Leser scannt je beachtetem Artikel eine Zeile Text. Wenn er die Über-schrift gelesen und den Artikel damit bewusst wahrge-nommen hat, ihn dann aber nicht liest, scannt er die erste Textzeile. Entscheidet er sich, den Artikel zu lesen, fährt er mit dem Scanstift über die Zeile, die er zuletzt gelesen hat. So wird klar, welche Themen ihn interessie-

ren und wie intensiv er sie liest. Mindestens 100 Leser messen mit diesem Verfahren jede Ausgabe. Bei der „Sächsischen Zeitung“ sind es täglich knapp 400, die der Redaktion live Feedback geben. Sie erzeugen den Lesewert, der Auskunft über die Attraktivität jedes ein-zelnen Artikels gibt.

Eine Bank, in die Leser gern ihr Vertrauen einzahlen, ist der Wissenschaftsjournalismus. Um es vorwegzu-nehmen: Er hat in vielen Zeitungen keinen festen Platz. Dabei sollte er, denn er vermag bei Lesern viel zu be-wirken. Wissenschaft, die Wissen schafft, ist spannend für Leser.

Ein Topthema ist das Wetter: Extreme und Phänomene aller Art, von der Rekordhitze bis zur Jahrhundertflut. Denn wirklich jeder spricht übers Wetter, hat persön-liche außergewöhnliche Wettererlebnisse und ist emo-tional leicht zu aktivieren. Nicht weniger wichtig sind alle Themen rund um Gesundheit, insbesondere wenn sie Hilfe oder Heilung versprechen. Natürlich fasziniert neu Entdecktes, besonders dann, wenn es in überschau-barer Zeit den Alltag von Menschen verändert: neue Roboter, die operieren, Superrechner, die die Zukunft vorhersagen sollen, oder entschlüsselte Gene, die uns so manch seltsames menschliches Verhalten erklären.

In der „Sächsischen Zeitung“ vergeht praktisch keine Woche, in der Wissenschaft im Ringen um den besten Platz in der Zeitung gewinnt und den Titelseitenaufma-cher als Auszeichnung erhält. Das geschieht sowohl in Ergänzung als auch unabhängig vom Erscheinen der zwei wöchentlichen Wissensseiten und schafft es regel-mäßig auf Top-Lesewerte.

Die Wissenschaft wirkt wie kaum ein anderer Themen-bereich der Tageszeitung noch Tage später nach: Leser sind angesprochen von solchen Themen, und wenn sie nicht sofort Zeit dafür finden, werden diese Beiträge

Lesewert Scanset bestehend aus Smartphone und Scanstift

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Denni Klein

ist eine Art Leserversteher und prüft den Erfolg von Artikeln. Er ist Leiten-der Projektredakteur Lesewert bei der Sächsischen Zeitung.

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gern für die ausgeruhte Lektüre am Wochenende auf-bewahrt und nachgelesen, in unseren Messungen bis zu fünf Tage nach Erscheinen.

Zeitlos ist Wissenschaft im Journalismus deshalb keines-wegs, sie kann auch faszinierend schnell Leser gewin-nen. Das geschieht häufig dann, wenn Wissenschaft das Unerklärliche greifbar macht. Die größte Faszinati-on übt dabei das Weltall mit seinen unendlichen Wei-ten aus. Wenn dann noch ein deutscher Astronaut den Menschen diese Eindrücke vermittelt und stellvertretend für alle diese Reise macht, ist das ein Klickgarant. Die Reise kann ebenso gut in die Vergangenheit führen, am besten in die der Menschheit, seien es archäolo-gische Funde oder entschlüsselte Schriften. Überhaupt beschäftigen sich Menschen am liebsten mit sich selbst. Studien über das Sein und dessen Gründe werden im-mer sehr gern gelesen und zugleich kritisch beäugt.

So sind Wissenschaftsthemen in Tageszeitungen trotz des großen Potenzials keine Selbstläufer. Komplexität zu reduzieren ohne unlogisch zu werden, Fachtermini zu den Menschen zu transferieren ohne banal zu wer-den und vor allem die Bedeutung des Themas für den Alltag greifbar zu machen, sind die Herausforderungen gerade in diesem Bereich. So liegt manche erhoffte Wirkung einer Entdeckung noch unüberschaubar weit in der Zukunft, oder die Tragweite eines Durchbruchs in der Grundlagenforschung ist tatsächlich noch nicht absehbar. Deshalb braucht Wissenschaft Platz, um Wissen zu schaffen.

In der „Sächsischen Zeitung“ findet die Wissenschaft seit der Kontrolle durch das regelmäßige Leserfeed-

back mehr Platz. An den Tagen, an denen es keine eigene Wissenseite gibt, werden die Themen auf ande-ren Seiten vom Titel bis zur Panoramaseite gespielt. Die Wissenseite selbst ist prominent im ersten Buch platziert und wird während der Semester von einer Campusseite ergänzt, die den Menschen in der Region, die an den Hochschulen agieren und Dresden zur Forschungsstadt machen, noch mehr Raum bietet. Auch die Präsentati-on der Inhalte hat sich verändert: So bekommen her-ausragende und faszinierende Themen ganze Seiten, Infografiken und Online-Bildergalerien sind dabei selbstverständlich. Dieses selbstbewusste Auftreten von Wissensthemen erzielt in der Konsequenz oft beeindru-ckende Aufmerksamkeit und wird überdurchschnittlich gut gelesen.

Wichtigstes Ziel ist es, die Welt Lesern jeden Tag ein bisschen verständlicher zu machen. Wissenschaft und Journalismus gehören zusammen, weil sie Menschen Antworten geben.

Durchschnittliche Lesewerte bei den Wissenschaftsthemen der „Sächsischen Zeitung“ nach Kategorien aufgeteilt

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