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Das Adhäsionsverfahren Dr. Gudrun Doering-Striening Fachanwältin für Familienrecht Fachanwältin für Sozialrecht Essen www.rue94.de

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Das AdhäsionsverfahrenDr. Gudrun Doering-Striening

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Essenwww.rue94.de

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Das Adhäsionsverfahren nach §§ 403 ff. StPO eröffnet dem Geschädigten einer Straftat die Möglichkeit, im Strafverfahren materielle Kompensation für erlittene Schäden zu erlangen. Rechtstatsächliche Untersuchungen zeigen, dass für Opfer von Straftaten das Wiedergutmachungsbedürfnis, gerade auch in seiner finanziellen Dimension, generell eine sehr große Rolle spielt (Kilchling, NStZ 2002, S. 57 [62]; BTDrucks 15/ 814, S. 6 mwN.) Im Einzelfall - wenn z. B. aufwändige Fahndungsmaßnahmen und Zwangsmittel erforderlich sind, um den staatlichen Strafanspruch durchzusetzen - kann die Anhaftung der Entschädigungsmöglichkeit an das Strafverfahren für den Geschädigten die einzige Möglichkeit darstellen, Kompensation zu erlangen. Der Gesetzgeber hat vor diesem Hintergrund die Rechte des Adhäsionsklägers mehrfach gestärkt in dem Bestreben, dem Adhäsionsverfahren in der Rechtswirklichkeit eine größere Bedeutung zu verschaffenMit den Änderungen durch das Opferrechtsreformgesetz vom 24. Juni 2004 (BGBl I S. 1354) beabsichtigte der Gesetzgeber, die Durchführung des Adhäsionsverfahrens zum Regelfall der Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche des Opfers zu machen

BVerfG, Beschluss vom 27. 12. 2006 - 2 BvR 958/ 06

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Das Adhäsionsverfahren „Handwerkszeug“

§§ 403 – 406 c StPO§ 81 JGG = im Verfahren gegen Jugendliche nicht

Ziffer 173 – 174 RiStBV ( Unterrichtung des Verletzten/Stellung des Verletzten im Strafverfahren)

Empfehlung Ziffer 173 Satz 3 !!! „ Auch wird er darauf hinzuweisen sein, dass es

sich in der Regel empfiehlt, den Antrag möglichst frühzeitig zu stellen, dass er seinen Anspruch noch

im Zivilrechtsweg verfolgen kann“

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Nachteile/Vorteile Ressentiments in

der Hauptverhandlung gegen das Opfer

Scheinbar kompliziert

Zeit- und Ressourcengewinn durch nur ein Gerichtsverfahren

erhöhte Bereitschaft des Täters zum Schadensausgleich gegenüber einem späteren Zivilverfahren

keine Gefahr divergierender Entscheidungen

Möglichkeit des verjährungsrelevanten Vorgehens gegen den Beschuldigten, dessen Aufenthalt unbekannt ist

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Beachtenswert kein Prozesskostenvorschuss und geringere

Gerichtsgebühren, die nur im Falle einer positiven Entscheidung anfallen

kein Anwaltszwang geringere Anforderungen an die Antragsschrift im

Adhäsionsverfahren gegenüber dem Zivilverfahren (§ 404 Abs. 1 S. 2 StPO)

Amtsermittlungsgrundsatz statt Parteimaxime (§§ 404 Abs. 5 statt 114 ZPO, 406 Abs. 2 statt § 313 b Abs. 1 ZPO);

Der Adhäsionskläger ist Zeuge in eigener Sache es gibt keine klageabweisende Entscheidung, sondern

der Adhäsionskläger kann es beim Zivilgericht weiter versuchen (§ 406 b Abs. 1 StPO)

keine Widerklage zulässig

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Voraussetzungen aus der Straftat erwachsener

vermögensrechtlicher Anspruch der zur Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte gehört

und noch nicht anderweitig gerichtlich anhängig gemacht ist

ohne Rücksicht auf den Streitwert durch den Verletzten oder seinen Erben

gegen den Beschuldigten durch Antrag

schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten

bis zum Beginn der Schlussvorträge

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Adhäsionsantrag  

 vor Eingang des Antrags bei Gericht

=Antrag hat keine verjährungshemmende Wirkung (§ 404 Abs. 2 S. 2 StPO)

Staatsanwaltschaft nimmt nur ausnahmsweise Stellung (Nr. 174 Abs. 1 RiStBV)

  

 Staatsanwaltschaft hat den bei ihm eingegangenen Entschädigungsantrag beschleunigt dem Gericht zuzuleiten (Nr. 174 Abs. 2 RiStBV)

   

 Antrag wird nach Eingang der Akte bei Gericht dem Beschuldigten oder seinem Wahlverteidiger (§ 145 StPO) zugestellt (§ 404 Abs. 1 S. 2 StPO)

     

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Ab Eingang des Antrags bei Gericht

B)außerhalb der Hauptverhandlung

Antrag wird dem Beschuldigten zugestellt

Antrag hat dieselben Wirkungen wie ein in gleicher Sache rechtshängig gemachte Klage

vor dem Zivilgericht ( §§ 404 Abs. 2 S. 1 StPO, 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB

Benachrichtigung von der HVTeilnahmerecht an der Hv

innerhalb der Hauptverhandlung

Verlesung der Antragsschrift

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Entscheidungsmöglichkeiten des Gerichts

Stattgabe durch „streitiges“ Urteil (ganz oder teilweise oder auch nur dem

Grunde nach - § 406 Abs. 1 S. 1 u. 2 StPO)Anerkenntnisurteil

(ganz oder teilweise - § 406 Abs. 2 StPO)Absehen von einer Entscheidung

(§ 406 Abs. 1 S. 4 StPO) Protokollierung eines Vergleiches ( § 405 StPO)

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Das Gericht sieht von einer Entscheidung ab, wenn der

Antrag unzulässig ist oder soweit er unbegründet erscheint.

Ausnahmsweise auch:

wenn sich der Antrag auch unter Berücksichtigung der berechtigten Belange des Antragstellers zur Erledigung im

Strafverfahren nicht eignet, z.B.:

wenn seine weitere Prüfungdas Verfahren erheblich verzögern würde

 

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Soweit das Gericht den Anspruch nicht zuerkennt, kann

er anderweit geltend gemacht werden.

 § 406 Abs. 5 StPO Verfahrensbeteiligten müssen so früh wie möglich darauf hingewiesen werden

Absehen von Entscheidung nur nach Anhörung

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Rechtsmittel sofortige Beschwerde, wenn der Antrag vor Beginn

der Hauptverhandlung gestellt worden und solange keine den Rechtszug abschließende

Entscheidung ergangen ist. Im Übrigen kein Rechtsmittel.

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Prozeßkostenhilfe Prozesskostenhilfe nach denselben Vorschriften wie in

bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten zu bewilligen Über den Prozesskostenhilfeantrag eines Nebenklägers

ist stets gesondert für jeden Rechtszug zu entscheiden Zuständig für die Entscheidung ist das mit der Sache

befasste Gericht

Entscheidung ist nicht anfechtbar 

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SonstigesVerletztenbegriff ist weitgefasst

z.B. auch Ablehnungsrecht eines Richters wegen Befangenheit

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Der Gesetzgeber hat vor diesem Hintergrund die Rechte des Adhäsionsklägers mehrfach gestärkt in dem Bestreben, dem Adhäsionsverfahren in der Rechtswirklichkeit eine größere Bedeutung zu verschaffenMit den Änderungen durch das Opferrechtsreformgesetz vom 24. Juni 2004 (BGBl I S. 1354) beabsichtigte der Gesetzgeber, die Durchführung des Adhäsionsverfahrens zum Regelfall der Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche des Opfers zu machen

BVerfG, Beschluss vom 27. 12. 2006 - 2 BvR 958/ 06

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Kosten § 472 a StPO Soweit dem Antrag auf Zuerkennung eines aus der Straftat

erwachsenen Anspruchs stattgegeben wird, trägt der Angeklagte auch die dadurch entstandenen besonderen Kosten und die

notwendigen Auslagen des Verletzten. Sieht das Gericht von der Entscheidung über den Antrag ab,

wird ein Teil des Anspruchs dem Verletzten nicht zuerkannt oder nimmt der Verletzte den Antrag zurück, so entscheidet das

Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen Die gerichtlichen Auslagen können der Staatskasse auferlegt

werden, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten.

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Und noch ein bisschen Zivilrecht......

§§ 253 Abs. BGB Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld

§ 81 a Abs. 1 Satz 3 BVG

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Kriterien für Schmerzensgeld

Umfang und Schwere der Beeinträchtigung Grad des Verschuldens

Vermögensverhältnisse der Beteiligten Versicherung des Schädigers

Mitverschulden des Geschädigten und die Tatsache, dass die vom BGH eingesetzte

Schranke zur Begrenzung des Schmerzensgeldes bei Gewalt- und Sexualstraftaten nicht einschlägig ist.

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Rundschreiben des BMGS vom 26.11.2002 zur Überleitung von Schadensersatzansprüchen in Fällen, in denen Kinder Opfer einer Gewalttat geworden sind, und in dem es um den umgekehrten Fall geht, dass die Versorgungsverwaltung ausdrücklich darauf verzichten soll, den übergegangenen Anspruch geltend zu machen:

„ Im Rundschreiben vom 15.11.1999 – VI a 2 – 52039 – hatte ich ausgeführt, dass in Fällen, in denen Kinder Opfer einer Gewalttat geworden sind und der jeweilige Täter zur Familie gehört, auf das Erfordernis des Vorliegens eines Strafantrags verzichtet werden kann, wenn eine Aussage eines Kindes zu negativen Folgen für das Kind führen könnte. Das gilt insbesondere dann, wenn vermieden werden soll, dass der Täter davon erfährt, dass das Kind sich offenbart hat.Problematisch ist in diesem Zusammenhang jedoch, dass die Versorgungsverwaltungen grundsätzlich verpflichtet sind, die nach § 81 a BVG iVm § 5 Abs. 1 OEG übergegangenen Schadensersatzansprüche – ggfl. auch gerichtlich – geltend zu machen. Weil in gerichtlichen Verfahren nicht auf die Aussage des Kindes verzichtet werden kann, wird der mit dem Verzicht auf die Strafanzeige bezweckte Schutz des Kindes oftmals zunichte gemacht.

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„.In meinem Schreiben vom 15.01.2001 an das Ministerium für Frauen, Arbeit, Gesundheit, Soziales – VI a 2 – 52039 – hatte ich deshalb ausgeführt, dass in solchen Fällen besonders sorgfältig zu prüfen sei, ob die Voraussetzungen der VV Nr. 8 Satz 3 zu § 81 a BVG vorliegen und daher von einer Klageerhebung oder der Erwirkung eines Mahnbescheides abgesehen werden kann, weil die gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs keinen Erfolg verspricht. Mehrere Länder wie auch der Bundesrechnungshof in seinem Prüfbericht vom 21.11.2001 – VI 4 – 2000 -0619 – ( .13) haben jedoch darauf hingewiesen, dass mit einer solchen Vorgehensweise ein genereller Schutz der betroffenen Kinder im beabsichtigten Sinne nicht zu erreichen sei.BMGS vom 26.11.2002 – IV- c 2 -620939 ( BArbl 2003,111)

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In der Länderreferentenbesprechung vom 18./19.09.2003 bestand daher Einigkeit darin, dass eine Lösung gefunden werden muss, die den Schutz des Kindeswohls sicherstellt. Hierzu bietet sic ein Rückgriff auf den in § 81 a Abs. 1 Satz 3 BVG zum Ausdruck kommenden Gedanken an, dass der Übergang des Schadensersatzanspruches nicht zum Nachteil des Berechtigten geltend gemacht werden soll. Zwar betrifft die Regelung ursprünglich einen rein fiskalischen Aspekt, nämlich die Sicherung des Quotenvorrechts des Berechtigten gegenüber dem Bund. Dieser Gedanke kann aber zumindest auch sinngemäß auch auf Fallgestaltungen angewandt werden, in denen dem Opfer Nachteile sonstiger Art drohen, insbesondere dann, wenn zu befürchten ist, das dem kindlichen Opfer durch gerichtliche Befragung etc. schwere gesundheitliche Schädigungen durch eine Traumatisierung zugefügt werden könnten. Ich bitte daher, in diesen Fällen den in § 81 a Abs. 1 Satz 3 BVG zum Ausdruck kommenden Grundgedanken heranzuziehen und auf die Geltendmachung übergegangener Schadensersatzansprüche zu verzichten.

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§ 206 BGB Die Verjährung ist gehemmt, solange der Gläubiger

innerhalb der letzten sechs Monate der Verjährungsfrist durch höhere Gewalt an der Rechtsverfolgung gehindert

ist. schwerer seelischen Schaden, der die gerichtliche

Geltendmachung verhindert hat = Ausnahmezustand infolge psychischer Not- und Zwangslage

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§ 208 BGB Ansprüche wegen Verletzung der sexuellen

Selbstbestimmung sind bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres des Gläubigers gehemmt.

Lebt der/ die Geschädigte von Ansprüchen gegen die sexuelle Selbstbestimmung bei Beginn der Verjährung mit dem Schädiger in häuslicher Gemeinschaft, so tritt bis zur

Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft ebenfalls Hemmung ein.

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Letzter Hinweis: OASG= Opferanspruchssicherungsgesetz. Es räumt den

Opfern von Straftaten ein gesetzliches Pfandrecht an solchen Honoraransprüchen von Tatbeteiligten ein, die

diese durch die Vermarktung der Tat in den Medien erlangt hat

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Herzlichen DankDr. Gudrun Doering-Striening

[email protected]

0201/862 12 12