Dr. Hans Bellstedt: Staatsgläubigkeit als Innovationsbremse? Ansätze für eine neue Balance...

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33. Hambacher Disput Dr. Hans Bellstedt, hbpa Hambacher Schloss, Neustadt a.d. Weinstraße 20.9.2014 Ansätze für eine neue Balance zwischen „Daseinsvorsorge“ und Bürgergesellschaft Staatsgläubigkeit als Innovationsbremse?

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Vortrag von Dr. Hans Bellstedt, Inhaber der Hans Bellstedt Public Affairs GmbH (hbpa) im Rahmen des 33. Hambacher Disputs unter dem Titel "Parteienverdruss und Staatsgläubigkeit – Zwei Seiten einer Medaille?“. Die vorliegenden Ausführungen beschäftigten sich dabei vor allem mit der Frage wie das Leistungsversprechen des Staates mit der Zukunftsfähigkeit des Gemeinwesens in Einklang gebracht werden kann.

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33. Hambacher Disput

Dr. Hans Bellstedt, hbpa

Hambacher Schloss, Neustadt a.d. Weinstraße20.9.2014

Ansätze für eine neue Balance zwischen

„Daseinsvorsorge“ und Bürgergesellschaft

Staatsgläubigkeit als Innovationsbremse?

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Agenda

33. Hambacher Disput Seite 2

I. Allgegenwärtiger Staat▪ Renaissance des Staates

▪ Der Staat ist überall

▪ Der Staat als Wirtschaftsakteur

▪ Der Staat als Arbeitgeber

▪ Das süße Gift der Subventionen

▪ Der Staat als Finanzmarktakteur

▪ Von Bismarck zu Adenauer: Der Sozialstaat

▪ Staatstätigkeit und Staatsgläubigkeit

II. Staatstätigkeit als Innovationsbremse?

III. Vom Versorgungsstaat zur Bürgergesellschaft▪ Staatsgründung – Wozu eigentlich?

▪ Kernaufgaben des innovativen Staates

▪ Parteien als Agenten der Erneuerung

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Renaissance des Staates

I. Allgegenwärtiger Staat

33. Hambacher Disput Seite 3

▪ 1990/2000er Jahre: freier, globaler Markt, ungehinderter Wettbewerb, Siegeszug des „Neo-Liberalismus“

▪ Seit „Lehman“ (15. September 2008): mehr Regulierung, staatliche Einflussnahme, Aufsicht in immer mehr Bereichen

▪ Kritiker sprechen von „DDR light“

→ Wieviel Staat benötigen wir, u.a. um Risiken einzudämmen?

→ Wo lähmt hoher Staatsanteil gesellschaftliche Innovation?

→ Wie könnte „neue Balance“ zwischen Wohlfahrtsstaat und Bürgergesellschaft aussehen?

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Der Staat ist überall

I. Allgegenwärtiger Staat

33. Hambacher Disput Seite 4

▪ Gewährträger der inneren und äußeren Sicherheit

▪ Bereitsteller von Bildung und Infrastruktur, aber auch:

▪ Wirtschaftsakteur

▪ Arbeitgeber/Lohnsetzer

▪ Subventionsgeber

▪ Finanzmarktakteur, und v.a.

▪ Sozial- bzw. Wohlfahrtsstaat

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Der Staat als Wirtschaftsakteur

I. Allgegenwärtiger Staat

33. Hambacher Disput Seite 5

▪ Staatliche Beteiligungen:

▪ 100 Prozent der Deutschen Bahn AG

▪ rd. 20% der Deutschen Post (über KfW)

▪ Häfen und Flughäfen

▪ Energiewirtschaft (z.B. EnBW, div. Stadtwerke), Gas- und Wasserversorgg.

▪ Finanzbranche (10% der Commerzbank; Sparkassen, Landesbanken,

öffentliche Versicherungen)

▪ Kommunale Wohnungswirtschaft

▪ Öffentlich-rechtlicher Rundfunk

→ Staatsanteil am BIP: 45 Prozent

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Der Staat als Arbeitgeber

I. Allgegenwärtiger Staat

33. Hambacher Disput Seite 6

▪ 324 000 Menschen als Beamte beim Bund beschäftigt (z. Vgl.: Daimler AG, 275 Tsd.; Siemens AG, 370 Tsd. Beschäftigte)

▪ 4 Mio. Menschen bei Bund, Ländern und Kommunen

beschäftigt

→ 13,6 Prozent = fast jeder siebte in Deutschland sozialversicherungspflichtig

Beschäftigte ist im öffentlichen Sektor tätig

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Das süße Gift der Subventionen …

I. Allgegenwärtiger Staat

33. Hambacher Disput Seite 7

▪ Subventionen des Staates gehen u.a. an:▪ Agrarsektor

▪ Kohlebergbau, Stahlindustrie

▪ Erneuerbare Energien

▪ Abwrackprämie für PKW (2009); Förderung Elektromobilität, aber auch:

▪ Zalando (> 30 Mio. EUR)..!

… und der Steuererleichterungen

▪ Ausnahmetatbestände des deutschen Steuerrechts ▪ Verlustvorträge

▪ Handwerkerleistungen für Private steuerlich absetzbar

▪ Reduzierter Mehrwertsteuersatz auf Hotelübernachtungen

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Der Staat als Finanzmarktakteur

I. Allgegenwärtiger Staat

33. Hambacher Disput Seite 8

▪ EU-weit, seit 2008: massive staatliche Stützungsystemrelevanter Geschäfts- sowie Landesbanken

▪ EZB-Ankauf von Staatsanleihen in Milliardenhöhe,

dadurch stark fallende Zinsen dieser Papiere

▪ Ankündigung M. Draghi 2012, den Euro zu retten

„whatever it takes“

▪ Geplanter Aufkauf von besicherten Kreditpaketen (Asset Backed Securities – ABS) durch die EZB

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Vom Sozialstaat zum Wohlfahrtsstaat

I. Allgegenwärtiger Staat

33. Hambacher Disput Seite 9

▪ Otto v. Bismarck, 1880/90er Jahre: Begründung des deutschen

Sozialstaats

▪ Staatliche Kranken-, Invaliditäts- und Rentenversicherung

▪ Ziel: wachsende Fabrikarbeiterschaft (→ Industrialisierung) vor sozialer Not

bewahren

→ Definition von Armenfürsorge als Staatsaufgabe

▪ Konrad Adenauer, 1957: Einführung Umlageverfahren,

„Dynamisierung der Rente“ → Wohlfahrtsstaat▪ 4 Säulen: gesetzliche Renten-, Arbeitslosen-, Kranken- und (seit 1995)

Pflegeversicherung

▪ Finanzierung: hälftige Beiträge von Arbeitnehmern und Arbeitgebern, aber

Bundeszuschuss zur Rente: 90 Mrd. EUR/Jahr

▪ Zusätzlich: > 150 familienpolitische Leistungen (ca. 200 Mrd.

EUR/Jahr), Mix aus Transferzahlungen und Steuererleichterungen

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Staatstätigkeit und Staatsgläubigkeit

I. Allgegenwärtiger Staat

33. Hambacher Disput Seite 10

▪ Immer weiter reichendes Leistungsversprechen des Staates gegenüber seinen Bürgern

▪ 2 Erklärungen:1. Strukturelle Tendenz zur immerwährenden Ausdehnung des

öffentlichen Sektors

2. Stetig steigende Erwartungen der Bürger an den Staat

(„Daseinsvorsorge“)

→ Wachsende Staatstätigkeit und wachsende

Staatsgläubigkeit bedingen einander

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Agenda

33. Hambacher Disput Seite 11

I. Allgegenwärtiger Staat▪ Renaissance des Staates

▪ Der Staat ist überall

▪ Der Staat als Wirtschaftsakteur

▪ Der Staat als Arbeitgeber

▪ Das süße Gift der Subventionen

▪ Der Staat als Finanzmarktakteur

▪ Von Bismarck zu Adenauer: Der Sozialstaat

▪ Staatstätigkeit und Staatsgläubigkeit

II. Staatstätigkeit als Innovationsbremse?

III. Vom Versorgungsstaat zur Bürgergesellschaft▪ Staatsgründung – Wozu eigentlich?

▪ Kernaufgaben des innovativen Staates

▪ Parteien als Agenten der Erneuerung

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Staatstätigkeit als Innovationsbremse ? (1)

II. Staatstätigkeit als Innovationsbremse?

33. Hambacher Disput Seite 12

▪ Staat als Wirtschaftsakteur: verteidigt Pfründe (z.B. Dt. Bahn), anstatt (vgl.

privater Rundfunk, Telefonie, Fernbusse) neue Marktdynamik zuzulassen

→ Innovativ wäre: Aufgabenkritik, Marktöffnung, Entkommunalisierung

▪ Staat als Arbeitsgeber: entzieht dem Privatsektor Talente (EY: 30% eines Jg.

wollen zum Staat); immense Pensionslasten (1,4 Billionen EUR bis 2050)

→ Pensionseintrittsalter anheben, neue Beamte in ges. Rentenvers. einbeziehen

▪ Subventionen/Steuervergünstigungen: Stützung nicht-marktfähiger

Geschäftsmodelle, Fehlallokation wertvoller staatl. Ressourcen

→ Staatl. Investitionen in Forschung und Entwicklung lenken, statt in Vergangenheit

▪ EZB: politisch gewollter Niedrigzins entlastet Schuldner, enteignet Sparer

→ Rückkehr zu „no bail-out“, geordnete Staateninsolvenz

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Staatstätigkeit als Innovationsbremse? (2)

II. Staatstätigkeit als Innovationsbremse?

33. Hambacher Disput Seite 13

▪ Sozialstaat: Umlageverfahren nicht mehr demographiekonform; Bundeszuschuss (90 Mrd. EUR p.a.)

belastet Staatshaushalt (300 Mrd. EUR) und somit

Steuerzahler

▪ Schuldenabbau dadurch nahezu unmöglich

▪ Innovativ, da nachhaltig, wäre:

→ höheres Renteneintrittsalter, analog zur gestiegenen Lebenserwartung

→ gesteuerte Zuwanderung

→ mehr betriebliche Altersvorsorge (Entgeltumwandlung)

→ mehr Eigenvorsorge/Kapitaldeckung

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Agenda

33. Hambacher Disput Seite 14

I. Allgegenwärtiger Staat▪ Renaissance des Staates

▪ Der Staat ist überall

▪ Der Staat als Wirtschaftsakteur

▪ Der Staat als Arbeitgeber

▪ Das süße Gift der Subventionen

▪ Der Staat als Finanzmarktakteur

▪ Von Bismarck zu Adenauer: Der Sozialstaat

▪ Staatstätigkeit und Staatsgläubigkeit

II. Staatstätigkeit als Innovationsbremse?

III. Vom Versorgungsstaat zur Bürgergesellschaft▪ Staatsgründung – Wozu eigentlich?

▪ Kernaufgaben des innovativen Staates

▪ Parteien als Agenten der Erneuerung

Page 15: Dr. Hans Bellstedt: Staatsgläubigkeit als Innovationsbremse? Ansätze für eine neue Balance zwischen "Daseinsfürsorge" und Bürgergesellschaft (September 2014)

Staatsgründung – wozu eigentlich?

III. Vom Versorgungsstaat zur Bürgergesellschaft

33. Hambacher Disput Seite 15

Motive hinter einer Staatsgründung:

▪ Nicolo Machiavelli: Machterhalt des Herrschenden („Il Principe“, 1532)

▪ Thomas Hobbes: Überwindung des Krieges aller gegen alle („Leviathan“, 1651)

▪ Unterwerfungsvertrag: Abtretung jeglicher Souveränität

▪ John Locke: Beendigung von Rechtsunsicherheit/Regellosigkeit („Zwei Abhandlungen über die Regierung“, 1689)

▪ Staat schützt Leben, Freiheit und Besitz

▪ Gewaltenteilung

▪ Grundgesetz: unantastbare Menschenwürde als Grund und Inhalt der Demokratie

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Kernaufgaben des Staates

III. Vom Versorgungsstaat zur Bürgergesellschaft

33. Hambacher Disput Seite 16

▪ Gewaltmonopol - Innere und äußere Sicherheit

▪ Bildung

▪ Infrastruktur (Verkehr, Telekommunikation)

▪ Wettbewerbsaufsicht (Kartellamt)

▪ Soziale Grundsicherung

Nicht-Kernaufgaben: Eigenverantwortung der Bürger!

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Parteien als Agenten der Erneuerung

III. Vom Versorgungsstaat zur Bürgergesellschaft

33. Hambacher Disput Seite 17

Edukativer Auftrag der Parteien:

▪ Art. 21 GG: „ … an der politischen Willensbildung des Volkes mitzuwirken“

▪ Bürger zum Mitmachen animieren: Öffnung statt „Geschlossenheit“

▪ Unbequeme Wahrheiten ansprechen, statt Unhaltbares zu

versprechen

▪ Statt nächster Wahl, nächste Generation (!) in den Blick nehmen (z.B. Thema Soziale Sicherung/Nachhaltigkeit)

→ Parteien als Agenten gesellschaftlicher Erneuerung

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33. Hambacher Disput: Redner

Appendix

33. Hambacher Disput Seite 18

▪ Frau Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD)

▪ Frau Marlies Kohnle-Gros, Stv. Fraktionsvorsitzende der CDU im Landtag Rheinland-Pfalz

▪ Daniel Köbler, Fraktionsvorsitzender B90/Die Grünen im Landtag Rheinland-Pfalz

▪ Prof. Dr. Frank Decker, Politikwissenschaftler, Univ. Bonn

▪ Dr. Hans Bellstedt, hbpa

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33. Hambacher Disput Seite 18

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