Dr langs kleine vwl

94
Kleine Volkswirtschaftslehre für Jedermann (Entwurf 10/2011) von Gerhardus Lang, Bearbeitungsstand 10. 1. 2014, Gerhardus Lang Kleine Volkswirtschaftslehre für Jedermann (Entwurf 10/2011) von Gerhardus Lang 5 Druckdatum: 16.01.12, 07:57:04, 118878 Zeichen, 94 Seiten, 17942 Wörter / letzter Bearbeiter: PB ca. 1950 Zeilen, ergibt ca. 80 Normseiten Standort: C:\Users\petra\AppData\Local\Temp\Kleine 10 Volkswirtschaftslehre !_12 16-1-2012.doc auf Laptop „Maniola“ Kleine Volkswirtschaftslehre für Jedermann Von Dr. Gerhardus Lang 15 Schriftenreihe des Vereins REGIO-MARK e.V. Roth-Schwabach Herausgeberin: Petra Bergermann Impressum: 20 Erste Auflage 2012 © 2012 by Dr. Gerhardus Lang © für diese Ausgabe: Petra Bergermann, Herausgeberin Nr. 2 der Schriftenreihe des Vereins REGIO-MARK e.V., Roth- Schwabach 25 im Selbstverlag Umschlaggestaltung und Satz Tobias Preiss, Nürnberg Druck ??? ISBN ??? 30 Wirtschaftslehre für Jedermann von Gerhardus Lang Bearbeitungsstand Januar 2014, Gerhardus Lang

description

Gedanken eines absolut unkonventionellen mHumanmediziners

Transcript of Dr langs kleine vwl

Page 1: Dr langs kleine vwl

Kleine Volkswirtschaftslehre für Jedermann (Entwurf 10/2011) von

Gerhardus Lang, Bearbeitungsstand 10. 1. 2014, Gerhardus Lang

Kleine Volkswirtschaftslehre für Jedermann (Entwurf 10/2011) von

Gerhardus Lang 5

Druckdatum: 16.01.12, 07:57:04, 118878 Zeichen, 94 Seiten, 17942 Wörter / letzter Bearbeiter: PB

ca. 1950 Zeilen, ergibt ca. 80 Normseiten

Standort: C:\Users\petra\AppData\Local\Temp\Kleine 10

Volkswirtschaftslehre !_12 16-1-2012.doc auf Laptop „Maniola“

Kleine Volkswirtschaftslehre für Jedermann

Von Dr. Gerhardus Lang

15

Schriftenreihe des Vereins REGIO-MARK e.V. Roth-Schwabach

Herausgeberin: Petra Bergermann

Impressum: 20

Erste Auflage 2012

© 2012 by Dr. Gerhardus Lang

© für diese Ausgabe: Petra Bergermann, Herausgeberin Nr. 2 der Schriftenreihe des Vereins REGIO-MARK e.V., Roth-

Schwabach 25

im Selbstverlag Umschlaggestaltung und Satz Tobias Preiss, Nürnberg

Druck ???

ISBN ??? 30

Wirtschaftslehre für Jedermann von Gerhardus Lang Bearbeitungsstand Januar 2014, Gerhardus Lang

Page 2: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 2

Kleine Wirtschaftslehre für Jedermann

35

Von Dr. Gerhardus Lang

40

Motto

„Die Menschen verdrießt’s, dass das Wahre so einfach ist; sie sollten

bedenken, dass sie noch Mühe genug haben, es praktisch zu ihrem Nutzen anzuwenden.“ (Goethe) 45

„Wir sollten uns nicht so gebärden, als ob das Erkennen volkswirtschaftlicher Zusammenhänge nur den Gralshütern

vorbehalten bliebe, die auf der einen Seite wissenschaftlich, auf der

anderen Seite demagogisch ihre verhärteten Standpunkte vortragen. 50

Nein, jeder Bürger unseres Staates muss um die wirtschaftlichen

Zusammenhänge wissen und zu einem Urteil befähigt sein, denn es

handelt sich hier um Fragen unserer politischen Ordnung, deren Stabilität zu sichern uns aufgegeben ist.“ (Ludwig Erhard, 1962)

55

„Die Welt schuldet keinem von uns einem Lebensunterhalt, aber wir alle schulden einander den Lebensunterhalt“ (Henry Ford, Philosophie

der Arbeit))

Vorwort 60

Ich bin von Beruf praktischer Arzt. Ich bin in einem Dorf auf dem Lande tätig, war auch Geburtshelfer, und übe meinen Beruf immer

noch aus, jetzt als homöopathischer Arzt ohne so genannte

Kassenzulassung. Diese habe ich nach 30ig-jähriger Tätigkeit 65

abgegeben. Da ich mein Geld genauso wie andere Leute durch meine

persönliche Tätigkeit in Form von Dienstleistungen verdiene, weiß

Page 3: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 3

ich, was ich meinen Patienten schuldig bin, wenn ich erwarte, dass sie

meine Rechnungen auch bezahlen. Ich kenne alle wirtschaftlichen

Vorgänge, die einem während des Lebens als Selbstständiger 70

begegnen, aus der täglichen Erfahrung. Als Student musste ich einen

Teil meines Studiums selbst finanzieren, so dass ich auch die Arbeit

eines nicht Selbstständigen als Hilfsarbeiter in der Fabrik, auf dem Bau und in der Landwirtschaft kennen lernte mit der Lohntüte am

Ende der Woche, die immer den schmalen Streifen der Abrechnung 75

aus der Lohnbuchhaltung des Betriebes enthielt, wo die am Ende

stehende Zahl mit dem in der Tüte enthaltenen Bargeldbetrag

übereinstimmen musste, was man immer gleich überprüfte.

Durch Erwerb und Bau eines eigenen Hauses kam ich mit den Banken 80

zusammen, die mir die Finanzierung ermöglichten. Das war in den 70-iger Jahren des vergangenen Jahrhunderts, in denen die Wirtschaft

Vollbeschäftigung hatte und Millionen von Gastarbeitern aus vielen

Ländern auch „Kunden“ meiner Praxis waren. Dadurch „verdiente“ ich so viel Geld, dass ich die hohen Zins- und Tilgungsraten, 85

Annuitäten genannt, auch ohne Not zahlen konnte, denn ererbt hatte

ich nichts, und Ersparnisse konnte ich bei der schlecht bezahlten Krankenhaustätigkeit vor der Niederlassung nicht bilden.

Ich begann meine Tätigkeit durch die Übernahme einer kleinen 90

Landpraxis mit Geburtshilfe, musste eine fairen Preis für die

Übernahme der Patienten bezahlen und finanzierte meinen Umzug

durch die eintausend D-Mark Ersparnisse aus der Krankenhaustätigkeit. Ich war seit dem Ende des Studiums

verheiratet, hatte eine kleine Tochter, und meine Frau war meine erste 95

und einzige Sprechstundenhilfe. Ich hatte meinen ersten Neuwagen mitgebracht, einen Citroen 2CV, den ich mit Hilfe von Wechseln

finanziert hatte. Er diente mir einige Jahre als Praxisauto, etwas

ungewöhnlich für die Leute hier im Schwabenland, wo der Arzt „normal“ mit einem „Daimler“ (hier für ein Auto der Marke 100

Mercedes) fuhr, wie auch der Metzger ihn hatte.

Also mit dem Geld hatte ich einigen Umgang, ich hatte die

Kassenabrechnungen und die Rechnungen für die Privatpatienten zu

Page 4: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 4

erstellen und auch eine Buchführung mit der Hilfe eines 105

Steuerberaters zu verfertigen. Das Finanzamt kam bald und wollte

eine Einkommensteuererklärung, die ich natürlich ohne fremde Hilfe nicht fertigen konnte.

So lernte ich den Umgang mit wirtschaftlichen Prozessen im 110

praktischen Leben, wie fast alle Bürger auch. In der Schule hatten wir

davon gar nichts gehört, denn die Lehrer waren alle Gehaltsempfänger oder gar Beamte. Die interessierten sich weiter kaum für den

wirtschaftlichen Alltag, als dass sie uns das beigebracht hätten, was

man dafür wenigstens im Groben wissen sollte. 115

Andererseits war ich seit meiner Jugend an politischen Dingen sehr

interessiert. Als der letzte Krieg 1945 zu Ende war, wurde ich gerade 14 Jahre alt und war noch am 20. April in die „Hitler-Jugend“

übernommen worden. Eine Woche später waren die englischen 120

Soldaten nach vorangegangenem Artilleriebeschuss in unserem bei Bremen liegenden Dorf einmarschiert. Da konnte ich sehen, welche

Unmenge an „Material“ diesen Soldaten zur Verfügung stand, das

alles aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten geliefert worden war. Diese Material stand dann bei uns in Mengen herum, 125

Munitionskästen, Granathülsen mit Pulver gefüllt, Panzerfäuste der

Wehrmacht, Feldtelefone, massenhaft Kabel usw. Wir Buben bedienten uns nach Belieben und veranstalteten kleine Feuerwerke,

die bestehenden Gefahren wohl abwägend. Es passierte uns zum

Glück nichts Schlimmes. 130

Ich musste dann in der väterlichen Gärtnerei und kleinen

angeschlossenen Landwirtschaft die Rolle des nun „befreiten“ polnischen jungen Mannes, der uns als Zwangsarbeiter zugeteilt

worden war, übernehmen: Kühe melken, Holz machen für den 135

Küchenherd, Heu einbringen und Korn ernten usw. Ich wollte auch Landwirt werden, denn es machte mir große Freude, zu sehen, was

man mit seiner Hände Arbeit leisten konnte. In der Zeit lernte ich

systematisch arbeiten, meine Zeit einteilen und den wirtschaftlichen Wert meiner Arbeit einschätzen. Ich hatte außer „freier Station“ 140

keinen Lohn, vermisste denselben auch gar nicht.

Page 5: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 5

Als Ende 1945 die Schulen wieder aufmachten, beendete ich meine

landwirtschaftliche Laufbahn und studierte nach dem Abitur Medizin Aber mein Interesse an der Politik und besonders der Wirtschaft 145

bestand weiter sehr intensiv, zumal ich noch die Umstellung der

Wirtschaft von der totalen Planwirtschaft auf die Marktwirtschaft nach der Währungsreform 1948 hautnah beim väterlichen Betrieb studieren

konnte. Denn da hatte sich der Markt von einem Tag auf den anderen total ins Gegenteil verkehrt. Aus dem „Verkäufer-Markt“ war durch 150

das neue Geld ein „Käufer-Markt“ geworden. Der Kunde wurde

König und der vorher allmächtige Verkäufer wurde zum dienstwilligen Bittsteller bei den Kunden.

Mein Vater, der vorher die planwirtschaftliche Verteilung seiner 155

begehrten Produkte gerecht durchgeführt hatte, fand sich in einem

ruinösen Wettkampf wieder, den er durch die hohen Pachtzahlungen

nicht durchhalten konnte. Er gab den Betrieb auf und wurde erstmalig ein angestellter Gärtner.

160

Neben meinem Medizinstudium las ich Schriften, die sich mit der sozialen Frage beschäftigten, wozu ja die Wirtschaft den wichtigsten

Beitrag liefert. In der Waldorfschule, die ich nach dem Krieg bis zum

Abitur besuchte, hatte ich einen Klassenlehrer, der ein Anhänger der Dreigliederungslehre von Rudolf Steiner war. Dessen Schrift 165

„Kernpunkte der sozialen Frage“, die 1919 erschienen war, las ich

immer wieder, verstand aber vieles nicht richtig.

Nach meiner Niederlassung in Bad Boll lernte ich andere Ärzte

kennen, die sich ebenfalls zusammen mit einem Freundeskreis mit der 170

„sozialen Frage“ beschäftigten. Denen schloss ich mich an und lernte

dabei viele grundlegende Dinge über die Wirtschaft und das

Staatswesen kennen. Im Mittelpunkt stand die ordoliberale Schule des Freiburger Ökonomen Walter Eucken, aus der auch Ludwig Erhard

stammte, dem Vater der berühmten Währungsreform von 1948 in der 175

damaligen Trizone (so wurden die vereinigten Besatzungszonen der Westmächte genannt). Diese Persönlichkeiten hatten sich in der

Nachfolge eines Teiles der „Aktionsgemeinschaft soziale

Page 6: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 6

Marktwirtschaft“ zum „Seminar für freiheitliche Ordnung“, Bad Boll

e.V. zusammengeschlossen. Dieser Zusammenarbeit verdanke ich die 180

Ideen, die in der vorliegenden Schrift verarbeitet sind.

185

Einleitung

Leider gibt es bis heute in unseren Schulen keinen Unterricht in einem Fach, das im wirklichen Leben eine große Rolle spielt, nämlich in der 190

Wirtschaftslehre. Alles Mögliche wird den Jugendlichen beigebracht:

Gesundheitslehre, Hauswirtschaftslehre, handwerkliches Können, Mathematik, Physik, Englisch usw. Aber die einfachsten Regeln für

wirtschaftliches Handeln und den Umgang mit Geld werden den

Erfahrungen des Alltags überlassen. Es gibt in der Bevölkerung kaum 195

ein Wissen über die elementaren Vorgänge der Wirtschaft und des

Geldwesens, obwohl sie im täglichen politischen Geschehen eine

überragende Rolle spielen.

Dabei sind die Vorgänge gar nicht so schwierig zu verstehen. Aber es 200

wird uns immer erzählt, dass nur Fachleute die Dinge der Wirtschaft, insbesondere des Geld- und Finanzwesens, verstehen könnten. Das

stimmt gar nicht, aber offensichtlich besteht ein mächtiges Interesse

daran, die „normalen“ Menschen in dem Glauben zu lassen, dass alles nicht so einfach zu verstehen sei. 205

Ich selbst habe meine Kenntnisse aus eigenem Interesse erworben, ohne akademisches Studium der Wirtschaftslehre. Mein Ziel war stets,

die Dinge so zu verstehen, dass sie mir selbst vollständig

einleuchteten und ich sie jederzeit einem interessierten Zeitgenossen 210

erklären konnte.

Page 7: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 7

Bei der Wirtschaft handelt es sich nämlich um ganz einfache Sachen,

die eigentlich jeder weiß. Niemand denkt aber richtig darüber nach,

warum die Dinge so und nichts anders ablaufen und ob es damit 215

immer seine Richtigkeit hat.

Die Arbeit

220

Jeder weiß, dass der Mensch seinen Lebensunterhalt durch Arbeit

schaffen muss. In einfachen Verhältnissen schaffen die Menschen

arbeitend alles das selbst, was sie für den täglichen Bedarf benötigen. Auf einen grünen Zweig kommen sie dabei nicht, denn sie müssen

praktisch ihre ganze verfügbare Zeit der Arbeit opfern. Das ändert sich 225

erst in fortgeschrittenen Gesellschaften, die durch Arbeitsteilung eine Spezialisierung ermöglichen. Da werden dann in zunehmendem Maß

in der Arbeit Dinge produziert, die der Arbeitende nicht für sich selbst

herstellt, sondern für andere Menschen. Diese Anderen verfahren genau so und tauschen anschließend ihre Produkte aus. Das nennt man 230

eine Tauschwirtschaft oder auch Barter-Wirtschaft. Ob es diese

wirklich einmal gegeben hat, ist nicht erwiesen, da die Arbeitsteilung schon sehr früh in der Menschheitsentwicklung nachzuweisen ist und

dafür eine entsprechende Wirtschaft vorhanden, die mit gegenseitigen

Schuldverhältnissen arbeitete. Barterwirtschaften entwickelten sich 235

immer dann, wenn die Geldwirtschaft nicht funktionierte, z.B. in

Zeiten der Planwirtschaften, z. B. vor, während und nach dem letzten

Krieg.

240

Das Produkt und die Produktion

• Arbeit ist ein Zusammenspiel von körperlicher Tätigkeit, Vernunft

und Verstand.

• Ernsthafte Arbeit ist eine solche, die zweckmäßig ausgeführt wird, 245

wobei der Arbeitende ein Ziel vor Augen hat, das es zu erreichen

Page 8: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 8

gilt.

• Das Ergebnis der Überlegungen des Arbeitenden und seiner

Tätigkeit nennt man „Produkt“.

• Die Tätigkeit des Hervorbringens solcher Produkte nennt man 250

deshalb eine „Produktion.“

Dabei müssen die Produkte nicht immer sichtbare, körperliche Dinge

sein, sondern zur menschlichen Produktion gehören auch Gedanken und daraus folgende Handlungen, z.B. die Tätigkeit eines Arztes oder 255

Rechtsanwaltes.

Produkte sind also Ergebnisse menschlicher Arbeit.

260

Die Hilfsmittel der Produktion

Werkzeuge und Maschinen produzieren nicht von sich aus und allein, sondern sie sind Hilfsmittel des produzierenden Menschen. Gleiches

gilt für alle Naturkräfte und auch für Tiere, die in diesem 265

Zusammenhang immer nur Hilfsmittel der menschlichen Arbeiter sind, aber selbst keine Arbeit verrichten.

Wir verwenden in unseren Betrachtungen nicht den Begriff „Arbeit“ aus der Physik, die dort nur sehr eingeschränkt für eine bestimmte 270

Form der Kraftentwicklung benutzt wird (Arbeit = Kraft x Weg).

Die Arbeitsteilung

275

Seit dem Altertum haben sich die Menschen die für das persönliche

Wohl anfallenden und notwendigen Arbeiten geteilt, weil die

Erfahrung zeigt, dass das Können der Menschen sehr unterschiedlich ist. Der Nutzen für alle ist am größten, wenn jeder das arbeitet und

Page 9: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 9

schafft, was er am besten kann. Hinzu kommt noch ein Effekt durch 280

das gemeinsame Arbeiten, der von Proudhon formuliert wurde: Einer

schafft in 10 Stunden nicht, was 10 in einer Stunde gemeinsam schaffen = Fähigkeiten bzw. Spezialisierung + kollektive Kraft.

285

Der Kauf und der Verkauf und der allgemeine Gewinn aus

der Arbeitsteilung

Der eigene Bedarf an dem von einem jeden hergestellten Produkt ist

sehr begrenzt. Deshalb bietet der vernünftige Mensch sein Können 290

und seine von ihm hergestellten Produkte den anderen Mitgliedern der

Menschengemeinschaft zum Kauf an. Er verkauft seine Produkte und

kauft die Produkte anderer, weil sie er selber nicht herstellen kann oder herstellen will. Es ist auch so, dass jeder am Besten fährt, wenn

er seine eigene Produktion vollständig nur für andere leistet und er 295

selbst seine Bedürfnisse nur durch die Produktionen anderer befriedigt.

Das gegenwärtig so häufige „Alles-selber-machen“, sei es sein Haus zu bauen oder einen eigenen Garten bestellen, bedeutet 300

volkswirtschaftlich gesehen, den allgemeinen Gewinn aus der

Arbeitsteilung zu vergeuden. Als Freizeitbeschäftigung das „do it yourself“ keine Arbeit in unserem Sinn. Solche Tätigkeiten haben den

gleichen volkswirtschaftlichen Wert wie ein Marathonlauf. Sie dienen

nur dazu, sich zu vergnügen. 305

Rudolf Steiner hat aus diesen Verhältnissen ein Hauptgesetz

formuliert: „Das Heil einer Gesamtheit von Menschen ist am Größten, wenn jeder von den Erträgen der Arbeit der anderen lebt und er

selber die Erträge seiner Arbeit vollständig für die anderen leistet.“ 310

Der Ertrag meiner Arbeit ist das von mir hergestellte Produkt. Wir

sehen also, dass die Arbeitsteilung von selbst zu sozialem Verhalten

Page 10: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 10

erzieht. Denn wenn ich etwas für die anderen Nützliches herstellen

will, muss ich mich ganz auf deren Bedürfnisse einstellen. Was mir 315

gefällt, muss anderen noch lange nicht gefallen.

Ich werde als Produzent also ganz von mir absehen und sehr

aufmerksam den anderen ihre Bedürfnisse ablauschen. Wenn ich

dieses unterlasse, sind die anderen nicht bereit, meine Produkte zu kaufen, d.h. sich bei mir zu verschulden, welche Schuld sie mit ihrem 320

teuer erworbenen Geld begleichen müssten.

Der Markt

In den Lehrbüchern der Wirtschaft wird gelehrt, dass sich 325

die Menschen mit ihren Produkten schon früh zu bestimmten Zeiten

an bestimmten Plätzen einfanden, auf denen ein „Austausch“ von Produkten stattfand. Dort habe jeder die größte Chance gehabt, das

von ihm Benötigte zu finden. Umgekehrt habe er dort genügend

Interessenten gefunden, die sein Produkt suchten. 330

Wahrscheinlich entstanden die Märkte erst mit der Einführung des

Geldes, weil man auf dem Markt alles Mögliche kaufen konnte. Beim

Kauf ging man immer ein Schuldverhältnis ein, welches am Besten durch das allgemein akzeptierte Schuldentilgungsmittel Geld getilgt

werden konnte. Dazu dienten meistens Orte, in denen Tempel 335

standen, später auch Kirchen, um die herum historisch belegt auch immer Märkte abgehalten wurden, und wo sich wegen der

Begleichung der Schulden auch immer die Geldwechsler befanden,

ohne die man nicht das Geld hatte, um seine Schulden begleichen zu können. 340

Solche Plätze hat man Marktplätze oder auch Märkte genannt.

Diese Entwicklungsgeschichte wird zwar heute angezweifelt, da sie

nicht wirklich belegt ist. Aber den Namen „Markt“ haben diese Plätze 345

jedenfalls seit Langem bis heute behalten, nur ihr Ursprung ist nicht

Page 11: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 11

sicher. Da sich auf ihnen der Handel abwickelte, ist der Name sicher

vom Gott Merkur abgeleitet, der bekanntermaßen der Gott der

Händler oder Kaufleute ist, nebenbei auch der Ärzte und - schrecklich zu sagen - sogar der Diebe. Diese drei Berufe haben eines gemeinsam: 350

Sie schaffen das, was sich zu viel an einem Ort angesammelt hat,

dorthin, wo zu wenig ist. Dieser Vorgang spielt sich auch in der Natur überall dort ab, wo wir es mit Flüssigkeiten zu tun haben, welche die

Tendenz haben, von der Höhe zur Tiefe zu fließen, um erst dann zur Ruhe zu kommen, wenn sich alles auf gleicher Höhe befindet. Bei den 355

Kaufleuten fließt es von den Stätten der Produktion, wo es sich

anhäuft zu den Stätten des Verkaufs, wo es durch den Verkauf immer weniger wird. Bi den Dieben ist es ganz ähnlich und wird von jedem

Verstanden, der einmal von einem Dieb heimgesucht worden ist. Wo

vorher Reichtum herrschte, ist nun Mangel. Und die Ärzte schaffen im 360

Grunde auch nicht anders: Wer ins Krankenhaus kommt, bekommt

sofort auch ungefragt eine Infusion, weil man bei der Krankheit

immer einen Mangel annimmt, zum mindesten an Gesundheit. Deshalb fragt der Arzt auch ganz Routine mäßig: „ Was fehlt Ihnen

denn?“ Deshalb ist auch das Metall Quecksilber, lateinisch Mercurius 365

genannt, flüssig, und wenn einer schlechte Geschäfte gemacht hat, ist er dann auch nicht mehr flüssig, d.h. „insolvent“, und muss das dem

Amtsrichter sagen, weil er sonst behandelt wird wie ein Dieb.

In der ganzen Wirtschaft spricht man auch immer in Ausdrücken der 370

Wissenschaft von den Flüssigkeiten: Warenströme, Geldströme,

Liquidität (= man ist jederzeit zahlungsfähig), illiquide (= insolvent = zahlungsunfähig), Umlaufgeschwindigkeit (des Geldes) usw.

Heute wird vom „Markt“ ganz allgemein gesprochen. Es gibt 375

unterschiedliche Märkte: Warenmärkte, Finanzmärkte, Arbeitsmarkt,

Flohmarkt, Grundstücksmarkt usw., die nur noch gelegentlich an

bestimmten Plätzen stattfinden.

380

Page 12: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 12

Die Produkte, die Waren und die Güter

Wenn Produkte am Markt zum Kauf angeboten werden, bezeichnet man sie als „Ware“. Nur was am Markt zum Kauf angeboten wird,

bezeichnet man als Ware. Nach dem Verkauf wird aus der Ware ein 385

„Gut“, das benutzt und dabei verbraucht wird.

Der Arbeitsmarkt, die Arbeitgeber und die Arbeitnehmer, die

Arbeitsplätze und der Lohn. 390

Den so genannten „Arbeitsmarkt“ gibt es in Wirklichkeit nicht. Das

Wort »Arbeitsmarkt« bezeichnet die allgemeinen Verhältnisse, denen

die Arbeitenden unterworfen sind, wenn sie von einem so genannten »Arbeitgeber« angestellt werden, um in dessen Firma zu arbeiten. 395

Dort befinden sich die „Arbeitsplätze“ für diese als „Arbeitnehmer“

bezeichneten nicht Selbstständigen. Die Charakterisierung als »Markt« ist insofern berechtigt, als dort die menschliche Arbeit wie

eine Ware angesehen wird. Das ist noch ein Rest des Denkens aus

dem Altertum, als man den ganzen Menschen als eine Ware auf dem 400

„Sklavenmarkt“ handelte. Heute muss der Mensch auf dem

Arbeitsmarkt seine Arbeitskraft anbieten. Da diese nicht ohne ihn

wirksam werden kann, „vermietet“ oder „verkauft“ sich der Arbeitnehmer für eine bestimmte Zeit ganz und gar und arbeitet unter

gewissen Bedingungen in dieser Zeit. Für diese Tätigkeit bekommt er 405

pro Zeiteinheit ein vereinbartes „festes Angestellten-Gehalt“ oder einen Betrag pro gefertigtes Stück (Stücklohn) oder pro gearbeitete

Stunde (Stundenlohn) in Form von Geld.

Eine modernere Anschauung der Wirtschaft würde diesen 410

Arbeitsmarkt als mit der menschlichen Würde nicht vereinbar

ansehen. Sie würde das Verhältnis der arbeitenden Menschen als Vertragsverhältnis zwischen Arbeitenden betrachten, wobei der eine

Vertragspartner mehr leitende Funktionen hat und der andere

Vertragspartner mehr die der eigentlichen Herstellung von Sachen 415

Page 13: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 13

betreibt. Das gemeinsam hergestellte Produkt wird auf dem Markt

verkauft. Das so eingenommene Geld teilen sich die an der Produktion

Beteiligten in einem vorher vertraglich ausgemachten Verhältnis, dessen Ergebnis in dem Lohn besteht.

420

Aber das sind wissenschaftliche Erkenntnisse, die erst in der Zukunft zu erwarten sind. Wir müssen uns vorerst bequemen, den

Arbeitsmarkt heutigen Stils zur Kenntnis zu nehmen. Das darf uns aber nicht daran hindern, die allgemeine Verletzung der

Menschenwürde in diesen Verhältnissen immer im Bewusstsein zu 425

haben. Wir müssen uns bemühen, sie zum Verschwinden zu bringen. Denn gerade die Verletzung der menschlichen Würde des nicht

selbstständigen Arbeiters durch die Notwendigkeit, seine Arbeitskraft

auf einem Markt verkaufen zu müssen, ist der Ursprung der sozialistischen Bestrebungen, die in Karl Marx ihren Verkünder 430

gefunden haben.

Das Geld als Schuldentilgungsmittel

435

Um den Kauf, der auf dem Markt stattfindet, zu erleichtern, benutzten

die Menschen schon sehr früh Geld (was immer auch sie als Geld

benutzten: Muscheln, Nutztiere, Edelmetalle, Eisen, Zigaretten etc.), d.h. das allgemeine Mittel, um eingegangene Schulden zu tilgen.

440

Was ist Geld? Es ist ein Mittel, um Schulden zu tilgen. Es ist ein Mittel zum Zweck. Der Zweck ist die Schuldentilgung, und das

Mittel, um diesen Zweck möglichst einfach zu erreichen, ist das Geld.

445

Das Geld als Werkzeug

Das Geld ist ein „Werkzeug“, das gebraucht wird, wie der

Page 14: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 14

Handwerker das seine gebraucht. Ich erkläre das nun an einem

Beispiel: Der Zimmermann braucht einen Hammer und einen 450

Zollstock, um tätig zu werden. Er wird niemals sagen, dass der Hammer und der Zollstock der Zweck seiner Tätigkeit seien, sondern

er benötigt den Hammer, um die Nägel an der richtigen Stelle

einzuschlagen und den Zollstock, um die richtige Stelle zu finden. All dieses macht er nach einem vorher ausgedachten Plan, um seinen 455

Zweck zu erreichen, nämlich einen Dachstuhl zu bauen. Dabei wird er immer den gleichen Hammer benutzen, um die zahllosen Nägel im

Laufe seiner Arbeitszeit einzuschlagen. Er nimmt auch immer den

gleichen Zollstock, um die unterschiedlichen Maße aus dem Plan auf die Balken zu übertragen. 460

Das Geld zum Kauf der Waren ist wie der Hammer und der Zollstock: immer dasselbe Werkzeug, das weder seine Form, noch seinen Wert

oder sein Maß ändert. Geht das Werkzeug durch die Benutzung

kaputt, so wird es durch ein gleichwertiges Werkzeug ersetzt. 465

Der Kaufgegenstand

Der Gegenstand, der gekauft wird, ist aber immer ein anderer, so wie 470

der Nagel, den der Hammer einschlägt, immer ein anderer Nagel ist. Mit dem Hammer kann ich immer wieder einen neuen Nagel

einschlagen. Aber ich kann den einmal eingeschlagenen Nagel nicht

noch einmal einschlagen. Sein Zustand »eingeschlagen« ist endgültig: der Nagel ist verbraucht worden. 475

Das Kaufmittel

Nach sehr einfachen Vorgängern, wie Muscheln, Getreide, Vieh etc.

hat sich „das Geld“ als das beste Kaufmittel herausgestellt. Es wurde 480

nur in Zeiten einer schlechten Geldverfassung gelegentlich verlassen,

wie z.B. in Deutschland nach dem letzten Krieg, als das Geld nicht

Page 15: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 15

mehr viel wert war. Damals nahm man an Stelle des schlechten

Geldes unter anderem Zigaretten als Kaufmittel. Die Zigaretten

konnten zwar von Rauchern verbraucht werden, aber hauptsächlich 485

wurden sie als Kaufmittel benutzt und eben nicht ihrem eigentlichen

Zweck, geraucht zu werden, zugeführt.

Das früher viel genutzte Gold und Silber zur Herstellung von Geld

wurde außerdem auch zu vielen Dingen des Lebens verarbeitet. 490

Geld muss bestimmte Eigenschaften haben:

• Es muss leicht zu teilen sein, und zwar in gleiche Teile oder Einheiten.

• Es muss haltbar sein. 495

• Es muss von allen Teilnehmern der Gesamtheit als Kaufmittel anerkannt sein.

• Es darf nicht beliebig vermehrbar sein.

• Es muss fälschungssicher sein.

500

Das Geld

Über den Ursprung des Geldes gibt es unterschiedliche Meinungen.

Ehe Münzen als Geld geprägt wurden, gab es schon lange Handel 505

unter den Menschen und unter den Völkern, auch über weite Strecken

hinweg. Archäologische Funde deuten darauf hin, dass man schon

früh eine Art von Warenwechsel benutzte, um Schulden zu bezahlen. Als man das Geld als allgemeines Schuldentilgungsmittel erfand,

wurde es oft von der Obrigkeit ausgegeben, damit es auch überall 510

angenommen wurde. Daneben hat es aber bestimmt auch andere Formen von Geld gegeben, um die mehr lokalen Kaufvorgänge zu

ermöglichen.

Page 16: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 16

In alten Zeiten nahm man für die Herstellung von Geld edle Metalle, 515

die relativ selten waren, die sich kaum abnutzten, nicht rosteten, leicht

zu teilen waren und nicht viel Platz wegnahmen. Sie bekamen einen bestimmten Wert durch das festgesetzte Gewicht oder durch

Prägungen bestimmter Zeichen und Zahlen.

520

Die Geschichte des Geldes ist sehr interessant und ihr Beginn liegt

weit zurück. Das Geld als Kaufmittel funktionierte aus vielen Gründen oft mehr schlecht als recht, und immer wieder hat man

Verbesserungen für das Geld erfunden.

525

Das Papiergeld

Schon früh hat man gesehen, dass man für das Geld nicht unbedingt

einen Gegenstand benutzen muss, der als solcher einen Wert hat. So 530

erfanden die Chinesen schon in alten Zeiten das Papiergeld, dessen Erfindung bei uns erst in der Neuzeit stattfand.

Papier ist relativ billig herzustellen. Man kann darauf jedes beliebige Bild und jede gewünschte Zahl drucken und den Geldwert in kleine 535

Teile einteilen. Heute verwendet man aus praktischen Gründen auch

noch Metallmünzen aus minderwertigem Metall, um damit kleine Beträge leicht abzählen zu können.

540

Das heutige Geld

Heute wird das Geld allgemein von einer gesetzlich beauftragten Stelle herausgegeben, die unabhängig vom Staat arbeitet. Jeder kennt

unser heutiges Geld, wie wir es jeden Tag ganz selbstverständlich 545

verwenden. Jeder weiß im täglichen Verkehr damit umzugehen, denn es ist „kinderleicht“ zu benutzen. Wir können schon kleine Kinder ab

Page 17: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 17

einem bestimmten Alter zum Einkaufen schicken und stellen ihnen ein

Taschengeld zum selbstständigen Gebrauch zur Verfügung.

550

Jedes Kind weiß, dass man mit Geld alle Waren kaufen kann, die von

den verschiedenen Leuten angeboten werden. Man muss nur immer

genug Geld zur Verfügung haben, dann kann man im Prinzip alles erwerben. Geld ist einfach eine geniale Erfindung, die nicht mehr

wegzudenken ist. 555

Die Geldmenge

Es zeigt sich immer wieder, dass man stets nur eine begrenzte Menge 560

des „Wundermittels“ zur Verfügung hat. Denn was würde passieren, wenn die Obrigkeit jedem so viel Geld zur Verfügung stellen würde,

wie sich jeder wünscht? Das kann man sich leicht ausmalen: Keiner

würde sich mehr Mühe geben, beim Kauf seines Produktes am Markt das erforderliche Geld vorher zu verdienen, sondern jeder würde nur 565

noch herumgehen und die Läden leer kaufen, die bald ausgeräumt

wären. Vorher würden die Preise wegen der zunehmenden Knappheit der Waren kräftig in die Höhe gehen.

Im Jahr 2011 passierte genau dies in Weißrussland: Das dort gültige 570

Geld wurde sehr plötzlich und gänzlich unerwartet um die Hälfte

abgewertet. Sofort begannen die Leute, sich auf alles am Markt

Angebotene zu stürzen. Sie kauften alle Läden im Handumdrehen leer. Der tägliche Handel brach zusammen. Die Leute hoben ihre

Guthaben bei den Banken ab und sehr schnell trat große, weit 575

verbreitete Not ein. Die Menschen hatten das Vertrauen in ihr Geld verloren.

Die Geldausgabe 580

Page 18: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 18

Das Geld wird heute entweder vom Staat oder von einer vom Staat

dafür ermächtigten Stelle ausgegeben. Bei uns ist es die vom Staat

unabhängige Europäische Zentralbank (EZB), die unter sich noch die nationalen Notenbanken der dem Euro angeschlossenen Länder als 585

ausführende Organe besitzt. In den USA ist es die private Federal

Reserve Bank (FED), die den Dollar nach gesetzlichen Vorgaben herstellt und in Umlauf bringt. In der Schweiz ist es die private

Nationalbank, die den Franken herausgibt.

590

Wie kommt das Geld in Umlauf?

Als nach dem Krieg die „Währungsreform“ stattfand und die

Deutsche Mark (D-Mark) eingeführt wurde, bekam jeder Bürger 40 595

Mark und jeder Betrieb für jeden Beschäftigten 40 Mark. Das war am

20. Juni 1948. Am Monatsende mussten die Betriebe die vereinbarten

Löhne bezahlen, die Mieter die Mieten, die Pächter die Pachten usw.! Wie sollte das gut gehen mit dem wenigen Geld? Es ging sehr gut, wie

die Organisatoren der Währungsreform vorausgesagt hatten. Denn das 600

ausgegebene Geld wurde sofort für die plötzlich reichlich vorhandenen Waren ausgegeben, weil der Nachholbedarf ungeheuer

war. Das wenige Geld lief in großer Geschwindigkeit um und

bewältigte so unvorstellbare Umsätze.

605

In der Folgezeit wurde die umlaufende Geldmenge laufend

entsprechend dem Wirtschaftswachstum erhöht. Wie dieses technisch genau passiert, muss hier nicht ausführlich geschildert werden. Ein

ideales Verfahren gibt es auf diesem Gebiet bis heute nicht, da die

Geldmenge nicht ständig in der gleichen Geschwindigkeit umläuft. 610

Jeder Geldbesitzer kann nämlich die in seinem Besitz befindliche

Geldmenge ohne Verlust beliebig lange halten. Aus dem Grund

verlangsamt sich dann die Umlaufgeschwindigkeit. Wenn die Leute ihr Geld nicht so lange halten, erhöht sie sich wieder. Aus diesem

Grund ist die im folgenden Grundlagenteil besprochene Methode der 615

aus dem Wirtschaftsprozess entstehenden (endogenen) Geldschöpfung

Page 19: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 19

verbunden mit der Zinssteuerung besser, als die von außen bewirkte

Geldschöpfung über die reine Menge und die damit verbundene

Mengensteuerung durch Vermehrung der ausgegebenen Zentralbank-Geldmenge. Die Zinssteuerung wird ja auch schon von den 620

Notenbanken praktiziert, es fehlt nur die Weiterentwicklung über den

negativen Zins, der auch schon diskutiert wird. Dadurch soll verhindert werden, dass die Banken das nicht als Darlehen

weitergegebene Geld bei der Zentralbank „parken“.

625

Das von der Notenbank in Umlauf gegebene Geld wird nämlich nicht

an die normalen Bürger ausgegeben, sondern nur an die Geschäftsbanken. An diese wird es gegen einen Zins, den

Basiszinssatz (früher Diskont) und als Darlehen gegen Hinterlegung

von Pfändern (Wertpapiere) herausgegeben. Damit refinanzieren die 630

Banken ihre Ausgaben, die sie nicht über Kundeneinlagen finanzieren

können. Sie geben diese Darlehen der Notenbank so schnell wie

möglich zurück, um die Zinsen zu vermeiden.

Alles Geld der Notenbank wird so als Darlehen den Banken zur 635

Verfügung gestellt. Die Zentralbank kann durch ihre Zinspolitik die Geldmenge bis zu einem gewissen Grad steuern. Wenn die

Geschäftsbanken aber keine Kredite bei der Zentralbank aufnehmen,

kann diese nur noch über den Ankauf von Wertpapieren (z.B. Staatsobligationen) die Geldmenge vermehren, um das zu langsam 640

umlaufende Geld zu ersetzen (quantitative Geldpolitik). Da die

jeweiligen Besitzer des Bargeldes dasselbe nicht immer sofort weitergeben, nachdem sie es verdient haben, können die vielen

Geldbesitzer durch ihr Verhalten die Umlaufgeschwindigkeit des

Geldes ständig und unberechenbar beeinflussen. 645

Wenn die Notenbank eine Haltegebühr auf das herausgegebene

Bargeld erheben würde, könnte sie eine Verstetigung der Umlaufgeschwindigkeit erreichen, wodurch die Geldmenge stabil

gehalten und nur so weit vergrößert oder verkleinert werden müsste, 650

wie für die Geldwertstabilität nötig wäre. Eine solche Haltegebühr

Page 20: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 20

gibt es noch nicht. Die Überwindung der Null-Zinsgrenze wird derzeit

durchaus als vorübergehende Maßnahme diskutiert, aber noch nicht

als Dauereinrichtung, um die Verlangsamung der Umlaufgeschwindigkeit gänzlich zu vermeiden, um diese immer 655

gleich zu halten (sie zu verstetigen), was zu einer Dauerkonjunktur der

Wirtschaft und Beendigung der unfreiwilligen Arbeitslosigkeit führen würde.

Die Zentralbank 660

In Deutschland war nach dem Ersten Weltkrieg die Deutsche Reichsbank eine private Aktiengesellschaft, die vom Staat das

Banknotenmonopol verliehen bekommen hatte und die Reichsmark

einführte. Daran sieht man, dass es nicht unbedingt der Staat ist, der 665

das Geld herausgibt, wie es ja bei uns heute auch der Fall ist: Die

Europäische Zentralbank (EZB) ist eine nicht staatliche Einrichtung,

die ihre Tätigkeit nahezu völlig unabhängig von den Staaten der Europäischen Union ausübt. Sie ist allerdings an Gesetze gebunden,

die in Verträgen der EU- Staaten vereinbart wurden. 670

Wie funktioniert das Geld als Kaufmittel?

Das Geld, das man beim Kauf von Waren ausgibt, wird vom 675

Empfänger des Geldes verwendet: Der kauft sich wiederum Waren am

Markt, die er für seinen Bedarf benötigt. Er kann aber nur das Geld ausgeben, das er zuvor für seine Waren erhielt, also durch den

Verkauf „verdient“ oder „eingenommen“ hat..

680

Vor der Einführung des Geldes bekam man gegen Herausgabe seiner Ware die von seinem Handelspartner angebotene Ware direkt

Page 21: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 21

ausgehändigt. (Tauschhandel) Damit war der Handel beendet: Ware 685

gegen Ware, Wert gegen Wert, der Handel war perfekt. (Ob es

überhaupt einen derartigen Tauschhandel in größerem Stil gab, ist nicht belegt und eigentlich auch kaum zu erwarten.)

Beim normalen Handel schiebt sich das Geld dazwischen, das einem 690

vielfältige Umstände erspart, um an den begehrten Gegenstand zu

kommen: Jemand verkauft eine Ware und nimmt dafür das Geld des Käufers. Nun kann er bei anderen Anbietern das kaufen, was er selber

benötigt. Das muss er aber nicht sofort machen, sondern er wird sich

u.U. Zeit lassen, bis er das von ihm gewünschte Produkt findet. Der 695

Handel wird also durch das Geld in zwei Akte aufgeteilt, die

nacheinander stattfinden: „Verkauf“ und „(An)Kauf “.

Der Umsatz 700

Dieses beim Verkauf verdiente Geld wandert bei jedem Kauf (und

Verkauf) von einer Hand zur anderen und kann so schon an einem Tag

mehrfach den Besitzer wechseln, wenn der Handel gut läuft. Jedes Mal findet ein „Umsatz“ von Waren statt. So bezeichnet man den 705

Vorgang, der durch die Vermittlung des Geldes stattfindet. Genauso,

wie es im Sprichwort heißt: „Taler, Taler, du musst wandern, von der einen Hand zur andern.“ Es gibt es bei der Geldwirtschaft gar

keinen Tausch, sondern nur „Kauf“ und „Verkauf“.

710

Die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes

Jedes Geldstück, jeder Geldschein „erlebt“ im Laufe seines Daseins

viele solcher Kaufvorgänge und vermittelt die damit verbundenen 715

Umsätze, die zusammen ein unendliches Vielfaches seines eigenen Wertes ausmachen. Wir können sehen, dass man nur relativ wenig

„Geld,“ d.h. reale Geldstücke oder Geldscheine benötigt, um große

Page 22: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 22

„Umsätze“ möglich zu machen. Je häufiger im Laufe der Zeit das

Geld den Besitzer wechselt und auf diese Weise Kaufvorgänge 720

begleitet, umso mehr Umsätze finden statt. Man bezeichnet die Schnelligkeit der „Geldwanderung“ auch als Umlaufgeschwindigkeit

des Geldes.

725

Das Geld und die Währung

Die Wanderung des Geldes erinnert uns wieder an den Hammer des

Zimmermanns: Dieser eine Hammer kann Tausende von Nägeln einschlagen und ist doch immer derselbe Hammer. Niemand käme auf 730

den Gedanken, darin etwas Unverständliches zu sehen. Beim Geld

machen wir uns meistens nicht klar, dass dieses Kauf-Mittel nicht verbraucht wird, so wenig, wie der Hammer durch das Einschlagen

der Nägel „verbraucht“ wird. Er hat eine lange Lebensdauer, wie auch

der Geldschein, der sich zwar durch den häufigen Wechsel von Hand 735

zu Hand rascher abnutzt, als der Hammer, seinen Zweck jedoch stets

unverändert erfüllt. Dazu muss gewährleistet sein, dass der Geldschein

seinen ihm aufgedruckten Wert „während“ seiner „Lebenszeit“ unverändert beibehält, weshalb man auch von „Währung“ spricht,

dass eben der Wert lange Zeit „währet“ und »bewahrt«, also erhalten 740

bleibt. Der Hammer muss ja auch seine Eigenschaften behalten, während er zum Einschlagen der Nägel benutzt wird.

Hinzu kommt, dass der Hammer um so viele Male häufiger einen Nagel einschlägt, wie der Zimmermann schneller damit arbeitet. Die 745

„Arbeits-/Umlaufgeschwindigkeit“ seines Hammers kann also

unterschiedlich sein. Dadurch wird klar, dass die Geldmenge kleiner gehalten werden kann, wenn die Umlaufgeschwindigkeit höher ist,

und umgekehrt größer, wenn sie sich verlangsamt. Das alles gilt unter

der Voraussetzung, dass der Geldwert sich nicht ändert und ich heute 750

genau so viel für mein Geld kaufen kann wie in 5 Jahren.

Ersetzen wir den Zimmermann aus unserem Beispiel durch jeden

Page 23: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 23

Menschen, der Geld einnimmt und ausgibt, d.h. immer vorübergehend

den Hammer ( = Geld) eine Weile „besitzt“, ehe er ihn weitergibt, und 755

die Nägel durch die Waren, die durch die Hände der Menschen gehen, so haben wir das Bild des realen Marktes vor uns, auf dem ständig

Waren gegen Geld und Geld gegen Waren gewechselt werden. Es

findet Kauf und Verkauf statt, indem das Kaufmittel, das Geld, das dem Hammer entspricht, immer von Hand zu Hand wandert, aber in 760

jeder Hand sozusagen dem aktuellen Zimmermann dazu dient, seinen aktuellen Nagel einzuschlagen.

Wir Marktteilnehmer sind alle zusammen der Zimmermann und die vielen Geldscheine sind zusammen der Hammer, das Mittel zum 765

Zweck. Die Nägel sind die jeweiligen Waren oder Dienstleistungen,

die nach dem „Einschlagen“ verbraucht sind, auch wenn sie immer noch einen Wert für den Erwerber oder auch Verbraucher haben.

Sie haben nämlich nur den wirklichen, sachlichen Wert, den sie für 770

den Verbraucher haben, für die er sein Geld hergegeben hat. Dieser

Wert ist immer ein ganz individueller: Jeder kauft nur das, was für ihn

einen ganz bestimmten Wert hat, z.B. ein Buch. Der Mathematiker wird sich ein gelehrtes Buch über Mathematik kaufen und der

Teenager einen Liebesroman. Auch wenn sie beide gleich viel kosten 775

würden, haben sie nur für den bestimmten Käufer überhaupt einen Wert. Dieser Wert lässt sich nicht in Geld ausdrücken, sondern hier ist

es schon ein ideeller Wert. Der Geldwert spielt nur vor dem

Kaufvorgang eine Rolle.

780

Der Preis und der Wert

In den Geschäften oder auf dem Markt sind die dort angebotenen

Waren mit einem Preis ausgezeichnet. Der Verkäufer gibt damit kund, 785

wie viel er für seine Ware haben will. Der Käufer überlegt nun, ob

ihm die angebotene Ware so viel Geld wert ist, wie der Verkäufer

verlangt. Meistens wird er dafür einige persönliche Überlegungen

Page 24: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 24

anstellen: Er „wägt ab“, denn viele persönliche Umstände

beeinflussen seine spätere Entscheidung: 790

Wie viel Geld besitzt er überhaupt, um es auszugeben? Was muss er sonst noch (unbedingt) kaufen?

Gibt es für ihn einen Gegenstand, der den gleichen Zweck erfüllt und

billiger ist? Muss ich den teuren Kamelhaarmantel kaufen, wenn es doch auch ein mit Kunststofffutter versehener Popelinemantel aus 795

dem Supermarkt tut? Ein kleines Fiat-Auto bringt mich genau so zu meinem Ziel wie ein teurer Mercedes.

Der Preis wird oft verhandelt und ist nur ausnahmsweise fixiert.

Preise für die gleichen Sachen ändern sich ständig.

800

Man merkt es auch daran, dass man ein Gut, was man gerade gekauft

hat, nur sehr schlecht und weit unter dem gezahlten Preis verkaufen kann, den man selbst dafür bezahlt hat. Weil eben nicht jeder dasselbe

Buch gleich hoch schätzt, weil es für jeden einen ganz individuellen

Wert hat. 805

Der Wert

Als Produzent einer zukünftigen Ware muss ich vorher kalkulieren,

was ich einsetzen will, um beim Verkauf so viel zu verdienen, dass ich 810

auf meine Kosten komme. Diese Kosten setzen sich zusammen aus den notwendigen Materialien, den erforderlichen Produktionsmitteln

(Maschinen, Gebäude, Werkzeuge, Mitarbeiterlöhne, Mieten etc.) und

meinem eigenen Verdienst für die von mir geleistete Arbeit. Durch alle diese Faktoren entsteht für mich ein „Wert“ des Produktes. Aus 815

diesen Überlegungen haben bestimmte Wissenschaftler die

„Arbeitswertlehre“ abgeleitet. Der Produzent habe deshalb ein „Recht“ auf ein Entgelt in Höhe des Arbeitswertes, der ihm auch

noch garantiert werden müsse.

820

Aber diese Lehre ist eigentlich eine überflüssige Angelegenheit. Denn

Page 25: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 25

sie hat nur eine Bedeutung für die Kalkulation des Produzenten. Er

mag ja noch so rational und preiswert produzieren, aber er muss

immer den zukünftigen Kunden an erster Stelle sehen, bevor er nur einen Handschlag ausführt. Denn wenn der zukünftige Kunde das 825

Produkt gar nicht benötigt oder weil er nicht so viel Geld dafür

ausgeben will, es deshalb auch nicht kaufen wird, ist es am Vernünftigsten, die Finger davon zu lassen.

Der Wert eines Produktes spielt nur für den Käufer eine Rolle. Der 830

bestimmt letztlich auch den Preis. Es wird nur der Preis bezahlt, den

der Kunde für gerechtfertigt hält, denn er soll ja durch das Produkt einen Gewinn machen, einen Vorteil haben, denn zu dem Zweck hat

der Produzent ja vorher geforscht, ob einer das von ihm ausgedachte

Produkt auch wirklich haben will und was er dafür ausgeben will, weil 835

es ihm das wert ist.

Das Eigentum und der Besitz von Geld

840

Früher war es klar, dass der Geldschein dem jeweiligen Besitzer nur vorübergehend zur Verfügung stand, denn er war und blieb Eigentum

der ausgebenden Notenbank, was auch aufgedruckt war. Man durfte

deshalb einen solchen Geldschein nicht vernichten, weil er kein Eigentum des Besitzers war. Besitzer war der jeweilige Inhaber des 845

Geldscheines, aber er wurde niemals Eigentümer. Dass das heute von

der Rechtsprechung anders gesehen wird, ist mir bekannt. Heute glaubt man, dass der Geldschein ein Eigentum des Besitzers sei, mit

dem er tun und lassen kann, was er will. Das ist ein bedauerlicher

Mangel, wie wir noch sehen werden. 850

Der Hammer und der Zimmermann

Page 26: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 26

Was würde passieren, wenn dem Zimmermann der Hammer in den 855

Fluss fallen würde, über den er gerade eine Brücke baut, und weit und

breit wäre kein Ersatzhammer zu finden? Das Mittel zum Einschlagen der vielen Nägel würde fehlen und die Brücke könnte nicht weiter

gebaut werden. Der Bau würde eingestellt, bis ein neuer Hammer

geliefert wird. 860

Es könnte aber auch sein, dass der Zimmermann glaubt, zu wenig Lohn zu erhalten. Dann arbeitet er mit seinem Hammer nicht mehr,

sondern „streikt“. Niemand kann ihn ersetzen, weil nur er einen

Hammer besitzt. Also hat der Zimmermann durch den Hammerbesitz 865

eine einzigartige Stellung, die man auch als Monopol bezeichnen

kann. Er hat als Einziger das „Mittel“ zum Zweck des Einschlagens

der Nägel, ohne das die Brücke nicht weitergebaut werden kann.

Nach einer Weile bequemt sich der Bauherr der Brücke, dem Druck 870

des Zimmermanns nachzugeben, der nun pro eingeschlagenen Nagel einen Cent zusätzlich bekommt. Nun hämmert er wieder munter

drauflos. Diese „Erhöhung des Lohnes“ pro Nagel ist eine Art

Erpressung, die den bestehenden Vertrag bricht, nämlich den Hammer unausgesetzt zum Einschlagen der Nägel zu benutzen. 875

Der Zimmermann ist in unserer Parabel nicht ein Arbeiter im üblichen Sinn, der Lohn für seine Arbeit bekommt, sondern er ist wie ein Teil

eines funktionierenden Räderwerks. Der Ausfall eines Rades ruft den

Stillstand des ganzen Werkes hervor. Übersetzt heißt das, dass der 880

Hammer ununterbrochen genutzt werden muss, was aber natürlich

kein Mensch alleine leisten kann.

Der Vergleich mit dem Zimmermann und seinem Hammer stimmt

insofern, als es jedes Mal ein Mensch ist, der das Geld, und somit den 885

Hammer, in die Hand bekommt und so die Rolle des Zimmermanns vorübergehend einnimmt. Das geht so lange, bis er sein Geld

ausgegeben bzw. den Hammer dem nächsten Teilnehmer am Spiel der

Wirtschaft übergeben hat. Wenn er ein Spielverderber ist, behält er

Page 27: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 27

den Hammer unnötig lange und verhindert so mindestens für eine 890

Weile, dass die anderen auch ihre Nägel einschlagen können.

Von den Gewerkschaften stammt der Arbeiterspruch: „Alle Räder

stehen still, wenn dein starker Arm es will.“ Das passiert, wenn die

Arbeiter die Arbeit bei einem Streik niederlegen. 895

Was passiert aber, wenn die jeweiligen Geldbesitzer ihr Geld nicht weitergeben? Dann werden die Produkte, die der Arbeiter herstellt,

nicht mehr verkauft und der Arbeiter verliert seinen Arbeitsplatz. Im

Stillen heißt es deshalb für die Geldbesitzer (Kapitalisten): 900

„Alle Arbeit wird unmöglich, wenn das Geld wird unbeweglich.“

Damit niemand den Hammer unnötig lange bei sich behält und er

dadurch nicht zum Einschlagen von weiteren Nägeln benutzt werden kann, muss dem Hammer eine Eigenschaft anhaften, die für den

aktuellen Besitzer des Hammers eine Belastung (Kosten) bedeutet. Er 905

wird den Hammer nach dem Einschlagen seines Nagels, also nach dem erfolgten Verkauf seines Produktes, schleunigst dem Nächsten

übergeben, damit der auch einen Nagel einschlagen kann, nämlich

sein Produkt verkaufen.

910

Das Mittel und die Macht

Wir sehen weiter, dass der Besitzer eines Mittels, das einem einzigen

Zweck dient, eine Machtstellung innehat: Er kann verhindern, dass der 915

Zweck erreicht wird, indem das Mittel einfach nicht angewendet wird.

Beim Geld haben wir ebenfalls ein Mittel, das einem einzigen Zweck dienen soll, nämlich die unendlich vielen Kaufvorgänge am Markt

leicht abzuwickeln. Wir haben gesehen, dass jedes Geldstück sehr 920

viele Kaufvorgänge ermöglicht, wenn es immer wieder zügig zu diesem Zweck verwendet wird.

Page 28: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 28

Wird nun ein solches Geldstück nicht sofort weiter gegeben, sondern

z.B. im Sparstrumpf aufbewahrt, dann werden alle Kaufvorgänge, die 925

sonst mit diesem Geldstück vorgenommen worden wären, nicht ausgeführt. Das bedeutet, dass alle diejenigen am Markt, deren Waren

mit diesem Geldstück gekauft worden wären, nun auf ihren Waren

sitzen bleiben würden. Die Waren haben ihnen Kosten durch die Herstellung verursacht und verursachen jetzt weitere Kosten durch die 930

Lagerung.

Alle Warenbesitzer würden natürlich versuchen, durch Senken der

Preise ihre Waren doch noch los zu werden. Aber das würde bedeuten, dass sie nun auch weniger „verdient“ hätten und dann auch wieder 935

weniger am Markt ausgeben könnten.

Wir sehen also, dass der Besitzer von Geld durch dasselbe Macht

besitzt.

940

Die Wertaufbewahrung durch das Geld.

Hinzu kommt noch eine zweite Eigenschaft des Kaufmittels Geld: Es

bewahrt für den jeweiligen Besitzer den „Wert“ auf, den er durch den 945

Verkauf seines Gutes auf dem Markt erworben hat. Wenn er jetzt keinen Bedarf hat, wird er das Geld nicht ausgeben, bis er wieder

einen eigenen Bedarf befriedigen will. Er „hält“ also das Geld (fest),

er behält es bei sich. Er wird zum „Geldhalter“.

950

Die Wertaufbewahrungs-Eigenschaft des Geldes ist eine sehr wichtige

Funktion. Sie kann leicht dazu führen, dass das Geld zu lange (fest-) gehalten wird, und so weitere Tauschvorgänge mit diesem Geld am

Markt für die Zeit des „Haltens“ unmöglich werden.

955

Man kann das mit der Funktion eines Güterwaggons der Eisenbahn

vergleichen: Der Waggon ist in erster Linie dafür gedacht, Güter zu

Page 29: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 29

transportieren. Während des Transportes ist der Waggon ein Lagerort

für die Güter. Am Ziel angelangt, soll er so schnell wie möglich

entladen werden, damit dann wieder andere Güter transportiert werden 960

können. Wird der Waggon nicht zügig entladen, werden für die

Zeitverzögerung Gebühren fällig. Wie beim Parkplatz wird das

Anhalten und Festhalten des Waggons kostenpflichtig wie der Aufenthalt des Autos auf dem Parkplatz. Solche Kosten entstehen für

die Nutzung von Eigenschaften, die dem Nutzer einen Nutzen 965

bringen, der andere Interessenten für diese Zeit von dem Nutzen

ausschließt.

Der notwendige Nutzen der Wertaufbewahrung durch das Geld

verursacht ein großes Problem für das Geld als Kaufmittel. Als 970

Kaufmittel soll es so häufig wie nur möglich einen Kauf vermitteln. Das wird nur geschehen, wenn man den jeweiligen Besitzer des

Kaufgeldes veranlasst, das Geld weiterzugeben, entweder selbst etwas

zu kaufen oder das Geld an jemanden als Kredit weiterzugeben, was man als Sparen bezeichnet. Dadurch erwirbt der Kreditgeber ein 975

Vermögen oder Anrecht auf Rückgabe zu einem vereinbarten Termin.

Die Wertaufbewahrung und das Kaufmittel

980

Nicht jedes Gut wird sofort nach der Produktion verkauft und

verbraucht, sondern viele Güter werden vor oder nach dem Verkauf

„gelagert“. Lagerung verursacht in jedem Fall Kosten. Deshalb wird der Kauf meistens so geplant, dass man möglichst erst dann kauft,

wenn die Ware wirklich gebraucht wird. Um sich Lagerkosten zu 985

ersparen, zögert man den eigenen Kauf so lange wie möglich hinaus. Der Gewinn durch eingesparte Lagerkosten fällt heute dem

Geldbesitzer gratis in den Schoß.

Um das schädliche Horten von Geld zu unterbinden, muss dem Geld 990

eine Haltegebühr auferlegt werden, damit das Kaufmittel Geld nicht

von seiner eigentlichen Funktion durch die Geldhalter ferngehalten

Page 30: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 30

wird.

Wir haben oben von den wirtschaftlichen Prozessen den Vergleich mit

den Prozessen von Flüssigkeiten gesprochen. Das Halten von Geld 995

verhindert den ungehemmten Fluss desselben. Wenn das durch viele

„Haltungen“ sich steigert, treten rasch die gleichen Wirkungen auf, die

man bei Unterbrechungen von Flüssen beobachten kann: Überschwemmungen auf der Einen Seite mit ihren Zerstörungen und

Austrocknung auf der anderen Seite mit ihren Mangelerscheinungen. 1000

Die Deflation

Man sieht, dass durch Stilllegen bzw. Festhalten von Geld der sich 1005

selbst verstärkender Prozess eintritt, dass immer mehr Waren am Markt nicht gekauft werden. Das sind die Erscheinungen, die wir bei

der Deflation („Entblähung“) beobachten. Bei Deflation erhöht die

ausgebende Zentral-Bank absichtlich z.B. wegen drohender Inflation den Zins für die Kredite an die Geschäftsbanken zu stark, um „einer 1010

Überhitzung der Konjunktur“ vorzubeugen oder eine solche zu

bekämpfen. Deflation kann also Folge der Bekämpfung einer (erwarteten) Inflation sein, wenn nämlich die Geldmenge nicht

genügend erhöht wird durch Kreditaufnahme der Geschäftsbanken bei

der Zentralbank bei wachsender Wirtschaftstätigkeit. 1015

Der gleiche Effekt entsteht auch, wenn die jeweiligen Geldbesitzer ihr

überflüssiges Geld nicht langfristig anlegen, was eine Verminderung

der Umlaufgeschwindigkeit für die Gesamtgeldmenge bewirkt. Das passiert heute regelmäßig, weil wir die oben besprochene Haltegebühr

für das Geld noch nicht eingeführt haben. 1020

Einschub:

Hortung selbst führt eigentlich nicht zu Deflation, sondern es geht nur 1025

Page 31: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 31

darum, dass die Möglichkeit zur Hortung ein Zinsniveau für die

Hergabe von Spargeldern verlangt, das zu hoch für Vollbeschäftigung

ist. Der Zins ist ja das Mittel, welches die Hortungen ins Sparen lockt. Aber der notwendige Zins, um das zu erreichen, ist zu hoch, um von

der Produktion erwirtschaftet zu werden und gleichzeitig 1030

Vollbeschäftigung aufrecht zu erhalten. Bei zu hohem Zinsniveau für langfristige Kredite sind die Gewinne der Produktion zu gering, um

genügend Leute beschäftigen zu können. Die Hortung selbst ist aber kein Problem, denn sie kann im endogenen Geldsystem abgefedert

werden: Indem die Produzenten Kredite bei der Geschäftsbank 1035

aufnehmen, welche bei der Zentralbank refinanziert werden. Dadurch können die gehorteten Gelder ersetzt werden.

Das eigentliche Problem ist die keynesianische Diagnose der mangelnden effektiven Nachfrage aufgrund einer mit steigendem 1040

Einkommen steigenden Sparquote. Das hat aber nicht direkt etwas mit

Hortung zu tun; denn Hortung ist der Sparentscheidung nachgelagert und zinsabhängig (während das Sparen einkommensabhängig und

zinsunabhängig ist).

1045

Was bedeutet das? Sparen können die Menschen nur, wenn sie mehr

als das Notwenige verdienen. Je mehr sie verdienen, umso mehr

sparen sie prozentual von ihrem Einkommen. Bei wachsendem allgemeinem Wohlstand wächst die Sparquote (= der Anteil am

Einkommen, der gespart wird) insgesamt. Das für das Sparen 1050

abgezweigte Geld wird als Kredit zur Verfügung gestellt, und zwar abhängig von den erzielbaren Zinsen. Fallen die Zinsen z.B. durch

wachsendes Angebot an Ersparnissen, so wird ein zunehmender Teil

der Ersparnisse nicht mehr für langfristige Kredite zur Verfügung gestellt, sondern im kurzfristigen Bereich gehalten, wodurch die 1055

Umlaufgeschwindigkeit immer langsamer wird. Trotz reichlich

vorhandenem Spargeld tritt eine Deflation ein, als ob die Geldmenge sich verringern würde. Die Geldmenge ist relativ hoch und kann

sogar wachsen, aber sie bewirkt keine Nachfrage an den Märkten.

1060

Page 32: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 32

Das zu hohe Sparvolumen drosselt die Nachfrage und löst

deflationäre Tendenzen aus. Daher muss klar sein, dass die

Entscheidung des Geldbesitzers nur zwischen Sparen oder Konsumieren liegen darf

Soll konsumiert statt gespart werden, hilft eine Geldhaltegebühr nicht, 1065

da die Sparentscheidung eben nicht zinsabhängig ist sondern Einkommens abhängig ist. Wenn aber langfristig angelegt statt

gehortet werden soll, hilft eine Umlaufsicherung. Aber unmittelbar wird so nicht mehr nachgefragt. Erst mittelbar über eine Senkung des

Zinssatzes für Investitionen und damit zusätzlicher Schaffung von 1070

Einkommen, das nun durch das vermehrte Angebot von Krediten am Markt die Zinssenkung bewirkt. Die Zinssenkung ergibt sich also nicht

aus dem wachsenden Sparvolumen, sondern durch das vermehrte

Angebot an langfristigen Krediten.

Wir haben das jetzt im Jahre 2014 deutlich vor uns, indem die Zinsen 1075

für angebotene Kredite auf einem nie gekannten niedrigen Niveau

angelangt sind. Infolgedessen senkt auch die Notenbank den Refinanzierungssatz, um zu verhindern, dass trotz reichlichem

Angebot Kredite nicht an die produzierende Wirtschaft ausgereicht

werden, weil die Notenbank als Parkplatz für überschüssiges Geld 1080

benutzt wird aus Angst vor Verlusten durch Kreditvergabe. An den

Notenbanken wird deshalb schon eine negative Verzinsung des dort

liegenden Geldes diskutiert, um der Gefahr der Deflation zu begegnen. Leider ist die negative Verzinsung noch nicht verwirklicht

was eine abnehmende Inflationsquote bewirkt bzw. zunehmende 1085

Deflation.

Der „Geldstreik“

1090

Wenn nun aber viele ihr „ eingenommenes“ Geld nicht zügig

weitergeben, entweder für Konsum, was die notwendige Nachfrage am Markt bewirkt oder in langfristige Sparanlagen geht, dann kann

sehr schnell der ganze Handel am Markt durch die zunehmende

Deflation zusammenbrechen. Diese Erscheinungen mit hoher 1095

Page 33: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 33

Arbeitslosigkeit verbunden zeigen sich jetzt 2014 in den Krisenstaaten

am Mittelmeer.

Der Zins 1100

Um das Geld aus den Sparstrümpfen und Panzerschränken

herauszulocken, verspricht die Sparkasse oder Bank ein „Aufgeld“, um diese Ersparnisse in ihre Kasse zu bringen. So wird ein Geldstreik

vermieden. Das Aufgeld ist das Mittel, mit dem man verhindern will, 1105

dass das Geld festgehalten wird.

Dieses Aufgeld nennt man seit alten Zeiten den Zins. Den hatte auch der Zimmermann erpresst, und er musste ihm notgedrungen gegeben

werden, um dessen „Hammer-Streik“ zu beenden, damit der 1110

Brückenbau weitergehen kann. Man musste ihm pro Nagel einen Cent bezahlen. Das ist so wie ein Zins, den man dem Geldhalter gibt, der

darauf verzichtet, sein Geld zuhause zu horten und es dadurch vom

Markt fernzuhalten.

1115

Der Kredit

Die Sparkasse oder Bank behält das den Leuten durch den Zins

abgelockte Geld nicht in ihrer Kasse, sondern stellt es als Kredit 1120

jemand Anderem zur Verfügung, der diesen Kredit nun verwendet,

um Waren oder Investitionsgüter am Markt zu kaufen. Dieser neue

Geldnutzer wird vielleicht Material für den Bau eines Hauses kaufen oder gar für die Ausrüstung einer neuen Fabrik. Er muss dann der

Bank Zins zahlen, den diese an ihren Sparer weitergibt. Er muss auch 1125

noch die Bankgebühr zusätzlich bezahlen, denn die Bank oder Sparkasse kann ihre Vermittlungsdienste nicht ohne „Verdienst“

anbieten.

Page 34: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 34

1130

Der Gläubiger und der Schuldner

Bei der Geldwirtschaft bekommt natürlich nur ein solcher Mensch

einen Kredit, dem man etwas „glaubt“. Kredit kommt nämlich von dem lateinischen Wort credere = glauben, weshalb der Verleiher des 1135

Geldes auch „Gläubiger“ heißt, der dem „Schuldner“ nämlich „glaubt“, dass er eines festgesetzten Tages den Kredit auch wieder

zurückzahlen wird.

Jemand, der sein Geld für die Zukunft „zurücklegen“, also sparen will, 1140

hat gute Gründe dafür. Er will vielleicht für sein Alter etwas

zurücklegen, wenn er gebrechlich ist und nichts mehr herstellen kann, was er am Markt zum „Verdienen“ von Geld anbieten kann.

Ihm ist also sehr „gedient“, wenn er jemanden findet, der jetzt an 1145

seiner Stelle am Markt als Käufer auftritt. Zusätzlich hat das den

notwendigen Effekt, dass am Markt keine Stockung (Geldstreik)

auftritt.

Denn derjenige, der seine Waren losgeworden ist und dafür Geld 1150

eingenommen hat, hat nun ein Mittel in der Hand, seine Schulden zu tilgen. Er schuldet irgendjemandem etwas oder geht neue Schulden

ein, indem er etwas kauft, welche Schuld er durch die Weitergabe des

Geldes sofort tilgt. Nun hat der nächste das Schuldentilgungsmittel Geld in der Hand usw. Er kann es zur Tilgung der eigenen Schulden 1155

ausgeben oder es an jemanden Anderen geben, der damit seine

Schulden tilgt und der sich damit gleichzeitig bei dem

Darlehensgeber (Kreditgeber) verschuldet und so weiter.

Wichtig ist nur, dass dieser Prozess der Schuldentilgung nicht 1160

unterbrochen wird, sonst bekommen immer mehr Marktteilnehmer

keine Möglichkeit, die von ihnen durch ihre Produktion

Page 35: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 35

eingegangenen Schulden zu tilgen, weil sie ihre Waren nicht

verkaufen konnten, um das allgemeine Schuldentilgungsmittel Geld

einzunehmen. 1165

Das Problem der Schulden und „die Einkünfte“.

Die Menschen haben unterschiedliche „Einkünfte“. Wir wollen

darunter alles verstehen, was der jeweilige Mensch an Geldeinnahmen 1170

hat: Lohn, Einkommen, Schenkungen, Rente, Zinsen,

Pachteinnahmen, Mieteinnahmen, Erbschaften, Lotteriegewinne und

was sonst noch sein könnte. Daraus entstehen sehr unterschiedliche Einkünfte, und je höher sie sind, desto mehr wird der Mensch sie nicht

für seine Bedürfnisse ausgeben müssen, sondern sie übrig haben. 1175

Was machen Menschen mit „übrigem“ Geld? Sie werden es sparen

und es zu ihrer „Spar“- Kasse (oder Bank) bringen. Sie bekommen

dafür ein Sparbuch. Darin stehen die Summen, die der Sparer dort eingezahlt oder abgehoben hat. Hinzu kommen noch die üblichen 1180

Zinsen. Jederzeit kann der Sparer feststellen, wie viel Geld er auf

seinem Sparbuch hat.

Das Sparkonto und das Giro-Konto.

1185

Das eingezahlte Geld bleibt nun nicht bei der Sparkasse (oder Bank),

sondern die macht das gleiche, was der Sparer getan hat: Der hat

nämlich sein Geld der Bank nicht zur Aufbewahrung in einem Tresor gegeben, sondern er hat es ihr nur für eine festgelegte Mindestzeit

geliehen. Er ist also der „Gläubiger“ der Sparkasse oder Bank, die ihm 1190

das im Sparbuch eingetragene Guthaben schuldet. Das wird dem Sparer immer dann klar, wenn er sein Geld zurückhaben will: Dann

muss er das Sparguthaben nämlich kündigen. Er bekommt es erst nach

einer vorher ausgemachten Zeit wieder. Nur wenn er sein Geld nicht auf ein Sparkonto, sondern auf ein Giro-Konto eingezahlt hat, kann er 1195

Page 36: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 36

zu jedem Zeitpunkt darüber verfügen. Deshalb bekommt er für dieses

Geld auf dem Girokonto auch (meist) keine Zinsen. Er kann sogar

froh sein, dass ihm die Bank für das ständige Bereithalten dieses Geldes nicht eine Gebühr berechnet.

1200

Da das auf einem Girokonto gehaltene Geld jeden Tag in bares Geld umgewandelt werden kann, wird die Bank dieses Geld wie bares Geld

mit den jeweiligen Kosten für bares Geld belasten, Kosten, die durch die Zinspolitik der Notenbank anfallen. Wenn der negative Zinssatz

der Notenbank hoch genug ist, werden die Leute möglichst wenig auf 1205

dem Girokonto halten, Sie werden das Geld so schnell wie möglich zur Zahlung von Schulden benutzen oder das dann noch übrige Geld

gleich als Darlehen für längere Zeit zur Verfügung stellen.

Die Bank gibt das Geld an einen Kreditnehmer weiter, den der 1210

Einzahlende gar nicht kennt. Das Risiko des Gläubigers trägt nun ganz

und gar die Bank. Seiner Bank oder Sparkasse „glaubt“ der Sparer als Gläubiger, dass sie ihm sein Geld in voller Höhe nach der Kündigung

zurückgibt und die vereinbarten Zinsen dazu. Die Bank aber glaubt

ihrem Kreditnehmer nicht so schnell, sie überprüft peinlich genau 1215

seine „Bonität“, ob er auch in der Lage sein wird, den Kredit

zurückzuzahlen und zu „bedienen“. Denn so bezeichnet man die

Tätigkeit der Zinszahlung.

Es kann passieren, dass die Sparkasse oder Bank das Geld an einen 1220

Schuldner gegeben hat, der unter Umständen das Geld und die Zinsen nicht mehr bezahlen kann, weil seine Geschäfte nicht den erhofften

Erfolg hatten. Dann hat die Sparkasse ein Problem: Ihr fehlt das Geld,

um es laut Vertrag an den Sparer zurückzuzahlen. Wenn es sich da um große Summen handelt, oder wenn viele Betriebe als Schuldner 1225

bankrott gehen, dann kann auch die Bank nicht mehr auszahlen und

muss selbst „Insolvenz“ anmelden.

Page 37: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 37

Die Insolvenz 1230

Das Wort Insolvenz kommt aus dem Lateinischen und heißt: Man ist „nicht mehr flüssig“ (solvere = lösen, flüssigmachen) oder

umgangssprachlich ausgedrückt: Man ist pleite. Man ist

zahlungsunfähig und kann seine Rechnungen, Löhne, Steuern, Mieten 1235

usw. nicht mehr bezahlen. Es passiert immer wieder, dass auch

Banken davon betroffen sind, und dagegen helfen weder die Versprechungen der Politiker noch eine „Einlagensicherung“. Sie

greift nur bis zu einer gewissen, relativ niedrigen Höhe und auch nur

dann, wenn nicht allzu viele Banken gleichzeitig pleite gehen. 1240

Das Wachstum der Sparguthaben und die Rezession

Nehmen die Sparguthaben insgesamt immer mehr zu, was bei einer 1245

florierenden Wirtschaft schnell passiert, dann tritt irgendwann eine Sättigung des Bedarfs an Krediten ein. Die Kreditnehmer, denen man

„glauben“ kann, werden immer weniger, weil alle gut verdienenden

Menschen sich nun unter den Kreditgebern der Banken befinden. Sie können ihren Bedarf aus den laufenden Einnahmen bezahlen und 1250

haben trotzdem noch Geld „übrig“. Die Banken wehren sich gegen

das zunehmende Angebot von Spargeldern durch immer geringere Zinszahlungen, und die Darlehensnehmer müssen immer weniger

Zinsen für ihre Darlehen bezahlen. Unter einen bestimmten Zinssatz

gehen die Banken und die Sparer heute allerdings nicht, weil sie es 1255

dann lieber „in der Kasse“ oder auf dem Giro-Konto halten (relativer

Geldstreik).

Wenn aber die Notenbank für das Zentralbankgeld laufende Gebühren oder Steuern erheben würde, würde dieses Geld in die langfristigen

Anlagen gehen 1260

Wir haben oben schon gesehen, dass jeder Euro, der nicht

weitergegeben wird, verhindert, dass mit ihm Umsätze getätigt

werden. Wenn immer mehr Leute ihr Geld weder ausgeben, noch es

Page 38: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 38

verleihen oder gar verschenken, dann kommt es zu einer „Rezession“ 1265

der Wirtschaft mit der damit verbundenen Deflation. Die Preise

sinken, die Produktion wird zurückgefahren, die Arbeiter werden entlassen oder schlechter bezahlt. Der Konsum geht zurück, weil die

Leute weniger Geld haben, die Produktion sinkt weiter. Wir haben

dann Zustände wie vor Hitlers Machtergreifung 1933 oder wie seit 1270

Dezember 2011 anhaltend bis heute in Griechenland, wo eine

Arbeitslosigkeit von 30% herrscht, also schlimmer als vor Hitlers Machtergreifung 1933 in Deutschland.

Um dem vorzubeugen, lässt z.B. die Europäische Zentralbank (EZB) 1275

eine Inflation, d.h. Geldentwertung von „nahe 2%“ zu. Sie will nicht,

dass eine Deflation eintritt, die mit den üblichen Instrumenten der

Zentralbanken nicht zu überwinden ist. Sie hofft, dass durch die bei der Inflation eintretende ständige leichte Geldentwertung die

Menschen ihr Geld leichter ausgeben. Aber bei einer so geringen 1280

Inflation merken es die Leute gar nicht und der gewünschte Effekt bleibt weitgehend aus. Hinzu kommt, dass ständig vor einer Inflation

gewarnt wird. Vor der viel gefährlicheren Deflation warnt niemand,

obwohl die Geschichte deren Gefahr gelehrt hat: Hitler kann nur durch die Folgen einer starken Deflation an die Macht. 1285

Der Staat als Retter vor der drohenden Deflation

Kommt es zu einem Geldstau, weil die Banken zu wenig oder gar 1290

keine Zinsen wegen des großen Angebots zahlen, oder weil die Gelder

auf Null-Zins-Konten gehalten werden, dann waren bisher die Staaten

immer bereit, jede Menge Geld zu borgen. Dafür haben die Staaten in aller Welt Schuldscheine „verkauft“, die nach einer festgelegten Zeit

gegen Rückgabe des Geldes zurückgekauft wurden. In der Laufzeit 1295

erbrachten sie einen vereinbarten Zins. Sie galten immer als „sicher“, sogar als »mündelsicher«.

Staaten werden von Politikern geführt, die ihren Wählern immer alles

Page 39: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 39

Mögliche versprochen haben und ihre Versprechungen dann auch 1300

einhalten, nämlich ihre Wähler oder auch Klienten mit

kostenträchtigen Wohltaten zu versorgen.

Das hat inzwischen in allen Staaten der Welt zu ungeheuren Schulden

der Staaten geführt. Zusätzlich haben sich auch die Wirtschaft und 1305

viele Private enorm verschuldet, weil sie trotz Prüfung recht einfach

an Kredite gekommen sind. Sie sind alle bei jemandem verschuldet. Meist sind sie Schuldner einer Bank, die selbst in fast gleicher Höhe

verschuldet ist bei denen, die ihr Geld bei ihnen als Sparguthaben

stehen haben. 1310

Das Vermögen

Dem Kreditnehmer, dem Schuldner, „dient“ das Geld dazu, einen 1315

Bedarf zu befriedigen, den er anders nicht finanzieren kann. Dem Kreditgeber, also dem Gläubiger, „dient“ der Vorgang dazu, sein

„Vermögen“ zu erhalten, damit er es zu einem ihm genehmen

Zeitpunkt verwenden kann. Denn durch die „Geldanlage“ bei der Sparkasse erwirbt der Sparer ein „Vermögen“, das zwar in Geldwerten 1320

ausgedrückt wird und auch „geldwert“ ist, aber kein wirkliches Geld

darstellt.

Was heißt denn Vermögen (Potenz, Können)? Ich vermag etwas zu

tun, ich kann in der Zukunft etwas tun, was der nicht Vermögende, 1325

Vermögenslose, nicht „vermag“.

Das Geld-Vermögen

1330

Geld-Vermögen wird auch Geld-Kapital oder nur „das Kapital“ genannt im Gegensatz zum „Sach-Kapital“, das aus Sachwerten, wie

Häusern, Grundstücken, Gütern etc. besteht.

Page 40: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 40

Geld-Vermögen ist kein Geld im eigentlichen Sinn, sondern „nur“ ein 1335

Anrecht auf Geld zu einem vereinbarten Zeitpunkt. Je länger man sein Geld verleiht, umso „langfristiger“ ist die Festlegung oder auch

„Anlage“ des Geldes. Normalerweise bekommt man für eine längere

Anlage des Geldes wegen des höheren Risikos des Geldverlustes eine höhere Prämie (Zins), als für eine kurzfristige Anlage. Wenn also 1340

davon gesprochen wird, dass jemand ein vermögender Mann ist, dann hat der sein Vermögen nicht in Form von Bargeld im Tresor liegen,

sondern er hat dieses einst erhaltene Geld „angelegt“. Jedes Sparbuch

ist eine solche Geldanlage.

1345

Die Milliardäre

Die vielfach genannten Milliardäre könnten gar nicht so viel Bargeld

bei sich aufheben, denn so viel Bargeld gibt es gar nicht, dass alle 1350

„Vermögenden“ ihr Geld bar zuhause einlagern könnten. Sie alle

haben den allergrößten Teil ihres Vermögens irgendwo angelegt. Sie

haben meist weniger Bargeld in der Tasche oder im Haus, als mancher kleine Mann, denn sie bezahlen oft mit Kreditkarten oder Schecks.

Das Mitschleppen einer dicken Brieftasche ist lästig und riskant, weil 1355

sie ja auch gern einmal gestohlen wird.

Die Geldanlage als Geldvermögen.

1360

Eine Geldanlage kann auch darin bestehen, dass man sein Geld für ein

Haus ausgibt, womit man dann Sachvermögen sein Eigen nennen kann. Das Vermögen der Reichen besteht zum Teil aus Ersparnissen,

die man dann anderen ausgeliehen hat oder aus Sachen, an denen sie

Eigentum erworben haben. Das können Unternehmungen sein, von 1365

denen sie Teile in Form von z.B. Aktien besitzen.

Bargeld halten Reiche nur in geringen Mengen ihres Vermögens im

Page 41: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 41

heimischen Tresor. Sie besitzen meist erhebliche

Sachvermögenswerte, wie Häuser, Grundstücke, Bodenschätze, die

sich rentieren müssen. Sachvermögen soll möglichst den gleichen 1370

Zins abwerfen wie das Geldvermögen.

Die Summe der Geldvermögen ist natürlich um ein unendlich Vielfaches größer, als der Bestand an Bargeld. Diese Vermögen

können, wenn sie nicht in Geld umgewandelt werden, ständig 1375

wachsen, auch wenn die Bargeldmenge gleich bleibt.

Wir müssen uns darüber klar sein, dass die Billionen der Milliardäre und Millionäre und das Geld der vielen „kleinen“ Sparer immer an

Schuldner verliehen sind. Sie stellen ein Geldvermögen dar und sind 1380

nicht in Form von Geldscheinen irgendwo bei den Banken gelagert. Denen würde das viele bare Geld nur Umstände machen. Die Banken

und Sparkassen haben es vielmehr brav als Darlehen an Leute

weitergegeben oder in Fonds angelegt, damit es dort den erhofften Zins einbringt. 1385

Ein sehr großer Teil der Ersparnisse ist von den Banken, Versicherungen oder Fonds an Staaten weitergegeben worden, indem

sie Schuldscheine dieser Staaten gekauft haben. Die Staaten sind

immer Einrichtungen, die das so aufgenommene Geld wirklich 1390

ausgeben: Sie bauen Strassen, sie zahlen ihre Beamten und

Angestellten, sie geben es für Entwicklungshilfe an arme Länder, sie

halten eine mehr oder weniger große Armee, die große Kosten verursacht, sie führen Kriege in aller Welt, die Unsummen kosten, sie

finanzieren Forschung, Universitäten, Schulen, Krankenhäuser, sie 1395

lassen zum Mond fliegen usw. Insofern haben die Staaten heute eine sehr wichtige Funktion: Sie bringen das Geld der sehr Vermögenden,

von denen es immer mehr gibt, wieder in Umlauf und verhindern so

einen möglichen Geldstreik. Allerdings müssen die Staaten mit der zunehmenden Verschuldung auch immer mehr Zinsen zahlen. Diese 1400

Zinsen finanzieren sie häufig auch noch durch weitere Schulden.

Page 42: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 42

Es gibt natürlich eine gewisse, wenn auch sehr kleine Menge von

Leuten, die ihr ganzes Geldvermögen zuhause als Bargeld im

Sparstrumpf oder im Tresor halten. Manche bringen Bargeld im 1405

Köfferchen in die Schweiz und legen es dort in einen

kostenpflichtigen Tresor, weil sie es vielleicht schwarz verdient

haben, oder weil es aus einer kriminellen Tätigkeit stammt. Das sind meistens keine wirklich Reichen, denn diese halten ihr Geldvermögen

auf festgelegten Geld-Konten, die zu einem vereinbarten Zins verzinst 1410

werden, oder in staatlichen oder privaten Schuldverschreibungen.

Die Aktien

1415

Aktien sind in diesem Sinn kein Geldvermögen, sondern Eigentumsanteile an einem Betrieb, am sachlichen und Geld-

Vermögen desselben und anderes mehr. Sie sind eigentlich Waren, die

auf Märkten gehandelt werden, die man „Börsen“ nennt. Analog gibt es auch andere Börsen, an denen andere Waren gehandelt werden. 1420

„Nur Bares ist Wahres“

Ein Geldvermögen kann man natürlich jemandem anderen überlassen, 1425

der einem dafür vielleicht sein Haus überlässt, wenn das Vermögen

groß genug ist. Man kauft dann mit seinem Vermögen oder einen Teil

desselben ein Produkt, nämlich das Haus.. Aber der Verkäufer des Hauses wird sehr vorsichtig sein, ehe er auf diese Weise ein Geschäft

abwickelt, denn der Nachweis des Wertes eines Vermögens ist nie so 1430

sicher wie das bare Geld. Deshalb heißt es auch zu Recht: „Nur Bares ist Wahres!“

Die Umstände kennt jeder, der bei einer Zwangsversteigerung ein

Haus mit einem Scheck bezahlen wollte. Der Gerichtsvollzieher will immer nur Bares oder zur Not noch einen von der Notenbank 1435

beglaubigten Scheck. Denn der Käufer hat kein Bargeld in der Hand.

Das hatte er vor einiger Zeit der Bank geliehen, damit sie es weiter

Page 43: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 43

verleiht. Er hat der Bank gegenüber nur einen Anspruch auf Geld, der

vielleicht sofort in Geld umgewandelt werden kann, wenn es als

Guthaben auf einem Giro-Konto liegt. Der Versteigerer kann nicht 1440

sicher sein, dass die Bank wirklich zahlungsfähig ist, sie also das

Bargeld sofort herausgeben würde, wenn er es fordert. Deshalb

verlangt er den Notenbank-Scheck oder es gilt:

„Nur Bares ist Wahres!“

Bei einem Hauskauf, der nicht bei einer Zwangsversteigerung erfolgt, 1445

kann man meistens auch mit einem normalen Bankscheck bezahlen

oder den Kaufpreis von seinem Girokonto überweisen. Meistens hat

der Käufer des Hauses bereits genügend Beweise für seine „Bonität“ erbracht, dass man ihm vertrauen kann. Die Eintragung ins

Grundbuch, d.h. der wirkliche Eigentumswechsel, erfolgt jedoch erst, 1450

wenn der Notar sich davon überzeugt hat, dass die Übertragung des Geldguthabens vereinbarungsgemäß wirklich „an Zahlung statt“

erfolgt ist.

1455

Funktionen des Zinses

Der Zins ist seit der Erfindung des Geldes ein Problem. Er führte

immer wieder dazu, dass Menschen, die einen Kredit aufnehmen

mussten, um z.B. eine Notlage zu überbrücken, nachher durch die oft 1460

sehr hohen Zinszahlungen nicht mehr in der Lage waren, ihren Kredit

zurückzuzahlen. Die bestehenden Bräuche und Gesetze führten solche

Schuldner oft in die Leibeigenschaft, so dass unhaltbare Zustände eintraten. Aus diesem Grund hat der Zins einen schlechten Ruf. Die

Religionsgemeinschaften haben ihn immer wieder verboten und im 1465

Islam ist das auch heute noch der Fall.

Für die Kreditgeber stellt der Zins eine ständige Einnahmequelle dar.

Der Zins wird von der Bank, bei der das Sparguthaben „angelegt“ ist, in der Regel nicht in bar laufend ausgezahlt, sondern dem 1470

Sparguthaben zugeschlagen. Dadurch entsteht ein zusätzlicher Zins,

der so genannte „Zinseszins“. Der führt zu einem noch schnelleren

Page 44: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 44

Wachstum des Vermögens als durch den Zins allein. Es gibt ein

Sprichwort unter Reichen: „Das ist ein Lump. Der lebt vom Zins!“

Also nur der Zinseszins darf nach deren Philosophie verbraucht 1475

werden, nicht der Zins. Einer sehr reichen Erbin wird nachgesagt, dass

sie es als ihre Lebensaufgabe betrachtet, das ererbte Vermögen nicht

nur zu erhalten, sondern es zu vermehren.

1480

Die Nachfrage nach Krediten

Der Zins hat eine wichtige Funktion: Sein Vorhandensein zeigt an, dass eine Nachfrage nach einem Kredit vorhanden ist. Der Nachfrager

ist sogar bereit, für die Laufzeit des Kredits den Zins zu entrichten, 1485

weil der Vorteil durch den Kredit größer ist als der Nachteil durch den sonst jetzt nicht möglichen Kauf der gewünschten Güter. Man sagt

dann auch, dass der Zins dafür sorgt, dass der Kredit bei demjenigen

landet, der den größten Nutzen daraus zieht. Das ist nicht nur ein Vorteil für den glücklichen Kreditnehmer, der auf diese Weise vor 1490

anderen Kreditsuchenden bevorzugt wird, sondern es ist für die

gesamte Volkswirtschaft ein Vorteil, wenn ihre Mittel bestmöglich genutzt werden.

1495

Die Lenkungsfunktion des Zinses

Der Zins hat also eine wichtige Lenkungsfunktion, weshalb man ihn nicht verbietet. Er hat die gleiche Lenkungsfunktion wie die Preise,

die auf einem Markt gezahlt werden. Die Käufer werden immer 1500

danach streben, die gewünschte Ware zu einem Preis zu erwerben, der im besten Verhältnis zum gewünschten Nutzen des gekauften Gutes

steht. Jeder stellt in Gedanken und im Gefühl fest, ob der Nutzen des

Gutes für ihn selbst dem geforderten Preis entspricht. Er stellt also für sich eine so genannte Kosten-Nutzen-Rechnung auf. 1505

Page 45: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 45

Der Zins ist der Preis, den der Kreditnehmer für den Nutzen zahlt, der

für ihn durch den Kredit entsteht.

Bei den Waren am Markt wissen wir, dass bei hohen Preisen für ein 1510

Produkt sofort eine Mehrproduktion erfolgt, um von dem hohen Preis

zu profitieren. Durch das so entstehende Mehrangebot sinken die Preise für das Produkt so weit, bis die Mehrproduktion auf ein Niveau

gefallen ist, dass sich die Produktion gerade noch „lohnt“. Unter einem solchen Preis wird niemand produzieren, denn er würde ein 1515

Verlustgeschäft machen.

Beim Geld ist es auch so. Wenn viele Ersparnisse gemacht werden

und als Kredite angeboten werden, dann sinken die Preise = Zinsen für

den Kredit und erreichen theoretisch den 0% - Wert. Dann sollte der 1520

Nutzen für den Kreditgeber durch das Verleihen gleich groß sein wie

der Nutzen für den Kreditnehmer durch die Aufnahme der Schuld.

Heute können die Zinsen bei zunehmendem Wohlstand und immer

reichlicher vorhandenen Ersparnissen in Form von Geldkapital zum 1525

Leidwesen der Geldbesitzer (Kapitalisten) nicht mehr in der früheren Höhe erzielt werden. Der große englische Nationalökonom Keynes

hat deshalb realistisch vorausgesagt, dass bei der immer größer

werdenden Schaffenskraft der Wirtschaft durch Erfindungen und Rationalisierung die Ersparnisse, also das Geldkapital, so groß werden 1530

würden, dass der Zins „in einem Meer von Geldkapital“ ertrinken

würde. Leider ist das bis heute nicht eingetreten, und wir werden noch sehen, warum dieses zum Bedauern all derer so ist, die einen Kredit

aufnehmen müssen.

1535

Der Zins ist immer dann am höchsten, wenn die Menschen große

Bedürfnisse haben, aber noch keine Ersparnisse bilden konnten. Die

Ersparnisbildung wird durch die möglichen Zinsgewinne angeregt und es wird vermehrt Geldkapital gebildet. Das geschieht immer nach

Kriegen oder großen Katastrophen, wenn alles neu aufgebaut werden 1540

muss, wie es z.B. nach dem letzten Krieg in Deutschland war. Damals

Page 46: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 46

waren die erzielbaren Zinsen sehr hoch, z. B. Für Baugelder bis 12%

und mehr jährlich. Dass die Menschen trotzdem Kredite aufnahmen,

lag daran, dass die Wirtschaft im Wachstum begriffen war und die Einkünfte aller Arbeitenden ständig zunahmen. 1545

Heute, im Jahre 2011, bietet die Deutsche Bank jeden Abend im Fernsehen Kredite für Baugelder mit 3,29% an, und Ersparnisse auf

Sparbüchern erzielen nur noch Zinsen unter 2%. Große Firmen verschaffen sich immer häufiger Kredite, indem sie nicht bei den 1550

Banken vorsprechen, sondern so genannte Anleihen ausgeben, die

derzeit nur mit 1,3% verzinst werden und 15 Jahre Laufzeit haben. Die Nachfrage nach Krediten liegt derzeit erheblich unter dem

Angebot des Geldkapitals.

1555

Die Kreditklemme

Geldkapital wird unter Umständen nicht mehr hergegeben, wenn der

Zinssatz unter 2% für das „Anlegen“ von Ersparnissen einbringt. Die 1560

Geldbesitzer warten dann ab und hoffen auf bessere Zeiten. Sie geben ihr Geld nicht aus und verleihen es auch nicht. Sie meinen, dass es

sich nicht lohnt, das Risiko des Verleihens einzugehen, wenn so wenig

Zins bezahlt wird. Das führt dann regelmäßig zu Stockungen in der Wirtschaft, die man als Wirtschaftsdepression bezeichnet. Man sagt 1565

dann auch, dass die Konjunktur einbricht.

Zu ganz bösen Folgen kann die Kreditklemme dann führen, wenn die

Banken sich untereinander kein Geld mehr ausleihen. Das tritt ein,

wenn der Verdacht besteht, dass sich die Banken bei Ihren „Anlagen“ 1570

verspekuliert haben und sie für die ausgegebenen Kredite mit

Verlusten rechnen müssen. Das kann bei großen Summen, wie im Jahr

2011 durch die Abwertung von Staatsanleihen z.B. von Griechenland, zu so großen Verlusten führen, dass Banken insolvent werden. Wenn

keine Bank von den anderen genau weiß, wie viele faule Kredite sie 1575

besitzen, geben sie sich keinen Kredit mehr, weil sie ihr Geld nicht

Page 47: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 47

verlieren wollen. Da einige Banken zu groß scheinen, als dass man sie

pleite gehen lassen will, greifen die Staaten hilfreich ein. Das ist sehr

problematisch für eine freie Marktwirtschaft.

1580

Der Geldmarkt

Leider funktionieren die Gesetze des Marktes beim Geld nur bis zu einem gewissen Punkt. Alle Waren, die nicht zügig abgesetzt werden, 1585

verursachen Kosten und damit Verluste für den Hersteller und

Händler. Deshalb sinken die Preise bei einem relativen Überangebot von Waren so weit, bis die überschüssige Produktion eingestellt wird.

Beim Geld sollte das auch so funktionieren. Da aber der Besitzer von

Geld heute keine Kosten durch den „Nicht-Verkauf“ seines Geldes als 1590

Kredit hat, muss er sein Geld nicht verleihen. Es ist „wertbeständig“,

wenn man von der anhaltenden Inflation von knapp unter 2% absieht,

die von der Notenbank EZB wissentlich beibehalten wird.

1595

Die Geldhaltegebühr (auch Demurrage genannt)

Anders als die Waren ist das Geld ein Mittel für den Kauf. Es wurde

für diesen Zweck geschaffen, und deshalb muss ihm eine Eigenschaft eingebaut werden, die bewirkt, dass es weitergegeben wird, auch 1600

wenn es keinen Zins mehr abwirft. Das Geld darf aber gegenwärtig

seinen Wert nicht in gleicher Weise verlieren, wie es bei den produzierten Waren der Fall ist, die ab dem Moment der

Fertigstellung ständig an Wert verlieren. Es gibt heute von dieser

Regel nur wenige Ausnahmen, die aber wirtschaftlich nicht ins 1605

Gewicht fallen.

Ein Parkplatz behält seinen Wert für den zeitweiligen Besitzer. Verlangt man aber eine Parkgebühr, so verlässt der Besitzer den

Parkplatz, sobald eine längere Parkzeit mehr Kosten als Nutzen bringt. 1610

Page 48: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 48

In gleicher Weise muss Geld gestaltet werden. Das vorübergehende

Behalten von Geld als Wertaufbewahrungsmittel zum Zweck des Kaufes hat einen Nutzen: Man kann den günstigsten Zeitpunkt für die

Ausgabe des Geldes abwarten. Wenn dabei keine Kosten entstehen, 1615

wie beim gebührenfreien Parkplatz, dann behält der Besitzer des Geldes dasselbe beliebig lange, so wie der Autofahrer den nicht

gebührenpflichtigen Parkplatz beliebig lange besetzt hält. Diese Unsitte wird immer häufiger durch Parkgebühren erfolgreich

bekämpft. 1620

Beim Geld könnte man das ebenso regeln, denn es ist ein öffentliches

Mittel zum allgemeinen Gebrauch, das eben auch so lange einen Preis

haben sollte, wie es dem jeweiligen Besitzer die Vorteile des Geldbesitzes zum Werterhalt bietet. Das kann wie beim Parkplatz 1625

ganz einfach nach der Zeit des jeweiligen Besitzes berechnet werden.

Durch eine „Haltegebühr“ wird das Geld wirklich so schnell wie

möglich weitergegeben und die Umlaufgeschwindigkeit stabilisiert

sich oder, wie die Fachleute sagen: Die Umlaufgeschwindigkeit 1630

„verstetigt“ sich.

Abgesehen davon bringt der Gebrauch des Geldes dem jeweiligen Besitzer neben der Wertaufbewahrungs-Eigenschaft einen weiteren

Nutzen, weil Geld der „Joker“ der Volkswirtschaft ist. Ein Joker kann 1635

im Kartenspiel an jeder beliebigen Stelle eingesetzt werden, im Gegensatz zu allen anderen Karten. Ebenso kann das Geld für den

Erwerb jeder Ware genutzt werden, im Gegensatz zu der Ware, die

immer erst ihren Käufer finden muss.

1640

Diese Joker-Eigenschaft des Geldes ist der eigentliche Sinn des

Geldes, wofür es eingerichtet worden ist. Für die Einrichtung selbst muss von allen ganz allgemein etwas bezahlt werden. Aber dann darf

der eigentliche Gebrauch nichts mehr zusätzlich kosten. Nur das (Fest-

) Halten des Geldes soll etwas kosten, damit es zügig weitergegeben 1645

Page 49: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 49

wird.

Solche Überlegungen wurden immer wieder angestellt und es gab immer wieder auch erfolgreiche Experimente mit einer solchen

„Durchhalte-Gebühr“ (z.B. in Wörgl in Tirol Anfang der 30iger Jahre 1650

bei der großen Depression der Wirtschaft). Der vernünftige Nutzen einer solchen Einrichtung wurde bisher von der Volkswirtschaftslehre

nicht anerkannt und infolgedessen auch nicht empfohlen. Weil das so ist, kommt es immer wieder zu Wirtschaftskrisen mit einem

Zusammenbruch der Konjunktur. 1655

Die Konjunktur und die „Vollbeschäftigung“

Das Wort leitet sich aus dem lateinischen Wort „conjungere“ ab, das 1660

„verbinden, zusammenführen“ heißt. In einer gut laufenden Wirtschaft

„verbinden“ sich Käufer und Verkäufer, die man auch als „Nachfrage“ und „Angebot“ bezeichnet, dauernd und ohne Unterbrechung. Dann

herrscht Dauerkonjunktur, ein anzustrebender Idealzustand. Eine

solche Situation führt dazu, dass alle Waren und Leistungen am 1665

Markt gekauft werden, so dass jeder seine Arbeit hat oder bekommt,

und es zur Dauer-Vollbeschäftigung kommt.

Wir hatten solche Verhältnisse in der Bundesrepublik in der Zeit ab

1958 bis Ende der 1970iger Jahre. Damals waren so viele 1670

Arbeitskräfte zusätzlich notwendig, dass Millionen „Gastarbeiter“ ins Land geholt werden mussten, um die wachsende Produktion der

Wirtschaft zu ermöglichen. Die Vollbeschäftigung löste die nach dem

Krieg herrschende Arbeitslosigkeit ab. Durch das „Neue Geld“, die Deutsche Mark, wurde nach der Währungsreform die primitive Plan- 1675

und Schwarzmarktwirtschaft abgelöst, und die nach dem Kriege

eingetretene Arbeitslosigkeit wurde mit zunehmender Geschwindigkeit abgebaut.

Page 50: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 50

Ich kann mich noch gut erinnern, dass ich 1952, als ich begann zu 1680

studieren, in den Semesterferien immer sofort eine Arbeit auf dem

Bau fand, obwohl ich als Student nicht einmal für Hilfsarbeiten irgendwelche Fertigkeiten vorzeigen konnte. Man wurde an der

Baustelle sofort als vollwertige Arbeitskraft eingeteilt und durfte

Ziegel von Hand ohne Handschuhe abladen und Beton von der 1685

Mischmaschine zur Baugrube mit der Schubkarre fahren, die damals

noch keine Gummiräder hatte. Abends konnte man dann auch gleich einen Vorschuss im Büro anholen, damit man sich etwas zu essen

kaufen konnte. Es gab ja noch kein Bafög, und das Geld von zuhause

reichte gerade für die Zimmer-Miete und die Studiengebühren. Das 1690

war Vollbeschäftigung, keiner musste zum Arbeitsamt gehen, der

gesund und kräftig war. Auf den Baustellen wurde auch noch deutlich

deutsch gesprochen und auch verstanden. Für die Stunde gab es DM -.70, in der nahen Schweiz sogar SFr 1.30, bar auf die Hand in der

Lohntüte jede Woche. 1695

Das zunächst sehr knapp bemessene Geld wurde so dringend

nachgefragt, dass Ersparnisse nur gegen hohe Zinsen als Kredite zur

Verfügung standen. Das vorhandene Geld wurde deshalb nicht gehortet, sondern lief sehr schnell um. Durch die hohen Zinsen bildete 1700

sich rasch zusätzliches Geldkapital, das auch durch die ausgegebenen

Kredite sofort wieder als Nachfrage am Markt auftrat. Alle angebotenen Waren fanden Absatz und die Betriebe konnten die

Nachfrage oft nur nach langen Wartezeiten befriedigen.

1705

Ich habe 1970 mein Haus, in dem ich noch wohne, kaufen können. Ich

musste es sanieren und zusätzlich eine Praxis bauen. Ich hatte keine

eigenen Ersparnisse und nichts geerbt. Aber ich verdiente als Kassenarzt so viel, dass mir die Bank eine ganze Million DM als

Kredit gab zu dem horrenden Zinssatz von 11%. Die einzige 1710

Sicherheit war die Immobilie, die ich erworben hatte und mein wachsendes, sicheres Einkommen. Die Finanzierung lief über 20

Jahre. Ich war vierzig Jahre alt. Das kann man sich heute nicht mehr

vorstellen, dass das möglich war. Der Direktor der Sparkasse suchte

Page 51: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 51

mich höchst persönlich abends nach Feierabend auf, und zusammen 1715

mit einem sachverständigen Freund handelten wir an einem Abend die

Verträge aus.

Die Betriebe begannen in dieser Zeit des „Wirtschaftswunders“

Arbeitskräfte zu „horten“, um jederzeit die steigende Nachfrage 1720

befriedigen zu können. Dadurch konnten die abhängig Beschäftigten

leicht höhere Löhne verlangen, die oft über den von den Gewerkschaften ausgehandelten Tariflöhnen lagen. Die Arbeiter traten

zunehmend aus den Gewerkschaften aus, weil sie auch ohne

Lohnkämpfe und Streiks ihre Löhne und Arbeitsbedingungen 1725

verbessern konnten.

Das alles war eine automatische Folge der Dauerkonjunktur, die ungefähr 10 Jahre anhielt, bis der Nachholbedarf nach dem Krieg

einigermaßen befriedigt war. Hinzu kamen die umfangreichen 1730

Rationalisierungen und der technische Fortschritt in der Produktion, dass man mit zunehmend weniger Arbeitskräften ein mengenmäßig

immer größeres Produktionsvolumen schaffte.

Die Vollbeschäftigung ließ aber dann plötzlich nach, und die erstmals 1735

auftretenden „Krisen“ führten zum Einbruch der Nachfrage und damit

zu Entlassungen oder ganzen Firmenzusammenbrüchen. Die über Jahre nicht gekannte Massenarbeitslosigkeit trat wieder auf.

Wenn man den Gründen dafür nachgeht, so findet man immer, dass 1740

die dem investierten Geldkapital über die hohen Zinsen zufließenden

Mittel die notwendige Nachfrage am Markt nicht mehr bewirkte. Die

Binnennachfrage verringerte sich, weil das erwirtschaftete Geld nicht sofort als Nachfrage am Markt auftrat, sondern eine möglichst hohe

Rendite durch Investitionen erwartend sich dem Wirtschaftskreislauf 1745

entzog. Erst mit erheblicher Verzögerung wurden Investitionen vollzogen. In zunehmendem Maße vergrößerte sich der Handel mit

Geldern, Währungen und Wertpapieren und bildete einen separaten

Page 52: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 52

Markt, Finanzmarkt genannt. Dieses Geld stammte aus den

Überschüssen der Einkünfte der Betriebe, die nicht als Löhne an die 1750

Produzierenden ausgeschüttet wurden. So trat dieses Geld nicht als Nachfrage am Warenmarkt auf oder erst mit gewaltiger Verzögerung.

Insgesamt ließ die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes nach, was die gleiche Wirkung hat, wie eine Geldverknappung. Diesen Zustand 1755

nennt man Deflation, der sich in Erwartung sinkender Preise selbst verstärkt. Die Konjunktur bricht ein. Da hat nun der Staat durch

Darlehensaufnahme bei den Geldbesitzern, die man heute auch

„Finanzmärkte“ nennt, in Form von Staatspapieren (Bundesschätzchen) die Nachfrage ersetzt, und indem er diese Gelder 1760

durch Subventionen oder Staatsausgaben wieder als Nachfrage auf

den „Markt“ brachte, kam die Konjunktur wieder etwas in Gang. Aber alle diese Maßnahmen waren immer nur vorübergehend wirksam

und führten in der Folge zu immer höheren Staatsschulden. Aus den

Konjunkturkrisen gingen die Schuldenkrisen hervor, in denen wir 1765

heute feststecken. Denen kann auch nur durch eine Geldreform

abgeholfen werden.

Der Wohlstand für alle 1770

Die wichtigste Funktion einer Volkswirtschaft ist, dass alle

Arbeitwilligen und Arbeitsfähigen an der Produktion der notwendigen

Güter und Leistungen mitarbeiten (können). Sonst kann der allgemeine Wohlstand – das ist nämlich der Wohlstand für alle, 1775

wonach Ludwig Erhard sein Buch genant hatte - nicht erreicht und

aufrechterhalten werden. Wenn also alle mitarbeiten, herrscht Vollbeschäftigung. Das bedeutet nicht, dass alle jetzt 48 Stunden oder

noch mehr in der Woche arbeiten. Wenn alle nachgefragten Waren

und Leistungen auch mit einer durchschnittlich viel geringeren 1780

Arbeitszeit hergestellt werden können, so kann auch

Vollbeschäftigung bei einer durchschnittlichen Arbeitszeit von 20

Wochenstunden herrschen.

Page 53: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 53

Es kann und muss so weit kommen, dass jeder das Maß seiner Arbeit 1785

selbst bestimmen kann, z.B. wenn er mit geringeren Ansprüchen zufrieden ist auch weniger arbeitet.

Um nun eine Dauer-Vollbeschäftigung zu erreichen, muss auch bei einer zunehmenden Sättigung der Bedürfnisse das verdiente Geld die 1790

nun noch immer produzierten Güter auch vollständig nachfragen, damit keine Arbeiter entlassen werden müssen und keine eigentlich

gesunden Betrieb schließen müssen.

Das kann nur durch die Geldreform mit der Haltegebühr (Demurrage) 1795

erreicht werden und ist auch der eigentliche Sinn der ganzen Sache.

Die Geld- und Bodenreform hat keinen anderen Sinn, als durch die Mobilität von Geld und Boden allen Menschen zu ermöglichen, ihren

Wohlstand und damit den Wohlstand aller zu vermehren.

1800

EINSCHUB:

Wie muss in einer modernen Volkswirtschaft die Geldschöpfung

funktionieren, damit die jetzt bestehenden und nicht zu behebenden 1805

Probleme von Währungs-, Finanz- und Konjunkturkrisen ein Ende

haben?

Dazu gibt es ganz neue wissenschaftliche Überlegungen, die ich im

Folgenden darstellen will. Sie beruhen auf früheren Versuchen für die 1810

Behebung der Probleme, die mit der Einführung des Geldes als

Kaufmittel in der Wirtschaft eingetreten waren. Diese Probleme habe

ich schon beschrieben, auch einzelne Schritte, diese zu beheben. Eine umfassende Theorie mit wissenschaftlichen Begründungen fehlte aber

bisher. Ich verzichte jetzt auf die wissenschaftliche Begründung, die in 1815

der angegebenen Literatur nachgelesen werden kann. Aber ich

Page 54: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 54

versuche nun, diese wissenschaftliche Theorie so darzustellen, dass

sie auch der Nicht-Fachmann verstehen kann:

Wie entsteht das Geld 1820

Meine folgenden Ausführungen basieren auf den Erkenntnissen, die Ferdinand Wenzlaff in einer Veröffentlichung vorgestellt hat. Sie

sollen ein funktionierendes Geldwesen gewährleisten, welches das bisherige Geldsystem an vielen Stellen entscheidend verbessert. Die 1825

wichtigste Feststellung von Wenzlaff ist aber die, dass Geld immer in

der Wirtschaft selbst (endogen) entsteht und auch wieder vergeht, je nach Bedarf. Das Geld wird nicht von außen in die Wirtschaft

hineingetragen, sondern entsteht durch die Produktion, ohne die kein

Geld entstehen kann. Denn nur die Produktion macht das Geld 1830

notwendig, damit ihre Produkte vernünftig gehandelt werden können.

Einen anderen Sinn hat das Geld nicht.

Wenn früher jemand etwas für andere herstellte, so machte er es auch

wie heute: Er glaubte, dass der andere etwas braucht, weil er ihn 1835

beobachtet hatte, oder weil er gehört hatte oder weil der Betreffende ihn sogar darum gebeten hatte. Heute bestellt man manchmal so

etwas bei jemandem, ob das nun ein Handwerker ist, ein Autohändler,

ein Arzt oder der Versandhandel. Alle, die glauben, dass der betreffende das auch wirklich abnehmen wird und den Gegenwert 1840

leisten wird, schaffen ein marktfähiges Produkt. Der Hersteller oder

Dienstleistende ist also ein Gläubiger, bei dem sich der Abnehmer dann verschuldet, wenn er kauft. Man kann auch sagen: der Hersteller

gibt dem Abnehmer einen Kredit (indem er glaubt, dass der

Betreffende die Ware auch bestimmt abnehmen wird), wodurch dieser 1845

dessen Schuldner wird. Erst durch die Tilgung der Schuld durch die

Bezahlung der abgenommenen Leistung wird dieses Verhältnis wieder

aufgehoben.

Der Gläubiger (Fabrikant, Dienstleister) kann nun vom Schuldner 1850

verlangen, dass er ihm einen Schuldschein unterschreibt, auf dem steht, wann er die Schuld begleichen will (so wie es heute noch bei der

Page 55: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 55

Bezahlung durch einen Handelswechsel geschieht). Seit der Erfindung

des Geldes wird diese Schuld in Geld ausgedrückt. Dieser

Schuldschein kann nun vom Gläubiger wie Geld verwendet werden, 1855

wenn er Leute findet, die an seine Stelle als Gläubiger treten. Wenn

man nun einen allgemein gültigen Schuldschein einführt, der alle

individuell ausgestellten Schuldscheine ersetzt, hat man das Geld eingeführt. An dieses glauben dann eben alle, dass der Inhaber damit

seine eigenen Schulden bezahlen kann, weil jeder Gläubiger eben 1860

glaubt, dass das allgemein gültige Geld diese Funktion erfüllt.

Noch einmal: Jeder Geldinhaber ist ein Schuldner, jeder Produzent ist ein Gläubiger. Das klingt paradox, entspricht aber den Tatsachen.

Nur wird den Leuten die Sache anders erklärt, was insgesamt zu 1865

falschen Vorstellungen führt.

Unser alltägliches Geld wird den Geschäftsbanken von der

Zentralbank (EZB) als Kredit zur Verfügung gestellt. Von dort findet dann das neu geschöpfte Geld seinen Weg unter das Volk, indem 1870

Produzenten Kredite bei der Bank aufnehmen. Auf diese Weise

verschulden sie sich bei der Bank. Der Schuldner verpflichtet sich jedoch, das geliehene Geld fristgerecht zurückzuzahlen, womit das

geschöpfte Geld wieder an die Bank zurückfließt. Diese gibt dieses

zurückgezahlte Geld entweder an andere Leute weiter, die sich auch 1875

verschulden oder sie zahlt es bei der Zentralbank ein, wodurch das

Geld aus dem Kreislauf verschwindet, indem die Bank ihre Schuld bei

der Zentralbank tilgt. Bei der Zentralbank wird also ständig neues Geld geschöpft und anderes Geld auch wieder vernichtet, weshalb

einmal jemand gesagt hat, dass eine Zentralbank nur eine 1880

Notenpresse und einen Feuerofen haben müsste, um gut zu funktionieren.

Auch wir Besitzer von Bargeld spielen immer ein wenig „Notenbank“ und verringern (vernichten) die umlaufende Geldmenge 1885

(vorübergehend), indem wir Geld einnehmen und es damit aus dem

Wirtschaftskreislauf ziehen, so lange wir es nicht für Konsum ausgeben oder als Spargeld anlegen, und wir „schöpfen“ es quasi

neu, wenn wir es ausgeben oder bei der Bank einzahlen, die es dann

Page 56: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 56

entweder an andere ausleiht oder bei der Zentralbank einzahlt, um die 1890

eigenen Schulden bei derselben zu verringern.

Geld entsteht also allgemein als Kredit und dient dazu, Schulden zu

begleichen. Ich kaufe ein und bin dann dem Verkäufer etwas schuldig.

Ich entledige mich dieser Schuld, indem ich bezahle. Wenn ich Geld 1895

bekomme, begleicht mir jemand seine Schuld, die er bei mir hat. Nun

bin ich ein Inhaber von Geld, das nur dazu dient, Schulden begleichen zu können. Wenn ich aber konkret keine Schulden bei jemandem

bestimmten habe, so kann ich das Geld jemandem anderen ausleihen,

der Schulden bezahlen muss. Ich bin nun Gläubiger, weil ich glaube, 1900

dass der andere mir das Geld wieder zurückzahlen wird. Ich habe

dann als Gläubiger ein Vermögen durch das Versprechen, dass der

Schuldner mir mein Geld zurückzahlen wird, aber ich habe dadurch kein Geld. Der Schuldner hat nun Geld und Schulden. Das Geld gibt

er gleich aus an jemanden, dem er etwas schuldet. Er tilgt dort seine 1905

Schuld, indem er sich bei mir verschuldet usw.

Es macht also nichts, wenn Geld nur dazu da ist, Schulden zu

bezahlen („Der einzige Sinn des Geldes ist, es auszugeben“, (eben zur Tilgung von Schulden!) Thomas von Aquin). 1910

In der Zukunft könnte die Geldschöpfung verbessert folgendermaßen laufen, damit die heutigen Probleme von Arbeitslosigkeit und die

damit verbundenen Wirtschaftskrisen nicht mehr auftreten:

1915

Die Notenbank (hier EZB) gibt als allein gültiges Zahlungsmittel das

frisch geschöpfte Bargeld zinslos an die Geschäftsbanken, wie die es

haben möchten. Diese geben es dann als Kredit weiter an Produzenten, die damit ihre Lieferanten und Mitarbeiter bezahlen,

ferner alle sonstigen Abgaben und Kosten, die mit der Produktion 1920

zusammenhängen. Natürlich werden die Geschäftsbanken sich ihre Schuldner genau ansehen und entsprechende Sicherheiten etc,

verlangen, wie es heute üblich ist.

Gleichzeitig aber besteuert die Notenbank das geschöpfte und als 1925

Kredit an die Geschäftsbanken herausgegebene Geld so lange mit

Page 57: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 57

einer auf Zeit laufenden Steuer, bis es wieder bei ihr eingezahlt wird.

Damit wird verhindert, dass das umlaufende Geld gehortet wird. An

anderer Stelle habe ich an der Stelle des Begriffs der Besteuerung den der Umlaufsicherung oder Demurrage genommen. 1930

Mit der hier vorgenommenen Darstellung und den daraus abgeleiteten Steuerungsmaßnahmen der gesetzlichen Notenbank (eine vom Staat

völlig unabhängige Einrichtung!) werden alle heute anhaltend bestehenden Probleme der Geldordnung nach klaren Gesichtspunkten 1935

für jedermann verständlich eingerichtet. Die Folge wäre eine

vernünftige Geldmenge, die sich optimal den wirtschaftlichen Notwenigkeiten anpasst, weil sie sich nicht nach statistischen Indices

bestimmen muss, sondern die produzierende Wirtschaft bringt das

notwendige Geld immer selbst durch Kreditaufnahme in Umlauf, und 1940

zwar nur so viel, wie zur Abnahme der Produktion erforderlich ist.

(Das bedeutet die Erfüllung des Say’schen Theorems, dass jede

Produktion sich seine eigene Nachfrage schafft).

Unter solchen Bedingungen kann weder Inflation noch Deflation 1945

entstehen. Eine weitere Folge wäre die Vollbeschäftigung, die darin besteht, dass jeder, der sich an der Produktion beteiligen will, den

notwendigen Kredit auch bekommt, wenn er die allgemeinen

Voraussetzungen für eine Kreditgewährung bietet: vernünftige Produkte, entsprechende Fähigkeiten, kreditwürdiges Verhalten usw, 1950

alles Dinge, die heutzutage selbstverständlich sind.

Jedem Interessierten ist dringend empfohlen, den im

Literaturverzeichnis aufgeführten Artikel von F. Wenzlaff zu

studieren. Dort werden auch alle zu erwartenden positiven Folgen 1955

einer so vorgestellten Geldordnung ausführlich begründet. Wenzlaff

spricht zu Recht von einem neuen Paradigma in der Geldwirtschaft:

Kredit = Geld entsteht nicht durch vorangegangene Ersparnisbildung, sondern er entsteht durch die Wert schöpfende Tätigkeit der

Wirtschaftenden. 1960

Literatur:

Page 58: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 58

Wenzlaff, F., Zeitschrift für Sozialökonomie Nr. 164/165, April 2010,

S. 23 ff. 1965

Der Finanzmarkt

Wenn der Zins durch das überreichliche Angebot von Ersparnissen 1970

(Geldkapital) unter ein bestimmtes Niveau sinkt, wird das Geld nicht mehr in Häusern oder Fabriken angelegt. Findige Leute verkaufen den

„Übrig-Geld-Besitzern“ jetzt allerhand ausgetüftelte „Wertpapiere“,

bei denen es sich oft um undurchschaubare Vermögenswerte handelt und eben nicht um Geld! Diese „Wertpapiere“ werden dann wieder 1975

gehandelt und sollen angeblich hohe „Renditen“ abwerfen, d.h. einen

hohen, geldlichen Gewinn beim Wiederverkauf erzielen. Das sind jedoch reine Glaubensdinge. Wir sahen ja schon beim Begriff des

Gläubigers, dass er einen festen Glauben daran haben muss, sein Geld

wiederzubekommen, nachdem es in der Zwischenzeit in seiner Anlage 1980

„gearbeitet“ hat.

Das „arbeitende“ Kapital

1985

Es taucht immer wieder der Begriff auf, dass man „sein Geld oder sein Kapital arbeiten lässt.“ Damit ist natürlich nicht gemeint, dass die

ausgeliehenen Gelder im wahrsten Sinn des Wortes „arbeiten“, denn

gemäß unserer Definition kann nur der persönliche Mensch arbeiten. Die Leihgelder (Kredite) kosten den Schuldner die verlangten Zinsen, 1990

die dem Geldverleiher überwiesen werden und dessen schon

vorhandenes Vermögen vermehren. Das versteht man unter „man lässt sein Kapital arbeiten“. Der Vermögensbesitzer hat durch den Verleih

seines Geldes ein Einkommen, aber er „verdient“ es nicht im

eigentlichen Sinn. 1995

Heute werden bei dem hohen Stand der Verschuldung von Staaten,

Page 59: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 59

Wirtschaft und Privaten sehr hohe Summen an Zinsen bezahlt, die den

Gläubigern in die Tasche fließen. Im Jahre 2011 in Deutschland sind

es täglich (!) mehr als eine Milliarde Euro, die in den Preisen aller 2000

Waren und Dienstleistungen in Form von mehr als 30 % Zinsen

enthalten sind und von jedem Käufer bezahlt werden müssen.

Der Gewinn 2005

Bei allen Käufen, die am Markt stattfinden, versucht jeder der

Marktteilnehmer für seine Ware einen möglichst hohen Preis zu erzielen, und umgekehrt versucht jeder Abnehmer der Ware, diese für

einen möglichst niedrigen Preis zu bekommen. Am Markt stehen sich 2010

entgegen gesetzte Interessen scheinbar unüberbrückbar gegenüber. Warum gehen aber alle Marktteilnehmer trotzdem immer wieder auf

den Markt? Sie tun dies, weil jeder Marktteilnehmer von dem

beabsichtigten Handel einen möglichst hohen Gewinn für sich selbst erhofft. Seltsamerweise scheinen sich diese Hoffnungen jeden Tag 2015

aufs Neue zu erfüllen, sonst würden wir später am Tag nicht so viele

Leute mit glücklichen Gesichtern aus den „Super-Märkten“ nach Hause wandern sehen.

2020

Der Sinn des Geldes

Mit Geld an sich kann man nichts anfangen. Man kann es nicht essen, nichts darauf schreiben, nichts darin einwickeln, nicht damit

umherfahren usw., weil es nämlich nur für einen einzigen Zweck 2025

geschaffen wurde, den der berühmte Thomas von Aquin kurz und sinnvoll so beschrieb:

„Der einzige Zweck des Geldes ist es auszugeben!“

2030

Geld ist nur dafür geeignet, etwas dafür zu kaufen, d.h. die bei einem

Page 60: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 60

Kauf eingegangene Schuld mit dem Schuldentilgungsmittel Geld zu

begleichen oder es jemandem als Kredit zu überlassen, der damit seine

Schulden bezahlen kann. Deshalb gehen die Menschen in den Supermarkt, um dort alles das zu kaufen, was sie sättigt, kleidet oder 2035

was sie sonst benötigen: Bücher, Fernseher, Computer, Schreibzeug,

Möbel, Betten, Autos usw. Wenn sie das für sie Passende gefunden haben, strahlen ihre Gesichter vor Glück: Sie zogen aus ihrem

Geldbesitz den bestmöglichen Gewinn, indem sie ihr Geld nach ihren persönlichen Vorstellungen vernünftig ausgaben. 2040

Sie versuchen durch Verhandlungen immer einen möglichst geringen Preis zu zahlen, der aber nie so niedrig sein wird, dass sie gar nichts

bezahlen. Kunden schätzen den Wert des erwünschten Gutes gerade

so hoch ein, wie es ihnen als gerecht erscheint. Sie zahlen den 2045

geforderten oder ausgehandelten Preis, weil sie alle ein

Gerechtigkeitsgefühl besitzen und wissen, dass der Verkäufer und der

Produzent der Ware ja auch leben und die dafür notwendigen Mittel verdienen müssen.

2050

Bei Tauschhandel ohne Geld macht jeder der Tauschenden einen sofort einsehbaren Gewinn. Er wird einen Gegenstand los, den er

anbietet und selbst nicht braucht und er gewinnt den Gegenstand, den

er benötigt und umgekehrt. Das ist immer der eigentliche Gewinn bei jedem Tausch, der genau so beim Kauf eintritt. 2055

Diese Gewinnmöglichkeit besteht also auch beim durch das Geld ermöglichten Kauf. Nur wird er da nicht so unmittelbar erlebt, denn

das Geld ist als ein für alle Zwecke dienstbares Kaufmittel natürlich

eine ungeheure Versuchung. Man kann es gerade nicht nur ausgeben, 2060

sondern auch anlegen. Dann wird der Erwerb von Geld höher

geschätzt, als der Gewinn an Lebensmöglichkeiten durch den Kauf

eines erwünschten Gutes. Das Geld ist dann nicht mehr Mittel, sondern es wird selbst Zweck.

2065

Page 61: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 61

Der Gewinn der Arbeit

Was ist denn der Gewinn unserer wirtschaftlichen Tätigkeit oder unserer Arbeit? Wozu arbeitet der Mensch überhaupt? Die Antwort ist 2070

ganz einfach: Der Mensch strebt durch seine Arbeit nach einem

besseren Dasein. Dieses bessere Dasein ist der erwünschte Gewinn, sonst eigentlich nichts. Denn der Geldgewinn bei einer

wirtschaftlichen Tätigkeit ist ja nicht der eigentliche Zweck meiner Tätigkeit, sondern mit dem „verdienten“ Geld verschaffe ich mir nur 2075

das „Vermögen“, die Fähigkeit, die Potenz, etwas zu bekommen, das

mein Dasein gewinnbringend verbessert.

Dieses Vermögen kann auch in dem Machtzuwachs bestehen, den ich

durch unser heutiges Geld gewinne, eine für alle Menschen 2080

übermächtige Verführung.

Das Geld und die Macht

Das Geld in meinem Besitz möchte jeder gerne haben, der seine 2085

Produkte loswerden will. Das verleiht mir eine gewisse Macht über die vielen Verkäufer. Dieser Versuchung der Macht erliegt auch ein

jeder von uns bis zu einem gewissen Grade. Jedenfalls möchte man

sich das Gefühl der zeitweiligen Macht so lange wie möglich erhalten, weil es doch eine schöne Verstärkung des manchmal geringen 2090

Selbstwertgefühls bewirkt.

Je mehr Geld jemand besitzt, umso mehr Macht hat er über die vielen

Anbieter von Waren und Dienstleistungen, und um ihn herum

vollführt jeder einen kleinen Tanz um das mehr oder weniger große 2095

„Goldene Kalb,“ das in der Geldbörse oder auf dem Konto des

Wohlhabenden schlummert.

Page 62: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 62

Der Tanz ums Goldene Kalb 2100

Ich bitte um Verzeihung, wenn ich an dieser Stelle nicht der Versuchung widerstehen kann, einen kleinen historischen Exkurs

einzuflechten, der nicht so sehr volkswirtschaftliche Abläufe erklärt,

aber doch ein Licht darauf wirft, was hinter menschlichem Handeln 2105

als wahrer Hintergrund steckt. Da das Problem der Gerechtigkeit im

Zusammenhang mit der Frage nach Armut und Reichtum ein Dauerthema ist, gehören die Betrachtungen der irdischen und der

„höheren“ Werte in eine jede Volkswirtschaftslehre.

2110

Der Tanz ums Goldene Kalb wurde im Alten Testament erstmalig

beschrieben, und er wird jeden Tag neu veranstaltet, im Kleinen wie

im Großen. Er war schon damals sehr verlustreich für das Volk Israel, denn ein Drittel musste dafür über die Klinge springen. Bei Wikipedia

heißt es dazu: 2115

»Das Goldene Kalb war laut biblischer Überlieferung ein Götzenbild,

das die Israeliten nach dem Auszug aus Ägypten gemeinsam mit

Aaron schufen, während Moses auf dem Berg Sinai die Zehn Gebote erhielt.“ 2120

„Als aber das Volk sah, dass Mose ausblieb und nicht wieder von dem Berge zurückkam, sammelte es sich gegen Aaron und sprach zu ihm:

Auf, mach uns einen Gott, der vor uns hergehe! Denn wir wissen

nicht, was diesem Mann Mose widerfahren ist, der uns aus 2125

Ägyptenland geführt hat. Aaron sprach zu ihnen: Reisset ab die

goldenen Ohrringe an den Ohren eurer Frauen, eurer Söhne und eurer

Töchter und bringt sie zu mir. Da riss alles Volk sich die goldenen Ohrringe von den Ohren und brachte sie zu Aaron. Und er nahm sie

von ihren Händen und bildete das Gold in einer Form und machte ein 2130

gegossenes Kalb. Und sie sprachen: Das ist dein Gott, Israel, der dich aus Ägyptenland geführt hat!“ (2. Mose 32,1–4)

Hiervon abgeleitet wird die gängige Redensart vom „Tanz ums

Page 63: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 63

Goldene Kalb“ als Sinnbild für eine Verehrung von Reichtum und 2135

Macht. Man findet das Kalb auch vor der Frankfurter Börse

ausgewachsen als Stier, der das Steigen der Börsenkurse symbolisiert.

Moses zerschlug nach seiner Rückkehr den Götzen und die

mitgebrachten Gesetzestafeln; anschließend ließ Mose von den 2140

abgefallenen Anhängern JHWHs (Jahwes, Jehowahs) 3000 Menschen

erschlagen:

„Als nun Mose sah, dass das Volk zuchtlos geworden war – denn

Aaron hatte sie zuchtlos werden lassen zum Gespött ihrer Widersacher 2145

–, trat er in das Tor des Lagers und rief: »Her zu mir, wer dem

HERRN angehört!« Da sammelten sich zu ihm alle Söhne Levi. Und

Moses sprach zu ihnen: »So spricht der HERR, der Gott Israels: ‚Ein jeder gürte sein Schwert um die Lenden und gehe durch das Lager hin

und her von einem Tor zum andern und erschlage seinen Bruder, 2150

Freund und Nächsten‘«. Die »Söhne Levi taten, wie ihnen Mose gesagt hatte; und es fielen an dem Tage vom Volk dreitausend Mann.“

(Exodus 32,25–28).

Unsere Verluste heute sind sicher ähnlich hoch. Sie fallen nur indirekt 2155

an als so genannte Kollateralschäden des Geldsystems, welches uns

einen anhaltenden darwinistischen Dauerkrieg aller gegen alle beschert.

Heute nimmt der Tanz um diesen Schatz in jedem Geldbeutel immer 2160

schlimmere Ausmaße an. Wir werden ständig von Werbung

überflutet, die uns suggestiv beeinflussen will, unser Geld für alle

möglichen Produkte auszugeben. Jeder Produzent oder Händler ist gezwungen, bei diesem Werbeaufwand mitzumachen, denn „wer nicht

wirbt, der stirbt.“ Zur Werbung gehört auch, dass die Geschäfte immer 2165

länger geöffnet haben und die Mitarbeiter sich das lange Wochenende oder den normalen Feierabend oft aus dem Kopf schlagen müssen.

Ich kenne einen erfolgreichen Geschäftsmann, der 15% seines

Page 64: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 64

Umsatzes für Werbung ausgeben muss. Letztendlich müssen die 2170

Kunden diese Kosten im Preis bezahlen, denn woher soll der

Geschäftsmann das Geld sonst bekommen?

Der Verkäufer von Produkten muss besondere Schulungen

durchlaufen, um die Technik zu lernen, wie man die Kunden zum 2175

Kauf bewegt. Er muss immer freundlich sein, oft gute Miene zum

bösen Spiel machen, darf gegenüber Unverschämtheiten nicht empfindlich sein. Er wird an seinem Umsatz gemessen, sein Lohn

wird danach berechnet und er muss jede Tätigkeit annehmen, um

seinen Arbeitsplatz nicht zu verlieren. Alles hängt davon ab, dass die 2180

Kunden ihr oft sauer verdientes Geld überhaupt ausgeben und wenn,

dann bitte möglichst bei mir, dem freundlichen, immer höflichen, zu

allen Zeiten bereiten und dienstbeflissenen Verkäufer.

Das alles ist eine Folge der Macht, die das Geld dem jeweiligen 2185

Besitzer verleiht. Nirgendwo sind wir (scheinbar!) so frei in unseren Entscheidungen, wie beim Geldausgeben. Wir müssen uns immer

darüber klar sein, dass wir diese Macht, ohne es zu wollen, immer

teuer bezahlen. Ein guter Teil der Verschwendung von Rohstoffen und Energie und natürlich menschlicher Arbeitskraft findet nur statt, die 2190

Leute dazu zu bringen, ihr Geld auszugeben.

Wir wollen jetzt verstehen, warum das Geld uns so viel Macht

verleiht. Und wir wollen uns darüber klar werden, wie wir diese für

uns alle schädliche Macht so klein wie möglich machen. Eines der 2195

wichtigsten Mittel dazu ist die vorhin schon beschriebene Haltegebühr

(Demurrage) für das Von der Zentralbank ausgegebene Geld

Der Profit 2200

Man liest immer wieder, ein Betrieb habe „Gewinne“ gemacht. Je

höher der Gewinn sei, umso „profitabler“ sei der Betrieb. Was hat es

mit diesem „Profit“ auf sich? Wir hatten oben den Gewinn als etwas

Page 65: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 65

bezeichnet, das durch den Kauf eines begehrten Gutes entsteht. Eine 2205

solche Definition des Gewinnes kennt man in der „gültigen“

Volkswirtschaftslehre nicht. In dieser gilt als Gewinn nur, was nach Abzug aller Kosten durch den Verkauf der Produkte des Betriebes

übrig bleibt. Der Lohn für die Arbeiter, Angestellten und Manager

zählt heute zu den Kosten. Diese müssten nach unseren Vorstellungen 2210

zum Gewinn gezählt werden, weil sie ja für die im Betrieb arbeitenden

den geldlichen Gewinn aus ihrer Arbeit darstellen.

Heute wird als Gewinn angesehen, was nach Abzug aller Sachkosten

und Löhne übrig bleibt. Für wen bleibt denn etwas übrig? Das sind die 2215

Leute, die dem Betrieb das Kapital gegeben haben, damit er überhaupt

anfangen konnte. Das können die Eigentümer sein, z.B. eine Familie.

Viele mittelständige Betriebe sind solche Familienbetriebe. Aber es können auch so genannte Investoren sein, die das Geld für eine

Neugründung hergeben oder die einen Betrieb kaufen, wenn er 2220

angeboten wird. Diese wollen nur einen möglichst hohen Gewinn für das von ihnen eingesetzte Kapital.

Wir wollen nach unseren Vorstellungen den berechtigten und notwendigen „Gewinn“ vom „Profit“ unterscheiden. Letzterer dient 2225

nur den „Anlegern“, die für ihr eingesetztes Kapital einen möglichst

hohen Zins herausholen wollen. Dafür bezahlen sie die sehr teuren Manager, damit sie die Kosten so niedrig wie möglich halten. Zu den

Kosten zählen auch die Löhne. So dreht sich heute alles um diesen

Profit des eingesetzten Kapitals, den »shareholder value« (Teilhaber-2230

Gewinn), der möglichst hoch sein soll.

Hier wirkt sich die Übermacht, die das heutige Geld dem jeweiligen Besitzer verleiht, besonders schädlich aus. Die Wirtschaft verkommt

durch die Umkehrung ihres wirklichen Zwecks, nämlich allen 2235

Menschen Wohlstand zu ermöglichen. Wirtschaft dient heute

hauptsächlich dazu, dem eingesetzten Kapital eine möglichst hohe

Rendite zu verschaffen. Dies wird sogar oft als ihr einziger Zweck

angesehen.

Page 66: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 66

2240

Exkurs: Der Kapitalismus. Die Orientierung der Wirtschaft am Profit des eingesetzten Kapitals

nennt man gemeinhin „Kapitalismus“. Seine Geschichte begann mit 2245

der Neuzeit, als durch die zunehmende Geldwirtschaft sich in den Händen geschickter Kaufleute relativ große Summen anhäuften. Diese

Gelder wurden dann Zins bringend verliehen, vor allem auch an

Könige und Kaiser, die das Geld benötigten, um ihre Söldner bezahlen zu können. Sie bezahlten auch mit Privilegien verschiedener Art, die 2250

zu den ersten Monopolen führten, z.B. das Post-Monopol der Thurn

und Taxis Familie, Quecksilber-Monopol der Rothschilds u.a.

Mit der Industrialisierung wurden für die technischen Einrichtungen

bald große Geldsummen notwendig, um innerhalb großer Fabriken 2255

die Fertigungsgänge rationell aneinanderreihen zu können. In der

aufkommenden Montage von massenhaft gefertigten Maschinen und

Fahrzeugen entstanden große Komplexe, welche die Produktionsschritte in einer Hand versammelten. Es begann eine

interne Arbeitsteilung nach festen Plänen, sozusagen kleine 2260

Planwirtschaften, die am Ende der Produktionskette das fertige Produkt lieferten, das nun von dem Unternehmer mehr oder weniger

Gewinn bringend am Markt verkauft wurde. Der erlöste Gewinn

wurde nach Abzug der Produktionskosten an die Eigentümer-Geldgeber als Profit ausgeschüttet. 2265

Jeder Unternehmer hatte bald Konkurrenten, die am Markt durch bessere oder billigere Produkte versuchten Fuß zu fassen. Durch

geschickte Manipulationen verschiedener Art versuchte nun jeder, die

Konkurrenz „auszuschalten“, was durchaus erfolgreich war und 2270

immer wieder zu einer Alleinherrschaft bei bestimmten Produkten

führte, was man dann ein Monopol nannte. So ein Monopol bedeutete

oft große wirtschaftliche Macht, die sich zunehmend auch in die Politik übertrug, um dort durch günstige Gesetze oder politische

Entscheidungen seine Geschäfte zu befördern. Vor allem die 2275

Page 67: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 67

militärische Rüstung bot dafür gute Voraussetzungen. Hinzu kamen

auch Abschottungen gegen ausländische Konkurrenz, oder gar der

Antrieb für kriegerische Auseinandersetzungen, um die Geschäfte zu fördern.

2280

Nachdem nun entsprechende, schlechte Erfahrungen in den beiden großen Weltkriegen der Neuzeit gemacht worden waren, wurde nach

Beendigung des letzten Kriege überlegt, wie man eine bessere Wirtschaftsordnung herstellen könnte, als sie die durch den Krieg

bedingte Planwirtschaft, die in allen Krieg führenden Ländern 2285

eingeführt worden war, darstellte. Die alte kapitalistische Ordnung der mächtigen Monopole sollte abgelöst werden, indem man die

Bildung von wirtschaftlicher Macht so gut wie möglich zu verhindern

suchte. Man zerschlug in Deutschland die großen Stahl-, Kohle- und Chemie-Monopole und führte eine Anti-Kartell-Gesetzgebung ein. 2290

Daran wirkte vor allem eine Ökonomen-Schule mit, die so genannte

Freiburger Schule von Walter Eucken und Franz Böhm, aus der unter Ludwig Erhard die als „Soziale Marktwirtschaft“ bekannte

Wirtschaftsordnung hervorging. Sie versuchte, die „Bildung privater

Macht in einer freien Gesellschaft“ durch die Einrichtung der 2295

Ordnung der „Vollständigen Konkurrenz“ zu verhindern. Zusätzlich

sollte der „Sozialstaat“ sich um die unvermeidbaren Opfer dieser

vollständigen Konkurrenz kümmern.

Leider wurden die primären Monopole, die im Boden-Besitz und im 2300

Geld-Besitz liegen, nicht wirklich erkannt und neutralisiert. So kam es zur Restauration des Kapitalismus alter Prägung, der lediglich durch

eine umfangreiche Sozial-Gesetzgebung und eine starke

Interventionstätigkeit des Staates bei den periodischen Einbrüchen der Konjunktur für die Benachteiligten abgemildert wurde. Der Aufruf 2305

„Wohlstand für Alle“, den Ludwig Erhard werbewirksam ausgelöst

hatte, war nur in den Zeiten der Vollbeschäftigung ab 1958 bis Mitte der 70-iger Jahre gültig, ab da begannen die „Reichen“ immer

reicher und die Nicht-Reichen immer ärmer zu werden.

2310

Dieser ungebrochen anhaltenden Tendenz kann man nicht durch

spätere Umverteilung von Vermögen über Steuern abhelfen, sondern

Page 68: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 68

nur durch Einrichtung einer funktionierenden Geld-Wirtschaft und

einer Rückführung des Grund und Bodens in Allgemeingut, damit er

dann nur noch gegen entgeltliches Nutzungsrecht vergeben werden 2315

kann.

Wir fahren nun fort in der Schilderung weitere Einzelheiten der Ökonomie.

2320

Die Aktien

Eine Aktiengesellschaft wird als Gesellschaft der Aktionäre gebildet. Jeder Aktionär verpflichtet sich, eine bestimmte Summe in die

Firmenkasse einzuzahlen. Mit diesem Geld kauft die Firma alle 2325

Dinge, die der Betrieb benötigt. Dann wird die Produktion aufgenommen und jeder Aktionär ist nun Eigentümer eines Teils der

Firma. Dieser Teil wird durch die Aktie dokumentiert, die auf einen

bestimmten Geldbetrag lautet. Das kann der Betrag sein, den der Aktionär am Anfang eingezahlt hat, der so genannte Nennwert. Die 2330

Aktie repräsentiert also einen bestimmten Wert, der je nach dem

Aktienkurs schwanken kann und überhaupt nicht mit dem Nennwert übereinstimmt. Er zeigt, wie hoch der Wert der Firma an der

Aktienbörse eingeschätzt wird. Er kann also weit über oder unter dem

Nennwert liegen. Die Aktie kann man an der Aktienbörse kaufen und 2335

verkaufen.

Aktionäre sind also Leute, die am Beginn einer Betriebsgründung ihr Geld für die Anschaffung der Realkapitalien, als da sind Grundstücke,

Häuser, Maschinen usw., hergegeben haben. Dafür bekommen sie 2340

Anteilscheine am gesamtem Sach- und Geldvermögen der Firma in Form von Aktien, die man auch verkaufen kann. Ein Preis bildet sich,

der ebenso schwankt, wie andere Warenpreise. Zu diesem Preis

werden die Aktien gehandelt, das ist ihr „Kurs“. Sie bringen ihrem Inhaber auch einen Anteil an der jährlichen Gewinnausschüttung, der 2345

so genannten Dividende. Dividere (lat.) heißt „teilen“ und bedeutet

hier: Ein Anteil am betriebswirtschaftlichen „Gewinn“ wird jedem

Page 69: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 69

Aktionär zugeteilt. Solche Betriebe heißen „Aktiengesellschaften“

(AG), die Inhaber der Aktien sind „Aktionäre“. Der Preis der Aktien

schwankt je nach allgemeiner Wirtschaftslage mehr oder weniger 2350

stark. Er ist auch stark abhängig von der Stellung des Betriebes am

Markt: Z.B. die Stromlieferanten, die ihren Strom in Atomkraftwerken

hergestellt haben, sind Aktiengesellschaften. Der Kurs ihrer Aktien ist mit dem „Atom-Ausstieg“ stark gefallen. Dabei erleiden die Aktionäre

herbe Verluste in ihren Vermögensbeständen. Umgekehrt entstehen 2355

bei guter Entwicklung einer Aktiengesellschaft unter Umständen

große Kursgewinne. Am Durchschnittskurs bestimmter

Aktiengesellschaften (z.B. der DAX) kann man gut die allgemeine Stimmung ablesen, die die Aktienbesitzer über die Wirtschaftslage

haben. Die Probleme der Aktiengesellschaften spielen aber bei den 2360

Geldfragen nur eine sehr untergeordnete Rolle. Sie ziehen durch die ständigen, täglichen Berichte in den Medien eine unangemessene

Aufmerksamkeit auf sich.

2365

Die Staatsanleihen

Sie sind momentan ins Gerede gekommen, da sich viele Staaten in

großer Höhe verschuldet haben. Die „Anleger“ haben Angst, dass die

Anleihen nicht zurückgezahlt werden können oder dass der 2370

Schuldendienst, wie man die Zinszahlungen nennt, nicht mehr

gewährleistet ist. Andererseits haben die Anleger Probleme, noch

genügend „solvente“ Schuldner zu finden. Deshalb reagieren „die Märkte“, womit die Gesamtheit der „Anleger“ gemeint ist, sehr nervös

auf alle die verschiedenen Meinungen, Nachrichten und Voraussagen. 2375

Das Kaufmittel Geld und seine Verbesserung

Bei einem Mittel, das für die Ausführung eines bestimmten Zweckes 2380

hergestellt wird, muss man immer darauf achten, dass es seinen

Page 70: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 70

Zweck richtig erfüllt. Beim Geld handelt es sich um ein Mittel, das

hauptsächlich für den Zweck des möglichst leichten Kaufes von

Produkten und Dienstleistungen geschaffen wurde.

2385

Wenn wir mit jemandem im Streit liegen, weil unsere Interessen sich

widersprechen, dann versuchen wir, durch die Vermittlung eines Dritten den Streit zu beenden. Wir suchen eine Person, die von beiden

Seiten als unparteiisch angesehen wird, die also neutral dem Streit gegenübersteht. Der Vermittler soll die gegenteiligen Interessen zum 2390

Ausgleich bringen. Das kann er nur, wenn er keine Interessen einer

Partei stärker vertritt als die der anderen Partei. Vor allem darf er als Vermittler keine eigenen Interessen vertreten.

Wie ist das nun beim Mittler der Kauffunktionen, dem Geld? Einer 2395

der beiden Kontrahenten hat das Geld, der andere bietet seine Waren

an. Sind beide in der gleichen Ausgangsposition? Oder hat der

Besitzer des Kaufmittels Vorteile gegenüber dem Anbieter von Produkten?

2400

Das heutige Geld hat folgende Eigenschaften, die ihm z.T. per Gesetz eingeräumt werden:

• Es soll seinen Wert immer behalten.

• Es soll also im Laufe der Zeit keine Wertminderung erleiden, sondern eine stabile Währung sein. 2405

• Niemand soll ohne Berechtigung in den Besitz von Geld gelangen

können.

• Niemand soll Geld selber herstellen können.

• Das Geld soll leicht zu transportieren sein.

• Das Geld soll geringe Lagerkosten haben. 2410

• Man soll bargeldlos zahlen können, wenn man ein entsprechendes

Guthaben auf einem sofort verfügbaren Giro-Konto hat.

Die zum Verkauf anstehenden Produkte haben dagegen folgende

Page 71: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 71

Eigenschaften: 2415

• Sie haben Kosten durch die Herstellung verursacht.

• Sie kosten wegen Lagerung, Versicherung, Werbung usw. weiterhin Geld.

• Sie verlieren vom ersten Tag der Fertigstellung an ständig an Wert.

• Manche „Produkte“ entstehen gar nicht erst, wenn sie nicht gleich 2420

verbraucht werden, nämlich die Leistungen von Geistesarbeitern,

wie Ärzten und Rechtsanwälten. Wenn der Klient zum Termin nicht erscheint, hat der Anwalt einen hundertprozentigen

Sofortverlust!

2425

Daraus folgt, dass der Besitzer des Kaufmittels »Geld« große Vorteile

in der Hand hat, denn ihm entstehen alle die Kosten und Verluste

nicht, die dem Anbieter von Produkten immer entstehen. Diese Vorteile genießt er kostenlos auf Grund der Gesetzeslage. Die in

normalen Zeiten bestehende ungleiche Ausgangsposition beim Kauf 2430

verliert sich erst dann, wenn das Geld durch zu starke Vermehrung der Geldmenge durch die Notenbank (Inflation) laufend an Wert verliert.

Dann kann der Anbieter von Produkten aufatmen, denn die Käufer

wollen der laufenden Preissteigerung dadurch entgehen, dass sie Ihre Käufe so rasch wie möglich realisieren, bevor nämlich die 2435

Preissteigerung ihnen vermehrte Kosten aufbürdet.

Wenn sich allerdings durch ungeschickte Geldordnung die Menge des

für die Wirtschaft zur Verfügung stehenden Geldes vermindert, dann

wächst die Übermacht des Geldbesitzers übermäßig und die Anbieter 2440

von Produkten haben es von Tag zu Tag schwerer, ihre Waren

loszuwerden (Deflation). Denn jeder Besitzer von Geld kann ohne

Probleme abwarten, bis die Preise weiter fallen oder die Arbeitenden bereit sind, für immer weniger Lohn zu arbeiten. Das Gleiche passiert,

wenn das von der Zentralbank ausgegebene Geld zurückgehalten 2445

wird, wenn also die Umlaufgeschwindigkeit sinkt. Das ist heute ein großes Problem.

Page 72: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 72

Die „Haltegebühr“ 2450

(oder Demurrage, ein Ausdruck, der aus der Handelsschifffahrt

stammt für die „Liegegebühr“ der Handelsschiffe im Hafen, die nach der Länge der Liegezeit berechnet wird).

Wenn wir also einen neutralen Kaufvermittler einrichten wollen, 2455

müssen wir demselben die gleichen „Nachteile“ der Produkt-Anbieter

einbauen, damit der Kauf und Verkauf (Jeder Kauf ist mit einem Verkauf verbunden!) unter neutralen oder gerechten Bedingungen

stattfindet.

2460

Das könnte dadurch eingerichtet werden, dass der Geldbesitzer für die

Benutzung des vom Staat oder der von ihm legitimierten Einrichtung

herausgegebenen Geldes eine Haltegebühr bezahlen muss, die während der Dauer des von ihm in der Kasse oder auf dem Giro-

Konto gehaltenen Geldes anfällt. Es ist wie die Nutzungsgebühr für 2465

einen öffentlichen Parkplatz (Parkgebühr), deren Zweck es ist, dass der Parknutzer diese Nutzung so schnell wie möglich aufgibt, um sich

unnötige Kosten zu ersparen.

Die praktische Durchführung einer solchen Neuerung wäre heutzutage 2470

kein Problem mehr durch elektronische Buchung der Minderung. Es

wäre wie ein negativer Zins auf das umlaufende Geld, den der jeweilige Inhaber (Besitzer) des Geldes bezahlen muss. Hier zeigt sich

auch, dass es unsinnig ist, jemanden zum Eigentümer des Geldes zu

erklären. Auch der Parkplatzbenutzer wird ja nicht Eigentümer des 2475

Parkplatzes auf Zeit, während sein Auto da steht..

Weil die Einrichtung »Haltegebühr« noch nicht besteht, entstehen beim Handel auf dem Markt automatisch ungerechte Folgen des

Ungleichgewichtes durch Vorteile beim Geld und Nachteile bei den 2480

angebotenen Waren. Eine dieser Folgen ist die oben beschriebene Macht, die der Geldbesitzer gegenüber den Waren- und Leistungs-

Anbietern hat.

Page 73: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 73

Die Notenbanken haben bisher kein Mittel, um zu verhindern, dass ein 2485

beträchtlicher Teil des ausgegebenen Bargeldes gehortet wird oder in

kurzfristigen Anlagen gehalten wird und somit nicht oder nur sehr verhalten umläuft. Das ist vor allem bei „Leitwährungen“ der Fall, wie

beim Dollar oder beim Euro. Besonders die großen Scheine werden

gerne in Tresoren und Verstecken aufbewahrt, nicht zur Bank gegeben 2490

und für den Zweck der Steuervermeidung und der Schwarzarbeit

(zurück-)„gehalten“.

Damit keine Deflation entsteht, weil das ausgegebene Geld nicht

weitergegeben wird, behelfen sich die Zentralbanken durch 2495

Neuherausgabe von Geld, dessen Menge sie „diskretionär“, d.h. quasi

heimlich vermehren unter Beobachtung des allgemeinen Preisniveaus.

Wenn all das herausgegebene Geld plötzlich für Käufe verwendet würde, träte eine enorme Preissteigerung aller Waren (Inflation) ein.

Aber auch die Geldvermehrung durch die Notenbanken hilft nicht 2500

zuverlässig, wie die Zustände in Japan beweisen. Dort geben die Leute ihr Geld nicht aus, sondern sie horten es oder lassen es auf

unverzinslichen Konten liegen, wogegen die Notenbank in Japan

machtlos ist. Eine solche „Stagnation“ fürchten alle Notenbanken wie der Teufel das Weihwasser, weshalb die EZB eine jährliche Inflation 2505

von „nahe“ 2% ganz bewusst einrichtet. Aber diese geringe

Inflationsrate erfüllt den Zweck nur sehr unvollkommen. Auf die Idee der Haltungsgebühr verfallen die Notenbanken leider nicht oder

dürfen es nicht, weil die volkswirtschaftlichen Dogmen heiliger sind

als die des Papstes! (Siehe auch das Zitat von Ludwig Erhard am 2510

Beginn unserer Schrift!)

So werden wir noch eine Weile mit einigen Phänomenen leben müssen, wie sie sich jetzt in den Ländern mit den hohen

Staatsschulden (Griechenland, Portugal, Spanien, Italien) und hoher 2515

Arbeitslosigkeit infolge mangelnder Konjunktur vorfinden..

Page 74: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 74

Die heutigen Schulden-Krisen

2520

Jeden Tag können wir in der Zeitung lesen, dass die Staaten (und auch die Leute) ungeheure Schulden haben. Allein die Bundesrepublik

Deutschland hat über 2 Billionen Staatsschulden, das sind 2000

Milliarden oder 2 Millionen Millionen Schulden. Wer hat ihr so viel Geld gegeben? Nun, ganz einfach solche Leute, die es sich erspart 2525

hatten, und es nicht jetzt ausgeben wollten oder mussten, sondern die es für spätere Zeiten „sicher anlegen“ wollten.

Während der Laufzeit der Anlage bekommen sie Zinsen, so dass sich das Vermögen und die dagegen stehenden Schulden laufend 2530

vergrößern, z.B. bei 9 % Zinsen verdoppelt sich die Schuld alle 8

Jahre, wenn man die Zinsen immer wieder dem gesparten Kapital zuschlägt. Jemand, der sein Haus durch Bau-Darlehen finanziert, zahlt

außer der Rückzahlung des Darlehens im Schnitt noch zwei

zusätzliche Häuser für den Darlehensgeber. Die Bundesrepublik 2535

Deutschland hat während der letzten Jahre immer neue Schulden

gemacht, weil die anfallenden Zinsen nicht bezahlt wurden. Für diese

Zinsen gab sie dann neue Schuldscheine an die Leute heraus, denen sie die Zinsen schuldig war und für die dann auch wieder Zinsen

bezahlt werden müssen (Zinseszins). 2540

Nun ist es so, dass sowohl der Staat als auch die anderen Leute an die

Geldgeber die Zinsen zahlen müssen, die am „Kapitalmarkt“ erzielbar

sind. Jeder von uns zahlt diese Zinsen in den Preisen von Gütern und Leistungen an die Produzenten, Händler und auch an den Staat. Sie 2545

müssen diese Zinsen an die Gläubiger weitergeben. Diese Zinsen

machen im Schnitt mehr als 30 % aller Preise aus mit wachsender Tendenz. Wie schon gesagt, zahlen alle jeden Tag für die gekauften

Waren und Dienstleistungen ca. eine Milliarde Euro Zinsen, die in den

Preisen enthalten sind. 2550

Viele Leute besitzen ein Sparbuch, einen Bausparvertrag, eine

Lebensversicherung, Bundesschatzbriefe, Aktien usw., wodurch sie

Page 75: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 75

auch zu denen gehören, die Zinsen kassieren. Aber erst, wenn man ein

Zins bringendes Geld-Vermögen von über 500 000 Euro sein Eigen 2555

nennt, erhält man mehr Zinsen, als man offen und verdeckt bezahlt. Unter diesem Betrag ist man bei den Verlierern. Nur etwa 10%

unserer Mitbürger profitieren von dem Zins, der auf alle Schulden

erhoben wird, der Rest zahlt immer drauf.

2560

Durch diesen Zins, der auch noch auf den nicht ausgezahlten Zins (Zinseszins) erhoben wird, entstehen ab einer gewissen

Vermögensgröße bald unvorstellbare Summen von Geldvermögen.

Dies können durch geschickte Umschichtungen und Spekulationen zu den riesigen Vermögen relativ weniger Personen führen. 2565

Diese Reichen versuchen ständig, ihr wachsendes Vermögen anzulegen, also Schuldner zu finden, die ihnen einen möglichst hohen

Zins bezahlen. Gleichzeitig sollen sie aber sichere Kandidaten für die

laufende „Bedienung“ der ausgeliehenen Gelder sein, wie man die 2570

Zinszahlungen vornehm nennt. Sie sollen auch sicher im Hinblick auf

eine Rückzahlung der eingegangenen Schulden sein. Meist möchte

man aber gar keine Rückzahlung, denn dann muss man aufs Neue einen zuverlässigen Schuldner finden.

2575

Am zuverlässigsten schienen in den vergangenen Jahren Staaten zu sein. Man glaubte, das Geld in vollem Vertrauen in Staatsanleihen

anlegen zu können. Aber die Geschichte zeigt, dass Staaten eigentlich

immer irgendwann zahlungsunfähig wurden und ihre Schulden nicht zurückbezahlt haben. Wir in Deutschland haben das bitter erfahren 2580

müssen. Trotzdem genießt derzeit die Bundesrepublik großes

Vertrauen bei den Vermögenden, obwohl die bezahlten Zinsen unter 3% gesunken sind. Im Zweifelsfall ist den Anlegern die Sicherheit der

Rückzahlung wichtiger als ein hoher Zinsertrag.

2585

Die so genannten Schuldenkrisen haben ihre Ursache in dem heute

überreichlichen Angebot von Geldkapital (Ersparnisse!). Wenn die

Page 76: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 76

Staaten sich dieses Geld nicht mehr leihen, dann würde der Zins noch

schneller „in einem Meer von Geld-Kapital ertrinken“, wie Keynes es 2590

erhofft hatte. Aber die interessierten Kreise haben die Staaten, die durch die machthungrigen Parteien dominiert werden, immer dazu

gebracht, für alles Mögliche das Geld bei ihnen zu leihen, damit sie

sich als Gläubiger durch ihre „Staatsschätzchen“, die „sichere“ Anlagen sind, gut aufgehoben fühlen konnten. 2595

Auch jetzt dienen die „Rettungsschirme“ für die praktisch insolventen,

d.h. zahlungsunfähigen Staaten, hauptsächlich dazu, die Inhaber von

deren Staatsschuldscheinen vor herben Verlusten zu schützen. Einem Privatmann würde man einer solchen Insolvenzverschleppung, wie sie 2600

sich die verschuldeten Staaten leisten, längst durch Einlieferung ins

Gefängnis den richtigen Riegel vorgeschoben haben.

Es ist scheinbar widersprüchlich, wenn auf der einen Seite

überreichlich Geldkapital vorhanden ist und andererseits Finanzkrisen 2605

entstehen, bei denen niemand mehr Geld geliehen bekommt. Selbst

die Banken leihen sich in der Krise untereinander kein Geld mehr,

weil jeder misstrauisch ist, ob er sein Geld auch zurückbekommt. Keiner „glaubt“ dem anderen mehr, denn keiner will am Ende der

geprellte „Gläubiger“ sein. 2610

Was für die Banken gilt, stimmt genauso für Privatpersonen, die in der

Krise auch kein Geld mehr hergeben. Im Gegenteil, sie heben ihr Geld

sogar bei der Bank ab und halten es bar zuhause Das führt zu einem raschen Nachlassen aller Kaufvorgänge am Markt, weil keiner mehr 2615

sein Geld ausgibt. Das nennt man eine Rezession (aus dem

Lateinischen = Rückgang).

Arm und Reich 2620

Die großen und immer größer werdenden Unterschiede zwischen

«Reich« und »Arm, aber fleißig« haben ihre Ursache zum einen in der

Page 77: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 77

Möglichkeit, für die Hergabe von Ersparnissen den Zins erheben zu

können. Nur auf diese Weise kann man so riesige Vermögen 2625

anhäufen, wie sie sich heute vorfinden. „Von der Arbeit allein ist noch niemand reich geworden“, sagt der Volksmund ganz richtig.

Es gibt aber zusätzlich noch zwei weitere Möglichkeiten, um reich zu werden: 2630

• Besitz von Grund und Boden, wozu auch die Bodenschätze gehören

• Besitz von Patenten

Beides sind vom Staat geschützte Monopole, die den Inhabern 2635

Vorrechte (Privilegien) gewähren, die große Einkünfte ermöglichen.

Der Boden und die Bodenschätze

2640

Grund und Boden und die damit verbundenen Bodenschätze sind

keine Güter, die durch menschliche Arbeit entstanden sind. Sie stehen

den Menschen wie von Gott gegeben ohne Arbeit zur Verfügung. Man muss sie sich nur aneignen und kann sie dann fast unbegrenzt

ausbeuten. 2645

Betrachten wir zunächst den Boden, der für den Bau von Häusern

notwendig ist. Kein Mensch kann auf dieser Erde leben, wenn er nicht

den Platz hat, wo er seine Füße hinstellen kann und wo er sich niederlegen kann, wenn er schlafen möchte. Jeder Mensch ist 2650

unbedingt auf Grund und Boden angewiesen.

Er ist letztlich auch darauf angewiesen, seine Ernährung durch den

Anbau von Früchten und das Halten von Tieren zu ermöglichen. Auch

für die Ausübung seiner Arbeit benötigt er den notwendigen Platz. 2655

Page 78: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 78

Wenn der Mensch geboren wird, so kommt er entweder bei jemandem

an, der zufällig Eigentümer des von ihm bewohnten Grundes,

vielleicht auch noch Eigentümer seines Arbeitsplatzes und des notwendigen Ackers und der Wiesen für die Tiere ist, wie wir das 2660

früher bei einem freien Bauern vorfanden. Ein solches Kind hat schon

einmal erhebliche Vorteile durch diese bestehenden Vorrechte vor einem Kind, das nicht in so glückliche Verhältnisse hineingeboren

wurde. Der Umfang von solchem „vorgefundenen“ Grund kann sehr unterschiedlich sein. 2665

Woher haben nun die Eltern und die weiteren Vorfahren diesen Grund? Es kann gut sein, dass sie in irgendeiner Generation einfach

durch Aneignung Eigentümer geworden sind. In den USA konnten die

Einwanderer den vorhandenen Boden einfach durch einen Zaun als 2670

den ihrigen bestimmen. So wurde er dann auch in den neu erstellten

Grundbüchern eingetragen. Alle Nachfolger auf so einem Grundstück

hatten es entweder ohne Kosten geerbt oder mussten es für Geld erwerben. Die Neuankömmlinge hatten es auch insofern einfach, als

die vorher dort lebenden Indianer kein Eigentum an Grund und Boden 2675

kannten. Diese Aneignung von Grund und Boden nannten die Römer „privare“, zu Deutsch „rauben“. Privatbesitz von Grund und Boden ist

deshalb vom Ursprung her „Raub“, was den französischen

Philosophen Proudhon zum Titel eines berühmten Buches machte: „Eigentum ist Diebstahl!“ 2680

Die Grundrente

So ist es auch heute noch: Die einen erben und sind fein raus und die 2685

anderen müssen es kaufen und sind arm dran. Oder aber sie können

mangels Geld kein Grundstück kaufen und müssen eine

Nutzungsgebühr an den Eigentümer bezahlen, die man als Pacht oder Miete bezeichnet. Die nennt man auch Miet-Zins, weil die

Nutzungsgebühr wie beim Zins für die laufende Zeit des Besitzes 2690

bezahlt werden muss.

Page 79: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 79

Dem Eigentümer des Bodens fließt so ein ständiges Einkommen zu,

für das er nicht arbeiten muss, nämlich die „Grundrente“. Nutzt er den Grund selber, so erspart er sich diese Zahlungen an andere, was sich 2695

für ihn auch in diesem Fall wie ein Zusatzeinkommen auswirkt, denn

um dieses ist der Gewinn am Verkauf seinen Waren höher, als der Konkurrenz, die Pacht und Miete zahlen muss.

Viele Bauern müssen heute Land dazu pachten von Leuten, die dieses 2700

Land geerbt haben und selber keine Landwirtschaft mehr betreiben.

Denen ist meistens die Pacht lieber als ein Verkauf des Landes, weil sie auf den Verkauf nicht angewiesen sind. Sie haben so ein hübsches

Zusatzeinkommen, und das Land wird wegen der natürlichen

Knappheit nach aller Erfahrung immer teurer. 2705

In den Mieten der Häuser und Wohnungen ist dieser Zins für den

benutzten Boden enthalten und bringt dem Eigentümer des Grundes ein zusätzliches Einkommen. Der Rest der Miete wird völlig zu Recht

für die Nutzung des Hauses bezahlt, das sonst nicht gebaut worden 2710

wäre.

Es bezahlen also alle Nichtbesitzer von Grund und Boden Gebühren

(Zins) an die Eigentümer desselben, die dadurch ein Privileg innehaben. Denn der Boden ist nicht vermehrbar, er kann nicht neu 2715

hergestellt werden, wie andere Waren. Boden vergeht nicht, nutzt sich

nicht ab, bleibt für immer erhalten. Grundbesitzer haben auch die Chance, dass ihr Grund eines Tages für öffentliche Nutzungen

benötigt wird, wie Straßenbau, Eisenbahn und andere öffentliche

Einrichtungen. Das ganz große Los haben die gezogen, deren Grund 2720

vom Gesetzgeber zu Bauland umgewidmet wird. So sind manche

Bodenbesitzer in der Umgebung von Städten zu Millionären

geworden, ohne eine Hand rühren zu müssen, falls sie den Boden von ihren Vorfahren ererbt oder früher billig eingekauft hatten.

2725

Wer das Glück hat, viel Land zu besitzen, und zusätzlich mit den

Page 80: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 80

zugehörigen Bodenschätzen gesegnet ist, der kann sehr reich werden.

Dafür gibt es Beispiele genug, man denke nur an die Erdölquellen-

Besitzer in den USA oder an die arabischen Länder, wo selbstverständlich das dort geförderte Öl dem Eigentümer des 2730

Grundstücks gehört. Das dadurch eingenommene Geld wird dann zum

größten Teil Zins bringend angelegt, so dass wachsender Reichtum „alternativlos“ ist.

Hier wirkt sich eine Rechtsordnung aus, die in unseren Landen nicht 2735

immer so war. Früher war der Boden als Gemeineigentum im Besitz

der Landesherrschaft, die es den Bewohnern gegen entsprechende Gegenleistungen zu Lehen gab. Im Gegenzug sorgte die Herrschaft für

die Rechtsordnung und die Sicherheit. Das wurde später missbraucht,

indem das Gemeineigentum willkürlich als persönliches Eigentum der 2740

Landesherrschaft betrachtet wurde, die es dann gegen Geld verkaufte,

um damit Kriege oder einen aufwändigen Lebensstil zu finanzieren.

Die Geldhaltegebühr und die Grundrente 2745

Sollte die Haltegebühr für das Geld eingeführt werden, dann fiele das

„Neue Geld“ als Grundlage für ein Zins bringendes Einkommen

weitgehend weg und nur der Boden bliebe übrig. Da er nicht vermehrbar ist, würden sofort die Bodenpreise bzw. die 2750

Nutzungsgebühren für den Boden (Pachten, Mieten) steigen, denn

kein Mensch würde noch Boden verkaufen, der so ein Goldesel ist.

Die Bodenreform 2755

Deshalb muss man sich Gedanken über eine Reform des Bodenrechtes

machen. Eine Möglichkeit wäre die, welche man auch zur Behebung der Parkplatznot anwendet: Man erhebt von jedem Bodeneigentümer

eine je nach Lage zu bestimmende Nutzungsgebühr (die heute 2760

Page 81: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 81

erhobene Grundsteuer ist wesentlich niedriger als die erzielbaren

Pachten, wodurch dem Grundbesitzer die Einnahme kaum

geschmälert wird), die für die Dauer der Nutzung erhoben wird. Diese Gebühren würden in einen Topf fließen, der dann pro Kopf der

Bevölkerung zu gleichen Teilen verteilt wird. Auf diese Weise 2765

bekommen alle Nutzer von Grund einen Teil der von ihnen bezahlten Gebühren zurück, die einen mehr, als sie selber zahlen mussten, weil

sie wenig Grund benutzten oder weil der von ihnen benutzte Grund weniger wert war. Die anderen bekämen weniger zurück, weil sie ein

teures Grundstück benutzen oder weil es sehr groß ist. 2770

Jeder Bodeneigentümer, der keinen Nutzen aus seinem Grundstück

zieht, würde schnell seinen Boden abgeben, da er ihm nur Kosten

verursachen würde, ohne ihm einen Nutzen zu bringen. Auf diese Weise würden die „Immobilien“ (die Unbeweglichen) immer mobiler, 2775

d.h. man hätte häufiger die Möglichkeit, ein passendes Grundstück

gegen die fällige Gebühr zu pachten.

Es gibt einige Möglichkeiten, das Bodenproblem praktisch zu lösen:

Am Beginn müsste Einigkeit hergestellt werden über die 2780

Notwendigkeit einer Bodenreform. Das wird sehr schwierig sein, denn

es wird sich der massive Widerstand der jetzigen Bodenbesitzer

erheben. Obwohl die Mehrheit der Menschen keine Bodenbesitzer sind, wird es noch lange dauern, bis sich hier etwas ändern lässt.

2785

Sollte vor einer allgemeinen Einigung für eine wirklich gründliche Lösung des Problems etwas getan werden, so würde eine langsame

Anhebung der Grundsteuer bei gleichzeitiger Abschaffung der

Grunderwerbssteuer einiges bewirken. Die Grunderwerbssteuer ist eine Beteiligung des Staates an dem Besitzwechsel der 2790

Grundeigentümer. Da die Steuer bei jedem Wechsel anfällt, wirkt sie

hemmend auf den Besitzwechsel. Vor allem eine Trennung der Grundsteuer von dem Wert der darauf errichteten Gebäude ist

erforderlich. Die Gebäude zu besteuern ist unvernünftig, weil sie ein

Verbrauchsgut sind und im Laufe der Zeit an Wert verlieren. 2795

Werterhaltung kostet Geld und solche Investitionen dürfen nicht

Page 82: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 82

steuerlich behindert werden.

Da die Grundsteuer ständig erhoben wird, wirkt sie wie eine Bodennutzungssteuer. Nur hat sie derzeit keinen optimalen Effekt, 2800

weil sie die Bodennutzung nicht dem zuführt, der den Boden am

besten nutzt.

Grund und Boden sollte der Gemeinschaft der Menschen gehören und von einer öffentlichen Einrichtung verwaltet werden, ähnlich der 2805

unabhängigen Notenbank. Wäre der gesamte Grundbesitz in

öffentlicher Hand (nicht in Staatseigentum!), so könnte die Vergabe der Nutzung gegen eine Pacht erfolgen. Die Höhe der Pacht müsste in

einem Versteigerungsverfahren an den Meistbietenden ermittelt

werden. Wer am meisten bietet, erhält den Zuschlag. Ein Wechsel des 2810

Pächters erfolgt immer dann, wenn ein Nutzer seinen Pachtvertrag

kündigt, was er jederzeit mit relativ kurzen Fristen tun könnte. Bei

einer solchen Versteigerung der Pacht an einen neuen Pächter würde nicht das auf dem Grund errichtete Gebäude mit versteigert. Das muss

der neue Pächter dem bisherigen Besitzer abkaufen, wenn er die Pacht 2815

ablösen will. Bei einer Steigerung oder Minderung des Bodenwertes durch öffentliche Maßnahmen erfolgte eine Anpassung der Pacht.

Durch das heute herrschende Eigentumsrecht am Boden wird man nicht umhin kommen, eine Enteignung des Bodens mit voller 2820

Entschädigung der derzeitigen Eigentümer nach dem Verkehrswert

des Bodens durchzuführen. Es würde keine Barzahlung der Ablöse geben, sondern die Ausgabe von handelbaren, inflationsgesicherten,

nicht verzinslichen Schuldscheinen, die von dem Grundstücksamt aus

den Einnahmen der Pachten nach und nach zurückgekauft würden. 2825

Erst nach dem Rückkauf der letzten Schuldscheine könnte mit einer

Verteilung der eingenommenen Gelder begonnen werden, wie es oben

beschrieben wurde.

Wenn die Bodenfrage auf diese Weise möglichst weltweit gelöst 2830

würde, wären viele Gründe für Streitigkeiten der Menschen

Page 83: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 83

untereinander nicht mehr vorhanden. Das beginnt mit den

unerfreulichen Streitereien unter den Erben von Grundstücken und

Immobilien und endet mit den Kriegen, die wegen Landbesitz und Fundstätten von Rohstoffen entstehen. Die Einnahmen aus den 2835

Verpachtungen würden pro Welt-Einwohner zu gleichen Teilen

verteilt. Zusammen mit der gleichen Verteilung aus den Einnahmen der Geldnutzungsgebühr würde das bereits ein gewisses

Grundeinkommen für jedermann ergeben.

2840

Silvio Gesell, einer der frühen Bodenreformer, hatte die fabelhafte

Idee, die eingehende Grundrente den Müttern pro Kopf ihrer Kinder zuzuteilen. Damit wären die Mütter unabhängig vom Verdienst Ihrer

Männer, die leicht dazu neigen, die Macht, die das Geld jedem

Menschen verleiht, gegenüber ihren Frauen zu missbrauchen. 2845

Obendrein ging er von der Überlegung aus, dass die nachwachsenden

Kinder die Garantie für das Entstehen der Grundrente sind: Gäbe es

keine oder immer weniger Kinder, dann würde automatisch die Nachfrage nach Grund und Boden nachlassen und die Höhe der

Grundrente abnehmen. 2850

Die Patente

Eine weitere Quelle für Einnahmen verschafft das Patentrecht. Patente 2855

werden auf Erfindungen angemeldet, die jemand gemacht hat. Will

jemand diese Erfindung nutzen, so muss er sich mit dem Patentinhaber über eine Nutzungsentschädigung einigen.

Erfindungen werden immer auf den Erkenntnissen vieler 2860

vorangegangener Denker aufgebaut. Insofern profitiert der Erfinder

immer von der Geistestätigkeit anderer Menschen, deren Ergebnisse

er ohne Kosten nutzen kann. Insofern sollten die neuen Erkenntnisse auch allen Menschen zum Nutzen zur Verfügung stehen, da dadurch

die allgemeine Wohlfahrt am meisten gefördert wird. Durch die 2865

Patente erzielt der Inhaber für einen begrenzten Zeitraum von heute 20

Page 84: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 84

Jahren eine Monopolrente. Das wäre noch zu rechtfertigen. Aber

leider wird das Patentrecht von mächtigen Wirtschaftsbetrieben

ausgenutzt, denen nicht daran gelegen ist, dass ihre altmodischen Fertigungstechniken durch modernere und preiswertere Verfahren 2870

ersetzt werden. Sie kaufen Patente auf und legen sie still. Die

Erfindung ist für die Menschheit während der Schutzfrist verloren. Der Fortschritt wird so aus egoistischen Motiven aufgehalten. Eine

vollständige Abschaffung des Patentrechtes wäre die beste Lösung.

2875

Mit der Abschaffung des Patentrechtes könnten keine neuen Patente

mehr erteilt werden. Die einmal erteilten laufen noch die verbliebene Zeit, man muss sie nicht abschaffen. Sie wurden rechtsgültig erteilt

und müssten bei einer vorzeitigen Beendigung entsprechend

entschädigt werden. Ein unnötiges und aufwändiges Verfahren, das 2880

man sich ersparen kann.

Um zukünftige Entwicklungen wird man sich nicht sorgen müssen. Hat einer eine Erfindung gemacht, und diese zur Produktionsreife

entwickelt, so hat er immer einen erheblichen Vorsprung vor der 2885

Konkurrenz. Bei einer blühenden Wirtschaft mit Vollbeschäftigung hat es niemand nötig, sich Patente anzuschaffen, um einen Monopol-

Vorteil zu genießen.

2890

Die Finanzierung des Staates

Wenn der Staat in vernünftiger Weise auf die Tätigkeiten beschränkt

würde, die Aufgabe des Staates sind, würden die dafür notwendigen

Mittel gering sein und könnten im besten Fall durch eine gleiche 2895

Steuer pro Steuerpflichtigen erhoben werden. Diese Aufgaben sind:

• Pflege der Rechtsordnung durch die Schaffung nur der wirklich

notwendigen Gesetze (Legislative)

• Erhaltung der Rechtsordnung durch die Rechtsprechung

(Judikative) 2900

Page 85: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 85

• Durchsetzung der Rechtsordnung durch die Ordnungsorgane

(Exekutive),

Da der Staat prinzipiell für alle Staatsbürger in gleicher Weise tätig

ist, entspricht auch die gleiche Steuer für alle dem Gleichheitsprinzip 2905

des Staates.

Alle heute vom Staat betriebenen Unternehmungen müssten von den Bürgern selbst betrieben werden. Das gilt vor allem für die gesamten

Einrichtungen der Bildung (z.B. Schulen, Universitäten, Theater, 2910

Museen). Dort herrscht heute eine solche Gängelung von kulturellen Initiativen, dass auf diesem so wichtigen Gebiet die Forderung des

Grundgesetzes nach dem Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit

am meisten gehindert wird.

2915

Die Finanzierung der Bildungseinrichtungen sollte von den Bürgern

möglichst direkt geleistet werden. Wenn der Staat von diesen Aufgaben entbunden würde, könnten die nun nicht mehr notwendigen

Steuern die Mittel frei machen, die von den Bürgern in eigener

Entscheidung dort eingesetzt werden, wo sie es für richtig halten. Sie 2920

hätten die volle Verantwortung und hätten alle Folgen ihrer

Entscheidungen selbst zu tragen. In dem Maße, wie sie Verantwortung

tragen, werden sie sich auch die dafür notwendige Bildung aneignen. Die Bevormundung durch den Staat in einer der wichtigsten

Funktionen des Bürgers würde endlich vorbei sein. 2925

Für die Erziehung der Kinder sind zunächst die Eltern und von ihnen

vor allem die Mütter für die Vorschulzeit verantwortlich. Die Kosten

sollten durch ein unbedingtes Grundeinkommen für die nachwachsende Generation gewährleistet sein. Dasselbe würde ohne 2930

Prüfung der Einkommensverhältnisse bis zum Beginn der

eigenständigen Erwerbsarbeit gewährt. Das würde für Schüler, Lehrlinge und Studenten gleichermaßen gelten. Man könnte es bis

zum 25. Lebensjahr vorsehen. Davon sind dann allerdings auch die

Kosten für die den häuslichen Aufwand einschließlich der Entlohnung 2935

Page 86: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 86

der Mütter, die Schule, die Universität und den Lehrbetrieb zu

bezahlen.

Gerade die Ausbildung für die nicht akademischen Berufe dürfte keinesfalls bereits einem Erwerbsberuf gleichen. Es wäre vielmehr an

die alte Tradition der früheren Lehrlings- und Gesellenzeit 2940

anzuknüpfen, die eine Bildung der Jugend durch Wanderungen bis weit in fremde Länder ermöglichte. Das könnte in moderner Weise

durchgeführt werden, indem auch nicht akademische Berufe die Möglichkeit hätten, in fremden Ländern ihre Ausbildung zu ergänzen.

Das wird von den akademischen Studenten jetzt schon weitgehend 2945

genutzt.

Die für dieses bedingungslose Grundeinkommen der Jugend

erforderliche Geld würde wie bisher durch allgemeine gleiche Abgaben aller aufgebracht und müsste wieder von einer 2950

staatsunabhängigen Einrichtung analog der heutigen Rentenkasse

verwaltet werden. Es wäre nur erforderlich, dass nicht mehr der Staat als Unternehmer im Bereich von Universität und Schule auftritt,

sondern lediglich die allgemeine rechtliche Aufsicht darüber führt,

wie es auch im Grundgesetz vorgesehen ist. Schulen und 2955

Universitäten sind als freie Unternehmungen der Lehrenden zu führen

und müssten von den Einkünften existieren, welche ihnen von den

Studierenden und Schülern zukommen würden. Sie stünden untereinander im Wettbewerb und wären genötigt, sich um die

Ausbildungsgänge selbst zu kümmern. Sie hätten die volle 2960

Verantwortung für die Abschlüsse, die sie durch Zeugnisse bescheinigen. Diese hätten keinen berechtigenden Charakter mehr,

sondern nur einen empfehlenden. Die Lehrenden wären nicht mehr

Angestellte des Staates oder gar Beamte. Sie wären dann auch nicht mehr an Anweisungen des Staates gebunden. 2965

Die Wissenschaft müsste von den Lehr-Betrieben völlig getrennt werden. Sie müsste von den freiwilligen Zuwendungen der an den

Wissenschaften Interessierten finanziert werden. Das müsste nicht

daran hindern, dass Lehrende sich auch wissenschaftlich betätigen je 2970

Page 87: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 87

nach Begabung und Berufung. Aber die dazu notwendigen

Einrichtungen sollten getrennt bleiben.

Kulturelle Einrichtungen und solche von Weltanschauungen müssten

gleichermaßen von den freien Zuwendungen der daran Interessierten 2975

getragen werden. Aus solchen Tätigkeiten darf kein Rechtsanspruch entstehen, der nur aus deren Vorhandensein abgeleitet wird.

Damit wären die vollkommen veralteten Machtpositionen des Staates

am Ende und die Vielfalt des Geisteslebens könnte sich endlich 2980

fruchtbar entwickeln. Es wäre ähnlich der Entwicklung nach der historischen Währungsreform 1948, wo das Potential menschlichen

Erfindungsreichtums wenigsten im wirtschaftlichen Bereich sich

vollständig entfalten konnte, nachdem das nivellierende Prinzip der Planwirtschaft abgeschafft wurde. Diese bis heute herrschende 2985

Planwirtschaft im Bildungsbereich muss nun auch endlich der

Vergangenheit angehören. Wenn die Verbesserungen der Geldordnung sich durchgesetzt haben, wird auch die freie

Finanzierung der Bildungs- und sonstigen Kultureinrichtungen, wie

Theater und andere Künste, durch Schenkungen der Bürger kein 2990

Mangelzustand mehr sein wie bisher.

Das gleiche gilt für das so genannte Gesundheitswesen. Auch dieses geht mit eine unwürdigen Entmündigung des selbst bestimmten

Bürgers einher. Hier ist das Recht auf freie Entfaltung der 2995

Persönlichkeit fast vollständig aufgehoben. Gerade weil es sich hier um die intimsten Angelegenheiten eines freien Menschen handelt,

sind die gegenwärtigen Einrichtungen unbedingt völlig zu

reformieren. Sie führen heute zu einer unglaublichen Machtbildung durch die Bürokratie. Aber auch die von einer solchen 3000

Monopolisierung herrührende Missbrauch und Betrug führen zu einer

Ausbeutung gerade der hilfsbedürftigen Menschen. Die Würde des Menschen ist das höchste Gut. Sie wird im heutigen

Gesundheitswesen massiv beschädigt.

Ein vernünftiges Versicherungswesen nach dem Prinzip der 3005

Page 88: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 88

gegenseitigen Hilfe lässt sich auch durch Übereinkunft an Stelle des

heutigen Zwangssystems herstellen.

Ein weiteres wirtschaftliches Problem ist die Versorgung der

Menschen nach Beendigung der Erwerbstätigkeit, die so genannte 3010

Rente. Der Begriff Rente stammt aus einer Zeit, als ein Rentner derjenige war, der Einkünfte vor allem aus Verpachtungen von Grund

und Boden und anderen Nutzungsrechten, wie Wald, Jagd oder Fischereigründen bezog. Man kann das in den Erzählungen von

Balzac nachlesen, in denen ständig von solchen Renten die Rede ist. 3015

Es waren die Einkünfte einer mit Vorrechten ausgestatteten Schicht, deren einzige Leistung die Verwaltung ihrer Pfründen war. Es war

also ein weitgehend leistungsloses Einkommen.

Ein solches Einkommen sollte durch die Sozialgesetzgebung auch den 3020

nicht mehr berufstätigen oder berufsunfähigen Bürgern zukommen,

für die man nicht den Begriff eines bedingungslosen Grundeinkommens anwendet, sondern eben den feudalistischen

Begriff der Rente.

3025

Heute werden die Mittel für diese Rente im Umlageverfahren

beschafft, indem die Berufstätigen (allerdings nur die in Abhängigkeit

beschäftigten!) Beiträge einzahlen, die sofort als Renten an die Berechtigten weitergegeben werden. Dafür ist sowohl bei der

Erhebung der Beiträge als auch bei der Ermittlung der Höhe der Rente 3030

eine aufwändige Bürokratie erforderlich, die ähnlich wie bei der heutigen gesetzlichen Krankenversicherung erhebliche Kosten

verursacht. Es wäre deshalb vernünftig, der alten Generation genauso

ein bedingungsloses Grundeinkommen gleicher Höhe zu gewähren, das ein würdiges und sorgenfreies Alter ermöglicht. Wer sich dann 3035

zusätzlich durch Ersparnisse usw. ein zusätzliches Einkommen im

Alter sichern will, kann das nach eigenem Ermessen tun.

Da schon heute die Rente im Umlageverfahren finanziert wird, würde

sich nur das Verfahren für die „Berechtigung“ total vereinfachen. 3040

Page 89: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 89

Niemand müsste noch Beitragsnachweise sammeln, sondern alle

Berufstätigen einschließlich der heute nicht Versicherungspflichtigen

würden durch Einzahlungen eines bestimmten Prozentsatzes ihres Einkommens diese Umlage finanzieren.

3045

Durch diese Einrichtung und das Grundeinkommen für die Kinder würde das Interesse am „Kinderkriegen“ wieder ein normales Maß

erreichen. Denn was man auch macht, ohne eine nachwachsende Generation wird es keine ausreichende Altersversorgung geben.

3050

Straßen, Wasserversorgung, Abwasserentsorgung etc. sind Gemeinschaftsleistungen der Gemeinden, Städte und Länder, die aber

gar nicht zwingend von staatlichen Behörden hergestellt und betrieben

werden müssten. Sie könnten von den untersten politischen Ebenen in eigener Regie nach dem Subsidiaritätsprinzip ohne übergeordnete 3055

Behörden gelöst werden. Unternehmungen der Bürger müssten als

Versorger vorherrschen, wobei die Entscheidung über die notwendigen Mittel immer von denen getroffen werden müssen, die

die Mittel aufbringen.

3060

Wir sind der Staat!

Damit möchte ich schließen: Das Volk in fast allen „Demokratien“

betrachtet immer noch wie in den Zeiten der Königreiche den Staat als 3065

eine Sache der Obrigkeit, „die Gewalt über ihn hat“. In Wirklichkeit ist es schon lange an der Zeit, dass wir als Volk die Sache des Staates

zu unserer eigenen Sache machen und nicht den Parteien und anderen

Mächtigen die Regierung überlassen. Solange das nicht geschieht, werden die Verhältnisse immer unerfreulicher werden. Wir müssen 3070

uns darüber klar werden, dass alles, was wir nicht selber tun, dann von

anderen getan wird, die es für ihre Zwecke nutzen und missbrauchen.

Um aber die „Herrschaft des Volkes über sich selbst“ (Demokratie) zu

verwirklichen, ist es notwendig, dass sich eine genügend große 3075

Page 90: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 90

Anzahl von Bürgern in den Angelegenheiten auskennt, die im

Gemeinwesen geregelt werden müssen. Bei unseren Betrachtungen

über die Wirtschaft gehe ich davon aus, dass immer mehr Bürger sich sachkundig machen, damit sie eine gute Grundlage an Wissen haben,

wenn sie dann selbst die Entscheidungen treffen müssen. 3080

Denn für die Verbesserung der heutigen Verhältnisse sind einige

wichtige Änderungen in der Rechtsordnung notwendig. Es müssen einige Gesetze geändert werden. Unsere gesetzgebende Versammlung

ist das Parlament. Wenn die dort versammelten Abgeordneten keine 3085

Ahnung von der Wirtschaft haben, dann können sie sich auch kein Urteil über den Sinn der zu ändernden Gesetze bilden. Sie beauftragen

damit so genannte Sachverständige. Aber gerade denen muss man auf

die Finger schauen. Sie müssen gezwungen werden, ihre Theorien so zu begründen, dass sie jedermann einleuchten. Es muss unter ihnen 3090

ein völlig offener Wettbewerb über die besten Ideen stattfinden.

Welche Ideen dann verwirklicht werden, sollte durch Übereinkunft derjenigen erfolgen, die den Nutzen haben und die die Lasten tragen

müssen.

3095

Es wird auch zunehmend so sein müssen, dass nicht mehr nur die

Parteien und die von ihnen aufgestellten und dann gewählten

Kandidaten uns Bürgern die Entscheidungen abnehmen. Wir müssen uns nicht ein „Mitspracherecht“ gnädig zuteilen lassen, sondern wir

müssen uns so verhalten, wie es das Grundgesetz von uns verlangt. 3100

Dort heißt es nämlich, dass „alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht“ und ihm nicht nur eine Mitsprache eingeräumt wird. Im Grundgesetz

steht auch, dass den Parteien von uns, „dem Volk“ nämlich, eine

„Mitwirkung“ oder auch „Mitsprache“ eingeräumt wird. Mehr aber auch nicht! Dabei soll es nicht nur bleiben, sondern dazu muss es 3105

endlich kommen.

Lasst uns endlich in den Chor einstimmen, den die Bürgerrechtler in

der ehemaligen DDR einst anstimmten: „Wir sind das Volk!“

3110

Page 91: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 91

Bad Boll, den 24. Juni 2013

Dr. med. Gerhardus Lang, Klinge 10, 73087 Bad Boll, e-mail:

[email protected] 3115

Literaturverzeichnis:

Gesell, Silvio, Die natürliche Wirtschaftsordnung, ISBN-13: 978-3120

3879989713

Creutz, Helmut, Das Geldsyndrom, ISBN-13: 978-3928493468

Steiner, Rudolf, Die Kernpunkte der Sozialen Frage und andere

Werke

Humboldt, Wilhelm v., Ideen zu einem Versuch, die Grenzen der 3125

Wirksamkeit des Staates zu bestimmen

Zeitschriften

Christen für gerechte Wirtschaftsordnung, Rundbrief, Christen für

gerechte Wirtschaftsordnung e.V., Rudeloffweg 12, 14195 Berlin 3130

Fairconomy, Herausgeber: INWO Deutschland e.V., Wüstefeld 6,

36199 Rotenburg an der Fulda

Fragen der Freiheit, Herausgeber: Seminar für freiheitliche Ordnung e.V. Badstr. 35, D - 73087 Boll

Humane Wirtschaft, Herausgeber: Förderverein Natürliche 3135

Wirtschaftsordnung e.V., Schanzenweg 86, 42111 Wuppertal

Mehr Demokratie, Herausgeber: Mehr Demokratie e.V., Greifswalder

Str. 4, 10405 Berlin

Zeitschrift für Sozialökonomie (ZfSÖ). Herausgeber: Stiftung für Reform der Gel- und Bodenordung in Zusammenarbeit mit der 3140

Sozialwissenschaftlichen Gesellschaft 1950 e.V..Verlag: Gauke

GmbH, Verlag für Sozialökonomie, Hofholzallee67, 24109 Kiel

Page 92: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 92

Inhaltsverzeichnis

Kleine Volkswirtschaftslehre für Jedermann ....................................... 1

Impressum: .......................................................................................... 1

Vorwort .............................................................................................. 1 Einleitung ............................................................................................ 2

Die Arbeit............................................................................................ 2 Das Produkt und die Produktion .......................................................... 2

Die Arbeitsteilung ............................................................................... 3

Der Tausch und der Gewinn aus der Arbeitsteilung ............................ 3 Der Markt ............................................................................................ 4

Die Produkte, die Waren und die Güter ............................................... 4

Das Tauschmittel ................................................................................. 5 Das Tauschmittel als Werkzeug .......................................................... 5

Der Tauschgegenstand ........................................................................ 6

Welche Tauschmittel gibt es? .............................................................. 6 Das Geld ............................................................................................. 6

Das Papiergeld .................................................................................... 7

Das heutige Geld ................................................................................. 7 Die Geldmenge ................................................................................... 7

Die Geldausgabe ................................................................................. 8

Wie kommt das Geld in Umlauf? ........................................................ 8 Die Zentralbank ................................................................................... 9

Wie funktioniert das Geld als Tauschmittel? ....................................... 9

Was ändert sich am Tausch durch das Geld? ....................................... 9 Der Umsatz ....................................................................................... 10

Die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes ............................................ 10

Das Geld und die Währung ............................................................... 10 Der Preis und der Wert ...................................................................... 11

Das Eigentum und der Besitz von Geld ............................................. 12

Der Hammer und der Zimmermann .................................................. 12 Das Mittel und die Macht .................................................................. 13

Die Wertaufbewahrung durch Geld. .................................................. 14

Die Wertaufbewahrung und das Tauschmittel ................................... 14 Die Deflation ..................................................................................... 15

Page 93: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 93

Der „Geldstreik“................................................................................ 15

Der Zins ............................................................................................ 16

Der Kredit ......................................................................................... 16 Der Gläubiger und der Schuldner ...................................................... 16

Das Problem der Schulden und „die Einkünfte“. ............................... 17

Die Konten: das Sparkonto und das Giro-Konto. .............................. 17 Die Insolvenz .................................................................................... 18

Das Wachstum der Sparguthaben ...................................................... 18 Das Vermögen................................................................................... 19

Das Geld-Vermögen .......................................................................... 19

Die Milliardäre .................................................................................. 20 Die Geldanlage. Das Geldvermögen. ................................................ 20

Funktionen des Zinses ....................................................................... 22

Die Nachfrage nach Krediten ............................................................ 22 Die Lenkungsfunktion des Zinses ..................................................... 22

Die Kreditklemme ............................................................................. 23

Der Geldmarkt................................................................................... 24 Die Geldhaltegebühr ......................................................................... 24

Was heißt denn eigentlich Konjunktur?............................................. 25

Der Finanzmarkt................................................................................ 26 Das „arbeitende“ Kapital ................................................................... 26

Der Gewinn ....................................................................................... 26

Der Sinn des Geldes .......................................................................... 27 Der Gewinn der Arbeit ...................................................................... 27

Das Geld und die Macht .................................................................... 28

Der Tanz ums Goldene Kalb ............................................................. 28 Der Profit .......................................................................................... 30

Die Aktien ......................................................................................... 30

Staatliche Schuldverschreibungen oder Anleihen. ............................. 31 Das Mittel und seine Verbesserung ................................................... 31

Die „Haltegebühr“ ............................................................................. 33

Die heutigen Schulden-Krisen ........................................................... 34 Die Schuldenkrisen ........................................................................... 35

Arm und Reich .................................................................................. 35

Der Boden und die Bodenschätze ...................................................... 36 Die Grundrente .................................................................................. 37

Die Geldhaltegebühr und die Grundrente .......................................... 38

Page 94: Dr langs kleine vwl

Seite von 94 94

Die Bodenreform ............................................................................... 38

Die Patente ........................................................................................ 40

Finanzierung des Staates ................................................................... 40 Literaturverzeichnis:.......................................................................... 44

Zeitschriften ...................................................................................... 44

3145