drschroedter.de

43
www.drschroedter.de Konflikte zwischen Hochwasserschutz und Städtebau Seminarunterlage für das vhw-Seminar am 11.05.2009 in Halle/Saale von Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Schrödter, Wedemark, www.drschroedter.de

description

Konflikte zwischen Hochwasserschutz und Städtebau Seminarunterlage für das vhw-Seminar am 11.05.2009 in Halle/Saale von Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Schrödter, Wedemark, www.drschroedter.de. www.drschroedter.de. I. Übersicht zu den Auswirkungen des neuen Hochwasserschutz- - PowerPoint PPT Presentation

Transcript of drschroedter.de

Page 1: drschroedter.de

www.drschroedter.de

Konflikte zwischen Hochwasserschutz und

Städtebau

Seminarunterlage für das vhw-Seminar am 11.05.2009 in Halle/Saale von Rechtsanwalt

Dr. Wolfgang Schrödter, Wedemark, www.drschroedter.de

Page 2: drschroedter.de

www.drschroedter.de

I. Übersicht zu den Auswirkungen des neuen Hochwasserschutz-

gesetzes auf das Städtebaurecht

1. Städtebauliches Planungsverbot mit Erlaubnisvorbehalt (§ 31b Abs. 4

Sätze 1 und 2 Nrn. 1 bis 9 WHG ) in (neuen) Überschwemmungsgebieten

2. Einschränkung der Genehmigungstatbestände nach den §§ 30, 34

und 35 BauGB in (neuen) Überschwemmungsgebieten

3. Umsetzung durch das WG LSA i. d. F. der Bekanntmachung vom

12.04.2006 (GVBl. LSA 248). Die Bestimmungen gelten auf der

Grundlage des Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG unmittelbar

Page 3: drschroedter.de

www.drschroedter.de

4. Änderungen des BauGB durch Art. 2 Hochwasserschutzgesetz

(03.05.2005, BGBl. I S. 1224)

a) § 1 Abs. 6 Nr. 12: Der Hochwasserschutz ist nunmehr ausdrücklich

ein Belang der Bauleitplanung, der über § 1 Abs. 6 Nr. 7 die

Qualität eines Umweltbelanges hat und im Umweltbericht zu

erörtern ist

b) § 5 Abs. 4 a bzw. § 9 Abs. 6 a: Nachrichtliche Übernahme bzw.

Vermerk von Überschwemmungsgebieten bzw. überschwemmungs-

gefährdeten Gebieten

Page 4: drschroedter.de

www.drschroedter.de

c) § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7: Vorkaufsrecht an Grundstücken in

festgesetzten Überschwemmungsgebieten

d) Neue Fassung des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 BauGB (Hochwasserschutz bei

Außenbereichsvorhaben)

e) Neuer § 246 a: Übernahme von Überschwemmungsgebieten bzw.

überschwemmungsgefährdeten Gebieten bei Neubekanntmachung des

Flächennutzungsplanes

Page 5: drschroedter.de

www.drschroedter.de

II. Hochwasserschutz und Bauleitplanung

1. Überschwemmungsgebiete neuen Rechts nach § 31b WHG

a) § 31b Abs. 1 WHG:

„Überschwemmungsgebiete sind Gebiete zwischen oberirdischen Gewässern und Deichen oder Hochufern

und sonstige Gebiete, die bei Hochwasser überschwemmt

oder durchflossen oder für Hochwasserentlastung oder

Rückhaltung beansprucht werden.“

b) Förmliche Festsetzung der Überschwemmungsgebiete nach

§ 31 b Abs. 2 WHG durch Verordnung nach Maßgabe des

Landesrechts bis zum 21.12.2012

Page 6: drschroedter.de

www.drschroedter.de

aa) HQ 100 ist zugrunde zu legen (Bundeseinheitlicher

Standard zum Hochwasserschutz; BT-Drucks. 15/3168)

bb) Neben dem Außenbereich können auch bebaute Gebiete

nach § 34 BauGB festgesetzt werden (BVerwG 22.07.2004

ZfBR 2005, 66 = E 121, 283, NVwZ 2004, 1507; ebenso

Gebiete nach den §§ 30 und 33 BauGB)

cc) geringer Abwägungsspielraum der Länder

dd) Öffentlichkeitsbeteiligung für Gebietsfestsetzung ist

zwingend nach Landesrecht durchzuführen

Page 7: drschroedter.de

www.drschroedter.de

c) Fristen

aa) 10.05.2010: Festsetzung von Überschwemmungs-

gebieten mit hohem Schadenspotential,

insbesondere Siedlungsgebiete

bb) 10.05.2012: für sonstige Gebiete

cc) Auswirkungen der Föderalismusreform

konterkarieren diese Fristen

d) Umsetzung in Sachsen-Anhalt (Vortrag von Herrn Pieper)

Page 8: drschroedter.de

www.drschroedter.de

2. Grundsätzliches Planungsverbot mit Ausnahmevorbehalt (§§

31b Abs. 4 Satz 1 und 2 WHG)

a) Rechtsprechung zum alten WHG, z. B. HessVGH

04.12.1996 BRS 58 Nr. 29; Nds. OVG 30.03.2000 BRS 63 Nr.

63(Einstellplätze); BayVGH 24.11.1994 NVwZ 1995, 924;

strenger der BayVGH 29.09.2004 NVwZ-RR 2005, 171

(Gewerbeflächen), dazu Zieher, ZUR 2005, 192, 193. Diese

Rechtsprechung ist von Bedeutung in den alten Überschwemmungsgebieten, in faktischen

Überschwemmungs- gebieten und überschwemmungsgefährdeten

Gebieten (unten II. 3.)

b) Verbot mit „Erlaubnisvorbehalt“

Page 9: drschroedter.de

www.drschroedter.de

c) Ausweisung neuer Baugebiete durch Bauleitpläne;

Zweifelsfragen

aa) Baugebiete im Geltungsbereich von B-Plänen und F-

Plänen i.S.v. § 1 Abs. 2 BauNVO

bb) Bauflächen nach § 1 Abs. 1 BauNVO in F-Plänen?

- Keine Erforderlichkeit nach § 1 Abs. 3 BauGB soweit ein

Bebauungsplan unzulässig wäre

- Wasserrechtliche Ausnahmen sind für das Inkrafttreten

des B-Planes auch erforderlich, wenn nach § 10 Abs. 2 Satz 1

BauGB keine Genehmigung nach dem BauGB notwendig ist.

Zuständig ist die untere Wasserbehörde (§ 172 WG LSA)

Page 10: drschroedter.de

www.drschroedter.de

cc) auch sonstigen Festsetzungen, soweit sie hochwasserrelevant sind

(Gemeindebedarfsflächen, Parkplätze, soweit sie versiegelt sind;

Flächen für Ausgleichsmaßnahmen dürfen im Regelfall

nicht erfasst werden)

dd) Bebauungspläne der Innenentwicklung nach § 13a

BauGB 2007 sind nach allgemeinen Grundsätzen zu

beurteilen, aber „Vorprüfung des Einzelfalles bei § 13a

Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BauGB (20.000 bis 70.000 qm)

notwendig

Page 11: drschroedter.de

www.drschroedter.de

d) Planung in Gebieten nach § 34 BauGB

Überplanung von Gebieten im Innenbereich nach § 34 BauGB

wird i. d. R. nicht erfasst. Ausnahme: Es entstehen keine neuen

Baurechte, deren Realisierung den Hochwasserabfluss erheblich

beeinträchtigen kann oder zusätzliche Gefahren für die Bewohner

begründen kann (Raffken, WHG 5/2008, § 93 Rdnr. 6).

e) Satzungen nach § 34 Abs. 4 Nrn. 1 – 3 BauGB

und nach § 35 Abs. 6 BauGB werden nicht erfasst. Pflicht zur

Abwägung nach § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB (Vermeidung von

Gesundheits- gefahren) und § 1 Abs. 6 Nr. 12 BauGB (Belange des

Hochwasser- schutzes) kann Abwägungsfehler und

Amtshaftung begründen

Page 12: drschroedter.de

www.drschroedter.de

f) Die Voraussetzungen einer „Ausnahme“ vom

Planungsverbot (§ 31b Abs. 4 Satz 2 Nrn. 1 – 9 WHG).

Die Ausnahmetatbestände müssen kumulativ erfüllt sein

(die Abgrenzung ist wegen zahlreicher Überschneidungen

schwierig) und die Begründung muss substantiiert sein.

Page 13: drschroedter.de

www.drschroedter.de

Nr. 1: Keine „anderen Möglichkeiten“ zur Siedlungsentwicklung mit

Beispielen (erfüllt, wenn eine Siedlungsentwicklung in der

Gemeinde nur innerhalb des Überschwemmungsgebiet möglich

ist; z.B. wenn das gesamte Gemeindegebiet innerhalb eines

festgesetzten Überschwemmungsgebiet liegt) = formalisierte

Alternativenprüfung i. S. der Anlage 1 zum BauGB Nr. 1d

(Erörterung im Umweltbericht; auf die städtebauliche

Bewertung der Alternative kommt es nicht an; Naturschutz auf

den alternativen Flächen ist nachrangig, soweit kein

naturschutzrechtliches Planungsverbot besteht) Beispiele:

Page 14: drschroedter.de

www.drschroedter.de

- Alternativlose Stadtentwicklung (keine Alternativen sind extreme Hanglagen, Sumpfgebiete,

immissionsbelastete Gebiete oberhalb der Schwelle der

Gesundheitsgefahren; Gebiete der Innenentwicklung sind abzuwägen)

- Projektgebundene Betriebserweiterung, etwa auf der Grundlage

eines Vorhaben- und Erschließungsplanes

- Konkurrenz zwischen europäischem und nationalem Planungsverbot

- Beseitigung einer Altlast als Grund für eine Ausnahme?

Page 15: drschroedter.de

www.drschroedter.de

Nr. 2: Lage neben einem bestehenden Baugebiet

(Arrondierungsgrundsatz; inselartige Bauflächen in

Überschwemmungsgebieten sollen verhindert

werden, Ausschluss von neuen, selbständigen

Siedlungsansätzen in festgesetzten Überschwemmungsgebieten)

- Baugebiete nach § 34 Abs. 3 BauGB werden erfasst - Diskussion von Einzelfällen

Page 16: drschroedter.de

www.drschroedter.de

Nr. 3: Ausschluss von Gefahren für Leben, Gesundheit und

Sachwerte (erfasst werden Sicherheiten für die

Grundstücke, die Bewohner im Baugebiet und der

Ober- und Unterlieger des Baugebietes; Konkretisierung der Anforderung von § 1

Abs. 6 Nr. 1 BauGB)

Nr. 4: Keine nachteiligen Auswirkungen auf Hochwasserabfluss und Höhe des

Wasserstandes; Beispiele

Page 17: drschroedter.de

www.drschroedter.de

Nr. 5: Keine Beeinträchtigung der Hochwasserrückhaltung

und umfangs-, zeitgleicher und funktionsgleicher

Ausgleich von Rückhalteraum (Flächen, die Hochwasser

zurückhalten und schadlos abfließen lassen)

- Ausgleich „Aug um Auf, Zahn um Zahn“ (erfüllt, wenn Gemeinde

mit Ausweisung des Baugebietes die wasserrechtliche Ausgleichsmaßnahme auf Dauer sicherstellt)

- Abgrenzung zur Eingriffsregelung des § 1 a Abs. 3 BauGB und in

FFH-Gebieten

Page 18: drschroedter.de

www.drschroedter.de

Nr. 6: Keine Beeinträchtigung des bestehenden Hochwasserschutzes (alle Maßnahmen

und tatsächliche Verhältnisse zum Schutz

eines Gebietes)

Nr. 7: Keine nachteiligen Auswirkungen auf wasserrechtliche "Nachbarn„ (Verträglichkeitsprinzip; z.B. Rückstau

bei Hochwasser auf Oberliegergrundstücke

oder Hindernis des Zuflusses zu

Unterliegergrundstücken und auch Seitenliegergrundstücken)

Page 19: drschroedter.de

www.drschroedter.de

Nr. 8: Belang der Hochwasservorsorge (z.B. Schadensminderung,

Minimierung von Hochwassergefahren, ggf. durch

städtebauliche Verträge und Festsetzungen nach § 9 Abs. 1

BauGB, etwa zur Höhe des Baugrundstücks in Betracht

kommen; hochwasserverträgliche Bebauung)

Nr. 9: Bauliche Schäden müssen ausgeschlossen sein beim

Bemessungshochwasser, z. B. durch technische Vorkehrungen

nach § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB, Verträge bzw. Anordnungen im

Baugenehmigungsverfahren (hochwasserangepasste

Bauausführung; Regelung durch städtebauliche Verträge und

Vorhaben- und Erschließungsplan bietet sich an)

Page 20: drschroedter.de

www.drschroedter.de

g) § 31 b Abs. 4 WHG gilt unmittelbar seit dem 10.05.2005

3. Geltung außerhalb der nach neuem Recht festgesetzten

Gebiete?

a) § 96 Abs. 2 Satz 1 WG LSA: uneingeschränkte Geltung in alten

Überschwemmungsgebieten

- Strittig (vgl. Breuer, NuR 2006, 614, 621, Schrödter in

Schrödter BauGB, 2006, § 1 Rdn. 185c, d; anders dagegen

Berendes, ZfW 2005, 197, 206), siehe auch Raffken, NWG

8/2008, § 92a Rdnr. 27 und Faßbender, DVBl. 2007, 926, 934

Page 21: drschroedter.de

www.drschroedter.de

- Ermächtigungsgrundlagen: formelle und materielle

Voraussetzungen für die Festsetzung von Überschwemmungsgebieten nach neuem

und altem Recht sind unterschiedlich, ebenso die

Rechtsfolgen; in jedem müssen die Voraussetzungen des §

31b Abs. 2 WHG erfüllt sein

- Verfahrensrechtlich: Einwendungs- und Beteiligungsrechte der Bürger; Ermittlungs-

und Abwägungspflichten der Behörde

Page 22: drschroedter.de

www.drschroedter.de

- Materiell-rechtlich: nach neuem Recht erweiterte Verbote und Nutzungsbeschränkungen für Überschwemmungsgebiete (für alte Überschwemmungsgebiete könnte das rechtsstaatliche Übermaßverbot bzw. der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bzw. das Rückwirkungsverbot gelten)

- Bestandsschutz: bestehende Bauleitplanung bleibt unberührt, § 31b Abs. 4 WHG gilt pro futuro (Reinhardt, WHG, 2007, § 31b Rdnr. 59)

- Gesetzesmaterialien sind nicht eindeutig

- Aus der Rechtsprechung BayVGH 30.07.2007, KommJur 3/2008 S. 101f.

Page 23: drschroedter.de

www.drschroedter.de

b) Geltung in überschwemmungsgefährdeten Gebieten

nach § 98a WG LSA (zum Meinungsstand: Reinhardt/Czychowski, WHG, 2007, § 31c Rdnr.

9; Knopp, WHG, 2006, § 31c Rdnr. 7 f.; zum Problem

Kotulla, § 31d WHG, Rdnr. 21)

- Erst-recht-Schluss: wenn die Planungsverbotsregelungen

für alte Überschwemmungsgebiete nicht gelten, können sie

erst recht nicht für überschwemmungsgefährdete Gebiete

gelten (abgestufte Gesetzessystematik; Reinhardt/Czychowski, WHG, 2007, § 31c

Rdnr. 9)

Page 24: drschroedter.de

www.drschroedter.de

- kein festgesetztes Überschwemmungsgebiet mit

entsprechendem Schadenspotential (die strengen

Planungsvoraussetzungen gelten jedoch, wenn durch

die Planung ein nicht nur geringfügiges Schadenspotential in einem überschwemmungsgefährdeten Gebiet

entsteht, str.)

- Einordnung als „überschwemmungsgefährdetes Gebiet“

ist im Rahmen der Abwägung in jedem Fall zu

berücksichtigen.

Page 25: drschroedter.de

www.drschroedter.de

c) Geltung in vorläufig gesicherten Gebieten nach § 31b Abs. 5 WHG

i.V.m. § 96 Abs. 5 WG LSA d) Geltungsbereich in faktischen

Überschwemmungsgebieten nach § 31b Abs. 1 und Abs. 6 WHG

aa) Planungsverbot gilt nicht, wohl aber das Abwägungsgebot des § 1

Abs. 6 Nr. 12 BauGB mit Anwendung der bisherigen Rechtsprechung

(oben II. 2. a.)

bb) 1. Stufe: Es müssen beachtliche Gründe des Allgemeinwohls

vorliegen (BayVGH 29.09.2004 NVwZ-RR 2005, 171

(Gewerbeflächen)) 2. Stufe: Unter diesen Voraussetzungen muss der

Verlust an Retentionsraum funktional kompensiert

werden (Nds. OVG 15.05.2003 BauR 2003, 1524)

Page 26: drschroedter.de

4. Verfahrensrechtliche Umsetzung im Planaufstellungsverfahren

a) Die zuständige Wasserbehörde muss vor dem In-Kraft-Treten

des Planes der Ausnahme zustimmen, auch im

genehmigungsfreien Bauleitplanverfahren. b) Behandlung in der Umweltprüfung und im

Umweltbericht nach § 2a BauGB

c) Bei Bebauungsplänen der Innenentwicklung i. S. d. § 13a

Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BauGB ist eine Vorprüfung des Einzel-

falles durchzuführen; Empfehlung: Der ordnungsgemäße

Umweltbericht ist die bessere Alternative (dazu demnächst

Schrödter, UVP-report 2009 Heft 3)

Page 27: drschroedter.de

www.drschroedter.de

a) Gesundheit ist neuer Umweltbelang (§1 Abs.1 Nr.7c i.V.m. § 1

Abs. 6 Nr. 1), ebenso der Hochwasserschutz

b) Pflicht zur formalisierten Alternativenprüfung (§ 93 Abs. 2

Satz 2 i.V.m. BauGB Nr. 2d)

c) Hinweis auf § 214 Abs. 1 S. 3 a.E. BauGB: Unwirksamkeit der

Planung, wenn der Umweltbericht zum Hochwasserschutz in

wesentlichen Teilen unvollständig ist oder fehlt. Dieses

dürfte bei einer fehlenden Überprüfung von Alternativen stets

der Fall sein. d) Bei Bebauungsplänen der Innenentwicklung

gilt bei fehlerhafter Vorprüfung § 214 Abs. 2a Nr. 3 BauGB

Page 28: drschroedter.de

www.drschroedter.de

5. Rechtsschutzfragen

a) Uneingeschränkte Überprüfung des § 31b WHG im

Normenkontrollverfahren nach § 47 Abs. 1 Nr. 1

VwGO. Die Gemeinden sind antragsbefugt (dazu

BVerwG 11.07.2001, NVwZ 2001, 1280 zur

NaturschutzVO, ausführlich Schrödter)

b) Verpflichtungsklage auf Erteilung der „Ausnahmen“

durch die zuständigen Wasserbehörde; uneingeschränkte gerichtliche Kontrolle

der Verordnung und der Rechtsbegriffe des §

31b WHG

Page 29: drschroedter.de

www.drschroedter.de

c) Umweltverbandsklage, soweit die Hochwasserschutzvorschriften

drittschützende Umweltvorschriften i. S. des § 2 Abs. 1 Nr. 1 URG

sind (ausführlich Schrödter, LKV 2008, 391 und NVwZ 2009, Heft

3, abzurufen unter www.drschroedter.de). Nach Auffassung des

Nds. OVG ist der Hochwasserschutz kein Belang des

Naturschutzrechts (08.01.2009 13 LA 15/08 = NSt-N 2009, 19 =

Datenbank des Nds. OVG). Allerdings dürfte der Hochwasserschutz

wegen seiner gesundheitsbezogenen Drittwirkung im Rahmen der

Umweltverbandsklage gegen Bebauungspläne und auch sonstige

Klagen, z.B. UVP-pflichtige Projektgenehmigungen, wehrfähig

sein.

d) Die vorläufige Festsetzung nach § 31b Abs. 5 WHG i.V.m. § 96

Abs. 5 WG LSA ist eine Allgemeinverfügung

Page 30: drschroedter.de

www.drschroedter.de

6. Ausnahmen für Häfen und Werften

a) Beschränkung auf hafenaffine Nutzung (kein MI) –

Gebiet im Hafen, Bsp.: Düsseldorfer Medienhafen mit

MI-Gebiet für 1200 Menschen

b) Belange des Hochwasserschutzes sind in jedem Fall

zu beachten (§ 1 Abs. 6 Nr. 12 BauGB i.V.m. § 1

Abs. 6 Nr. 1 BauGB)

Page 31: drschroedter.de

www.drschroedter.de

III. Hochwasserschutz und Genehmigung von Einzelvorhaben

(§ 31 b Abs. 4 Satz 3), auch nach dem BImSchG

1. Für bauliche Anlagen gilt der Begriff der landesrechtlichen

Bauordnungen; auch genehmigungsfreie Bauanlagen werden

erfasst, nicht aber bloße Nutzungsänderungen

2. Keine nur unwesentliche Beeinträchtigung der Hochwasserrückhaltung und zeitgleicher Ausgleich

von „verloren gehenden Rückhalteraum“

a) Erhaltung der Überschwemmungsgebiete als Retentionsareal

Page 32: drschroedter.de

www.drschroedter.de

b) Nach dem Wortlaut ist nur ein zeitgleicher Ausgleich gefordert

– anders bei § 31 b Abs. 4 Satz 2 Nr. 5 WHG, nach dem ein

Rückhalteraum „umfang-, funktions- und zeitgleich“ auszugleichen

ist. Die Behörde hat somit sowohl ein Ermessen, ob und in

welchem Umfang neuer Rückhalteraum geschaffen werden muss.

3. Keine nachteilige Beeinträchtigung des Wasser-

standes und des Abflusses bei Hochwasser (Nr. 2)

Es darf nicht zu einem spürbaren Anstieg des Gewässer-

pegels kommen. Deshalb muss die Störung der Versickerungsfähigkeit des Bodens durch

geeignete Ausgleichsflächen vollständig kompensiert

werden.

Page 33: drschroedter.de

www.drschroedter.de

4. Keine Beeinträchtigung des bestehenden Hochwasser-

schutzes (Nr. 3)

Das mit der Realisierung der baulichen Anlagen einhergehende

„neue“ Hochwasserschutzniveau muss in seiner Gesamtheit dem

bisherigen entsprechen. In diese Bewertung sind alle

Schutzmaßnahmen einzubeziehen.

5. Hochwasserangepasste Bauausführung (Nr. 4)

Bauliche Anlagen sind so zu errichten und zu erweitern, dass

sie bei Hochwasser keine baulichen Schäden nehmen.

Page 34: drschroedter.de

www.drschroedter.de

6. Ausgleich durch Auflagen und Bedingungen

möglich

Bewertung liegt im pflichtgemäßen Ermessen der

Genehmigungsbehörde. Bleibt der Hochwasserschutz

unangetastet und bestehen auch für das Vorhaben

selbst keine Gefahren, wäre eine Versagung aus

verfassungsrechtlicher Sicht nicht gerechtfertigt.

Page 35: drschroedter.de

www.drschroedter.de

7. Rechtslage in Gebieten nach § 33 BauGB

- § 93 Abs. 3 Satz 1 NWG bezieht sich auf die Gebietstypen der

§§ 30, 34 und 35 BauGB

- Ausklammerung des § 33 BauGB: kein redaktionelles

Versehen

- § 33 BauGB nur Privilegierungstatbestand, der immer in

Verbindung mit den §§ 30, 34, 35 BauGB zu lesen ist

(vgl. dazu Breuer, NuR 2006, 614, 620, 621)

Page 36: drschroedter.de

www.drschroedter.de

8. Besonderheiten bei der Erteilung von Baugenehmigungen

für Betriebserweiterungen im Außenbereich nach § 35

Abs. 4 Nr. 6 BauGB

a) Allgemeines mit Beispielen für eine „angemessene

Erweiterung“

b) Gefährdung des Hochwasserschutzes über § 35 Abs. 4

Nr. 6 BauGB

9. Zur Haftung bei Versagung einer Baugenehmigung aus

Gründen des Hochwasserschutzes (Czychowski/Reinhardt,

§ 31b Rdnr. 60 sowie allgemein Breuer, NuR 2006, 614, 622)

Page 37: drschroedter.de

www.drschroedter.de

10. Entsprechende Geltung des § 31b Abs. 4 WHG

im Planfeststellungsverfahren, allerdings ohne

Abwägung des Hochwasserschutzes

Page 38: drschroedter.de

www.drschroedter.de

IV. Hochwasserschutz und Raumordnungsrecht

1. Bundesrecht: ROG 2009 (vom 22.12.2008 BGBl. I S. 2986)

Festlegung von Zielen der Raumordnung nach § 1 Abs. 4

BauGB (§ 7 Abs. 1 ROG 2009 i. V. m. § 8 Abs. 5 Nr. 2 d:

Festlegung von Freiräumen zur Gewährleistung des

vorbeugenden Hochwasserschutzes)

Page 39: drschroedter.de

www.drschroedter.de

2. Landesrecht Sachsen-Anhalt:

a) § 2a Nr. 14 LPlG: Vorbeugender Hochwasserschutz als

Ziel der Raumordnung

b) § 4 Abs. 2 Nr. 2 a: Vorbeugender Hochwasserschutz im LEP

c) § 6 Abs. 3 Nr. 3g: Hochwasserschutz in Hochwasser-

entstehungsgebieten

d) LEPl. Nr. 3.3.3.: Festsetzung von Vorranggebieten für

den Hochwasserschutz sind von „Neubebauung freizuhalten“

Page 40: drschroedter.de

3. Auswirkungen der hochwasserrechtlichen Ziele der Raumordnung

auf die Bauleitplanung

a) Planungsverbot nach § 1 Abs. 4 BauGB mit der Möglichkeit eines

Zielabweichungsverfahrensb) Anpassungspflicht der Gemeinde aufgrund

raumordnungsrechtlicher Verfügungen c) Flächennutzungspläne mit Darstellungen, die mit dem

raumordnungs- rechtlich festgesetzten Zielen des Hochwasserschutzes

nicht in Einklang stehen, sind daher auf Anordnung aufzuheben oder

anzupassen i. d. R. ohne Entschädigungspflichten (Ausnahme evtl. bei der

Aufhebung von Vorrangflächen, z. B. für Windkraftanlagen,

Biogasanlagen und landwirtschaftlichen Massentierhaltungsanlagen, soweit

für diese Vorrangflächen in Hochwasserschutzgebieten dargestellt

wurden)

Page 41: drschroedter.de

www.drschroedter.de

d) Entschädigungsrechtliche Probleme bei der hochwasserschutz-

bedingten Aufhebung von Bebauungsplänen nach den §§ 39, 42 f.

BauGB (dazu Vortrag von Prof. Dr. Breuer)

4. Raumordnungsrechtliche Ziele des Hochwasserschutzes im

Baugenehmigungsverfahren

a) § 34 BauGB: im Innenbereich sind Ziele nach § 1 Abs. 4 BauGB

nicht zu beachten (BVerwG 11.02.1993 NVwZ 1994, 285);

„Rettung“: Veränderungssperre aus Gründen des vorbeugenden

Hochwasserschutzes ist keine Verhinderungsplanung und schützt die

Gemeinde vor Amtshaftungsansprüchen

Page 42: drschroedter.de

b) § 33 BauGB: keine Planreife, wenn Ziele entgegenstehen

c) § 35 BauGB:

aa) § 35 Abs. 3 Satz 1, 1. Halbsatz: Bindungswirkung der Ziele nur gegen-

über raumbedeutsamen Vorhaben; zur Abwägung bei der Zielauf-

stellung mit Eigentümerbelangen BVerwG 19.07.2001 E 115, 17; Vorsicht

bei der Ablehnung von Bauanträgen wegen hochwasserschutzrechtlicher

Ziele der Raumordnung. Es drohen Haftungsansprüchebb) § 35 Abs. 3 Satz 1, 2. Halbsatz: Beispiel: Hochwasserschutz

wurde bei der Ausweisung einer Vorrangzone für raumbedeutsame

Biogasanlagen berücksichtigt

d) Bsp. aus NRW – Ziel 3 Kapitel 10 Nr. 6: Raumordnungsrechtliche

Anpassungspflicht für Darstellungen des Flächennutzungsplanes

Page 43: drschroedter.de

www.drschroedter.de

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!