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Deutscher Bundestag Drucksache 17/5712 17. Wahlperiode 04. 05. 2011 Gesetzentwurf der Bundesregierung Entwurf eines Gesetzes zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen A. Problem und Ziel Das geltende Recht legt der frühzeitigen Sanierung insolvenzbedrohter Unter- nehmen zahlreiche Hindernisse in den Weg. In der Vergangenheit haben einige Unternehmen deshalb ihren Sitz nach England verlegt, da der Geschäftsleitung und den maßgeblichen Gläubigern die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens nach englischem Recht zur Sanierung des Unternehmens vorteilhafter erschien. Auch wenn dies Einzelfälle geblieben sind, so haben sie doch Anstoß zu einer umfassenden Diskussion in der Fachöffentlichkeit über den Sanierungsstandort Deutschland gegeben und den Blick für die Schwächen des geltenden deut- schen Rechts geschärft. Als einer der Gründe, aus denen insbesondere auslän- dische Investoren die deutsche Rechtsordnung als weniger geeignet für Sanie- rungen ansehen, wird unter anderem genannt, dass der Ablauf eines deutschen Insolvenzverfahrens für Schuldner und Gläubiger nicht berechenbar sei und dass insbesondere kaum Einfluss auf die Auswahl des Insolvenzverwalters ge- nommen werden könne. Im deutschen Insolvenzverfahren fehle die Möglich- keit einer Umwandlung von Forderungen in Anteilsrechte. Zudem sei die Dauer eines deutschen Insolvenzverfahrens mit dem Ziel der Sanierung des Unternehmens kaum kalkulierbar, da das Wirksamwerden eines Insolvenzplans durch Rechtsmittel einzelner Gläubiger um Monate oder gar Jahre hinaus- gezögert werden könne. Das Recht der Eigenverwaltung, das die Möglichkeit eröffnet, dem Schuldner seine Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis nach Verfahrenseröffnung zu be- lassen, hat bislang eine zu geringe praktische Bedeutung. Viele Gerichte machen nur mit großer Zurückhaltung von dieser Möglichkeit der Insolvenz- ordnung Gebrauch. Auch ein Schuldner, der schon bei drohender Zahlungs- unfähigkeit einen Insolvenzantrag stellt und den seine Gläubiger für vertrau- enswürdig halten, hat keine Sicherheit, dass ihm das Gericht die Eigenverwal- tung gestattet. Diese Schwächen des geltenden Rechts und die bestehenden Unsicherheiten bezüglich der Handhabung durch die Gerichte im Einzelfall führen dazu, dass ein frühzeitig gestellter Insolvenzantrag mit dem Ziel der Sanierung des Unter- nehmens nach wie vor die große Ausnahme bildet. In der Regel wird der Insol- venzantrag erst gestellt, wenn das Vermögen des Schuldners restlos aufgezehrt ist und keine Sanierungschancen mehr bestehen. Ziel des Gesetzentwurfs ist es daher, im Interesse einer Verbesserung von Sa- nierungschancen zu erreichen, dass Schuldner und Gläubiger in die Auswahl

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Deutscher Bundestag Drucksache 17/571217. Wahlperiode 04. 05. 2011

Gesetzentwurfder Bundesregierung

Entwurf eines Gesetzes zur weiteren Erleichterung der Sanierungvon Unternehmen

A. Problem und Ziel

Das geltende Recht legt der frühzeitigen Sanierung insolvenzbedrohter Unter-nehmen zahlreiche Hindernisse in den Weg. In der Vergangenheit haben einigeUnternehmen deshalb ihren Sitz nach England verlegt, da der Geschäftsleitungund den maßgeblichen Gläubigern die Eröffnung eines Insolvenzverfahrensnach englischem Recht zur Sanierung des Unternehmens vorteilhafter erschien.Auch wenn dies Einzelfälle geblieben sind, so haben sie doch Anstoß zu einerumfassenden Diskussion in der Fachöffentlichkeit über den SanierungsstandortDeutschland gegeben und den Blick für die Schwächen des geltenden deut-schen Rechts geschärft. Als einer der Gründe, aus denen insbesondere auslän-dische Investoren die deutsche Rechtsordnung als weniger geeignet für Sanie-rungen ansehen, wird unter anderem genannt, dass der Ablauf eines deutschenInsolvenzverfahrens für Schuldner und Gläubiger nicht berechenbar sei unddass insbesondere kaum Einfluss auf die Auswahl des Insolvenzverwalters ge-nommen werden könne. Im deutschen Insolvenzverfahren fehle die Möglich-keit einer Umwandlung von Forderungen in Anteilsrechte. Zudem sei dieDauer eines deutschen Insolvenzverfahrens mit dem Ziel der Sanierung desUnternehmens kaum kalkulierbar, da das Wirksamwerden eines Insolvenzplansdurch Rechtsmittel einzelner Gläubiger um Monate oder gar Jahre hinaus-gezögert werden könne.

Das Recht der Eigenverwaltung, das die Möglichkeit eröffnet, dem Schuldnerseine Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis nach Verfahrenseröffnung zu be-lassen, hat bislang eine zu geringe praktische Bedeutung. Viele Gerichtemachen nur mit großer Zurückhaltung von dieser Möglichkeit der Insolvenz-ordnung Gebrauch. Auch ein Schuldner, der schon bei drohender Zahlungs-unfähigkeit einen Insolvenzantrag stellt und den seine Gläubiger für vertrau-enswürdig halten, hat keine Sicherheit, dass ihm das Gericht die Eigenverwal-tung gestattet.

Diese Schwächen des geltenden Rechts und die bestehenden Unsicherheitenbezüglich der Handhabung durch die Gerichte im Einzelfall führen dazu, dassein frühzeitig gestellter Insolvenzantrag mit dem Ziel der Sanierung des Unter-nehmens nach wie vor die große Ausnahme bildet. In der Regel wird der Insol-venzantrag erst gestellt, wenn das Vermögen des Schuldners restlos aufgezehrtist und keine Sanierungschancen mehr bestehen.

Ziel des Gesetzentwurfs ist es daher, im Interesse einer Verbesserung von Sa-nierungschancen zu erreichen, dass Schuldner und Gläubiger in die Auswahl

Drucksache 17/5712 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

der maßgeblichen Akteure einbezogen werden und dass alle Beteiligten einegrößere Planungssicherheit hinsichtlich des Ablaufs des Verfahrens erhalten.Die Möglichkeiten der Sanierung durch einen Insolvenzplan werden erweitert,Blockadepotential wird abgebaut.

B. Lösung

In dem Gesetzentwurf zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unterneh-men sind mehrere Reformvorhaben zum Insolvenzrecht zusammengefasst. DieFortführung von sanierungsfähigen Unternehmen soll erleichtert und damit derErhalt von Arbeitsplätzen ermöglicht werden.

Schwerpunkt des Gesetzentwurfs ist die Erleichterung der Sanierung vonUnternehmen durch einen stärkeren Einfluss der Gläubiger auf die Auswahldes Insolvenzverwalters, durch Ausbau und Straffung des Insolvenzplanverfah-rens, durch die Vereinfachung des Zugangs zur Eigenverwaltung und durcheine größere Konzentration der Zuständigkeit der Insolvenzgerichte. Mit derVerbesserung der Sanierungschancen wird zugleich zum Erhalt von Arbeits-plätzen beigetragen.

Im Rahmen der Änderung der Insolvenzordnung (InsO) wird außerdem diePosition von Clearinghäusern gestärkt, die bei Finanztransaktionen mit demZiel einer effizienten Abwicklung und Risikominimierung als zentraler Ver-tragspartner zwischen Käufer und Verkäufer geschaltet werden. Im Interesseder Stabilität der Märkte ist sicherzustellen, dass Finanzgeschäfte, die mit einerVielzahl von Beteiligten über eine zentrale Vertragspartei abgewickelt werden,trotz der Insolvenz eines Teilnehmers geordnet zu Ende gebracht werden.

Schließlich wird das Recht der Insolvenzstatistik neu geordnet, damit in Zu-kunft belastbare Angaben über die finanziellen Ergebnisse und den Ausgangvon Insolvenzverfahren vorliegen.

C. Alternativen

Keine.

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

1. Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand

Keine.

2. Vollzugsaufwand

a) Bund

Durch die Umsetzung der Änderungen im Insolvenzstatistikgesetz werden beidem Statistischen Bundesamt einmalig Umstellungskosten für die Neu-programmierung der Aufbereitungsprogramme in der Fachabteilung und im IT-Bereich entstehen. Nach einer Schätzung des Statistischen Bundesamtes wer-den sich diese auf rund 27 000 Euro belaufen.

b) Länder

Zur Umsetzung der Änderungen im Insolvenzstatistikgesetz ist auch bei denstatistischen Landesämtern mit Umstellungskosten zu rechnen.

Die für die Statistik erforderlichen Angaben werden bei Umsetzung des Geset-zes durch die Insolvenzverwalter erhoben; die Gerichte haben die Angaben vorWeiterleitung an die Statistikämter lediglich auf Vollständigkeit zu prüfen, was

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/5712

zu einer Reduzierung der Arbeitsbelastung der Mitarbeiter und damit verbun-den zu Einsparung von Personalkosten bei den Gerichten führen wird. DerRichtervorbehalt für Planverfahren wird sich nur geringfügig auf die Personal-kosten auswirken. Insgesamt kann für die Landeshaushalte von einer Kosten-einsparung, zumindest aber von Kostenneutralität ausgegangen werden.

E. Sonstige Kosten

Kosten für Wirtschaftsunternehmen entstehen nicht.

Die Ausführung des Gesetzes lässt keine Auswirkungen auf Einzelpreise oderdas Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau, erwarten.

F. Bürokratiekosten

Durch das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmenwird eine Informationspflicht bei der Beantragung eines Insolvenzverfahrensdurch den Schuldner erweitert. Da hierdurch andererseits bereits bestehendeInformationspflichten deutlich reduziert werden, wirkt die Erweiterung kosten-neutral. Sechs neue Informationspflichten, die nur in wenigen Fällen entstehen,betreffen Planverfahren und Insolvenzverfahren mit Eigenverwaltung durchden Schuldner. Diese Informationspflichten werden – nach der Berechnungaufgrund der Standardtarife des Standard-Kostenmodells – voraussichtlichKosten in Höhe von insgesamt 5 728,24 Euro verursachen.

Eine siebte neue Informationspflicht betrifft die Insolvenzverwalter, die in Ab-stimmung mit ihren Interessenvertretungen verpflichtet werden, Daten zumZwecke der statistischen Erfassung zu übermitteln. Diese Kosten werden mit413 400 Euro veranschlagt.

Insgesamt wird mit Bürokratiekosten für Unternehmen durch neue bzw. ge-änderte Informationspflichten in Höhe von 419 128,24 Euro zu rechnen sein.

Die Informationspflichten für die Verwaltung reduzieren sich gleichzeitig er-heblich, da nach dem Insolvenzstatistikgesetz die Insolvenzgerichte zukünftigdie statistischen Daten lediglich auf Vollständigkeit prüfen und an die Landes-ämter weiterleiten.

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 7 – Drucksache 17/5712

Anlage 1

Entwurf eines Gesetzes zur weiteren Erleichterung der Sanierungvon Unternehmen

Vom …

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1

Änderung der Insolvenzordnung

Die Insolvenzordnung vom 5. Oktober 1994 (BGBl. IS. 2866), die zuletzt durch Artikel … des Gesetzes vom …(BGBl. I S. …) geändert worden ist, wird wie folgt ge-ändert:

1. § 2 Absatz 2 Satz 1 wird wie folgt gefasst:

„Die Landesregierungen werden ermächtigt, zur sach-dienlichen Förderung oder schnelleren Erledigung derVerfahren durch Rechtsverordnung ein anderes Amtsge-richt zum Insolvenzgericht für den Landgerichtsbezirk zubestimmen und die Zuständigkeit eines Insolvenzgerichtsüber den Landgerichtsbezirk hinaus zu erstrecken.“

2. § 13 wird wie folgt geändert:

a) Dem Absatz 1 werden die folgenden Sätze angefügt:

„Dem Antrag des Schuldners ist ein Verzeichnis derGläubiger und ihrer Forderungen beizufügen. Wennder Schuldner einen Geschäftsbetrieb hat, der nichteingestellt ist, sind in dem Verzeichnis besonderskenntlich zu machen

1. die höchsten Forderungen,

2. die höchsten gesicherten Forderungen,

3. die Forderungen der Finanzverwaltung,

4. die Forderungen der Sozialversicherungsträgersowie

5. die Forderungen aus betrieblicher Altersversor-gung.

Der Schuldner hat in diesem Fall auch Angaben zurBilanzsumme, zu den Umsatzerlösen und zur durch-schnittlichen Zahl der Arbeitnehmer des vorangegan-genen Geschäftsjahres zu machen.“

b) Dem Absatz 3 wird folgender Satz angefügt:

„Für Verfahren, die von den Gerichten maschinell be-arbeitet, und für solche, die nicht maschinell bearbei-tet werden, können unterschiedliche Formulare ein-geführt werden.“

3. § 15a wird wie folgt geändert:

a) In Absatz 1 Satz 1 wird das Wort „Insolvenzantrag“durch das Wort „Eröffnungsantrag“ ersetzt.

b) In Absatz 2 werden nach dem Wort „kein“ die Wörter„persönlich haftender“ eingefügt.

c) In Absatz 4 wird das Wort „Insolvenzantrag“ durchdas Wort „Eröffnungsantrag“ ersetzt.

4. § 21 wird wie folgt geändert:

a) Die Überschrift wird wie folgt gefasst:

„§ 21Anordnung vorläufiger Maßnahmen“.

b) Absatz 2 wird wie folgt geändert:

aa) Nach Satz 1 Nummer 1 wird folgende Num-mer 1a eingefügt:

„1a. einen vorläufigen Gläubigerausschuss ein-setzen, für den § 67 Absatz 2 und 3 und die§§ 69 bis 73 entsprechend gelten;“.

bb) Folgender Satz wird angefügt:

„§ 104a gilt entsprechend.“

5. Nach § 22 wird folgender § 22a eingefügt:

„§ 22aBestellung eines vorläufigen Gläubigerausschusses

(1) Das Insolvenzgericht hat einen vorläufigen Gläu-bigerausschuss nach § 21 Absatz 2 Nummer 1a einzuset-zen, wenn der Schuldner im vorangegangenen Ge-schäftsjahr mindestens zwei der drei nachstehendenMerkmale erfüllt hat:

1. mindestens 2 000 000 Euro Bilanzsumme nach Ab-zug eines auf der Aktivseite ausgewiesenen Fehl-betrags im Sinne des § 268 Absatz 3 des Handelsge-setzbuchs;

2. mindestens 2 000 000 Euro Umsatzerlöse in denzwölf Monaten vor dem Abschlussstichtag;

3. im Jahresdurchschnitt mindestens zehn Arbeitnehmer.

(2) Absatz 1 ist nicht anzuwenden, wenn der Ge-schäftsbetrieb des Schuldners eingestellt ist, die Einset-zung des vorläufigen Gläubigerausschusses im Hinblickauf die zu erwartende Insolvenzmasse unverhältnis-mäßig ist oder die mit der Einsetzung verbundene Ver-zögerung zu einer nachteiligen Veränderung der Vermö-genslage des Schuldners führt.

(3) Auf Aufforderung des Gerichts hat der SchuldnerPersonen zu benennen, die als Mitglieder des vorläufi-gen Gläubigerausschusses in Betracht kommen.“

6. Dem § 26 wird folgender Absatz 4 angefügt:

„(4) Zur Leistung eines Vorschusses nach Absatz 1Satz 2 ist jede Person verpflichtet, die entgegen den Vor-schriften des Insolvenz- oder Gesellschaftsrechts pflicht-widrig und schuldhaft keinen Antrag auf Eröffnung desInsolvenzverfahrens gestellt hat. Ist streitig, ob die Per-son pflichtwidrig und schuldhaft gehandelt hat, so trifftsie die Beweislast. Die Zahlung des Vorschusses kannder vorläufige Insolvenzverwalter sowie jede Personverlangen, die einen begründeten Vermögensanspruchgegen den Schuldner hat.“

Drucksache 17/5712 – 8 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

7. § 27 Absatz 2 wird wie folgt geändert:

a) In Nummer 4 wird der Punkt am Ende durch ein Se-mikolon ersetzt.

b) Folgende Nummer 5 wird angefügt:

„5. die Gründe, aus denen das Gericht von einemeinstimmigen Vorschlag des vorläufigen Gläubi-gerausschusses zur Person des Verwalters abge-wichen ist; dabei ist der Name der vorgeschlage-nen Person nicht zu nennen.“

8. § 56 wird wie folgt geändert:

a) Dem Absatz 1 wird folgender Satz angefügt:

„Die erforderliche Unabhängigkeit wird nicht schondadurch ausgeschlossen, dass die Person

1. vom Schuldner oder von einem Gläubiger vorge-schlagen worden ist,

2. den Schuldner vor dem Eröffnungsantrag in all-gemeiner Form über den Ablauf eines Insolvenz-verfahrens und dessen Folgen beraten hat oder

3. unter Einbindung von Schuldner und Gläubigerneinen Insolvenzplan erstellt hat.“

b) Nach Absatz 1 werden die folgenden Absätze 2und 3 eingefügt:

„(2) Vor der Bestellung des Verwalters ist demvorläufigen Gläubigerausschuss Gelegenheit zu ge-ben, sich zu den Anforderungen, die an den Verwal-ter zu stellen sind, und zur Person des Verwalters zuäußern, soweit dies nicht offensichtlich zu einernachteiligen Veränderung der Vermögenslage desSchuldners führt.

(3) Das Gericht darf von einem einstimmigenVorschlag des vorläufigen Gläubigerausschusses zurPerson des Verwalters nur abweichen, wenn die vor-geschlagene Person für die Übernahme des Amtesnicht geeignet ist. Das Gericht hat bei der Auswahldes Verwalters die vom vorläufigen Gläubigeraus-schuss beschlossenen Anforderungen an die Persondes Verwalters zugrunde zu legen.“

c) Der bisherige Absatz 2 wird Absatz 4.

9. Dem § 66 Absatz 1 wird folgender Satz angefügt:

„Der Insolvenzplan kann eine abweichende Regelungtreffen.“

10. In § 67 Absatz 2 Satz 2 werden nach dem Wort „ange-hören“ die Wörter „, wenn diese als Insolvenzgläubigermit nicht unerheblichen Forderungen beteiligt sind“ ge-strichen.

11. Nach § 104 wird folgender § 104a eingefügt:

㤠104aTeilnahme am System eines zentralen Kontrahenten

(1) Ist der Schuldner Teilnehmer an dem Systemeines zentralen Kontrahenten im Sinne des § 1 Ab-satz 31 des Kreditwesengesetzes, so kann der zentraleKontrahent Rechte und Pflichten des Schuldners ausden in das System einbezogenen Geschäften auch nachEröffnung des Insolvenzverfahrens auf andere Teilneh-mer des Systems übertragen. Die Übertragung erfolgt

durch Vereinbarung mit den anderen Teilnehmern aufGrundlage einer vor Eröffnung des Insolvenzverfahrensgeschlossenen Vereinbarung zwischen dem zentralenKontrahenten und dem Schuldner sowie zwischen demSchuldner und Dritten, welchen der Schuldner die Teil-nahme an dem System des zentralen Kontrahenten ver-mittelt (mittelbare Teilnehmer). Die Übertragung derRechte und Pflichten ist nur in Bezug auf solche Ge-schäfte zulässig, denen korrespondierende Geschäftedes Schuldners mit mittelbaren Teilnehmern gegen-überstehen. Von der Übertragung müssen auch dieRechte und Pflichten aus den korrespondierenden Ge-schäften und die jeweils bestellten Finanzsicherheitenim Sinne des § 1 Absatz 17 des Kreditwesengesetzessowie die mit diesen zusammenhängenden Rechte undPflichten erfasst sein. Die Übertragungen bedürfennicht der Zustimmung durch den Insolvenzverwalter.Geschäfte im Sinne von Satz 1 sind die in § 104Absatz 1 und 2 genannten sowie vergleichbare Ge-schäfte.

(2) Anstelle einer Übertragung nach Absatz 1 kannder zentrale Kontrahent nach Eröffnung des Insolvenz-verfahrens die Leistungspflichten des Schuldners undvon mittelbaren Teilnehmern, die sich aus Geschäftenund korrespondierenden Geschäften im Sinne des Ab-satzes 1 ergeben, ohne Zustimmung des Insolvenzver-walters durch den Abschluss von Gegengeschäften mitdem Schuldner und mittelbaren Teilnehmern, denen deraktuelle Markt- oder Börsenpreis der jeweiligen Leis-tungspflicht zugrunde liegt, glattstellen. Finanzsicher-heiten im Sinne des § 1 Absatz 17 des Kreditwesenge-setzes, die durch mittelbare Teilnehmer dem Schuldnerund durch diesen dem zentralen Kontrahenten gestelltwurden, können ohne Zustimmung des Insolvenzver-walters unmittelbar den mittelbaren Teilnehmern zu-rückgewährt werden, soweit sie auf Grund eines Glatt-stellungsgeschäfts nicht mehr zur Besicherung er-forderlich sind. Ein Glattstellungsgeschäft oder einesolche Rückgewähr von Finanzsicherheiten ist nurzulässig, wenn sich korrespondierende Geschäftezwischen Schuldner und zentralem Kontrahenten sowieSchuldner und mittelbaren Teilnehmern gegenüberste-hen, und nur, wenn die zwischen dem zentralen Kontra-henten und dem Schuldner sowie dem zwischen demSchuldner und mittelbaren Teilnehmern vor Eröffnungdes Insolvenzverfahrens geschlossene Vereinbarungden Abschluss solcher Glattstellungsgeschäfte sowiedie Rückgewähr der gewährten Finanzsicherheiten andie mittelbaren Teilnehmer vorsieht.

(3) Die Übertragung von Rechten und Pflichten undvon Finanzsicherheiten nach Absatz 1 oder der Ab-schluss von Glattstellungsgeschäften und die Rück-gewähr von Finanzsicherheiten nach Absatz 2 sind nurbis zum Ablauf des dritten auf die Eröffnung des Insol-venzverfahrens folgenden Geschäftstages im Sinne des§ 1 Absatz 16b* des Kreditwesengesetzes zulässig. Sie

* § 1 Absatz 16b des Kreditwesengesetzes wird zum 30. Juni 2011 durch

Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe e des Gesetzes zur Umsetzung der ge-

änderten Bankenrichtlinie und der geänderten Kapitaladäquanzricht-

linie vom 19. November 2010 eingeführt (BGBl. I S. 1592, 1593).

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 9 – Drucksache 17/5712

unterliegen nicht der Insolvenzanfechtung. Auf Ge-schäfte, die nach Absatz 1 übertragen oder nachAbsatz 2 glattgestellt werden sollen, findet § 104 biszum Ablauf der Frist nach Satz 1 keine Anwendung.Weist der Insolvenzverwalter nach, dass die Insolvenz-gläubiger durch eine Maßnahme nach Absatz 1 oder 2gegenüber einer Abwicklung nach § 104 benachteiligtwerden, so hat der zentrale Kontrahent diesen Nachteilgegenüber der Insolvenzmasse auszugleichen. § 92 giltentsprechend.“

12. Nach § 210 wird folgender § 210a eingefügt:

„§ 210aInsolvenzplan bei Masseunzulänglichkeit

Bei Anzeige der Masseunzulänglichkeit gelten dieVorschriften über den Insolvenzplan mit der Maßgabe,dass

1. an die Stelle der nicht nachrangigen Insolvenzgläu-biger die Massegläubiger mit dem Rang des § 209Absatz 1 Nummer 3 treten und

2. für die nicht nachrangigen Insolvenzgläubiger § 246Nummer 2 entsprechend gilt.“

13. In § 214 Absatz 1 Satz 3 werden nach dem Wort„schriftlich“ die Wörter „oder zu Protokoll der Ge-schäftsstelle“ gestrichen.

14. Dem § 217 wird folgender Satz angefügt:

„Ist der Schuldner keine natürliche Person, so könnenauch die Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte der amSchuldner beteiligten Personen in den Plan einbezogenwerden.“

15. In § 220 Absatz 2 wird das Wort „Gläubiger“ durch dasWort „Beteiligten“ ersetzt.

16. § 222 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 1 wird wie folgt geändert:

aa) In Satz 1 wird das Wort „Gläubiger“ durch dasWort „Beteiligte“ ersetzt.

bb) Satz 2 wird wie folgt geändert:

aaa) In Nummer 3 wird der Punkt am Endedurch ein Semikolon ersetzt.

bbb) Folgende Nummer 4 wird angefügt:

„4. den am Schuldner beteiligten Perso-nen, wenn deren Anteils- oder Mit-gliedschaftsrechte in den Plan einbe-zogen werden.“

b) In Absatz 2 Satz 1 werden das Wort „Gläubigern“durch das Wort „Beteiligten“ und das Wort „Gläubi-ger“ durch das Wort „Beteiligte“ ersetzt.

c) Absatz 3 Satz 2 wird wie folgt gefasst:

„Für Kleingläubiger und geringfügig beteiligte An-teilsinhaber mit einer Beteiligung am Haftkapitalvon weniger als einem Prozent oder weniger als1 000 Euro können besondere Gruppen gebildetwerden.“

17. Nach § 225 wird folgender § 225a eingefügt:

㤠225aRechte der Anteilsinhaber

(1) Die Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte der amSchuldner beteiligten Personen bleiben vom Insolvenz-plan unberührt, es sei denn, dass der Plan etwas anderesbestimmt.

(2) Im gestaltenden Teil des Plans kann vorgesehenwerden, dass Forderungen von Gläubigern in Anteils-oder Mitgliedschaftsrechte am Schuldner umgewandeltwerden. Eine Umwandlung gegen den Willen der be-troffenen Gläubiger ist ausgeschlossen. Insbesonderekann der Plan eine Kapitalherabsetzung oder -erhö-hung, die Leistung von Sacheinlagen, den Ausschlussvon Bezugsrechten oder die Zahlung von Abfindungenan ausscheidende Anteilsinhaber vorsehen.

(3) Im Plan kann jede Regelung getroffen werden,die gesellschaftsrechtlich zulässig ist, insbesondere dieFortsetzung einer aufgelösten Gesellschaft oder dieÜbertragung von Anteils- oder Mitgliedschaftsrech-ten.“

18. Dem § 229 wird folgender Satz angefügt:

„Dabei sind auch die Gläubiger zu berücksichtigen, diezwar ihre Forderungen nicht angemeldet haben, jedochbei der Ausarbeitung des Plans bekannt sind.“

19. § 230 Absatz 1 Satz 2 wird wie folgt gefasst:

„Ist der Schuldner eine Gesellschaft ohne Rechtsper-sönlichkeit oder eine Kommanditgesellschaft auf Ak-tien, so ist dem Plan eine entsprechende Erklärung derPersonen beizufügen, die nach dem Plan persönlichhaftende Gesellschafter des Unternehmens sein sollen.“

20. § 231 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 1 wird wie folgt geändert:

aa) In Nummer 1 werden nach dem Wort „Plans“ein Komma und die Wörter „insbesondere zurBildung von Gruppen,“ eingefügt.

bb) In Nummer 2 wird das Wort „Gläubiger“ durchdas Wort „Beteiligten“ ersetzt.

cc) Folgender Satz wird angefügt:

„Die Entscheidung des Gerichts soll innerhalbvon zwei Wochen nach Vorlage des Plans er-folgen.“

b) In Absatz 2 wird das Wort „Gläubigern“ durch dasWort „Beteiligten“ ersetzt.

21. Dem § 232 Absatz 3 wird folgender Satz angefügt:

„Die Frist soll zwei Wochen nicht überschreiten.“

22. § 235 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 1 wird wie folgt geändert:

aa) In Satz 1 wird das Wort „Gläubiger“ durch dasWort „Beteiligten“ ersetzt.

bb) Folgender Satz wird angefügt:

„Er kann gleichzeitig mit der Einholung derStellungnahmen nach § 232 anberaumt wer-den.“

Drucksache 17/5712 – 10 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

b) Dem Absatz 3 werden die folgenden Sätze ange-fügt:

„Sind die Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte deram Schuldner beteiligten Personen in den Plan ein-bezogen, so sind auch diese Personen gemäß denSätzen 1 und 2 zu laden; dies gilt nicht für Aktio-näre oder Kommanditaktionäre. Für börsennotierteGesellschaften findet § 121 Absatz 4a des Aktienge-setzes entsprechende Anwendung; sie haben eineZusammenfassung des wesentlichen Inhalts desPlans über ihre Internetseite zugänglich zu ma-chen.“

23. Nach § 238 wird folgender § 238a eingefügt:

㤠238aStimmrecht der Anteilsinhaber

(1) Das Stimmrecht der Anteilsinhaber des Schuld-ners bestimmt sich allein nach deren Beteiligung amgezeichneten Kapital oder Vermögen des Schuldners.Stimmrechtsbeschränkungen, Sonder- oder Mehr-stimmrechte bleiben außer Betracht.

(2) § 237 Absatz 2 gilt entsprechend.“

24. In § 239 wird das Wort „Gläubigern“ durch das Wort„Beteiligten“ ersetzt.

25. § 241 Absatz 2 wird wie folgt gefasst:

„(2) Zum Abstimmungstermin sind die stimmberech-tigten Beteiligten und der Schuldner zu laden. Dies giltnicht für Aktionäre oder Kommanditaktionäre. Fürdiese reicht es aus, den Termin öffentlich bekannt zumachen. Für börsennotierte Gesellschaften findet § 121Absatz 4a des Aktiengesetzes entsprechende An-wendung. Im Fall einer Änderung des Plans ist auf dieÄnderung besonders hinzuweisen.“

26. In § 242 Absatz 2 Satz 1 wird das Wort „Gläubigern“durch das Wort „Beteiligten“ ersetzt.

27. In § 243 wird das Wort „Gläubiger“ durch das Wort„Beteiligten“ ersetzt.

28. Dem § 244 wird folgender Absatz 3 angefügt:

„(3) Für die am Schuldner beteiligten Personen giltAbsatz 1 Nummer 2 entsprechend mit der Maßgabe,dass an die Stelle der Summe der Ansprüche dieSumme der Beteiligungen tritt.“

29. § 245 wird wie folgt geändert:

a) In Absatz 1 Nummer 1 und 2 wird jeweils das Wort„Gläubiger“ durch das Wort „Angehörigen“ ersetzt.

b) Absatz 2 wird durch die folgenden Absätze 2 und 3ersetzt:

„(2) Für eine Gruppe der Gläubiger liegt eine an-gemessene Beteiligung im Sinne des Absatzes 1Nummer 2 vor, wenn nach dem Plan

1. kein anderer Gläubiger wirtschaftliche Werte er-hält, die den vollen Betrag seines Anspruchsübersteigen,

2. weder ein Gläubiger, der ohne einen Plan mitNachrang gegenüber den Gläubigern der Gruppezu befriedigen wäre, noch der Schuldner oder

eine an ihm beteiligte Person einen wirtschaftli-chen Wert erhält und

3. kein Gläubiger, der ohne einen Plan gleichrangigmit den Gläubigern der Gruppe zu befriedigenwäre, bessergestellt wird als diese Gläubiger.

(3) Für eine Gruppe der Anteilsinhaber liegt eineangemessene Beteiligung im Sinne des Absatzes 1Nummer 2 vor, wenn nach dem Plan

1. kein Gläubiger wirtschaftliche Werte erhält, dieden vollen Betrag seines Anspruchs übersteigen,und

2. kein Anteilsinhaber, der ohne einen Plan den An-teilsinhabern der Gruppe gleichgestellt wäre,bessergestellt wird als diese.“

30. § 246 wird wie folgt geändert:

a) Nummer 1 wird aufgehoben.

b) Die Nummern 2 und 3 werden die Nummern 1und 2.

31. Nach § 246 wird folgender § 246a eingefügt:

㤠246aZustimmung der Anteilsinhaber

Beteiligt sich keines der Mitglieder einer Gruppe derAnteilsinhaber an der Abstimmung, so gilt die Zustim-mung der Gruppe als erteilt.“

32. In § 247 Absatz 1 werden nach dem Wort „schriftlich“die Wörter „oder zu Protokoll der Geschäftsstelle“ ge-strichen.

33. In § 248 Absatz 1 wird das Wort „Gläubiger“ durch dasWort „Beteiligten“ und die Angabe „246“ durch dieAngabe „246a“ ersetzt.

34. § 250 wird wie folgt geändert:

a) In Nummer 1 wird das Wort „Gläubiger“ durch dasWort „Beteiligten“ ersetzt.

b) In Nummer 2 wird das Wort „Gläubigers“ durch dasWort „Beteiligten“ ersetzt.

35. § 251 wird wie folgt gefasst:

㤠251Minderheitenschutz

(1) Auf Antrag eines Gläubigers oder, wenn derSchuldner keine natürliche Person ist, einer am Schuld-ner beteiligten Person ist die Bestätigung des Insol-venzplans zu versagen, wenn

1. der Antragsteller dem Plan spätestens im Abstim-mungstermin schriftlich oder zu Protokoll wider-sprochen hat und

2. der Antragsteller durch den Plan voraussichtlichschlechtergestellt wird, als er ohne einen Planstünde.

(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Antragstel-ler spätestens im Abstimmungstermin glaubhaft macht,dass er durch den Plan voraussichtlich schlechterge-stellt wird.

(3) Der Antrag ist abzuweisen, wenn im gestaltendenTeil des Plans Mittel für den Fall bereitgestellt werden,

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 11 – Drucksache 17/5712

dass ein Beteiligter eine Schlechterstellung nachweist.Ob der Beteiligte einen Ausgleich aus diesen Mittelnerhält, ist außerhalb des Insolvenzverfahrens zu klä-ren.“

36. Dem § 252 Absatz 2 werden die folgenden Sätze ange-fügt:

„Sind die Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte der amSchuldner beteiligten Personen in den Plan einbezogen,so sind auch diesen die Unterlagen zu übersenden; diesgilt nicht für Aktionäre oder Kommanditaktionäre. Bör-sennotierte Gesellschaften haben eine Zusammenfas-sung des wesentlichen Inhalts des Plans über ihre Inter-netseite zugänglich zu machen.“

37. § 253 wird wie folgt gefasst:

㤠253Rechtsmittel

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Insolvenz-plan bestätigt oder durch den die Bestätigung versagtwird, steht den Gläubigern, dem Schuldner und, wenndieser keine natürliche Person ist, den am Schuldnerbeteiligten Personen die sofortige Beschwerde zu.

(2) Die sofortige Beschwerde gegen die Bestätigungist nur zulässig, wenn der Beschwerdeführer

1. dem Plan spätestens im Abstimmungstermin schrift-lich oder zu Protokoll widersprochen hat,

2. gegen den Plan gestimmt hat und

3. glaubhaft macht, dass er durch den Plan wesentlichschlechtergestellt wird, als er ohne einen Planstünde, und dass dieser Nachteil nicht durch eineZahlung aus den in § 251 Absatz 3 genannten Mit-teln ausgeglichen werden kann.

(3) Absatz 2 Nummer 1 und 2 gilt nur, wenn in deröffentlichen Bekanntmachung des Termins (§ 235Absatz 2) und in den Ladungen zum Termin (§ 235Absatz 3) auf die Notwendigkeit des Widerspruchs undder Ablehnung des Plans besonders hingewiesenwurde.“

38. § 254 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 1 Satz 2 und 3 wird aufgehoben.

b) Folgender Absatz 4 wird angefügt:

„(4) Werden Forderungen von Gläubigern in An-teils- oder Mitgliedschaftsrechte am Schuldner um-gewandelt, kann der Schuldner nach der gericht-lichen Bestätigung keine Ansprüche wegen einerÜberbewertung der Forderungen im Plan gegen diebisherigen Gläubiger geltend machen.“

39. Nach § 254 werden die folgenden §§ 254a und 254beingefügt:

„§ 254aRechte an Gegenständen. Sonstige Wirkungen

des Plans

(1) Wenn Rechte an Gegenständen begründet, geän-dert, übertragen oder aufgehoben oder Geschäftsanteilean einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung abgetre-ten werden sollen, gelten die in den Insolvenzplan auf-

genommenen Willenserklärungen der Beteiligten als inder vorgeschriebenen Form abgegeben.

(2) Wenn die Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte deram Schuldner beteiligten Personen in den Plan einbezo-gen sind (§ 225a), gelten die in den Plan aufgenomme-nen Beschlüsse der Anteilsinhaber oder sonstigen Wil-lenserklärungen der Beteiligten als in der vorgeschrie-benen Form abgegeben. Gesellschaftsrechtlich erfor-derliche Ladungen, Bekanntmachungen und sonstigeMaßnahmen zur Vorbereitung von Beschlüssen der An-teilsinhaber gelten als in der vorgeschriebenen Formbewirkt. Der Insolvenzverwalter ist berechtigt, die er-forderlichen Anmeldungen beim jeweiligen Registerge-richt vorzunehmen.

(3) Entsprechendes gilt für die in den Plan aufge-nommenen Verpflichtungserklärungen, die einer Maß-nahme nach Absatz 1 oder 2 zugrunde liegen.

§ 254bWirkung für alle Beteiligten

Die §§ 254 und 254a gelten auch für Insolvenzgläu-biger, die ihre Forderungen nicht angemeldet haben,und für Beteiligte, die dem Insolvenzplan widerspro-chen haben.“

40. § 258 Absatz 2 wird wie folgt gefasst:

„(2) Vor der Aufhebung hat der Verwalter die un-streitigen fälligen Masseansprüche zu berichtigen undfür die streitigen oder nicht fälligen Sicherheit zu leis-ten. Für die nicht fälligen Masseansprüche kann auchein Finanzplan vorgelegt werden, aus dem sich ergibt,dass ihre Erfüllung gewährleistet ist.“

41. Nach § 259 werden die folgenden §§ 259a und 259beingefügt:

㤠259aVollstreckungsschutz

(1) Gefährden nach der Aufhebung des VerfahrensZwangsvollstreckungen einzelner Insolvenzgläubiger,die ihre Forderungen bis zum Abstimmungsterminnicht angemeldet haben, die Durchführung des Insol-venzplans, kann das Insolvenzgericht auf Antrag desSchuldners eine Maßnahme der Zwangsvollstreckungganz oder teilweise aufheben oder längstens für dreiJahre untersagen. Der Antrag ist nur zulässig, wenn derSchuldner die tatsächlichen Behauptungen, die dieGefährdung begründen, glaubhaft macht.

(2) Ist die Gefährdung glaubhaft gemacht, kann dasGericht die Zwangsvollstreckung auch einstweilen ein-stellen.

(3) Das Gericht hebt seinen Beschluss auf Antrag aufoder ändert ihn ab, wenn dies mit Rücksicht auf eineÄnderung der Sachlage geboten ist.

§ 259bBesondere Verjährungsfrist

(1) Die Forderung eines Insolvenzgläubigers, dienicht bis zum Abstimmungstermin angemeldet wordenist, verjährt in einem Jahr.

Drucksache 17/5712 – 12 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

(2) Die Verjährungsfrist beginnt, wenn die Forderungfällig und der Beschluss rechtskräftig ist, durch den derInsolvenzplan bestätigt wurde.

(3) Die Absätze 1 und 2 sind nur anzuwenden, wenndadurch die Verjährung einer Forderung früher voll-endet wird als bei Anwendung der ansonsten geltendenVerjährungsvorschriften.

(4) Die Verjährung einer Forderung eines Insolvenz-gläubigers ist gehemmt, solange wegen Vollstreckungs-schutzes nach § 259a nicht vollstreckt werden darf. DieHemmung endet drei Monate nach Beendigung desVollstreckungsschutzes.“

42. § 270 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 2 wird wie folgt geändert:

aa) In Nummer 1 wird das Komma am Ende durchdas Wort „und“ ersetzt.

bb) Die Nummern 2 und 3 werden durch folgendeNummer 2 ersetzt:

„2. dass keine Umstände bekannt sind, die er-warten lassen, dass die Anordnung zuNachteilen für die Gläubiger führen wird.“

b) Absatz 3 wird durch die folgenden Absätze 3 und 4ersetzt:

„(3) Vor der Entscheidung über den Antrag istdem vorläufigen Gläubigerausschuss Gelegenheitzur Äußerung zu geben, wenn dies nicht offensicht-lich zu einer nachteiligen Veränderung in der Ver-mögenslage des Schuldners führt. Wird der Antragvon einem einstimmigen Beschluss des vorläufigenGläubigerausschusses unterstützt, so gilt die Anord-nung nicht als nachteilig für die Gläubiger.

(4) Wird der Antrag abgelehnt, so ist die Ab-lehnung schriftlich zu begründen; § 27 Absatz 2Nummer 5 gilt entsprechend.“

43. Nach § 270 werden die folgenden §§ 270a bis 270c ein-gefügt:

„§ 270aEröffnungsverfahren

(1) Ist der Antrag des Schuldners auf Eigenverwal-tung nicht offensichtlich aussichtslos, so soll das Ge-richt im Eröffnungsverfahren davon absehen,

1. dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbotaufzuerlegen oder

2. anzuordnen, dass alle Verfügungen des Schuldnersnur mit Zustimmung eines vorläufigen Insolvenz-verwalters wirksam sind.

Anstelle des vorläufigen Insolvenzverwalters wird indiesem Fall ein vorläufiger Sachwalter bestellt, auf dendie §§ 274 und 275 entsprechend anzuwenden sind.

(2) Hat der Schuldner den Eröffnungsantrag bei dro-hender Zahlungsunfähigkeit gestellt und die Eigenver-waltung beantragt, sieht das Gericht jedoch die Voraus-setzungen der Eigenverwaltung als nicht gegeben an, sohat es seine Bedenken dem Schuldner mitzuteilen und

diesem Gelegenheit zu geben, den Eröffnungsantragvor der Entscheidung über die Eröffnung zurückzuneh-men.

§ 270bVorbereitung einer Sanierung

(1) Hat der Schuldner den Eröffnungsantrag bei dro-hender Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung ge-stellt und die Eigenverwaltung beantragt und ist die an-gestrebte Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos, sobestimmt das Insolvenzgericht auf Antrag des Schuld-ners eine Frist zur Vorlage eines Insolvenzplans. DieFrist darf höchstens drei Monate betragen. Der Schuld-ner hat mit dem Antrag eine mit Gründen verseheneBescheinigung eines in Insolvenzsachen erfahrenenSteuerberaters, Wirtschaftsprüfers oder Rechtsanwaltsoder einer Person mit vergleichbarer Qualifikation vor-zulegen, aus der sich ergibt, dass drohende Zahlungsun-fähigkeit oder Überschuldung, aber keine Zahlungsun-fähigkeit vorliegt und die angestrebte Sanierung nichtoffensichtlich aussichtslos ist.

(2) In dem Beschluss nach Absatz 1 bestellt dasGericht einen vorläufigen Sachwalter nach § 270aAbsatz 1. Das Gericht kann von dem Vorschlag desSchuldners nur abweichen, wenn die vorgeschlagenePerson offensichtlich für die Übernahme des Amtesnicht geeignet ist; dies ist vom Gericht zu begründen.Das Gericht kann vorläufige Maßnahmen nach § 21Absatz 1 und 2 Nummer 1a, 3 bis 5 anordnen; es hatMaßnahmen nach § 21 Absatz 2 Nummer 3 anzuord-nen, wenn der Schuldner dies beantragt.

(3) Das Gericht hebt die Anordnung nach Absatz 1vor Ablauf der Frist auf, wenn

1. Zahlungsunfähigkeit eintritt;

2. die angestrebte Sanierung aussichtslos geworden ist;

3. der vorläufige Gläubigerausschuss die Aufhebungbeantragt oder

4. ein absonderungsberechtigter Gläubiger oder ein In-solvenzgläubiger die Aufhebung beantragt und Um-stände bekannt werden, die erwarten lassen, dass dieAnordnung zu Nachteilen für die Gläubiger führenwird; der Antrag ist nur zulässig, wenn kein vorläu-figer Gläubigerausschuss bestellt ist und die Um-stände vom Antragsteller glaubhaft gemacht wer-den.

Der Schuldner oder der vorläufige Sachwalter habendem Gericht den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit un-verzüglich anzuzeigen. Nach Aufhebung der Anord-nung oder nach Ablauf der Frist entscheidet das Gerichtüber die Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

§ 270cBestellung des Sachwalters

Bei Anordnung der Eigenverwaltung wird anstelledes Insolvenzverwalters ein Sachwalter bestellt. DieForderungen der Insolvenzgläubiger sind beim Sach-walter anzumelden. Die §§ 32 und 33 sind nicht anzu-wenden.“

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 13 – Drucksache 17/5712

44. § 271 wird wie folgt gefasst:

„§ 271Nachträgliche Anordnung

Beantragt die Gläubigerversammlung mit der in § 76Absatz 2 genannten Mehrheit und der Mehrheit der ab-stimmenden Gläubiger die Eigenverwaltung, so ordnetdas Gericht diese an, sofern der Schuldner zustimmt.Zum Sachwalter kann der bisherige Insolvenzverwalterbestellt werden.“

45. § 272 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 1 wird wie folgt geändert:

aa) In Nummer 1 werden nach dem Wort „Gläubi-gerversammlung“ die Wörter „mit der in § 76Absatz 2 genannten Mehrheit und der Mehrheitder abstimmenden Gläubiger“ eingefügt.

bb) Nummer 2 wird wie folgt gefasst:

„2. wenn dies von einem absonderungsberech-tigten Gläubiger oder von einem Insolvenz-gläubiger beantragt wird, die Vorausset-zung des § 270 Absatz 2 Nummer 2 weg-gefallen ist und dem Antragsteller durchdie Eigenverwaltung erhebliche Nachteiledrohen;“.

b) Absatz 2 Satz 1 wird wie folgt gefasst:

„Der Antrag eines Gläubigers ist nur zulässig, wenndie in Absatz 1 Nummer 2 genannten Voraussetzun-gen glaubhaft gemacht werden.“

46. In § 274 Absatz 1 wird die Angabe „§ 54 Nr. 2“ durchdie Wörter „§ 27 Absatz 2 Nummer 5, § 54 Nummer 2“ersetzt.

47. Nach § 276 wird folgender § 276a eingefügt:

„§ 276aMitwirkung der Überwachungsorgane

Ist der Schuldner eine juristische Person oder eineGesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, so haben derAufsichtsrat, die Gesellschafterversammlung oder ent-sprechende Organe keinen Einfluss auf die Geschäfts-führung des Schuldners. Die Abberufung und Neu-bestellung von Mitgliedern der Geschäftsleitung ist nurwirksam, wenn der Sachwalter zustimmt. Die Zustim-mung ist zu erteilen, wenn die Maßnahme nicht zuNachteilen für die Gläubiger führt.“

48. In § 337 werden die Wörter „dem Einführungsgesetzzum Bürgerlichen Gesetzbuche“ durch die Wörter „derVerordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Par-laments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das aufvertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht(Rom I) (ABl. L 177 vom 4.7.2008, S. 6)“ ersetzt.

49. § 348 wird wie folgt geändert:

a) Die Überschrift wird wie folgt gefasst:

„§ 348Zuständiges Insolvenzgericht. Zusammenarbeit

der Insolvenzgerichte“.

b) Nach Absatz 1 wird folgender Absatz 2 eingefügt:

„(2) Sind die Voraussetzungen für die Anerken-nung eines ausländischen Insolvenzverfahrensgegeben, so kann das Insolvenzgericht mit dem aus-ländischen Insolvenzgericht zusammenarbeiten,insbesondere Informationen weitergeben, die fürdas ausländische Verfahren von Bedeutung sind.“

c) Die bisherigen Absätze 2 und 3 werden die Absätze3 und 4.

Artikel 2

Änderung der InsolvenzrechtlichenVergütungsverordnung

Die Insolvenzrechtliche Vergütungsverordnung vom19. August 1998 (BGBl. I S. 2205), die zuletzt durch … ge-ändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. § 17 wird wie folgt geändert:

a) Der Wortlaut wird Absatz 1.

b) Folgender Absatz 2 wird angefügt:

„(2) Die Vergütung der Mitglieder des vorläufigenGläubigerausschusses für die Erfüllung der ihm nach§ 56 Absatz 2 und § 270 Absatz 3 der Insolvenz-ordnung zugewiesenen Aufgaben beträgt einmalig300 Euro. Nach der Bestellung eines vorläufigenInsolvenzverwalters oder eines vorläufigen Sach-walters richtet sich die weitere Vergütung nachAbsatz 1.“

2. Dem § 19 wird folgender Absatz 3 angefügt:

„(3) Auf Insolvenzverfahren, die vor dem … [einset-zen: Datum der Ausfertigung und Fundstelle dieses Ge-setzes] beantragt worden sind, sind die Vorschriften die-ser Verordnung in ihrer bis zum Inkrafttreten des Geset-zes vom … [einsetzen: Datum der Ausfertigung undFundstelle dieses Gesetzes] am … [einsetzen: Datum desInkrafttretens von Artikel 2 nach Artikel 10 Satz 3] gel-tenden Fassung weiter anzuwenden.“

Artikel 3

Änderung des Einführungsgesetzeszur Insolvenzordnung

Vor Artikel 104 des Einführungsgesetzes zur Insolvenz-ordnung vom 5. Oktober 1994 (BGBl. I S. 2911), das zu-letzt durch Gesetz vom … geändert worden ist, wird folgen-der Artikel 103 … [einsetzen: bei der Verkündung nächsterfreier Buchstabenzusatz] eingefügt:

„Artikel 103 … [einsetzen: bei der Verkündung nächsterfreier Buchstabenzusatz]

Überleitungsvorschrift zum Gesetz zur weiteren Erleich-terung der Sanierung von Unternehmen

Auf Insolvenzverfahren, die vor dem … [einsetzen: Da-tum des Inkrafttretens nach Artikel 10 Satz 3 dieses Geset-

Drucksache 17/5712 – 14 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

zes] beantragt worden sind, sind die bis dahin geltendenVorschriften weiter anzuwenden.“

Artikel 4

Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes

Dem § 22 Absatz 6 des Gerichtsverfassungsgesetzes inder Fassung der Bekanntmachung vom 9. Mai 1975(BGBl. I S. 1077), das zuletzt durch Artikel 5 des Gesetzesvom 30. Juli 2009 (BGBl. I S. 2474) geändert worden ist,werden die folgenden Sätze angefügt:

„Richter in Insolvenzsachen sollen über belegbare Kennt-nisse auf den Gebieten des Insolvenzrechts, des Handels-und Gesellschaftsrechts sowie über Grundkenntnisse der fürdas Insolvenzverfahren notwendigen Teile des Arbeits-, So-zial- und Steuerrechts und des Rechnungswesens verfügen.Einem Richter, dessen Kenntnisse auf diesen Gebieten nichtbelegt sind, dürfen die Aufgaben eines Insolvenzrichters nurzugewiesen werden, wenn der Erwerb der Kenntnisse als-bald zu erwarten ist.“

Artikel 5

Änderung des Rechtspflegergesetzes

Das Rechtspflegergesetz vom 5. November 1969(BGBl. I S. 2065), das zuletzt durch … geändert worden ist,wird wie folgt geändert:

1. In § 11 Absatz 3 wird die Angabe „§§ 77, 237 und 238“durch die Angabe „§ 77“ ersetzt.

2. § 18 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 1 wird wie folgt geändert:

aa) Nach Nummer 1 wird folgende Nummer 2 ein-gefügt:

„2. das Verfahren über einen Insolvenzplannach den §§ 217 bis 256 und den §§ 258bis 269 der Insolvenzordnung,“.

bb) Die bisherigen Nummern 2 und 3 werden dieNummern 3 und 4.

b) Absatz 3 wird wie folgt gefasst:

„(3) Hat sich die Entscheidung des Rechtspflegersüber die Gewährung des Stimmrechts nach § 77 derInsolvenzordnung auf das Ergebnis einer Abstim-mung ausgewirkt, so kann der Richter auf Antrageines Gläubigers oder des Insolvenzverwalters dasStimmrecht neu festsetzen und die Wiederholung derAbstimmung anordnen; der Antrag kann nur bis zumSchluss des Termins gestellt werden, in dem die Ab-stimmung stattfindet.“

c) Dem Absatz 4 werden die folgenden Sätze angefügt:

„Rechtspfleger in Insolvenzsachen sollen über beleg-bare Kenntnisse des Insolvenzrechts und Grund-kenntnisse des Handels- und Gesellschaftsrechts undder für das Insolvenzverfahren notwendigen Teile desArbeits-, Sozial- und Steuerrechts und des Rech-nungswesens verfügen. Einem Rechtspfleger, dessenKenntnisse auf diesen Gebieten nicht belegt sind,dürfen die Aufgaben eines Rechtspflegers in Insol-

venzsachen nur zugewiesen werden, wenn der Er-werb der Kenntnisse alsbald zu erwarten ist.“

Artikel 6

Änderung des Gesetzes über die Zwangs-versteigerung und die Zwangsverwaltung

Dem § 30d Absatz 4 des Gesetzes über die Zwangsstei-gerung und die Zwangsverwaltung in der im Bundesgesetz-blatt Teil III, Gliederungsnummer 310-14, veröffentlichtenbereinigten Fassung, das zuletzt durch das Gesetz vom …geändert worden ist, wird folgender Satz angefügt:

„Ist ein vorläufiger Sachwalter bestellt, so steht dieses An-tragsrecht dem Schuldner zu.“

Artikel 7

Gesetz über die Insolvenzstatistik(Insolvenzstatistikgesetz – InsStatG)

§ 1Insolvenzstatistik

Für wirtschaftspolitische Planungsentscheidungen wer-den über Insolvenzverfahren monatliche und jährliche Erhe-bungen als Bundesstatistik durchgeführt.

§ 2Erhebungsmerkmale

Die Erhebungen erfassen folgende Erhebungsmerkmale:

1. bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder dessen Ab-weisung mangels Masse:

a) Art des Verfahrens und des internationalen Bezugs,

b) Antragsteller,

c) Art des Rechtsträgers oder der Vermögensmasse(Schuldner); bei Unternehmen zusätzlich Rechts-form, Geschäftszweig, Jahr der Gründung, Zahl derbetroffenen Arbeitnehmer und die Eintragung in dasHandels-, Genossenschafts-, Vereins- oder Partner-schaftsregister,

d) Eröffnungsgrund,

e) Anordnung oder Ablehnung der Eigenverwaltung,

f) voraussichtliche Summe der Forderungen;

2. bei Annahme eines Schuldenbereinigungsplans, bei Er-öffnung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens oder beider Abweisung des Antrags auf Eröffnung eines solchenVerfahrens mangels Masse:

a) Summe der Forderungen,

b) geschätzte Summe der zu erbringenden Leistungen;

3. bei Einstellung oder Aufhebung des Insolvenzverfah-rens:

a) Art der erfolgten Beendigung des Verfahrens,

b) Höhe der befriedigten Absonderungsrechte,

c) Höhe der quotenberechtigten Insolvenzforderungenund Höhe des zur Verteilung an die Insolvenzgläubi-ger verfügbaren Betrags, bei öffentlich-rechtlichen

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 15 – Drucksache 17/5712

Insolvenzgläubigern zusätzlich deren jeweiliger An-teil,

d) Angaben zur Betriebsfortführung, zum Sanierungser-folg und zur Eigenverwaltung,

e) Angaben über die Vorfinanzierung von Arbeitsent-gelt im Rahmen der Gewährung von Insolvenzgeld,

f) Datum der Einreichung des Schlussberichts bei Ge-richt,

g) Angaben über Abschlagsverteilungen;

4. bei Restschuldbefreiung:

a) Ankündigung der Restschuldbefreiung,

b) Entscheidung über die Restschuldbefreiung,

c) bei Versagung der Restschuldbefreiung die Gründefür die Versagung,

d) Widerruf der erteilten Restschuldbefreiung.

§ 3Hilfsmerkmale

Hilfsmerkmale der Erhebungen sind:

1. Datum der Verfahrenshandlungen nach § 2,

2. Name oder Firma und Anschrift oder Mittelpunkt derselbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit des Schuldners,

3. bei Unternehmen die Umsatzsteuernummer,

4. Name, Nummer und Aktenzeichen des Amtsgerichts,

5. Name und Anschrift des Insolvenzverwalters, Sachwal-ters oder des Treuhänders,

6. Name, Rufnummern und E-Mail-Adressen der für even-tuelle Rückfragen zur Verfügung stehenden Personen so-wie Bearbeitungsdatum,

7. bei Schuldnern, die im Handels-, Genossenschafts-, Ver-eins- oder Partnerschaftsregister eingetragen sind, dieArt und der Ort des Registers und die Nummer der Ein-tragung.

§ 4Auskunftspflicht und Erteilung der Auskunft;

Verordnungsermächtigung

(1) Für die Erhebung besteht Auskunftspflicht. Die An-gaben zu § 3 Nummer 6 sind freiwillig. Auskunftspflichtigsind

1. bezüglich der Angaben nach § 2 Nummer 1 und 2 sowie§ 3 Nummer 1, 2, 4, 5 und 7 die zuständigen Amtsge-richte,

2. bezüglich der Angaben nach § 2 Nummer 3 und 4 und§ 3 Nummer 1 bis 5 und 7 die zuständigen Insolvenzver-walter, Sachwalter oder Treuhänder.

(2) Die Angaben werden aus den vorhandenen Unterla-gen mitgeteilt. Die Angaben nach Absatz 1 Nummer 1 wer-den monatlich, die Angaben nach Absatz 1 Nummer 2 jähr-lich erfasst.

(3) Die Angaben sind innerhalb der folgenden Fristen zuübermitteln:

1. die Angaben der Amtsgerichte innerhalb von zwei Wo-chen nach Ablauf des Kalendermonats, in dem die je-weilige gerichtliche Entscheidung erlassen wurde,

2. die Angaben der Insolvenzverwalter, Sachwalter oderTreuhänder mit Ausnahme der Angaben zu § 2Nummer 4 Buchstabe b bis d innerhalb von vier Wochennach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Einstellungoder Aufhebung des Insolvenzverfahrens erfolgte,

3. die Angaben der Insolvenzverwalter oder Treuhänder zu§ 2 Nummer 4 Buchstabe b und c innerhalb von vierWochen nach Ablauf des sechsten dem Eröffnungsjahrfolgenden Jahres,

4. die Angaben der Insolvenzverwalter oder Treuhänder zu§ 2 Nummer 4 Buchstabe d innerhalb von vier Wochennach Ablauf des siebten dem Eröffnungsjahr folgendenJahres.

(4) Die zuständigen Amtsgerichte übermitteln den nachAbsatz 1 Nummer 2 auskunftspflichtigen Insolvenzverwal-tern, Sachwaltern oder Treuhändern die erforderlichen Er-hebungsunterlagen.

(5) Die Insolvenzverwalter, Sachwalter oder Treuhänderübermitteln die zu erteilenden Angaben über die zuständi-gen Amtsgerichte, welche die Vollzähligkeit prüfen, denstatistischen Ämtern. Es ist zulässig, dass die Insolvenzver-walter, Sachwalter oder Treuhänder die Angaben direkt andie statistischen Ämter melden. In diesem Fall sollen dieDaten nach bundeseinheitlichen Vorgaben des StatistischenBundesamtes elektronisch übermittelt werden. Für die Voll-zähligkeitsprüfung erfolgt in diesem Fall eine Mitteilung andie zuständigen Amtsgerichte.

(6) Die Landesregierungen werden ermächtigt, durchRechtsverordnung nähere Bestimmungen über die Form derAngaben zu treffen, die den zuständigen Amtsgerichten vonInsolvenzverwaltern, Sachwaltern und Treuhändern zuübermitteln sind. Dabei können sie auch Vorgaben für dieDatenformate der elektronischen Einreichung machen. DieLandesregierungen können die Ermächtigung durch Rechts-verordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.

§ 5Veröffentlichung und Übermittlung

(1) Die statistischen Ämter dürfen Ergebnisse veröffent-lichen, auch wenn Tabellenfelder nur einen einzigen Fallausweisen, sofern diese Tabellenfelder keine Angaben zurSumme der Forderungen und zur Zahl der betroffenen Ar-beitnehmer enthalten.

(2) Für die Verwendung gegenüber den gesetzgebendenKörperschaften und für Zwecke der Planung, jedoch nichtfür die Regelung von Einzelfällen, dürfen Tabellen mit sta-tistischen Ergebnissen, auch wenn Tabellenfelder nur eineneinzigen Fall ausweisen, vom Statistischen Bundesamt undden statistischen Ämtern der Länder an die fachlich zustän-digen obersten Bundes- und Landesbehörden übermitteltwerden.

§ 6Übergangsregelung

Die Insolvenzverwalter, Sachwalter und Treuhänder sindnach § 4 Absatz 1 auskunftspflichtig bezüglich der Anga-ben, die sich auf Insolvenzverfahren beziehen, die nach dem31. Dezember 2008 eröffnet wurden.

Drucksache 17/5712 – 16 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Artikel 8

Änderung des Einführungsgesetzeszum Gerichtsverfassungsgesetz

§ 39 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungs-gesetz in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungs-nummer 300-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, daszuletzt durch … geändert worden ist, wird aufgehoben.

Artikel 9

Änderung des Kreditwesengesetzes

In § 46 Absatz 2 Satz 6 des Kreditwesengesetzes in derFassung der Bekanntmachung vom 9. September 1998(BGBl. I S. 2776), das zuletzt durch … geändert worden ist,werden nach den Wörtern „interoperabler Systeme“ ein

Komma und die Wörter „und im Rahmen des von einemzentralen Kontrahenten betriebenen Systems“ sowie nachdem Wort „finden“ die Wörter „bei Anordnung einer Maß-nahme nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 bis 6“ eingefügt.

Artikel 10

Inkrafttreten

Artikel 1 Nummer 1, die Artikel 4 und 5 dieses Gesetzestreten am 1. Januar … [einsetzen: die Zahl des Jahres, des-sen Beginn mindestens sechs Kalendermonate nach demZeitpunkt der Verkündung liegt] in Kraft. Die Artikel 7 und8 treten am 1. Januar 2012 in Kraft. Im Übrigen tritt das Ge-setz am … [einsetzen: den ersten Tag des dritten auf dieVerkündung folgenden Kalendermonats] in Kraft.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 17 – Drucksache 17/5712

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Überblick

In dem Gesetzentwurf zur weiteren Erleichterung der Sanie-rung von Unternehmen sind mehrere Reformvorhaben zumInsolvenzrecht zusammengefasst. Die Fortführung von sa-nierungsfähigen Unternehmen soll erleichtert und damit derErhalt von Arbeitsplätzen ermöglicht werden.

Schwerpunkt des Gesetzentwurfs ist die Erleichterung derSanierung von Unternehmen durch einen stärkeren Einflussder Gläubiger auf die Auswahl des Insolvenzverwalters,durch Ausbau und Straffung des Insolvenzplanverfahrens,durch die Vereinfachung des Zugangs zur Eigenverwaltungund durch eine größere Konzentration der Zuständigkeit derInsolvenzgerichte. Mit der Verbesserung der Sanierungs-chancen wird zugleich zum Erhalt von Arbeitsplätzen bei-getragen.

Das geltende Recht legt der frühzeitigen Sanierung insol-venzbedrohter Unternehmen zahlreiche Hindernisse in denWeg. In der Vergangenheit haben einige Unternehmen des-halb ihren Sitz nach England verlegt, da der Geschäftslei-tung und den maßgeblichen Gläubigern die Eröffnung einesInsolvenzverfahrens nach englischem Recht zur Sanierungdes Unternehmens vorteilhafter erschien. Auch wenn diesEinzelfälle geblieben sind, so haben sie doch Anstoß zu ei-ner umfassenden Diskussion in der Fachöffentlichkeit überden Sanierungsstandort Deutschland gegeben und den Blickfür die Schwächen des geltenden deutschen Rechts ge-schärft. Als einer der Gründe, aus denen insbesondere aus-ländische Investoren die deutsche Rechtsordnung als weni-ger geeignet für Sanierungen ansehen, wird unter anderemgenannt, dass der Ablauf eines deutschen Insolvenzverfah-rens für Schuldner und Gläubiger nicht berechenbar sei unddass insbesondere kaum Einfluss auf die Auswahl des Insol-venzverwalters genommen werden könne. Im deutschen In-solvenzverfahren fehle die Möglichkeit einer Umwandlungvon Forderungen in Anteilsrechte. Zudem sei die Dauer ei-nes deutschen Insolvenzverfahrens mit dem Ziel der Sanie-rung des Unternehmens kaum kalkulierbar, da das Wirk-samwerden eines Insolvenzplans durch Rechtsmittel einzel-ner Gläubiger um Monate oder gar Jahre hinausgezögertwerden könne.

Das Recht der Eigenverwaltung, das die Möglichkeit eröff-net, dem Schuldner seine Verwaltungs- und Verfügungsbe-fugnis nach Verfahrenseröffnung zu belassen, hat bislangeine zu geringe praktische Bedeutung. Viele Gerichte ma-chen nur mit großer Zurückhaltung von dieser Möglichkeitder Insolvenzordnung Gebrauch. Auch ein Schuldner, derschon bei drohender Zahlungsunfähigkeit einen Insolvenz-antrag stellt und den seine Gläubiger für vertrauenswürdighalten, hat keine Sicherheit, dass ihm das Gericht die Eigen-verwaltung gestattet.

Diese Schwächen des geltenden Rechts und die bestehendenUnsicherheiten bezüglich der Handhabung durch die Ge-richte im Einzelfall führen dazu, dass ein frühzeitig gestell-ter Insolvenzantrag mit dem Ziel der Sanierung des Unter-nehmens nach wie vor die große Ausnahme bildet. In der

Regel wird der Insolvenzantrag erst gestellt, wenn das Ver-mögen des Schuldners restlos aufgezehrt ist und keine Sa-nierungschancen mehr bestehen. Ziel des Gesetzentwurfs istes daher, im Interesse einer Verbesserung von Sanierungs-chancen zu erreichen, dass Schuldner und Gläubiger in dieAuswahl der maßgeblichen Akteure einbezogen werden unddass alle Beteiligten eine größere Planungssicherheit hin-sichtlich des Ablaufs des Verfahrens erhalten. Die Möglich-keiten der Sanierung durch einen Insolvenzplan werden er-weitert, Blockadepotential wird abgebaut.

Im Rahmen der Änderung der Insolvenzordnung (InsO)wird außerdem die Position von Clearinghäusern gestärkt,die bei Finanztransaktionen mit dem Ziel einer effizientenAbwicklung und Risikominimierung als zentraler Vertrags-partner zwischen Käufer und Verkäufer geschaltet werden.Im Interesse der Stabilität der Märkte ist sicherzustellen,dass Finanzgeschäfte, die mit einer Vielzahl von Beteiligtenüber eine zentrale Vertragspartei abgewickelt werden, trotzder Insolvenz eines Teilnehmers geordnet zu Ende gebrachtwerden.

Schließlich wird das Recht der Insolvenzstatistik neu geord-net, damit in Zukunft belastbare Angaben über die finan-ziellen Ergebnisse und den Ausgang von Insolvenzverfah-ren vorliegen.

II. Änderung der Insolvenzordnung

Vorrangiges Ziel des Insolvenzverfahrens ist die bestmögli-che Befriedigung der Gläubiger. Daran wird festgehalten.Künftig sollen die Gläubiger den Ablauf des Insolvenzver-fahrens sogar noch stärker als bislang bestimmen können.Die Erhaltung eines insolventen Unternehmens kann in ei-ner marktwirtschaftlichen Ordnung kein Selbstzweck sein.Sie ist im Grundsatz nur dann erstrebenswert, wenn derFortführungswert des Unternehmens den Zerschlagungs-wert übersteigt, also durch die Sanierung Werte erhaltenoder geschaffen und nicht vernichtet werden. In diesem Fallliegt eine Fortführung auch im Interesse der Gläubiger. Sietragen das wirtschaftliche Risiko des Gelingens oder Schei-terns einer Sanierung und sollen daher stärker darüber ent-scheiden können, ob und wenn ja, mit wem eine Sanierungversucht wird.

1. Gläubigereinfluss stärken

Der Einfluss der Gläubiger soll gestärkt werden. Wichtig indiesem Zusammenhang ist insbesondere die Auswahl desInsolvenzverwalters. In der Praxis wird von der bestehen-den Möglichkeit, in der ersten Gläubigerversammlung einenanderen als den gerichtlich bestellten Insolvenzverwalter zuwählen, nur selten Gebrauch gemacht. Denn der Auswechs-lung steht oft entgegen, dass ein Wechsel in der Person desVerwalters einige Wochen nach Verfahrenseröffnung übli-cherweise erhebliche Reibungsverluste mit sich bringt, diezusätzlichen Zeit- und Kostenaufwand bedeuten.

Um der Gläubigerautonomie im Insolvenzrecht auch in die-ser Hinsicht stärker Geltung zu verschaffen, muss der Ein-fluss der Gläubiger auf die Bestellung des Verwalters ineinem früheren Verfahrensabschnitt einsetzen. Einige Ge-

Drucksache 17/5712 – 18 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

richte hören bereits heute die Gläubiger an, bevor ein vor-läufiger Verwalter bestellt wird. Der Gesetzentwurf siehtvor, dass die Gerichte jedenfalls dann schon nach dem Ein-gang eines Eröffnungsantrags einen vorläufigen Gläubiger-ausschuss einsetzen, wenn der Schuldner ein Unternehmenbetreibt, das nach Bilanzsumme, Umsatzerlösen und Arbeit-nehmerzahl eine bestimmte Mindestgröße überschreitet.Ausnahmen sind für die Fälle vorgesehen, in denen die Ein-setzung eines solchen Ausschusses entweder im Hinblickauf das geringe Restvermögen des Schuldners unverhältnis-mäßig wäre oder zu einer nachteiligen Verzögerung des Ver-fahrens führen würde.

Beschlüsse des vorläufigen Gläubigerausschusses zu denAnforderungen, die bei der Auswahl des (ggf. vorläufigen)Verwalters zu beachten sind, sollen für das Gericht verbind-lich sein. Spricht sich der vorläufige Gläubigerausschusseinstimmig für eine bestimmte Person als Verwalter aus, sohat das Gericht diese zu ernennen, es sei denn, es fehlen dieSachkunde oder die Unabhängigkeit.

Der Gläubigereinfluss wird in dieser frühen, von Eilbedürf-tigkeit geprägten Phase des Verfahrens auch nicht zu einerunangemessenen Verzögerung der im Eröffnungsverfahrennotwendigen Maßnahmen führen. Vielmehr wird dem Ge-richt in der Regel aufgrund der vom Schuldner mit seinemEröffnungsantrag vorzulegenden Verzeichnisse die Einset-zung des Ausschusses in kurzer Zeit möglich sein. Sind je-doch im Einzelfall nachteilige Veränderungen der Vermö-genslage des Schuldners zu befürchten, so kann das Gerichtauf die Einsetzung des Ausschusses verzichten. Ist der Aus-schuss gebildet und in der vorgeschriebenen Weise aus Ver-tretern der verschiedenen Gläubigerkategorien zusammen-gesetzt, so wird sein Votum die Auffassung der Gläubiger ineiner ausgewogenen Weise widerspiegeln. Die Alternative,im Eröffnungsverfahren auf das Votum einer Summenmehr-heit der Gläubiger abzustellen, würde zu einem unangemes-sen starken Einfluss der Großgläubiger führen und einenBruch mit der Regelung des § 57 Satz 2 bedeuten, nach derim eröffneten Verfahren die Gläubigerversammlung mitKopf- und Summenmehrheit über die Person des Verwaltersentscheidet. Neben einer Summenmehrheit im Eröffnungs-verfahren auch eine Kopfmehrheit zu verlangen, wäre dage-gen kaum ohne wesentliche Verzögerung zu realisieren,weil sämtliche vom Schuldner genannten oder sonst fest-stellbaren Gläubiger zu beteiligen wären.

2. Insolvenzplanverfahren ausbauen

Die Finanzmarktkrise hat erneut gezeigt, dass eine Sanie-rung von Unternehmen häufig Eingriffe in die Rechte derAnteilsinhaber erfordert. Das geltende deutsche Insolvenz-recht lässt die Rechte der Anteilseigner des insolventen Un-ternehmens bei einer Sanierung durch Insolvenzplan unbe-rührt. Änderungen dieser Rechte sind nur mit Zustimmungder Inhaber nach den Vorschriften des Gesellschaftsrechtszulässig. Künftig soll die strikte Trennung von Insolvenz-recht und Gesellschaftsrecht überwunden werden. Es sollim Interesse einer Optimierung der Sanierungsmöglichkei-ten im Rahmen des Insolvenzplanverfahrens zulässig sein,in einem Insolvenzplan Kapitalmaßnahmen vorzusehen,insbesondere die Umwandlung von Forderungen in Gesell-schaftsanteile – den so genannten Debt-Equity-Swap.

Die Umwandlung von Fremdkapital in Eigenkapital ist einwichtiges Instrument zur Sanierung von Unternehmen, die

in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sind. Durch denWegfall von Verbindlichkeiten kann eine Überschuldungbeseitigt werden; gleichzeitig kann das Erlöschen von Zins-und Tilgungspflichten die Zahlungsfähigkeit des Unterneh-mens wiederherstellen. Für die Gläubiger hat die Umwand-lung ihrer Forderungen in Anteile den Vorteil, dass sie ankünftigen Erträgen des sanierten Unternehmens beteiligtsind und über dessen künftige Aktivitäten mitbestimmen.Vereinzelt wurde im Interesse einer größeren Planungssi-cherheit eine Änderung des Sanierungsprivilegs des § 39Absatz 4 InsO gefordert und vorgeschlagen, die Dauer desSanierungsprivilegs zeitlich klarer zu fassen. Da die Rege-lung jedoch erst aufgrund des Gesetzes zur Modernisierungdes GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen(MoMiG) zum 1. November 2008 in neuer Formulierung indie InsO eingefügt wurde, sollen zunächst die Auswirkun-gen des geltenden Sanierungsprivilegs auf das gestärkte In-solvenzplanverfahren beobachtet werden.

Über die Änderung ihrer Rechte sollen die Anteilsinhaberkünftig im Rahmen des Insolvenzverfahrens mitentschei-den. Sie werden als eigene Abstimmungsgruppe in das Ver-fahren über den Insolvenzplan einbezogen. Zur Abwehr vonStörerstrategien gilt für sie – wie schon bisher für die Gläu-biger – ein Obstruktionsverbot. Für überstimmte Anteilsin-haber greift ein Minderheitenschutz. Auch in dieser Hin-sicht und im Hinblick auf Rechtsmittel sind die Anteilsinha-ber den Gläubigern gleichgestellt. Mit der Rechtskraft derBestätigung des Insolvenzplans gelten die in den Plan auf-genommenen gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen als be-schlossen, beispielsweise eine Kapitalherabsetzung, eineKapitalerhöhung, ein Bezugsrechtsausschluss und ein Fort-setzungsbeschluss.

Für eine derartige Ausgestaltung des Verfahrens spricht,dass wirtschaftlich sinnvolle Lösungen am besten unter Mit-wirkung aller Beteiligten, also der Gläubiger und der An-teilsinhaber, erreicht werden können. Ein Vorbild ist dasRecht der Vereinigten Staaten von Amerika: Nach dem dor-tigen Recht (Chapter XI des Bankruptcy Code) können dieRechte der Anteilsinhaber durch einen Reorganisationsplangeändert werden; die Anteilsinhaber bilden dann eigene Ab-stimmungsgruppen neben den Gruppen der Gläubiger.

Das verfassungsrechtliche Gebot des Eigentumsschutzes inArtikel 14 des Grundgesetzes (GG) wird nicht verletzt.Nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, das ohne einenInsolvenzplan zur Abwicklung des Rechtsträgers und zudessen Löschung im Register führt, beschränkt sich dieschützenswerte Rechtsposition des Anteilsinhabers auf denrestlichen Vermögenswert, der dem Anteils- oder Mitglied-schaftsrecht auch im Insolvenzverfahren teilweise noch zu-kommt. Dass der Inhaber diesen Wert nicht gegen seinenWillen verliert, wird durch die Mitwirkung im Verfahrenund den erwähnten Minderheitenschutz garantiert. Hinsicht-lich der Gläubiger, deren Forderungen durch den Insolvenz-plan in Anteile am Schuldner umgewandelt werden, kommteine Verletzung von Artikel 14 GG bereits deshalb nicht inBetracht, weil eine Umwandlung nicht gegen den Willender betroffenen Gläubiger möglich ist.

3. Blockaden durch Rechtsmittel vermeiden

Gleichzeitig gilt es, Hemmnisse und Verzögerungen abzu-bauen. Wirtschaftlich sinnvolle und von einer Mehrheit derBeteiligten gewünschte Sanierungen dürfen nicht an der

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Blockade Einzelner scheitern. Nach derzeitiger Rechtslagekommt dem Rechtsmittel eines einzelnen Gläubigers erheb-liches Störpotential zu. Verzögert sich der Eintritt der Wir-kungen des Insolvenzplans über viele Monate hinweg, istdies für die Beteiligten meist schwer erträglich und der Er-folg einer Sanierung kann in Frage gestellt werden.

Der Gesetzentwurf ergänzt § 253 InsO durch ein Bündelvon Maßnahmen, um in Zukunft zu vermeiden, dass dasWirksamwerden eines Insolvenzplans durch Rechtsmittelgegen die Bestätigung übermäßig verzögert wird. Voraus-setzung für die Zulässigkeit einer Beschwerde ist zunächst,dass der Beschwerdeführer vor der Planbestätigung seineverfahrensmäßigen Möglichkeiten ausgeschöpft hat. Diedaneben geforderte materielle Beschwer, eine wirtschaftli-che Beeinträchtigung durch den Plan, ist vom Beschwerde-führer glaubhaft zu machen. Zudem werden nur wesentlicheSchlechterstellungen berücksichtigt.

Außerdem wird klargestellt, dass der Insolvenzplan Aus-gleichszahlungen für den Fall vorsehen kann, dass ein Be-teiligter eine Schlechterstellung durch den Plan geltendmacht. Ist dies der Fall und ist die Finanzierung dieses Aus-gleichs gesichert, besteht kein Grund, die Bestätigung desPlans zu versagen. Der Streit über den finanziellen Aus-gleich auf der Grundlage des Plans ist sodann außerhalb desInsolvenzverfahrens vor den ordentlichen Gerichten auszu-tragen.

4. Insolvenzplan und Masseverbindlichkeiten

In Insolvenzplanverfahren bereitet die Pflicht zur Berichti-gung aller unstreitigen Masseansprüche vor der Aufhebungdes Verfahrens gewöhnlich dann praktische Schwierigkei-ten, wenn das Unternehmen fortgeführt werden soll: Fürviele bereits begründete Verbindlichkeiten liegen nochkeine Rechnungen vor, Dauerschuldverhältnisse werdenfortgesetzt und es werden laufend neue Verbindlichkeitenbegründet. Künftig wird die Pflicht des Verwalters, vor Auf-hebung des Verfahrens die unstreitigen Masseansprüche zuerfüllen und für die streitigen Sicherheit zu leisten, auf diefälligen Ansprüche beschränkt. Für die nicht fälligen An-sprüche reicht es aus, dass ein Finanzplan vorliegt, aus demsich ergibt, dass die Erfüllung gewährleistet ist.

Gleichzeitig wird die streitige Frage, ob ein Insolvenzplanauch dann zulässig ist, wenn der Verwalter bereits Masse-unzulänglichkeit angezeigt hat, zugunsten der Zulässigkeitgeregelt. Auch in dieser Situation kann der Fortführungs-wert des Unternehmens höher liegen als der Zerschlagungs-wert und folglich die Erhaltung des Unternehmens auf derGrundlage eines Insolvenzplans wirtschaftlich sinnvoll sein.Masseunzulänglichkeit kann auf den verschiedensten Um-ständen beruhen; sie muss nicht bedeuten, dass eine Sanie-rung des Unternehmens (oder eines Unternehmenskerns)aussichtslos wäre.

5. Eigenverwaltung stärken

Mit der Reform des Insolvenzrechts ist das Institut der Ei-genverwaltung in das deutsche Recht eingeführt worden.Von diesem Institut, das die Kenntnisse und Erfahrungender bisherigen Geschäftsleitung bestmöglich nutzen und dieEinarbeitungszeit eines Insolvenzverwalters vermeiden soll,wird in der Praxis wenig Gebrauch gemacht. Gleichzeitighat sich die Eigenverwaltung, soweit sie angeordnet wurde,bewährt. Größere, aber auch mittelständische Unternehmen

sind mit Erfolg in Eigenverwaltung saniert worden. Der Ge-setzentwurf räumt Hindernisse auf dem Weg zur Eigenver-waltung aus, erleichtert die Geschäftsführung in Eigenver-waltung und setzt auf diese Weise Anreize für frühzeitigeAnträge auf Eröffnung von Insolvenzverfahren.

Insbesondere werden die Voraussetzungen für die Anord-nung der Eigenverwaltung maßvoll gelockert. Die Gläubi-ger sollen schon vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrensin die Entscheidung über die Eigenverwaltung einbezogenwerden. Dies geschieht in entsprechender Weise wie bei derAuswahl des Insolvenzverwalters durch die Beteiligung desvorläufigen Gläubigerausschusses: Unterstützt dieser ein-stimmig den Antrag des Schuldners auf Eigenverwaltung,so kann das Gericht den Antrag nicht als nachteilig für dieGläubiger ablehnen. Beantragt der Schuldner schon bei dro-hender Zahlungsunfähigkeit die Eröffnung eines Insolvenz-verfahrens mit Eigenverwaltung, so hat ihm das Gericht et-waige Bedenken gegen die Anordnung der Eigenverwaltungrechtzeitig vor der Verfahrenseröffnung mitzuteilen. Einaussichtsreicher Antrag auf Eigenverwaltung darf nichtdurch die Einsetzung eines „starken“ vorläufigen Insolvenz-verwalters negativ präjudiziert werden, das Gericht soll des-halb keinen vorläufigen Verwalter, sondern lediglich einenvorläufigen Sachwalter bestellten. Geklärt wird außerdem,dass die Aufsicht über die Geschäftsführung im Fall der Ei-genverwaltung beim Sachwalter und bei der Gläubigerver-sammlung und nicht beim Aufsichtsrat oder der Gesell-schafterversammlung liegt.

Als einen weiteren Anreiz zur frühzeitigen Sanierung mitden Mitteln des Insolvenzrechts bietet der Gesetzentwurfbei lediglich drohender Zahlungsunfähigkeit oder Über-schuldung den Schuldnern die Möglichkeit, unter der Si-cherheit eines „Schutzschirms“ und in Eigenverwaltung ei-nen Sanierungsplan zu erarbeiten.

6. Stärkere Konzentration von Zuständigkeiten

Auch bei den Gerichten soll das Verfahren weiter verbessertwerden. Schon jetzt sieht die Insolvenzordnung als Regel-fall vor, dass in jedem Landgerichtsbezirk nur ein Amtsge-richt für Insolvenzsachen zuständig ist. Das Bedürfnis, dieinsolvenzgerichtliche Zuständigkeit zu konzentrieren, istevident: Sanierungen in Insolvenzverfahren in den vielenVarianten können zügig und sachkundig nur von einem In-solvenzgericht begleitet werden, das neben seiner fachli-chen Kompetenz durch die wiederholte Behandlung ähnli-cher Fälle Erfahrungen auf diesem Gebiet hat. Nichts ande-res gilt für Kompetenz und Erfahrung bei Verbraucherinsol-venzverfahren.

Der Gesetzentwurf beschränkt deshalb für alle Insolvenz-verfahren die bisher bestehende Befugnis der Länder, Aus-nahmeregelungen vom Grundsatz der Konzentration der In-solvenzgerichte vorzusehen. In Zukunft soll es nicht mehrzulässig sein, mehrere Amtsgerichte in einem Landgerichts-bezirk zu Insolvenzgerichten zu bestimmen. Gleichzeitigwird ausdrücklich gesetzlich festgelegt, dass bei Richternund Rechtspflegern, die mit Insolvenzsachen befasst wer-den, die für die Bearbeitung von Insolvenzverfahren not-wendigen Spezialkenntnisse vorhanden sein sollen.

Innerhalb der Insolvenzgerichte soll die bisherige Auftei-lung der Zuständigkeit zwischen Richter und Rechtspflegerbei Insolvenzen im Grundsatz erhalten bleiben. Das Insol-

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venzplanverfahren mit seinen neuen Eingriffsrechten sollallerdings dem Richter vorbehalten sein.

III. Einführung des Insolvenzstatistikgesetzes

Im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten der Insolvenzord-nung 1999 wurde die Insolvenzstatistik als Bundesstatistikgeregelt. Nach dem bisherigen § 39 des Einführungsgeset-zes zum Gerichtsverfassungsgesetz (EGGVG) werden diefür die Bundesstatistik erforderlichen Angaben ausschließ-lich von den zuständigen Gerichten geliefert. Diese Statistikenthält allerdings keine Angaben zu den finanziellen Ergeb-nissen und zum Ausgang eröffneter Insolvenzverfahren, dienotwendig wären, um Aussagen über die Effizienz der In-solvenzordnung machen zu können.

Außerdem hat die Praxis gezeigt, dass die Gerichte in vielenFällen nicht in der Lage sind, den statistischen Ämtern dieAngaben fristgemäß, d. h. spätestens bis zum Ablauf deszweiten Jahres zu melden, das der Eröffnung des Insolvenz-verfahrens folgt. Dies betrifft insbesondere Verfahren mitgroßer finanzieller Tragweite, die sich über Jahre hinweg er-strecken, ohne dass die Gerichte einen genauen Überblicküber deren Stand erhalten. Eine belastbare Schätzung derAngaben durch die Gerichte ist, abgesehen von dem erheb-lichen Arbeitsaufwand, nicht möglich. Ohne diese Angabenlassen sich aber die – auch aus volkswirtschaftlicher Sicht –wichtigen Ergebnisse von den statistischen Ämtern nichtzeitnah ermitteln.

Daher sollen die Insolvenzverwalter in die Durchführungder Insolvenzstatistik einbezogen werden, denn sie sind inder Lage, ohne erheblichen Arbeitsaufwand verlässlicheAngaben zu machen. Soweit die Aufgaben der Insolvenz-verwalter von Treuhändern wahrzunehmen sind, sind auchdiese einzubeziehen.

Darüber hinaus sollen zur Steigerung der Aussagefähigkeitder Statistik einige Merkmale geringfügig ergänzt, einige imHinblick auf die Einbeziehung der Insolvenzverwalter zu-sammengefasst sowie ein Merkmal gestrichen werden.

IV. EU-rechtliche Vorgaben

Der Gesetzentwurf ist mit dem Recht der EuropäischenUnion und völkerrechtlichen Verträgen, die die Bundesre-publik Deutschland abgeschlossen hat, vereinbar.

Die vorgesehenen Eingriffe in Gesellschafterrechte müssensich, soweit Aktiengesellschaften betroffen sind, insbeson-dere an der Zweiten gesellschaftsrechtlichen Richtlinie(Richtlinie 77/91/EWG des Rates vom 13. Dezember 1976)messen lassen. Nach dieser Richtlinie bedürfen eine Kapi-talerhöhung, der Ausschluss des Bezugsrechts und eine Ka-pitalherabsetzung grundsätzlich eines Beschlusses derHauptversammlung (vgl. Artikel 25 Absatz 1, Artikel 29Absatz 4, Artikel 30). Bei dem Ausschluss des Bezugs-rechts und bei einer Kapitalherabsetzung stellen die Anfor-derungen der Richtlinie keine wesentliche Hürde dar. Sosieht die Richtlinie ein Bezugsrecht nur für Kapitalerhöhun-gen gegen Bareinlage vor (Artikel 29 Absatz 1). Das imdeutschen Recht bestehende Bezugsrecht bei einer Kapital-erhöhung gegen Sacheinlage kann daher vom deutschen Ge-setzgeber ohne Friktionen mit der Richtlinie eingeschränktwerden. Nach Artikel 30 der Richtlinie bedarf eine Kapital-herabsetzung dann nicht eines Beschlusses der Hauptver-

sammlung, wenn sie durch eine gerichtliche Entscheidungangeordnet wurde. Dies trifft im Insolvenzverfahren zu, dadie Kapitalerhöhung in den Insolvenzplan und damit in dengerichtlichen Bestätigungsbeschluss nach § 248 InsO aufzu-nehmen ist.

Größere Probleme stellen sich jedoch bei der Kapitalerhö-hung ein, die nach Artikel 25 Absatz 1 der Richtlinie stetsvon der Hauptversammlung beschlossen werden muss. Inmehreren Entscheidungen hat sich der Europäische Ge-richtshof (EuGH) eingehend mit dieser Anforderung ausein-ander gesetzt (vgl. insbesondere EuGH v. 30. Mai 1991, RsC 19/90, C 20/90 [Karella] und EuGH vom 12. März 1996Rs C-441/93 [Pafitis]). Nach dieser Rechtsprechung bedarfeine Kapitalerhöhung auch dann eines Hauptversammlungs-beschlusses, wenn sich die Gesellschaft wegen ihrer Ver-schuldung in einer außergewöhnlichen Situation befindet.Allerdings steht die Richtlinie nicht der Einführung vonZwangsvollstreckungsmaßnahmen, die zum Erlöschen derGesellschaft führen, und insbesondere nicht der Einführungvon Abwicklungsregelungen entgegen, die die Gesellschaftzum Schutz der Rechte ihrer Gläubiger einer Zwangsver-waltungsregelung unterstellen. Daraus darf aber nicht ge-schlossen werden, eine Zustimmung der Hauptversamm-lung sei lediglich bei reinen Liquidationsverfahren entbehr-lich, also etwa nicht im Rahmen einer Sanierung über einenInsolvenzplan. Eine solche Auslegung wäre schon deshalbfragwürdig, da in einem reinen Abwicklungsverfahren keinBedürfnis besteht, das Grundkapital gegen den Willen derAktionäre zu erhöhen. Nur im Falle einer einfachen Sa-nierungsregelung, die den Fortbestand der Gesellschaftaußerhalb eines Insolvenzverfahrens sicherstellen soll, istsomit zwingend ein Hauptversammlungsbeschluss erforder-lich. Zudem weist der EuGH darauf hin, dass die Zweite ge-sellschaftsrechtliche Richtlinie nur so lange Anwendungfindet, wie die Aktionäre und die satzungsmäßigen Organeder Gesellschaft nicht ihrer Rechte enthoben werden. Ge-rade eine solche Situation dürfte jedoch mit der Eröffnungdes Insolvenzverfahrens gegeben sein.

So ist das Insolvenzplanverfahren nicht nur auf eine Sanie-rung des Unternehmensträgers ausgerichtet, vielmehr kannder Plan auch die Liquidation des Schuldners, also eine ge-ordnete Abwicklung, vorsehen. Auch in einem Insolvenz-verfahren, das auf eine Sanierung des Schuldners abzielt,verdrängt der Insolvenzverwalter die satzungsmäßigen Or-gane weitgehend aus ihren Aufgaben.

Die Richtlinie 2009/101/EG des Europäischen Parlamentsund des Rates vom 16. September 2009 zur Koordinierungder Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten denGesellschaften im Sinne des Artikels 48 Absatz 2 des Ver-trags im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorge-schrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu ge-stalten (ABl. EU L 258/11 vom 1.10.2009; „Publizitätsricht-linie“) wird durch das Gesetz nicht berührt. § 254a InsO-Efällt nicht in den Anwendungsbereich von Artikel 11 derPublizitätsrichtlinie.

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass im Falle von Eingriffen inGesellschafterrechte die erforderlichen Beschlüsse derAnteilsinhaber oder deren sonstige Willenserklärungen inden Insolvenzplan aufgenommen werden können. Entspre-chend der bisherigen Regelung in § 254 Absatz 1 Satz 2InsO (künftig § 254a Absatz 1 InsO-E) sieht § 254a

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Absatz 2 Satz 1 InsO-E vor, dass diese Beschlüsse oderWillenserklärungen als in der vorgeschriebenen Form abge-geben gelten. Diese Wirkung tritt gemäß § 254 Absatz 1InsO mit der Rechtskraft der gerichtlichen Bestätigung desInsolvenzplans ein. Entsprechendes gilt gemäß § 254aAbsatz 3 InsO-E für die in den Plan aufgenommenen Ver-pflichtungserklärungen der Anteilsinhaber und Beteiligten.

Artikel 11 der Publizitätsrichtlinie verlangt für diese Fällekeine öffentliche Beurkundung. Diese Norm erfordert fürSatzungsänderungen nur dann eine öffentliche Beurkun-dung, wenn zuvor keine vorbeugende Verwaltungs- oder ge-richtliche Kontrolle der Gründung erfolgt ist. Nichts ande-res folgt auch aus dem Sinn und Zweck der Publizitätsricht-linie. Aus den Erwägungsgründen der Nummern 2 und 10ergibt sich, dass der Schutzzweck von Artikel 11 der Publi-zitätsrichtlinie darin besteht, Dritte und Gesellschafter vorder Nichtigkeit der Gesellschaftsgründung zu schützen. FürDritte und Gesellschafter soll Rechtssicherheit laut Erwä-gungsgrund Nummer 2 dadurch geschaffen werden, dassdie Fälle der Nichtigkeit sowie die Rückwirkung der Nich-tigkeitserklärung beschränkt werden. Der Zweck vonArtikel 11 der Publizitätsrichtlinie besteht vor diesem Hin-tergrund darin, nichtige Gesellschaftsgründungen möglichstzu verhindern. Dazu bietet die Vorschrift den Mitgliedstaa-ten zwei Ansätze an: Entweder ist die Gründung einer vor-beugenden Verwaltungs- oder gerichtlichen Kontrolle zuunterwerfen oder der Errichtungsakt und die Satzung derGesellschaft sowie Änderungen dieser Akte sind öffentlichzu beurkunden. Das Beurkundungserfordernis für Änderun-gen des Errichtungsakts und der Satzung hat also nur denZweck, sicherzustellen, dass sich bei bloßer öffentlicher Be-urkundung des Errichtungsakts aus späteren Änderungenkeine Nichtigkeit der Gesellschaft ergibt. Nicht gewährleis-tet werden soll hingegen die bloße Rechtmäßigkeit derGründung oder späterer Satzungsänderungen. Deutschlandhat sich für ein System präventiver Kontrolle der Nichtig-keit von Gesellschaftsgründungen durch das Registergerichtentschieden. Für nachfolgende Satzungsänderungen – undnur solche erfasst § 254a InsO-E – ergibt sich aus Artikel 11der Publizitätsrichtlinie kein Zwang zur öffentlichen Beur-kundung.

V. Gesetzgebungskompetenz

Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes folgt fürArtikel 1 bis 6 aus Artikel 74 Absatz 1 Nummer 1 GG (dasbürgerliche Recht, die Gerichtsverfassung, das gerichtlicheVerfahren), für die Artikel 7 und 8 aus Artikel 73 Absatz 1Nummer 11 GG (Statistik für Bundeszwecke) und fürArtikel 9 aus Artikel 74 Absatz 1 Nummer 11 GG in Ver-bindung mit Artikel 72 Absatz 2 GG (Recht der Wirtschaft[Bankwesen]).

Dabei ist die Erforderlichkeit einer bundesgesetzlichen Re-gelung gemäß Artikel 72 Absatz 2 GG zu bejahen, da ohneeine bundesgesetzliche Regelung die Rechts- und Wirt-schaftseinheit beeinträchtigt würde. Für die Gesamtwirt-schaft und den Finanzstandort Deutschland wäre es einnicht hinnehmbarer erheblicher Nachteil, wenn im Rahmenvon aufsichtsrechtlichen Maßnahmen gegenüber einemKreditinstitut Sonderregelungen in Bezug auf den Schutzvon Systemen, die über einen zentralen Kontrahenten be-trieben werden, nicht bundesweit einheitlich anwendbar wä-

ren. Eine Rechtszersplitterung würde nicht hinnehmbareSchranken und Hindernisse errichten, da zentrale Kontra-henten nicht regional, sondern bundesweit tätig werden.

VI. Gesetzesfolgen; Nachhaltigkeitsaspekte;Bürokratiekosten

Der Entwurf hat keine erkennbaren gleichstellungspoliti-schen Auswirkungen. Grundsätzlich sind Männer undFrauen von den Vorschriften des Entwurfs in gleicher Weisebetroffen.

Durch die Umsetzung der Änderungen im Insolvenzstatis-tikgesetz werden bei dem Statistischen Bundesamt einmaligUmstellungskosten für die Neuprogrammierung der Aufbe-reitungsprogramme in der Fachabteilung und im IT-Bereichentstehen. Nach einer Schätzung des Statistischen Bundes-amtes werden sich diese auf rund 27 000 Euro belaufen.

Zur Umsetzung der Änderungen im Insolvenzstatistikgesetzist auch bei den statistischen Landesämtern mit Umstel-lungskosten zu rechnen. Die für die Statistik erforderlichenAngaben werden bei Umsetzung des Gesetzes durch die In-solvenzverwalter erhoben; die Gerichte haben die Angabenvor Weiterleitung an die Statistikämter lediglich auf Voll-ständigkeit zu prüfen, was zu einer Reduzierung der Ar-beitsbelastung der Mitarbeiter und damit verbunden zu Ein-sparung von Personalkosten bei den Gerichten führen wird.Der Richtervorbehalt für Planverfahren wird sich nur ge-ringfügig auf die Personalkosten auswirken. Insgesamt kannfür die Landeshaushalte von einer Kosteneinsparung, zu-mindest aber von Kostenneutralität ausgegangen werden.

Kosten für Wirtschaftsunternehmen entstehen nicht. DieAusführung des Gesetzes lässt keine Auswirkungen aufEinzelpreise oder das Preisniveau, insbesondere auf dasVerbraucherpreisniveau, erwarten.

Der Gesetzentwurf steht im Einklang mit den Leitgedankender Bundesregierung zur nachhaltigen Entwicklung imSinne der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie. Die Wirkun-gen des Gesetzentwurfs zielen auf eine nachhaltige Ent-wicklung, weil Sanierungschancen von Unternehmen in derKrise verbessert werden und alle Beteiligten eine größerePlanungssicherheit hinsichtlich des Ablaufs des Insolvenz-verfahrens erhalten.

Durch das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierungvon Unternehmen wird eine Informationspflicht bei der Be-antragung eines Insolvenzverfahrens durch den Schuldnererweitert. Da hierdurch andererseits bereits bestehende In-formationspflichten deutlich reduziert werden, wirkt die Er-weiterung kostenneutral. Sechs neue Informationspflichten,die nur in wenigen Fällen entstehen, betreffen Planverfahrenund Insolvenzverfahren mit Eigenverwaltung durch denSchuldner. Diese Informationspflichten werden – nach derBerechnung aufgrund der Standardtarife des Standard-Kos-tenmodells – voraussichtlich Kosten in Höhe von insgesamt5 728,24 Euro verursachen.

Eine siebte neue Informationspflicht betrifft die Insolvenz-verwalter, die in Abstimmung mit ihren Interessenvertretun-gen verpflichtet werden, Daten zum Zwecke der statisti-schen Erfassung zu übermitteln. Diese Kosten werden mit413 400 Euro veranschlagt.

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Insgesamt wird mit Bürokratiekosten für Unternehmendurch neue bzw. geänderte Informationspflichten in Höhevon 419 128,24 Euro zu rechnen sein.

Die Informationspflichten für die Verwaltung reduzierensich gleichzeitig erheblich, da nach dem Insolvenzstatistik-gesetz die Insolvenzgerichte zukünftig die statistischen Da-ten lediglich auf Vollständigkeit prüfen und an die Landes-ämter weiterleiten.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung der Insolvenzordnung – InsO)

Zu Nummer 1 (Änderung von § 2)

§ 2 InsO begründet eine ausschließliche Zuständigkeit desAmtsgerichts als Insolvenzgericht. Es ist darin vorgesehen,dass in jedem Landgerichtsbezirk grundsätzlich nur einAmtsgericht für Insolvenzsachen zuständig ist, nämlich dasAmtsgericht am Sitz des Landgerichts. Durch diese Kon-zentration der Zuständigkeit soll sichergestellt werden, dassRichter und Rechtspfleger an den Insolvenzgerichten durchwiederholte Behandlung ähnlicher Fälle besondere Erfah-rung und Sachkunde in Insolvenzsachen erwerben können(vgl. Bundestagsdrucksache 12/2443 S.109). Als Ausnahmeist es den Landesregierungen derzeit gestattet, die sachlicheZuständigkeit für Insolvenzsachen abweichend zu regeln,wenn dies der sachdienlichen Förderung oder schnellerenErledigung der Verfahren dient. Nur unter dieser Vorausset-zung können die Länder mehrere Insolvenzgerichte für ei-nen Landgerichtsbezirk bestimmen. Dadurch sollten auchdie Gegebenheiten in mehreren, örtlich getrennten Wirt-schaftsschwerpunkten berücksichtigt werden können.

Diese Vorgaben wurden jedoch bei der Umsetzung in denBundesländern nicht durchgängig beachtet. So gibt es der-zeit bei 116 Landgerichtsbezirken in Deutschland insgesamt191 Insolvenzgerichte. Gerade bei Unternehmensinsolvenz-verfahren, bei denen eine Fortführung und Sanierung bei-spielsweise durch einen Insolvenzplan in Betracht kommt,ist eine zügige und sachkundige Begleitung durch das Insol-venzgericht jedoch unabdingbar. Dies erfordert, dass die be-teiligten Gerichtspersonen Erfahrung auch mit den Sanie-rungsinstrumenten der Insolvenzordnung sammeln. Auchsind Fortbildungsmaßnahmen zum Recht der Unterneh-mensinsolvenz und des Insolvenzplans nur bei regelmäßigerBefassung von Richtern und Rechtspflegern sinnvoll. DieKonzentration von amtsgerichtlichen Zuständigkeiten aufanderen Rechtsgebieten, beispielsweise bei den Handelsre-gistern, hat nach den Erfahrungen der Praxis zu einer Stei-gerung von Schnelligkeit und Qualität geführt, da die zu-ständigen Personen durch wiederholte Befassung eine grö-ßere Routine erwerben konnten.

Das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung vonUnternehmen sieht deshalb in § 2 Absatz 2 InsO-E für alleInsolvenzverfahren eine stärkere Konzentration als bishervor. Künftig bleibt es bei dem in Absatz 1 niedergelegtenGrundsatz, dass pro Landgerichtsbezirk nur ein Amtsgerichtfür Insolvenzsachen zuständig ist. Dies soll sowohl für In-solvenzverfahren über das Vermögen von Unternehmen alsauch für Verbraucherinsolvenzverfahren gelten. Die Insol-venz eines Unternehmens zieht häufig auch die Privatinsol-

venz der beteiligten Personen nach sich. Es erscheint sach-dienlich, dass die jeweiligen Verfahren nicht an unterschied-lichen Insolvenzgerichten geführt werden. Zudem steht häu-fig bei Stellung des Eröffnungsantrags noch nicht fest, obein Verbraucher- oder ein Regelinsolvenzverfahren zu füh-ren ist. Die richtige Zuordnung und damit die Zuständigkeitdes Insolvenzgerichts erweist sich des Öfteren erst im Laufedes Verfahrens und könnte eine der Förderung des Verfah-rens nicht dienliche Verweisung nach sich ziehen. Dies kanndurch eine Konzentration aller Insolvenzverfahren desLandgerichtsbezirks auf ein Amtsgericht vermieden wer-den. Zudem stellen sich auch in Verbraucherinsolvenzver-fahren zum Teil schwierige insolvenzrechtliche Fragen, bei-spielsweise der Restschuldbefreiung, aber auch des Anfech-tungs- und Gesellschaftsrechts, für deren Lösung einewiederholte Befassung des Gerichts mit vergleichbarenSachverhalten geboten erscheint. Um regionalen Wirt-schaftsstrukturen weiterhin Rechnung tragen zu können,muss das zuständige Insolvenzgericht nicht zwingend dasAmtsgericht am Sitz des Landgerichts sein. Die Länderkönnen durch Rechtsverordnung auch ein anderes Amtsge-richt im Landgerichtsbezirk bestimmen, nicht jedoch einweiteres. Eine im Einzelfall größere Entfernung zwischendem Sitz bzw. Wohnort des Schuldners und dem Gerichtkann dabei hingenommen werden, da die Verfahren im Re-gelfall schriftlich durchgeführt werden und selbst im Ver-braucherinsolvenzverfahren kein persönliches Erscheinenbeim Gericht erfordern. Zudem besteht auch in Zivilrechts-streitigkeiten für Streitwerte oberhalb von 5 000 Euro auf-grund der Vorschriften über die sachliche Zuständigkeit dieNotwendigkeit, ein gegebenenfalls etwas weiter entfernt lie-gendes Gericht aufzusuchen.

Daneben bleibt die bereits bestehende Ermächtigung, im In-teresse einer noch stärkeren Konzentration Zuständigkeitenüber die Grenzen eines Landgerichtsbezirks hinaus zuschaffen, erhalten. Es kann weiterhin, wie vereinzelt bereitsgeschehen, ein Amtsgericht für den Bezirk mehrerer Land-gerichte als das zuständige Insolvenzgericht bestimmt wer-den. Eine gesetzliche Regelung für eine stärkere Konzentra-tion von Insolvenzsachen auf der Ebene der Beschwerde-instanz ist dagegen nicht erforderlich. Die Länder haben be-reits heute nach § 13a des Gerichtsverfassungsgesetzes(GVG) die Möglichkeit, auf der Ebene der LandgerichteBeschwerdesachen in Insolvenzverfahren bei einem Gerichtfür mehrere Bezirke, gegebenenfalls sogar für das ganzeLand, zu konzentrieren.

Diejenigen Bundesländer, in denen schon jetzt die Zahl derInsolvenzgerichte die Zahl der Landgerichte nicht über-steigt, werden nach der Neuregelung ihre Zuständigkeitenbeibehalten können. Die Übrigen werden die Wahl haben,auf welches der bestehenden Insolvenzgerichte im Landge-richtsbezirk sie künftig die Zuständigkeit für Insolvenzver-fahren konzentrieren oder ob sie sogar eine noch stärkereKonzentration vornehmen möchten.

Zu Nummer 2 (Änderung von § 13)

Zu Buchstabe a (§ 13 Absatz 1)

§ 13 Absatz 1 Satz 3 InsO-E bestimmt, dass der Schuldnerseinem Eigenantrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrensverpflichtend ein Verzeichnis seiner Gläubiger und ihrerForderungen beizufügen hat. Die Vorschrift soll einen ord-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 23 – Drucksache 17/5712

nungsgemäßen Ablauf des Insolvenzverfahrens gewährleis-ten. Das Verzeichnis erleichtert es dem Gericht, die Gläubi-ger bereits in einem frühen Verfahrensstadium einzubezie-hen. Dies gilt zum Beispiel für die Bestellung des vorläufi-gen Gläubigerausschusses nach § 21 Absatz 2 Nummer 1aInsO-E, der sich zur Auswahl des Insolvenzverwalters nach§ 56 Absatz 2 InsO-E oder zur Anordnung der Eigenverwal-tung (§ 270 Absatz 3 InsO-E) äußern soll. Das einzurei-chende Gläubigerverzeichnis ist von zentraler Bedeutungfür die frühzeitige Einbindung der Gläubiger in das Verfah-ren. Schon derzeit hat der Schuldner, der einen zulässigenEröffnungsantrag gestellt hat, im Rahmen seiner Auskunfts-und Mitwirkungspflicht (§ 20 InsO) dem Gericht die Infor-mationen zur Verfügung zu stellen, die zur Prüfung des In-solvenzgrunds erforderlich sind. Dies wird nunmehr imHinblick auf ein Verzeichnis der Gläubiger und ihrer jewei-ligen Forderungen schon bei der Antragstellung verpflich-tend. Eine ähnliche Regelung enthielt bereits § 104 derKonkursordnung (KO). Unberührt hiervon bleiben dieallgemeinen Auskunfts- und Mitwirkungspflichten desSchuldners bei Eigen- wie bei Gläubigeranträgen nach § 20Absatz 1 InsO.

Das Verzeichnis soll einen Überblick über die Gläubigerbieten. Dabei ist umfassend über die vorhandenen Gläubi-ger und die Höhe ihrer Forderungen Mitteilung zu machen.Diese Anforderung, die derzeit bereits den Verbrauchernach § 305 Absatz 1 Nummer 3 InsO trifft, wird nun aufRegelinsolvenzverfahren erstreckt. Jedoch beeinträchtigt esdie Zulässigkeit eines Eröffnungsantrags nicht, wenn trotzgebührender Anstrengung des Schuldners bei der Zusam-menstellung des Verzeichnisses vereinzelte Gläubiger odereinzelne Forderungen im Verzeichnis fehlen. Die Höhe derForderungen ist gegebenenfalls zu schätzen. Eine vollstän-dige Bezifferung der jeweiligen Forderung inklusive Zinsenwird nicht verlangt. Auch ist das Gericht zu diesem Zeit-punkt des Verfahrens nicht verpflichtet, die Angaben desSchuldners im Einzelnen nachzuprüfen. Fehlt das Verzeich-nis dagegen vollständig, wird der Antrag in der Regel unzu-lässig sein. Mit der Vorschrift werden die gesetzlichen An-forderungen an einen richtigen Eröffnungsantrag im Sinnevon § 15a Absatz 4 InsO konkretisiert.

Um dem Gericht die Entscheidung über die Einsetzung ei-nes vorläufigen Gläubigerausschusses zu ermöglichen, sindnach § 13 Absatz 1 Satz 4 in dem Verzeichnis die Gläubi-gergruppen besonders kenntlich zu machen, aus deren Mittedas Gericht Mitglieder für den Gläubigerausschuss aus-wählt. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dasszu diesem Zeitpunkt im Verfahren gerade noch kein vorläu-figer Insolvenzverwalter vorhanden ist, der nach der derzei-tigen Praxis dem Gericht Vorschläge für die Besetzung prä-sentieren kann. Der Schuldner hat deshalb die höchsten For-derungen, die höchsten gesicherten Forderungen sowie dieForderungen der so genannten institutionellen Gläubiger indem Verzeichnis besonders herauszuheben, damit das Ge-richt diese unschwer identifizieren kann. Hingegen kann aufeine gesonderte Ausweisung der Arbeitnehmer verzichtetwerden, da diese künftig regelmäßig und unabhängig vonder Höhe ihrer Forderungen ein Mitglied des (vorläufigen)Gläubigerausschusses stellen werden. Dies gilt nur für dieInsolvenz eines Unternehmens, welches seinen Geschäfts-betrieb noch nicht eingestellt hat, da nur hier im Falle des§ 22a InsO-E eine Verpflichtung zur Einsetzung eines vor-

läufigen Gläubigerausschusses besteht. Gleichzeitig hat derSchuldner gemäß § 13 Absatz 1 Satz 5 Angaben zu dennach § 22a InsO-E relevanten Größenkriterien zu machen.Liegen im konkreten Fall, etwa zu Jahresbeginn, noch keinegenauen Zahlen vor, so reichen Schätzungen aus.

Es ist beabsichtigt, zeitnah von der Verordnungsermächti-gung des § 13 Absatz 3 InsO Gebrauch zu machen und zurErleichterung der Antragstellung auch für das Regelinsol-venzverfahren ein Formular einzuführen. Die Erzwingungder Einreichung der Unterlagen nach § 20 Absatz 1 Satz 2i. V. m. § 98 InsO dürfte keine wichtige Rolle spielen, dader Schuldner seinen Antrag einerseits nach § 13 Absatz 2InsO zurücknehmen darf, andererseits jedoch in den Fällendes § 15a InsO seine Antragspflichten zu berücksichtigenhat. Dementsprechend ist das Verzeichnis gleichzeitig mitdem Antrag einzureichen.

Zu Buchstabe b (§ 13 Absatz 3)

Durch die Änderung werden die Voraussetzungen für dieErstellung eines Formulars zur Antragstellung für das Re-gelinsolvenzverfahren den gesetzlichen Vorgaben im Ver-braucherinsolvenzverfahren angepasst. Der inhaltsgleiche§ 305 Absatz 5 Satz 3 InsO ermächtigt den Verordnungsge-ber, für maschinell bearbeitete und nicht maschinell bear-beitete Verfahren unterschiedliche Formulare einzuführen.In Vorbereitung des Erlasses einer Verordnung nach § 13Absatz 3 InsO soll für das Regelinsolvenzverfahren eben-falls die Möglichkeit eröffnet werden, dass für Gerichte, diedie Verfahren maschinell bearbeiten, andere Formulare ein-geführt werden als für die Gerichte, die die Verfahren nichtmaschinell bearbeiten. Auch wenn derzeit von der Möglich-keit des § 305 Absatz 5 Satz 3 InsO noch kein Gebrauch ge-macht wurde, gilt es, einheitliche Voraussetzungen für einekünftige Umsetzung im Bereich der gesamten Insolvenz-ordnung zu schaffen.

Zu Nummer 3 (Änderung von § 15a)

Zu den Buchstaben a und c

Die Ersetzung des Wortes „Insolvenzantrag“ durch das Wort„Eröffnungsantrag“ in § 15a InsO ist lediglich redaktionel-ler Natur und dient dem einheitlichen Sprachgebrauch in-nerhalb der Insolvenzordnung.

Zu Buchstabe b

Durch § 15a Absatz 2 InsO werden die in § 15a Absatz 1InsO enthaltenen Regelungen über die Pflicht zur Stellungeines Insolvenzantrags auf zwei- oder mehrstöckige Gesell-schaftskonstruktionen erstreckt (vgl. Begründung zum Re-gierungsentwurf eines Ersten Gesetzes zur Bekämpfung derWirtschaftskriminalität, Bundestagsdrucksache 7/3441,S. 47 [zur seinerzeitigen Einfügung eines § 130a Absatz 4in das Handelsgesetzbuch] und Begründung zum Regie-rungsentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung desGmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen[MoMiG], Bundestagsdrucksache 16/6140, S. 55 [zur Über-nahme der Regelung des § 130a Absatz 4 HGB in § 15aAbsatz 2 InsO]).

Mit der Ergänzung der Wörter „persönlich haftender“ sollklargestellt werden, dass die Pflicht zur Stellung eines In-solvenzantrags nur entfällt, wenn bei einer solchen Kon-

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struktion eine natürliche Person persönlich haftet. Es reichtnicht aus, dass eine natürliche Person lediglich beschränkthaftender Gesellschafter ist, etwa als Kommanditist bei ei-ner Kommanditgesellschaft.

Zu Nummer 4 (Änderung von § 21)

Zu Buchstabe a

Es handelt sich um eine redaktionelle Änderung. Die Über-schrift der Vorschrift wird dem erweiterten Regelungsgehaltdes § 21 InsO angepasst.

Zu Buchstabe b (§ 21 Absatz 2 Nummer 1a)

In Insolvenzverfahren sind häufig bereits im Eröffnungsver-fahren Entscheidungen zu treffen, die für das weitere Ver-fahren von erheblicher Bedeutung sind. Die Weichen füreine erfolgreiche Unternehmensfortführung werden regel-mäßig in den ersten Wochen nach dem Eröffnungsantragund nicht erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ge-stellt. Soll ein Unternehmen fortgeführt und nicht abge-wickelt werden, ist es sinnvoll, gleich zu Beginn auf dieMitwirkung der Gläubiger zurückgreifen zu können, dennohne sie ist eine Sanierung nicht möglich. Die Gläubigerkommen teilweise aus demselben Wirtschaftszweig wie derSchuldner und verfügen insofern über Wissen, das zu einererfolgreichen Sanierung beitragen kann. Sie haben in derRegel auch ein erhebliches wirtschaftliches Interesse an ei-ner erfolgreichen Sanierung des Schuldners.

In der gerichtlichen Praxis bestehen verschiedene Ansätzezur frühzeitigen Einbindung der Gläubiger. Teils werdenvor der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwaltersoder Sachverständigen im Eröffnungsverfahren wesent-liche Fragen wie die Bestellung des Verwalters mit denwichtigsten Gläubigergruppen erörtert, um möglichst kon-sensuale Entscheidungen zu treffen. Vereinzelt sind auchbereits „vorvorläufige Gläubigerausschüsse“ bestellt wor-den, um den Gläubigereinfluss vor Verfahrenseröffnung zuerhöhen. Anknüpfend an diese Entwicklungen in der Praxisund um die Einbindung der Gläubiger zu einem früherenZeitpunkt institutionell zu verankern, sieht der Gesetzent-wurf die Möglichkeit der Einsetzung eines vorläufigenGläubigerausschusses vor. Ein vorläufiger Gläubigeraus-schuss bereits im Eröffnungsverfahren ist in der Insolvenz-ordnung bislang nicht geregelt. In der Praxis ist umstritten,ob diese Anordnung zulässig ist. Hier soll seine Aufnahmein den Katalog möglicher vorläufiger Maßnahmen fürRechtssicherheit sorgen. Andere, derzeit beschrittene Wegezur Einbindung von Gläubigern sollen hierdurch nicht prä-judiziert werden.

Auf die Zusammensetzung des vorläufigen Gläubigeraus-schusses, seine Aufgaben, die Beschlussfassung und dieVergütung seiner Mitglieder finden die Vorschriften überden im eröffneten Verfahren eingesetzten Gläubigeraus-schuss entsprechende Anwendung. Zu den möglichen Mit-gliedern des vorläufigen Gläubigerausschusses gehört auchder Pensions-Sicherungs-Verein Versicherungsverein aufGegenseitigkeit (PSVaG), auch wenn dieser eine Stellungals Insolvenzgläubiger regelmäßig erst mit Eintritt des Si-cherungsfalls, also mit der Eröffnung des Verfahrens er-langt. Auch bislang ist es nicht erforderlich, dass ein Mit-glied des Gläubigerausschusses selbst Gläubiger ist. Ist für

das Gericht absehbar, dass der PSVaG mit der Eröffnung In-solvenzgläubiger wird, kann es diesen bereits in den vorläu-figen Gläubigerausschuss aufnehmen.

Zu Buchstabe b (§ 21 Absatz 2 Satz 3)

Die Regelung ist eine Folgeänderung zur Einfügung eines§ 104a InsO-E in Nummer 11. Sollen die Geschäfte einerzentralen Vertragspartei in einem Clearingprozess wirksamgegen insolvenzrechtliche Risiken abgeschirmt werden, soist es geboten, einen Schutz des Systems nicht erst für daseröffnete Insolvenzverfahren, sondern auch bereits für dasEröffnungsverfahren vorzusehen. Dem dient die Ergänzungvon § 21 Absatz 2 InsO.

Zu Nummer 5 (Einfügung eines § 22a)

Die Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschussesschon im Eröffnungsverfahren und die Beteiligung diesesAusschusses vor den Entscheidungen des Gerichts soll inZukunft das Mittel sein, um einen frühzeitigen Einfluss derGläubiger auf die Auswahl des (vorläufigen) Insolvenzver-walters, auf die Anordnung der Eigenverwaltung und aufdie Bestellung des (vorläufigen) Sachwalters sicherzustel-len. Dabei geht es vor allem um die Fälle, in denen die Sa-nierung eines insolventen Unternehmens in Betracht kommtund die Erhaltung von Betriebsstätten und Arbeitsplätzenauf dem Spiel steht.

Der neue § 22a Absatz 1 schreibt daher vor, dass bei Unter-nehmen ab einer bestimmten Größe ein solcher vorläufigerGläubigerausschuss einzusetzen ist. Zur Abgrenzung der er-fassten Größenklasse sind in den Nummern 1 bis 3 des Ab-satzes 1 ähnlich wie in § 267 des Handelsgesetzbuches(HGB) bestimmte Schwellenwerte für Bilanzsumme, Um-satzerlöse und Arbeitnehmerzahl festgelegt. Die Höhedieser Werte ist allerdings nicht dem Bilanzrecht des Han-delsgesetzbuchs entnommen, sondern der Empfehlung derKommission der Europäischen Gemeinschaften vom 6. Mai2003 „betreffend die Definition der Kleinstunternehmen so-wie der kleinen und mittleren Unternehmen“ (Amtsblatt L124/36 vom 20.5.2003). Für „Kleinstunternehmen“ imSinne dieser Empfehlung (vgl. Artikel 2, 4 und 5 des An-hangs zu der Empfehlung) soll die Einsetzung eines vorläu-figen Gläubigerausschusses nicht vorgeschrieben werden;diese Maßnahme liegt bei dieser Kategorie von Unterneh-men weiterhin im Ermessen des Gerichts. Durch die ge-wählten Schwellenwerte wird sichergestellt, dass bei wirt-schaftlich bedeutenden Unternehmen, auch im Bereich klei-nerer und mittlerer Unternehmen, eine Gläubigerbeteiligungzum Tragen kommt. Zwar gibt die amtliche Insolvenzstatis-tik keine konkrete Auskunft über die Anzahl der von § 22aInsO-E erfassten Unternehmen. Es liegen lediglich Erkennt-nisse hinsichtlich einzelner der Parameter vor. So habennach einer aktuellen Untersuchung 79 Prozent der 2010 in-solventen Unternehmen weniger als 6 Arbeitnehmer undnur 11,4 Prozent elf oder mehr Arbeitnehmer aufzuweisen,wobei branchenspezifische Unterschiede bestehen. Im Hin-blick auf die Umsätze wiesen in den Jahren 2009 und 2010weit mehr als zwei Drittel der Unternehmen einen geringe-ren Umsatz als 2 Mio. Euro aus. Statistische Daten zu denBilanzsummen der insolventen Unternehmen liegen nichtvor.

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Nicht sinnvoll ist die Einsetzung eines vorläufigen Gläubi-gerausschusses im Übrigen, wenn diese Maßnahme im Hin-blick auf das geringe Restvermögen des Schuldners einenunverhältnismäßigen Aufwand an Zeit und Kosten verur-sacht, wenn die mit ihr verbundene Verzögerung zu einerVerminderung des Vermögens des Schuldners führen würdeoder der Geschäftsbetrieb des Schuldners bereits eingestelltist. In Absatz 2 sind daher entsprechende Ausnahmen vor-gesehen. Bei einem Eigenantrag des Schuldners, bei demdieser gemäß dem neuen § 13 Absatz 1 Satz 3 InsO-E einvollständiges Verzeichnis seiner Gläubiger samt einerKenntlichmachung der für die Besetzung des vorläufigenGläubigerausschusses in Frage kommenden Gläubiger bei-fügt, wird die Einsetzung eines vorläufigen Gläubigeraus-schusses meist so zügig erfolgen können, dass eine nachtei-lige Veränderung der Vermögenslage des Schuldners nichtzu befürchten ist.

Absatz 3 verpflichtet den Schuldner, dem Gericht auf des-sen Aufforderung Personen zu benennen, die als Mitgliederdes vorläufigen Gläubigerausschusses in Betracht kommen.Hieran knüpft sich allerdings keine Verpflichtung des Ge-richts, die vorgeschlagenen Personen auch zu bestellen,vielmehr bleibt die Entscheidung über die Auswahl der Mit-glieder des vorläufigen Gläubigerausschusses im Ermessendes Gerichts. Um den Ablauf bei Gericht zu erleichtern unddie Einbindung eines sanierungswilligen Schuldners zu stär-ken, kann dieser gegebenenfalls bereits im Vorfeld eines Er-öffnungsantrags bei seinen Gläubigern sondieren, wer bereitist, Mitglied des Gläubigerausschusses zu werden, und diesdem Gericht sodann mitteilen.

Zu Nummer 6 (Änderung von § 26)

Aus der Praxis ist bekannt, dass die Eröffnung des Insol-venzverfahrens in vielen Fällen zur Ermittlung und Siche-rung von Vermögenswerten durch den Insolvenzverwalterführt. Voraussetzung hierfür ist das Vorliegen einer kosten-deckenden Masse. Kann diese aus den vorhandenen Vermö-genswerten der Gesellschaft nicht gedeckt werden, so kön-nen wegen der fehlenden Verfahrenseröffnung unter Um-ständen Vermögenswerte nicht herangezogen werden, dieansonsten zur Befriedigung der Gesamtheit der Gläubigernutzbar gemacht werden könnten. Der Gesetzgeber hat die-ses Problem bereits bei der Schaffung der Insolvenzordnunggesehen und in § 26 Absatz 3 InsO eine Regelung einge-führt, nach der der zur Verfahrenseröffnung erforderlicheVorschuss nach § 26 Absatz 1 InsO auch von Dritten einge-zahlt und von den zur Antragstellung verpflichteten Perso-nen eingefordert werden kann.

In der Praxis hat sich gezeigt, dass das Verfahren nach § 26Absatz 3 InsO wegen des bestehenden Kostenrisikos insbe-sondere von Insolvenzgläubigern zu selten genutzt wird. Eserscheint deshalb sinnvoll, eine Regelung zu schaffen, nachder die Personen, die in pflichtwidriger Weise ihre Antrags-pflicht verletzen, direkt zur Einzahlung des zur Verfahrens-eröffnung führenden Vorschusses herangezogen werdenkönnen. Das Insolvenzrecht sieht eine Antragspflicht fürOrgane von juristischen Personen in § 15a InsO-E vor. Glei-ches gilt in der Regel für Gesellschaften ohne Rechtspersön-lichkeit, in denen kein persönlich haftender Gesellschaftereine natürliche Person ist. Die Verletzung der Antragspflicht

zeigt nach geltendem Recht zwar straf- und zivilrechtlicheFolgen, führt aber nicht zu einer Verfahrenseröffnung.

Die vorgesehene Einfügung des § 26 Absatz 4 InsO-Ezwingt die nach Insolvenz- oder Gesellschaftsrecht zur Stel-lung des Insolvenzantrags verpflichteten Personen unmittel-bar, bei Massearmut einen Vorschuss aus ihrem Privatver-mögen zu leisten, der die Verfahrenseröffnung ermöglicht.Bei § 26 Absatz 4 Satz 2 InsO-E handelt es sich wie bei derBestimmung des § 26 Absatz 3 Satz 2 InsO um eine Be-weislastumkehr; die zur Antragstellung verpflichtete Personmuss deshalb etwa nachweisen, dass sie die Insolvenzreifeauch bei einer erheblichen Gewissensanspannung nicht haterkennen können. Die Zahlung des Vorschusses von derdazu verpflichteten Person kann im Prozesswege der vor-läufige Insolvenzverwalter sowie jede Person verlangen, dienach Eröffnung des Verfahrens Insolvenzgläubiger i. S. d.§ 38 InsO wäre.

Zu Nummer 7 (Änderung von § 27 Absatz 2)

Nach § 56 Absatz 3 InsO-E ist das Gericht verpflichtet, ei-nen vom vorläufigen Gläubigerausschuss mit einstimmigemBeschluss vorgeschlagenen Insolvenzverwalter zu bestellen.Eine Ausnahme hiervon besteht nur im Falle fehlender Eig-nung des Verwalters nach § 56 Absatz 1 Satz 1 InsO. Folgtdas Gericht in einem solchen Ausnahmefall dem einstimmi-gen Vorschlag des vorläufigen Gläubigerausschusses nicht,so ist dies im Eröffnungsbeschluss schriftlich zu begründen.Die Beteiligten können sich hierdurch mit den Gründen dergerichtlichen Entscheidung auseinandersetzen und gegebe-nenfalls in der Gläubigerversammlung dennoch die vorge-schlagene, aber zunächst abgelehnte Person zum Verwalterwählen. Durch die Begründungspflicht wird sichergestellt,dass diese Entscheidung in Kenntnis und in Auseinanderset-zung mit den Bedenken des Gerichts erfolgen kann. Wegender öffentlichen Bekanntmachung des Eröffnungsbeschlus-ses nach § 30 InsO ist dabei aus Gründen des Persönlich-keitsschutzes die vom Gericht abgelehnte Person nicht na-mentlich zu nennen.

Zu Nummer 8 (Änderung von § 56)

Um der Gläubigerautonomie in der Insolvenzordnung auchbei der Bestellung des Verwalters zu stärkerer Geltung zuverhelfen, müssen die Einflussmöglichkeiten der Gläubigerauf die Auswahl des Verwalters erweitert werden. Zunächstwird ausdrücklich festgelegt, dass jeder Gläubiger – ebensowie der Schuldner – das Recht hat, eine geeignete Personvorzuschlagen. Außerdem wird der vorläufige Gläubiger-ausschuss in die Auswahl des Verwalters einbezogen. DasKriterium der Eignung des Verwalters bleibt allerdings zuberücksichtigen; es kann dazu führen, dass das Gericht beider Bestellung des Verwalters von den Vorschlägen des vor-läufigen Gläubigerausschusses abweicht.

Über die Verweisung in § 21 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1InsO gilt die Neuregelung auch für die Bestellung eines vor-läufigen Insolvenzverwalters. Hier liegt sogar der wich-tigste Anwendungsbereich, da der Ernennung eines Insol-venzverwalters meist die Bestellung eines vorläufigen In-solvenzverwalters vorausgeht und der vorläufige Verwalterbei Verfahrenseröffnung meist zum Insolvenzverwalter be-stellt wird.

Drucksache 17/5712 – 26 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Zu Buchstabe a

Mit der Neuregelung in Absatz 1 Satz 3 wird klargestellt,dass bestimmte Tatsachen nicht generell zu einem Aus-schluss einer Person als Verwalter führen.

Dies gilt sowohl, wenn die Gläubiger eine Person als vor-läufigen Verwalter vorschlagen, als auch für einen Vor-schlag des Schuldners (Nummer 1). Bisher ist ein solchesVorschlagsrecht des Schuldners oder der Gläubiger in derInsolvenzordnung nicht ausdrücklich vorgesehen, gleich-wohl nicht untersagt. Durch die neue Vorschrift wird ge-klärt, dass solche Vorschläge zur Person des Verwalters zu-lässig sind und den Vorgeschlagenen nicht per se für dasAmt disqualifizieren. Die Klarstellung ist notwendig, davereinzelt Gerichte einen Verwalter nur aufgrund des Vor-schlags abgelehnt haben.

Daneben begründet nicht jede Art von Kontakt vor dem Er-öffnungsantrag zwischen dem Schuldner und dem vorge-schlagenen Verwalter Zweifel an dessen Unabhängigkeit(Nummer 2). Wenn sich ein Schuldner vor Stellung des Er-öffnungsantrags an einen vor Ort ansässigen Verwalter wen-det, um allgemeine Informationen über den Gang eines In-solvenzverfahrens, über dessen Auswirkungen auf die Be-fugnisse des Schuldners und über die Möglichkeiten derSanierung im Insolvenzverfahren zu erlangen, und derVerwalter dann solche allgemeinen Auskünfte erteilt, dis-qualifiziert ihn dies allein nicht als künftigen Insolvenzver-walter.

Auch ist nicht jedes Tätigwerden für den Schuldner vor demEröffnungsantrag geeignet, die erforderliche Unabhängig-keit einer Person zu beeinträchtigen. Nach Nummer 3 giltdies für einen außergerichtlichen Sanierungsversuch auf derGrundlage des Auftrags, unter Einbeziehung der Gläubigereinen Insolvenzplan zu erstellen. Diese Tätigkeit ist dadurchgekennzeichnet, dass die gegenläufigen Interessen aller Be-teiligten berücksichtigt und ausgeglichen werden und diebetreffende Person vermittelnd tätig wird.

In allen drei genannten Fällen bleiben konkrete andere Um-stände zu berücksichtigen, die in der Person des Verwaltersliegen und dessen Unabhängigkeit beeinträchtigen können.Ein Vorschlag nach Nummer 1 darf weder dazu führen, dassder Vorgeschlagene generell zu bestellen ist, noch dazu, ihngenerell als ungeeignet anzusehen. Die Eignung des Ver-walters ist auch in den Fällen der Nummern 2 und 3 genauzu prüfen. Die in Absatz 1 Satz 3 genannten Umstände sol-len künftig aber nicht zu einer pauschalen Ablehnung derbetreffenden Person führen.

Zu Buchstabe b

Die Einbeziehung der Gläubiger in die Auswahl des Ver-walters ist bereits nach der geltenden Rechtslage möglichund hat sich bei einigen Gerichten bewährt. Eine solche Pra-xis soll künftig in den Fällen, in denen nach den neuen § 21Absatz 2 Nummer 1a, § 22a InsO-E ein vorläufiger Gläubi-gerausschuss bestellt worden ist, die Regel sein. Dem Aus-schuss ist nicht nur Gelegenheit zu geben, sich zu den An-forderungen zu äußern, die im konkreten Fall bei der Aus-wahl des Verwalters zu berücksichtigen sind, sondern ihmist auch die Möglichkeit einzuräumen, eine bestimmte Per-son als Verwalter vorzuschlagen (Absatz 2). Die in diesemZusammenhang vorgesehene Ausnahme für den Fall einer

nachteiligen Verzögerung wird kaum praktische Bedeutungerlangen, da die Konsultation eines bereits gebildeten vor-läufigen Gläubigerausschusses nur einen geringen Zeitauf-wand verursacht. Eine mit der Einsetzung des Ausschussesverbundene Verzögerung wird bereits im Rahmen des § 22aberücksichtigt.

Von einem vorläufigen Gläubigerausschuss, in dem gemäߧ 21 Absatz 2 Nummer 1a InsO-E in Verbindung mit § 67Absatz 2 InsO die verschiedenen Kategorien der Gläubigervertreten sind, kann erwartet werden, dass seine Vorschlägezum Anforderungsprofil und zur Person des Verwalters aus-gewogen sind und die Interessen aller Gläubiger berück-sichtigen. Nach dem neuen Absatz 3 sollen Vorschläge desAusschusses zu den Anforderungen an den Verwalter fürdas Gericht bindend sein. Dabei darf das beschlossene An-forderungsprofil jedoch selbstverständlich nur solche An-forderungen enthalten, die mit dem Gesetz übereinstimmenbzw. von der Rechtsprechung nicht als unzulässig verwor-fen worden sind. Dies soll auch dann gelten, wenn die Vor-schläge nicht einstimmig beschlossen worden sind, sondernmit der für Beschlüsse des Ausschusses maßgeblichenKopfmehrheit (§ 21 Absatz 2 Nummer 1a InsO-E in Verbin-dung mit § 72 InsO). An einen Vorschlag des vorläufigenGläubigerausschusses, eine bestimmte Person zum Verwal-ter zu bestellen, soll das Gericht allerdings nur dann gebun-den sein, wenn der Beschluss einstimmig gefasst worden ist,und auch dann nur, wenn der Vorschlag nicht in Wider-spruch zu den Kriterien der Eignung des Verwalters nach§ 56 Absatz 1 Satz 1 steht, die vorgeschlagene Person alsofür die Übernahme des Amtes im konkreten Fall nicht ge-eignet ist. Ob die einstimmig vorgeschlagene Person aufeiner Vorauswahlliste eines Insolvenzgerichts steht, ist hin-gegen gleichgültig, solange sie den Kriterien des § 56Absatz 1 Satz 1 InsO genügt.

Auch wenn ein Verwalter in dieser Weise auf Vorschlag desvorläufigen Gläubigerausschusses vom Gericht bestelltworden ist, bleibt es dabei, dass im eröffneten Verfahren dieGläubigerversammlung mit Summen- und Kopfmehrheitendgültig über die Person des Verwalters entscheidet (§ 57InsO). Der vorläufige Gläubigerausschuss wird sich dessenbewusst sein und keine Person vorschlagen, bei der mit ei-ner Abwahl durch die Gläubigerversammlung zu rechnenist. Wegen der Befugnisse der Gläubigerversammlung nach§ 57 InsO ist es entbehrlich, ein Rechtsmittel gegen die Be-stellung des Verwalters nach Maßgabe des § 56 Absatz 3InsO-E vorzusehen.

Ist der vorläufige Gläubigerausschuss vom Gericht bei derAuswahl des vorläufigen Insolvenzverwalters beteiligt wor-den und beabsichtigt das Gericht, die gleiche Person bei derEröffnung des Verfahrens zum Insolvenzverwalter zu be-stellen, so wird im Allgemeinen kein Anlass bestehen, dieBeteiligung des Ausschusses vor der Verfahrenseröffnungzu wiederholen. Wenn keine besonderen Umstände einge-treten sind, wird das Einverständnis des Ausschusses mitdieser Bestellung angenommen werden können.

Zu Nummer 9 (Änderung von § 66)

Im Rahmen des Insolvenzplanverfahrens stellt sich in derPraxis die Frage, ob bei Beendigung des Verfahrens nach§ 258 InsO eine Schlussrechnung nach § 66 Absatz 1 InsOzu legen ist und diese vom Insolvenzgericht geprüft werden

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muss. Diese Frage ist in der Praxis umstritten. Die Schluss-rechnungslegung und eine Schlussrechnungsprüfung kön-nen die Aufhebung des Insolvenzplanverfahrens erheblichverzögern, obwohl materiell-rechtlich eine Beendigung desInsolvenzverfahrens bereits durch die Planbestätigung ein-getreten ist. Dies kann im Einzelfall Sanierungschancen be-einträchtigen, da der Schuldner die Verfügungsbefugnisüber sein Vermögen erst verzögert zurückerhält. Den Gläu-bigern soll durch die Neuregelung Gelegenheit gegebenwerden, im Insolvenzplan eine Regelung über die Notwen-digkeit einer Schlussrechnung zu treffen und gegebenenfallsauf diese nach § 66 InsO vollständig zu verzichten. Alterna-tiv kann der Plan jedoch auch eine zeitliche Verschiebungderart vorsehen, dass zwar eine Schlussrechnung zu legenist, das Verfahren aber bereits vorher aufgehoben werdenkann.

Zu Nummer 10 (Änderung von § 67)

Nach geltendem Recht hat das Insolvenzgericht nur dann ei-nen Vertreter der Arbeitnehmer in den Gläubigerausschussaufzunehmen, wenn die Arbeitnehmer am Insolvenzverfah-ren mit nicht unerheblichen Forderungen beteiligt sind. Fürdie Konkretisierung des Begriffs der „nicht unerheblichenForderungen“ wird in der Literatur teilweise ein Satz vonzehn Prozent aller Forderungen vorgeschlagen. In der Pra-xis hat sich in den vergangenen Jahren seit dem Inkrafttre-ten der InsO die Beteiligung eines Vertreters der Arbeitneh-mer im Gläubigerausschuss durchweg als sinnvoll erwiesen.Die Arbeitnehmer verfügen meist über vertiefte Kenntnissedes Unternehmens. Insbesondere bei einer Fortführung undSanierung im Insolvenzverfahren ist die Einbindung vonVertretern der Arbeitnehmer unerlässlich. Künftig soll demGläubigerausschuss ebenso wie die anderen genanntenGläubigergruppen stets ein Vertreter der Arbeitnehmer an-gehören.

Zu Nummer 11 (Einfügung eines § 104a)

In der internationalen Börsenlandschaft haben sich mittler-weile sog. multipolare Geschäfte mit einer Vielzahl vonTeilnehmern eingebürgert, die über eine sog. zentrale Ver-tragspartei (auch „zentrale Gegenpartei“ oder „zentralerKontrahent“ genannt; in Deutschland z. B. die Eurex Clea-ring AG, im Folgenden: zentraler Kontrahent) abgewickeltwerden. Dies bedeutet, dass bei Abschluss des (Börsen-)Ge-schäfts der zentrale Kontrahent als Käufer für jeden Verkäu-fer und als Verkäufer für jeden Käufer auftritt. Dabei kommtanders als bei herkömmlichen Börsengeschäften kein Ver-trag zwischen Käufer und Verkäufer zustande. Vielmehrwird das üblicherweise zwischen Käufer und Verkäufer ge-schlossene Geschäft in Geschäfte zwischen jeweils demKäufer bzw. Verkäufer und dem zentralen Kontrahentenaufgespalten.

Durch die Aufspaltung in zwei Geschäfte übernimmt derzentrale Kontrahent nicht nur das Kontrahentenrisiko füralle Handelsteilnehmer, sondern vereinfacht auch die Ab-wicklungen für diese. Darüber hinaus ist der zentrale Kon-trahent direkt mit verschiedenen internationalen Zentralver-wahrern von Wertpapieren verbunden. Hierdurch wird ins-besondere die Anonymität des Handels und der Abwicklungsichergestellt.

Im Rahmen der Abwicklung von Geschäften über einenzentralen Kontrahenten finden in der Regel Verrechnungenstatt, die auch der Risikobegrenzung des zentralen Kontra-henten sowie des Käufers und des Verkäufers dienen. Käu-fer und Verkäufer müssen wegen der durch den zentralenKontrahenten vorgenommenen Verrechnungen geringereSicherheiten stellen, als sie von den Auftraggebern für dieVornahme der Geschäfte erhalten. Käufer und Verkäufersteht deshalb für eine bestimmte Zeit nutzbares Kapital zurVerfügung. Es handelt sich um eine typische Win-win-Si-tuation von Käufer, Verkäufer und zentralem Kontrahenten,die eine hohe wirtschaftliche Bedeutung hat: So hat bei-spielsweise die Eurex Clearing AG im Jahr 2009 1,78 Mil-liarden Transaktionen verarbeitet.

Auch auf europäischer Ebene wird dem Clearing von Deri-vaten über zentrale Kontrahenten als Instrument zur Finanz-marktstabilisierung zunehmend Bedeutung beigemessenund sogar über eine Verpflichtung zum Clearing bestimmteraußerbörslich gehandelter Derivate diskutiert (vgl. hierzudie Mitteilung der EU-Kommission vom 20. Oktober 2009,KOM [2009] 563).

Die wesentliche Stütze des Systems ist eine realistische Be-messung, Berechnung und Abwicklung von Sicherheits-leistungen (Marginleistungen), die für offene Positionenhinterlegt werden müssen (Risk-Based-Margining). DieseSicherheitsleistungen sollen bewirken, dass alle offenenPositionen eines Clearingmitglieds innerhalb kurzer Zeitglattgestellt werden können. Dabei ist ausschlaggebend,dass der Investor nicht den Betrag des Verlustrisikos seinesgesamten Kontos deponieren muss, sondern sich die zu hin-terlegende Sicherheitsleistung nach dem Gesamtrisiko desabzurechnenden Kontos bemisst. Dieses Risiko ergibt sichaus einer Verrechnung der einander entgegengerichteten Ri-siken der im Konto enthaltenen Positionen (Derivate undKassageschäfte). Über diese Berechnung sollen die höchst-möglichen Glattstellungskosten eines Kontos am jeweilsnächsten Börsentag unter der Annahme der ungünstigstenPreisentwicklung der im Konto enthaltenen Positionen ab-geschätzt werden.

Als Beispiel sollen die an den Eurex-Börsen gehandeltenOptionen herangezogen werden. Der Käufer eines Options-kontraktes erwirbt gegen Zahlung einer Prämie das Recht,eine bestimmte Menge eines bestimmten Gutes (Basiswert)zu einem oder bis zu einem bestimmten Zeitpunkt zu einemim Voraus festgelegten Preis zu kaufen (Kaufoption, Call)beziehungsweise zu verkaufen (Verkaufsoption, Put). DerVerkäufer eines Optionskontraktes übernimmt die entspre-chende Liefer- bzw. Abnahmeverpflichtung.

Ist der Basiswert nicht lieferbar, so erfolgt ein Barausgleich.Bei einer klassischen Option hat der Käufer nur ein Aus-übungsrecht und – sofern er die Optionsprämie gezahlt hat –keine weiteren Verpflichtungen. Er trägt somit kein Risiko,so dass von ihm keine Marginleistung erhoben wird. Dem-gegenüber hat der Optionsverkäufer eine Lieferverpflich-tung übernommen, so dass bei einer ungünstigen Preisent-wicklung sichergestellt sein muss, dass er seiner Verpflich-tung nachkommen kann. Von ihm wird deshalb eine Mar-ginsicherheit verlangt.

Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögendes Käufers oder des Verkäufers (nicht: der zentralen Ver-tragspartei) würde das dargestellte System empfindlich stö-

Drucksache 17/5712 – 28 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

ren, insbesondere deshalb, weil – von der Sonderregelungdes § 104 InsO zunächst einmal abgesehen – nach § 41Absatz 1 InsO nicht fällige Forderungen als fällig geltenund Aufrechnungsverbote nach § 96 InsO bestehen. Auchwäre der Insolvenzverwalter zur Ausübung des Wahlrechtsnach § 103 InsO berechtigt; er könnte sich heraussuchen,welche Geschäfte er ausführen will und welche nicht(„cherry-picking“).

Die Verfahrenseröffnung hätte, wenn die durch den zentra-len Kontrahenten gesteuerten Geschäfte noch nicht vollstän-dig abgewickelt sind, durch die Anwendung der Regeln desInsolvenzrechts für die Teilnehmer des Handels rein zufäl-lige Folgen (z. B. könnte das vor der Verfahrenseröffnungliegende Geschäft abgewickelt werden, das Gegengeschäftaber nicht).

Der geltende § 104 InsO ist insofern nicht weiterführend,als er im Falle der Insolvenz eines Marktteilnehmers seinesämtlichen offenen Geschäfte sofort fällig stellt, die dannabgerechnet werden müssen (Barausgleich). Zudem ist erauf bilaterale Geschäfte zugeschnitten und kann die Ab-wicklung multipolarer Geschäfte nicht erfassen. Eine zeit-liche Zuordnung der einzelnen Teile der von dem zentralenKontrahenten abgewickelten Geschäfte in den Zeitraum vorund nach Verfahrenseröffnung wäre mit außerordentlichenSchwierigkeiten verbunden, weil die Ausführung dieser Ge-schäfte nicht stundengenau, sondern nur an einem bestimm-ten Geschäftstag vorgesehen ist. Die Probleme stellen sichauch deshalb verschärft, weil täglich tausende von Geschäf-ten mit jeweils einer Vielzahl von Geschäftspartnern abge-wickelt werden, deren Verrechnung und damit Risikobe-grenzung durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zer-stört werden würde.

Fällt ein Clearingmitglied durch Insolvenz aus, kann dies zueinem Dominoeffekt unter den Marktteilnehmern führenund letztlich die Stabilität des Finanzmarktes gefährden.

In diesem Zusammenhang wird in der öffentlichen Diskus-sion auch auf einen Wettbewerbsnachteil des deutschenFinanzplatzes im internationalen Vergleich hingewiesen.Großbritannien und die USA hätten ihr Insolvenzrecht be-reits so ausgestaltet, dass die eben dargestellte Problematiknicht entstehen könne. Die derzeit bestehende Rechtslageerhöhe das systemische Risiko für den deutschen Finanz-platz im Krisenfall sowie den potentiellen Schaden für dieGläubiger.

Es müssen daher neue Regeln geschaffen werden, die einer-seits den Interessen und der Funktionsweise des Systemsgerecht werden, andererseits aber die Sicherung der Insol-venzmasse und die Befriedigung der Insolvenzgläubigernicht zu stark stören, also insbesondere den Grundsatz derGläubigergleichbehandlung angemessen beachten.

Zur Lösung des Problems verfolgt § 104a InsO-E einendoppelten Ansatz:

In Absatz 1 wird die rechtliche Übertragung des Kundenge-schäfts und der zugehörigen Sicherheiten aus dem Geschäft-sportfolio des insolventen Clearingmitglieds auf andere sol-vente Clearingmitglieder ermöglicht.

Sollte dies nicht weiterführend sein, wird nach Absatz 2 dieSchließung des Kundengeschäfts zugelassen.

Die wohl beste Lösung für den Finanzplatz, für die Clea-ringmitglieder und für deren Kunden ist es, wenn die vondem Kunden mit dem Clearingmitglied abgeschlossenenGeschäfte ungestört abgewickelt werden können, ohne vonder Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das in wirt-schaftliche Schwierigkeiten geratene Clearingmitglied be-einträchtigt zu werden. Dies wird über Absatz 1 erreicht,der vorsieht, dass die Rechte und Pflichten des insolventenClearingmitglieds aus Geschäften, die in das Clearingsys-tem einbezogen sind, ganz oder teilweise auf ein oder meh-rere andere solvente Clearingmitglieder übertragen werdenkönnen. Insofern ist es erforderlich, diese Geschäfte gegendie Wirkungen eines Insolvenzverfahrens und die Befug-nisse des Insolvenzverwalters weitgehend abzuschirmen.Zu den erfassten Geschäften gehören zunächst die in § 104Absatz 1 und Absatz 2 InsO ausdrücklich aufgeführten. Um§ 104a InsO-E für künftige Entwicklungen offen zu halten,sollen auch „vergleichbare Geschäfte“ mit abgedeckt wer-den. Dabei handelt es sich um Geschäfte, die von ihrerGrundstruktur und ihrer Zielrichtung den ausdrücklich in§ 104 InsO genannten Geschäften im Wesentlichen entspre-chen.

Absatz 1 regelt u. a. die Voraussetzungen, unter denen eineÜbertragung möglich ist.

So ist eine Übertragung dieser Geschäfte einschließlich derfür sie gestellten Finanzsicherheiten und der sonstigen mitdiesen in Zusammenhang stehenden Rechte und Pflichten(etwa die Ansprüche auf Rückgewähr der Sicherheiten) nurdann zulässig, wenn eine solche Möglichkeit zwischen demzentralen Kontrahenten und dem insolventen Clearingmit-glied einerseits und zwischen diesem und den mittelbarenTeilnehmern im Sinne der Vorschrift andererseits vor Ver-fahrenseröffnung vereinbart worden ist. Damit wird nichtetwa eine Vertragsübernahme oder deren Voraussetzungengeregelt, vielmehr wird durch die Bestimmung die zivil-rechtliche Seite der Beziehung zwischen dem Clearingmit-glied (in der Regel einer Bank) und ihrem Kunden nicht be-rührt. Insofern müssten bei einem Wechsel des Vertragspart-ners ggf. auch die Voraussetzungen von § 309 Nummer 10des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) beachtet werden.

Eine Übertragung setzt weiter voraus, dass korrespondie-rende Geschäfte zwischen dem insolventen Clearingmit-glied und dem zentralen Kontrahenten einerseits sowie zwi-schen dem insolventen Clearingmitglied und einem mittel-baren Teilnehmer am System andererseits bestehen.

Ist eine Vertragsübernahme nach Absatz 1 nicht zu realisie-ren, so wird durch Absatz 2 für den zentralen Kontrahentendie Möglichkeit eröffnet, über Gegengeschäfte für einzelnePositionen oder auch für ein gesamtes Portfolio eine Glatt-stellung zu erreichen. Die Glattstellung kann dabei entwe-der nur im Verhältnis des Schuldners zum zentralen Kontra-henten erfolgen, oder aber auch die gesamte Kette erfassen,also auch das Verhältnis des Schuldners zu den mittelbarenTeilnehmern. Ein solches Vorgehen ermöglicht es, dieLiquidität der zu handelnden Finanzinstrumente zu be-rücksichtigen und damit marktschonend vorzugehen. Übersolche Glattstellungsgeschäfte zu unterschiedlichen Ab-schlusszeitpunkten und infolgedessen idealerweise zu güns-tigeren Preisen können – anders als dies unter dem Regimedes § 104 InsO möglich wäre – unerwünschte Nebenwir-kungen, wie starke Preisschwankungen, und damit wirt-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 29 – Drucksache 17/5712

schaftliche Risiken für andere Marktteilnehmer verhindertwerden. Werden aufgrund der Glattstellung Finanzsicher-heiten nicht mehr benötigt, so sollen sie unmittelbar demmittelbaren Teilnehmer zurückgewährt werden können, so-fern sie von diesem an den Schuldner geleistet wurden undder Schuldner sie lediglich an den zentralen Kontrahentenweitergereicht hat.

Sowohl die Glattstellung als auch die Sicherheitenrückge-währ unmittelbar an die mittelbaren Teilnehmer setzen vor-aus, dass dies zuvor zwischen zentralem Kontrahenten undinsolventem Clearingmitglied sowie dem insolventen Clea-ringmitglied und den mittelbaren Teilnehmern vereinbartwurde und korrespondierende Geschäfte zwischen dem in-solventen Clearingmitglied und dem zentralen Kontrahen-ten sowie zwischen dem insolventen Clearingmitglied undden mittelbaren Teilnehmern bestehen.

Sowohl bei der Vertragsübernahme nach Absatz 1 als auchbei den Glattstellungsgeschäften nach Absatz 2 ist darauf zuachten, dass der Grundsatz der Gläubigergleichbehandlungmöglichst wenig beeinträchtigt wird. Dies soll überAbsatz 3 sichergestellt werden. Zunächst ist dafür Sorge zutragen, dass die Geschäfte nicht zu lange in der Schwebebleiben und dadurch Spekulationen zulasten der anderen In-solvenzgläubiger ermöglicht werden. Deshalb kann der zen-trale Kontrahent von den in Absatz 1 und Absatz 2 eröffne-ten Möglichkeiten nur bis zum Ablauf des dritten auf dieVerfahrenseröffnung folgenden Geschäftstages Gebrauchmachen.

Das wesentliche Anliegen des § 104a InsO-E ist es, dienachteiligen Auswirkungen zu vermeiden, die die Eröff-nung eines Insolvenzverfahrens auf die Verrechnungen ineinem Clearingsystem zeigen könnte. Daher wird die Insol-venzanfechtung für Maßnahmen nach der Vorschrift ausge-schlossen. Nicht abgedeckt von dieser Zielrichtung wäre esjedoch, wenn einzelne Gläubigern oder Mitglieder des Sys-tems oder der zentralen Vertragspartei nicht gerechtfertigteund auch nicht beabsichtigte Sondervorteile durch die neueNorm erlangen würden. Um dies zu verhindern, wurde inden Entwurf eine Ausgleichsregelung eingestellt. Mit ihrsoll erreicht werden, dass zwar die Clearingprozesse in demSystem im Interesse der Stabilität der Finanzmärkte weitge-hend ungestört durch die Verfahrenseröffnung abgewickeltwerden können, dadurch aber möglichst keine Nachteile fürandere Insolvenzgläubiger eintreten. Da andererseits dieClearingmitglieder nur als Durchleitungsstation für die mit-telbaren Teilnehmer am Clearingsystem fungieren, mithindie Positionen stets wirtschaftlich schon dem mittelbarenTeilnehmer zugeordnet sind, wird im weiteren Gesetzge-bungsverfahren zu klären sein, ob eine Nachteilsregelungsachgerecht ist und wie sie ggf. auszugestalten ist.

Insofern gibt Absatz 3 dem Insolvenzverwalter die Befug-nis, vom zentralen Kontrahenten einen Ausgleich zu for-dern, sofern durch die Maßnahmen nach Absatz 1 oderAbsatz 2 ein Nachteil für die Insolvenzmasse eingetretenist. Ein solcher Nachteil könnte etwa darin bestehen, dassnach Absatz 1 ein Geschäft, das für das insolvente Clearing-mitglied einen positiven Saldo aufweist, auf ein anderesClearingmitglied übertragen wird, ohne dass hierfür der In-solvenzmasse eine Kompensation zufließen würde. Ebensokönnte es ausgleichspflichtig sein, wenn eine Sicherheitvom zentralen Kontrahenten an den Kunden des insolventen

Clearingmitglieds weitergereicht wird, obwohl sie an sich indie Insolvenzmasse des Clearingmitglieds fallen würde. Daes sich bei einer solchen Benachteiligung der Insolvenz-masse um einen Gesamtschaden handeln würde, wird durchAbsatz 3 klargestellt, dass dieser Schaden durch den Insol-venzverwalter nach § 92 InsO geltend zu machen ist.

Wird von den Handlungsalternativen des neuen § 104aInsO-E kein Gebrauch gemacht, kann weiterhin der Wegüber den geltenden § 104 InsO beschritten werden. Die Wir-kungen des § 104 InsO sind jedoch nach Absatz 3 für dieGeschäfte, die übertragen oder glattgestellt werden sollen,suspendiert. Nach Ablauf der in Satz 1 genannten Frist trittdie Wirkung des § 104 InsO im Hinblick auf alle Rechteund Pflichten des Schuldners ein, die nicht Gegenstand ei-ner Übertragung oder Glattstellung geworden sind.

Zu Nummer 12 (Einfügung eines § 210a)

Ein Insolvenzplanverfahren bei Masseunzulänglichkeit wirdzum Teil für unzulässig gehalten. Zur Begründung wird an-geführt, dass das Gesetz nach § 258 Absatz 2 InsO einevollständige Tilgung aller Masseverbindlichkeiten verlange.Bei Masseunzulänglichkeit sei dies nicht möglich, womitein Insolvenzplan als unzulässig ausscheide. § 323 Absatz 3des Regierungsentwurfs der Insolvenzordnung (RegE InsO,vgl. Bundestagsdrucksache 12/2443, S. 60, 220 f.) hattevorgesehen, dass bei Masseunzulänglichkeit die Vorlageeines Plans nicht ausgeschlossen sein sollte. Die Regelungist auf Vorschlag des Rechtsausschusses nicht in das Gesetzübernommen worden. Bessere Gründe sprechen bereitsheute für den ursprünglichen Vorschlag. Die bestehendeRechtsunsicherheit und fehlende Planungssicherheit für denSchuldner sollen jedoch durch die gesetzliche Klarstellungbeseitigt werden. Auch bei Masseunzulänglichkeit kann derFortführungswert des Unternehmens höher liegen als derZerschlagungswert und damit kann die Erhaltung des Unter-nehmens auf der Grundlage eines Insolvenzplans wirt-schaftlich sinnvoll sein. So kann Massearmut zum BeispielFolge eines Umweltschadens sein, der während des Ver-fahrens verursacht worden ist. Die Ertragsaussichten desUnternehmens, die für die Wahl zwischen Fortführung undEinstellung der Tätigkeit maßgeblich sind, müssen voneinem solchen Ereignis nicht berührt sein.

Bei der Ausgestaltung der Regelung wird auf die entspre-chende Vorschrift im Regierungsentwurf der Insolvenzord-nung zurückgegriffen (§ 323 Absatz 2 RegE InsO). Es wirdberücksichtigt, dass mit einer Masseunzulänglichkeit de-finitionsgemäß verbunden ist, dass die Befriedigung dernachrangigen Massegläubiger (Rang des § 209 Absatz 1Nummer 3 InsO) nicht mehr gewährleistet ist. Die Zulässig-keit eines Insolvenzplans nach der Anzeige der Masseunzu-länglichkeit bedeutet daher zwangsläufig, dass in die Rechtedieser Massegläubiger eingegriffen werden kann und dassdiese über den Plan abstimmen müssen. Die nicht nachran-gigen Insolvenzgläubiger haben in aller Regel keine Befrie-digungsaussichten mehr und rücken daher in die Position,die sonst die nachrangigen Insolvenzgläubiger einnehmen.Für sie gilt daher § 246 Nummer 2 (bisher Nummer 3) InsOentsprechend, die Vorschrift, nach der ihre Zustimmungzum Plan als erteilt gilt, wenn sie sich nicht an der Abstim-mung beteiligen. Bei der Befriedigung der Gläubiger nach§ 258 Absatz 2 InsO treten die vorrangigen Massegläubiger

Drucksache 17/5712 – 30 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

an die Stelle der Massegläubiger. Für Massegläubiger wiezum Beispiel Arbeitnehmer stellt die Regelung keinenNachteil dar. Sie bietet im Gegenteil die Chance, auch beiMasseunzulänglichkeit durch einen Insolvenzplan das Un-ternehmen und damit auch Arbeitsplätze zu erhalten undhierdurch zu einer besseren Befriedigung der Massegläubi-ger zu kommen.

Zu Nummer 13 (Änderung von § 214)

Zur Vereinfachung der Abläufe bei Gericht wird die Mög-lichkeit, den Widerspruch gegen den Antrag auf Einstellungdes Insolvenzverfahrens zu Protokoll der Geschäftsstelle zuerheben, gestrichen.

Zu Nummer 14 (Änderung von § 217)

Das geltende deutsche Insolvenzrecht lässt bei einer Sanie-rung mittels eines Insolvenzplans die Rechte der Anteilsin-haber des insolventen Unternehmens unberührt. Gesell-schafterbeschlüsse – wie sie zum Beispiel für eine Kapital-herabsetzung und eine Kapitalerhöhung erforderlich sind –oder Willenserklärungen einzelner Gesellschafter zur Über-tragung ihrer Anteile können weder durch den Plan selbstnoch durch Entscheidungen des Insolvenzgerichts ersetztwerden. Nach der Insolvenzordnung ist daher zur Sanierungeines insolventen Unternehmens auf der Grundlage einesInsolvenzplans stets die Mitwirkung der Anteilsinhaber er-forderlich. Dies gilt auch unabhängig von den Gesellschaf-terbeschlüssen, die für eine Kapitalherabsetzung und eineKapitalerhöhung benötigt werden. Denn durch die Eröff-nung des Insolvenzverfahrens wird die Gesellschaft aufge-löst; damit sie weitergeführt werden kann, müssen die Ge-sellschafter förmlich die Fortsetzung beschließen (vgl. z. B.§ 262 Absatz 1 Nummer 3, § 274 Absatz 2 Nummer 1 desAktiengesetzes – AktG –; § 60 Absatz 1 Nummer 4 des Ge-setzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haf-tung – GmbHG).

Für die Verzahnung der Beschlüsse der Gesellschafter mitdem Insolvenzplan sieht die Insolvenzordnung in § 249InsO die Möglichkeit vor, im Insolvenzplan dessen Bestäti-gung davon abhängig zu machen, dass vorher Maßnahmenwie ein Fortsetzungsbeschluss, eine Kapitalerhöhung odereine Auswechselung von Gesellschaftern erfolgt sind. DieGefahr, dass ein erfolgversprechendes Sanierungskonzeptvon den Anteilseignern blockiert werden könnte, wurde beiden Gesetzgebungsarbeiten zur Insolvenzordnung als geringeingeschätzt. Man war zuversichtlich, dass die Anteilseig-ner schon deshalb konstruktiv an einer Sanierung des Unter-nehmens durch einen Insolvenzplan mitarbeiten würden,weil andernfalls eine übertragende Sanierung folgen würde,d. h. die Übertragung des Unternehmens auf einen anderenRechtsträger (vgl. die allgemeine Begründung zum Regie-rungsentwurf der Insolvenzordnung, Bundestagsdruck-sache 12/2443, S. 83).

In der Rechtswirklichkeit ist die übertragende Sanierungaber nicht immer ein gleichwertiger Ersatz für die Sanie-rung des Unternehmensträgers durch einen Insolvenzplan.Steuerliche Aspekte wie die Nutzung von Verlustvorträgenund die Vermeidung von Grunderwerbssteuer können gegeneine Übertragung sprechen. Das insolvente Unternehmenkann Inhaber von Rechtspositionen sein, die nicht oder nur

mit Schwierigkeiten und Kosten übertragen werden können;Beispiele sind Lizenzen, Genehmigungen und günstigelangfristige Verträge. In einer solchen Situation haben dieAnteilsinhaber ein Blockadepotential, das noch dadurchverstärkt wird, dass für Gesellschafterbeschlüsse über Kapi-talmaßnahmen in der Regel Dreiviertelmehrheiten erforder-lich sind (vgl. für die Kapitalerhöhung § 182 AktG, § 53GmbHG). Mit diesem Hebel können die Anteilsinhaber Zu-geständnisse erreichen, die bei dem geringen Restwert derAnteile nicht gerechtfertigt sind. Dies kann auch den Ar-beitnehmern zum Nachteil gereichen.

In der rechtspolitischen Diskussion wird hierin ein erheb-liches Sanierungshindernis und ein Standortnachteil im Ver-gleich zum Recht Englands und anderer Staaten gesehenund dabei auch auf die bestehenden Blockademöglichkeitenhingewiesen.

Künftig kann durch den Insolvenzplan nicht mehr nur inRechte der Gläubiger eingegriffen werden, sondern es kön-nen auch die Rechte der am Schuldner beteiligten Personenumgestaltet werden. In Betracht kommen Kapitalmaßnah-men wie insbesondere die Umwandlung von Forderungen inGesellschaftsanteile, der so genannte Debt-Equity-Swap.

Für die Einbeziehung der Anteilsrechte in die gestaltendeWirkung eines Insolvenzplans spricht auch, dass die Grenzezwischen Eigenkapital und Fremdkapital, zwischen Betei-ligung an einer Gesellschaft und Forderung gegen eineGesellschaft, fließend ist. Mezzanine-Finanzierungsinstru-mente wie Genussscheine und stille Beteiligungen könnenje nach ihrer rechtlichen Ausgestaltung als Eigen- oderFremdkapital anzusehen sein, möglicherweise handelsrecht-lich als Eigenkapital, steuerrechtlich als Fremdkapital.

Im Unterschied zum derzeitigen Insolvenzplanverfahrensind infolge der vorgesehenen Änderungen grundsätzlichauch die Inhaber von Anteils- oder Mitgliedschaftsrechtenbei der Gruppenbildung und Abstimmung zu berücksich-tigen. Eine Beteiligung ist jedoch nur dann erforderlich,wenn durch den Plan tatsächlich in ihre Rechte eingegriffenwird.

Die im Plan getroffenen gesellschaftsrechtlichen Regelun-gen treten – wie sämtliche anderen vorgesehenen Rechtsän-derungen – mit der Rechtskraft der gerichtlichen Bestäti-gung des Plans in Kraft, ohne dass es der im Normalfalleventuell notwendigen Mitwirkungshandlungen der Organebedarf (Beispiel: Kapitalmaßnahmen, für die eine Zustim-mung der Hauptversammlung erforderlich ist). Dadurchwird das Blockadepotential der Gesellschaftsorgane undinsbesondere der Anteilsinhaber minimiert und eine zügigeund effektive Sanierung des schuldnerischen Unternehmensermöglicht.

Zu Nummer 15 (Änderung von § 220 Absatz 2)

Die Inhaber von Anteils- oder Mitgliedschaftsrechten amSchuldner sind bei der Abstimmung über den Insolvenzplanzu beteiligen, wenn in ihre Rechte durch den Plan eingegrif-fen werden soll. Der Kreis der Personen, die über die Zu-stimmung zum Plan entscheiden, ist deshalb über die Gläu-biger hinaus entsprechend zu erweitern; die entsprechendenAngaben sind in den darstellenden Teil des Plans aufzuneh-men.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 31 – Drucksache 17/5712

Zu Nummer 16 (Änderung von § 222)

Zu Buchstabe a

Es handelt sich bei der Regelung in Doppelbuchstabe aa umeine Folgeänderung zur Einbeziehung der Inhaber von An-teils- oder Mitgliedschaftsrechten in die Abstimmung überden Insolvenzplan.

§ 222 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 InsO-E stellt klar, dass dieam Schuldner beteiligten Personen eine eigene Gruppe(oder mehrere eigene Gruppen) bilden, wenn durch den In-solvenzplan in ihre Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte ein-gegriffen werden soll.

Zu Buchstabe b

Ebenso wie die Gläubiger müssen auch die Inhaber von An-teils- oder Mitgliedschaftsrechten am Schuldner nichtzwangsläufig gleich behandelt werden, auch wenn sie diegleiche Rechtsstellung haben. Es können verschiedeneGruppen gebildet werden, in denen Anteilsinhaber mitgleichartigen wirtschaftlichen Interessen zusammengefasstwerden. Voraussetzung ist, dass innerhalb dieses Personen-kreises sachgerechte Abgrenzungskriterien im Hinblick aufdie wirtschaftliche Interessenlage bestehen.

Zu Buchstabe c

Durch die Ergänzung der bisher nur für Kleingläubiger gel-tenden Vorschrift wird klargestellt, dass eine besondere Be-handlung von solchen Anteilsinhabern zulässig ist, die nurmit einem äußerst geringen Anteil am Schuldner beteiligtsind und keinerlei unternehmerischen Einfluss haben. Alsgeringfügig beteiligte Anteilsinhaber gelten in Anlehnungan das Aktienrecht solche, die einen geringeren Anteil alsein Prozent am Haftkapital des Schuldners halten oder mitweniger als 1 000 Euro hieran beteiligt sind. Die Höhe derBeteiligung stellt ein zulässiges Differenzierungskriteriumim Rahmen der Gruppenbildung dar. Hierbei könnte je nachden Besonderheiten des Einzelfalls, insbesondere der Ge-sellschafter- bzw. Eigentümerstruktur und dem Grad derStreuung der Gesellschaftsanteile, auf einen bestimmtenprozentualen Anteil am Grundkapital oder auf einen be-stimmten Nennbetrag abgestellt werden. Die Bildung einerGruppe von geringfügig beteiligten Anteilsinhabern wirdsich insbesondere dann anbieten, wenn einer Gruppe vonHauptanteilsinhabern ein Kreis von Anteilsinhabern mitStreubesitz gegenübersteht, wie es bei börsennotierten Ak-tiengesellschaften öfter anzutreffen ist. Hingegen scheideteine solche Konstellation in der Regel bei denjenigenRechtsträgern aus, die keine Hauptanteilsinhaber kennen,wie zum Beispiel die eingetragene Genossenschaft oder derVerein. Die Vorschrift gilt deshalb nur für Anteilsrechte,nicht jedoch für Mitgliedschaftsrechte.

Zu Nummer 17 (Einfügung eines § 225a)

Die Zufuhr von neuem Eigenkapital stellt oftmals die ent-scheidende Weichenstellung für die Sanierung eines Unter-nehmens im Rahmen eines Insolvenzplanverfahrens dar.Die Umwandlung von Forderungen in Eigenkapital (Debt-Equity-Swap) ist ein geeignetes Instrument, um über eineForderung, die in der Krise vielleicht nur schwer durchsetz-bar ist, gesellschaftsrechtlichen Einfluss in dem schuldneri-schen Unternehmen zu erlangen. Die erleichterte Zulassung

des Debt-Equity-Swap wird allgemein als zentrales Mittelfür ein attraktives Sanierungsverfahren eingestuft.

Absatz 1 stellt klar, dass die Anteils- und Mitgliedschafts-rechte der am Schuldner beteiligten Personen im Grundsatzvom Insolvenzverfahren unberührt bleiben. Das Gesetz lässtjedoch einen Eingriff in diese Rechte zu, wenn dies im In-solvenzplan ausdrücklich vorgesehen ist. Andernfalls bleibtdie Rechtsstellung der am Schuldner beteiligten Personendurch das Insolvenzverfahren unangetastet und für ihre Be-teiligung an der Abstimmung über den Plan besteht keinAnlass.

Absatz 2 beinhaltet Regelungen zur Umwandlung vonFremdkapital in Eigenkapital. Die Änderung entspricht denBedürfnissen der Praxis. Damit einerseits die Umwandlungvon Fremd- in Eigenkapital ein funktionstaugliches Sanie-rungsinstrument wird, andererseits die Rechte der Alteigen-tümer hinreichend gewahrt werden, soll die Umwandlung inden gestaltenden Teil des Insolvenzplans eingestellt werdenkönnen. Die Inhaber von Anteils- oder Mitgliedschaftsrech-ten am Schuldner sind so als Beteiligte in das Insolvenz-planverfahren eingebunden und können als eigene Gruppeüber den Plan und damit über den Forderungsumtausch ab-stimmen. Sie genießen damit wie auch die Gläubiger Min-derheitenschutz und haben das Recht, sich gegen den Planmit Rechtsmitteln zu wehren.

Nach Absatz 2 Satz 2 darf kein Gläubiger gegen seinen Wil-len in eine Gesellschafterposition gedrängt werden. Unbe-rührt hiervon bleibt die Möglichkeit eines Mehrheitsbe-schlusses nach § 5 Absatz 3 Nummer 5 des Gesetzes überSchuldverschreibungen aus Gesamtemissionen (SchVG).Die erforderliche Zustimmungserklärung jedes betroffenenGläubigers, der Anteilsinhaber am Schuldner wird, bzw. derMehrheitsbeschluss nach SchVG ist dem Plan nach § 230Absatz 2 InsO beizufügen. Das Recht, einer Umwandlungseiner Forderung nicht zuzustimmen, stellt ein Individual-recht jedes einzelnen Gläubigers dar. Die Zustimmung kanndamit nicht im Wege der mehrheitlichen Abstimmung in-nerhalb der Gruppen ersetzt werden. Handelt es sich beidem zustimmenden Gläubiger um eine öffentlich-rechtlicheKörperschaft, hat diese insbesondere die für sie geltendenVorgaben der jeweiligen Landeshaushaltsordnung bzw.Bundeshaushaltsordnung zu beachten.

Im Plan ist im Einzelnen zu regeln, wie die Umwandlung ei-ner Forderung in Eigenkapital technisch umgesetzt werdensoll. Dies erfolgt üblicherweise durch eine Kapitalherabset-zung mit anschließender Kapitalerhöhung, wobei die Forde-rung als Sacheinlage eingebracht wird. Es ist allgemein an-erkannt, dass auch Forderungen, die gegen die Gesellschaftselbst gerichtet sind, einlagefähig sind. Die Einbringung er-folgt entweder durch eine Forderungsübertragung, wobeidie Forderung durch Konfusion erlischt, oder durch einenErlassvertrag. Zugleich sind Regelungen für eventuell be-stellte Sicherheiten zu treffen. Ein Gläubiger, dessen Forde-rung gesichert ist, wird sich regelmäßig überlegen müssen,ob er einer Umwandlung seiner Forderung in einen Anteilzustimmt und hierdurch möglicherweise seine Sicherungverliert oder ob er seine Forderung behält und den Ausfallbeim Sicherungsgeber geltend macht. Es ist im Plan insbe-sondere anzugeben, welche Kapitalmaßnahmen durchge-führt werden sollen, mit welchem Wert ein Anspruch anzu-setzen ist und wem das Bezugsrecht zustehen soll. Zur

Drucksache 17/5712 – 32 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Frage der Werthaltigkeit des Anspruchs sind gegebenenfallsGutachten einzuholen. Die Werthaltigkeit der Forderungwird aufgrund der Insolvenz des Schuldners regelmäßig re-duziert sein und der Wert wird nicht dem buchmäßigenNennwert entsprechen, sondern deutlich darunter liegen.Hierbei kann auch die Quotenerwartung berücksichtigt wer-den. Der Insolvenzplan hat eine entsprechende Wertberich-tigung vorzusehen. Im Falle einer Umwandlung von Forde-rungen in Aktien einer Aktiengesellschaft erfolgt die Zeich-nung der jungen Aktien nach den allgemeinen Vorschriftendes Aktienrechts. Zugleich muss für die Kapitalerhöhung,die vom Inferenten übernommen wird, ein Bezugsrechts-ausschluss zu Lasten der Anteilsinhaber geregelt werden. Isteine Kapitalherabsetzung beabsichtigt, so sind die zugrundeliegenden Wertminderungen und sonstige Verluste nach denVorschriften des Handelsgesetzbuches zu ermitteln und zuerläutern, die für den Jahresabschluss gelten. Zu ihrer Wirk-samkeit müssen die im Insolvenzplan gefassten Beschlüssein das jeweilige Handels-, Genossenschafts-, Partnerschafts-oder Vereinsregister eingetragen werden. Dies obliegt regel-mäßig den Organen des Schuldners. Zur Vereinfachung desVerfahrens wird der Insolvenzverwalter jedoch ermächtigt,die Anmeldungen an Stelle der Organe selbst zu veranlassen(vgl. § 254a Absatz 2 InsO-E).

Im Interesse der Kalkulationssicherheit ist die Bewertungder Sacheinlage nur innerhalb des Planverfahrens angreif-bar. Eine Überbewertung der Sacheinlage führt später nichtzu einer Differenzhaftung des Einlegers gegenüber demSchuldner (vgl. § 254 Absatz 4 Satz 2 InsO-E).

Absatz 3 ermöglicht es, die gesellschaftsrechtlichen Struk-turen des Schuldners auch außerhalb eines Debt-Equity-Swap grundlegend umzugestalten und sie den Bedürfnis-sen des Insolvenzplanverfahrens anzupassen. Die Rechteder am Schuldner beteiligten Personen werden dabei hin-reichend gewahrt, da sie nach § 222 Absatz 1 Satz 2 Num-mer 4 des Entwurfs eine eigene Gruppe bei der Abstim-mung über den Plan bilden, sofern ihre Anteils- oder Mit-gliedschaftsrechte in den Plan einbezogen sind. Da durchdie Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine Gesellschaftaufgelöst wird, kann der Plan zum Beispiel Regelungen zurFortsetzung der schuldnerischen Gesellschaft enthalten. Da-mit bedarf es keines förmlichen Fortsetzungsbeschlussesder Gesellschafter mehr, wenn die Gesellschaft weiterge-führt werden soll. Auch die Übertragung von Beteiligungendes Schuldners an Drittgesellschaften kann in den Plan auf-genommen werden.

Den Gläubigern, die durch eine Umwandlung ihrer Forde-rungen zu Anteilsinhabern werden, kommt das Sanierungs-privileg des § 39 Absatz 4 Satz 2 InsO und ggf. das Klein-beteiligungsprivileg des § 39 Absatz 5 InsO zugute. Erwirbtder Gläubiger die Anteile aufgrund eines Debt-Equity-Swapin einem Insolvenzplan, ist davon auszugehen, dass sie zumZweck der Sanierung im Sinne des § 39 Absatz 4 InsO er-worben wurden.

Werden Anteilsrechte in einen Insolvenzplan einbezogen, somuss im Falle ihrer Einziehung eine finanzielle Kompensa-tion vorgesehen werden, sofern die Anteile noch werthaltigsind. Hierfür hat der Plan nach § 251 Absatz 3 InsO-E gege-benenfalls die erforderlichen Mittel zur Verfügung zu stel-len. Allerdings ist im Insolvenzverfahren regelmäßig voneiner Wertlosigkeit der Anteile auszugehen. In diesem Fall

ist auch eine Entschädigung nicht erforderlich Der verfas-sungsrechtliche Eigentumsschutz der betroffenen Anteilsin-haber wird durch die Regelungen zum Minderheitenschutzund zum Rechtsmittel gegen die Planbestätigung in den§§ 245, 251 und 253 InsO-E gewährleistet. Damit ist sicher-gestellt, dass ein Anteilsinhaber für einen Verlust seines An-teilsrechts eine angemessene Entschädigung erhält. EineEntschädigung ist nach § 251 Absatz 3 Satz 2 InsO-E au-ßerhalb des Insolvenzverfahrens geltend zu machen, damitkeine Verzögerung eintritt.

Zu Nummer 18 (Änderung von § 229)

Die Vorschrift soll neben den Regelungen in den §§ 259aund 259b InsO-E das Risiko mindern, dass ein Insolvenz-plan nach rechtskräftiger Bestätigung durch nachträglichangemeldete Forderungen zu Fall gebracht wird, weil hier-für keine Vorkehrungen in der Finanz- und Liquiditätspla-nung getroffen worden sind. Die Vorschrift legt dem Plan-ersteller die Verpflichtung auf, alle ihm bekannten Forde-rungen in die Plangestaltung aufzunehmen und Vorsorge fürden Fall zu treffen, dass bisher nicht angemeldete Forderun-gen nachträglich geltend gemacht werden. Sowohl in derVermögensübersicht (§ 229 Satz 1 InsO) als auch im Ergeb-nis- und Finanzplan (Satz 2) sind alle dem Planersteller be-kannten Forderungen zu berücksichtigen. Der Verwalterwird dabei regelmäßig eine Vergleichsrechnung anstellenund hierzu ein Verwertungsgutachten einholen.

Zu Nummer 19 (Änderung von § 230 Absatz 1 Satz 2)

§ 230 Absatz 1 Satz 2 InsO wird geändert, um auch dieFälle zu erfassen, bei denen zum Beispiel im Zuge derDurchführung eines Debt-Equity-Swap ein Wechsel bei denAnteilsinhabern des Schuldners eintritt und eine persönlicheHaftung übernommen wird. Dies betrifft sowohl persönlichhaftende Gesellschafter, die bereits diese Stellung inneha-ben als auch solche, die bislang noch gar kein Gesellschaf-ter oder kein persönlich haftender Gesellschafter waren.Hingegen ist die Zustimmungserklärung von solchen Perso-nen nicht erforderlich, die nach dem Insolvenzplan die Stel-lung als persönlich haftender Anteilsinhaber verlieren sol-len. Da eine zwangsweise Umwandlung von Forderungen inEigenkapital gegen den Willen der betroffenen Gläubigernicht zulässig ist, ist dem Plan daneben nach § 230 Absatz 2InsO auch die jeweilige Zustimmungserklärung aller ande-ren künftigen Anteilsinhaber beizufügen.

Zu Nummer 20 (Änderung von § 231)

Zu Buchstabe a

In der Praxis sind vereinzelt Zweifel über den Umfang dergerichtlichen Vorprüfung nach § 231 Absatz 1 Nummer 1InsO aufgetaucht. Bei der Prüfung des Inhalts des Plansnach dieser Vorschrift geht es in erster Linie darum, dieAusgestaltung des Plans anhand der Kriterien der §§ 217bis 230 InsO auf offensichtliche Mängel zu überprüfen.Durch die Ergänzung von Absatz 1 Nummer 1 soll verdeut-licht werden, dass bei der Prüfung besonders darauf zu ach-ten ist, ob die Gruppenbildung sachgerecht erfolgt ist; dennvon dieser hängen die Mehrheitsverhältnisse bei den Ab-stimmungen maßgeblich ab. Die wirtschaftliche Angemes-senheit der im Plan vorgesehenen Regelungen wird vom

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33 – Drucksache 17/5712

Gericht nicht geprüft. Die Erfolgsaussichten und die Erfüll-barkeit des Plans können nur ausnahmsweise im Rahmender Nummern 2 und 3 bedeutsam sein.

Zugleich wird die Formulierung der Vorschrift im Hinblickauf die mögliche Einbeziehung der am Schuldner beteilig-ten Personen in das Verfahren zur Abstimmung über den In-solvenzplan geändert.

Die Entscheidung des Gerichts über die Zulassung bzw. dieZurückweisung des Plans soll im Interesse der Verfahrens-beschleunigung innerhalb von zwei Wochen nach dessenVorlage erfolgen. Durch diese Betonung der Verpflichtungdes Gerichts, die Vorprüfung unverzüglich vorzunehmen,werden die Sanierungschancen von Unternehmen erhöht,denn jede Verzögerung kann sich nachteilig auf die Fortfüh-rung des Unternehmens und die Gewinnung von Investorenauswirken. Nicht ausgeschlossen wird, dass Besonderheitendes Einzelfalls eine längere Vorprüfung erfordern.

Zu Buchstabe b

Die Änderung dient der Anpassung der Formulierung an diemögliche Einbeziehung der Anteilsinhaber.

Zu Nummer 21 (Änderung von § 232)

In der Regel soll künftig keine Frist, die länger ist als zweiWochen, für die Einholung der Stellungnahmen gewährtwerden. Auch diese Neuregelung dient der Verfahrensbe-schleunigung. Die Stellungnahmen zum Plan sollen soschnell wie möglich vorliegen, damit zügig ein Erörterungs-und Abstimmungstermin nach § 235 InsO abgehalten wer-den kann.

Zu Nummer 22 (Änderung von § 235)

Zu Buchstabe a

Die Formulierung der Vorschrift wird im Hinblick auf diemögliche Einbeziehung der am Schuldner beteiligten Perso-nen in das Verfahren zur Abstimmung über den Insolvenz-plan geändert.

Die Vorschrift dient gleichzeitig der Klarstellung und solleine zügige Behandlung des Planverfahrens bei Gericht ge-währleisten. Es bietet sich aus Gründen der Verfahrensöko-nomie erfahrungsgemäß an, gleichzeitig mit der Einholungder Stellungnahmen den Erörterungs- und Abstimmungster-min anzuberaumen, der zeitlich auf die hierfür gewährteFrist abgestimmt ist.

Zu Buchstabe b

Die Regelung erweitert den Kreis der gesondert zu ladendenPersonen. Da in den Insolvenzplan nunmehr auch die Inha-ber von Anteils- oder Mitgliedschaftsrechten am Schuldnereinbezogen werden können, ist es in einem solchen Fall er-forderlich, diese Personen besonders zu laden. Eine direkteLadung erfolgt jedoch nicht an Aktionäre oder Komman-ditaktionäre. Bei Aktiengesellschaften und Kommandit-gesellschaften auf Aktien handelt es sich oftmals um Publi-kumsgesellschaften, deren Anteile breit gestreut sind. Hinzukommt, dass Name und Anschrift der betroffenen Aktionäreoder Kommanditaktionäre meist nicht bekannt sein werden.Entsprechend den aktienrechtlichen Vorgaben über Ladun-gen zur Hauptversammlung erscheint es grundsätzlich aus-

reichend, wenn sie durch die öffentliche Bekanntmachungdes Erörterungs- und Abstimmungstermins nach § 235Absatz 2 InsO informiert werden. Für börsennotierte Ge-sellschaften im Sinne von § 3 Absatz 2 AktG wird für dieLadung auf die Regelung über die Ladung zur Hauptver-sammlung nach § 121 Absatz 4a AktG Bezug genommen.Sofern diese Gesellschaften nicht ausschließlich Namensak-tien ausgegeben haben und die Aktionäre nicht unmittelbarper eingeschriebenen Brief einberufen werden, hat die Be-kanntmachung über solche Medien zu erfolgen, bei denendavon ausgegangen werden kann, dass sie die Informationin der gesamten Europäischen Union verbreiten. Ferner ha-ben die Anteilsinhaber börsennotierter Gesellschaften dieGelegenheit, sich auf der Internetseite des Schuldners überden wesentlichen Inhalt des Plans zu informieren, der Ge-genstand des Erörterungs- und Abstimmungstermins ist.Entsprechende Veröffentlichungspflichten bestehen fürbörsennotierte Gesellschaften auch außerhalb von Insol-venzverfahren (vgl. zum Beispiel § 124a AktG). Bereitsheute stellen zahlreiche Insolvenzverwalter den Insolvenz-plan – gegebenenfalls passwortgeschützt – auf ihren Inter-netseiten ein. Diese Möglichkeit wird auch weiterhin eineumfassende Information der Beteiligten sicherstellen.

Zu Nummer 23 (Einfügung eines § 238a)

Nach Absatz 1 richtet sich das Stimmrecht der am Schuld-ner beteiligten Personen ausschließlich nach der Höhe ihrerBeteiligung am gezeichneten Kapital des Schuldners bzw.,je nach Art des Rechtsträgers, an dessen Vermögen. Eventu-ell bestehende Stimmrechtsbeschränkungen, Mehrstimm-rechte oder Sonderstimmrechte bleiben bei der Bemessungdes Stimmrechts außer Betracht. Die Stimmrechte im Plan-verfahren entsprechen damit nicht zwangsläufig den Stimm-rechten, die den jeweiligen Anteilsinhabern nach Maßgabedes einschlägigen Gesellschaftsrechts zustehen.

In der Insolvenz kann lediglich noch die Kapitalbeteiligungrelevant sein. Daher ist zu ermitteln, welcher Anteil amRechtsträger dem einzelnen Anteilsinhaber zusteht. Bei Ka-pitalgesellschaften ist dabei auf den Anteil am eingetrage-nen Haftkapital abzustellen. Dies hat im Umkehrschluss zurKonsequenz, dass zum Beispiel stimmrechtslose Vorzugs-aktien bei der Abstimmung über den Insolvenzplan zu betei-ligen sind; zudem ist der finanzielle Ausgleich für das feh-lende Stimmrecht in Gestalt des Vorzugs in der Insolvenzobsolet geworden.

Die Verweisung in Absatz 2 der Regelung stellt mit Blickauf § 225a Absatz 1 InsO-E klar, dass die Ausübung desStimmrechts davon abhängt, ob der Plan zu einer Beein-trächtigung der Anteils- und Mitgliedschaftsrechte der inAbsatz 1 genannten Personen führt. Ist dies nicht der Fall,besteht kein Stimmrecht bei der Abstimmung über den Plan.

Zu Nummer 24 (Änderung von § 239)

Die Änderung der Formulierung beruht auf der möglichenEinbeziehung der am Schuldner beteiligten Personen in dasVerfahren zur Abstimmung über den Insolvenzplan.

Zu Nummer 25 (Änderung von § 241 Absatz 2)

Mit der Änderung wird berücksichtigt, dass auch die Rechtevon am Schuldner beteiligten Personen in den Insolvenz-

Drucksache 17/5712 – 34 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

plan einbezogen werden können und diese nach Maßgabedes § 238a InsO-E abstimmungsberechtigt sind. Die stimm-berechtigten Anteilsinhaber sind daher zum Abstimmungs-termin zu laden ebenso wie bisher die stimmberechtigtenGläubiger und der Schuldner. In Anlehnung an § 235Absatz 3 Satz 1 InsO-E sind Aktionäre und Kommanditak-tionäre von der Ladungspflicht ausgenommen. Bei ihnengenügt es, wenn der Termin öffentlich bekannt gemachtwird. Für börsennotierte Gesellschaften hat die Ladungnach Maßgabe des § 121 Absatz 4a AktG zu erfolgen. ImFalle einer Änderung des Plans sind die Beteiligten wie bis-her auf die Änderung besonders hinzuweisen.

Zu den Nummern 26 und 27(Änderung von § 242 Absatz 2 Satz 1, § 243)

Auch diese Änderungen der Formulierung beruhen auf dermöglichen Einbeziehung der am Schuldner beteiligten Per-sonen in das Verfahren zur Abstimmung über den Insol-venzplan.

Zu Nummer 28 (Änderung von § 244)

Werden die am Schuldner beteiligten Personen als eigeneGruppe am Zustandekommen des Insolvenzplans beteiligt,so können sie mit Mehrheit entscheiden, ob der Teil des Un-ternehmenswerts ausreichend ist, den ihnen der Insolvenz-plan zuweist. Die Zustimmung ihrer Gruppe liegt vor, wenndie Summe der Beteiligungen der zustimmenden Anteilsin-haber mehr als die Hälfte der Summe der Beteiligungen derabstimmenden Anteilsinhaber beträgt. Auf eine Kopfmehr-heit nach § 244 Absatz 1 Nummer 1 InsO kommt es hinge-gen nicht an. Hier setzen sich die Wertungen des jeweiligenGesellschaftsrechts durch, nach denen für Beschlüsse in derRegel die Mehrheit des Kapitals entscheidet.

Zu Nummer 29 (Änderung von § 245)

Bilden die am Schuldner beteiligten Personen künftigebenso wie die Gläubiger Abstimmungsgruppen, besteht dieMöglichkeit, dass auch eine Gruppe der Anteilsinhaber ihreZustimmung missbräuchlich verweigert. Auch hier ist, par-allel zur Situation bei den Gläubigern, kein vernünftigerGrund für eine Gruppe von Anteilsinhabern erkennbar,einem von anderen Anteilsinhabern oder den Gläubigerngewünschten Plan zu widersprechen, wenn die Gruppe an-gemessen an dem wirtschaftlichen Wert beteiligt wird, derdurch den Plan realisiert wird.

Zu Buchstabe a

Absatz 1 wird sprachlich an die Ausweitung des Obstruk-tionsverbots angepasst.

Zu Buchstabe b

Auch Absatz 2 enthält lediglich eine sprachliche Anpassungim Hinblick auf den neuen Absatz 3. Im Übrigen übernimmter inhaltlich unverändert die bisherigen Regelungen für dieGruppen der Gläubiger.

Absatz 3 erstreckt das bestehende Obstruktionsverbot aufdie am Schuldner beteiligten Personen. Eine angemesseneBeteiligung der Anteilsinhaber einer Gruppe verlangt zumeinen, dass kein Gläubiger wirtschaftliche Werte erhält, dieden Betrag seines Anspruchs übersteigen, also dass er mehr

bekommt als er zu beanspruchen hat. Zum anderen bedeuteteine angemessene Beteiligung, dass kein rechtlich gleich-stehender durch den Plan bessergestellt wird. Wenn zumBeispiel die Angehörigen einer Gruppe der geringfügig be-teiligten Anteilsinhaber im Sinne von § 222 Absatz 3 Satz 2InsO-E nach dem Plan mehr bekommen sollen als die übri-gen, rechtlich gleichstehenden Anteilsinhaber, kann diefehlende Zustimmung der Gruppe dieser übrigen Anteilsin-haber nicht durch das Obstruktionsverbot überwunden wer-den.

Zu Nummer 30 (Änderung von § 246)

Die Vorschrift des § 246 Nummer 1 InsO hat derzeit keinepraktische Bedeutung. Ursache ist eine Änderung des § 222InsO während der Beratungen zur Insolvenzordnung imRechtsausschuss des Bundestages. Die Voraussetzung, dass„die Zins- und Kostenforderungen im Plan erlassen werdenoder nach § 225 Absatz 1 InsO als erlassen gelten“ führtnach § 222 Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 InsO stets dazu, dassgar keine Gruppe dieser Gläubiger gebildet wird. Damit isteine Regelung über die Ersetzung der Zustimmung dieserGruppe entbehrlich. Die bisherige Nummer 1 wird nunmehrzur Klarstellung gestrichen.

Zu Nummer 31 (Einfügung eines § 246a)

Die Regelung in § 246a InsO-E dient der Vereinfachung desAbstimmungsverfahrens. Die Vorschrift regelt die Annahmedes Insolvenzplans durch die Anteilsinhaber. Entsprechendder Regelung des § 246 Nummer 2 (bisher Nummer 3) InsOüber die Zustimmung der nachrangigen Insolvenzgläubigergilt auch bei der Gruppe der Anteilsinhaber die Zustimmungzum Plan als erteilt, wenn sich kein Mitglied der Gruppe ander Abstimmung beteiligt. In einem Fall, in dem offensicht-lich ist, dass die Anteile durch die Insolvenz wertlos gewor-den sind und in dem auch der Plan keine Leistungen an dieAnteilsinhaber vorsieht, wird deren Interesse an der Ab-stimmung gering sein.

Zu Nummer 32 (Änderung von § 247)

Auf die Begründung zu Nummer 13 wird verwiesen.

Zu den Nummern 33 und 34 (Änderung der §§ 248, 250)

Die Änderungen beruhen auf der möglichen Einbeziehungder am Schuldner beteiligten Personen in das Verfahren zurAbstimmung über den Insolvenzplan.

Zu Nummer 35 (Änderung von § 251)

Die Neufassung des § 251 InsO in Absatz 1 und 2 dient derAnpassung an die neue Rechtslage, die es ermöglicht, dieRechte der Anteilsinhaber in den Insolvenzplan einzubezie-hen. Der Minderheitenschutz, der bislang nur für die Gläu-biger gilt, wird auf die Anteilsinhaber erstreckt. Hierdurchwird sichergestellt, dass die Anteilsinhaber den Liquida-tionswert ihrer Rechtsstellung nicht verlieren und durch denPlan nicht schlechtergestellt werden, als bei einer Abwick-lung des Rechtsträgers. Damit wird auch dem verfassungs-rechtlichen Gebot des Eigentumsschutzes in Artikel 14 GGRechnung getragen. Eine Einschränkung oder der Verlustdes Mitgliedschaftsrechts im Insolvenzplanverfahren ist un-bedenklich, weil der Anteilsinhaber nach Eröffnung eines

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 35 – Drucksache 17/5712

Insolvenzverfahrens, das ohne den Plan zu einer Abwick-lung und damit Löschung des insolventen Rechtsträgers imRegister führt, ohnehin nicht mehr mit dem Erhalt seinesAnteils- oder Mitgliedschaftsrechts rechnen kann. Dem imEinzelfall möglicherweise fortbestehenden restlichen Ver-mögenswert des Anteils- oder Mitgliedschaftsrechts istdurch einen Ausgleich im Insolvenzplan Rechnung zu tra-gen. Die Neufassung sieht daneben abweichend von der bis-herigen Fassung vor, dass der Widerspruch des Antragstel-lers nur schriftlich oder zum gerichtlichen Terminsprotokolldes Abstimmungstermins erklärt werden kann. Wie bereitsin den Nummern 13 und 32 ist eine Erklärung zu Protokollder Geschäftsstelle zur Vereinfachung der Abläufe bei Ge-richt nicht mehr zulässig.

Absatz 3 stellt klar, dass in einem Plan dafür Vorsorge ge-troffen werden kann, dass ein Gläubiger oder eine Minder-heit von Gläubigern bzw. ein Anteilsinhaber oder eine Min-derheit von Anteilsinhabern eine Schlechterstellung durchden Plan geltend macht. Sieht der Plan vor, dass ein Gläubi-ger oder Anteilsinhaber für eine nachgewiesene Schlechter-stellung einen finanziellen Ausgleich erhält, liegt im Ergeb-nis keine Schlechterstellung mehr vor. Damit besteht auchkein Grund, die Bestätigung des Plans zu versagen. Unterder bisherigen Rechtslage sind Zweifel geäußert worden, obeine solche Klausel trotz des Gleichbehandlungsgebots des§ 226 InsO wirksam ist. In Zukunft werden solche Zweifelnicht mehr berechtigt sein, da das Gesetz diese Möglichkeitdann ausdrücklich zulässt. Die Finanzierung des Ausgleichsmuss durch eine Rücklage, eine Bankbürgschaft oder inähnlicher Weise gesichert sein. Der Rechtsstreit um den fi-nanziellen Ausgleich ist außerhalb des Insolvenzverfahrensin einem gesonderten Rechtsstreit vor den ordentlichen Ge-richten auszutragen, damit hierdurch die Planbestätigungund die Aufhebung des Planverfahrens nicht verzögert wird.Allerdings muss das Gericht vor der Bestätigung des Plansprüfen, ob die bereitgestellten Mittel für die Beteiligten aus-reichend sind, um eine Schlechterstellung des widerspre-chenden Beteiligten durch den Plan auszugleichen.

Zu Nummer 36 (Änderung von § 252)

Die bisherige Regelung über die Übersendung von Unterla-gen nach der Bestätigung des Plans durch das Gericht wirdauf die Anteilsinhaber erstreckt. Werden die Anteils- oderMitgliedschaftsrechte der am Schuldner beteiligten Perso-nen in den Plan einbezogen, ist auch diesen ein Abdruck desPlans oder eine Zusammenfassung seines wesentlichen In-halts zu übersenden. Dies gilt jedoch nicht für Aktionäreoder Kommanditaktionäre. Diese sind durch die öffentlicheBekanntmachung des Erörterungs- und Abstimmungster-mins bzw. des gesonderten Verkündungstermins im Falledes § 252 Absatz 1 InsO-E informiert. Sie haben die Mög-lichkeit, aufgrund ihres Akteneinsichtsrechts auch vom Be-schluss, durch den der Plan bestätigt wird, und vom Inhaltdes Plans Kenntnis zu nehmen. Daneben werden sich Ak-tionäre oder Kommanditaktionäre von börsennotierten Ge-sellschaften über die Internetseite des Schuldners über denwesentlichen Inhalt des Plans informieren können. Eine ge-sonderte Übersendung eines Abdrucks des Plans oder seinerZusammenfassung an die Aktionäre oder Kommanditaktio-näre erscheint wegen der damit verbundenen praktischenSchwierigkeiten entbehrlich.

Zu Nummer 37 (Änderung von § 253)

Die Vorschrift wird in Absatz 1 der neuen Rechtslage ange-passt, die eine Einbeziehung der Anteils- und Mitglied-schaftsrechte der Anteilsinhaber in den Insolvenzplan er-möglicht. In diesem Zusammenhang muss den Anteilsinha-bern Rechtsschutz gewährt werden. Deshalb steht auch denam Schuldner beteiligten Personen künftig die sofortige Be-schwerde gegen den Beschluss zu, durch den das Gerichtden Insolvenzplan bestätigt oder durch den es die Bestäti-gung versagt.

Absatz 2 verschärft die Voraussetzungen für die Zulässig-keit der sofortigen Beschwerde. Allgemein wird kritisiert,dass einzelnen Beschwerdeberechtigten erhebliches Störpo-tential zukommt, denn mit der sofortigen Beschwerde gegendie Bestätigung des Plans verzögert sich der Eintritt derWirkungen des Insolvenzplans, zum Teil sogar über vieleMonate. Dies ist für die Beteiligten meist schwer erträglichund verringert die Chance nicht unerheblich, das Unterneh-men mittels eines Insolvenzplans zu sanieren. Es ist deshalbgeboten, die Rechtsschutzmöglichkeiten moderat zu be-schränken, ohne berechtigten Anliegen den gebotenenRechtsschutz zu verwehren.

Allgemeine Voraussetzung einer Beschwerde ist unabhän-gig von den Nummern 1 bis 3 das Vorliegen einer Be-schwer. Die Beschwerde setzt deshalb voraus, dass der Planüberhaupt in die Rechte des Beschwerdeführers eingreift.Hingegen wurde davon abgesehen, zur Verhinderung vonBlockaden einzelner gegen einen wirtschaftlich sinnvollenPlan den Suspensiveffekt einer Beschwerde aufzuheben.Eine solche Lösung wäre mit der Rechtsnatur des Insol-venzplans, der mit seiner Bestätigung materiell gestaltendeWirkung entfaltet, nicht vereinbar gewesen. Für die Fort-führung des Unternehmens auf der Grundlage des Insol-venzplans muss Klarheit bestehen. Es wäre nichts gewon-nen, wenn der Plan zunächst wirksam würde, dann aberdurch eine Beschwerdeentscheidung wieder beseitigt wird.

Nach Absatz 2 Nummer 1 ist die Beschwerde nur dann zu-lässig, wenn der Beschwerdeführer zuvor seine verfahrens-mäßigen Möglichkeiten ausgeschöpft hat, um die Bestäti-gung des Plans zu verhindern. Neben der materiellen Be-schwer in Gestalt einer wirtschaftlichen Beeinträchtigungmuss damit auch eine formelle Beschwer vorliegen. Der Be-schwerdeführer hat seine Beschwer durch einen schriftli-chen oder zu Protokoll des Abstimmungstermins erklärtenWiderspruch zweifelsfrei geltend zu machen. Im Interesseder Planbarkeit des Verfahrens ist eine eindeutige Äußerungdes Beschwerdeführers zwingend.

Absatz 2 Nummer 2 knüpft das Beschwerderecht zum einenan eine Beteiligung des Beschwerdeführers an der Abstim-mung, zum anderen muss dabei auch gegen den Plan ge-stimmt worden sein.

Absatz 2 Nummer 3 führt eine Erheblichkeitsschwelle fürdie Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde ein. Eine we-sentliche Schlechterstellung in diesem Sinne wird jedenfallsdann nicht angenommen werden können, wenn die Abwei-chung von dem Wert, den der Gläubiger voraussichtlich beieiner Verwertung ohne Insolvenzplan erhalten hätte, unterzehn Prozent liegt. Damit wird insbesondere die Be-schwerde solcher Personen ausgeschlossen, die eine kleineForderung nur zu dem Zweck erworben haben, gegen den

Drucksache 17/5712 – 36 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Plan zu opponieren und sich ihr Obstruktionspotential gege-benenfalls abkaufen zu lassen. Eine Gefährdung des Sanie-rungserfolgs durch derartige Störmanöver wird damit in Zu-kunft erschwert. Der Beschwerdeführer hat die Schlechter-stellung nach Nummer 3 glaubhaft zu machen.

Der Ausschluss eines Rechtsmittels in Fällen einer unwe-sentlichen Beeinträchtigung ist verfassungsrechtlich unbe-denklich. Über die Bestätigung des Plans entscheidet nachdem Gesetzentwurf der Richter, nicht der Rechtspfleger(Artikel 2, Änderung des § 18 Absatz 1 des Rechtspfleger-gesetzes – RPflG). Die Entscheidung erfolgt in Kenntnis ei-nes gegen die Bestätigung eingelegten Widerspruchs. DasBundesverfassungsgericht hat erst kürzlich den Grundsatzbekräftigt, dass weder durch den allgemeinen Justizgewäh-rungsanspruch noch durch Artikel 19 Absatz 4 GG garan-tiert wird, dass gegen eine richterliche Entscheidung einezweite richterliche Instanz angerufen werden kann. In derEntscheidung, die zur Stimmrechtsfestsetzung im Insol-venzverfahren erging, wird unterstrichen, dass der Schutzder Rechte der Gläubiger einen zügigen und reibungslosenAblauf des Insolvenzverfahrens verlangt (Bundesverfas-sungsgericht, Beschluss vom 26. November 2009, 1BvR339/09, ZIP 2010, 237).

Zusätzlich wird in Absatz 2 Nummer 3 darauf hingewiesen,dass die Aufnahme von Vorsorgemaßnahmen nach § 251Absatz 3 InsO-E in den Insolvenzplan das Vorliegen einermateriellen Beschwer ausschließen kann. Enthält der Planeine salvatorische Klausel, die einen finanziellen Ausgleichfür den Fall vorsieht, dass ein Gläubiger oder Anteilsinha-ber durch den Plan schlechtergestellt wird, ist eine Be-schwerde in der Regel unzulässig, da eine Beschwer nichtbesteht.

Absatz 3 stellt sicher, dass dem Kreis der betroffenen Per-sonen die Notwendigkeit der Mitwirkung während des Ver-fahrens für die Geltendmachung ihrer Rechte nach § 253InsO-E bekannt gemacht wird. Hatte der Beschwerdeführerkeine Kenntnis und keine Möglichkeit der Kenntnisnahmehiervon, erscheint es aus rechtsstaatlichen Gründen geboten,ihn nicht grundsätzlich von Rechtsmitteln auszuschließen.

Zu Nummer 38 (Änderung von § 254)

Zu Buchstabe a

Die bisher in § 254 Absatz 1 InsO enthaltenen Regelungenüber die Wirkungen des Insolvenzplans hinsichtlich derRechte an Gegenständen und Anteilen sowie über den Um-fang der Bindungswirkung des Plans werden in den §§ 254aund 254 b InsO-E übernommen.

Zu Buchstabe b

Um Planungssicherheit für die Gläubiger zu erzielen, die imRahmen des Planverfahrens Forderungen gegen denSchuldner im Wege der Sacheinlage einbringen und damitAnteilsinhaber werden, muss eine spätere Nachschuss-pflicht nach den Grundsätzen der Differenzhaftung ausge-schlossen werden. Diese besteht nach den gesellschafts-rechtlichen Kapitalaufbringungsregeln immer dann, wennim Rahmen einer Kapitalerhöhung der Wert der Forderun-gen, die als Sacheinlage eingebracht worden sind, zu hochangesetzt war. Scheitert die Sanierung später, droht demGläubiger unter Umständen nicht nur der Ausfall seiner

Forderung, sondern auch eine Nachschusspflicht, gerichtetauf die Differenz zwischen dem Nennbetrag der Einlageund dem wirklichen Wert der Forderung. Durch den Aus-schluss dieser Haftung ist sichergestellt, dass der Schuldneroder – in einer weiteren Insolvenz – dessen Insolvenzver-walter später nicht geltend machen kann, dass die einge-brachte Forderung im Plan überbewertet war. Um eine Sa-nierung im Planverfahren zu ermöglichen, brauchen dieGläubiger Kalkulationssicherheit. Der mit der Differenzhaf-tung im Allgemeinen angestrebte Schutz der bisherigen An-teilsinhaber sowie der übrigen Gläubiger ist durch das Plan-verfahren gewährleistet. In diesem haben die Beteiligten dieMöglichkeit, auf eine fehlerhafte Bewertung der Sachein-lage hinzuweisen und Rechtsmittel gegen den Plan und da-mit die Bewertung der Sacheinlage einzulegen. Ein weitergehender Schutz ist nicht erforderlich.

Der Insolvenzverwalter wird einer möglichen Haftung nach§ 60 InsO wegen einer Falschbewertung von Ansprüchendadurch begegnen können, dass er nach Maßgabe des ein-schlägigen Gesellschaftsrechts Sachverständigengutachtenüber den Wert der Ansprüche einholt. Liegt ein solches Gut-achten über die Forderung vor, wird in der Regel ein schuld-haftes Verhalten des Verwalters ausscheiden.

Zu Nummer 39 (Einfügung der §§ 254a und 254b)

§ 254a InsO-E ergänzt § 254 InsO-E hinsichtlich der Wir-kungen des Plans: Mit seiner Bestätigung gelten die in denPlan aufgenommenen Willenserklärungen der Beteiligtenals in der vorgeschriebenen Form abgegeben. Eine zusätzli-che notarielle Beurkundung oder Beglaubigung der Wil-lenserklärungen ist wegen der gerichtlichen Bestätigung desPlans nicht erforderlich. Dies entspricht hinsichtlich der Be-gründung, Änderung, Übertragung oder Aufhebung vonRechten an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung undder Abtretung von Anteilen an diesen bereits der geltendenRechtslage und wird nun aufgrund der erweiterten Möglich-keiten des Insolvenzplans im Anwendungsbereich ausge-dehnt.

Absatz 1 entspricht – mit Ausnahme einer rein sprachlichenKorrektur – § 254 Absatz 1 Satz 2 InsO in der bisherigenFassung.

Absatz 2 bestimmt, dass der Plan auch die Gesellschafterbe-schlüsse und Erklärungen zur Übertragung von Anteilenoder zur Entgegennahme von Sacheinlagen ersetzt, die fürdie enthaltenen gesellschaftsrechtlichen Regelungen not-wendig sind. Alle für die beabsichtigte Maßnahme erforder-lichen Formvorschriften gelten als gewahrt. Auch ersetztdas Insolvenzplanverfahren die Bekanntmachungen, dienach dem einschlägigen Gesellschaftsrecht erforderlichsind. Dies gilt im Aktienrecht zum Beispiel für die einer Ka-pitalerhöhung mit Sacheinlage oder einem Bezugsrechts-ausschluss vorangehende Bekanntmachung (vgl. § 183Absatz 1 Satz 2, § 186 Absatz 4 Satz 1 AktG).

Nicht durch den Plan ersetzt werden nachfolgende konstitu-ierende Publizitätsakte wie die Eintragung ins Register. Dieim Insolvenzplan gefassten Beschlüsse bzw. sonstigen Wil-lenserklärungen müssen nach Maßgabe der einschlägigengesellschaftsrechtlichen Bestimmungen in das jeweiligeHandels-, Genossenschafts-, Partnerschafts- oder Vereinsre-gister eingetragen werden, um Wirksamkeit zu erlangen.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 37 – Drucksache 17/5712

Dabei hat das Registergericht nur eine eingeschränkte Prü-fungskompetenz, denn das wirksame Zustandekommen desPlans wird bereits durch das Insolvenzgericht überprüft.Dem Registergericht kommt hier vor allem eine beurkun-dende Funktion zu.

Die erforderlichen Anmeldungen obliegen nach dem jewei-ligen Gesellschaftsrecht den zuständigen Organen desSchuldners. Zur Vereinfachung des Verfahrens und zur Ver-meidung von Verzögerungen wird der Insolvenzverwalterjedoch ermächtigt, die Anmeldungen an Stelle der Organezu veranlassen. Dabei hat der Insolvenzverwalter sicherzu-stellen, dass die Anmeldung unverzüglich vorgenommenwird. Unterbleibt eine unverzügliche Anmeldung durch dieOrgane des Schuldners, ist der Verwalter aufgrund seinerVerpflichtung zur ordnungsgemäßen Verfahrensführung undzur Umsetzung der sich aus dem Plan ergebenden Anforde-rungen verpflichtet und berechtigt, die Anmeldung selbst zuveranlassen. Dies gilt nicht für den Sachwalter, der auf-grund seiner Stellung bei der Eigenverwaltung lediglich denSchuldner zu überwachen hat.

Absatz 3 entspricht der derzeitigen Regelung in § 254Absatz 1 Satz 2 InsO und erweitert ihren Anwendungsbe-reich auf Verpflichtungserklärungen aufgrund von Regelun-gen, die ein Insolvenzplan nach § 225a InsO-E vorsehenkann. Verpflichtungserklärungen, die aufgrund von Rege-lungen nach Absatz 1 und Absatz 2 in den Plan aufgenom-men werden, gelten mit der Rechtskraft des Plans als in dervorgeschriebenen Form abgegeben.

§ 254b InsO-E enthält die bisher in § 254 Absatz 1 Satz 3InsO geregelte Bindungswirkung des Plans für desinteres-sierte Insolvenzgläubiger und dissentierende Beteiligte.

Zu Nummer 40 (Änderung von § 258)

Die bisherige Formulierung des § 258 Absatz 2 InsO kannso verstanden werden, dass der Insolvenzverwalter nach derBestätigung eines Insolvenzplans noch vor der Aufhebungdes Insolvenzverfahrens alle unstreitigen Masseansprüchezu erfüllen hat, auch die noch nicht fälligen. Bei einer Fort-führung des sanierten Unternehmens ist dies kein sinnvollesErgebnis. Nach der Neuregelung ist es hingegen ausrei-chend, dass die unstreitigen fälligen Masseansprüche begli-chen werden. Für die streitigen oder noch nicht fälligenMassenansprüche genügt der Insolvenzverwalter hingegenseinen Pflichten, wenn Sicherheit geleistet wird. Im Falleder noch nicht fälligen Masseansprüche reicht es sogar aus,dass die Begleichung der Verbindlichkeit im Zeitpunkt desFälligwerdens durch eine belastbare Liquiditätsrechnunggesichert ist. Im Falle des § 210a InsO-E gilt § 258 Absatz 2InsO-E nicht für die Massegläubiger mit dem Rang des§ 209 Absatz 1 Nummer 3 InsO, da diese an die Stelle dernicht nachrangigen Insolvenzgläubiger treten.

Zu Nummer 41 (Einfügung der §§ 259a und 259b)

Forderungen von Gläubigern, die sich im Insolvenzplanver-fahren nicht gemeldet haben, können auch noch nach Ab-schluss des Planverfahrens geltend gemacht werden. DemPlanverfahren kommt keine Ausschlusswirkung zu. Gemäߧ 254 Absatz 1 InsO entfaltet der Insolvenzplan seine Wir-kungen zwar auch für und gegen solche Insolvenzgläubiger.Diese werden mit ihren Forderungen den Beschränkungen

unterworfen, die der Plan für vergleichbare Ansprüche vor-sieht. Damit ist aber nicht ausgeschlossen, dass sich nachder Bestätigung des Plans Gläubiger melden, mit deren For-derungen – auch in der durch den Plan reduzierten Höhe –bei der Gestaltung des Plans nicht zu rechnen war. Solcheunbekannten Gläubiger können im Einzelfall, abhängig vonder Höhe der Forderung, die dem Plan zugrundeliegende Fi-nanzplanung stören. Schon die Kommission für Insolvenz-recht hatte vorgeschlagen, dieser Gefahr durch besondereBestimmungen zum Vollstreckungsschutz und zur Verjäh-rung entgegenzuwirken (Erster Bericht, Leitsätze 2.2.30und 2.2.31). An diese Vorschläge wird mit den §§ 259aund 259b InsO-E angeknüpft. Hingegen wurde Vorschlägennicht gefolgt, für diese Ansprüche eine materielle Aus-schlussfrist zu schaffen. Eine solche Ausschlussfrist hätteaus verfassungsrechtlichen Gründen mit der Möglichkeitverbunden werden müssen, dass bei unverschuldeter Frist-versäumnis Wiedereinsetzung verlangt werden kann. Einevergleichbare Ausschlussfrist in § 14 der Gesamtvoll-streckungsordnung hat zu zahlreichen und langwierigenStreitigkeiten über die Frage des Verschuldens bei der Frist-versäumnis geführt. Dies soll für das Insolvenzplanver-fahren durch die Kombination von Vollstreckungsschutzund verkürzter Verjährung vermieden werden.

Zu § 259a

Es ist geboten, eine Sanierung des Unternehmens nicht da-ran scheitern zu lassen, dass Gläubiger, die sich verschwie-gen haben, nach Abschluss des Verfahrens wegen Ansprü-chen in beträchtlicher Höhe die Zwangsvollstreckung gegenden Schuldner betreiben.

Diesem Zweck dient der besondere Vollstreckungsschutznach Absatz 1 und 2. Ein allgemeiner Vollstreckungsstoppkraft Gesetzes würde einen zu weit gehenden Eingriff in dieGläubigerrechte bedeuten, denn er würde auch in Fällengreifen, in denen die Beschränkung durch überwiegende In-teressen der Sanierung nicht geboten ist, zum Beispiel beikleineren Forderungen. Der Vollstreckungsschutz soll des-halb nur auf Antrag gewährt werden. Zuständig ist das In-solvenzgericht, weil es die Verhältnisse des Unternehmensaufgrund der vorangegangenen Befassung mit dem Insol-venzplan am besten beurteilen kann. Der Vollstreckungs-schutz ist zu gewähren, wenn beträchtliche Forderungennach Abschluss des Verfahrens durchgesetzt werden sollenund dadurch die Sanierung gefährdet würde. Die Gefähr-dung kann insbesondere darin bestehen, dass die ordnungs-gemäße Durchführung des Insolvenzplans unmöglich ge-macht würde oder dem Unternehmen zur Fortsetzung seinerTätigkeit benötigte Gegenstände entzogen würden. DerVollstreckungsschutz kann in der einstweiligen Einstellungder Zwangsvollstreckung oder der vollständigen oder teil-weisen Aufhebung bereits erfolgter Vollstreckungsmaßnah-men bestehen; das Gericht kann aber auch künftige Vollstre-ckungsmaßnahmen untersagen. Dabei kann die Zwangs-vollstreckung auch für die Dauer von einigen Jahren, maxi-mal jedoch für drei Jahre, untersagt werden. Das Gerichtwird den Schutz aber etwa nur gewähren, wenn die begrün-dete Aussicht besteht, das sanierte Unternehmen werde dienachträglich geltend gemachten Forderungen – jedenfallsnach Erfüllung des Insolvenzplans und in Raten – aus denerwirtschafteten Erträgen bezahlen können. Unberührt von

Drucksache 17/5712 – 38 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

der Vorschrift bleiben die Rechte des Schuldners nach§ 765a der Zivilprozessordnung (ZPO).

Der Antrag auf ganz oder teilweise Aufhebung oder Unter-sagung der Zwangsvollstreckung ist nur zulässig, wenn derSchuldner die Tatsachen, die die nach Absatz 1 Satz 1 erfor-derliche Gefährdung der Durchführung des Insolvenzplansbegründen, glaubhaft macht. Anders als im Zivilprozess giltfür die Begründetheit gemäß § 5 Absatz 1 InsO der Untersu-chungsgrundsatz. Hingegen ist für eine lediglich einstwei-lige Einstellung der Zwangsvollstreckung nach Absatz 2auch im Rahmen der Begründetheit eine Glaubhaftmachungder die Gefährdung begründenden Tatsachen ausreichend.

Absatz 3 gibt dem Insolvenzgericht entsprechend § 765aAbsatz 4 ZPO die Möglichkeit, seinen Beschluss nachAbsatz 1 auf Antrag einer Partei aufzuheben oder abzuän-dern, wenn dies mit Rücksicht auf eine Änderung der Sach-lage, d. h. nicht nur der rechtlichen Beurteilung, geboten ist.Damit wird die Möglichkeit eröffnet, auch nach Rechtskraftdes Beschlusses nach Absatz 1 neuen Tatsachen Rechnungzu tragen, die eine Abweichung vom Ausgangsbeschlussrechtfertigen. Eine § 765a Absatz 5 ZPO entsprechende Re-gelung hinsichtlich des Wirksamwerdens der Aufhebungvon Zwangsvollstreckungsmaßnahmen ist entbehrlich, dader Beschluss des Insolvenzgerichts, der funktionell gemäߧ 18 Absatz 1 Nummer 2 RPflG-E dem Richter obliegt, ge-mäß § 6 InsO nicht rechtsmittelfähig ist.

Zu § 259b

Als weitere Maßnahme, die eine Gefährdung der Sanierungdurch nachträglich geltend gemachte Ansprüche verhindernsoll, wird eine besondere Verjährungsregelung eingeführt.Ansprüche, die nicht bis zum Abstimmungstermin angemel-det worden sind und die mithin nicht in die Finanzplanungim Planverfahren aufgenommen werden konnten, verjährennach Absatz 1 in einem Jahr.

Die Verjährungsfrist läuft nach Absatz 2 von der Rechts-kraft des Beschlusses an, mit dem der Plan bestätigt wordenist. Jedoch beginnt die Verjährungsfrist nicht vor der Fällig-keit der Forderung.

Die besondere Verjährungsfrist schafft für das zu sanierendeUnternehmen in angemessener Zeit Klarheit darüber, ob esnoch mit weiteren Forderungen aus der Zeit vor dem In-solvenzplanverfahren konfrontiert wird, mit denen es inaller Regel nicht mehr rechnet. Die besondere Verjährungs-frist soll daher für alle Ansprüche gelten, selbst wenn für sie– wie zum Beispiel bei titulierten Forderungen nach all-gemeinem Recht – die dreißigjährige Verjährungsfrist gilt.

Absatz 3 stellt klar, dass die einjährige Verjährungsfrist desAbsatzes 1 nur dann maßgeblich ist, wenn sie – beginnendnach Maßgabe des Absatzes 2 – früher vollendet wird alsdie Verjährung nach den allgemeinen Vorschriften. In denFällen, in denen nach allgemeinen Vorschriften die Verjäh-rung vor Ablauf eines Jahres nach Rechtskraft des Bestäti-gungsbeschlusses und Entstehung des Anspruchs eintritt,bleibt es bei der einmal eingetretenen Verjährung.

Absatz 4 stellt sicher, dass ein Anspruch nicht verjährt,während der Gläubiger aufgrund einer Anordnung des In-solvenzgerichts nach § 259a InsO-E keine Möglichkeit hat,seinen Anspruch geltend zu machen. Für den Fall, dass die

Hemmung durch eine Vollstreckungsschutzanordnung kurzvor Ablauf der Verjährungsfrist eintritt, gilt es, dem Gläubi-ger nach dem Ende des Vollstreckungsschutzes ausreichendZeit zu verschaffen, seinen Anspruch gerichtlich durchzu-setzen. Die Hemmung endet in Anlehnung an § 204Absatz 2 BGB daher erst drei Monate nach der Beendigungdes nach § 259a InsO-E gewährten Vollstreckungsschutzes.

Zu Nummer 42 (Änderung von § 270)

Zu Buchstabe a

Zu Doppelbuchstabe aa

Es handelt sich um eine redaktionelle Folgeänderung zurÄnderung von § 270 Absatz 2 Nummer 2 und 3 InsO.

Zu Doppelbuchstabe bb

Mit der Änderung des § 270 InsO werden zwei wichtige in-haltliche Änderungen vorgenommen: Die bisherige Num-mer 2 des § 270 Absatz 2 kommt in Fortfall, und die bis-herige Nummer 3 wird umformuliert zur neuen Nummer 2.Daneben wird das Gericht in Parallele zu § 27 Absatz 2Nummer 5 InsO-E verpflichtet, eine vom Vorschlag derGläubiger abweichende Entscheidung zu begründen.

Bisher gilt nach § 270 Absatz 2 Nummer 2 InsO, dass einAntrag des Schuldners auf Eigenverwaltung in dem Fall,dass ein Gläubiger den Eröffnungsantrag gestellt hat, nurdann Erfolg haben kann, wenn der Gläubiger dem Antragdes Schuldners zustimmt. Die Regelung mag im Einzelfalldie positive Wirkung haben, dass der Schuldner, der die Ei-genverwaltung erreichen will, zu einem frühzeitigen Eröff-nungsantrag angereizt wird. Schwerer wiegt aber, dass demGläubiger, der mit seinem Eröffnungsantrag dem Schuldnerzuvorkommt, eine Blockademöglichkeit eingeräumt wird,die in Widerspruch zu dem Ziel des Gesetzentwurfs steht,Hindernisse auf dem Weg zur Eigenverwaltung auszuräu-men. Der Einfluss der Gläubiger auf die Anordnung der Ei-genverwaltung bei der Eröffnung des Insolvenzverfahrenssoll durch den vorläufigen Gläubigerausschuss ausgeübtwerden (vgl. den neuen Absatz 3). Er darf nicht durch dieablehnende Entscheidung eines einzelnen Gläubigers ausge-hebelt werden. Die bisherige Nummer 2 wird daher gestri-chen.

In der neuen Nummer 2, die an die Stelle der bisherigenNummer 3 tritt, werden die materiellen Voraussetzungen fürdie Anordnung der Eigenverwaltung neu geregelt. Vorgese-hen ist eine Rückkehr zur Formulierung im Regierungsent-wurf der Insolvenzordnung (§ 331 Absatz 2 Nummer 3).Nachdem sich die Eigenverwaltung in einer ganzen Reihevon Fällen in der Praxis bewährt hat, können die schärferenAnforderungen des geltenden Rechts etwas gelockert wer-den. Nunmehr kann der Antrag des Schuldners auf Eigen-verwaltung nur dann abgelehnt werden, wenn tatsächlichkonkrete Umstände bekannt sind, die erwarten lassen, dassdie Anordnung zu Nachteilen für die Gläubiger führen wird.Unklarheiten über mögliche Nachteile für die Gläubiger ge-hen damit nicht mehr zu Lasten des Schuldners. Dadurchwerden die Aussichten des Schuldners auf Eigenverwaltungspürbar erhöht.

Von verschiedenen Seiten ist vorgeschlagen worden, gegendie Entscheidung des Gerichts über den Antrag auf Eigen-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 39 – Drucksache 17/5712

verwaltung ein Rechtsmittel vorzusehen. Dieser Vorschlagwird im Gesetzentwurf nicht aufgegriffen. Zwar könnte einesolche Regelung dazu beitragen, die bisher unterschiedlichePraxis der Gerichte auf diesem Gebiet zu vereinheitlichen.In der Insolvenzordnung ist jedoch bereits durch die Mög-lichkeit der Gläubigerversammlung, nach § 271 InsO nach-träglich die Eigenverwaltung zu beantragen oder nach § 272Absatz 1 Nummer 1 InsO nachträglich deren Aufhebung zuverlangen, eine Überprüfung der Entscheidung des Gerichtsvorgesehen. Die erste Gläubigerversammlung findet meistnur wenige Wochen nach der Verfahrenseröffnung statt undbietet ausreichend Gelegenheit, die Entscheidung des Ge-richts zu korrigieren. Bei Schaffung eines Rechtsmittels be-stünde zudem die Gefahr, dass eine Entscheidung des Be-schwerdegerichts erst nach einer Befassung der ersten Gläu-bigerversammlung ergeht und in Widerspruch zu der Ent-scheidung der Gläubigerversammlung gerät.

Zu Buchstabe b

Durch den neuen Absatz 3 wird der Einfluss der Gläubigerauf die Anordnung der Eigenverwaltung verstärkt. Die bis-her in Absatz 3 enthaltene Regelung über die Bestellung desSachwalters findet sich nun in § 270c InsO-E.

Die Frage, ob die Gläubiger schon im Eröffnungsverfahrenmaßgeblichen Einfluss auf die Entscheidung über die Ei-genverwaltung haben sollten, ähnelt der Frage nach demEinfluss der Gläubiger auf die Auswahl des Insolvenzver-walters. Auch für die Eigenverwaltung sieht das Gesetz der-zeit eine Entscheidung der Gläubigerversammlung vor, undauch in diesem Fall findet die Entscheidung in einem Ver-fahrensstadium statt, in dem sie zu spät kommt, um größerepraktische Bedeutung zu gewinnen. Es ist deshalb geboten,den Zeitpunkt der Einflussnahme der Gläubiger in das Er-öffnungsverfahren vorzuverlegen. Nur so kann der Gläubi-gerautonomie effektiv Geltung verschafft werden.

In Satz 1 ist daher – parallel zur Regelung im neuen § 56Absatz 2 InsO-E – vorgesehen, dass in den Fällen, in denennach § 21 Absatz 2 Nummer 1a, § 22a InsO-E ein vorläufi-ger Gläubigerausschuss eingesetzt ist, vor der Entscheidungüber den Antrag auf Eigenverwaltung grundsätzlich diesemAusschuss Gelegenheit zur Äußerung zu geben ist. Ein ein-stimmiger Beschluss des Ausschusses zugunsten der Eigen-verwaltung hat die Wirkung, dass das Gericht bei seiner Ent-scheidung über den Antrag des Schuldners zu unterstellenhat, dass die Anordnung der Eigenverwaltung nicht zu Nach-teilen für die Gläubiger führt. Die Voraussetzung des neu ge-fassten § 270 Absatz 2 Nummer 2 InsO-E gilt also als erfüllt.

Die Anhörung des vorläufigen Gläubigerausschusses zurFrage der Eigenverwaltung kann das Gericht mit der Betei-ligung des Ausschusses zur Auswahl des vorläufigen Insol-venzverwalters oder Sachwalters verbinden (vgl. den neuen§ 56 Absatz 2 InsO-E in Verbindung mit § 21 Absatz 1Nummer 1 InsO, für den Sachwalter zusätzlich in Verbin-dung mit dem neuen § 270a Absatz 1 Satz 2 InsO-E und§ 274 Absatz 1 InsO). Im Einzelfall kann es aber auchzweckmäßig sein, den Ausschuss erst kurz vor der Verfah-renseröffnung zur Entscheidung über die Eigenverwaltungzu konsultieren und dabei die Erfahrungen mit dem Verhal-ten des Schuldners einzubeziehen, die während des Eröff-nungsverfahrens gewonnen worden sind.

Der neue Absatz 4 statuiert eine Begründungspflicht desGerichts im Falle einer ablehnenden Entscheidung. Sie giltauch für den Fall, dass der Antrag des Schuldners auf Ei-genverwaltung zunächst keine Unterstützung bei den Gläu-bigern findet. Die Begründung ist durch die Verweisung auf§ 27 Absatz 2 Nummer 5 InsO-E in den Eröffnungsbe-schluss aufzunehmen. So wird der Gläubigerversammlungermöglicht, auf Basis dieser Begründung die Entscheidungzu fällen, ob nachträglich dennoch eine Eigenverwaltungbeantragt wird.

Zu Nummer 43 (Einfügung der §§ 270a bis 270c)

Zu § 270a (Eröffnungsverfahren)

Die Vorteile der Eigenverwaltung drohen vielfach schon da-durch verloren zu gehen, dass im Eröffnungsverfahren ein„starker“ vorläufiger Verwalter eingesetzt wird, demSchuldner also die Verfügungsmacht über das Unterneh-mensvermögen entzogen wird. Dies kann unter anderemdazu führen, dass das Vertrauen der Geschäftspartner in dieGeschäftsleitung des Schuldners und deren Sanierungskon-zept zerstört wird.

Für den Fall, dass der Schuldner mit einem Insolvenzantragden Antrag auf Eigenverwaltung verbindet und dieser nichtoffensichtlich ohne Aussicht auf Erfolg ist, schreibtAbsatz 1 daher vor, dass auf die Bestellung eines solchenvorläufigen Insolvenzverwalters verzichtet werden soll. Umeine Vorentscheidung gegen die Eigenverwaltung zu ver-meiden, soll allenfalls ein vorläufiger Sachwalter mit denBefugnissen bestellt werden, die dem Sachwalter bei der Ei-genverwaltung im eröffneten Insolvenzverfahren zustehen.Auf den vorläufigen Sachwalter finden die Vorschriftenüber den Sachwalter nach den §§ 274, 275 InsO entspre-chende Anwendung. Anstelle der nach § 274 Absatz 3Satz 2 InsO zu unterrichtenden Insolvenzgläubiger, die For-derungen angemeldet haben, hat der vorläufige Sachwalterdie ihm zu diesem Zeitpunkt bereits bekannten Gläubiger zuunterrichten. Über diese Verweisung kommt auch die geän-derte Vorschrift hinsichtlich der Auswahl des Insolvenzver-walters nach § 56 InsO-E zur entsprechenden Anwendung,so dass auch insoweit eine Gläubigerbeteiligung an der Aus-wahl des Sachwalters möglich ist. Zudem soll das Gerichtdavon absehen, dem Schuldner ein allgemeines Verfügungs-verbot aufzuerlegen. Damit wird für den Regelfall vermie-den, dass der Schuldner im Eröffnungsverfahren unmittel-bar mit dem Antrag die Kontrolle über sein Unternehmenverliert.

Auch mit der Regelung des Absatzes 2 soll für den Schuld-ner der Weg zur Eigenverwaltung attraktiver werden: Bean-tragt ein Schuldner schon bei drohender Zahlungsunfähig-keit die Eröffnung des Insolvenzverfahrens und verbindet erdies mit dem Antrag auf Eigenverwaltung, hat das Gerichtdem Schuldner unter Angabe von Gründen mitzuteilen, dasses die Eigenverwaltung ablehnen will. Gleichzeitig hat esdem Schuldner Gelegenheit zur Rücknahme des Insolvenz-antrags zu geben. Eine der Hauptursachen für die geringepraktische Bedeutung der Eigenverwaltung dürfte darin lie-gen, dass ein Schuldner, dessen Unternehmen insolventoder von einer Insolvenz bedroht ist, vor einem frühzeitigenInsolvenzantrag mit Antrag auf Eigenverwaltung häufigschon deshalb zurückschreckt, weil er damit rechnen muss,

Drucksache 17/5712 – 40 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

dass das Gericht seinen Antrag auf Eigenverwaltung ablehntund ein Insolvenzverfahren mit Insolvenzverwalter eröffnet.Der Schuldner zieht es dann vor, außergerichtliche Sanie-rungsbemühungen fortzusetzen und ggf. so lange weiter zuwirtschaften, bis auch im Insolvenzverfahren keine Sanie-rungschancen mehr bestehen. Dieser Gefahr will die Neure-gelung begegnen. Die Regelung wird wegen der Verbindun-gen von Überschuldungsbegriff und Zahlungsfähigkeit vorallem für natürliche Personen Bedeutung erlangen. Insbe-sondere Einzelkaufleute und freiberufliche Unternehmer,die nicht der Antragspflicht nach § 15a InsO unterfallen, er-halten durch die Regelung größere Planungssicherheit. Beianderen Schuldnern wird eine Rücknahme des Eröffnungs-antrags häufig daran scheitern, dass zusätzlich zur drohen-den Zahlungsunfähigkeit auch Überschuldung vorliegt unddamit nach § 15a InsO eine Pflicht zur Stellung eines Eröff-nungsantrags besteht. Allerdings wird bei drohender Zah-lungsunfähigkeit nicht stets auch eine Überschuldung desUnternehmens vorliegen. So kann beispielsweise ein Unter-nehmen, das über einen großen Bestand an nicht kurzfristigverwertbarem Anlagevermögen verfügt, von Zahlungsunfä-higkeit bedroht sein, ohne dass gleichzeitig eine Überschul-dung vorliegt.

Zu § 270b (Vorbereitung einer Sanierung)

Mit § 270b InsO-E wird dem Schuldner im Zeitraumzwischen Eröffnungsantrag und Verfahrenseröffnung eineigenständiges Sanierungsverfahren zur Verfügung gestellt.Wenn lediglich eine drohende Zahlungsunfähigkeit odereine Überschuldung vorliegt, der Schuldner aber nicht zah-lungsunfähig ist, kann er mit dem Verfahren des § 270bInsO-E Rechtssicherheit erhalten. Er hat die Chance, imSchutz eines besonderen Verfahrens in Eigenverwaltungeinen Sanierungsplan zu erstellen, der anschließend durcheinen Insolvenzplan umgesetzt werden soll. Damit wird dasVertrauen der Schuldner in das Insolvenzverfahren gestärktund gleichzeitig ein Anreiz geschaffen, frühzeitig einen Er-öffnungsantrag zu stellen, um rechtzeitig die Weichen füreine Sanierung des schuldnerischen Unternehmens zu stel-len.

Der Schuldner erhält durch Beschluss des Gerichts bis zudrei Monate Zeit, um unter einem Schutzschirm und unterder Kontrolle des Gerichts sowie eines vorläufigen Sach-walters unbehelligt solche Sanierungsmaßnahmen vorzube-reiten, die Aussicht auf Erfolg haben. Dem Schuldner solldie Sorge genommen werden, mit dem Eröffnungsantrag dieKontrolle über das Unternehmen zu verlieren und bereits imVorfeld vorbereitete Sanierungsschritte nicht mehr durch-führen zu können. Dieses Vertrauen wird durch die garan-tierte Frist bis zur Eröffnung gestärkt, gekoppelt durch dieBestellung lediglich eines vorläufigen Sachwalters und eineeingeschränkte Anordnungskompetenz des Gerichts imHinblick auf Sicherungsmaßnahmen. Gleichzeitig wird derSchuldner durch den Schutzschirm des Beschlusses für ei-nen begrenzten Zeitraum dem unmittelbaren Zugriff seinerGläubiger entzogen.

Der Antrag auf ein Verfahrens nach § 270b InsO-E wirdhäufig zunächst zusätzlichen Liquiditätsbedarf erzeugen, dadie Gläubiger Kenntnis von der drohenden Zahlungsunfä-higkeit erhalten und manche versuchen werden, ihre Forde-rungen fällig zu stellen oder Verträge zu kündigen. Das Ver-

fahren bietet keinen Schutz hiervor durch ein Moratoriumoder ähnliches, denn es ist vor allem für solche Schuldnergedacht, die sich in Abstimmung und mit Unterstützung ih-rer zentralen Gläubiger in einem Insolvenzverfahren sanie-ren wollen. Hierzu ist es erforderlich, im Vorfeld mit denmaßgeblichen Gläubigern einen Konsens zu erzielen. DerSchuldner kann durch vorher getroffene Absprachen mitden Banken und seinen Hauptgläubigern vermeiden, dassmit der Antragstellung eine Zahlungsunfähigkeit eintritt,weil beispielsweise Kredite fällig gestellt werden. Kann einsolcher Konsens im Vorfeld der Antragstellung nicht gefun-den werden, so ist das schuldnerische Unternehmen auchnicht für eine Sanierung im Verfahren nach § 270b InsO-Egeeignet.

Voraussetzung für ein Verfahren nach § 270b InsO-E ist ne-ben dem Antrag auf Verfahrenseröffnung mit Eigenverwal-tung ein weiterer Antrag des Schuldners auf Schutz zur Vor-bereitung einer Sanierung. Stellt sich die angestrebte Sanie-rung nicht als offenkundig aussichtslos dar und liegt nochkeine Zahlungsunfähigkeit vor, so hat das Gericht eine Fristvon maximal drei Monaten zur Vorlage eines Insolvenz-plans zu bestimmen. Den Nachweis der Anordnungsvoraus-setzungen erbringt der Schuldner durch eine Bescheinigungeines in Insolvenzsachen erfahrenen Steuerberaters, Wirt-schaftsprüfers oder Rechtsanwalts oder einer vergleichbarqualifizierten Person (Absatz 1). Als Person mit vergleich-barer Qualifikation gelten zum Beispiel Steuerbevollmäch-tigte oder vereidigte Buchprüfer, die nach § 3 Nummer 1des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) ebenso wie Steuerbe-rater zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachenbefugt sind, aber auch Angehörige eines anderen Mitglied-staates der Europäischen Union oder eines Vertragsstaatesdes Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraumund Personen, die in einem dieser Staaten ihre beruflicheNiederlassung haben und über eine vergleichbare Qualifika-tion verfügen. Auch diese Personen müssen jedoch über Er-fahrungen in Insolvenzsachen verfügen.

Die Bescheinigung muss mit Gründen versehen sein. Hin-gegen wurde davon abgesehen, ein umfassendes Sanie-rungsgutachten entsprechend bestimmten formalisiertenStandards zu verlangen, weil hiermit erhebliche Kosten ver-bunden sind und damit insbesondere kleineren und mittlerenUnternehmen der Zugang zu dem Verfahren nach § 270bInsO-E erheblich erschwert worden wäre.

Ergibt sich aus der Bescheinigung das Vorliegen der Anord-nungsvoraussetzungen, bestimmt das Gericht eine Frist zurVorlage des Plans und ernennt einen vorläufigen Sachwalter(Absatz 2). Dabei kann es von einem Vorschlag des Schuld-ners nur abweichen, wenn die vorgeschlagene Person offen-sichtlich für die Übernahme des Amtes nicht geeignet ist.Damit erhält der Schuldner die Sicherheit, die Sanierungdurch das Insolvenzplanverfahren mit einer für ihn vertrau-enswürdigen, gleichzeitig aber unabhängigen Person vorbe-reiten zu können. Die Bestellung einer anderen Person istvom Gericht im Beschluss zu begründen, damit die Gläubi-ger in Kenntnis dieser Umstände nach Eröffnung des Ver-fahrens entscheiden können, ob eine Abwahl des gerichtlichbestellten und Neuwahl des vorgeschlagenen Sachwaltersnach § 274 InsO in Verbindung mit § 57 InsO in Betrachtkommt. Für die Dauer der gerichtlich bestimmten Frist kannweder ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt werden,

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41 – Drucksache 17/5712

noch kann dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsver-bot auferlegt oder können seine Verfügungen unter Zustim-mungsvorbehalt gestellt werden. Aber auch in der Phase biszur Entscheidung des Gerichts über den Antrag nach § 270bInsO-E ist das Gericht durch Absatz 2 Satz 3 gehindert, ei-nen Sachverständigen oder vorläufigen Insolvenzverwalterzu bestellen. Gleichzeitig ist das Gericht verpflichtet, nach§ 21 Absatz 2 Nummer 3 InsO Maßnahmen der Zwangs-vollstreckung gegen den Schuldner zu untersagen oder ein-zustellen, sofern der Schuldner dies beantragt. Über § 21Absatz 1 Satz 2 InsO steht dem Schuldner und ggf. den aus-oder absonderungsberechtigten Gläubigern ein Beschwer-derecht gegen vorläufige Maßnahmen des Gerichts zu. ImBereich von unbeweglichen Gegenständen kann das Gerichtauf Antrag des Schuldners Maßnahmen nach § 30d Geset-zes über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung(ZVG) anordnen und damit eine Zwangsversteigerungeinstweilen einstellen. Hingegen bleibt es im Falle vonZwangsverwaltungen bei der jetzigen Rechtslage, die Maß-nahmen nach § 153b ZVG im Eröffnungsverfahren nichtvorsieht.

Nach Absatz 3 ist das Gericht jedoch verpflichtet, seine An-ordnung unter bestimmten Voraussetzungen insgesamt auf-zuheben und damit das Eröffnungsverfahren nach den allge-meinen Vorschriften der §§ 21 bis 25 InsO sowie des § 270aInsO-E fortzuführen. So wird verhindert, dass unter demSchutzschirm der gerichtlichen Anordnung das letzte Ver-mögen des Schuldners vernichtet wird. Mit der Aufhebungdes Verfahrens nach § 270b InsO-E stehen dem Gerichtwieder alle im Eröffnungsverfahren bestehenden Optionenzur Verfügung.

Dies gilt nach Nummer 1 zunächst, wenn während derDauer der gerichtlich festgesetzten Frist Zahlungsunfähig-keit im Sinne von § 17 InsO eintritt. Der Schuldner und dervorläufige Sachwalter haben dies dem Gericht unverzüglichanzuzeigen. Das Gericht hebt dann seine Anordnung nachAbsatz 1 auf. Wird der Schuldner im Verlauf des Sanie-rungsverfahrens trotz einer vorherigen Abstimmung mit sei-nen Gläubigern zahlungsunfähig, ist es aus Gründen desGläubigerschutzes geboten, ihm die weitreichenden Mög-lichkeiten des § 270b InsO-E zu entziehen und dem Gerichtim Rahmen eines geordneten Eröffnungsverfahrens wiederalle Möglichkeiten zur Sicherung der Masse zur Verfügungzu stellen. Ebenso ist die Anordnung nach Nummer 2 aufzu-heben, wenn die angestrebte Sanierung erkennbar aussichts-los wird, weil beispielsweise die Bank, mit der der Schuld-ner über eine weitere Finanzierung verhandelt hat, die Ver-handlungen endgültig abbricht und damit für ihn keineMöglichkeit mehr besteht, an neues Kapital zu gelangen.Gleiches gilt, wenn es zum Schutz der Gläubiger gebotenist, die Sanierungsvorbereitungen abzubrechen. Für die Be-urteilung dieser Frage ist zunächst nach Nummer 3 der vor-läufige Gläubigerausschuss zuständig. Ist ein solcher be-stellt worden und beantragt er die Aufhebung des Verfah-rens, hat das Gericht dem ohne weitere eigene Prüfung zufolgen. Nur im Fall, dass kein vorläufiger Gläubigeraus-schuss bestellt wurde, hat das Gericht nach Nummer 4 aufAntrag eines Insolvenzgläubigers oder absonderungsbe-rechtigten Gläubigers unverzüglich die Aufhebung anzuord-nen, wenn nachträglich Umstände bekannt werden, die be-fürchten lassen, dass die Sanierungsbemühungen des

Schuldners zu Nachteilen für die Gläubiger führen. Der an-tragstellende Gläubiger hat dabei die Umstände glaubhaftzu machen.

Ist die gerichtlich festgesetzte Frist abgelaufen oder hat dasGericht nach Absatz 3 seine Anordnung aufgehoben, so ent-scheidet es über die Eröffnung des Insolvenzverfahrensnach den allgemeinen Vorschriften. Ist es dem Schuldner in-nerhalb der Frist des Schutzschirms gelungen, einen Insol-venzplan im Sinne eines „pre-packaged plans“, also einesvorab erstellten Plans, vorzubereiten, legt er diesen dem Ge-richt vor. Über den Plan wird dann im eröffneten Insolvenz-verfahren nach den allgemeinen Vorschriften über den In-solvenzplan entschieden. Wird das Insolvenzverfahren inEigenverwaltung eröffnet, so muss nicht zwangsläufig dervom Schuldner ausgewählte vorläufige Sachwalter zumSachwalter bestellt werden. Nach den allgemeinen Vor-schriften wird hierzu der vorläufige Gläubigerausschuss an-zuhören sein. Dieser kann auch bei der Eigenverwaltungvon seinem Vorschlagsrecht nach § 274 InsO in Verbindungmit § 56 Absatz 2 InsO-E Gebrauch machen.

Zu § 270c (Bestellung des Sachwalters)

Die Vorschrift entspricht inhaltlich der bisherigen Regelungdes § 270 Absatz 3 InsO.

Zu Nummer 44 (Änderung von § 271)

Die Vorschrift regelt die nachträgliche Anordnung der Ei-genverwaltung. Eine Anordnung der Eigenverwaltung nachEröffnung des Insolvenzverfahrens (und damit nach Bestel-lung eines Insolvenzverwalters) gemäß § 271 InsO ist nachgeltender Rechtslage nur dann möglich, wenn das Insol-venzgericht zunächst einen Schuldnerantrag auf Eigenver-waltung abgelehnt hat, die erste Gläubigerverwaltung je-doch eine Eigenverwaltung beantragt.

Ob das Insolvenzgericht auch nachträglich die Eigenverwal-tung anordnen kann, wenn vor Eröffnung des Insolvenzver-fahrens kein Schuldnerantrag auf Eigenverwaltung gestelltund ein solcher mithin nicht abgelehnt wurde, ist bislang inder Literatur umstritten. Um diese Rechtsunsicherheit zubeseitigen, wird nunmehr klargestellt, dass eine Anordnungauch in solchen Fällen möglich ist, in denen der Schuldnereinen entsprechenden Antrag nicht bereits vor Eröffnungdes Insolvenzverfahrens gestellt hatte, sofern sich Schuld-ner und Gläubigerversammlung über die Fortsetzung desVerfahrens in Eigenverwaltung einig sind.

Gleichzeitig werden durch die Neufassung des § 271 InsOund durch die entsprechende Änderung des § 272 Absatz 1Nummer 1 InsO die Mehrheiten neu geregelt, die für dienachträgliche Anordnung der Eigenverwaltung und für dieAufhebung der Eigenverwaltung erforderlichen sind. InParallele zu § 57 InsO ist künftig neben der Summenmehr-heit der abstimmenden Gläubiger nach § 76 Absatz 2 InsOauch eine Kopfmehrheit der abstimmenden Gläubiger füreinen Beschluss erforderlich. Hierdurch wird dem Interesseder Gläubigergesamtheit besser Rechnung getragen. Dasbisherige Mehrheitserfordernis der §§ 271 und 272 InsO istmit der Gefahr verbunden, dass die Eigenverwaltung durchwenige Großgläubiger oder eine geschickt agierende Klein-gläubigergruppe beherrscht wird. Insbesondere bei der Ent-

Drucksache 17/5712 – 42 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

scheidung über die Aufhebung der Eigenverwaltung ist esim Interesse der Stärkung des Instituts der Eigenverwaltungund einer stärkeren Planbarkeit für den sanierungswilligenSchuldner geboten, eine einmal unter Beteiligung der Gläu-biger in Form des vorläufigen Gläubigerausschusses ange-ordnete Eigenverwaltung zu nicht aufgrund der Summen-mehrheit eines einzelnen Großgläubigers zu beenden.

Die Neuregelung entspricht damit neben der Stärkung derEigenverwaltung auch dem Bestreben der Insolvenzord-nung, die Gläubigerautonomie zu stärken. Spricht sich dieGläubigerversammlung im Einvernehmen mit dem Schuld-ner für eine Eigenverwaltung aus, sind keine Gründe er-kennbar, warum diese einvernehmliche Eigenverwaltungversagt werden sollte. Zum Sachwalter kann wie auch nachbisherigem Recht der bisherige Insolvenzverwalter bestelltwerden.

Zu Nummer 45 (Änderung von § 272)

Zu Buchstabe a

Nach bisheriger Rechtlage ist es zwar schwer für denSchuldner, die Anordnung einer Eigenverwaltung zu errei-chen, hingegen ist es für die Gläubiger vergleichsweiseleicht, die Beendigung einer angeordneten Eigenverwaltungzu erzielen: Zum einen ist die Eigenverwaltung auf Antrageiner Gläubigerversammlung aufzuheben, wobei eine einfa-che Summenmehrheit ausreichend ist. Durch die Änderungder Nummer 1 wird in Parallele zu § 271 InsO-E und § 57InsO künftig neben der Summenmehrheit eine Kopfmehr-heit der abstimmenden Gläubiger verlangt. Zur Begründungsiehe Nummer 44. Daneben hat eine Aufhebung auch dannzu erfolgen, wenn ein einzelner Gläubiger dies beantragtund die Voraussetzung des § 270 Absatz 2 Nummer 3 InsOweggefallen ist (§ 272 Absatz 1 Nummer 2 InsO). Auchhier gehen Unklarheiten über mögliche Nachteile für dieGläubiger zu Lasten des Schuldners. Nach Absatz 1Nummer 2 in der geänderten Fassung kann ein einzelnerGläubiger die Aufhebung der Anordnung der Eigenverwal-tung nur noch dann erreichen, wenn die Anordnungsvor-aussetzungen für die Eigenverwaltung nach § 270 Absatz 2Nummer 2 InsO-E entfallen sind und dem antragstellendenGläubiger zudem durch die Eigenverwaltung erheblicheNachteile drohen. Dies stellt im Vergleich zu § 270Absatz 2 Nummer 3 InsO eine höhere Schwelle dar. Hatdas Gericht nach seiner Prüfung der Gläubigerinteressenzunächst die Eigenverwaltung angeordnet, ist es im Inter-esse der Planungssicherheit geboten, höhere Anforderungenan die Beendigung der Eigenverwaltung auf Begehren eineseinzelnen Gläubigers zu stellen.

Zu Buchstabe b

Es handelt sich um eine Folgeänderung zu Buchstabe a.

Zu Nummer 46 (Änderung von § 274)

Es handelt sich um eine parallele Änderung zu Nummer 7.Damit wird klargestellt, dass das Insolvenzgericht auch beider Eigenverwaltung eine Abweichung von einem Vor-schlag des vorläufigen Gläubigerausschusses zur Person desSachwalters im Eröffnungsbeschluss schriftlich zu begrün-den hat.

Zu Nummer 47 (Einfügung eines § 276a)

Die neu eingefügte Vorschrift dient dazu, das Verhältnis derEigenverwaltung zu den gesellschaftsrechtlichen Bindun-gen der Geschäftsleitung zu klären. Überwachungsorganeim Sinne der Vorschrift sind je nach Rechtsform insbeson-dere der Aufsichtsrat und die Hauptversammlung sowie dieGesellschafterversammlung. Grundgedanke der Regelungist, dass die Überwachungsorgane bei Eigenverwaltung imWesentlichen keine weiter gehenden Einflussmöglich-keiten auf die Geschäftsführung haben sollen als in demFall, dass ein Insolvenzverwalter bestellt ist. Die Führungder Geschäfte ist in dieser Situation an den Interessen derGläubiger auszurichten; Sachwalter, Gläubigerausschussund Gläubigerversammlung überwachen die wirtschaft-lichen Entscheidungen der Geschäftsleitung. Eine zusätz-liche Überwachung durch die Organe des Schuldners er-scheint nicht erforderlich. Zusätzliche Einwirkung-smöglichkeiten von Aufsichtsrat oder Gesellschafterver-sammlung auf die Geschäftsführung können in dieserSituation wenig nützen, wohl aber hemmend und blockie-rend wirken.

Allerdings erscheint es nicht angebracht, den Gesellschafts-organen auch die Befugnis zur Abberufung und zum Aus-tausch von Vorstandsmitgliedern bzw. Geschäftsführerngänzlich zu nehmen. Wechsel in der Geschäftsleitung kön-nen auch während eines Insolvenzverfahrens aus den ver-schiedensten Gründen erforderlich sein; weder das Gerichtnoch der überwachende Sachwalter scheinen geeignet zusein, hier an die Stelle der Gesellschaftsorgane zu treten.Die Eigenverwaltung wird bei einer Gesellschaft nicht füreine bestimmte natürliche Person als Geschäftsleiter ange-ordnet, sondern sie betrifft die (jeweilige) Geschäftsleitungder insolventen Gesellschaft. Um einen missbräuchlichenAustausch der Geschäftsleitung zu verhindern und die Un-abhängigkeit der Geschäftsleitung von den übrigen Gesell-schaftsorganen zu stärken, sieht Satz 2 vor, dass für Abbe-rufung und Neubestellung von Mitgliedern der Geschäfts-leitung die Zustimmung des Sachwalters Wirksamkeitsvor-aussetzung ist. Diese darf allerdings nur dann verweigertwerden, wenn die Maßnahme zu Nachteilen für die Gläubi-ger führen wird. Unabhängig von § 276a InsO-E ist kannein gesellschaftsrechtlich zulässiger Beschluss der Anteils-inhaber über den Austausch der Geschäftsleitung wie jedeandere gesellschaftsrechtliche Maßnahme auch in den In-solvenzplan aufgenommen werden.

Zu Nummer 48 (Änderung von § 337)

Mit der Änderung wird dem Inkrafttreten der Verordnung(EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und desRates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuld-verhältnisse anzuwendende Recht (Rom I-VO) (veröffent-licht in ABl. L 177 vom 4.7.2008 S. 6) Rechnung getragen,die auf seit dem 17. Dezember 2009 begründete Schuld-verhältnisse Anwendung findet. Das auf Arbeitsverhält-nisse anwendbare Recht bestimmt sich damit künftig nichtmehr nach dem Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Ge-setzbuch (EGBGB), sondern nach der Rom I-VO. Dies giltnicht für Arbeitsverhältnisse, die vor dem Inkrafttreten derRom I-VO begründet wurden.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 43 – Drucksache 17/5712

Zu Nummer 49 (Änderung von § 348)

Zu Buchstabe a

Die Änderung der Überschrift ist eine Folgeänderung zumerweiterten Inhalt der Vorschrift aufgrund von Buchstabe b.

Zu Buchstabe b

Insolvenzen machen vor Grenzen nicht halt. Die Zahlgrenzüberschreitender Insolvenzen hat infolge der fortge-schrittenen wirtschaftlichen Verflechtung von Handelsbe-ziehungen und Insolvenzen erheblich zugenommen. Betrof-fen sind oft bedeutende international tätige Unternehmen.Dabei handelt es sich entweder um die Insolvenz ein- unddesselben Unternehmens oder mehrerer Unternehmen des-selben Konzerns. In jedem Fall kann sich zwischen den In-solvenzverfahren ein Koordinierungsbedarf ergeben. Wich-tig ist dabei vor allem die Gewinnung von Informationen,auch um Zuständigkeitskonflikte zu vermeiden, Vermö-gensverhältnisse besser aufklären zu können, die Notwen-digkeit gerichtlicher Sicherungsmaßnahmen zu ermittelnund der gerichtlichen Aufsichtspflicht besser genügen zukönnen. Insolvenzverfahren ist ein gewisses Bedürfnis nachBeschleunigung immanent. Die für förmliche und langwie-rige Schriftwechsel, ggf. unter Einschaltung dritter Stellenim Wege der Rechtshilfe erforderliche Zeit fehlt in der Re-gel. Anders als in Artikel 25 des UNCITRAL-Modellgeset-zes (Model Law on Cross-border Insolvency) und dem in-ternationalen Insolvenzrecht anderer Staaten (vgl. zum Bei-spiel §§ 1525 ff. U.S. Bankruptcy Code) fehlen in Deutsch-land gesetzliche Regelungen zur gerichtlichen Koopera-tion oder Kommunikation in grenzüberschreitenden Insol-venzen. Artikel 31 der Europäischen Insolvenzverordnung(Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 über Insolvenzverfahren[EUInsVO]) spricht – jedenfalls ausdrücklich – nur voneiner Kooperationspflicht zwischen Insolvenzverwaltern.Die Ableitung einer Kooperationspflicht zwischen denInsolvenzgerichten aus einer analogen Anwendung vonArtikel 31 EUInsVO oder allgemeinen Grundsätzen wird inder deutschen rechtswissenschaftlichen Literatur überwie-gend abgelehnt. Das Fehlen einer ausdrücklich normiertenPflicht zur Zusammenarbeit zwischen Insolvenzgerichtenbedeutet zwar keineswegs, dass eine solche Zusammenar-beit nicht stattfinden darf. Dennoch wirkt das Schweigendes Gesetzes zur gerichtlichen Kommunikation und Koope-ration in grenzüberschreitenden Insolvenzen und die hier-durch entstehende Rechtsunsicherheit als Hemmnis für eineZusammenarbeit in der gerichtlichen Praxis.

Dieses Hemmnis soll durch die vorliegende Regelung inAbsatz 2 beseitigt und die gerichtliche Kooperation undKommunikation in grenzüberschreitenden Insolvenzverfah-ren gefördert werden. Hierzu besteht künftig zwar keinePflicht des Gerichts, jedoch unter der Voraussetzung derAnerkennung des ausländischen Insolvenzverfahrens nachMaßgabe des § 343 InsO eine ausdrückliche Berechtigungzur Zusammenarbeit und zur Weitergabe von Informationenan das ausländische Insolvenzgericht durch das deutsche In-solvenzgericht.

Zu Buchstabe c

Es handelt sich um eine Folgeänderung aufgrund der Ein-fügung eines neuen Absatzes 2 durch Buchstabe b.

Zu Artikel 2 (Änderung der InsolvenzrechtlichenVergütungsverordnung – InsVV)

§ 56 Absatz 2 und § 270 Absatz 3 InsO-E sowie § 274Absatz 1 i. V. m. § 56 Absatz 2 InsO-E räumen dem vorläu-figen Gläubigerausschuss ein Anhörungsrecht bei der Ent-scheidung über die Auswahl des vorläufigen Insolvenzver-walters und des vorläufigen Sachwalters sowie die Anord-nung der Eigenverwaltung ein. Diese Rechte nehmen dieGläubigervertreter auch im eigenen Interesse wahr. Um eineAuszehrung der Masse zu verhindern, ist daher die hierfürzu entrichtende Vergütung klar zu begrenzen. Die vorgese-hene Vergütung in Höhe von 300 Euro entspricht in etwader Vergütung für eine dreistündige Tätigkeit nach dem bis-lang in § 17 InsVV vorgesehenen regelmäßigen Höchst-stundensatz von 95 Euro. Diese Dauer sollte die Tätigkeitdes vorläufigen Gläubigerausschusses im Rahmen der Ent-scheidung über die Auswahl des vorläufigen Insolvenzver-walters, des vorläufigen Sachwalters und über die Eigenver-waltung nicht überschreiten, auch wenn im Einzelfall meh-rere dieser Entscheidungen nacheinander zu treffen sind.Die Vergütung für weitere, möglicherweise arbeitsinten-sivere Aufgaben richtet sich nach den allgemeinen Regelnüber die Vergütung der Mitglieder des Gläubigerausschus-ses.

Zu Artikel 3 (Änderung des Einführungsgesetzeszur Insolvenzordnung – EGInsO)

Für die Anwendung des neuen Rechts ist der Zeitpunkt desEröffnungsantrages maßgeblich. Die Neuregelungen betref-fen in vielen Fällen gerade auch das Eröffnungsverfahren,so dass die Anwendung auf bereits eröffnete Verfahren oderVerfahren im Stadium nach Antragstellung nicht zweckmä-ßig ist. Zu diesem Zeitpunkt können die entscheidendenWeichenstellungen für die Ausgestaltung des Verfahrens be-reits erfolgt sein.

Zu Artikel 4 (Änderung des Gerichtsverfassungs-gesetzes – GVG)

Eine Stärkung des Sanierungsgedankens setzt nicht nur aufSeiten der Insolvenzverwalter, sondern auch auf Seiten desGerichts das Tätigwerden von Personen voraus, die überdie erforderlichen Kenntnisse der relevanten Rechtsgebieteverfügen. An einen Insolvenzrichter werden dabei erhöhteAnforderungen gestellt. Dies wird bereits heute darin deut-lich, dass ein Proberichter im ersten Jahr nach seinerErnennung nach § 22 Absatz 2 GVG nicht mit der Wahr-nehmung von Insolvenzsachen betraut werden darf. Die be-stehenden Anforderungen werden durch die Neuregelungerhöht. Für die sachgerechte Bearbeitung von Insolvenz-sachen sind fundierte Kenntnisse auf den Gebieten des In-solvenzrechts, des Handels- und Gesellschaftsrechts sowiejedenfalls Grundkenntnisse der für das Insolvenzverfahrennotwendigen Teile des Arbeits-, Sozial- und Steuerrechtsund des Rechnungswesens erforderlich. Diese besonderen,vom Gesetz nunmehr klarer gefassten Anforderungen bil-den den wesentlichen Grund für die Zuständigkeit des In-solvenzgerichts und sollen einer Stärkung der Sachkundeund Erfahrung der mit Insolvenzsachen betrauten Richterdienen.

Drucksache 17/5712 – 44 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Das Erfordernis von Fachkenntnissen aus den benanntenBereichen geht zwar über die allgemeine Befähigung zumRichteramt hinaus. Dies gilt aber bereits in anderen Berei-chen der Justiz. Auch bei der Auswahl von Richtern undStaatsanwälten, die in Wirtschaftstrafsachen eingesetzt wer-den, wird generell erwartet, dass sie über betriebswirtschaft-liche und andere einschlägige Kenntnisse verfügen oderdiese zeitnah erwerben. Allerdings wird in jenem Bereichdie Notwendigkeit einer entsprechenden Qualifikation heuteoffenbar auch generell anerkannt. Dies ist im Bereich derInsolvenzgerichte nicht durchgängig der Fall. Deshalb ist esangezeigt, dass das Gesetz selbst bestimmte Qualifikations-erwartungen formuliert und die Kenntnisse in den Bezugs-disziplinen benennt, die für eine sachgerechte und der Ziel-bestimmung des § 1 InsO entsprechende Anwendung erfor-derlich sind.

Aus dem vorgesehenen Erfordernis einer Belegbarkeit derKenntnisse und dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Nor-mierung ergibt sich, dass es um mehr als rudimentäreGrundkenntnisse in den genannten Bereichen gehen muss.Wie die Kenntnisse konkret zu belegen sind, legt das Gesetzselbst nicht fest. Insbesondere wird kein „Nachweis“ durcheine Prüfung verlangt. Denkbar ist etwa, dass einschlägigeKenntnisse bereits im Studium im Rahmen von Wahlfä-chern, Schwerpunktbereichen oder Nebenstudiengängen er-worben werden oder aber auch im Rahmen einer systemati-schen berufsbegleitenden oder sonstigen Fortbildung. DieFrage, ob aufgrund derartiger Anhaltspunkte von einer Er-füllung der Qualifikationsanforderungen des Satzes 1 aus-gegangen werden kann, ist Gegenstand einer wertendenEntscheidung des Präsidiums.

Mit Rücksicht auf praktische Belange, insbesondere imHinblick auf Insolvenzrichter, die schon seit langem in ent-sprechender Funktion tätig sind, ist Satz 2 als Soll-Vor-schrift gefasst. Zwar richten sich die besonderen Qualifika-tionsanforderungen grundsätzlich und generell nicht nur anBerufsanfänger. Insbesondere im Hinblick auf die konkreteBelegbarkeit der genannten Fachkenntnisse werden aber andie schon seit längerem in Insolvenzsachen Tätigen andereAnforderungen zu stellen sein; bei ihnen wird man davonausgehen können, dass sie die bezeichneten Fachkenntnissedurch ihre Tätigkeit erworben haben. Die Soll-Fassung er-laubt es ferner, dass bei neu eingesetzten Personen die ein-schlägigen Fachkenntnisse nicht in jedem Fall bereits vorihrem ersten Tätigwerden in Insolvenzsachen belegbar sind(auch wenn wenigstens Grundkenntnisse vorhanden seinsollten), sondern dass sie die Kenntnisse auch im Rahmeneiner berufsbegleitenden Fortbildung oder vergleichbarenWeiterqualifizierung erwerben können.

Deshalb erlaubt Satz 3 die Übertragung insolvenzrichterli-cher Aufgaben, auch wenn noch nicht von belegbaren Fach-kenntnissen in den Bezugsdisziplinen ausgegangen werdenkann, allerdings bei erstmaliger Zuweisung nur, wenn derErwerb einschlägiger Kenntnisse alsbald zu erwarten ist.Die Verwendung des flexiblen Begriffs „alsbald“ gestattetes, neben der persönlichen Weiterqualifizierungsbereit-schaft der Betroffenen auch die dienstlichen Rahmenbedin-gungen und die verfügbaren Fortbildungsangebote zu be-rücksichtigen. Die Erwartung muss sich also darauf richten,dass die Kenntnisse erworben werden, so bald dies nach den

Umständen möglich ist. Auch wenn die entsprechendenMöglichkeiten wegen der grundsätzlichen Geltung der Qua-lifikationsanforderungen des Satzes 2 seitens der Justizver-waltung zu fördern sind, setzt der Entwurf nicht zwingendvoraus, dass die Kenntnisse in dem für die insolvenzrichter-liche Praxis angezeigten Maße bereits vollständig innerhalbeiner vorgegebenen Frist erworben werden.

Zu Artikel 5 (Änderung des Rechtspflegergesetzes –RPflG)

Zu Nummer 1 (§ 11)

Es handelt sich um eine redaktionelle Folgeänderung zurÜbertragung des Insolvenzplanverfahrens auf den Richter.

Zu Nummer 2 (§ 18)

Wegen der wirtschaftlichen Bedeutung und den rechtlichenImplikationen des neu gestalteten Insolvenzplanverfahrenswird durch die neue Nummer 2 in § 18 Absatz 1 des Rechts-pflegergesetzes die funktionelle Zuständigkeit für das ge-samte Insolvenzplanverfahren vom Rechtspfleger demRichter übertragen. Hiervon ausgenommen ist lediglich§ 257 InsO, so dass es für das Klauselverfahren bei der bis-herigen Zuständigkeit von Rechtspflegern bzw. den Ur-kundsbeamten der Geschäftsstelle bleibt.

Die Neufassung von § 18 Absatz 3 RPflG ist eine Folgeän-derung zur Übertragung der funktionellen Zuständigkeit aufden Richter.

Eine Stärkung des Sanierungsgedankens, aber auch einequalifizierte Durchführung von Liquidationen zur bestmög-lichen Gläubigerbefriedigung setzt nicht nur auf Seiten derInsolvenzverwalter, sondern auch auf Seiten des Gerichtsdas Tätigwerden von Personen voraus, die über die erfor-derlichen Kenntnisse der relevanten Rechtsgebiete verfü-gen. Daher stellt Absatz 4 wie auch die Parallelregelung in§ 22 Absatz 6 GVG erhöhte fachliche Anforderungen aneinen Rechtspfleger in Insolvenzsachen. Zwar sehen dieAusbildungs- und Prüfungsordnungen der Bundesländer fürdas in § 2 Absatz 1 RPflG vorausgesetzte Fachhochschul-studium für die theoretischen und praktischen Ausbildungs-abschnitte bereits entsprechende Ausbildungsinhalte vor,die sowohl vertiefte Kenntnisse des Insolvenzrechts sowiedes Handels- und Gesellschaftsrechts als auch Grundkennt-nisse der Betriebswirtschaft, des Arbeits- und des Sozial-rechts vermitteln. § 18 Absatz 4 Satz 2, 3 – neu – RPflGdient jedoch darüber hinaus dem Zweck, die erforderlichefachliche Qualifikation auch derjenigen in Insolvenzverfah-ren eingesetzten Rechtspfleger zu gewährleisten, die keinentsprechendes Fachhochschulstudium absolviert haben(vgl. § 2 Absatz 3, 5, §§ 33, 34, 34a RPflG). Daher sollenauch für Rechtspfleger einheitliche Mindestanforderungenfür die Übernahme der speziellen Aufgaben eines Rechts-pflegers in Insolvenzsachen gesetzlich festgeschrieben wer-den. Die Anforderungen im Einzelnen sind gegenüber denan die Insolvenzrichter gestellten Anforderungen in Teilenleicht abgesenkt, was auch insbesondere in der vorgesehe-nen Übertragung des Planverfahrens auf den Richter be-gründet liegt.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 45 – Drucksache 17/5712

Zu Artikel 6 (Änderung des Gesetzes über dieZwangsversteigerung und dieZwangsverwaltung – ZVG)

Mit dem neuen Satz 2 des § 30d ZVG wird für den Fall derEigenverwaltung dem Schuldner im Eröffnungsverfahrendas Recht gegeben, einen Antrag auf einstweilige Einstel-lung der Zwangsversteigerung bereits vor der Eröffnung desInsolvenzverfahrens zu stellen. Damit wird der Schuldnerim Eröffnungsverfahren, in dem bereits ein vorläufigerSachwalter bestellt und damit der Weg in die Eigenverwal-tung bereitet ist, dem vorläufigen Insolvenzverwaltergleichgestellt, um keine Rechtsschutzlücken entstehen zulassen. Die Antragstellung kommt dem Schuldner, nichtdem vorläufigen Sachwalter zu, da letzterer nur überwa-chende Funktion hat.

Zu Artikel 7 (Gesetz über die Insolvenzstatistik –InsStatG)

Zu § 1 (Insolvenzstatistik)

Nach dem bisherigen § 39 Absatz 1 EGGVG werden mo-natliche Erhebungen über Insolvenzverfahren als Bundes-statistik geführt. § 1 stellt klar, dass nunmehr monatlicheund jährliche Erhebungen stattfinden. Der Erhebungszeit-raum bestimmt sich dabei nach § 4.

Zu § 2 (Erhebungsmerkmale)

§ 2 regelt wie bisher § 39 Absatz 2 EGGVG die Merkmalezur Erhebung der Insolvenzstatistik. Gegenüber der vorge-nannten Bestimmung wurde der Katalog der Merkmale ge-ringfügig angepasst.

Zu Nummer 1

Zu Buchstabe a

Regelinsolvenzverfahren und Verbraucherinsolvenzverfah-ren werden in unterschiedlichen Erhebungsbögen erfasstwerden. Deshalb sind Angaben über die Art des Verfahrenszu machen. Im Mai 2002 ist die Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 über Insolvenzverfahren in Kraft getreten, die mitAusnahme von Dänemark für alle Mitgliedstaaten der Euro-päischen Union gilt. Die Verordnung ist Ausdruck der zu-nehmenden Bedeutung von grenzüberschreitenden Insol-venzverfahren. Dies lässt sich etwa an der Bestimmung desMittelpunkts der hauptsächlichen Interessen des Schuldnersfestmachen, der nicht nur darüber entscheidet, ob ein Haupt-oder Sekundärinsolvenzverfahren über das Schuldnerver-mögen eröffnet werden kann, sondern auch Auswirkungenauf die Gläubigerbefriedigung hat. Daher soll auch die Artdes internationalen Bezugs des Verfahrens statistisch nach-gewiesen und der Regelungsgehalt des bisherigen § 39Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a EGGVG in erweiterterForm übernommen werden. Angaben zum internationalenBezug sind selbstverständlich nur dann zu machen, wenndas Verfahren hierzu Anlass gibt. Hier kommt insbesonderedie Mitteilung in Betracht, ob ein Bezug zu anderen Insol-venzverfahren innerhalb der Europäischen Union bestehtund ein Hauptinsolvenzverfahren oder Sekundär- oder Par-tikularverfahren vorliegt.

Zu den Buchstaben b bis f

Die Regelungen entsprechen dem bisherigen § 39 Absatz 2Nummer 1 Buchstabe b bis f EGGVG. Hinzugefügt wurdezur Klarstellung lediglich das Merkmal der Ablehnung derEigenverwaltung.

Zu Nummer 2

§ 2 Nummer 2 entspricht weitgehend dem § 39 Absatz 2Nummer 2 EGGVG. Die Regelung des früheren § 39Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe c EGGVG wurde hingegennicht übernommen. Auf die zusätzliche Erhebung des Ge-schäftszweigs bei Personen, die eine geringfügige selbstän-dige Tätigkeit ausüben, kann verzichtet werden, da mit derÄnderung der Insolvenzordnung zum 1. Dezember 2001alle aktiven Unternehmen unter das Regelinsolvenzverfah-ren fallen. Zuvor waren geringfügig wirtschaftlich selbstän-dig Tätige grundsätzlich dem Verbraucher gleichgestellt.

Zu Nummer 3

Die nach dem bisherigen § 39 Absatz 2 Nummer 3 bis 5EGGVG von den Amtsgerichten zu erteilenden Angabenzum Ausgang und Ergebnis des Verfahrens werden nun-mehr bei den Insolvenzverwaltern erhoben. In diesem Zu-sammenhang können die Merkmale der finanziellen Ergeb-nisse bei Beendigung, Einstellung oder Aufhebung des Ver-fahrens in § 2 Nummer 3 zusammengefasst werden.

Zu Buchstabe a

Buchstabe a erfasst wie bisher § 39 Absatz 2 Nummer 3EGGVG die Art der Beendigung des Verfahrens.

Zu Buchstabe b

Ergänzt wird der Merkmalskatalog in Buchstabe b um dieHöhe der befriedigten Absonderungsrechte. Erfahrungender Praxis zeigen, dass der weitaus größte Teil des schuld-nerischen Vermögens mit Absonderungsrechten (z. B. Hy-potheken) belastet ist und damit auch der größte Teil desVermögens zur Befriedigung der gesicherten Verbindlich-keiten verwendet wird. Daher soll dieser wirtschaftlich be-deutsame Vorgang in den Ergebnissen der Insolvenzstatistikausgewiesen werden.

Zu Buchstabe c

Bei den Insolvenzforderungen und dem zur Verteilung ver-fügbaren Betrag soll der jeweilige Anteil von öffentlich-rechtlichen Insolvenzgläubigern gesondert erfasst werden.Zum einen erlaubt diese Angabe eine Aussage über das Ver-fahrensergebnis für öffentlich-rechtliche Gläubiger im Ver-gleich zu den übrigen Gläubigern. Zum anderen kann fest-gestellt werden, wie hoch die Rückflüsse für das von derBundesagentur für Arbeit ausgezahlte Insolvenzgeld sind.

Zu Buchstabe d

Mit der Aufnahme von Angaben zur Betriebsfortführungund zum Sanierungserfolg, die wichtige Ziele der Insol-venzordnung darstellen, kann die Erreichung dieser Zielebesser untersucht werden. Zudem können damit auch dieErgebnisse der Arbeit der Insolvenzverwalter besser beur-teilt werden. Gleiches gilt für die Durchführung der Eigen-

Drucksache 17/5712 – 46 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

verwaltung. Die Erhebungsbögen werden insoweit keineschriftlichen Ausführungen verlangen.

Zu Buchstabe e

Erfasst werden sollen durch Buchstabe e außerdem die Aus-wirkungen, welche die Vorfinanzierung von Arbeitsentgeltim Rahmen der Gewährung von Insolvenzgeld auf den Er-halt von Arbeitsplätzen hat.

Zu Buchstabe f

Mit dem Einreichungsdatum des Schlussberichts sollen wei-tere Angaben über die Dauer des Insolvenzverfahrens er-fasst werden.

Zu Buchstabe g

Mit den Angaben zu Abschlagszahlungen können weitereInformationen über die Wirkungsweise des Insolvenzver-fahrens und die Befriedigung der Gläubiger im Insolvenz-verfahren erlangt werden. Die Angabe über die Anzahl vongegebenenfalls vorgenommenen Abschlagszahlungen undüber die jeweils vorab ausgezahlte Quote ermöglicht es, Er-folge eines Insolvenzverfahrens, nämlich die Verteilung desVermögens an die Gläubiger, besser beurteilen zu können.

Zu Nummer 4

Zu den Buchstaben a und b

Die Buchstaben a und b entsprechen wörtlich dem § 39Absatz 2 Nummer 6 EGGVG.

Zu Buchstabe c

Um das Ziel der Restschuldbefreiung zu erreichen, unter-liegt der Schuldner bestimmten Pflichten. Wenn er diesenicht erfüllt, wird ihm die Restschuldbefreiung versagt. DieGründe für die Versagung der Restschuldbefreiung ergebensich aus den §§ 296 und 297 InsO. Zur Messung der Effi-zienz der von sozialstaatlichen Überlegungen geprägten Re-gelung ist der statistische Nachweis dieser Gründe erforder-lich; er wird durch Nummer 4 Buchstabe c erfasst.

Zu Buchstabe d

Für den vollständigen statistischen Nachweis darüber, in-wieweit die Restschuldbefeiung tatsächlich erlangt wurde,ist die Kenntnis der erteilten, jedoch widerrufenen Rest-schuldbefreiungen erforderlich.

Zu § 3 (Hilfsmerkmale)

Zu den Nummern 1 und 2

§ 3 Nummer 1 und 2 entsprechen bis auf eine Folgeände-rung in Nummer 1 dem § 39 Absatz 3 Nummer 1 und 2EGGVG.

Zu Nummer 3

Die neu eingefügte Nummer 3 stellt bei Unternehmen dieUmsatzsteuernummer in den Katalog der Hilfsmerkmaleder Erhebungen ein; die Angabe dient der eindeutigen Zu-ordnung der Unternehmen zu den erhobenen Daten.

Zu Nummer 4

§ 3 Nummer 4 entspricht dem bisherigen § 39 Absatz 3Nummer 3 EGGVG. Ergänzt wurde die Nummer des Amts-gerichts.

Der Name und die Nummer des Amtsgerichts sowie dasAktenzeichen des Amtsgerichts werden für Rückfragen derstatistischen Ämter der Länder bei den Gerichten verwendetund dienen darüber hinaus als wichtige Identifikations- undVerknüpfungsmerkmale der einzelnen Insolvenzfälle imGesamtablauf der Insolvenzstatistik und verbinden die ein-zelnen Erhebungsteile, die zu den in § 4 Absatz 3 genanntenFristen zu übermitteln sind. Bei der Nummer des Amtsge-richts handelt es sich um die von den Justizministerien derLänder für Statistikzwecke durch die Anlage zu den jähr-lichen Anordnungen über die Erhebung von statistischenDaten in Zivilsachen (ZP-Statistik) festgelegte Nummer.

Zu Nummer 5

Mit der Einbeziehung der Insolvenzverwalter, Sachwalterund Treuhänder in die Insolvenzstatistik sind die Hilfsmerk-male, die diese Personen betreffen, insbesondere für dieDurchführung von Rückfragen durch die statistischen Äm-ter sowie für die Durchsetzung der Auskunftspflicht unent-behrlich.

Zu Nummer 6

Hier wurde eine redaktionelle Anpassung der Bezeichnungder Hilfsmerkmale an die nunmehr übliche Terminologievorgenommen. Diese Hilfsmerkmale sind für die Durch-führung von Rückfragen erforderlich. Bei dem Bearbei-tungsdatum handelt es sich um das Datum, zu dem derErhebungsbogen ausgefüllt wird oder – bei elektronischerLieferung – die Daten für die elektronische Lieferung be-arbeitet werden.

Zu Nummer 7

Die als Folgeänderung vereinfachte Regelung entspricht in-haltlich dem bisherigen § 39 Absatz 3 Nummer 5 EGGVG.

Zu § 4 (Auskunftspflicht und Erteilung der Auskunft;Verordnungsermächtigung)

§ 4 regelt die Aufgabenteilung zwischen Gericht, Insolvenz-verwalter, Sachwalter und Treuhänder bei der Auskunfts-pflicht für die Insolvenzstatistik.

Zu Absatz 1

Durch die Vorschrift wird die Auskunftspflicht der Insol-venzverwalter, Sachwalter und Treuhänder für die Angabenzum Ergebnis der Insolvenzverfahren konkretisiert. Ent-sprechend entfällt die bisher in § 39 Absatz 4 EGGVG vor-gesehene generelle Auskunftspflicht der Amtsgerichte.Auskunftspflichtig sind nunmehr die Amtsgerichte, Insol-venzverwalter, Sachwalter und Treuhänder.

Zu Absatz 2

Die Bestimmung enthält in Übereinstimmung mit dem bis-herigen § 39 Absatz 4 Satz 3 EGGVG nähere Angaben überdie Unterlagen, die für die Angaben heranzuziehen sind,sowie den Erhebungszeitraum. Es wird klargestellt, dass

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 47 – Drucksache 17/5712

Angaben nur aus vorhandenen Unterlagen mitzuteilen sind.Geben diese Unterlagen keine Auskunft über das Erhe-bungsmerkmal, besteht keine Pflicht des Auskunftspflichti-gen, insoweit Nachforschungen zu betreiben. Der Erhe-bungszeitraum unterscheidet sich für die Amtsgerichteeinerseits und die Insolvenzverwalter, Sachwalter und Treu-händer andererseits.

Zu Absatz 3

Entsprechend der geänderten Auskunftspflicht sind die Fris-ten für die Auskunftserteilung nach Absatz 2 den jeweiligenAuskunftspflichtigen gesondert zuzuordnen. Die Angabender Amtsgerichte nach § 4 Absatz 1 Nummer 1 sind wiebislang monatlich zu erteilen (Nummer 1). Hingegen ist esfür die Angaben der Insolvenzverwalter, Sachwalter undTreuhänder nach § 4 Absatz 1 Nummer 2 ausreichend,wenn die Angaben für alle Fälle eines Kalenderjahres nureinmal jährlich geliefert werden, und zwar innerhalb vonvier Wochen nach dem Ablauf des jeweiligen Kalenderjah-res (Nummer 2). Die Fristen für die Angaben zur Rest-schuldbefreiung und zu deren Widerruf werden entspre-chend der Verfahrensdauer geregelt, die in der Insolvenz-ordnung vorgesehen ist (Nummern 3 und 4).

Zu den Absätzen 4 und 5

Die Insolvenzverwalter, Sachwalter und Treuhänder werdenvon den Amtsgerichten bestellt. Es ist daher sachgerechtund verwaltungsökonomisch, dass die Amtsgerichte denInsolvenzverwaltern, Sachwaltern und Treuhändern gleich-zeitig die Erhebungsunterlagen übermitteln und der Rück-lauf der Erhebungsunterlagen über die Amtsgerichte erfolgt,damit diese die Vollzähligkeit überprüfen können. Eineinhaltliche Prüfung der Angaben der Insolvenzverwalter,Sachwalter und Treuhänder durch die Amtsgerichte ist nichtvorgesehen. Sie obliegt wie auch die Durchsetzung derAuskunftspflicht gegenüber den Insolvenzverwaltern, Sach-waltern und Treuhändern den statistischen Ämtern. Für dieDurchsetzung der Auskunftspflicht sind die Gerichte ver-pflichtet, den statistischen Ämtern mitzuteilen, welche In-solvenzverwalter, Sachwalter und Treuhänder der Aus-kunftspflicht nicht nachgekommen sind.

Es wird eine direkte Datenübermittlung der Insolvenzver-walter, Sachwalter und Treuhänder an die statistischen Äm-ter auf elektronischem Weg zugelassen. Diese Möglichkeitlässt sich möglicherweise in vielen Fällen leichter installie-ren als der zuvor genannte Weg über die Gerichte. Die Ge-richte erhalten eine Mitteilung über die auf diesem Weg er-folgte Meldung des Insolvenzverwalters oder Treuhänders,um die Vollzähligkeitsprüfung durchführen zu können.

Die Datenübermittlung auf elektronischem Wege bedeutetfür alle am Prozess der Statistikerstellung Beteiligten eineerhebliche Verringerung des Arbeitsaufwandes sowie eineVerbesserung der Qualität der bereitgestellten Daten. Mitder Einbeziehung der Insolvenzverwalter, Sachwalter undTreuhänder als Datenlieferanten ist der Berichtsweg erwei-tert worden. Um dieses Verfahren kostengünstig umsetzenzu können, ist es zweckmäßig, die insbesondere bei Insol-venzverwaltern, Sachwaltern und Treuhändern stattfindendeelektronische Datenerfassung zu nutzen, um mit deren Hilfe

die Anforderungen der statistischen Berichterstattung zu er-füllen. Auch für die statistischen Ämter der Länder bedeutetder Verzicht auf Formulare den Wegfall der aufwändigenmanuellen Datenerfassung, die Beseitigung einer möglichenFehlerquelle und erhebliche Kosteneinsparungen.

Zu Absatz 6

Während der elektronische Datentransfer von den Gerichtenund von den Insolvenzverwaltern und Treuhändern an diestatistischen Landesämter auf § 15 Absatz 3 Nummer 1 desBundesstatistikgesetzes gestützt werden kann, bedarf es fürdie Ausgestaltung der elektronischen Datenübermittlungvon den Insolvenzverwaltern bzw. Treuhändern an die Ge-richte einer gesetzlichen Grundlage, die mit Absatz 6 ge-schaffen wird. Die Ausführungsbestimmungen bleiben denLandesregierungen überlassen, um dem jeweiligen Standder elektronischen Ausstattung der Gerichte in den einzel-nen Ländern Rechnung zu tragen. Diese Bestimmungensollten sich an den bundeseinheitlichen Vorgaben für denelektronischen Datentransfer des Statistischen Bundesamtesorientieren.

Zu § 5 (Veröffentlichung und Übermittlung)

Zu Absatz 1

Angaben zum Schuldner und zum Insolvenzverfahren sindvon den Amtsgerichten nach § 9 InsO unter Nennung vonNamen, Anschriften und Geschäftszweig öffentlich bekanntzu machen. Zur vollständigen Darstellung des Insolvenz-geschehens insbesondere in kleinräumiger Gliederung sol-len daher auch die statistischen Ergebnisse entsprechendeEinzelangaben enthalten dürfen. Nicht betroffen von derVeröffentlichungspflicht der Amtsgerichte sind die Anga-ben zur Summe der Forderungen und zur Zahl der betroffe-nen Arbeitnehmer. Einzelangaben zu diesen Merkmalensollen daher auch von einer Veröffentlichung in den statisti-schen Ergebnissen auf der Ebene der Insolvenzverfahrenausgenommen werden.

Zu Absatz 2

Die Bestimmung entspricht dem bisherigen § 39 Absatz 5EGGVG.

Zu § 6 (Übergangsregelung)

Das Gesetz soll am 1. Januar 2012 in Kraft treten. Änderun-gen der Durchführung einer laufenden Statistik sind in sinn-voller Weise nur zu Beginn eines Jahres vorzunehmen. Vom1. Januar 2012 an sind Insolvenzverwalter, Sachwalter oderTreuhänder für bestimmte Verfahrensabschnitte zur Aus-kunftserteilung verpflichtet. Diese Auskunftspflicht sollsich wegen der in § 4 Absatz 3 genannten Fristen auchschon auf Insolvenzverfahren beziehen, die im Laufe derJahre 2009, 2010 und 2011 eröffnet werden. Die vorgese-hene Übergangsregelung stellt sicher, dass für ab 2009 er-öffnete Insolvenzverfahren die umfassenderen Ergebnissezum finanziellen Ausgang zur Verfügung gestellt werdenkönnen. Die erforderlichen Angaben liegen den Insolvenz-verwaltern, Sachwaltern und Treuhändern vor.

Drucksache 17/5712 – 48 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Zu Artikel 8 (Änderung des Einführungsgesetzeszum Gerichtsverfassungsgesetz –EGGVG)

Infolge der eigenständigen Regelung des Rechts der Insol-venzstatistik durch das InsStatG ist § 39 EGGVG aufzuhe-ben.

Zu Artikel 9 (Änderung des Kreditwesengesetzes –KWG)

Die Anordnung von Maßnahmen nach Absatz 1 Satz 2Nummer 4 bis 6 KWG („Moratorium“) erfasst grundsätz-lich nur solche Gegenstände und Rechte, die auch im Insol-venzfall zur Insolvenzmasse gezogen werden könnten. In-solvenzrechtliche Vorrechte wie Aussonderungsrechte undAufrechnungsbefugnisse sind daher auch nach Anordnungeines Moratoriums zu beachten. Die Änderung des Absatz 2Satz 6 stellt ergänzend klar, dass die insolvenzrechtlichenRegeln zum Schutz von Systemen, die von einem zentralenKontrahenten im Sinne des § 1 Absatz 31 KWG betriebenwerden, entsprechend anzuwenden sind, wenn gegen einenTeilnehmer des Systems ein Anordnung nach § 46 Absatz 1Satz 2 Nummer 4 bis 6 KWG erlassen worden ist. Damitsind insbesondere Übertragungen und Glattstellungen ent-sprechend § 104a Absatz 1 und 2 InsO auch während einesMoratoriums zulässig.

Zu Artikel 10 (Inkrafttreten)

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes. Die Än-derungen von § 2 InsO, § 22 Absatz 6 GVG und den §§ 11,18 RPflG erfordern Neuregelungen bei den Gerichtszustän-digkeiten einiger Bundesländer und bei der Geschäftsvertei-lung innerhalb der Insolvenzgerichte und haben damit er-hebliche Auswirkungen auf den Einsatz von Richtern undRechtspflegern. Zudem werden für die künftig erhöhtenQualifikationsanforderungen der Insolvenzrichter und mitInsolvenzsachen befassten Rechtspflegern Fortbildungenerforderlich werden, die der Vorbereitung bedürfen. Um denLändern Zeit für die entsprechenden Maßnahmen zur Um-setzung der neuen Vorschriften zu geben, treten diese Vor-schriften erst mit zeitlichem Abstand zur Verkündung inKraft. Das abweichende Inkrafttreten der Artikel 7 und 8 er-gibt sich aus der Begründung zu Artikel 7 § 6. Im Übrigengilt für das Inkrafttreten die übliche Frist von zwei bis dreiMonaten.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 49 – Drucksache 17/5712

Anlage 2

Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates

Der Nationale Normenkontrollrat hat den Gesetzentwurf aufBürokratiekosten geprüft, die durch Informationspflichtenbegründet werden.

Mit dem Gesetz werden sieben Informationspflichten fürdie Wirtschaft eingeführt und eine Informationspflicht ge-ändert. Die damit einhergehenden Bürokratiekosten werdenauf ca. 420 000 Euro jährlich geschätzt. Davon entfallen414 000 Euro auf eine neue Informationspflicht für Insol-venzverwalter zur Übermittlung bestimmter statistischerDaten. Bei einer Fallzahl von 30 000 verursacht dieseVerpflichtung Bürokratiekosten von weniger als 14 Euro jeFall.

Für Bürgerinnen und Bürger sowie die Verwaltung entste-hen keine zusätzlichen Bürokratiekosten.

Der Nationale Normenkontrollrat hat im Rahmen seines ge-setzlichen Prüfauftrages daher keine Bedenken gegen dasRegelungsvorhaben.

Drucksache 17/5712 – 50 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Anlage 3

Stellungnahme des Bundesrates

Der Bundesrat hat in seiner 882. Sitzung am 15. April 2011beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Ab-satz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 1 Nummer 1 (§ 2 Absatz 2 Satz 1 InsO)

Artikel 1 Nummer 1 ist zu streichen.

B e g r ü n d u n g

Eine gleichlaufende Zuständigkeitsregelung ohne Öff-nungsklausel in allen Ländern schwächt den föderalenWettbewerb um die effizienteste Gerichtsstruktur im In-solvenzbereich und widerspricht dem Anspruch einerbürgerfreundlichen Justiz.

Der Bundesrat ist der Ansicht, dass an der derzeitigenRegelung des § 2 Absatz 2 InsO festzuhalten ist, wonachdie Landesregierungen ermächtigt werden, zur sachdien-lichen Förderung oder schnelleren Erledigung der Ver-fahren durch Rechtsverordnung zusätzliche Amts-gerichte zu Insolvenzgerichten zu bestimmen und dieBezirke der Insolvenzgerichte abweichend festzulegensowie diese Ermächtigung auf die Landesjustizverwal-tungen zu übertragen.

Effizienz und Effektivität sind nicht allein Zielvorgabendes Wirtschaftslebens, sondern auch Merkmale einer zu-kunfts- und funktionsfähigen Justiz. Ebenso wie ein mo-dernes Gemeinwesen auf die ordnende Kraft des Rechtsangewiesen ist, kann das Recht seine Aufgabe nur dannerfüllen, wenn es durch eine zukunftsorientierte Justiz-politik gelenkt und durch eine leistungsfähige und effi-zient arbeitende Justiz umgesetzt wird.

§ 2 Absatz 2 Satz 1 InsO-E wird diesem Anspruch nichtgerecht und verhindert zudem eine angemessene Be-rücksichtigung der unterschiedlichen Rahmenbedingun-gen in den Ländern. Denn mit § 2 Absatz 2 Satz 1InsO-E verlieren gerade die Flächenländer die Möglich-keit, eine Konzentration der Zuständigkeit für Insolvenz-sachen an einem Amtsgericht im Landgerichtsbezirk zuLasten der Ortsnähe der Justiz zu vermeiden. Es mussmöglich bleiben, in großen Landgerichtsbezirken, dieteilweise eine Ausdehnung von über einhundert Kilo-metern haben, den Kontakt der Schuldner in Verbrau-cherinsolvenzen insbesondere während der Wohlverhal-tensperiode sowie den Kontakt der Verwalter und Treu-händer zu dem jeweiligen Insolvenzgericht durch dieSicherstellung überschaubarer Entfernungen zum Ge-richtsort zu befördern. Gleiches gilt für den Kontakt derInsolvenzgerichte zu den Schuldnerberatungsstellen. So-weit in Regionen mit einer spezifischen wirtschaftlichenAusrichtung Kenntnisse des Insolvenzgerichts von denörtlichen Strukturen und Besonderheiten insbesondereim Eröffnungsverfahren eine sachgerechte Entscheidungerleichtern, könnte auf ebensolche Kenntnisse nichtmehr zurückgegriffen werden. Die beabsichtigte Rege-lung kann in diesen Konstellationen dem eigentlichen

Gesetzeszweck, der Erhöhung der Sanierungschancen,zuwiderlaufen.

Gegen die Einschränkung des Gestaltungsspielraums derLänder spricht ferner, dass belegbare Erkenntnisse überEffizienzverluste oder fachliche Defizite spezifisch fürdie Länder, in denen von der Konzentration in stärkeremUmfang als in anderen Gebrauch gemacht worden ist,nicht vorliegen. Die sich seit dem Inkrafttreten der Insol-venzordnung zeigende unterschiedliche Entwicklung derInsolvenzgerichtsstrukturen in den Ländern lässt bei ob-jektiver Betrachtung derzeit gerade nicht den zwingen-den Rückschluss auf einen signifikanten Qualitätsfort-schritt bei stärkerer Konzentration zu (vgl. z. B. dieMaterialien Nummer 193 des Instituts für Mittelstands-forschung Bonn, „Wann werden die Gläubiger aus-gezahlt – Dauer von Unternehmensinsolvenzen im re-gionalen Vergleich“). Vielmehr ist damit entgegen derEntwurfsbegründung belegbar, dass eine „schnellere“Erledigung der Insolvenzverfahren (vgl. Bundesrats-drucksache 127/11, S. 25) auch mit mehreren Insolvenz-gerichten in einem Landgerichtsbezirk zu erzielen ist.Denn nicht die absolute Anzahl der Insolvenzgerichte ineinem Landgerichtsbezirk, sondern die absoluten Fall-zahlen im Verhältnis zur Anzahl der Einwohner oder Un-ternehmen und damit im Verhältnis zur Anzahl der Insol-venzgerichte sind von Bedeutung. Diese Verhältniszah-len differieren zwischen den strukturschwachen undstrukturstarken Ländern deutlich und finden in dem Ge-setzentwurf keine Berücksichtigung.

Es ist zudem zu konstatieren, dass mit der örtlichen Kon-zentration letztendlich nicht verbindlich sichergestelltist, dass die Anzahl der zu bearbeitenden Verfahren beiden eingesetzten Insolvenzrichtern und Rechtspflegernsteigt. Mit welchem Arbeitskraftanteil jeweils Insol-venzsachen bearbeitet werden, liegt in der Verantwor-tung der Gerichtspräsidien und Gerichtsverwaltungenvor Ort, die mit den Erfordernissen am jeweiligen Stand-ort am besten vertraut sind.

Zweifel an der Erreichung des beabsichtigten Zwecksder weiteren Konzentration scheinen auch in Anbetrachtder nicht durchgehenden Konsistenz der Entwurfsbe-gründung angezeigt.

Diese stellt auf den Wortlaut des geltenden § 2 Absatz 2Satz 1 InsO ab, wonach die Landesregierungen von derZuständigkeit eines Insolvenzgerichts im Landgerichts-bezirk eine abweichende Regelung treffen sollen, wenndies der sachdienlichen Förderung oder der schnellerenErledigung der Verfahren dient (vgl. Bundesratsdruck-sache 127/11, S. 29). Alle Länder haben bereits mitBlick auf die sachdienliche Förderung und schnellere Er-ledigung der Insolvenzverfahren eine Zuständigkeits-konzentration auf die nach den regionalen Gegebenhei-ten notwendige Anzahl von Insolvenzgerichten vorge-nommen. Der Begründung, dass nicht alle Länder von

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 51 – Drucksache 17/5712

der Möglichkeit der Zuständigkeitskonzentration Ge-brauch gemacht haben (vgl. Bundesratsdrucksache 127/11, S. 29), kann daher nicht gefolgt werden.

Soweit der Gesetzentwurf davon ausgeht, dass „schwie-rige insolvenzrechtliche Fragen des Anfechtungsrechts“(vgl. Bundesratsdrucksache 127/11, S. 30) durch die In-solvenzgerichte zu klären seien und deshalb eine weiter-gehende Zuständigkeitskonzentration bei den Insolvenz-gerichten geboten sei, entspricht diese Annahme nichtden rechtlichen Rahmenbedingungen. Denn die Zustän-digkeit für das Anfechtungsrecht obliegt in erster Linieden Prozessgerichten. Eine Zuständigkeitskonzentrationbei den Insolvenzgerichten würde insofern ins Leere lau-fen.

Die Einführung eines Insolvenzstatistikgesetzes wird mitder Begründung eingeleitet, dass im Rahmen der derzei-tigen Statistik keine Angaben zu den finanziellen Ergeb-nissen und zum Ausgang eröffneter Insolvenzverfahren,die notwendig wären, um Aussagen über die Effizienzder Insolvenzordnung machen zu können, erhoben wür-den (vgl. Bundesratsdrucksache 127/11, S. 26). DieserAnnahme ist zuzustimmen. Dann ist es jedoch auch ge-boten, zunächst das erforderliche Datenmaterial zu ge-winnen und auszuwerten und erst dann in Überlegungenzu einer Veränderung der Strukturen bei den Insolvenz-gerichten einzutreten.

Das Insolvenzrecht wird bei den Insolvenzgerichtenzurzeit von einer Vielzahl gut qualifizierter und moti-vierter Richterinnen und Richter, Rechtspflegerinnenund Rechtspfleger sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbei-tern in den Serviceeinheiten bearbeitet.

Auf die Länder werden aufgrund der Änderungen in § 2Absatz 2 Satz 1 InsO in signifikantem Umfang Kostenzukommen, die die Bundesregierung in dem vorliegen-den Gesetzentwurf völlig außer Acht lässt.

Zu den Bürokratiekosten, die mit § 2 Absatz 2 Satz 1InsO-E auf die Länder zukommen, wenn bürgernahe In-solvenzgerichte in der Fläche aufgegeben und neueRäumlichkeiten für die an einem Gerichtsstandort imLandgerichtsbezirk zu konzentrierenden Beschäftigtengeschaffen werden müssen, verhält sich der Gesetzent-wurf nicht. Das erfordert entweder die Anmietung neueroder den Ausbau bestehender Räumlichkeiten. Darüberhinaus würde eine derartige Konzentration in erheb-lichem Umfang Abordnungen von Personal der bishe-rigen an die neu zu bestimmenden Insolvenzgerichtenotwendig machen.

Auch zu den zu gewährenden Reisekosten und Tren-nungsgeldern verhält sich der Gesetzentwurf nicht.Diese personellen Maßnahmen erhöhen die mit diesemGesetzentwurf verbundenen finanziellen Belastungender Länder.

2. Zu Artikel 1 Nummer 2 (§ 13 Absatz 1 InsO)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzge-bungsverfahrens zu prüfen, ob § 13 Absatz 1 InsO-Edurch eine Regelung ergänzt werden kann, die vorsieht,dass der Schuldner seine Angaben im Zusammenhangmit einem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzver-fahrens immer an Eides statt zu versichern hat.

B e g r ü n d u n g

Der Bundesrat begrüßt die Ergänzungen zur Vorlage ei-nes Gläubigerverzeichnisses durch den Schuldner in§ 13 Absatz 1 InsO-E, die dazu beitragen können, einenordnungsgemäßen Ablauf des Insolvenzverfahrens si-cherzustellen. Positiv hat der Bundesrat in diesem Zu-sammenhang insbesondere auch die Ankündigung derBundesregierung in der Begründung des Gesetzentwurfs(vgl. Bundesratsdrucksache 127/11, S. 31) zur Kenntnisgenommen, nun zeitnah von der Verordnungsermächti-gung nach § 13 Absatz 3 Satz 1 InsO Gebrauch zu ma-chen und auch im Regelinsolvenzverfahren ein Formularfür die Antragstellung durch den Schuldner einzuführen.Ein entsprechendes Formular dürfte helfen, vor allemdie Strafnorm zum „nicht richtigen Insolvenzantrag“ in§ 15a Absatz 4 InsO näher zu konkretisieren.

Der Gesetzentwurf sieht allerdings keine Rechtsfolgenfür den Fall vor, dass der Schuldner im Rahmen einesAntrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein un-vollständiges oder sonst unrichtiges Gläubigerverzeich-nis vorlegt. Hier werden ihm Manipulationsmöglichkei-ten eröffnet, die speziell mit Blick auf die auf Grundlagedieser Zusammenstellung zu treffenden Entscheidungenzu einem vorläufigen Gläubigerausschuss und dessenBefugnissen bedenklich erscheinen. Es sollte daher er-wogen werden, dass der Schuldner seine Angaben im-mer an Eides statt zu versichern hat, um einem nicht aus-zuschließenden Missbrauch durch das Zurückhaltenbestimmter Informationen von vornherein entgegen-zutreten.

3. Zu Artikel 1 Nummer 5 (§ 22a Absatz 1 InsO)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzge-bungsverfahrens darauf hinzuwirken, dass die in § 22aAbsatz 1 Nummer 1 bis 3 InsO-E vorgesehenen Schwel-lenwerte – etwa in Anlehnung an die in § 267 Absatz 1Nummer 1 bis 3 HGB aufgeführten Werte – deutlich er-höht werden.

B e g r ü n d u n g

Die Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschussesmit den Befugnissen nach § 56 Absatz 2 und 3 und § 270Absatz 3 InsO-E birgt die große und dem Ziel des Ge-setzentwurfs abträgliche Gefahr von nicht vertretbarenVerfahrensverzögerungen. Der für die Anhörung desGläubigerausschusses erforderliche Zeitaufwand läuftder Notwendigkeit kurzfristiger Sanierungsbemühungenwährend des laufenden Geschäftsbetriebs zuwider. DasVerfahren ist in diesem Stadium besonders eilbedürftig,weil die Sicherung der Masse und ähnliche vorläufigeSicherungsmaßnahmen regelmäßig veranlasst werdenmüssen.

Die Fälle, in denen § 22a InsO-E die Einsetzung einesvorläufigen Gläubigerausschusses gemäß § 21 Absatz 2Nummer 1a InsO-E bindend vorschreibt, sollten daherderart reduziert werden, dass nur in Großinsolvenzeneine solche Verpflichtung des Gerichts besteht, sofernnicht die Ausnahmeregelung des § 22a Absatz 2 InsO-Egreift.

Eine Ansetzung der Schwellenwerte bereits oberhalbvon Kleinstunternehmen im Sinne der Empfehlung der

Drucksache 17/5712 – 52 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Kommission vom 6. Mai 2003 erscheint daher zu nied-rig. Es bietet sich an, die Schwellenwerte auf der Ebenedes § 267 Absatz 1 HGB, auf welchen die Entwurfsbe-gründung auch bereits Bezug nimmt, oder noch darüberanzusetzen.

In allen anderen Fällen – außerhalb der Großinsolven-zen – ist damit die Einberufung eines vorläufigen Gläu-bigerausschusses nicht ausgeschlossen, sondern unter-liegt dem Ermessen des Gerichts.

4. Zu Artikel 1 Nummer 7a – neu –(§ 55 Absatz 4 Satz 2 – neu – InsO)

Nach Artikel 1 Nummer 7 ist folgende Nummer 7a ein-zufügen:

,7a. Dem § 55 Absatz 4 ist folgender Satz anzufügen:

„Dasselbe gilt für Verbindlichkeiten des Insolvenz-schuldners aus dem Steuerschuldverhältnis, die voneinem vorläufigen Sachwalter oder vom Schuldnermit Zustimmung eines vorläufigen Sachwalters odervom Schuldner während eines Eröffnungsverfah-rens nach § 270a Absatz 1 begründet worden sind.“‘

B e g r ü n d u n g

Durch das Haushaltsbegleitgesetz 2011 wurde § 55 Ab-satz 4 InsO eingeführt. Ziel der Regelung war, die Nach-teile zu Lasten der Steuerverwaltung zu vermeiden, diesich daraus ergeben, dass durch die Umsatztätigkeit einesschwachen vorläufigen Insolvenzverwalters im Eröff-nungsverfahren weitere Steuerrückstände entstehen,ohne dass das Finanzamt hierauf Einfluss nehmen kann,während andere Gläubiger im Eröffnungsverfahren Vor-kehrungen gegen drohende Verluste durchsetzen können.

Soll nun die Eigenverwaltung des Schuldners gestärktwerden, droht der Anwendungsbereich des § 55 Ab-satz 4 InsO bzw. dessen Zielsetzung ins Leere zu laufen,wenn nicht eine Ausdehnung auf Eröffnungsverfahrennach § 270a InsO-E erfolgt. Nach § 270a Absatz 1Satz 1 InsO-E soll das Gericht – wenn der Antrag desSchuldners auf Eigenverwaltung nicht offensichtlichausgeschlossen ist – davon absehen, dem Schuldner Ver-fügungsbeschränkungen aufzuerlegen. Die Umsatztätig-keit des Schuldners würde zu Nachteilen für die Finanz-verwaltung führen, die durch die Einführung des § 55Absatz 4 InsO vermieden werden sollten. Der Anwen-dungsbereich ist daher sowohl auf Steuerverbindlichkei-ten, die vom Schuldner selbst begründet worden sind, alsauch auf solche, die mit Zustimmung des vorläufigenSachwalters und durch den vorläufigen Sachwalterselbst begründet worden sind, auszudehnen.

Finanzielle Auswirkungen

Positive Auswirkungen für die Haushalte der öffentli-chen Hand bestehen in Form der Sicherung des Steuer-aufkommens.

5. Zu Artikel 1 Nummer 8 Buchstabe a(§ 56 Absatz 1 Satz 3 Nummer 2, 3 InsO)

Artikel 1 Nummer 8 Buchstabe a § 56 Absatz 1 Satz 3Nummer 2 und 3 ist zu streichen.

B e g r ü n d u n g

Die in § 56 Absatz 1 Satz 3 Nummer 2 und 3 InsO-Evorgeschlagenen Regelungen sind bedenklich, da dasGericht nicht nachvollziehen kann, ob der vom Schuld-ner vorgeschlagene Verwalter vor dem Eröffnungsantragden Schuldner lediglich zum Insolvenzverfahren beratenbzw. einen Insolvenzplan erstellt hat oder auch darüberhinaus derart beratend tätig geworden ist, dass seine Un-abhängigkeit gefährdet ist. Die Gefahr einer vom Ver-walter nicht offenbarten Interessenkollision ist groß. Werbereits außergerichtlich beratend tätig geworden ist, wirdspäter als Insolvenzverwalter kaum ein Interesse daranhaben zu prüfen, ob die Zahlung seines Honorars an-fechtbar ist oder ob das Unternehmen bereits bei seinerBeauftragung zahlungsunfähig gewesen ist. Es bestehteine ernstzunehmende Gefahr, dass ein zum Insolvenz-verwalter bestellter ehemaliger Berater eigene Bera-tungsfehler nicht erkennt und dass dadurch Sanierungs-möglichkeiten vertan werden. Hier ist ein Interessenkon-flikt vorprogrammiert.

6. Zu Artikel 1 Nummer 11 (§ 104a InsO)

Der Bundesrat stellt fest, dass mit der vorgesehenenNeuregelung zur Möglichkeit der Übertragung vonRechten und Pflichten des Schuldners im Falle einerTeilnahme an dem System eines zentralen Kontrahentenim Sinne von § 1 KWG gemäß § 104a InsO-E ein Son-der- bzw. Vorrecht geschaffen wird, das eine Privilegie-rung gegenüber anderen Gläubigern darstellt. DerartigePrivilegien wurden in der Vergangenheit stets äußerstzurückhaltend beurteilt, wenn nicht abgelehnt. An dieserStelle sei an die Diskussion um die Wiedereinführungdes sogenannten Fiskus-Privilegs erinnert.

Dabei kann zunächst dahinstehen, ob die in der Begrün-dung des Gesetzentwurfs angeführten Gründe für diePrivilegierung gegenüber anderen Gläubigern für dieFunktionsfähigkeit der Clearingsysteme im geregeltenPrivilegierungsumfang tatsächlich zwingend erforder-lich sind. Dies gilt in besonderem Maße für das Anfech-tungsprivileg des § 104a Absatz 3 Satz 2 InsO-E und fürdie – dem Insolvenzrecht bislang fremden – Nachteils-nachweispflichten durch den Insolvenzverwalter (§ 104aAbsatz 3 Satz 4 InsO-E) als Ersatz seines üblicherweisebestehenden Erfüllungswahlrechts. Sollte sich diesbe-züglich die in der Begründung zu § 104a InsO-E in Aus-sicht gestellte Nachteilsausgleichsregelung nicht im In-teresse aller Gläubiger sachgerecht lösen lassen (vgl.Bundesratsdrucksache 127/11, S. 41), sollten entspre-chende Privilegien auch dort geschaffen werden, wo einGläubiger mangels Kontrahierungswahlrechts einemsystemimmanenten, nicht „entrinnbaren“ Anfechtungsri-siko unterliegt.

Wenn also für die Teilnehmer am Finanzmarkt Privile-gien geschaffen werden, muss Gleiches auch für die an-deren Gläubiger, mindestens aber – wegen der entspre-chenden Systemimmanenz der Anspruchsentstehung –für den Fiskus gelten.

Dabei ist zunächst anzustreben, die beabsichtigte Neu-regelung im Interesse eines alle Gläubiger gleich be-günstigenden Nachteilsausgleichs zu modifizieren.Sollte dies nicht möglich sein, muss zumindest ein Aus-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 53 – Drucksache 17/5712

gleich für die systembedingten Nachteile, die der Fiskusals Steuergläubiger erleidet, geschaffen werden.

Es ist darauf hinzuweisen, dass nicht nur die Finanz-marktstabilität und Wettbewerbsfähigkeit, sondern auchdie Stabilität der öffentlichen Haushalte eine herausge-hobene Bedeutung für die wirtschaftliche EntwicklungDeutschlands hat.

Diese Stabilität wird zum einen durch die fehlendenbzw. mehr und mehr eingeschränkten Aufrechnungs-möglichkeiten der öffentlichen Hand und zum anderendurch die massiven Anfechtungsmöglichkeiten von In-solvenzverwaltern erheblich gestört.

Durch die erleichterten Anfechtungsmöglichkeiten unddurch die anfechtungsfreundliche Rechtsprechung desBundesgerichtshofs ergeben sich nicht mehr kalkulier-bare Haushaltsrisiken, da die öffentlich-rechtlichenGläubiger Zahlungen, die sie zum Teil bereits vor Jahrenvereinnahmt haben, wieder an den Insolvenzverwalterauszahlen müssen. Hinzu tritt, dass der Bundesfinanzhofjüngst seine langjährige (und als gefestigt zu bezeich-nende) Rechtsprechung zur Verrechnung von Insolvenz-forderungen des Finanzamts mit Vorsteuervergütungsan-sprüchen des Insolvenzschuldners aufgegeben hat unddamit die Aufrechnungsmöglichkeiten des Fiskus weiter(deutlich) begrenzt hat (vgl. Urteil vom 2. November2010 – VII R 6/10 –, NJW 2011, 957). Die hieraus resul-tierenden Folgen sind derzeit nicht abschätzbar. Alleindiese Entscheidung wird aber zu erheblichen Steueraus-fällen führen, die sich mindestens im dreistelligen Mil-lionenbereich bewegen dürften. Eine zuverlässige Haus-haltsplanung des Bundes und der Länder wird dadurchweiter erschwert, wenn nicht unmöglich.

Diese, durch die Änderung der Rechtsprechung in Formneuer bzw. weiterer „Aufrechnungsbeschränkungen“ zuLasten des Fiskus – soweit er als Steuergläubiger betrof-fen ist – eingetretene Schieflage gilt es umgehend zu be-seitigen. Dies kann nach einhelliger Auffassung der fürFragen der Abgabenordnung zuständigen Vertreter derobersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder nurdurch eine Gesetzesänderung erreicht werden.

Der Bundesrat fordert daher die Bundesregierung auf,eine gesetzliche Regelung auf den Weg zu bringen, diedie Folgen der oben dargestellten Rechtsprechung zumAnlass nimmt, um der Finanzverwaltung die bislang be-stehenden – und bis dato vom Bundesfinanzhof unbe-anstandeten – Aufrechnungsmöglichkeiten zu erhaltenbzw. zurückzugeben.

7. Zu Artikel 1 Nummer 11a – neu –(§ 174 Absatz 2 InsO),Nummer 47a – neu –(§ 302 Nummer 1 InsO)

Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:

a) Nach Nummer 11 ist folgende Nummer 11a einzu-fügen:

,11a. In § 174 Absatz 2 werden nach dem Wort„Handlung“ die Wörter „oder eine Steuerhin-terziehung“ eingefügt.‘

b) Nach Nummer 47 ist folgende Nummer 47a einzu-fügen:

,47a. In § 302 Nummer 1 werden nach dem Wort„Handlung“ die Wörter „oder einer Steuerhin-terziehung“ eingefügt.‘

B e g r ü n d u n g

Die vorgeschlagenen Änderungen des § 174 Absatz 2und des § 302 Nummer 1 InsO haben das Ziel, die auseiner Steuerhinterziehung resultierenden Steueransprü-che von der Restschuldbefreiung auszunehmen.

Im Hinblick auf die Ausgleichsfunktion des Delikts-rechts werden Schadenersatzpflichten aus vorsätzlichbegangenen unerlaubten Handlungen sowie Geldstrafenund diesen gleichgestellte Verbindlichkeiten des Schuld-ners zwecks Bewahrung des Sanktionscharakters der-artiger Anordnungen von der Erteilung der Restschuld-befreiung nicht umfasst, vgl. § 302 InsO. Der Schuldnersoll sich durch das mit der Einführung der Insolvenzord-nung geschaffene Verfahren der Restschuldbefreiungnicht der Erfüllung solcher Verbindlichkeiten entziehenkönnen.

Der Anwendungsbereich des § 302 Nummer 1 InsO um-fasst nach der Rechtsprechung nicht die auf einer Steuer-hinterziehung beruhenden Steuerverbindlichkeiten, weildie Steuer nicht auf einer vorsätzlichen Verletzung desGesetzes beruhe, sondern auf der Verwirklichung desSteuertatbestandes des entsprechenden Steuergesetzes.Ferner sei § 370 AO kein Schutzgesetz im Sinne des§ 823 Absatz 2 BGB.

Ziel der Insolvenzordnung ist aber nicht nur die Gleich-behandlung der Gläubiger durch eine gemeinschaftlicheBefriedigung. Ein weiteres Ziel der Insolvenzordnung istes, dem redlichen Schuldner die Gelegenheit zu einemNeuanfang einzuräumen, in dem ihm die Befreiung vonseinen Verbindlichkeiten ermöglicht wird, § 1 Satz 2InsO. Es widerspricht daher dem Sinn der Insolvenzord-nung, demjenigen, der eine Steuerstraftat begangen hat,durch Erlangung der Restschuldbefreiung die aus dieserTat gezogenen Früchte, d. h. den Steuervorteil, zu erhal-ten.

Aufgrund der Einheit der Rechtsordnung ist es auchnicht nachvollziehbar, dass zwar für die nicht abgeführ-ten Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung keineRestschuldbefreiung gewährt wird, für die nicht abge-führte Lohnsteuer gleichwohl.

8. Zu Artikel 1 Nummer 14 (§ 217 InsO)

Artikel 1 Nummer 14 ist wie folgt zu fassen:

,14. § 217 wird wie folgt geändert:

a) Nach dem Wort „sowie“ werden die Wörter „dieVerfahrensabwicklung und“ eingefügt.

b) Folgender Satz wird angefügt:

„<wie Gesetzentwurf>“‘

B e g r ü n d u n g

Der Bundesrat begrüßt die angedachte Ergänzung des§ 217 InsO, wonach zukünftig auch die Anteils- oderMitgliedschaftsrechte der am Schuldner beteiligten Per-

Drucksache 17/5712 – 54 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

sonen in den Plan einbezogen werden können, mithin diestrikte Trennung zwischen Insolvenzrecht und Gesell-schaftsrecht aufgegeben wird. Der Bundesrat hält aberdarüber hinaus noch eine weitere Änderung in § 217InsO für angezeigt.

In einem Insolvenzplan können, dies ist allgemeine Mei-nung, grundsätzlich alle Regelungen getroffen werden,die auf dem Gebiet des Privatrechts rechtsgeschäftlichvereinbart werden können und zulässig sind (vgl. Fless-ner, in: Kreft, Heidelberger Kommentar zur Insolvenz-ordnung, 5. Auflage, vor § 217 ff. Rn. 8, § 217 Rn. 17).Gleichsam ist aber der abschließende Charakter des§ 217 InsO zu beachten. Die Regelung ermöglicht in Ab-weichung von den Vorschriften der Insolvenzordnung,dass die Befriedigung der absonderungsberechtigtenGläubiger und der Insolvenzgläubiger, die Verwertungder Insolvenzmasse und deren Verteilung an die Betei-ligten sowie die Haftung des Schuldners nach der Been-digung des Insolvenzverfahrens in einem Insolvenzplangeregelt werden können. Ganz allgemein anerkannt istdamit, dass der Inhalt eines Insolvenzplans aufgrund derwirtschaftlich und rechtlich denkbaren Konstellationenseines Ziels durch Elemente der Liquidation, der Über-tragung von Vermögenswerten auf Dritte („übertragendeSanierung“), der Reorganisation („Eigensanierung“) undder Schuldenregulierung gekennzeichnet sein kann.Vielfältige Mischformen sind dabei denkbar. Im gesetz-lich bestimmten Rahmen, den der § 217 ff. InsO vorgibt,sind aber auch andere Gestaltungen möglich, mit denendie Beteiligten ihre privatautonomen Vorstellungen voneiner (ökonomischen) Überwindung der Insolvenz um-zusetzen gedenken. Dem Grundgedanken der bestmög-lichen Gläubigerbefriedigung verpflichtet, hat der Ge-setzgeber das Insolvenzplanverfahren ergebnisoffenkonzipiert.

In der Praxis hat sich gerade bei hochkomplexen Insol-venzverfahren das Bedürfnis ergeben, über den Insol-venzplan auch Vorfragen zur Beseitigung tatsächlichersowie rechtlicher Hindernisse für die weitere Sanierungbzw. Abwicklung regeln zu können. Unter dem Stich-wort „verfahrensleitender“ bzw. „verfahrensbegleiten-der“ Insolvenzplan haben sich große Teile des Schrift-tums für die Zulässigkeit von Insolvenzplänen ausge-sprochen, die allein bestimmte Teilbereiche der Verfah-rensabwicklung betreffen, ohne dass hierdurch eineBeendigung des Insolvenzverfahrens beabsichtigt ist(vgl. u. a. Flessner, a. a. O. § 258 Rn. 4; Frank, Fest-schrift für Braun, 2007, S. 129 ff.; Jacobi, ZInsO 2010,2316, 2319 f.; Smid, DZWIR 2010, 397, 406).

Obwohl ein entsprechendes Bedürfnis für derartige In-solvenzpläne gesehen wird (vgl. hier noch Hörmann,EWIR 2008, 115, 116), ist die Vereinbarkeit solcher Re-gelungen mit dem geltenden Recht umstritten. DasLandgericht Frankfurt/Main (Beschluss vom 29. Okto-ber 2007 – 2/9 T 198/07) hat die Zulässigkeit eines sol-chen Plans unter Verweis auf § 258 Absatz 1 InsO, dervorsieht, dass das Insolvenzgericht nach rechtskräftigerBestätigung des Insolvenzplans die Aufhebung des In-solvenzverfahrens beschließt, abgelehnt. Der Bundesge-richtshof (Beschluss vom 5. Februar 2009 – IX ZB 230/07 –, WM 2009, 518) hat sich zu dieser Frage, da in die-

sem Fall für ihn letztlich nicht entscheidungserheblich,nicht geäußert.

Die Intentionen des Gesetzgebers, die dieser mit der Ein-führung des Insolvenzplanverfahrens verfolgte, dürftenentsprechenden Überlegungen, wie sie vom LandgerichtFrankfurt/Main vorgebracht worden sind, eher entgegen-stehen. Wertvolle Hinweise enthält hier vor allem dieBegründung des Entwurfs einer Insolvenzordnung. Dort(vgl. Bundestagsdrucksache 12/2443, S. 79 f.) heißt es:

„Nicht nur die Entscheidung über die Form und die Artder Masseverwertung, sondern auch die Entscheidungenüber die Gestaltung des Verfahrens, insbesondere überdie Fortführung des schuldnerischen Unternehmens undüber die Verfahrensdauer, berühren Interessen der Betei-ligten unmittelbar. (…) In der Marktwirtschaft mussgrundsätzlich das Urteil derjenigen Personen maßgeb-lich sein, deren Vermögenswerte auf dem Spiel stehenund die deshalb die Folgen von Fehlern zu tragen haben.Daraus ergibt sich die grundsätzliche Forderung, dassnicht nur der Ausgang, sondern auch der Gang des Insol-venzverfahrens von den Beteiligten, und zwar nachMaßgabe des Werts ihrer in das Verfahren einbezogenenRechte, bestimmt werden muss.“

Ferner wird an anderer Stelle dieser Begründung (Bun-destagsdrucksache 12/2443, S. 90) zum Insolvenzplanausgeführt:

„Der Zweck des neuen Rechtsinstituts ist es, den Betei-ligten einen Rechtsrahmen für die einvernehmliche Be-wältigung der Insolvenz im Wege von Verhandlungenund privatautonomen Austauschprozessen zu ermögli-chen. (…) Ein Höchstmaß an Flexibilität der Regelun-gen gestattet es den Beteiligten, die für sie günstigste Artder Insolvenzabwicklung zu entdecken und durchzuset-zen.“

Obwohl die Argumentation des Landgerichts Frankfurt/Main zu § 258 Absatz 1 InsO nicht zwingend ist, die Re-gelung nach richtiger Lesart nur den Zeitpunkt be-stimmt, vor dem eine Aufhebung des Insolvenzverfah-rens nicht erfolgen kann (vgl. Braun/Frank, in: Braun,Insolvenzordnung, 4. Auflage, § 258 Rn. 8), sollte § 217InsO vor diesem Hintergrund zur Klarstellung dahin-gehend ergänzt werden, dass über einen Insolvenzplanauch Fragen der Verfahrensabwicklung geklärt werdenkönnen. Auf diese Weise wäre den Beteiligten des Insol-venzverfahrens ein weiteres Instrument zur marktkon-formen Steuerung des Verhandlungs- und Entschei-dungsprozesses sowie der Deregulierung in der Insol-venzabwicklung (so ausdrücklich als Zielsetzung be-nannt in Bundestagsdrucksache 12/2443, S. 77 ff.) andie Hand gegeben, welches unter Ausnutzung vor allemder Planwirkung nach § 254 InsO unter Umständen erstdie Voraussetzungen für eine Sanierung oder eine injeder Hinsicht optimale Verwertung im Regelinsolvenz-verfahren schafft. Weitere konkrete Vorgaben zumRegelungsinhalt entsprechender Insolvenzpläne sollennicht normiert werden. Eine entsprechende Ausgestal-tung bleibt der Praxis vorbehalten. Zur Klarstellung istzudem eine Folgeänderung in § 258 Absatz 1 InsO vor-zunehmen.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 55 – Drucksache 17/5712

9. Zu Artikel 1 Nummer 17 (§ 225a Absatz 2 Satz 1 InsO)

In Artikel 1 Nummer 17 § 225a Absatz 2 Satz 1 sindnach dem Wort „Gläubigern“ die Wörter „, soweit essich nicht um Forderungen juristischer Personen des öf-fentlichen Rechts handelt,“ einzufügen.

B e g r ü n d u n g

Die im Gesetzentwurf vorgesehene Möglichkeit der Um-wandlung von Gläubigerforderungen (insbesondere auchSteuerforderungen) in Mitgliedschafts- oder Anteils-rechte ist mit den Zielen der Haushaltsordnungen derLänder, deren unternehmerische Betätigung auf die Ver-folgung von wichtigen Interessen des Landes zu be-schränken, nicht in Einklang zu bringen. Ein wichtigesLandesinteresse wird in diesen Fällen regelmäßig nichtvorliegen, so dass ein Anteilserwerb abzulehnen wäreund die Regelung für öffentlich-rechtliche Gläubiger insLeere liefe.

Die gleichwohl in jedem Einzelfall erforderliche Prüfungdes Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen zur Be-teiligung des Landes an privatrechtlichen Unternehmen(vgl. § 65 der Landeshaushaltsordnung Nordrhein-West-falens und vergleichbare Vorschriften der anderen Län-der) hätte erheblichen, zusätzlichen Verwaltungsaufwandzur Folge. Die von den Finanzministerien der Länder zuprüfenden und zu entscheidenden Fälle würden sich nichtnur auf Insolvenzplanverfahren von Steuerpflichtigendes jeweiligen Landes beschränken, sondern würden sichwegen der Tilgungswirkung der Umwandlung von Steu-erforderungen in Mitgliedschafts- und Anteilsrechtesowie der Steuergläubigerschaft aller Länder bei der Um-satzsteuer (vgl. Artikel 106 GG) auf entsprechende Insol-venzplanverfahren in allen Ländern erstrecken.

Erheblicher zusätzlicher Verwaltungsaufwand würdeauch bei den Gemeinden entstehen. Diese sind nach derüberwiegenden Auffassung in der verfassungsrecht-lichen Literatur ebenfalls Steuergläubiger der Gemein-schaftsteuern (Umsatz- und Einkommensteuer), so dasssie über die Umwandlung von Steuerforderungen ausGemeinschaftsteuern oder Gewerbesteuern in Anteils-oder Mitgliedschaftsrechte unter Beachtung der Rege-lungen der Gemeindeordnungen zur Beteiligung an pri-vatrechtlichen Unternehmen zu entscheiden hätten. Hin-sichtlich der Umsatzsteuer erstreckt sich die Steuergläu-bigerschaft jeder Gemeinde auf das Bundesgebiet.

Durch den vorgeschlagenen gesetzlichen Ausschlussöffentlich-rechtlicher Gläubiger von der Umwandlungihrer Gläubigerforderungen in Mitgliedschafts- und An-teilsrechte wird der andernfalls entstehende, erheblicheVerwaltungsaufwand vermieden. Für die Insolvenzplan-verfahren tritt insoweit kein abweichendes Ergebnis ein,weil die gesetzlichen Voraussetzungen der Landeshaus-haltsordnungen zur Beteiligung der Länder an privat-rechtlichen Unternehmen grundsätzlich nicht vorliegenwerden und die öffentlich-rechtlichen Gläubiger sowohlnach dem Gesetzentwurf der Bundesregierung als auchdem vorliegenden Änderungsvorschlag mit einer Bar-quote in Höhe des werthaltigen Teils der Forderungenabzufinden sind, um die nach der Insolvenzordnung er-forderliche gleichmäßige Gläubigerbefriedigung herzu-stellen.

10. Zu Artikel 1 Nummer 17 (§ 225a Absatz 2 InsO)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetz-gebungsverfahrens zu prüfen, ob es zum Erhalt vonRechtspositionen (rechtsträgergebundenen Berechti-gungen) nach einem Debt Equity Swap beim Schuldnerweiterer Regelungen bedarf, die die Wirksamkeit soge-nannter Change-of-Control-Klauseln einschränken.

B e g r ü n d u n g

Der Bundesrat begrüßt es ausdrücklich, dass der Ge-setzentwurf Erleichterungen für die Zulässigkeit einesDebt Equity Swaps schafft, der in der Zukunft ein zen-trales Element für die Sanierung von Unternehmen imRahmen eines Insolvenzplans darstellen kann.

Es wird aber angeregt zu prüfen, inwieweit die unteranderem damit verbundenen Intentionen zum Erhaltvon rechtsträgergebundenen Berechtigungen (vgl. Be-gründung in Bundesratsdrucksache 127/11, S. 42)umfassend erreicht werden können, wenn in diesemBereich zwischen den Vertragsparteien sogenannteChange-of-Control-Klauseln vereinbart sind, die esz. B. im Falle eines Gesellschafterwechsels möglichmachen, ein Sonderkündigungsrecht auszuüben. Wärees dem Vertragspartner des Schuldners nach einemDebt Equity Swap möglich, die Vereinbarung aufzu-kündigen, mit der Folge, dass die jeweilige Berechti-gung des Schuldners entfällt, wäre durch die ange-dachte Neuregelung in solchen Fällen nichts gewonnen.Es sollte daher geprüft werden, inwieweit Regelungennotwendig und möglich sind, die den Verlust entspre-chender rechtsträgergebundener Berechtigungen nacheinem Debt Equity Swap aufgrund solcher vertraglicherAbreden vermeiden.

11. Zu Artikel 1 Nummer 17a – neu – (§ 228 InsO),Nummer 39 (§ 254a InsO)

Der Bundesrat bittet im weiteren Verlauf des Gesetzge-bungsverfahrens zu prüfen, ob Artikel 1 wie folgt geän-dert werden sollte:

a) Nach Nummer 17 ist folgende Nummer 17a einzu-fügen:

,17a. § 228 wird wie folgt gefasst:

„§ 228Änderung sachenrechtlicher Verhältnisse

Die Verpflichtung, Rechte an Gegenstän-den zu begründen, zu belasten, inhaltlich zuändern, zu übertragen oder aufzuheben, kannin den gestaltenden Teil des Insolvenzplansaufgenommen werden.“‘

b) Nummer 39 § 254a ist wie folgt zu fassen:

„§ 254aRechte an Gegenständen. Sonstige Wirkungen

des Plans

Soweit aufgrund der Festlegungen des Insolvenz-plans Rechte an Gegenständen begründet, belastet,inhaltlich geändert, übertragen oder aufgehobenoder Beschlüsse von Gesellschaften oder Gesell-schaftsorganen gefasst werden sollen, gilt der Insol-venzverwalter als in der vorgeschriebenen Form er-

Drucksache 17/5712 – 56 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

mächtigt, alle zur Durchführung des Insolvenzplanserforderlichen und zweckdienlichen Rechtshandlun-gen vorzunehmen und Erklärungen entgegenzuneh-men. Er ist weiterhin befugt, hierzu erforderlicheAnmeldungen zum zuständigen Registergericht undvorgeschriebene Bekanntmachungen vorzunehmensowie zur Eintragung erforderliche Erklärungen ab-zugeben, ohne dass es hierzu der Mitwirkung dersonst zur Anmeldung berechtigten und verpflichte-ten Personen bedarf.“

B e g r ü n d u n g

Der Entwurf erweitert den Katalog derjenigen Erklä-rungen, die in einen Insolvenzplan aufgenommen wer-den können und unmittelbar dingliche Wirkung entfal-ten, auf sämtliche gesellschaftsrechtlichen Vorgänge(§ 254a InsO-E).

Die praktische Abwicklung derartiger in den gestalten-den Teil des Insolvenzplans aufgenommener gesell-schaftsrechtlicher Regelungen ist jedoch im Entwurfnicht befriedigend gelöst. In der Entwurfsbegründungheißt es hierzu (vgl. Bundesratsdrucksache 127/11,S. 53):

„Nicht durch den Plan ersetzt werden nachfolgendekonstituierende Publizitätsakte wie die Eintragung insRegister. Die im Insolvenzplan gefassten Beschlüssebzw. sonstigen Willenserklärungen müssen nach Maß-gabe der einschlägigen gesellschaftsrechtlichen Be-stimmungen in das jeweilige Handels-, Genossen-schafts-, Partnerschafts- oder Vereinsregister eingetra-gen werden, um Wirksamkeit zu erlangen. Dabei hatdas Registergericht nur eine eingeschränkte Prüfungs-kompetenz, denn das wirksame Zustandekommen desPlans wird bereits durch das Insolvenzgericht geprüft.Dem Registergericht kommt hier vor allem eine beur-kundende Funktion zu.“

Das Verhältnis der Prüfungspflichten des Insolvenzge-richts einerseits und des Registergerichts andererseitsist nicht klar. Vor allem stellt sich die Frage, wie sich et-waige Mängel der gesellschaftsrechtlichen Erklärungenauf die Wirksamkeit des Insolvenzplans auswirken,wenn diese dazu führen, dass ein registerrechtlicherVollzug nicht möglich ist.

Entsprechende Probleme können auch bei dem Vollzugvon im Insolvenzplan aufgenommenen sachenrechtli-chen Erklärungen entstehen, welche im Grundbuch ein-getragen werden müssen. Zwar ist die Aufnahme sol-cher Erklärungen in den Insolvenzplan bereits nach gel-tendem Recht möglich (§§ 228, 254 InsO). Da in denJahren 1999 bis 2008 jedoch nur 1,3 Prozent der eröff-neten Insolvenzverfahren im Planverfahren abgewi-ckelt wurden, kann allerdings nicht davon ausgegangenwerden, dass sich diese Regelungen in der Praxis be-währt haben. Der vorliegende Entwurf einer Reformder Insolvenzordnung sollte daher Anlass sein, die be-stehende Regelung zu ändern und nicht noch – wie esder Entwurf vorsieht – deren Anwendungsbereich zuerweitern.

Die vorgeschlagene Änderung vermeidet die vorste-hend geschilderte Problematik dadurch, dass der In-solvenzplan selbst lediglich schuldrechtlich wirkt. Mit

Hilfe der Fiktion einer gesetzlichen Ermächtigungdes Insolvenzverwalters, die schuldrechtlichen Festle-gungen des Insolvenzplans zu vollziehen, können diefehlerträchtigen dinglichen Rechtsakte nebst grund-buch- und registerrechtlichen Handlungen von diesemdurchgeführt werden. In Verfahren vor öffentlichenRegistern (Handels-, Vereins-, Genossenschafts- undPartnerschaftsregister) ist ihm die Sachbefugnis zuAnmeldungen einschließlich der Abgabe damit im Zu-sammenhang stehender Erklärungen (insbesondereVersicherungen) zu übertragen. Durch ein solches Ver-fahren werden die Insolvenzgerichte von der oftmalsschwierigen Prüfung der Vollziehbarkeit des Plans ent-lastet.

12. Zu Artikel 1 Nummer 18 (§ 229 Satz 3 InsO)

In Artikel 1 Nummer 18 § 229 Satz 3 sind nach demWort „jedoch“ die Wörter „dem Planersteller“ einzu-fügen.

B e g r ü n d u n g

Der Bundesrat begrüßt die Ergänzung des § 229 InsOund damit die ausdrückliche Normierung, dass alle be-kannten Forderungen in die Plangestaltung aufzuneh-men sind. Entsprechend der Begründung zum Gesetz-entwurf (vgl. Bundesratsdrucksache 127/11, S. 46)sollte aber schon im Gesetzestext selbst zum Ausdruckkommen, dass insoweit auf die Kenntnis des Planerstel-lers abzustellen ist. Eine solche Klarstellung empfiehltsich vor allem mit Blick auf mögliche Unterschiedebeim Kenntnisstand zwischen dem Insolvenzverwalterals Planersteller und dem – z. B. am (Insolvenz-plan-)Verfahren nicht interessierten – Schuldner.

13. Zu Artikel 1 Nummer 20 Buchstabe a Doppelbuch-stabe cc (§ 231 Absatz 1 Satz 2 InsO)

Artikel 1 Nummer 20 Buchstabe a Doppelbuchstabe ccist zu streichen.

B e g r ü n d u n g

Die in § 222 Absatz 2 InsO-E vorgesehene Möglich-keit, verschiedene Gruppen zu bilden, in denen Anteils-inhaber mit gleichartigen wirtschaftlichen Interessenzusammengefasst werden können, stellt erhöhte Anfor-derungen an das Gericht bei der Vorprüfung des Plans(§ 231 Absatz 1 Nummer 1 InsO-E). Die vorgeseheneFrist von zwei Wochen wird vor diesem Hintergrundnicht in allen Fällen eine sachgerechte Entscheidungdes Gerichts ermöglichen. Mag auch ein aussichtsrei-ches Planverfahren nicht durch eine zögerliche Sachbe-arbeitung durch das Insolvenzgericht vereitelt werdendürfen, so fehlt es doch an Anhaltspunkten dafür, dassdies in der Praxis bisher nicht erfolgt. Auch die Ent-wurfsbegründung legt nahe, dass eine längere Prü-fungsfrist im Einzelfall durch das Gericht angemessensein wird. Es besteht daher aus fachlicher Sicht keinBedarf für die im Entwurf vorgesehene Regelung.

14. Zu Artikel 1 Nummer 35 (§ 251 Absatz 1 InsO)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetz-gebungsverfahrens zu prüfen, ob in § 251 Absatz 1InsO-E zur Klarstellung nach den Wörtern „beteiligten

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57 – Drucksache 17/5712

Person“ die Wörter „, soweit deren Anteils- oder Mit-gliedschaftsrechte in den Plan einbezogen sind,“ einzu-fügen sind.

B e g r ü n d u n g

Der Bundesrat hält es grundsätzlich für sachgerecht,dass der Minderheitenschutz, den die Regelung des§ 251 InsO-E vermittelt, zukünftig auch für die amSchuldner beteiligten Personen gilt. Ausgehend von derBegründung des Gesetzentwurfs – insbesondere auchzur der Beteiligung dieser Personen an der Abstim-mung über den Plan (vgl. Bundesratsdrucksache 127/11, S. 44 und 50) – soll der Minderheitenschutz abernur gelten, wenn der Insolvenzplan in die Anteils- oderMitgliedschaftsrechte dieser Personen eingreift. Umentsprechende Auseinandersetzungen zu dieser Frage(speziell auch mit Blick auf § 251 Absatz 1 Nummer 2InsO-E) zu vermeiden, sollte geprüft werden, ob sicheine entsprechende Klarstellung nicht bereits im Geset-zeswortlaut anbietet, die am Schuldner beteiligten Per-sonen also nur dann Minderheitenschutz geltend ma-chen können, wenn der Insolvenzplan in deren Anteils-oder Mitgliedschaftsrecht eingreift.

15. Zu Artikel 1 Nummer 37 (§ 253 Absatz 1 InsO)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetz-gebungsverfahrens zu prüfen, ob in § 253 Absatz 1InsO-E zur Klarstellung nach den Wörtern „beteiligtenPersonen“ die Wörter „, soweit deren Anteils- oderMitgliedschaftsrechte in den Plan einbezogen sind,“einzufügen sind.

B e g r ü n d u n g

Der Bundesrat hält es grundsätzlich für sachgerecht,dass der Rechtsschutz, den die Regelung des § 253InsO-E vermittelt, zukünftig auch für die am Schuldnerbeteiligten Personen gilt. Entsprechend der Begrün-dung des Gesetzentwurfs (vgl. Bundesratsdrucksache127/11, S. 51), wonach allgemeine Voraussetzung einerBeschwerde das Vorliegen einer Beschwer ist, der In-solvenzplan also überhaupt die Rechte des jeweiligenBeschwerdeführers berühren muss, sollte, um Ausein-andersetzungen zu dieser Frage (speziell auch mit Blickauf § 253 Absatz 2 Nummer 3 InsO-E) zu vermeidenund unabhängig von § 253 Absatz 2 Nummer 2, § 238aAbsatz 2 InsO-E, § 237 Absatz 2 InsO, geprüft werden,ob sich eine entsprechende Klarstellung nicht bereits imGesetzeswortlaut anbietet, die am Schuldner beteiligtenPersonen also nur dann zur Erhebung der sofortigenBeschwerde berechtigt sein sollen, wenn der Insolvenz-plan in deren Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte ein-greift.

16. Zu Artikel 1 Nummer 37 (§ 253 InsO)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetz-gebungsverfahrens zu prüfen, ob in Fällen, in denen dasInsolvenzgericht einem Insolvenzplan die Bestätigungversagt, nicht auch der Insolvenzverwalter (möglicher-weise auch nur unter bestimmten weiteren Voraus-setzungen) berechtigt werden kann, eine sofortige Be-schwerde gegen die gerichtliche Entscheidung einzu-legen.

B e g r ü n d u n g

Nach dem Wortlaut des § 253 Absatz 1 InsO-E stehtallein den Gläubigern und dem Schuldner gegen denBeschluss, durch den der Insolvenzplan bestätigt oderdie Bestätigung versagt wird, die sofortige Beschwerdeals Rechtsmittel zu. Der Insolvenzverwalter ist auch fürden Fall, dass er den Plan selbst vorgelegt hat (§ 218Absatz 1 Satz 1 InsO), nicht beschwerdeberechtigt; bis-lang erschöpft sich seine Stellung allein in einem reinenVorlagerecht.

In einer Entscheidung aus dem Jahr 2005 hat derBundesgerichtshof (Urteil vom 7. Juli 2005 – IX ZB266/04 –, WM 2005, 1852) darauf hingewiesen, dassder Insolvenzverwalter, wenn der von ihm vorgelegteund vom Gericht bestätigte Plan mit der sofortigen Be-schwerde angegriffen wird, die Interessen derjenigenGläubiger, die dem Plan zugestimmt haben, im Be-schwerdeverfahren mit wahrnimmt. Überträgt mandiese – zustimmungswürdige – Einschätzung auf denFall, dass der durch die Gläubigermehrheit angenom-mene Insolvenzplan keine gerichtliche Bestätigungfindet, läge es nahe, dem Insolvenzverwalter ein Be-schwerderecht (möglicherweise auch nur unter be-stimmten weiteren Voraussetzungen, z. B. soweit ihnder Gläubigerausschuss/die Gläubigerversammlung be-auftragt) zuzubilligen, welches im Sinne einer gesetzli-chen Prozessstandschaft für die dem Insolvenzplan zu-stimmenden Gläubiger ausgestaltet werden könnte. Da-mit ließe sich auch die Praxis vermeiden, nach der derInsolvenzverwalter im Interesse der (zustimmenden)Gläubigergesamtheit in solchen Fällen einen einzelnenGläubiger zur Einlegung der Beschwerde „veranlassen“(vgl. Flessner, in: Kreft, Heidelberger Kommentar zurInsolvenzordnung, 5. Auflage, § 253 Rn. 3) muss.

17. Zu Artikel 1 Nummer 37 (§ 253 InsO),Nummer 38 (§ 254 InsO)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzge-bungsverfahrens zu prüfen, ob das Insolvenzplanver-fahren durch Anpassungen im Rechtsmittelrecht nichtnoch stärker von Hemmnissen und Verzögerungsmög-lichkeiten befreit werden kann, durch die einzelneGläubiger das Wirksamwerden eines Insolvenzplansüber einen längeren Zeitraum verhindern können.

B e g r ü n d u n g

Der Bundesrat begrüßt die Bemühungen, das Insolven-zplanverfahren planbarer und kalkulierbarer zu ma-chen, indem in § 253 InsO-E mehrere Einschränkungenfür die Zulässigkeit einer sofortigen Beschwerde gere-gelt werden sollen. Berechtigterweise weist die Ent-wurfsbegründung wiederholt (vgl. z. B. Bundesrats-drucksache 127/11, S. 24) darauf hin, dass das Wirk-samwerden von Insolvenzplänen nach derzeit gelten-dem Recht durch Rechtsmittel einzelner Gläubiger überMonate oder gar Jahre hinausgezögert werden kann,entsprechende Sanierungen daher schon aus diesemGrund oftmals zum Scheitern verurteilt sind.

Der Bundesrat hat einerseits gewisse Bedenken, ob vorallem die in § 253 Absatz 2 InsO-E vorgesehenen Re-gelungen ausreichen, um obstruierende Gläubiger in

Drucksache 17/5712 – 58 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

das Insolvenzplanverfahren einzubinden; im Schwer-punkt haben die neuen Regelungen eher formellen Cha-rakter, der durch die Gläubiger, die es auf ein Scheiterndes Insolvenzplans anlegen, „überwunden“ werdenkann. Im Ausgangspunkt plausibel erscheinen anderer-seits die Bedenken, die gegen die in der Literatur zufindenden Vorschläge zur Aufhebung des Suspensivef-fekts einer (sofortigen) Beschwerde geltend gemachtwerden (vgl. Entwurfsbegründung in Bundesratsdruck-sache 127/11, S. 51). In der Tat erscheint eine solcheLösung mit der Rechtsnatur des Insolvenzplans, der mitseiner Bestätigung materiell gestaltende Wirkung ent-faltet, kaum vereinbar. Prüfenswert erscheint indes, obman nicht die angedachte Richterzuständigkeit für dasPlanverfahren nach § 18 Absatz 1 Nummer 2 RPflG-Enutzen kann, um auf ein Rechtsmittel gegen den Be-schluss über die Bestätigung eines Insolvenzplans voll-ständig zu verzichten. Erwogen werden könnte auch,dass der Gläubiger über das Beschwerdeverfahren(oder über einen Rechtsstreit außerhalb des Insolvenz-verfahrens) in Anlehnung an die Regelung des § 246aAbsatz 4 AktG nur noch den Ersatz des durch den In-solvenzplan hervorgerufenen Vermögensschadens ver-langen kann. Entsprechende Vorschläge, mit denen dasStörpotenzial einzelner Gläubiger erheblich minimiertwerden könnte, finden sich bereits in der insolvenz-rechtlichen Literatur und sollten nochmals ernsthaftdiskutiert werden.

18. Zu Artikel 1 Nummer 38 Buchstabe b(§ 254 Absatz 4 InsO)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetz-gebungsverfahrens zu prüfen, inwieweit die Regelungdes § 254 Absatz 4 InsO-E durch eine Norm ergänztwerden kann, die den Interessen von Neugläubigern beieinem Auftreten einer möglicherweise stammkapital-losen Gesellschaft im Rechtsverkehr hinreichend Rech-nung trägt.

B e g r ü n d u n g

Der Bundesrat erkennt an, dass es im Zusammenhangmit der Umwandlung von Forderungen in Anteils- oderMitgliedschaftsrechte am Schuldner notwendig ist, dieentsprechenden Gläubiger vor Streitigkeiten mit demSchuldner über die Bewertung ihrer eingebrachten For-derung vor dem Hintergrund von § 9 Absatz 1 und § 19Absatz 4 GmbHG zu schützen. Durch die angedachteRegelung in § 254 Absatz 4 InsO-E erhalten die betrof-fenen Gläubiger, die sich am Schuldner beteiligen, Pla-nungs- und Kalkulationssicherheit.

Fraglich ist aber, ob damit auch den Interessen vonNeugläubigern hinreichend Rechnung getragen wird.Zumindest bislang ist nicht erkennbar, wie die mit§ 254 Absatz 4 InsO-E verbundenen Risiken des Auf-tretens einer möglicherweise stammkapitallosen Ge-sellschaft für entsprechende Neugläubiger im Rechts-verkehr kompensiert werden sollen. Es wird daher an-geregt, mögliche Ergänzungen im Gesellschaftsrecht zuprüfen, wie sie bereits in der Literatur diskutiert werden(vgl. Hölzle, NZI 2011, 124, 129).

19. Zu Artikel 1 Nummer 40 (§ 258 Absatz 1 InsO)

Artikel 1 Nummer 40 ist wie folgt zu fassen:

,40. § 258 wird wie folgt geändert:

a) In Absatz 1 werden nach dem Wort „ist“ dieWörter „und der Insolvenzplan nicht etwas an-deres vorsieht“ eingefügt.

b) Absatz 2 wird wie folgt gefasst:

„<wie Gesetzentwurf>“‘

B e g r ü n d u n g

Die Neufassung des § 258 Absatz 1 InsO-E soll im Zu-sammenhang mit der angedachten Änderung in § 217InsO-E zur Zulässigkeit „verfahrensleitender“ bzw.„verfahrensbegleitender“ Insolvenzpläne klarstellen,dass ein rechtskräftig bestätigter Insolvenzplan nichtzwingend die unmittelbare Aufhebung des Insolvenz-verfahrens durch das Insolvenzgericht zur Folge habenmuss, insoweit vielmehr der Insolvenzplan mit seinemInhalt selbst vorgibt, ob schon durch diesen die Voraus-setzungen zum Verfahrensabschluss geschaffen werdenoder dies dem Regelinsolvenzverfahren (oder mögli-cherweise einem weiteren Insolvenzplan) überlassenbleibt.

20. Zu Artikel 1 Nummer 43(§ 270b Absatz 1 Satz 3 InsO)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzge-bungsverfahrens zu prüfen, ob einzelne Formulierun-gen in § 270b Absatz 1 Satz 3 InsO-E noch weiter kon-kretisiert werden können.

B e g r ü n d u n g

Der Bundesrat begrüßt die beabsichtigte Neuregelungin § 270b InsO-E, mit der die Vorteile der Eigenverwal-tung und die des Insolvenzplans im Rahmen einesneuen Sanierungsverfahrens kombiniert werden sollen.Hiermit wird dem Schuldner, der frühzeitig eine Eröff-nung des Insolvenzverfahrens beantragt, ein Verfahrenzur Verfügung gestellt, das ihm die Kontrolle über seinUnternehmen im Grundsatz belässt.

Der Bundesrat erkennt auch an, dass die Regelung des§ 270b Absatz 1 Satz 3 InsO-E gegenüber der im Dis-kussionsentwurf enthaltenen Fassung aus dem letztenJahr eine inhaltliche Konkretisierung dadurch erfahrenhat, dass die vorzulegende Bescheinigung nun mitGründen versehen werden muss. Gleichwohl wird da-rum gebeten, die Formulierungen nochmals zu über-denken. Es wird angeregt, die Verwendung unbestimm-ter Rechtsbegriffe („Bescheinigung“, „eines in Insol-venzsachen erfahrenen Steuerberaters …“, „Person mitvergleichbarer Qualifikation“) weiter einzuschränken,diese durch anerkannte Begrifflichkeiten („Fachanwaltfür Insolvenzrecht etc.) zu ersetzen oder durch ergän-zende Umschreibungen näher zu definieren, damit derPraxis eine hinreichende Handhabung dieser Norm er-möglicht wird. Dies erscheint vor allem deshalb not-wendig, da sonst nicht sicher ausgeschlossen ist, dassdie Vorzüge des in Rede stehenden Sanierungsverfah-rens bereits in der Phase der Antragstellung durchentsprechende Streitigkeiten zwischen den Beteiligten

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 59 – Drucksache 17/5712

über das Vorliegen der formellen Voraussetzungen nach§ 270b Absatz 1 Satz 3 InsO-E überlagert werden.

21. Zu Artikel 1 Nummer 43(§ 270b Absatz 2 Satz 2 InsO)

Artikel 1 Nummer 43 § 270b Absatz 2 Satz 2 ist zustreichen.

B e g r ü n d u n g

Die Regelung des § 270b Absatz 2 Satz 2 InsO-E, nachder das Gericht einen vom Schuldner vorgeschlagenenvorläufigen Sachwalter nur bei offensichtlicher Unge-eignetheit ablehnen kann, sollte gestrichen werden. Esmuss sichergestellt werden, dass die Kontrolle des Ver-fahrens durch einen fachlich qualifizierten Sachwaltererfolgt. Es ist nicht darstellbar, dass im Rahmen der Ei-genverwaltung z. B. eine Person auf Vorschlag desSchuldners durch das Gericht zum Sachwalter zu be-stimmen ist, welche keine einschlägige Berufserfah-rung aufweisen kann. Das Gericht ist zur Überwachungdes Verfahrens verpflichtet, so dass zur Vermeidung et-waiger Amtshaftungsansprüche sichergestellt werdenmuss, dass das Gericht nur geeignete Personen zumSachwalter zu bestellen hat. Der vom Schuldner vorge-schlagene und gegebenenfalls schon vorher in seinemBetrieb tätige Sachwalter kommt aus der Sphäre desSchuldners, soll diesen dann aber im Rahmen der Ei-genverwaltung überwachen. Es erscheint zweifelhaft,ob in diesem Fall eine objektive Überwachung gewähr-leistet ist.

22. Zu Artikel 1 Nummer 43(§ 270b Absatz 2 Satz 3 Halbsatz 1 InsO)

In Artikel 1 Nummer 43 § 270b Absatz 2 Satz 3 Halb-satz 1 ist das Wort „bis“ durch das Wort „und“ zu er-setzen.

B e g r ü n d u n g

Bei einem Eröffnungsantrag des Schuldners wegen dro-hender Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung mitgleichzeitigem Antrag auf Eigenverwaltung erscheintes ausgeschlossen, dass eine vorläufige Postsperrenach § 21 Absatz 2 Nummer 4 InsO ein angemessenesSicherungsmittel für ein im Interesse des Schuldnersangeordnetes Sanierungsverfahren (vgl. Begründung inBundesratsdrucksache 127/11, S. 58) sein könnte, weilein entsprechender Eingriff in die Grundrechtspositiondes Schuldners regelmäßig verhindern dürfte, dassdieser sein Unternehmen fortführen kann. Der entspre-chende Verweis auf § 21 Absatz 2 Nummer 4 InsOsollte daher entfallen.

23. Zu Artikel 1 Nummer 43(§ 270b Absatz 2 Satz 3 Halbsatz 2 InsO)

In Artikel 1 Nummer 43 § 270b Absatz 2 Satz 3 Halb-satz 2 sind das Wort „hat“ durch das Wort „soll“ unddas Wort „anzuordnen“ durch das Wort „anordnen“ zuersetzen.

B e g r ü n d u n g

Die vorgesehene Verpflichtung des Gerichts, auf An-trag des Schuldners die Zwangsvollstreckung gemäß

§ 21 Absatz 2 Nummer 3 InsO zu untersagen bzw.einstweilen einzustellen, ist zu weitgehend. Hier mussdem Gericht im Hinblick auf dessen Überwachungs-funktion ein Entscheidungsspielraum belassen werden,um die Ablehnung der beantragten Maßnahme(n) ins-besondere für den Fall zu ermöglichen, dass der Ver-dacht des Missbrauchs des Schutzschirms und der Be-nachteiligung der vollstreckenden Gläubiger im Raumsteht. Zur Verwirklichung des durch § 270b InsO-Eangestrebten Schutzschirms für den Schuldner ist esausreichend, wenn durch die Einführung einer Soll-Be-stimmung klargestellt wird, dass dem entsprechendenAntrag des Schuldners in der Regel stattzugeben ist undnur in Ausnahmefällen eine Ablehnung erfolgen soll.

24. Zu Artikel 1 Nummer 43 (§ 270b Absatz 3 InsO)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetz-gebungsverfahrens zu prüfen, ob in § 270b Absatz 3InsO-E oder in einem neu einzufügenden Absatz 4 eineSanktion aufzunehmen ist für den Fall, dass der Schuld-ner bzw. der Sachwalter dem Insolvenzgericht entgegen§ 270b Absatz 3 Satz 2 InsO-E nicht unverzüglich denEintritt der Zahlungsunfähigkeit anzeigt.

B e g r ü n d u n g

§ 270b InsO-E ermöglicht ein eigenständiges Sanie-rungsverfahren zwischen Eröffnungsantrag und Verfah-renseröffnung und entfaltet einen neuartigen Schutz-schirm (vgl. Begründung in Bundesratsdrucksache 127/11, S. 58 f.).

Die Regelung des § 270b InsO-E setzt einen Eröff-nungsantrag des Schuldners (§ 18 InsO) voraus, der zu-sätzlich einen Antrag auf Eigenverwaltung sowie denmaßgeblichen Antrag auf Schutz zur Vorbereitung einerSanierung zu enthalten hat. Sofern die angestrebte Sa-nierung nicht offensichtlich aussichtslos ist, bestimmtdas Insolvenzgericht bei Vorlage der weiteren Voraus-setzungen eine Frist zur Vorlage eines Insolvenzplans.Dem Schuldner wird es im Schutz des § 270b InsO-Eermöglicht, einen Sanierungsplan zu erstellen, der an-schließend durch einen Insolvenzplan umgesetzt wer-den soll. Die Privilegien des Schutzschirmes werden al-lerdings nur gewährt, wenn die Sanierung unter Auf-sicht eines Sachwalters erfolgt.

Die Regelung des § 270b Absatz 3 InsO-E verpflichtetdas Gericht, seine Anordnung unter den dort aufgeführ-ten Voraussetzungen aufzuheben mit der Folge, dassdas Eröffnungsverfahren nach den allgemeinen Vor-schriften fortzuführen ist.

Aufhebungsgrund ist gemäß § 270b Absatz 3 Num-mer 1 InsO-E der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit. Ge-mäß § 270b Absatz 3 Satz 2 obliegt es dem Schuldneroder dem vorläufigen Sachwalter, dem Gericht den Ein-tritt der Zahlungsunfähigkeit unverzüglich anzuzeigen.Diese Verpflichtung zur (rechtzeitigen) Anzeige istallerdings nicht strafbewehrt.

Im Hinblick auf die Gesamtsystematik erscheint beach-tenswert, dass der nicht rechtzeitige Antrag auf Eröff-nung des Insolvenzverfahrens unter den weiteren Vor-aussetzungen des § 15a InsO aus Gründen des Gläubi-gerschutzes strafbewehrt ist. Auch wenn der gerichtli-

Drucksache 17/5712 – 60 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

chen Anordnung nach § 270b InsO-E ein Antrag aufEröffnung des Insolvenzverfahrens vorausgegangen ist,birgt die verzögerte oder unterlassene Anzeige des zwi-schenzeitlichen Eintritts der Zahlungsunfähigkeit er-neut die Gefahr der Gläubigergefährdung, wenn unterdem Schutzschirm der gerichtlichen Anordnung dasletzte Vermögen des Schuldners vernichtet wird.

Ein sanktionsloser Verstoß stellt daher eine Strafbar-keitslücke dar, die der Gesamtsystematik der Insolvenz-ordnung nicht entspricht.

Die Eigenverwaltung im Sinne des § 270 ff. InsO-E,insbesondere der vorgesehene § 270b InsO-E, gewährtdem Schuldner gerade die Privilegien eines Schutz-schirms. Der Verzicht auf eine Sanktion könnte zudemden Eindruck erwecken, als wäre die Einhaltung derflankierenden Regelungen von untergeordneter Bedeu-tung.

25. Zu Artikel 1 Nummer 49 Buchstabe b(§ 348 Absatz 2 Satz 2 – neu – InsO)

Artikel 1 Nummer 49 Buchstabe b § 348 Absatz 2 istfolgender Satz anzufügen:

„Informationen können zwischen den Gerichten im Üb-rigen auch ausgetauscht werden, soweit die Vorausset-zungen für die Anerkennung eines ausländischen Insol-venzverfahrens zu klären sind.“

B e g r ü n d u n g

Der Bundesrat begrüßt vollauf, dass der Entwurf eineausdrückliche Regelung zur unmittelbaren und unbüro-kratischen Zusammenarbeit und Kommunikation vonInsolvenzgerichten bei Insolvenzen mit grenzüber-schreitender Tragweite vorsieht.

Allerdings geht der Entwurf insoweit nicht weit genug.Denn soweit für die Zusammenarbeit und Kommunika-tion nach § 348 Absatz 2 InsO-E gefordert wird, dassdie Voraussetzungen der Anerkennung vorliegen, wirdübersehen, dass dies sich vor allem in den Fällen alsproblematisch erweist, in denen eine Kommunikationmit dem ausländischen Gericht gerade dafür erforder-lich ist, um die Frage der Anerkennungsfähigkeit klärenund Zuständigkeitskonflikte vermeiden zu können. DerEntwurf ist daher um die oben genannte Regelung zuergänzen, die es den Insolvenzgerichten ermöglicht,auch und gerade zu diesem Zweck Informationen aus-zutauschen.

26. Zu Artikel 1 (Änderung der Insolvenzordnung)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetz-gebungsverfahrens zu prüfen, ob die in Artikel 1 vorge-sehenen Änderungen der Insolvenzordnung um eineRegelung zur Insolvenzfestigkeit von Lizenzverträgenüber ein Recht am geistigen Eigentum ergänzt werdensollten.

B e g r ü n d u n g

Nach geltender Rechtslage fallen Lizenzverträge unter§ 103 InsO, so dass bei einer Insolvenz des Lizenz-gebers im Falle der Vertragsablehnung durch den Insol-venzverwalter – anders als nach der bis 1990 geltenden

Konkursordnung – eine Umgestaltung des Vertragsver-hältnisses eintritt mit der Folge, dass dem Lizenz-nehmer nur noch ein Anspruch auf Schadenersatzwegen Nichterfüllung zusteht (§ 103 Absatz 2 InsO),der eine einfache Insolvenzforderung darstellt. Der Li-zenznehmer ist dann darauf verwiesen, seine Forderungzur Insolvenztabelle anzumelden und muss damit rech-nen, dass diese in der Regel nur mit einer geringenQuote bedient oder ganz ausfallen wird.

Weil die Entwicklung neuer Produkte von ihrer Erfin-dung bis zur Marktreife häufig lange Zeiträume undhohe Kosten erfordert, benötigen die Unternehmen ins-besondere bei der Inanspruchnahme von Patentlizenzenaber dringend Rechtssicherheit, dass eine vertraglicheingeräumte Lizenz im Falle der Insolvenz des Lizenz-gebers weiterhin von Bestand ist und die entsprechen-den Entwicklungskosten nicht verloren sind. Gleichesgilt auch für Lizenzen an Computersoftware und musi-kalischen Werken, bei denen dem Lizenznehmer imFalle der Insolvenz des Lizenzgebers bei einem ent-sprechenden Verhalten des Insolvenzverwalters eben-falls enormer wirtschaftlicher Schaden droht.

Die diesbezügliche insolvenzrechtliche Regelungschwächt den Wirtschafts- und ForschungsstandortDeutschland, weil potenzielle Lizenznehmer das zu-meist nicht absicherbare Insolvenzrisiko des Lizenzge-bers häufig scheuen und es unter diesen Umständenvorziehen, dann ganz auf die Nutzung und Umsetzungneuer Technologien zu verzichten. Hinzu kommt, dassandere Länder, wie etwa die USA und Japan, in ihrernationalen Gesetzgebung Lizenzen bereits insolvenz-fest ausgestaltet haben, so dass es sich insoweit auchum einen Standortnachteil der deutschen Unternehmenim ständig zunehmenden globalen Wettbewerb handelt,der beseitigt werden sollte.

27. Zu Artikel 2 Nummer 1 Buchstabe b(§ 17 Absatz 2 Satz 1 InsVV)

Artikel 2 Nummer 1 Buchstabe b § 17 Absatz 2 Satz 1ist wie folgt zu fassen:

„Für die Erfüllung der dem vorläufigen Gläubigeraus-schuss nach § 56 Absatz 2 und § 270 Absatz 3 der In-solvenzordnung zugewiesenen Aufgaben erhalten des-sen Mitglieder jeweils eine einmalige Vergütung inHöhe von 300 Euro.“

B e g r ü n d u n g

Der angedachte Wortlaut des § 17 Absatz 2 Satz 1InsVV-E lässt nicht hinreichend deutlich erkennen, dassjedes Mitglied im vorläufigen Gläubigerausschuss fürdie Tätigkeiten nach § 56 Absatz 2 und § 270 Absatz 3InsO-E einen Anspruch auf eine einmalige Vergütungin Höhe von 300 Euro hat. Vielmehr legt die beabsich-tigte Formulierung eher nahe, dass die Vergütung voneinmalig 300 Euro den Mitgliedern des vorläufigenGläubigerausschusses insgesamt zusteht. Die Änderungdient der Klarstellung, um entsprechende Zweifels-fragen, die nach der Entwurfsbegründung (vgl. Bundes-ratsdrucksache 127/11, S. 64) nicht beabsichtigt seindürften, von vornherein zu vermeiden.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 61 – Drucksache 17/5712

28. Zu Artikel 4 (§ 22 Absatz 6 Satz 2, 3 GVG)Artikel 5 Nummer 2 Buchstabe c(§ 18 Absatz 4 Satz 2, 3 RPflG)

Die Artikel 4 und 5 Nummer 2 Buchstabe c sind zustreichen.

B e g r ü n d u n g

Der Bundesrat teilt die Auffassung der Bundesregie-rung, dass der Erfolg eines Insolvenzverfahrens auchvon der Fachkompetenz des Insolvenzrichters und desInsolvenzrechtspflegers abhängt. Dieser Umstand kannjedoch kein Anlass dafür sein, von den Insolvenzrich-tern und Insolvenzrechtspflegern den Nachweis beson-derer Fachkenntnisse zu verlangen:

a) Zur Begründung des Gesetzentwurfs heißt es, dassim Bereich der Insolvenzgerichte das Erfordernisvon speziellen Fachkenntnissen im Gegensatz zumBereich der Wirtschaftsstrafsachen nicht durchgän-gig anerkannt sei. Worauf diese Erkenntnis beruht,ergibt sich aus der Entwurfsbegründung nicht. Essind auch keine Untersuchungen bekannt, die einesolche Einschätzung belegen würden. Beispiels-weise für den niedersächsischen Geschäftsbereichist dieser Behauptung jedenfalls entgegenzutreten,da die angebotenen Fortbildungsveranstaltungenzum Insolvenzrecht jeweils eine Auslastung von100 Prozent hatten. Daher kann aus Sicht des Bun-desrates bereits die Ausgangsprämisse einer unzu-reichenden Fortbildungsbereitschaft der Insolvenz-richter nicht geteilt werden, so dass insoweit auchkein Handlungsbedarf des Bundesgesetzgebers er-sichtlich ist.

Die Statuierung einer Pflicht zum Nachweis erhöh-ter Fachkenntnisse von Insolvenzrichtern bedeuteteinen gravierenden Bruch mit der geltenden Ausbil-dungskonzeption, nach der die Befähigung zumRichteramt gemäß § 5 Absatz 1 DRiG dazu befä-higt, jede richterliche Tätigkeit auszuüben. Dass eskeine unterschiedliche Befähigung für die Richterder verschiedenen Gerichtsbarkeiten gibt, wird inder einschlägigen Fachliteratur für die heutige Zeitzutreffend als selbstverständlich angesehen (vgl.Schmidt-Räntsch, DRiG, 6. Aufl., § 5 Rn. 2 f.). Esmacht gerade den besonderen Wert der deutschenJuristenausbildung aus, dass der ausgebildete Ein-heitsjurist aufgrund seiner Rechtskenntnisse undseiner wissenschaftlich-methodischen Fähigkeitenin der Lage ist, sich schnell auch in neue Rechts-materien einzuarbeiten. Nach dem Modell des Ge-setzgebers ist der Einheitsjurist nicht nur in derLage, den Beruf des Richters oder Staatsanwaltsauszuüben, vielmehr hält der Gesetzgeber den er-folgreichen Absolventen der zweiten juristischenStaatsprüfung ohne Weiteres für befähigt, den Berufdes Rechtsanwalts auszuüben, obwohl dieser eineAnzahl weiterer Fähigkeiten und Kenntnisse ver-langt, die nicht Gegenstand der juristischen Ausbil-dung sind. Der Gesetzentwurf stellt im Ergebniseine Abkehr vom Modell des Einheitsjuristen dar,was aus rechtssystematischen Gründen im Deut-schen Richtergesetz erfolgen müsste.

Die Einschätzung der Bundesregierung, dass einAbsolvent der zweiten juristischen Staatsprüfungzwar über ausreichende Kenntnisse verfügt, um sounterschiedliche und komplexe Materien wie dasSozialrecht, das Arbeitsrecht, das Strafrecht und dasZivilrecht in all seinen Ausprägungen zu beurteilen,aber nicht genügend ausgebildet ist, um das Insol-venzrecht sachgerecht zu bearbeiten, erscheint nichtnachvollziehbar. Obwohl beispielsweise das Sozial-recht gemäß § 16 NJAVO nicht zum Pflichtstoff-katalog der juristischen Ausbildung gehört, kann einAbsolvent ohne weitere Zusatzkenntnisse Sozial-richter werden. Zwischen dem Sozialrecht und demInsolvenzrecht ist kein qualitativer Unterschied er-sichtlich, der es gebieten würde, für eine Tätigkeitals Insolvenzrichter erhöhte Anforderungen zustellen.

Sofern man die Notwendigkeit besonderer Kennt-nisse für die Insolvenzrichtertätigkeit bejaht, stelltesich die Frage, warum dies in anderen Bereichennicht der Fall sein sollte. Zu denken wäre hier bei-spielsweise an besondere psychologische Kennt-nisse von Familien- und Betreuungsrichtern, ankriminologische und psychologische Kenntnissevon (Jugend-)Strafrichtern, an Steuer- und Buch-haltungskenntnisse der Mitglieder von Wirtschafts-strafkammern, an Buchhaltungskenntnisse von Han-delsrichtern oder an psychologische und völker-kundliche Kenntnisse von Verwaltungsrichtern inKammern für Asylangelegenheiten. HinreichendeAnhaltspunkte für eine sachgerechte Differenzie-rung, warum in bestimmten Fällen weitere Kennt-nisse verlangt werden sollen, in anderen Bereichenaber nicht, sind nicht erkennbar.

Da die normale juristische Ausbildung nicht ausrei-chend sein soll, um die verlangten Fachkenntnissezu belegen, enthält Artikel 4 des Gesetzentwurfs derSache nach eine Fortbildungspflicht für Insolvenz-richter. Auf der Herbstkonferenz der Justizministe-rinnen und Justizminister am 4. November 2010 istdie Frage der Normierung einer allgemeinen Fort-bildungspflicht für Richter erörtert worden. Hier be-stand im Ergebnis Einigkeit, dass keine Notwendig-keit für eine diesbezügliche Regelung bestehe, weildie Richter ihre rechtlich bestehende Verpflichtungzur Fortbildung bereits jetzt sehr verantwortungs-voll wahrnehmen und die vorhandenen Fortbildung-sangebote umfangreich genutzt werden. Gründe, diezu einer anderen Einschätzung führen könnten,liegen nicht vor. Sofern man hinsichtlich des Insol-venzrechts spezielle Fortbildungsverpflichtungenschafft, wirft dies die Frage nach einer Fortbil-dungspflicht für weitere Spezialmaterien auf. Dieszeigt sich derzeit an dem Referentenentwurf einesGesetzes zur Stärkung der Rechte von Opfern sexu-ellen Missbrauchs (StORMG), in dem in Artikel 3Nummer 2 eine spezielle Fortbildungspflicht für Ju-gendrichter und Jugendstaatsanwälte statuiert wird.Wollte man für jede Spezialmaterie ein speziellesAnforderungsprofil erstellen und Schulungspflich-ten gesetzlich verankern, käme auf die Länder imErgebnis ein erheblicher personeller und finanziel-

Drucksache 17/5712 – 62 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

ler Mehraufwand für die Fortbildung zu, der ange-sichts der derzeitigen Haushaltslage unrealistisch er-scheint.

Schließlich würde nunmehr erstmals der Nachweisvon Kenntnissen auf den Gebieten des Insolvenz-rechts, des Handels- und Gesellschaftsrechts sowievon Grundkenntnissen der für das Insolvenzverfah-ren notwendigen Teile des Arbeits-, Sozial- undSteuerrechts und des Rechnungswesens verlangtwerden. Wie dieser Nachweis konkret geführt wer-den soll, lässt der Gesetzentwurf bewusst offen undverweist hierfür auf wertende Entscheidungen derPräsidien. Eine Prüfung soll zwar ausweislich derEntwurfsbegründung nicht verlangt werden, ande-rerseits wäre aber streng genommen davon auszuge-hen, dass die Teilnahme an einer Fortbildungsveran-staltung und die Vorlage einer Teilnahmebescheini-gung jedenfalls nicht ausreichend sein dürften, daallein die Teilnahme als solche nicht den Erwerbvon Kenntnissen belegt.

Die Nachweispflicht wird zudem dem Umstandnicht gerecht, dass die Formen richterlicher Fortbil-dung individuell sehr verschieden sein können unddürfen. Sowohl die klassische Lektüre von Fachzeit-schriften und Kommentaren sowie der Besuch vonSeminarveranstaltungen, aber auch bereits der re-gelmäßige Austausch unter Kollegen sind Maßnah-men, die abhängig von der einzelnen Person unter-schiedlichen Erfolg zeigen können. Schon aus die-sem Grund wird es nicht gelingen, exakte Fortbil-dungsinhalte festzulegen, die auf die konkretenBedürfnisse eines jeden einzelnen Richters zuge-schnitten sind. Dem Richter muss daher im Ergebnisnicht nur der Weg freigestellt bleiben, den er zurAktualisierung seiner Rechts- und Fachkenntnissewählt, er muss grundsätzlich auch die Freiheit ha-ben, die für ihn wichtigen Schwerpunkte seinerFortbildungstätigkeit selbständig zu wählen. In denVerantwortungsbereich des Präsidiums fällt danndie Verpflichtung, die Geschäfte so zu verteilen,dass sie von den betroffenen Richterinnen und Rich-tern auch sachgerecht bewältigt werden können.

b) Das Insolvenzrecht sowie das Handels- und Gesell-schaftsrecht sind auch bereits Gegenstand desRechtspflegerstudiums. Den Vorgaben von § 2 Ab-satz 1 Satz 2 RPflG entsprechend werden denRechtspflegeranwärtern während ihres Studiumsalle Fähigkeiten und Kenntnisse vermittelt, die siezur Erfüllung der Aufgaben eines Rechtspflegersbenötigen. Hierfür sieht beispielsweise der aktuelleStudienplan der Norddeutschen Hochschule fürRechtspflege in Hildesheim, an der Anwärter ausBremen, Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein ausgebildet werden, sowohl im Grund-studium als auch im Hauptstudium I jeweils Veran-staltungen zum Handels- und Gesellschaftsrechtvor, an deren Ende Leistungskontrollen in Form vonKolloquien und einer Klausur erfolgen. Das Insol-venzrecht wird im Rahmen des Hauptstudiums I be-handelt und ebenfalls in Form einer Klausur abge-prüft. Schließlich werden auch Grundkenntnisse der

Betriebswirtschaft sowie des einschlägigen Arbeits-und des Sozialrechts vermittelt. Vor diesem Hinter-grund erschließt sich nicht, welche weitergehendenKenntnisse von den Absolventen der Rechtspfleger-ausbildung verlangt werden sollten. Soweit der Ge-setzentwurf damit begründet wird, dass hierdurchdie fachliche Qualifikation von Rechtspflegern ge-währleistet werden soll, die kein entsprechendesFachhochschulstudium absolviert haben, ist daraufhinzuweisen, dass dies eine nicht gesetzlich rege-lungsbedürftig erscheinende Ausnahme sein dürfte.In Niedersachsen gibt es keinen solchen Fall; soferndiese Konstellation in anderen Ländern auftretensollte, ist davon auszugehen, dass die jeweiligenKenntnisse und Fähigkeiten der Rechtspfleger beider Geschäftsverteilung hinreichend berücksichtigtwerden. Im Übrigen sind diesseits auch keine Unter-suchungen bekannt oder sonstige Erkenntnisse vor-handen, die auf eine unzureichende Kompetenz vonInsolvenzrechtspflegern hindeuten würden.

Sofern man die Notwendigkeit besonderer Kennt-nisse für die Tätigkeit als Insolvenzrechtspfleger be-jaht, stellte sich auch hier die Frage, warum dies inanderen Bereichen nicht der Fall sein sollte. Zu den-ken wäre hier beispielsweise an besondere psycho-logische Kenntnisse von Rechtspflegern in Betreu-ungs-, Kindschafts- oder Nachlassangelegenheitenoder an psychologische Kenntnisse von Rechtspfle-gern, die in Rechtsantragstellen tätig sind. Hinrei-chende Anhaltspunkte für eine sachgerechte Diffe-renzierung, warum in bestimmten Fällen weitereKenntnisse verlangt werden sollen, in anderen Be-reichen aber nicht, sind nicht erkennbar. Wollte manjedoch für jede Spezialmaterie ein spezielles An-forderungsprofil erstellen und Schulungspflichtengesetzlich verankern, käme auf die Fortbildung imErgebnis ein erheblicher personeller und finanziellerMehraufwand zu, der angesichts der derzeitigenHaushaltslage unrealistisch erscheint.

29. Zu Artikel 5 Nummer 2 Buchstabe a(§ 18 Absatz 1 Nummer 2 RPflG)

Artikel 5 Nummer 2 Buchstabe a ist zu streichen.

B e g r ü n d u n g

Der Entwurf sieht vor, dass das gesamte Insolvenzplan-verfahren dem Richter vorbehalten ist. Diese Regelungist abzulehnen.

Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass Rechtspflegerim Insolvenzverfahren wirtschaftlich bedeutende undrechtlich anspruchsvolle Aufgaben mit Erfolg wahrneh-men. Es besteht daher kein Anlass, mit Verweis auf die„wirtschaftliche Bedeutung“ und die „rechtlichen Im-plikationen“ des neu gestalteten Insolvenzplanverfah-rens dieses zwingend dem Richter vorzubehalten. Dieflexible Regelung in § 18 Absatz 2 RPflG, wonach sichder Richter das Insolvenzverfahren ganz oder teilweisevorbehalten kann, wenn er es für geboten erachtet, istauch für das Insolvenzplanverfahren neuer Prägungausreichend.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 63 – Drucksache 17/5712

30. Zu Artikel 7 (§ 1 InsStatG)

In Artikel 7 § 1 sind nach dem Wort „Planungsentschei-dungen“ die Wörter „und zur Evaluierung der Effizienzdes geltenden Insolvenzrechts“ einzufügen.

B e g r ü n d u n g

Die Einbeziehung der ergebnisorientierten zusätzli-chen Angaben in die Insolvenzstatistik dient vor allemdem Ziel der Evaluierung des geltenden Insolvenz-rechts. Daher sollte die Evaluierung auch neben denwirtschaftspolitischen Planungsentscheidungen als Zielder Statistik benannt werden.

31. Zu Artikel 7 (§ 2 InsStatG)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzge-bungsverfahrens zu prüfen, ob die Einrichtung vorläufi-ger Gläubigerausschüsse nicht als Erhebungsmerkmalin § 2 des Insolvenzstatistikgesetzes aufgenommenwerden sollte.

B e g r ü n d u n g

Während § 21 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1a InsO-E demGericht bei der Einsetzung eines vorläufigen Gläubiger-ausschusses Ermessen einräumt, sieht § 22a InsO-E vor,dass solche vorläufigen Gläubigerausschüsse vorbehalt-lich der Ausnahmen in Absatz 2 zwangsläufig bei Errei-chen bestimmter Schwellenwerte zu bilden sind. Ausder Entwurfsbegründung wiederum ist ersichtlich, dassnur in unvollkommenem Maße statistische Angaben zuden genannten Werten vorliegen. Insbesondere über dieBilanzen insolventer Unternehmen liegen keine Anga-ben vor. Daher ist noch nicht sicher prognostizierbar, inwie vielen Fällen die Gerichte vorläufige Gläubigeraus-schüsse einsetzen werden. Für die spätere Evaluationder vorliegenden Reform, namentlich für die Frage, obder Gedanke der Stärkung des Gläubigereinflusses un-zureichenden, hinreichenden oder gar übermäßigenNiederschlag gefunden hat, dürfte es von Bedeutungsein, in wie vielen Verfahren solche vorläufigen Gläubi-gerausschüsse eingesetzt wurden.

32. Zu Artikel 7 (§ 2 Nummer 1 Buchstabe a InsStatG)

In Artikel 7 § 2 Nummer 1 Buchstabe a sind die Wörter„und des internationalen Bezugs“ zu streichen.

B e g r ü n d u n g

Das Merkmal „Art des internationalen Bezugs“ ist einuntaugliches Erhebungsmerkmal, weil es unbestimmtist. Es ist nicht erkennbar, ob es sich hierbei um ein rei-nes Ja/Nein-Kriterium handelt oder ob die Art des Ver-fahrens als Partikular- oder Sekundärverfahren imSinne des § 354 ff. InsO angegeben werden soll.

33. Zu Artikel 7(§ 2 Nummer 1 Buchstabe b1 – neu – InsStatG)

Nach Artikel 7 § 2 Nummer 1 Buchstabe b ist folgenderBuchstabe b1 einzufügen:

„b1) Datum der Antragstellung,“.

B e g r ü n d u n g

Die Einführung des zusätzlichen Erhebungsmerkmals„Datum der Antragstellung des Insolvenzantrags“

würde zur Objektivierung des Umgangs mit den Datender Statistik in der Öffentlichkeit beitragen.

Die monatlich veröffentlichten Statistiken werden inder Öffentlichkeit häufig und fälschlicherweise als ak-tuelles Konjunkturbarometer interpretiert. Die in denMedien angestellten Vergleiche der Zahlen zwischenden Ländern führen nicht selten zu politischen Diskus-sionen. Insolvenzanträge werden erst nach der Be-schlussfassung der Insolvenzgerichte über die Eröff-nung (bzw. Nichteröffnung) des Verfahrens gemeldet.Das Datum der Beantragung eines Insolvenzverfahrens,das teilweise bereits mehrere Monate zurückliegt, wirddagegen nicht erfasst. Veränderungen der Monats- undQuartalsdaten spiegeln bisher unter Umständen eherSchwankungen der Arbeitsbedingungen und der Ar-beitsbelastung in den Gerichten wider, als ökonomischeoder juristische Entwicklungen. Zudem wäre eine Er-gänzung dieses Merkmals wünschenswert, um die tat-sächliche Verfahrensdauer exakt zu ermitteln.

34. Zu Artikel 7 (§ 2 Nummer 1 Buchstabe c InsStatG)

In Artikel 7 § 2 Nummer 1 Buchstabe c ist das Kommanach dem Wort „Rechtsform“ durch die Wörter „undsoweit bekannt“ zu ersetzen.

B e g r ü n d u n g

Die Merkmale „Geschäftszweig, Jahr der Gründung,Zahl der betroffenen Arbeitnehmer und die Eintragungin das Handels-, Genossenschafts- Vereins- oder Part-nerschaftsregister“ sind den Geschäftsstellen, die dieStatistikdaten melden, nicht zwingend in jedem Verfah-ren bekannt. Bei Abweisungen mangels Masse ist z. B.die Zahl der Arbeitnehmer aus den Akten nicht immererkennbar. Wenn durch die richterlichen Ermittlungendiese Daten nicht festgestellt werden, worauf die Ge-schäftsstellen keinen Einfluss haben, können keine An-gaben hierzu gemacht werden. Dasselbe gilt für dieVermögensmasse oder das Jahr der Gründung. Durchdie Statistikanforderungen kann nicht der Umfang undInhalt der richterlichen Ermittlungen vorgegeben wer-den.

35. Zu Artikel 7 (§ 2 Nummer 1 Buchstabe c InsStatG)

In Artikel 7 § 2 Nummer 1 Buchstabe c sind nach demWort „Gründung,“ die Wörter „Umsatz des letzten Ge-schäftsjahres,“ und nach dem Wort „Arbeitnehmer“ dieWörter „(bei Konzerninsolvenzen aufgeteilt auf die ein-zelnen Länder)“ einzufügen.

B e g r ü n d u n g

Das Erhebungsmerkmal „Umsatz des letzten Ge-schäftsjahres“ sollte mit aufgenommen werden, da eswichtige Informationen liefert. Bisher ist aus der Statis-tik nicht ersichtlich, welche Unternehmen mit welchenUmsätzen besonders von Insolvenzen betroffen sind.Daher ist auch keine Zuordnung zu den Größenklassennach der EU-Definition für kleine und mittlere Unter-nehmen (KMU) möglich. Bisher erfolgt nur eine Auf-teilung anhand der betroffenen Arbeitnehmerzahlen,die für sich alleine keine Zuordnung zur KMU-Defini-tion ergibt. Anhand der Umsatzzahlen lässt sich zudem

Drucksache 17/5712 – 64 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

bei weiteren Auswertungen ableiten, ab welcher Grö-ßenordung des Umsatzes möglicherweise die Insol-venzwahrscheinlichkeit steigt.

Die zu meldende Anzahl der durch die Insolvenz be-troffenen Arbeitnehmer sollte entsprechend der Veror-tung der betroffenen Arbeitsplätze im Bundesgebiet an-teilig auf die Länder aufgeteilt werden.

Bisher werden bei Konzerninsolvenzen sämtliche be-troffenen Konzernarbeitsplätze jenem Land zugeordnet,in dem der Hauptverwaltungssitz des Konzerns liegt.Dies führte beispielsweise bei der Insolvenz der FirmaQuelle dazu, dass sämtliche betroffenen Quelle-Ar-beitsplätze in Deutschland in der Statistik des LandesNordrhein-Westfalen Niederschlag fanden, da die Kon-zernmutter Arcandor ihren Sitz in Essen hat.

36. Zu Artikel 7 (§ 2 Nummer 1 Buchstabe f InsStatG)

In Artikel 7 § 2 Nummer 1 Buchstabe f sind vor demWort „voraussichtliche“ die Wörter „soweit bekannt“einzufügen.

B e g r ü n d u n g

Auch diese Daten sind den Geschäftsstellen nicht im-mer bekannt, sie können deshalb nicht obligatorisch ab-gefragt werden.

Schon heute werden in der Praxis vielfach unzutref-fende Angaben geliefert. Bei dem Fremdantrag einesGläubigers beispielsweise und einem einfach festzu-stellenden Ergebnis einer notwendigen Abweisungmangels Masse ohne Ermittlung der gesamten Verbind-lichkeiten – Zahlungsunfähigkeit liegt auch rechtlichschon bei nicht Zahlbarkeit einer einzigen Forderungvor – wird oftmals die Antragsforderung als Forde-rungssumme mitgeteilt, weil den Geschäftsstellennichts anderes bekannt ist. Diese Angaben entsprechenaber nicht den tatsächlichen Gegebenheiten.

37. Zu Artikel 7 (§ 2 Nummer 2 Buchstabe b InsStatG)

In Artikel 7 § 2 Nummer 2 Buchstabe b sind vor demWort „geschätzte“ die Wörter „soweit feststellbar“ ein-zufügen.

B e g r ü n d u n g

In der Praxis finden sich in der überwiegenden Zahl derFälle sogenannte flexible Schuldenbereinigungspläne,mit denen die Schuldner „den nach § 850c ZPO pfänd-baren Teil ihres Einkommens“ als Zahlbetrag anbieten.Die Höhe der Leistung ist in diesen Fällen im Zeitpunktdes Abschlusses des Verfahrens nicht bestimmbar. DieSchätzung der Leistungen kann deshalb in diesen Fäl-len nicht erfolgen.

38. Zu Artikel 7 (§ 2 Nummer 3 Buchstabe d InsStatG)

Artikel 7 § 2 Nummer 3 Buchstabe d ist zu streichen.

B e g r ü n d u n g

Das Kriterium ist weder hinreichend spezifiziert nochpraktisch umsetzbar. Es ist nicht erkennbar, welche An-gaben konkret erwartet werden. Es könnte sich theore-tisch um Ja/Nein-Angaben handeln. Bei dem wirt-

schaftlichen Sanierungserfolg ist aber schon unklar, wiedieser definiert werden soll. Fraglich ist, ob und wie dieArt der Sanierung angegeben werden soll.

39. Zu Artikel 7 (§ 2 Nummer 3 Buchstabe e InsStatG)

Artikel 7 § 2 Nummer 3 Buchstabe e ist zu streichen.

B e g r ü n d u n g

Das Kriterium „Angaben über die Vorfinanzierung vonArbeitsentgelt im Rahmen der Gewährung von Insol-venzgeld“ ist nicht hinreichend spezifiziert und prak-tisch nicht umsetzbar. Es ist nicht erkennbar, welcheDaten hier erwartet werden (z. B. ob Ja/Nein-Angabenoder Höhe des vorfinanzierten Insolvenzgeldes).

40. Zu Artikel 7 (§ 4 Absatz 1 Satz 3 InsStatG)

Artikel 7 § 4 Absatz 1 Satz 3 ist wie folgt zu ändern:

a) In Nummer 1 ist die Angabe „§ 3 Nummer 1, 2, 4, 5und 7“ durch die Angabe „§ 3 Nummer 1, 2, 4und 7“ zu ersetzen.

b) In Nummer 2 ist die Angabe „§ 3 Nummer 1 bis 5und 7“ durch die Angabe „§ 3 Nummer 3 und 5“ zuersetzen.

B e g r ü n d u n g

Die im Gesetzentwurf vorgesehenen Regelungen in § 4Absatz 1 Satz 3 InsStatG-E führen, abweichend zu ihrerBegründung, nicht zu einer Trennung der Zuständigkei-ten zwischen Amtsgerichten einerseits und Insolvenz-verwaltern, Sachwaltern oder Treuhändern anderer-seits. Durch obige Änderung wird jedoch eine entspre-chende Trennung vorgenommen.

41. Zu Artikel 7 (§ 4 Absatz 3 Nummer 1 InsStatG)

In Artikel 7 § 4 Absatz 3 Nummer 1 sind die Wörter „indem die jeweilige gerichtliche Entscheidung erlassenwurde“ durch die Wörter „nachdem die gerichtlicheEntscheidung rechtskräftig geworden ist“ zu ersetzen.

B e g r ü n d u n g

Wenn die Mitteilung an das Statistische Bundesamt in-nerhalb von zwei Wochen erfolgen soll, nachdem dieEntscheidung erlassen wurde, werden unter UmständenEntscheidungen mitgeteilt, die im Rechtsmittelverfah-ren wieder aufgehoben werden. Um statistisch richtigeDaten zu erhalten, darf die Mitteilung erst erfolgen,wenn die Entscheidung auch rechtskräftig ist.

42. Zu Artikel 10 (Inkrafttreten)

Artikel 10 ist wie folgt zu fassen:

„Artikel 10

Inkrafttreten

Die Artikel 7 und 8 treten am 1. Januar 2013 inKraft. Im Übrigen tritt das Gesetz am … [einsetzen:Datum des ersten Tages des zwölften auf die Verkün-dung folgenden Kalendermonats] in Kraft.“

B e g r ü n d u n g

Die Umsetzung des geplanten Gesetzes wird erheblicheÄnderungen in den bei den Gerichten eingesetzten

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 65 – Drucksache 17/5712

Fachverfahren und Textprogrammen erforderlich ma-chen. Die Umsetzung der Fachverfahrensänderungenkann dabei wegen der konzeptionellen Vorarbeiten frü-hestens acht Monate nach Verabschiedung des Gesetzeserfolgen. Da zwischen der Umsetzung und dem Echt-einsatz erfahrungsgemäß ein Testzeitraum von mindes-tens drei Monaten liegt, können die für die gerichtlichePraxis notwendigen Änderungen der IT-Verfahren vor-aussichtlich elf Monate nach Verabschiedung des Ge-setzes zur Verfügung gestellt werden. Es ist daher drin-gend erforderlich, dass das Gesetz im Übrigen – mitAusnahme der Artikel 7 und 8 – erst frühestens ein Jahrnach Verabschiedung in Kraft tritt.

Auch für die Artikel 7 und 8 sind die soeben erörtertenIT-bedingten Umsetzungszeiträume einzukalkulieren.Da der Beginn einer neuen Art der statistischen Er-hebung nur zum Anfang eines Kalenderjahres sinnvollist und davon auszugehen ist, dass der Entwurf nochim Jahr 2010 Gesetz werden kann, ist für die Artikel 7und 8 ein Inkrafttreten zum 1. Januar 2013 vorzusehen.

Sollte die Stellungnahme des Bundesrates in Nummer 1des Beschlusses im weiteren Verlauf des Gesetzge-bungsverfahrens keine Berücksichtigung finden, wäreArtikel 10 des Gesetzentwurfs auch insoweit zu ergän-zen, dass Artikel 1 Nummer 1 am ersten Tag des vier-undzwanzigsten auf die Verkündung folgenden Kalen-dermonats in Kraft tritt. Dafür sprechen folgendeGründe:

Für die Umsetzung der geänderten Verordnungser-mächtigung in § 2 Absatz 2 Satz 1 InsO-E stehen denLändern nach der in Artikel 10 vorgeschlagenen Rege-lung über das Inkrafttreten des Gesetzes im ungünstigs-ten Fall lediglich sechs Monate zur Verfügung. DieseFrist ist zu knapp bemessen, um den Ländern mit An-passungsbedarf eine sachgerechte Auswahl der neuenStandorte und einen verantwortungsbewussten Umgangmit dem betroffenen Personal zu ermöglichen. Für diemit § 2 Absatz 2 Satz 1 InsO-E verfolgte Reduzierungder Insolvenzgerichte auf ein Insolvenzgericht in jedemLandgerichtsbezirk ist zunächst in jedem Landgerichts-bezirk ein Abstimmungsprozess hinsichtlich der Aus-wahl des einen Standortes für das Insolvenzgericht er-forderlich. Ist in jedem Landgerichtsbezirk die Ent-scheidung für ein Insolvenzgericht getroffen, ist der er-forderliche Raumbedarf für die Richterinnen undRichter, Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger sowieMitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Serviceeinhei-ten zu ermitteln und durch Anmietung, Ausbau oderNeubau von Gerichtsgebäuden zu realisieren. Die Aus-stattung der angemieteten, ausgebauten oder neu ge-bauten Gerichtsgebäude insbesondere mit der erforder-lichen Informations- und Kommunikationstechnik istvorzunehmen. Sodann sind die erforderlichen personal-wirtschaftlichen und sonstigen organisatorischen Maß-nahmen zu ergreifen. Zudem ist das Verfahren zur Än-derung der nach der bisherigen Regelung des § 2Absatz 2 InsO erlassenen Verordnungen zu durchlau-fen. Dieser Umsetzungsbedarf ist nicht innerhalb vongegebenenfalls sechs Monaten zu realisieren. Deshalbbedarf es hier einer angemessenen Umsetzungsfrist vonzwei Jahren.

43. Zum Gesetzentwurf allgemein

Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetz-gebungsverfahrens zu prüfen, ob die Regelungen zurÄnderung der Insolvenzordnung, mit denen der Sanie-rungsgedanke innerhalb des Gesetzes gestärkt wird,durch Regelungen im Steuerrecht ergänzt werden kön-nen, die diesem Ziel ebenfalls Rechnung tragen.

B e g r ü n d u n g

Der Bundesrat begrüßt den Ansatz des Gesetzentwurfs,innerhalb eines gläubigerorientierten Verfahrens Er-leichterungen für die Sanierung von Unternehmen zuschaffen. Es wird aber zu bedenken gegeben, dass ent-sprechende Intentionen bislang nicht hinreichend durchNormen im Steuerrecht gestützt werden.

Im Blick steht dabei vor allem die Problematik des so-genannten Sanierungsgewinns. Umschrieben ist damitder (Buch-)Gewinn, der sich dadurch ergibt, dass Gläu-biger zum Zwecke der Sanierung eines Unternehmensganz oder zumindest zum Teil auf ihre Forderungen ge-gen den jeweiligen Rechtsträger verzichten. Grundsätz-lich ist dieser Gewinn seit Streichung des § 3 Num-mer 66 EStG a. F. durch das Gesetz zur Fortsetzungder Unternehmensteuerreform vom 29. Oktober 1997(BGBl. I S. 2590) steuerpflichtig. Eingeschränkt wirddiese Steuerpflicht lediglich durch den sogenanntenSanierungserlass des Bundesministers der Finanzen(vgl. Schreiben vom 27. März 2003, BStBl I 2003,240), der Sanierungsgewinne unter bestimmten Voraus-setzungen Privilegierungen unterwirft, die bis zum Er-lass der Steuer reichen können.

Der angesprochene Sanierungserlass, der sich inhaltlichauf Billigkeitserwägungen gründet, ist nicht geeignet,den Unsicherheiten der Beteiligten eines Insolvenzver-fahrens hinreichend entgegenzuwirken. Viele Fragensind in diesem Bereich offen. Das Finanzgericht Mün-chen (Urteil vom 12. Dezember 2007 – 1 K 4487/06 –;Revision beim Bundesfinanzhof anhängig unter Az.:VIII R 2/08) ging z. B. davon aus, dass dem Sanie-rungserlass die Rechtsgrundlage fehlt, so dass ein Steu-ererlass aus sachlichen Billigkeitsgründen im Regelfallausscheidet. Demgegenüber merkte z. B. das Finanzge-richt Köln (Urteil vom 24. April 2008 – 6 K 2488/06 –,DStRE 2008, 1445; zur nachfolgenden Revisionsent-scheidung siehe Bundesfinanzhof, Urteil vom 14. Juli2010 – X R 34/08 –, BFHE 229, 502; gegen die letztge-nannte Entscheidung wurde beim Bundesverfassungs-gericht Verfassungsbeschwerde unter dem Az.: 2 BvR2583/10 erhoben) an, dass ein Steuererlass für einen an-gefallenen Sanierungsgewinn auch dann nach § 227AO in Betracht kommt, wenn die Voraussetzungennach dem Sanierungserlass gerade nicht gegeben sind.Rechtssicherheit für die Beteiligten ist in diesem Be-reich damit nicht gegeben.

Der Bundesrat würde es begrüßen, wenn nicht zuletztauch unter Beachtung des Ergebnisses im Prüfverfah-ren der EU-Kommission (Az.: C 7/2010) zur Sanie-rungsklausel des § 8c Absatz 1a KStG und dem inso-weit angedachten Klageverfahren der Bundesregierunggegen diese Entscheidung genau eruiert wird, ob undinwieweit hier entsprechende gesetzliche Regelungen

Drucksache 17/5712 – 66 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

in den einzelnen Steuergesetzen geschaffen werdenkönnen, die die dargelegten Unsicherheiten vermeiden,den Beteiligten eine gesicherte Planung über die ertrag-steuerliche Behandlung von Sanierungsgewinnen in-nerhalb eines Insolvenzplanverfahrens ermöglichenund europäischen Vorgaben Rechnung tragen, mithinvon einem ganzheitlichen Konzept getragen sind.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 67 – Drucksache 17/5712

Anlage 4

Gegenäußerung der Bundesregierung

Die Bundesregierung äußert sich zu der Stellungnahme desBundesrates wie folgt:

Zu Nummer 1 (Artikel 1 Nummer 1 – § 2 Absatz 2 Satz 1InsO)

Die Bundesregierung stimmt dem Vorschlag des Bundesra-tes nicht zu.

Eine sachgerechte Durchführung von Insolvenzverfahren istfür den Wirtschaftsstandort Deutschland und auch den Er-halt von Arbeitsplätzen von herausragender Bedeutung. InInsolvenzsachen stellen sich häufig schwierige Sach- undRechtsfragen, deren Beantwortung ein besonderes Spezial-wissen und Erfahrung mit den insolvenzrechtlichen (Sanie-rungs-)Instrumenten voraussetzt. Für die Lösung dieserRechtsfragen ist im Interesse einer Stärkung des Sanie-rungsgedankens eine wiederholte Befassung des Gerichtsmit vergleichbaren Sachverhalten geboten.

Die derzeitige Situation, bei der an Insolvenzgerichten häu-fig nur ein Richter in Insolvenzsachen tätig ist, der die Auf-gabe zudem mit einem geringen Anteil seines Pensumswahrnimmt und möglicherweise nicht hinreichend fortge-bildet bzw. bei Abwesenheit vertreten werden kann, bietetkeine ausreichende Gewähr für die notwendige Spezialisie-rung. Die vom Bundesrat in Bezug genommene Studie desInstituts für Mittelstandsforschung Bonn ist insofern nichtaussagekräftig, als sie keinen Zusammenhang zwischendem Grad der Konzentration von Insolvenzgerichten undder Verfahrensdauer herstellt, sondern bezüglich der Verfah-rensdauer von Insolvenzverfahren auf fallspezifische Um-stände verweist. Im Übrigen steht nicht die schnellere Erle-digung im Fokus der Bundesregierung, sondern die für dieGläubiger optimale Abwicklung der Insolvenzverfahren. Esentspricht aber einem allgemeinen Erfahrungsgrundsatz,dass eine wiederholte Befassung mit bestimmten Fragestel-lungen zu einer erhöhten Fachkompetenz auf dem jeweili-gen Gebiet führt. Auf diesem Gedanken beruhen nicht nurdie Fachanwaltsordnungen, sondern z. B. auch die Bildungvon Spezialkammern in der ordentlichen Gerichtsbarkeitund die Aufteilung der Gerichte in Fachgerichtsbarkeiten.Die Bundesregierung ist der Ansicht, dass konzentrierte Zu-ständigkeiten hingegen die Voraussetzung für die Herausbil-dung der notwendigen Kompetenzzentren schaffen.

Dem Verlust an Ortsnähe ist entgegenzustellen, dass bereitsheute eine Vielzahl von Verfahren schriftlich oder elektro-nisch abläuft. Zudem kann den regionalen Strukturen auchweiter insoweit Rechnung getragen werden, als die Übertra-gung auf ein anderes Amtsgericht auch nach der vorgeschla-genen Neufassung von § 2 Absatz 2 der Insolvenzordnung(InsO) möglich bliebe. Dies wird insbesondere in Betrachtkommen, wenn sich das Wirtschaftszentrum im Landge-richtsbezirk nicht am Sitz des Landgerichts befindet.

Ein Teil der Länder hat sich in früheren Stellungnahmen ge-gen eine unterschiedliche Behandlung von Regel- und Ver-braucherinsolvenzverfahren hinsichtlich der Konzentration

ausgesprochen. Bereits heute hat die Hälfte der Länder, da-runter auch große Flächenländer, die Insolvenzgerichte ent-sprechend den Vorgaben des Regierungsentwurfs konzen-triert. Nur in einem Drittel der Landgerichtsbezirke inDeutschland macht der Regierungsentwurf überhaupt Ver-änderungen erforderlich.

Zu Nummer 2 (Artikel 1 Nummer 2 – § 13 Absatz 1 InsO)

Der Vorschlag des Bundesrates wird im weiteren Gesetzge-bungsverfahren geprüft.

Es spricht einiges dafür, den Schuldner die Richtigkeit sei-ner Angaben versichern zu lassen. Fraglich ist allerdings, obdies im förmlichen Sinne eine Versicherung an Eides stattsein soll. Im Verbraucherinsolvenzverfahren hat der Schuld-ner ebenfalls zu erklären, dass alle Angaben richtig undvollständig sind, ohne dass es sich um eine formelle Versi-cherung an Eides statt handelt. Wird diese Versicherungvorsätzlich falsch abgegeben, so kann insbesondere eineStrafverfolgung wegen Betruges in Frage kommen. DasBundesministerium der Justiz prüft daher, ob nicht auch imRegelinsolvenzverfahren eine solche Erklärung ausreichendwäre.

Zu Nummer 3 (Artikel 1 Nummer 5 – § 22a Absatz 1 InsO)

Dem Vorschlag des Bundesrates kann nicht entsprochenwerden.

Der Regierungsentwurf trägt dem Eilcharakter des Eröff-nungsverfahrens bereits dadurch hinreichend Rechnung,dass bei einer drohenden nachteiligen Veränderung der Ver-mögensverhältnisse des Schuldners keine Verpflichtung desInsolvenzgerichts besteht, vor Bestellung eines vorläufigenInsolvenzverwalters einen vorläufigen Gläubigerausschusseinzuberufen (§ 22 Absatz 2 InsO-E). Zudem ist es dem In-solvenzgericht jederzeit unbenommen, bis zur Einberufungdes vorläufigen Gläubigerausschusses selbst vorläufige Si-cherungsmaßnahmen wie z. B. Maßnahmen zum Vollstre-ckungsschutz zu erlassen, ohne zugleich einen vorläufigenVerwalter zu bestellen. Die stärkere Beteiligung der Gläubi-ger ist eines der zentralen Anliegen des Regierungsent-wurfs. Die gewählten Schwellenwerte sollen sicherstellen,dass nicht nur in Großverfahren eine effektive Gläubigerbe-teiligung erfolgt, sondern auch die Gläubiger von kleinenund mittleren Unternehmen einzubeziehen sind.

Zu Nummer 4 (Artikel 1 Nummer 7a – neu – § 55 Absatz 4InsO-E)

Der Vorschlag des Bundesrates wird im weiteren Gesetzge-bungsverfahren geprüft.

Im Rahmen der Prüfung ist jedoch Folgendes zu berück-sichtigen: Es besteht ein fundamentaler Unterschied zwi-schen der Rechtsstellung von Massegläubigern und der vonInsolvenzgläubigern. Die Forderungen der Massegläubigererwachsen aus der amtlichen Liquidation der Insolvenz-

Drucksache 17/5712 – 68 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

masse. Sie bilden Liquidationskosten im weiteren Sinne, diein aller Regel gedeckt werden müssen.

Die zumindest zweitwichtigste Gruppe dieser Verbindlich-keiten sind diejenigen, die aus Geschäften, Handlungen undRechtsstreitigkeiten zur Verwertung und Sicherung der In-solvenzmasse erwachsen. Diese Verbindlichkeiten müssenzumindest im weiteren Sinne dem Insolvenzverwalter zure-chenbar sein.

Über § 55 Absatz 2 InsO wird der Kreis der Masseverbind-lichkeiten auch auf die Verbindlichkeiten ausgedehnt, dievon einem starken vorläufigen Insolvenzverwalter begrün-det worden sind. Für den schwachen vorläufigen Insolvenz-verwalter gilt dies nur insoweit, als er vom Insolvenzgerichtermächtigt worden ist, einzelne, im Voraus genau festge-legte Verpflichtungen zulasten der Masse einzugehen. Derwesentliche Grund für diese Ausdehnung wird in der weit-gehenden Gleichstellung der Rechtsstellung des starkenvorläufigen Insolvenzverwalters mit der des endgültigen In-solvenzverwalters gesehen.

Durch den neuen § 55 Absatz 4 InsO wird diese Regelungim Interesse des Fiskus auf Verbindlichkeiten des Insol-venzschuldners aus dem Steuerschuldverhältnis, die voneinem vorläufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldnermit Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters be-gründet worden sind, ausgedehnt. Die Regelung entsprichtsomit der allgemeinen Bestimmung für die Masseverbind-lichkeiten in § 55 Absatz 2 InsO. Sie deckt also sowohl denFall ab, dass ein starker vorläufiger Insolvenzverwalter be-stellt wurde, als auch den, dass ein schwacher vorläufigerInsolvenzverwalter im Rahmen einer Einzelermächtigungdurch das Insolvenzgericht tätig wird.

Der Änderungsvorschlag würde deshalb die klare Systema-tik des Gesetzes verwässern. Der Vorschlag würde Fälle er-fassen, in denen der Schuldner völlig autonom handelt undder Sachwalter keinerlei Einfluss auf die vom Schuldner ge-tätigten Geschäfte ausübt. Bereits nach geltendem Rechterschöpft sich die Funktion des Sachwalters überwiegenddarin, die wirtschaftliche Lage des Schuldners zu prüfenund seine Geschäftsführung zu überwachen (vgl. § 274 Ab-satz 2 InsO). Die als tragender Grund für die Ausdehnungder Masseverbindlichkeiten auf das Eröffnungsverfahren in§ 55 Absatz 2 InsO ausgemachte Gleichstellung von star-kem vorläufigen Insolvenzverwalter und endgültigem Insol-venzverwalter wird von dem Vorschlag nicht hinreichendberücksichtigt.

Zu Nummer 5 (Artikel 1 Nummer 8 Buchstabe a –§ 56 Absatz 1 Satz 3 Nummer 2, 3 InsO)

Dem Vorschlag des Bundesrates kann nicht entsprochenwerden.

Die äußerst restriktive Neuregelung belässt dem Insol-venzgericht wie bisher die Entscheidung, ob im Einzelfalleine – weiter geforderte – Unabhängigkeit des Insolvenz-verwalters gegeben ist oder nicht. Interessenkollisionen sindvom potentiellen Verwalter zu offenbaren bzw. vom Gerichtzu erfragen.

Zu Nummer 6 (Artikel 1 Nummer 11 – § 104a InsO)

Dem Vorschlag des Bundesrates kann nicht gefolgt werden.

Die Bundesregierung vermag keinen Zusammenhangzwischen der zitierten Rechtsprechung des Bundesfinanz-hofs und dem allgemeinen Interesse an einer Stabilisierungder Finanzmärkte durch die auch auf Ebene der Europäi-schen Union geförderte Stärkung von zentralen Kontrahen-ten zu erkennen.

Zu Nummer 7 (Artikel 1 Nummer 11a – neu –und Nummer 47a – neu – § 174 Absatz 2und § 302 Nummer 1 InsO)

Die Bundesregierung teilt im Prinzip den Ansatz des Bun-desrates, diejenigen Schuldner, die eine vorsätzliche Steuer-hinterziehung begehen, von der Restschuldbefreiung auszu-schließen. Deshalb erwägt die Bundesregierung, im Rah-men der Reform des Verbraucherinsolvenzrechts auf derzweiten Stufe der Insolvenzrechtsreform die Gründe füreine Versagung der Restschuldbefreiung um die vorsätzli-che Steuerhinterziehung zu erweitern. In diesem Fall würdesich die dem Vorschlag des Bundesrates zugrunde liegendeProblematik der Behandlung von Steuerverbindlichkeitennach Erteilung der Restschuldbefreiung nicht mehr stellen,da eine Schuldbefreiung in diesem Fall schon dem Grundenach ausscheidet.

Zu Nummer 8 (Artikel 1 Nummer 14 – § 217 InsO)

Der Vorschlag des Bundesrates wird im weiteren Gesetzge-bungsverfahren geprüft.

Durch den Änderungsvorschlag zu § 217 InsO-E soll er-reicht werden, dass künftig in Insolvenzplanverfahren auchTeilpläne zulässig sind, mit denen nur Teile des gesamtenSanierungsprogramms umgesetzt werden sollen. Da nachdem Wortlaut von § 258 Absatz 1 InsO das Insolvenzver-fahren aufzuheben ist, sobald der Insolvenzplan rechtskräf-tig bestätigt wurde, wären bei einer rein formalen Argumen-tation solche Teilpläne unzulässig. Eine solche restriktiveWortlautinterpretation wird bisher lediglich in einer Ent-scheidung des Landgerichts Frankfurt am Main vertreten.Der Bundesgerichtshof hat sich zu dieser Frage noch nichtgeäußert. Von gewichtigen Stimmen in der Literatur wirdvon der Zulässigkeit solcher Teilpläne ausgegangen. Da sol-che Teilpläne in der Tat sinnvoll sind, sollte im weiterenVerlauf des Gesetzgebungsverfahrens geprüft werden, obeine entsprechende Klarstellung in § 217 InsO aufgenom-men werden kann.

Zu Nummer 9 (Artikel 1 Nummer 17 – § 225a Absatz 2Satz 1 InsO)

Dem Vorschlag des Bundesrates kann nicht entsprochenwerden.

Eine solche Änderung ist überflüssig, da in dem Gesetzent-wurf ausdrücklich klargestellt wird, dass eine Umwandlunggegen den Willen des betroffenen Gläubigers nicht zulässigist. Da die Haltung der öffentlich-rechtlichen Gläubiger be-kannt ist, wird kein Planverfasser eine Umwandlung etwavon Steuerforderungen im Rahmen eines Debt-Equity-Swapvorsehen. Ein Mehraufwand der Landesverwaltungen istnicht zu erwarten. Die vorgeschlagene Regelung ist deshalbentbehrlich.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 69 – Drucksache 17/5712

Zu Nummer 10 (Artikel 1 Nummer 17 – § 225a Absatz 2InsO)

Der Vorschlag des Bundesrates wird im weiteren Gesetzge-bungsverfahren geprüft.

Es erscheint allerdings unwahrscheinlich, dass sogenannteChange-of-Control-Klauseln in der Praxis die Regelungenzum Debt-Equity-Swap im Insolvenzplanverfahren leer lau-fen lassen. Change-of-Control-Klauseln knüpfen auf derTatbestandsseite in der Praxis meist nicht nur an den Wech-sel der Mehrheitsverhältnisse, sondern auch an einen Wech-sel der Kontrollverhältnisse bei einem der Vertragspartneran. Die in den Klauseln verwendete Definition des maßge-benden Wechsels ist dabei sehr unterschiedlich. Teils wirdallgemein von einer Änderung der gegenwärtigen Inhaber-und/oder Kontrollverhältnisse gesprochen, teils wird einKontrollwechsel präziser als eine Übertragung von mehr alseinem bestimmten Prozentsatz der Anteilsrechte an der be-treffenden Vertragspartei definiert.

Für das Insolvenzverfahren ist zunächst darauf hinzuwei-sen, dass mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens unddem Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnisam schuldnerischen Vermögen (§ 80 InsO) ohnehin einganz massiver Einschnitt bei den Kontrollverhältnissen er-folgt. Insofern müssten diese Klauseln bereits nach gelten-dem Recht bei nahezu jedem Insolvenzplanverfahren grei-fen. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass in Vorberei-tung eines Insolvenzplans sorgfältig geprüft werden muss,in welchen für das Unternehmen wichtigen Verträgen solcheKlauseln enthalten sind. Mit den Vertragspartnern mussdann abgestimmt werden, dass von den Klauseln kein Ge-brauch gemacht wird. Sollte eine ausdrückliche Regelungerwogen werden, so müsste § 119 InsO geändert werden.

Zu Nummer 11 (Artikel 1 Nummer 17a – neu – § 228 InsO;Nummer 39 – § 254a InsO)

Dem Vorschlag des Bundesrates kann nicht entsprochenwerden.

Eines der wesentlichen Elemente des Insolvenzplans istseine gestaltende Wirkung. Bereits heute können im Insol-venzplan dingliche Rechte begründet, geändert, übertragenoder aufgehoben werden. Auch wenn die Anzahl der Insol-venzverfahren in der Vergangenheit noch nicht sehr hochwar, so sind dennoch aus der Praxis keinerlei Probleme mitdieser Regelung bekannt geworden. Die gestaltende Wir-kung des Insolvenzplans ist im Hinblick auf die für jede Sa-nierung notwendige schnelle Verfahrensbeendigung zwin-gend erforderlich. Soweit sich im Einzelfall Schwierigkei-ten im Zusammenwirken mit den Organen des Schuldnersergeben, weil diese entweder nicht mehr vorhanden sindoder sie sich einer Mitwirkung widersetzen, sieht der Regie-rungsentwurf in § 254a Absatz 2 InsO-E bereits die Mög-lichkeit vor, dass der Insolvenzverwalter an Stelle der Or-gane die für die jeweilige Eintragung in das Register erfor-derlichen Anmeldungen vornehmen kann.

Zu Nummer 12 (Artikel 1 Nummer 18 – § 229 Satz 3 InsO)

Der Vorschlag des Bundesrates wird im weiteren Gesetzge-bungsverfahren geprüft.

Allerdings ist zu berücksichtigen, dass bereits aus der aktu-ellen Fassung der Vorschrift deutlich wird, dass es auf den

Kenntnisstand des Planerstellers ankommt. In der Begrün-dung wird ausgeführt, dass alle dem Planersteller bekanntenForderungen zu berücksichtigen sind. Der Vorschlag desBundesrates würde insofern allein der Klarstellung dienen.

Zu Nummer 13 (Artikel 1 Nummer 20 Buchstabe a Doppel-buchstabe cc – § 231 Absatz 1 Satz 2 InsO)

Dem Vorschlag des Bundesrates kann nicht entsprochenwerden.

Im Interesse einer Sanierung erhaltenswerter Unternehmenist es zwingend geboten, ein Verfahren schnell abzuschlie-ßen. Die vorgesehene Frist ist als Sollvorschrift ausgestaltet,so dass in begründeten Ausnahmefällen vom Gericht bereitsnach dem Regierungsentwurf Abweichungen vorgenommenwerden können.

Zu Nummer 14 (Artikel 1 Nummer 35 – § 251 Absatz 1InsO)

Dem Vorschlag des Bundesrates kann nicht entsprochenwerden.

Aus dem Gesamtgefüge der Regelungen des Regierungsent-wurfs wird deutlich, dass Anteilsinhaber nur an der Abstim-mung über den Plan beteiligt sind, soweit in ihre Anteils-rechte eingegriffen wird. Insofern ist die vorgeschlageneÄnderung nicht erforderlich.

Zu Nummer 15 (Artikel 1 Nummer 37 – § 253 Absatz 1InsO)

Dem Vorschlag des Bundesrates kann nicht entsprochenwerden.

Zur Begründung wird auf die Ausführungen zu Nummer 14verwiesen.

Zu Nummer 16 (Artikel 1 Nummer 37 – § 253 InsO)

Dem Vorschlag des Bundesrates kann nicht entsprochenwerden.

Nach § 231 Absatz 3 InsO steht dem Insolvenzverwalter einBeschwerderecht zu, wenn das Insolvenzgericht den Ent-wurf des Insolvenzplans von Amts wegen zurückweist. Inder Literatur wird hier vereinzelt ein Wertungswiderspruchzu § 253 InsO gesehen.

Ein solcher Wertungswiderspruch besteht jedoch nicht. Beider Zurückweisung von Amts wegen nach § 231 InsO wirdin das Planvorlagerecht des Insolvenzverwalters, also in eineigenes Verfahrensrecht des Verwalters eingegriffen. Nachder Abstimmung über den Plan haben sich jedoch die Gläu-biger den Plan zu Eigen gemacht, so dass nur ihre Verfah-rensrechte durch eine Ablehnung der Bestätigung berührtsein können. Im Übrigen wird zu Recht darauf hingewiesen,der Insolvenzverwalter könne bei den Gläubigern anregen,von ihrer Beschwerdebefugnis Gebrauch zu machen.

Zu Nummer 17 (Artikel 1 Nummer 37 – § 253 InsO;Nummer 38 – § 254 InsO)

Dem Vorschlag des Bundesrates kann nicht entsprochenwerden.

Die Regelungen eines Insolvenzplans greifen massiv in dieRechte der Gläubiger und Anteilsinhaber ein. Bereits aus

Drucksache 17/5712 – 70 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

verfassungsrechtlichen Gründen ist es deshalb geboten, ih-nen einen Mindestschutz an verfahrensrechtlichen Über-prüfungsmöglichkeiten zu geben. Der Regierungsentwurfschöpft mit seinen Beschleunigungsvorschlägen bereits das,was verfassungsrechtlich noch als zulässig angesehen wer-den muss, aus. Darüber hinausgehende Eingriffe in die Ver-fahrensrechte der Beteiligten sollten deshalb unterbleiben.

Zu Nummer 18 (Artikel 1 Nummer 38 Buchstabe b – § 254Absatz 4 InsO)

Der Vorschlag des Bundesrates geht auf zwei Äußerungen inder rechtswissenschaftlichen Literatur zurück, die unter demGesichtspunkt des Gläubigerschutzes erfolgt sind. Aus derSicht der Bundesregierung besteht insoweit kein Ergän-zungsbedarf. Erreicht der Wert einer Sacheinlage im Zeit-punkt der Anmeldung der Gesellschaft zur Eintragung in dasHandelsregister nicht den Nennbetrag des dafür übernom-menen Geschäftsanteils, so hat der Gesellschafter gemäß § 9Absatz 1 Satz 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaftenmit beschränkter Haftung in Höhe des Fehlbetrags eine Ein-lage in Geld zu leisten (sog. Differenzhaftung). Entsprechen-des gilt für Aktiengesellschaften. Die Vorschrift dient der Si-cherung des Haftkapitals der Gesellschaft, wenn sich späterin der Krise der Gesellschaft herausstellen sollte, dass dieSacheinlagen überbewertet worden waren. Zwar stellt dieseVorschrift ein wichtiges Fundament des Kapitalaufbrin-gungsgrundsatzes dar. Gleichwohl erscheint die Kritik amAusschluss der Differenzhaftung im Falle eines Debt-Equity-Swaps nach den Vorschriften des Regierungsent-wurfs nicht überzeugend. Denn in diesem Fall handelt essich um eine Sacheinlage, die bereits in der Krise der Gesell-schaft vorgenommen wird. Es ist nicht anzunehmen, dass einGläubiger bereit wäre, seine Forderung gegen eine Beteili-gung zu tauschen, wenn er noch Jahre später, in einer zwei-ten Unternehmenskrise, damit rechnen müsste, aus Dif-ferenzhaftung in Anspruch genommen zu werden. Daher ist– beschränkt auf den Anwendungsbereich des Regierungs-entwurfs – ein Ausschluss der Differenzhaftung nicht nur ge-rechtfertigt, sondern geradezu geboten, um der Zielsetzungdes Regierungsentwurfs zu genügen. Für Neugläubiger istzudem von ausschlaggebender Bedeutung, wie sich die Li-quidität der Gesellschaft nach Abschluss des Planverfahrensdarstellt. Auf die Liquidität hat jedoch die Bewertung dereingebrachten Forderungen allenfalls mittelbaren Einfluss.

Zu Nummer 19 (Artikel 1 Nummer 40 – § 258 Absatz 1InsO)

Der Vorschlag des Bundesrates wird im weiteren Gesetzge-bungsverfahren geprüft.

Zur Begründung wird auf die Ausführungen zu Nummer 8verwiesen.

Zu Nummer 20 (Artikel 1 Nummer 43 – § 270b Absatz 1Satz 3 InsO)

Dem Vorschlag des Bundesrates kann nicht entsprochenwerden.

Der Begriff der „Bescheinigung“ ist in der Insolvenz-ordnung nicht neu, sondern wird im Rahmen von § 305 Ab-satz 1 Nummer 1 InsO bereits gebraucht. Die Formulierungwurde bewusst verwendet, um deutlich zu machen, dass

nicht ein umfangreiches Gutachten, etwa in Anlehnung anden Standard der Wirtschaftsprüfer (IDW S 6), das in klei-neren Verfahren viel zu kostenaufwändig wäre, vorausge-setzt wird. Die Aufzählung der infrage kommenden Berufe,die eine solche Bescheinigung erteilen könnten, wurde be-wusst offen gehalten, um auch sonstige Berufsträger, bei-spielsweise Steuerbevollmächtigte, ebenfalls für die Verfah-ren zu gewinnen. Mit diesem Ansatz wird auch der europäi-schen Dienstleistungsrichtlinie Rechnung getragen, nachder ausländische Berufsträger im Inland tätig werden dür-fen.

Zu Nummer 21 (Artikel 1 Nummer 43 – § 270b Absatz 2Satz 2 InsO)

Dem Vorschlag des Bundesrates kann nicht entsprochenwerden.

Die im Regierungsentwurf vorgesehene Regelung stellt be-reits sicher, dass keine ungeeigneten, insbesondere keineabhängigen Sachwalter bestellt werden. Für den Erfolg desSchutzschirmverfahrens ist es aber unabdingbar, dass derUnternehmer weiß, mit wem er sich auf die Reise der Sanie-rung im Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung begibt. ImInteresse einer frühzeitigen Antragstellung bedarf er des-halb der Sicherheit, dass er die Sanierung mit einer ihm ver-trauenswürdigen, gleichzeitig aber unabhängigen Personvorbereiten kann.

Zu Nummer 22 (Artikel 1 Nummer 43 – § 270b Absatz 2Satz 3 Halbsatz 1 InsO)

Der Vorschlag des Bundesrates wird im weiteren Gesetzge-bungsverfahren geprüft.

Dabei wird zu berücksichtigen sein, dass auch bereits heutedie Anordnung einer vorläufigen Postsperre konkrete An-haltspunkte für einen Missbrauch erfordert und in diesemFall bereits Zweifel an den Anordnungsvoraussetzungen des§ 270b InsO-E insgesamt bestehen müssten. Aufgrund derunterschiedlichen Zielrichtung der anwendbaren Maßnah-men des § 21 Absatz 2 Nummern 1a, 3 und 5 einerseits(Schutz des Schuldners vor den Gläubigern, Gläubigerbetei-ligung) und der Nummer 4 andererseits (Beseitigung vonMissbrauchsmöglichkeiten des Schuldners) sprechen jedochauch gute Argumente für die geforderte Änderung.

Zu Nummer 23 (Artikel 1 Nummer 43 – § 270b Absatz 2Satz 3 Halbsatz 2 InsO)

Dem Vorschlag des Bundesrates kann nicht entsprochenwerden.

Das Schutzschirmverfahren soll dem frühzeitig einen An-trag stellenden Schuldner Planungssicherheit geben. DiesesZiel würde konterkariert, wenn dem Gericht im Hinblickauf die Anordnung von Vollstreckungsschutz Ermessen ge-geben würde. Damit wäre der „Schutzschirm“ durchlöchertund die Anreize für den sanierungswilligen Schuldner ge-schwächt.

Zu Nummer 24 (Artikel 1 Nummer 43 – § 270b Absatz 3InsO)

Der Vorschlag des Bundesrates wird im weiteren Gesetzge-bungsverfahren geprüft.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 71 – Drucksache 17/5712

Der Regierungsentwurf sieht derzeit in § 270b Absatz 3InsO-E vor, dass das Schutzschirmverfahren aufzuheben ist,wenn Zahlungsunfähigkeit eintritt. Der Schuldner hat denEintritt der Zahlungsunfähigkeit dem Gericht anzuzeigen.

Derzeit wird grundlegend im rechtspolitischen Raum disku-tiert, ob es sinnvoll ist, bei Eintritt der Zahlungsunfähigkeitdas Schutzschirmverfahren zu beenden. Ein solcher Ansatzgibt Gläubigern, die das Verfahren torpedieren wollen, einwirksames Mittel an die Hand. Stellen sie ihre Forderungenfällig, so tritt sofort Zahlungsunfähigkeit ein, so dass esletztlich entgegen der Intention des Regierungsentwurfs vonden Gläubigern abhängt, ob ein solches Verfahren durchge-führt werden kann. Läuft das Verfahren auch nach Eintrittder Zahlungsunfähigkeit weiter, so ist zu erwägen, ob nichtdennoch die Interessen der Gläubiger hinreichend gewahrtwären. Der Schuldner steht in diesem Fall bereits unter derAufsicht des Insolvenzgerichtes und wird von einem Sach-walter begleitet.

Denkbar wäre auch, es in das Ermessen des Gerichts zu stel-len, ob das Verfahren bei Eintritt der Zahlungsunfähigkeitbeendet wird.

Zu Nummer 25 (Artikel 1 Nummer 49 Buchstabe b – § 348Absatz 2 Satz 2 – neu – InsO)

Der Vorschlag des Bundesrates wird im weiteren Gesetzge-bungsverfahren geprüft.

Grundlegend ist zunächst vorzusehen, dass eine grenzüber-schreitende Zusammenarbeit deutscher Gerichte mit auslän-dischen Gerichten künftig möglich ist. Dies wird mit der imRegierungsentwurf vorgesehenen Fassung erreicht. Aller-dings sollte im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfah-rens geprüft werden, ob die Zusammenarbeit zwischen denGerichten auch auf die Fälle ausgedehnt werden sollte, indenen die Anerkennungsvoraussetzungen zweifelhaft sindoder mit dem ausländischen Gericht erst abzuklären sind.

Zu Nummer 26 (Zu Artikel 1 – Änderung der Insolvenz-ordnung)

Die Bundesregierung plant eine Reform des Insolvenzrechtsin drei Stufen. Dabei sollen auf der ersten Stufe u. a. die vonweiten Kreisen geforderten Verbesserungen der Insolvenz-ordnung zur Erleichterung der Restrukturierung und Fort-führung von sanierungsfähigen Unternehmen umgesetztwerden. Dem dient der Regierungsentwurf.

Auf der zweiten Stufe soll unter anderem das Thema einerRegelung zur Insolvenzfestigkeit von Lizenzen in der Insol-venzordnung stehen. Im Interesse des Wirtschafts- und For-schungsstandortes Deutschland ist eine Regelung geboten,die für Lizenzgeber und Lizenznehmer eine bessere Plan-barkeit schafft; insbesondere müssen die vertraglich einemLizenznehmer zugeordneten Chancen im Insolvenzverfah-ren gewahrt werden. Die Ausgestaltung der Regelung erfor-dert aber eine besondere Sorgfalt, da sie praxisgerechte Lö-sungen für komplexe Fragestellungen z. B. im Zusammen-hang mit Lizenzketten oder neueren Entwicklungen im Be-reich der Softwareentwicklung voraussetzt; sie kann dahererst in der zweiten Stufe sachgerecht umgesetzt werden.

Zu Nummer 27 (Artikel 2 Nummer 1 Buchstabe b – § 17Absatz 2 Satz 1 InsVV)

Dem Vorschlag des Bundesrates kann nicht entsprochenwerden.

Die Bundesregierung ist der Ansicht, dass bereits der imRegierungsentwurf vorgesehene Wortlaut hinreichend klarmacht, dass die relativ bescheidene Vergütung in Höhe von300 Euro für jedes Ausschussmitglied und nicht für denAusschuss als Gesamtheit vorgesehen ist. Dies folgt auchaus dem bisherigen Wortlaut des § 17 der Insolvenzrechtli-chen Vergütungsverordnung. Dort wird der Stundensatz für„Mitglieder des Gläubigerausschusses“ ebenfalls ohne denZusatz „jeweils“ bestimmt, ohne dass es in der Praxis bis-lang fraglich gewesen wäre, ob der genannte Stundensatzunter den Mitgliedern aufzuteilen ist.

Zu Nummer 28 (Artikel 4 – § 22 Absatz 6 Satz 2, 3 GVG;Artikel 5 Nummer 2 Buchstabe c – § 18Absatz 4 Satz 2, 3 RPflG)

Dem Vorschlag des Bundesrates kann nicht entsprochenwerden.

Besondere Fachkenntnisse werden auch in anderen Teilender Justiz gefordert, etwa bei den Richtern und Staatsanwäl-ten, die in Wirtschaftsstrafsachen eingesetzt werden, ohnedass hierin ein Abweichen vom Einheitsjuristen gesehenwird. Kenntnisse im Sozial- und Steuerrecht sowie imRechnungswesen werden keinesfalls in der normalen juristi-schen Ausbildung vermittelt. Zudem ist vorgesehen, dassdie erforderlichen Fachkenntnisse nicht bereits beim erstenTätigwerden in Insolvenzsachen vorhanden sein müssen,sondern im Rahmen einer berufsbegleitenden Fortbildungauch danach noch erworben werden können. Der Entwurfmacht den Ländern keine Vorgaben, wie die Kenntnisse er-worben und wie sie nachgewiesen werden sollen.

Zu Nummer 29 (Artikel 5 Nummer 2 Buchstabe a – § 18Absatz 1 Nummer 2 RPflG)

Dem Vorschlag des Bundesrates kann nicht entsprochenwerden.

Er stellt vorwiegend auf die derzeitige Rechtslage ab undberücksichtigt nicht, dass Insolvenzplanverfahren zukünf-tig im weiten Umfang auch gesellschaftsrechtliche Maßnah-men umfassen. Diese erfordern besondere Kenntnisse imGesellschaftsrecht, die in der Rechtspflegerausbildung nichtausreichend vermittelt werden. Die Übertragung der Insol-venzplanverfahren auf den Richter wird die Tätigkeit derRechtspfleger in Insolvenzsachen nicht überflüssig machen.Angesichts der geringen Zahl von Insolvenzplanverfahren,die auch nach der Gesetzesänderung lediglich moderat an-steigen wird, kann keine Rede davon sein, dass die Kompe-tenzen der Rechtspfleger ungenutzt bleiben würden. Zudemwird derzeit geprüft, ob bei den Verbraucherinsolvenzver-fahren nicht eine Vollübertragung auf die Rechtspfleger vor-genommen werden soll.

Zu Nummer 30 (Artikel 7 – § 1 InsStatG)

Der Vorschlag des Bundesrates wird im weiteren Gesetz-gebungsverfahren geprüft.

Drucksache 17/5712 – 72 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Dabei wird zu bedenken sein, dass der Gesetzentwurf be-reits nach der derzeitigen Fassung wirtschaftspolitischePlanungsentscheidungen ermöglichen soll. Hierunter kannauch die Erhebung von Daten zur Evaluierung des Insol-venzrechts und die Schaffung statistischer Daten über des-sen Wirkungsweise fallen, denn Planungsentscheidungenauf diesem Gebiet werden auch durch Gesetzgebungsvorha-ben umzusetzen sein.

Zu Nummer 31 (Artikel 7 – § 2 InsStatG)

Der Vorschlag des Bundesrates wird im weiteren Gesetz-gebungsverfahren geprüft.

Zu Nummer 32 (Artikel 7 – § 2 Nummer 1 Buchstabe aInsStatG)

Dem Vorschlag des Bundesrates kann nicht entsprochenwerden.

Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung (Bun-desverwaltungsgericht, Urteil vom 11. Dezember 1990,1 C 52/88, NJW 1991, 1246) sind Erhebungsmerkmale vomGesetzgeber nicht so eng zu bestimmen, dass sie keine wei-teren Merkmalsausprägungen zulassen. Vielmehr bedürfendie gesetzlich festgelegten Erhebungsmerkmale der Kon-kretisierung durch die zuständigen Behörden. Das den sta-tistischen Ämtern zustehende Ermessen für die Festlegungder im Rahmen des gesetzlich festgelegten Erhebungsmerk-mals möglichen Fragen eröffnet insbesondere die Möglich-keit, im Rahmen der Erhebungen geänderte rechtliche undtatsächliche Rahmenbedingungen zu berücksichtigen. Zu-dem ist zu berücksichtigen, dass „Art“ des internationalenBezugs jedenfalls mehr als ein reines Ja/Nein-Kriterium be-deutet.

Bei dem Erhebungsmerkmal „internationaler Bezug“ (§ 2Nummer 1 Buchstabe a InsStatG-E) sind folgende, auch inder Gesetzesbegründung angesprochene Ausprägungen vonden Statistischen Ämtern vorgesehen:

– kein internationaler Bezug,

– Bezug zu Verfahren innerhalb der EU,

– Bezug zu Verfahren außerhalb der EU,

– als Hauptinsolvenzverfahren,

– als Sekundär- oder Partikularverfahren.

Zu Nummer 33 (Artikel 7 – § 2 Nummer 1 Buchstabe b1– neu – InsStatG)

Der Vorschlag des Bundesrates wird im weiteren Gesetzge-bungsverfahren geprüft.

Insbesondere wird zu prüfen sein, welche konkreten Datum-sangaben für die statistische Darstellung benötigt werden.Dabei wird zu bedenken sein, dass eine monatsgenaue Er-fassung der Dauer von Insolvenzverfahren derzeit nicht er-folgt und vom Entwurf bislang nicht berücksichtigt ist. Bis-her sind nur jährliche Auswertungen, die auf das Eröff-nungsjahr und das Jahr der Beendigung des Verfahrens ab-stellen, vorgesehen. Eine monatsgenaue Auswertung würdeeinen erheblichen zusätzlichen Aufwand bedeuten und unterUmständen lediglich eine Scheingenauigkeit erzeugen, dakeine Informationen über die Gründe für die jeweilige Ver-fahrensdauer vorliegen. Die Verfahrensdauer ist gerade in

Insolvenzverfahren maßgeblich vom Einzelfall abhängig, jenachdem, ob z. B. eine grenzüberschreitende Konzerninsol-venz oder die Insolvenz eines kleinen Einzelunternehmensvorliegt. Es wird daher zu prüfen sein, ob die Erkenntnis-gewinne den zusätzlichen Aufwand der Erhebung einesweiteren Merkmals rechtfertigen.

Außerdem ist zu berücksichtigen, dass auch das Datum derAntragstellung nach § 4 Absatz 3 Nummer 1 von den Amts-gerichten erst mit der Auskunft über die Verfahrenseröff-nung und mithin erst innerhalb von zwei Wochen nachAblauf des jeweiligen Kalendermonats mitgeteilt werdenwürde.

Zu Nummer 34 (Artikel 7 – § 2 Nummer 1 Buchstabe cInsStatG)

Dem Vorschlag des Bundesrates kann nicht entsprochenwerden.

Die Regelung des § 2 Nummer 1 Buchstabe c InsStatG-Eentspricht der bisherigen Rechtsgrundlage (§ 39 Absatz 2Nummer 1 Buchstabe c des Einführungsgesetzes zum Ge-richtsverfassungsgesetz – EGGVG).

Nach § 4 Absatz 2 InsStatG-E werden die Angaben zu allenErhebungsmerkmalen aus den vorhandenen Unterlagen er-teilt, d. h. soweit sie bekannt sind. Eine besondere Regelungfür einzelne Erhebungsmerkmale könnte zu dem unzutref-fenden Umkehrschluss führen, dass bei allen übrigen Merk-malen Angaben auch dann zu erteilen sind, wenn sie nichtbekannt sind. Dies ist nicht gewollt. Das Gesetz begründetinsoweit keine Erkundigungspflicht.

Zu Nummer 35 (Artikel 7 – § 2 Nummer 1 Buchstabe cInsStatG)

Der Vorschlag des Bundesrates wird im weiteren Gesetzge-bungsverfahren geprüft.

Dabei wird allerdings zu berücksichtigen sein, dass durchdie statistischen Auskunftspflichten kein übermäßiger Ver-waltungsaufwand für die auskunftspflichtige Stelle entsteht.Auskunftspflichtig für Angaben nach § 2 Nummer 1InsStatG-E sind die Insolvenzgerichte. Die Auskunft überdie Erhebungsmerkmale des § 2 Nummer 1 InsStatG-Eist von den Gerichten gemäß § 4 Absatz 3 Nummer 1InsStatG-E innerhalb von zwei Wochen nach Ablauf desKalendermonats zu erteilen, in dem die jeweilige gericht-liche Entscheidung, hier die Verfahrenseröffnung bzw. Ver-fahrensabweisung, erlassen wurde. Es bestehen Bedenken,ob dem Gericht zu diesem Zeitpunkt die vom Bundesrat ge-forderten Angaben regelmäßig vorliegen.

Zu Nummer 36 (Artikel 7 – § 2 Nummer 1 Buchstabe fInsStatG)

Dem Vorschlag des Bundesrates kann nicht entsprochenwerden.

Die Regelung des § 2 Nummer 1 Buchstabe f InsStatG-Eentspricht der bisherigen Rechtsgrundlage (§ 39 Absatz 2Nummer 1 Buchstabe f des EGGVG).

Nach § 4 Absatz 2 InsStatG-E werden die Angaben zu allenErhebungsmerkmalen aus den vorhandenen Unterlagen er-teilt, d. h. soweit sie bekannt sind. Eine besondere Regelungfür einzelne Erhebungsmerkmale könnte zu dem unzutref-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 73 – Drucksache 17/5712

fenden Umkehrschluss führen, dass bei allen übrigen Merk-malen Angaben auch dann zu erteilen sind, wenn sie nichtbekannt sind. Dies ist nicht gewollt. Das Gesetz begründetinsoweit keine Erkundigungspflicht.

Zu Nummer 37 (Artikel 7 – § 2 Nummer 2 Buchstabe bInsStatG)

Dem Vorschlag des Bundesrates kann nicht entsprochenwerden.

Die Regelung des § 2 Nummer 2 Buchstabe b InsStatG-Eentspricht der bisherigen Rechtsgrundlage (§ 39 Absatz 2Nummer 2 Buchstabe b des EGGVG). Zur weiteren Be-gründung wird auf die Ausführungen zu Nummer 36 ver-wiesen.

Zu Nummer 38 (Artikel 7 – § 2 Nummer 3 Buchstabe dInsStatG)

Dem Vorschlag des Bundesrates kann nicht entsprochenwerden.

Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung (Bun-desverwaltungsgericht, Urteil vom 11. Dezember 1990,1 C 52/88, NJW 1991, 1246) sind Erhebungsmerkmale vomGesetzgeber nicht so eng zu bestimmen, dass sie keine wei-teren Merkmalsausprägungen zulassen. Vielmehr bedürfendie gesetzlich festgelegten Erhebungsmerkmale der Kon-kretisierung durch die zuständigen Behörden. Das den sta-tistischen Ämtern zustehende Ermessen, innerhalb des ge-setzlich festgelegten Erhebungsmerkmals Fragen festzule-gen, ermöglicht es insbesondere, geänderte rechtliche undtatsächliche Rahmenbedingungen zu berücksichtigen.

Folgende Merkmalsausprägungen sind bei den erwähntenErhebungsmerkmalen vorgesehen:

Betriebsfortführung:

– Keine Betriebsfortführung,

– Fortführung,

– Im Insolvenzverfahren für … Wochen mit durch-schnittlich … Arbeitnehmern,

– Nach der Insolvenzeröffnung für … Wochen mitdurchschnittlich … Arbeitnehmern;

Sanierungserfolg:

– Sanierung nicht möglich oder nicht erfolgreich,

– Sanierung und Erhaltung des bisherigen Unternehmens-trägers,

– Sanierung und Erhaltung des Betriebes oder von Be-triebsteilen (übertragene Sanierung),

– Anzahl der gesicherten Arbeitsplätze nach Sanierung;

Eigenverwaltung:

– Nachträglich angeordnet (§ 271 InsO),

– Aufgehoben (§ 272 InsO),

– Keine Eigenverwaltung.

Die Angaben sind von den Insolvenzverwaltern, Sachwal-tern und Treuhändern zu liefern. Den Verbänden der Insol-venzverwalter sind die geplanten Ausprägungen bekannt.Sie haben keine Einwände erhoben.

Zu Nummer 39 (Artikel 7 – § 2 Nummer 3 Buchstabe eInsStatG)

Dem Vorschlag des Bundesrates kann nicht entsprochenwerden.

Zur Begründung wird auf die Ausführungen zu Nummer 38verwiesen. Bei dem Erhebungsmerkmal sind folgende Aus-prägungen von den Statistischen Ämtern vorgesehen:

Vorfinanzierung von Insolvenzgeld: Ja oder Nein.

Zu Nummer 40 (Artikel 7 – § 4 Absatz 1 Satz 3 InsStatG)

Dem Vorschlag des Bundesrates kann nicht entsprochenwerden.

Er zielt auf eine klarere Trennung der Zuständigkeiten derAmtsgerichte einerseits und der Insolvenzverwalter, Sach-walter oder Treuhänder andererseits. Diese Trennung wirddurch den Regierungsentwurf bereits umgesetzt. Die vomBundesrat vorgeschlagene Regelung würde dazu führen,dass die Insolvenzgerichte keine Auskünfte mehr überName und Anschrift des Insolvenzverwalters, Sachwaltersoder Treuhänders erteilen könnten und diese ihrerseits keineAngaben über die in § 3 Nummer 1, 2, 4 und 7 InsStatG-Egenannten Hilfsmerkmale erteilen dürften. In diesem Fallwäre die Zuordnung der ein einzelnes Verfahren betreffen-den Angaben nicht möglich. Um die von den auskunfts-pflichtigen Personen gelieferten Daten verknüpfen zu kön-nen, müssen zum Beispiel die Insolvenzverwalter berechtigtsein, bei der Abgabe ihrer Auskünfte das Aktenzeichen desInsolvenzverfahrens und das zuständige Insolvenzgerichtanzugeben.

Zu Nummer 41 (Artikel 7 – § 4 Absatz 3 Nummer 1InsStatG)

Der Vorschlag des Bundesrates wird im weiteren Gesetzge-bungsverfahren geprüft.

Die Formulierung entspricht der bisherigen Rechtsgrund-lage (§ 39 Absatz 4 Satz 4 EGGVG). In der Kürze der zurVerfügung stehenden Zeit war es nicht möglich, belastbareAngaben darüber zu erhalten, ob bereits heute Daten erstdann an die Statistischen Landesämter geliefert werden,wenn die Entscheidung rechtskräftig ist. Die Bundesregie-rung wird das Statistische Bundesamt bitten, im weiterenVerlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu klären, wie die In-solvenzgerichte bisher verfahren und welche Auswirkungendie vom Bundesrat vorgeschlagene Änderung auf die Insol-venzstatistik zeigen würde.

Zu Nummer 42 (Artikel 10 – Inkrafttreten)

Dem Vorschlag des Bundesrates kann so nicht entsprochenwerden.

Eine Verschiebung des Inkrafttretens des Gesetzes wärenicht sachgerecht. Die Regelungen werden dringlich gefor-dert und sind überwiegend ohne maßgebliche Änderungenin der gerichtlichen Praxis, insbesondere in der IT, umsetz-bar.

Nach den Erkenntnissen der Bundesregierung haben dieStatistischen Ämter des Bundes und der Länder bereits vorlängerer Zeit mit den Vorbereitungen für ein Inkrafttretendes InsStatG zum 1. Januar 2012 begonnen, so dass inso-

Drucksache 17/5712 – 74 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

weit kein Bedarf für eine Verzögerung des Inkrafttretens desGesetzes besteht. Da den Gerichten Aufgaben abgenommenund auf die Verwalter verlagert werden, ist ein erheblicherIT-Umstellungsbedarf bei den Gerichten nicht zu erwarten.

Soweit die Konzentration der Insolvenzgerichte angespro-chen ist, prüft die Bundesregierung, inwieweit den Interes-sen der Länder an einer ausreichenden UmsetzungsfristRechnung getragen werden kann.

Zu Nummer 43 (Gesetzentwurf allgemein)

Der Bundesregierung ist bewusst, dass die steuerlichenRahmenbedingungen für die Sanierung von Unternehmenvon herausragender Bedeutung sind.

Die Bundesregierung wird im weiteren Verlauf des Gesetz-gebungsverfahrens prüfen, ob zur Erleichterung der Sanie-rung von Unternehmen deshalb weitere Maßnahmen imSteuerrecht geboten sind.

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ISSN 0722-8333