Dschungeldoktor auf Grosswildjagd

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    Paul White

    Dschungel-doktor-

    auf-Growildjagd

    Christliche

    Literatur-Verbreitung e. V.

    Postfach 11 01 35 33661 Bielefeld

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    1. Auflage 2011 (CLV)

    Originaltitel: Jungle Doctor Hunts Big GameOriginalverlag: The Paternoster Press, LondonDie deutsche Ausgabe erschien erstmals 1970im R. Brockhaus Verlag Wuppertal

    der deutschen Ausgabe 2011by CLV Christliche Literatur-VerbreitungPostfach 11 01 35 33661 Bielefeld

    Internet: www.clv.de

    Umschlag: typtop, Andreas Fett, MeinerzhagenSatz: CLVDruck und Bindung: CPI Ebner & Spiegel, Ulm

    ISBN 978-3-86699-117-0

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    Inhalt

    Einladung zur Jagd 7

    Aufbruch zur Safari 16

    Die Pilgerreise 24

    Das Nashorn 30

    Beunruhigendes 38

    Reiche Ausbeute 49

    Die Ameisen 59

    Die Elefanten 68

    Ein Stein 78

    Der Leopard 88

    Der Entschluss 98

    Die Operation 103

    Am Pelikansee 110

    Schlafkrankheit 118

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    Einladung-zur-Jagd

    Auf meinem Schreibtisch lag ein Stapel Briefe. Beimflchtigen Durchsehen der Absender fiel mir einervor die Fe. Auf dem Umschlag war ein Nashorn inAngriffsstellung abgebildet. Ich riss ihn auf und las:

    Lieber Doktor,mchten Sie sich vier Wochen lang als Arzt und zugleichals Jger bettigen? Ich bin berzeugt, dass Sie mal eine Er-holungspause einlegen mssen und mein Klient, ein be-

    geisterter Kameramann aus Arizona (USA), hat so ein Vor-gefhl, als wenn wir unterwegs einen Arzt brauchen knnten.

    Er sieht unwahrscheinlich gesund aus und ist erstaun-lich gut ausgerstet. Antworten Sie bald

    Ihrem

    Es folgte die Unterschrift von Oberst Johnson, einemberhmten, im ganzen Land bekannten Growildjger.Dann kam eine Nachschrift:

    Dieser Mann zieht die ungewhnlichsten Situatio-nen geradezu magnetisch an.

    Ich faltete den Brief langsam zusammen und riss

    einen zweiten auf. Er enthielt die Bitte, nach Ablaufeines Monats ein mitten im Growildrevier gelegenesKrankenhaus zu besuchen.

    Das passte ja alles genau ineinander. Ich hatteeinen herrlichen Urlaub vor mir eine gut bezahlte

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    Safari, deren Ertrag dem Bestand an Instrumentenund Medikamenten unseres Krankenhauses zugute-kommen wrde.

    Das schn gefleckte Leopardenfell lag sauber aus-gebreitet in Simbas Htte. Mboga sa darauf, betrach-tete es bewundernd und zupfte nachdenklich seinSaiteninstrument, eine ilimba.

    Buana, sagte er pltzlich und stand auf, du ver-stehst doch etwas von meinen Knochen.

    Ich sah ihn erstaunt an. Von deinen Knochen?Ndio , ja, Buana. Sie sagen mir, dass eine groe

    Freude auf mich wartet, und sie haben fast immerrecht.

    Das scheint mir auch so. Hr dir mal diesen Briefan. Ich las ihn ihm vor, und dann las ich ihn noch ein-mal fr Simba, der gerade hinzukam.

    Yoh, sagte Mboga, das ist ja eine ganz tolle Sache.Wenn nur

    Mboga, du kommst fr mindestens sechs Wochenmit auf Safari, und zwar in der Serengeti.Er blickte mich ngstlich an. Oh, Buana, da sind

    furchtbar viele Tiere, Lwen, Nashrner und Leopar-den, heh! Er rollte die Augen. Es ist eine ganz gefhr-liche Gegend, und kumbe, ich bin nur der arme Mboga.

    Du weit ja, mein Name bedeutet Spinat. Heh , ichhabe keine Lust, von wilden Tieren gefressen zu wer-den.

    Koh , lachte Simba, fressen Lwen Spinat? Wr-zen Leoparden ihre Mahlzeiten mit Gemse? Heh!

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    Mboga grinste. Du musst aber jemanden mit-nehmen, Buana, der gut auf dich aufpasst.

    Natrlich! Auf einer solchen Safari kann allerhandpassieren. Es ist aber ein ganz groer Knner mit sei-nem Gewehr dabei, und dann noch ein Mann aus demLand Amerika. Der macht Filme. Er will die Tiere desUrwalds filmen. Je nher er an sie herankommt, umso

    besser werden seine Bilder, und umso grer wird

    dann seine Freude.Hongo, es muss ja eine Wonne fr die Augen sein,

    solche Bilder zu sehen! Ich knnte vielleicht auch einpaar Tiere fangen; du weit ja, dass ich mich auf dieFallen verstehe, Buana.

    Das stimmte erst vor wenigen Tagen hatte Mbogaeinen Leoparden in seiner Falle gehabt.

    Das haben wir gemerkt, sagte ich und sah auf dasFell.

    Simba trat unruhig von einem Bein auf das andere.Buana, meinst du, der groe Jger knnte auch Arbeit

    fr meinen Speer haben? Seine Augen glhten vorEifer.Das ist schon mglich, Simba, ich Ja, Buana, sprich mit ihm. Du wirst schon die rich-

    tigen Worte finden.Ich hatte im Krankenhaus eine groe Kiste vor mir

    stehen, und auf dem Tisch lagen alle mglichen Arz-neien, Binden und Medikamente, auch Chinin zurBekmpfung der Malaria; ferner Pillen und Ampul-len mit Mitteln gegen tropische Darminfektionen,

    besondere Arsenprparate gegen die Schlafkrankheit,

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    Antibiotika usw. eine regelrechte kleine Apotheke,dazu die notwendigsten chirurgischen Instrumente,Betubungsmittel, Injektionsspritzen und ein Sterili-siergert.

    Am nchsten Morgen in aller Frhe erschien Suli-man, der indische Hndler, mit seinem Wagen vordem Krankenhaus. Das gesamte Personal erschien, umMboga, Simba und mir Lebewohl zu sagen. Der Inder

    berwachte das Einladen des Gepcks, und bald fuh-ren wir, den Zurckbleibenden zuwinkend, ab.

    Zuerst ging es durch das Affenbrotbaumgehlz,dann berquerten wir an einer seichten Stelle denFluss, und dann gings in mhseliger Fahrt durch dich-tes Dorngebsch in Richtung Dodoma, dem grtenOrt in Zentral-Tanganjika. Dort fand ich einen Briefvor, in dem ich gebeten wurde, am nchsten Morgenum sieben Uhr am Bahnhof zu sein.

    In der Nacht herrschte auf den Gleisen der Tangan-jika-Eisenbahn ein reger Rangierbetrieb, und es wirkte

    geradezu unheimlich, zwischen dem Pfeifen der Loko-motiven das Heulen einer an den Mllksten derStadt umherstreunenden Hyne zu hren. Die Vgel

    begannen gerade ihr Morgenlied anzustimmen, alsSimba an meine Tr klopfte.

    Ich sprang auf und ffnete. Neben ihm stand Mboga

    in einem leuchtend roten Hemd. Wera, Buana, es wirdschon Morgen. Alles ist fertig fr die Safari, und ich

    bereite gerade ein ordentliches Frhstck zu.Er hatte nicht zu viel versprochen. Ich war noch

    nicht fertig mit dem reichlichen Mahl, da nherten sich

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    vier afrikanische Mdchen, blieben unter einem Tama-rindenbaum stehen und fingen an zu kichern.

    Hongo, Mboga, wer sind denn die?Buana, das sind die Tchter meines Verwandten;

    er heit Barinje. Wir haben ja Kisten bei uns, die ge-tragen werden mssen. Und, Buana, wer kann besserKisten tragen als Frauen? Wenn man sie mit den Hn-den tragen will, ist das sehr lstig; nimmt man eine von

    dieser Gre auf die Schulter, bekommt man Blasen.Eine Frau trgt sie einfach auf dem Kopf, und das gehtsehr bequem.

    Als ich nun sah, wie besonders eine der Kisten, aufdie ein groes rotes Kreuz gemalt war, mit elegan-tem Schwung auf den glatt rasierten Kopf eines derschlanken Mdchen gehoben wurde, packte mich dochein leiser Schreck; sie enthielt nmlich die zerbrech-lichen Instrumente, auerdem ein Mikroskop und diewichtigsten Medikamente. Das Mdchen balanciertesie einen Augenblick auf dem Kopf zurecht und schritt

    dann schnell und sicher die Strae hinunter zum Bahn-hof, wo wir Oberst Johnson und den Amerikaner tref-fen sollten.

    Bei unserer Ankunft vor dem zweistckigen,wei gekalkten Bahnhofsgebude, das fast genau dieMitte der gesamten Eisenbahnstrecke zwischen dem

    Indischen Ozean und den groen Seen darstellt, lieder afrikanische Lokfhrer wieder die Dampfpfeifeertnen.

    Unsere Lasten waren gerade vorsichtig im Schattenaufgestapelt worden, als ein Jeep vorfuhr. Ihm entstieg

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    der Groe Jger, der wegen seiner genauen Kennt-nis der auf den Hochebenen von Tanganjika in riesi-gen Scharen lebenden Tiere und fr unfehlbare Treff-sicherheit mit dem Gewehr jedem im Land bekanntwar.

    Er reichte mir die Hand. Guten Morgen, Doktor.Alles klar? Gut! Wir haben einen Jeep, einen groenDreitonner und auerdem einen Halbtonner mit dem

    gesamten fotografischen Gert. In dem Jeep werde ichmit dem Amerikaner vorausfahren. Er kennt nichtsanderes als Fotografieren und Filmen. Sie haben inIhrem ganzen Leben noch nicht so viel fotografischesZubehr gesehen! Das wird eine interessante und auf-regende Safari werden. Steigen Sie ein. Ich werde Siezum Abstellplatz der Lastwagen bringen; dann knnenSie zurckfahren und Ihr Gepck aufladen.

    Ich fuhr mit ihm und lie Mboga als Wchterzurck. Unterwegs fragte ich meinen Begleiter: Neh-men Sie viele Afrikaner mit?

    Weniger als sonst; nur Kali, meinen Gewehrtrger ein unbertrefflicher Junge, der geradezu einensechsten Sinn fr Tiere hat und dann Tembo, meinenKoch.

    Bald hielten wir vor einem etwas auerhalb derStadt gelegenen Haus. Das ist er brigens.

    Ich sah einen schmchtigen Mann mit einemGesicht, auf dem ein ewiges Lcheln zu stehen schien.Hinter ihm stand ein sehr vornehm herausgeputz-ter Afrikaner mit einer kleinen weien Kappe, die imAllgemeinen den Muslim verrt. Er war in ein sorg-

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    fltig gebgeltes weites weies Gewand, den kanzu,gekleidet.

    Ich wnschte, ich htte einen zuverlssigen zwei-ten Fahrer, sagte der Oberst. Die sind schwer zu

    bekommen.Vielleicht knnte ich einen finden?Ja, versuchen Sie es.Vor der Tr war eine Menge fotografisches Gert

    aufgestapelt, alles tropenfest verpackt. Daneben standein langer Amerikaner mit einer Mtze, wie sie dieBaseballspieler tragen.

    Darf ich Sie mit dem Gegenstand unserer gemein-samen Verantwortung, Herrn William Bailey, bekanntmachen?, sagte der Oberst mit einem freundlichenLcheln.

    Bailey drckte mir fest die Hand. Freut mich, Siekennenzulernen, Doktor. Es ist doch gut, wenn einArzt dabei ist. Aber hoffentlich bekommen Sie nichtszu tun.

    In diesen Wunsch stimmte ich von Herzen ein.Der Oberst fhrte mich zu dem Dreitonner, der diegesamte Zeltausrstung und den Vorrat an Lebens-mitteln enthielt. Es war gerade noch gengend Platzfr mein Gepck da. Ich sah Simba im Hintergrundstehen und winkte ihn heran.

    Oberst Johnson, hier ist ein Mann, fr den ichmich als zuverlssigen Fahrer und Helfer in jeder un-angenehmen Situation verbrge.

    So stellen Sie ihn als Ihren Ersatzfahrer ein, Dok-tor.

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    Simbas freudiges Grinsen ersparte mir die Mhedes bersetzens.

    Wir werden in folgender Ordnung fahren: zuerstder Jeep, in der Mitte der Halbtonner, und Sie folgen indem schweren Laster. Wir kampieren zunchst am jen-seitigen Rand des Tsetsefliegen-Grtels. Von dort sindes noch etwa vierhundert Kilometer bis zu dem Krater,wo wir unser Hauptquartier aufschlagen werden. Dort

    werden wir alle Einzelheiten unserer Safari genau fest-legen.

    Ich nickte zustimmend und berprfte gerade Rei-fendruck, l- und Wasserstand des Lasters, als ich sah,wie der lange Amerikaner in den Werkzeugkastengriff, der auf dem Wagen stand.

    Vorsichtig!, rief ich. Man kann nie wissen, ob Er fuhr zurck wie eine gespannte Stahlfeder,

    sprang schreiend in die Hhe und schlenkerte hef-tig mit der Hand. Das Unternehmen hatte noch nicht

    begonnen, und schon hatten wir den ersten Unfall! Ich

    ging zu ihm hin.Ich bin gestochen worden!, schrie er. Au, tut dasweh!

    In diesem Augenblick sah ich Mboga und die vierMdchen, jedes ein Gepckstck auf dem Kopf tra-gend, im Gnsemarsch ankommen.

    Den Medizinkasten, schnell!Im Handumdrehen war der Kasten geffnet, und

    eine schmerzstillende Salbe wurde in die winzige Ein-stichstelle gerieben.

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    Rollen Sie den Hemdsrmel hoch, Herr Bailey, Siemssen eine Morphiumspritze bekommen.

    Als ich die Injektionsspritze gefllt hatte und dieEinstichstelle desinfizierte, trat Simba heran; zwischenden Schenkeln einer meiner besten Arterienklemmenhielt er einen mittelgroen Skorpion.

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    Aufbruch-zur-Safari

    Mboga und Simba saen neben mir im Fhrerhausdes Dreitonners, als wir aus Dodoma hinausfuhren.Der Jeep und der Halbtonner mit dem fotografischenGert, die vor uns fuhren, wirbelten eine lange Staub-

    wolke auf, und so hielten wir Abstand.Meilenweit zog sich vor uns zu beiden Seiten des

    Weges dichtes Dorngebsch hin. Wir berquerten einausgetrocknetes Flussbett, und dann schlngelte sichder Weg aufwrts, zwischen schlanken, grnen Bu-men hindurch.

    Koh , kam Simbas tiefe Stimme, das ist ja einLeckerbissen fr die Augen. Er zeigte nach oben.Buana, schau!

    Sieben groe Vgel flogen, laute Schreie aus stoend,mit seltsam kurzen Flgeln ber uns her.

    Nashornvgel, sagte Simba. Wir nennen sie chi-limuwaa.

    Buana, sieh dir nur die Schnbel an!, rief Mbogalachend. Kah , sie sehen aus wie die Nase Ibrahims,des piekfeinen Dieners des langen Buana.

    Unter einer Gruppe von Bumen mit breit aus-

    ladenden Kronen hatten die beiden vorausfahrendenWagen haltgemacht, und auch wir hielten an und stie-gen aus. Ein kleines Frhstck im Freien wurde vor-

    bereitet, und ich ging zu Bailey hinber.Was macht der Stich?

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    Er zeigte mir den Finger. Ein bisschen geschwol-len, aber keine Schmerzen. Ein gutes Mittel, das Sie dahaben, Doktor.

    Ich bin immer auf Insektenstiche aller Art vor-bereitet. Die schlimmste Gefahr droht ja nicht von dengroen Tieren, sondern von den Insekten. Man nenntsie hier dudus.

    Oberst Johnson besttigte meine Worte durch

    bedchtiges Kopfnicken. Dabei spielte die Sonne indem Band aus Leopardenfell, das er um seinen breit-krempigen Hut trug.

    In einer Stunde kommen wir durch ein Gelnde,das ein Beweis fr die Wahrheit Ihrer Worte ist. Es istein groes Unternehmen im Gange, die Tsetsefliege ineinem bestimmten Gebiet zu isolieren. Die Regierunglsst mit Planierungstraktoren groe, fnf Kilo meter

    breite Lichtungen quer durch den Urwald roden. Wirwerden nachher an eine Kontrollstation kommen daswird Sie interessieren.

    Bailey zog die Augenbrauen hoch. Diese Fliegenbringen die Schlafkrankheit?Nicht jede muss unbedingt ihr Trger sein, aber

    jede kann es sein.Mboga brachte den inzwischen zubereiteten Tee

    und Kleingebck.

    Der Oberst fuhr fort: Wir fahren durch diesen Tse-tsefliegen-Grtel und kommen dann auf einem Weg,der uns durch hgeliges Gelnde fhrt, in die Gro-en Ebenen. An einer Stelle, von der aus man denKilimandscharo sieht, biegen wir nach links ab und

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    kommen an einen ungeheuren Krater, eine ganz fan-tastische Gegend, und dort finden Sie alles, was Siesich an Tieren berhaupt wnschen knnen.

    Der Kameramann wiegte langsam den Kopf undschlrfte dann seinen Tee. Bin riesig gespannt, sagteer.

    Alsbald gings fr zwei Stunden weiter auf der stau- bigen Kap-Kairo-Strae. Wir mussten scharf brem-

    sen, als die beiden vor uns fahrenden Wagen pltzlichin einer dichten Staubwolke unmittelbar vor uns auf-tauchten. Am Straenrand stand ein Schild: Tsetse-fliegen-Kontrollstation.

    Die Strae gabelte sich: nach rechts lief sie in einenriesigen Wellblechschuppen hinein, geradeaus fhrtesie durch eine Sperre, deren Schlagbaum jedoch senk-recht stand, uns also die Durchfahrt freigab, und so fuh-ren wir geradeaus in den Tsetsefliegen-Grtel hinein.

    Punghati! Simba spuckte durch das offene Fens-ter in Richtung Wellblechschuppen. Hast du schon

    einmal in einem von diesen Schuppen geschwitzt,Buana?Nein, aber nachher, wenn wir den Grtel ver-

    lassen, werden wir es wohl mssen.Die Erde war von der sengenden Sonne braun

    gebrannt. Hier und da wuchs dichtes Dorngestrpp.

    Sechs Straue liefen quer vor uns her in eine kleineSchlucht hinein, deren Rnder mit hheren Dornen-struchern bestanden waren. Vier riesige Giraffen stan-den am Straenrand und blickten uns nach. Ich lcheltedem Fotografen zu, der sich gestikulierend aus dem

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    vor uns fahrenden Jeep hinauslehnte, um Aufnahmenzu machen.

    Kah , sagte Mboga, Buana Kodaki so nannteMboga Mr. Bailey wird viel Freude auf seiner Safarihaben. Um diese Zeit ziehen die Tiere in langen Zgenzum Wasser hin, und wir werden sie alle zu sehen

    bekommen.Wie um seine Worte zu besttigen, tauchte vor uns

    eine Herde Zebras auf. Die Tiere peitschten wie wildmit ihren Schwnzen, um sich der unzhligen Flie-gen zu erwehren. Simba zhlte laut in seiner Mutter-sprache.

    Vierzig, Buana, heeh! Es sind sicher noch viel mehrhier in der Nhe.

    Wir fuhren einen ziemlich steilen Hgel hinauf, unddann fiel der Weg in Kurven hinab zu einem Grn-streifen entlang einem Flussbett, in dem aber in die-ser Jahreszeit nur einzelne Wassertmpel standen. Einglnzend blaugrn schillernder Eisvogel schoss zwi-

    schen den Bumen hindurch, unter denen die Kolonnewieder haltmachte.Die Mtze schief auf dem Kopf, stellte Bailey ein

    Stativ auf und filmte die in herrlichen Farben leuch-tenden Schmetterlinge, die in Scharen lautlos umher-gaukelten.

    Ich hatte einen Zweig abgebrochen und benutzteihn als Fliegenwedel. Der Oberst, der dasselbe getanhatte, sah mich lchelnd an. Unser Freund scheint dieWarnung vor den Tsetsefliegen nicht sonderlich ernstzu nehmen. Wir mssen auf ihn aufpassen.

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    Baileys ganze Aufmerksamkeit galt seiner Kamera.Pltzlich hrte sie auf zu surren; er schlug sich mit derHand ins Genick und stie einen Schmerzensschreiaus.

    Mbungo , Tsetsefliege, stellte der GewehrtrgerKali breit grinsend fest. Mboga hielt die Hand vor denMund, um nicht laut aufzulachen. Im nchsten Augen-

    blick jedoch fasste auch er sich an den Hals. Einige

    Sekunden spter wimmelte es in der Luft von Tsetse-fliegen.

    Sofort in die Fahrzeuge!, befahl der Oberst. BeimWeiterfahren wedelte Mboga im geschlossenen Fhrer-sitz emsig mit einem Zweig. Oh, Buana, diese dudusknnen aber heftig beien!

    Allerdings, und die Krankheit, die sie bertra-gen, ist auch nicht von Pappe, mein lieber Spinat. Dumusst mir sofort sagen, wenn dein Nacken anschwillt.

    Wir fuhren weiter zwischen niedrigen Hgeln,wo Wasser und Sonne seltsame Furchen in den

    Boden gerissen hatten, und dann durch ein versande-tes Fluss bett einen steilen Hang hinauf. Oben wurdehaltgemacht, um das Lager fr die Nacht aufzuschla-gen. In den Bumen saen Scharen grauer Affen, dieuns ngstlich beobachteten und sich in ihrer Spracheschnatternd und zeternd ber uns unterhielten.

    Als die Dunkelheit hereingebrochen war und dieSturmlaternen angezndet wurden, erwachten auchdie Stimmen der Urwaldvgel, und aus der Ferne trugdie Abendluft Trommelschlge und Gesang herber.

    Simba stand und lauschte. Das sind sicher Leute

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    von unserem Stamm; ich kenne die Lieder, die sie sin-gen.

    Mboga nickte. Buana, unter ihnen werden aucheinige sein, denen wir schon geholfen haben. Aus die-ser Gegend kommen viele in unser Krankenhaus.

    Nach dem Abendessen, sagte ich, wollen wirhingehen und sie begren.

    Von der Feuerstelle kamen schon liebliche Dfte.

    Doktor, fragte Bailey, wie wrs mit etwas Medi-zin? Es brennt in diesen Fliegenstichen!

    Ich holte die Tube aus dem Kasten und strich Salbeauf drei brennend rote Flecken. Wirds so besser, HerrBailey?

    Ja, aber nennen Sie mich einfach Bill; das ist kr-zer, und Sie nenne ich nach unserer amerikanischenSitte nur noch Doc.

    Er strich vorsichtig mit der Hand ber die schmer-zenden Stellen und sah mich lange an. Sagen Sie mal,Doc, was fr einen komischen Namen haben Ihre Leute

    da fr mich?Mboga hat ihn erfunden. Sie sind fr sie der BuanaKodaki.

    Ein ganz ordentlicher Name. Aber erzhlen Sie miretwas von den Tsetsefliegen. Wie merkt man, ob manangesteckt ist?

    Unter dem Mikroskop kann man es feststellen,wenn man ein Trpfchen Blut genau untersucht, denndie Parasiten vermehren sich im Blutstrom ziemlichschnell. Zunchst einmal schwellen die Nackendrsenan. Nach etwa drei Wochen stellt sich Fieber ein, Kopf-

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    schmerzen und Schwindel treten auf, genau wie beider Influenza. Dann folgen Lhmungserscheinungenund andere schwere Komplikationen. Aber machenSie sich keine Sorgen; eine Injektionsspritze und eineAmpulle mit dem richtigen Medikament machen dieTrypanosomen unschdlich.

    Sie brauchen mir gar keine Spritze zu geben, Doc.Bill verfgt ber eine erstaunliche Gesundheit nur

    dass er in seiner Heimatstadt absolut unerreicht imNiesen ist, wenn er in die Nhe von Sardinen, Wiesen-lieschgras und Pferden kommt.

    Wir werden nachher ins Dorf gehen. Kommen Siedann doch mit und probieren Sie Ihre Nase mal an denhiesigen Grsern und Eiweistoffen aus.

    Mach ich! Und, was ich sagen wollte: Haben dieLeute hier schon mal einen Film gesehen?

    Die Leute im Dorf? Das ist sehr unwahrscheinlich.Ich habe allerdings einen Schmalfilmprojektor mit-gebracht und wollte ihnen eine auf afrikanische Ver-

    hltnisse zugeschnittene Fassung von Bunyans Pilger-reise vorfhren.Fein. Dann zeigen wir ihnen zuerst einen Trickfilm

    von Walt Disney. Ich habe einen sehr netten.Mboga stand im Schatten eines Baumes, zupfte

    seine ilimba und sang leise dazu. Er und Bill hatten

    noch kein Wort miteinander gesprochen, verstandensich aber doch anscheinend recht gut.

    Wie heit der Junge eigentlich, Doc?Er heit Mboga oder, wenn Sie es bersetzt haben

    wollen: Spinat!

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    Bill schlug sich auf den Oberschenkel. Gut! Spielund sing das doch noch mal, Spinat! Sein Klimpernerinnert mich an die Spieluhr meiner Gromutter, Doc.Er scheint ein ganz musikalisches Gemse zu sein.

    Mboga schien den Sinn der Worte Baileys erratenzu haben. Er wiederholte das Lieblingslied seinesStammes, und auf einmal begann Bill, mit viel Ein-fhlungsvermgen die zweite Stimme zu der afrikani-

    schen Weise zu pfeifen.Mboga strahlte. Yali fundi kabisa, Buana!Der Amerikaner sah mich fragend an.Er sagt, Sie seien ein groer Knstler, Bill.Und dann sprudelte Mboga einen ganzen Wort-

    schwall heraus, den ich bersetzte. Sollen wir dasnicht auch heute Abend machen, wenn wir ins Dorfhinbergehen? Die Bewohner werden groe Freudehaben, wenn sie einen so sen Schmaus fr ihreOhren bekommen.

    Das drfte aber wohl ein zweifelhafter Genuss

    sein, kicherte der Kameramann. Fragen Sie ihn, ob erheute Abend einen Film sehen mchte.Mbogas Augen weiteten sich vor Freude, und seine

    Lippen formten ein einziges Wort Prchtig! Wirlachten laut los.

    Als ich dem Oberst von dem Plan erzhlte, meinte

    er: Kali soll aber mitgehen; es scheinen nmlich mehrLeoparden in der Gegend zu sein als sonst.

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    Die-Pilgerreise

    Nach dem Abendessen nahm Mboga einen Akku, denwir aus dem Jeep ausgebaut hatten, auf die Schulter,Simba ergriff den Koffer mit dem Filmprojektor, undgefhrt von Kali, der sein Gewehr geschultert hatte

    und eine starke Taschenlampe bei sich trug, mach-ten wir uns auf den Weg ins Dorf. Das hohe Gras warfeucht vom Abendtau, und in der Ferne leuchteten dieFeuer schwach durch die Dunkelheit.

    Ganz unerwartet und erstaunlich nah erscholl daswiderliche Lachen einer Hyne.

    Oooh! Das war ja ganz in der Nhe! Bailey, derauf Schritt und Tritt eine seiner geliebten Kameras beisich trug, hob sie vors Gesicht, bereit zu einer Blitz-lichtaufnahme.

    Kali schttelte den Kopf. Nein, Buana, die Stimme

    der Hyne tuscht, sie ist viele Meter von uns weg.Pltzlich waren wir im dichtesten Urwald. Kali

    schaltete die Taschenlampe aus, sodass schwrzesteDunkelheit herrschte. Heh, Buana, so hab ichs gerne;

    jetzt knnen Sie der Stimme des Urwalds lauschen!Wir gingen schweigend weiter, und nach etwa einer

    Stunde sahen wir das Lagerfeuer durch die Bumeschimmern. Vor ihm zeichneten sich die Silhouettensitzender Gestalten ab.

    Einer sprang auf und stie den Alarmruf aus, aberich rief ihnen in ihrer Sprache zu:

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    Ali zosweru wenyu Guten Abend!Einige Mnner kamen langsam auf uns zu.Kah!, sagte einer. Buana, wir kennen dich.Eh-heh , antwortete Mboga, und wir kennen

    euch.Das ist doch der Buana aus dem Krankenhaus!

    Ein alter Mann kam auf mich zu und ergriff meine beiden Hnde. Buana, ich habe groe Freude, dich

    zu sehen. Kah, hast du mir nicht die Medizin gegebengegen das bel, das ihr die Schlafkrankheit nennt?

    Ich bersetzte, und Bill wandte sich an den Alten.Sag mal, Grovater, was hast du denn damals ge-sprt?

    Wieder dolmetschte ich. Der Alte drehte ihm lang-sam den Rcken zu und tupfte sich mit einem Finger inden Nacken. Hier kamen Beulen. Ich hatte viel Kopf-schmerz, und meine Haut hatte viel Jucken.

    Warst du von dem Insekt gestochen worden, daswie ein Dsenjger fliegt?

    Ein lieblicher Ausdruck zum bersetzen!, dachte ich beimir und sagte dem Afrikaner in seiner Landessprache:Er fragt, ob du von dem dudu gebissen wurdest, derso schnell fliegt wie der Honigesser.

    Der Alte nickte. Ja, das wurde ich. Es ist ein ganzgefhrlicher dudu , der groe Krankheit bringt. Du

    musst aufpassen, dass du nicht von ihm gebissen wirst.In diesem Land gibt es eine riesige Menge.

    Auf einmal nherte sich von der anderen Seite desLagerfeuers ein schlanker junger Afrikaner. Buana, esist eine Freude fr mich, dich zu sehen.

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    Im flackernden Schein des Feuers konnte ich ihnnicht gleich erkennen, aber ich hatte noch selten einGesicht gesehen, aus dem so viel Freude und Glckstrahlte.

    Kumbe , erwiderte ich, als du im Krankenhauswarst, hast du doch sicher auch von der Medizingenommen, die man nicht in Flaschen und Schachtelnaufbewahrt!

    So ist es, Buana. Ich bin Tadayo. Ich habe einesTages im Krankenhaus Pillen bekommen. Damals hatteich einen Husten im Hals. Aber in mir drin, Buana, dasa das, was man Angst nennt. Und da war einer,der hie Yohanna. Kumbe! Der hatte Mut in sich undLachen. Das sah man an seinem Gesicht. Als er mir dieMedizin gegeben hatte, sprach er mit mir und sagte,dass er im Leben keine Angst kenne und dass er auchkeine Angst vor dem Sterben habe. Kumbe! Buana,mein Mund war voller Fragen. Yohanna erzhlte mirvon Jesus, wie Er uns von der Snde frei gemacht hat.

    Er erzhlte mir von Seinem Tod am Kreuz, von demErdbeben und dem leeren Grab. Er sprach wunderbareWorte. Damit hat es angefangen, Buana. Dann warenauch welche da, die uns zeigten, wie man schnell lesenlernt. Heh , ich kam am Donnerstag in Dodoma an,und am Montag konnte ich schon lesen, Buana! Die-

    ses Buch er zog ein stark zerlesenes Neues Testa-ment aus der Tasche und hielt es hoch ist das Wich-tigste, koh , und jetzt ist immer Freude in meinemHerzen!

    Ich bersetzte alles fr Bill ins Englische. Er trat von

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    einem Fu auf den anderen und schien wenig erbautzu sein von dem, was er hrte.

    Nun wandte sich Mboga an die Dorfbewohner, diesich inzwischen zahlreich eingefunden hatten. Wirknnen singen und schne Musik dazu machen. Daswird eure Ohren sehr erfreuen. Hrt mal zu!

    Er holte seine ilimba unter dem Hemd hervor undfing an zu singen. Als dann Bailey mit seinem melodi-

    schen Pfeifen einfiel, wiegten sie anerkennend dieKpfe, und manch einer meinte in der Suahelisprache:Mzuri kabisa sehr schn!

    Tadayo flsterte mir ins Ohr: Die Leute im Dorfhaben keine Freude am Wort Gottes, Buana. Es lebthier ein Medizinmann, der sie in groer Furcht hlt.

    Wir haben eine wunderbare Maschine bei uns,Tadayo, die alle, die sehen knnen, in Staunen ver-setzt und den Einfluss des Medizinmannes vielleichtschwcht.

    Mbogas Spiel und Gesang wurden immer lebhafter,

    und Bills Pfeifen mischte sich melodisch darein. Immermehr Menschen tauchten aus der Dunkelheit auf undwiegten ihre Kpfe im Rhythmus der Musik.

    Kali und Simba spannten zwischen zwei Baum-stmmen eine groe weie Leinwand auf, und Billrichtete das Filmgert ein.

    Pltzlich rief Simba: Hongo , Leute aus dem Dorf!Buana Kodaki, der Musik machen kann, indem er Luftdurch die Zhne blst, ist ein groer Knstler undmacht Bilder, die sich bewegen. Er wird euch jetztwunderbare Sachen zeigen.

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    Ich ergnzte: Ja, wir bringen jetzt groes Lachen ineuer Dorf. Ihr werdet Panya, die Ratte so umschriebich Micky Maus und Nyao, die Katze, sehen!

    Als auf einmal ein greller Lichtstrahl auf die Lein-wand fiel und das Bild scharf eingestellt wurde, rie-fen drei mit Bogen und Pfeilen bewaffnete Muse, diesich an eine schlafende Katze heranschlichen, Ausrufehchsten Erstaunens hervor.

    Tiefe Stille herrschte, als pltzlich drei Pfeile ausder Nase der Katze herausragten. Und als dann dieTiere in rasender Geschwindigkeit davonjagten, alsTren zuschlugen, dass die Katze Sterne sah, als Mbelumfielen, Mauern und Wnde einstrzten und dieTiere unter sich begruben, war des Verwunderns keinEnde.

    Kanhyi, kanhyi mehr, mehr!, riefen alle, als derFilm ausgelaufen war. Ich spannte die afrikanischeFassung der Pilgerreise ein, und nun erlebten allein atemloser Spannung des Pilgers Reise bis zu seiner

    Ankunft in der himmlischen Heimat mit, in der alleErdenlast von ihm abfiel. Alle waren so hingerissen,dass sie kopfschttelnd und wortlos einander ansahen.

    Pltzlich drhnte in aufregendem Rhythmus eineTrommel im Dorf, und die Leute verschwanden schleu-nigst in der Dunkelheit.

    Haben Sie gesehen, wie schnell sie fort waren,Doc?

    Der Medizinmann, Bill!Buana, kam Simbas Stimme, hier ist eine Frau.Ein Strahl des aufflackernden Feuers fiel auf das

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    ngstliche Gesicht eines Mdchens, das die Worte her-vorsprudelte: Buana, ist es wahr, dass die, die eineLast zu tragen haben, nicht in Gottes Knigreich ein-gehen knnen? Dabei zog sie ein schwarzes Tuch vonihren Schultern fort. Zwischen den Schulterbltternwar eine ungewhnlich groe Geschwulst zu sehen.

    Aus der Dunkelheit heraus packte eine hagereHand sie roh am Arm und riss sie in eine der Htten.

    Wir konnten gerade noch eine lange Gestalt mit rotemKopfschmuck erkennen. Dann war das ganze Dorf wieausgestorben, und wir hrten nur das unheimlicheHeulen einer Hyne.

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    Das-Nashorn

    Im Morgengrauen brachen wir unsere Zelte ab undfuhren weiter ber die Hochebene, eine dichte Staub-wolke hinter uns zurcklassend. Wir kamen durchGegenden, in denen die seltsamsten aller Ungetme,

    die riesigen Planierraupen, am Werk gewesen waren.Sie hatten Bume, Unterholz und Dornbsche wiespielend ausgerissen und an einer Seite aufgereiht.

    Es dauerte nicht lange, da hatten wir das Ende des breiten Sperrgrtels erreicht, und wieder stieen wirauf ein Schild Tsetsefliegen-Kontrolle. Quer berden Weg gelegte Baumstmme zwangen uns, vor denweit geffneten Toren eines gleich daneben stehendenriesigen Wellblechschuppens haltzumachen.

    Zwei uniformierte Afrikaner, die Wache standen,lieen den Jeep hineinfahren, und dann schloss sich

    das Tor drhnend. Ungefhr drei Minuten spter ff-nete sich am entgegengesetzten Ende ein gleiches Tor,und der Wagen fuhr hinaus.

    Als wir mit unserem Lastwagen an die Reihekamen, suchte zunchst ein rot bemtzter Afrikanermit einem kleinen Moskitonetz sorgfltig in unserem

    Wagen herum und war stolz, als er in einer dunklenEcke eine Tsetsefliege erwischte. Dann gab er uns einZeichen, und wir konnten einfahren. In der Dunkelheitherrschte eine so hohe Temperatur, dass es uns fast denAtem verschlug.

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    Kah!, keuchte Mboga. Dies ist sicher ein Ofen, indem die Tsetsefliegen gekocht werden.

    Endlich hie es Bassi Fertig! Das Tor wurde auf-gerissen, und wir waren von dem grellen Sonnenlichtwie geblendet. Es war Mittag, und die Sonne standhier, nur wenige Kilometer sdlich des quators,genau senkrecht ber uns.

    Mboga hob eine tote Tsetsefliege vom Boden auf

    und befrderte sie vorsichtig in eine Flasche.Nach einer solchen Behandlung kann keine Fliege

    lebendig bleiben, Buana; sie leisten hier grndlicheArbeit.

    Ja, das ist aber auch unbedingt ntig, die kleinenBiester richten sonst ungeheure Verheerungen in Tan-ganjika an.

    Drauen kam der Oberst auf mich zu. Doktor, Bai-ley fhlt sich nicht wohl.

    Der Kameramann sa zwischen seinen Gerten undmachte ein jmmerliches Gesicht. Diese Stiche, Doc,

    brennen wie Feuer. Oh, wie hat dieses Kochen in derFliegenfalle die Glut geschrt!An der Einstichstelle hatte sich ein blutroter Rand

    gebildet. Er rieb vorsichtig Salbe hinein und verfluchtedabei alle dudus im Allgemeinen und die Tsetsefliegenim Besonderen.

    Dann fing er an, heftig zu niesen. Es wollte gar keinEnde nehmen. Die Nase lief, die Augen trnten, undauf der ganzen Haut zeigten sich rote Flecken. Einetchtige Spritze Adrenalin brachte ihm Linderung,und eine Stunde spter brachen wir auf.

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    Wir kamen an groen Zebraherden vorbei. In einemDornbuschdickicht standen vierzehn Giraffen. Die aufden langen Hlsen sitzenden Kpfe folgten uns lang-sam im Vorbeifahren, aber ihre groen gefleckten Kr-per waren in dem wie eine Tarnfrbung wirkendenflimmernden Spiel von Licht und Schatten kaum zuerkennen.

    In einer Gelndesenkung wuchs niedriges Ge-

    struch. Um den jenseitigen Steilhang zu nehmen,hatte Oberst Johnson seinen Jeep heruntergeschaltetund fuhr in langsamem Tempo hoch. Pltzlich drhntedas verdchtige Stampfen einer herangaloppierendengewaltigen Masse, und ich sah ein riesiges Nashorn,das mit gesenktem Kopf auf den Jeep losstrmte.

    Auch der Oberst hatte es gesehen. Er trat den Gas-hebel durch, der Wagen schoss mit heftigen Schlinger-

    bewegungen vorwrts. Wir frchteten, der etwa eineTonne wiegende Koloss knnte ihn jeden Augenblickvon der Seite rammen. Unvermittelt machte er aber

    halt und glotzte zu uns herber. In einer Staubwolkesahen wir den Jeep, der inzwischen die Hhe erreichthatte, davonbrausen, dicht gefolgt von dem Lastwagendes Fotografen.

    Kumbe! , rief Mboga. Sieh, Buana, Kifaru , dasNashorn, will jetzt uns angreifen!

    Und tatschlich galoppierte das Untier von vorn aufuns zu.

    Weiterfahren hiee, frontal mit ihm zusammen-zustoen; es war nur noch etwa dreiig Meter von unsentfernt. Rechts erhob sich eine Bschung, links wuchs

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    dichtes Dorngebsch, und dahinter dehnte sich eineweite Flche aus. Mit kurzem Entschluss riss ich dasSteuer nach links, und der schwere Wagen bahnte sichaufbrllend seinen Weg.

    Mboga, der zurckschaute, rief entsetzt: Oh,Buana, es kommt hinter uns her! Koh, heh, mein Bluthrt auf zu flieen!

    Simba sagte ernst: Wir sind schneller als jedes Nas-

    horn, Buana, wenn der Boden eben bleibt. Aber wennwir in das Loch eines Erdferkels oder so etwas geraten,

    yoh!Der Gashebel war fast durchgetreten, und der

    Abstand zwischen uns und dem in unserer Staub-wolke folgenden angriffslustigen Untier wurde gr-er. Sonderbare, in diesem Augenblick durchaus ab-wegige Gedanken durchzuckten mein Gehirn: Ichhatte irgendwo gelesen, das Horn knne manchmal biszu einem Meter lang werden und sei, zu feinem Pulverzerstoen, als Medizin sehr geschtzt.

    Pass auf, Buana!, schrie Mboga.Unmittelbar vor uns klaffte in dem halbhohenGras eine Bodenspalte, fast zwei Meter tief und dreiMeter breit. Ich riss den Wagen fast in rechtem Winkelherum; er balancierte bedenklich auf zwei Rdern, fingsich aber wieder, und weiter ging die Jagd.

    Buana!, rief Mboga, auer sich vor Freude. Eskonnte nicht mehr bremsen und ist in das Loch hin-eingelaufen!

    Aber seine Freude sollte nicht lange dauern; dennnachdem wir einen riesigen Ameisenhaufen und

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    einige kleine Baumgruppen umfahren hatten, tauchtehinter uns das Nashorn wieder auf. Da wir nun eineSteigung nehmen mussten, kam es allmhlich immernher. Wir hatten nur noch einen halben Kilometer biszur Strae, von der wir hatten abbiegen mssen, aberder Abstand zwischen uns und den herandonnerndenHufen schmolz bedenklich dahin.

    Da wagte ich es, um ein Stck abzuschneiden, mit

    Vollgas in einen jungen Baumbestand hineinzufahren.Der schwere Wagen erzitterte beim ersten Anprall, rissaber alles um, was ihm im Wege stand. Als die Rderendlich wieder die feste Strae unter sich hatten, heulteder Motor auf; nun waren wir in Sicherheit und er-reichten nach wenigen Sekunden die anderen Fahr-zeuge.

    Mboga fasste mich an der Schulter. Sieh, BuanaKodaki ist tchtig bei der Arbeit!

    Auf einer Kiste auf dem Lastwagen stand ohneKopfbedeckung Bailey mit einer Kamera. Er hatte

    unser ganzes Abenteuer gefilmt. Im Augenblick warsein Gert auf das Nashorn gerichtet, das anscheinenddas Interesse an uns verloren hatte und den Wegzurcktrottete, den es gekommen war.

    Simba wies mit dem Kinn auf Oberst Johnson, dermit entsichertem Gewehr etwas abseits stand. Hongo,

    ich sehe, es gab gar keine Gefahr fr uns; der Buanahat uns die ganze Zeit mit seinem Gewehr gedeckt.Mboga, dein Blut htte ruhig weiterflieen knnen.

    Wir fuhren weiter, und im grellen Sonnenlicht flim-merten die bunten Farben der weiten Ebene vor unse-

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    ren Augen. Zu Mittag aen wir in einem schnell auf-geschlagenen Zelt, dem einzigen schattigen Fleckchenweit und breit. Mir fiel auf, dass Bailey nur sehr weniga; nach dem Essen bat er mich um Aspirin.

    Kopfschmerzen?, fragte ich ihn.Er nickte. Schon den ganzen Vormittag. Er

    schluckte die Pillen und starrte zum Horizont.Sagen Sie, Oberst, sehe ich schon Gespenster? Oder

    eine Fata Morgana?Nein, Bailey, das ist Wirklichkeit; es ist die riesige

    Wasserflche des Manyara-Sees. Wir mssen rechtsdaran vorbei und ich hoffe, wir geraten nicht ineinen dieser tckischen Wirbelwinde, die ich da hintenherankommen sehe.

    Ein riesiger dunkler Schlauch staubdurchsetzterheier Luft, der von der Erde bis in die Wolken reichte,schwankte ber der Ebene dahin, und ber ihm kreistemit weit ausgebreiteten Flgeln ein Schwarm groerVgel.

    Geier, sagte der Oberst, widerliche Tiere; diewerden wir noch hufiger zu sehen bekommen. DieLuft war so drckend, dass wir nur noch mit Mheatmen konnten, und am liebsten htten wir fr einigeStunden Rast gemacht. Der Oberst bestieg jedochseinen Wagen. Wir mssen jetzt weiter. Im Schatten

    der Berge werden wir uns alle wohler fhlen. Wennirgendetwas Filmenswertes auftaucht, werde ich an-halten.

    Wir waren eine Stunde gefahren und auf einer langgestreckten Anhhe angekommen, als der Jeep pltz-

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    lich anhielt. In einer kleinen Gelndesenkung standeine ganze Gruppe Giraffen.

    Zwlf, sagte Simba, und drei kleine.Als Bill seine Aufnahmen gemacht hatte und die

    Kamera zum Wagen zurckbrachte, war ich betroffenvon seinem Aussehen.

    Doc, murmelte er, mein Mund ist ganz trocken.Ich kann nicht mehr geradeaus sehen, und mein Kopf

    brummt wie toll. Er machte eine verrgerte Hand-bewegung. So was ist mir noch nie passiert: die gan-zen schnen Aufnahmen mit leerer Kamera!

    Sie drfen heute auf keinen Fall mehr fahren, Bill.Auch der Oberst war dieser Meinung. Kali wird Sie

    am Steuer ablsen, und Sie machen es sich am bestenzwischen Ihren Gerten bequem. Wir knnen es unsnicht leisten, dass unser wichtigster Mann krank wird.

    Langsam fuhr die Kolonne weiter bergauf durchhgeliges Gelnde auf das Gebirge zu, das den Hori-zont begrenzte. Wir erreichten eine Blockhtte, die am

    Rand eines riesigen Kraters stand. Ein an ihr befestigtesSchild zeigte uns an, dass wir uns 2300 Meter ber demMeeresspiegel befanden. Tief unter uns lag der Was-serspiegel des Manyara-Sees, und jenseits erhoben sichdie blauen Berge.

    Simba, hilf mir bitte. Wir mssen Buana Bailey ein

    Lager zurechtmachen. Wir betteten ihn auf ein Feld-bett. Sein Puls ging sehr schnell. Unter dem Mikroskopuntersuchte ich mit uerster Sorgfalt eine Blutprobe,fand aber nichts Verdchtiges.

    Malaria ist es nicht, Bill. Sie haben sich bestimmt

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    einen Sonnenstich geholt; wir werden jetzt kalteUmschlge machen.

    Er nickte. Seine Haut war brennend hei und ganzausgetrocknet. Wenn wir ihn zum Schwitzen bringenknnten, wrde es wohl besser werden.

    Gegen Abend kam ein khler Wind auf. Ich legteein Thermometer zwischen Bills Lippen und warteteeinige Minuten. Es zeigte 40,5 Grad. Schweiperlen

    standen auf seiner Stirn.Sagen Sie, Doc, murmelte er, ich fhle mich ein

    bisschen besser, und ich habe Durst!Trinken Sie, so viel Sie wollen! Ich will Ihnen auch

    eine Spritze geben, denn ich mchte sichergehen esknnte doch vielleicht Malaria sein, obwohl ich keineBakterien in Ihrem Blut gefunden habe. Mboga, halteseinen Arm fest. Es ist nicht leicht, bei jemandem, derso zittert wie unser Buana Kodaki, die Spritze richtiganzusetzen.

    Als der Mond aufging, lag unser Patient in tie-

    fem Schlaf, und die Temperatur war auf 37,8 Gradgesunken.Mboga, bleib hier bei ihm, bis die kleine Uhr klin-

    gelt. Dann ist Mitternacht, und dann kommst du undweckst mich. Wenn etwas Besonderes passiert oder ernach mir fragt, weckst du mich frher. Lass ihn trin-

    ken, wenn er will, aber weck ihn nicht auf.Du kannst dich auf mich verlassen, Buana.

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    Beunruhigendes

    Ich lag unter dem sorgfltig befestigten Moskito-netz auf meinem Feldbett und lauschte den Stimmender Nacht. Alles war friedlich, und langsam stelltesich der Schlaf ein aber dann war ich pltzlich hell-

    wach. Ein Schatten stand vor mir, und dann hrte icheine Stimme flstern: Buana, ich bin es, Simba. MeinMagen rumort, und mein Inneres macht mir wenigFreude.

    In der Medizinkiste ist eine grne Flasche mitPillen.

    Der breitschultrige Afrikaner zndete ein Streich-holz an und fummelte an der Kiste. Sie ist ab-geschlossen, Buana.

    Stimmt ja auch! Der Schlssel ist im Zelt von BuanaKodaki; er soll aber jetzt nicht gestrt werden.

    Ich hrte ein leises Klicken, und dann kicherte er:Das Schloss ist offen, Buana. Ich habe es mit einemStckchen Draht gekitzelt. Er entzndete ein neuesStreichholz. Grne Flasche, zwei Pillen. Danke schn,Buana!

    Simba, du darfst aber nicht an anderer Leute

    Schlsser herumarbeiten. Damit macht man sich ver-dchtig und unbeliebt.

    Er kicherte wieder. Keine Angst, Buana. GuteNacht!

    Ich mochte gerade wieder eingeschlafen sein, als ich

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    eine Hand auf meiner Schulter sprte. Buana, Buana,ich bin es. Mboga. Es ist Mitternacht, und er schlftfest.

    Ich stand auf und ging leise in Baileys Zelt. Sein Pulsging schnell und heftig. Ich schob ihm das Thermo-meter unter die Achseln. Das Krankheitsbild war mir

    jetzt klar: Sonnenstich. In zwei bis drei Tagen wrde erwohl wieder ganz gesund sein.

    Ich trat ans Fenster und las im hellen Mondlicht dieSkala; sie zeigte 37,8 Grad. Ich war beruhigt.

    Die Nacht war erstaunlich hell. Die hohen Berg-gipfel zeichneten sich scharf gegen den Horizont ab.Nach Westen lag der jetzt blau schimmernde Wasser-spiegel des Sees.

    Ich dachte an Simba, der vor einiger Zeit in einersolchen Nacht einen Lwen mit dem Speer erlegt hatte,dann an Perisi, seine Frau, und ihre vier Kinder. Siefhrten ein vorbildliches Familienleben. Ein prchti-ger Kerl war Simba, solide, hilfsbereit, vor allem aber

    zuverlssig und ehrlich.Im Schatten unter einem Dornbaum bewegte sichetwas. Ich sah gleichgltig hin, aber dann fhlte ichein leises Prickeln auf der Haut. Vier groe Lwenstrichen, keine dreiig Schritte von mir entfernt, ruhigvorbei. Eine Lwin blieb stehen und schnupperte;

    dann drehten sich alle zu mir hin. Als jetzt der Krankehinter mir leise sthnte, schauten sie aufmerksamer.Ich rhrte mich nicht; ich wusste, wie unglaublichneugierig Lwen sind.

    Aus dem Urwald kamen Gerusche. Der groe

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    Lwe schttelte seine Mhne und schritt weiter, diedrei Lwinnen hatten noch keine rechte Lust zu folgen.Ich griff unwillkrlich nach der einzigen Waffe in mei-ner Nhe Bills schwerem Stativ und wartete auf dienchste Bewegung der Raubtiere.

    Pltzlich zuckte ber mir ein Blitzlicht auf. MeinMund war zu ausgetrocknet, als dass ich einen Lautder berraschung oder des Schreckens htte ausstoen

    knnen. Ein zweiter Blitz beleuchtete zum Glck dieHinterkeulen vier davoneilender Lwen.

    Hinter mir stand mit zitternden Knien der baum-lange Bill!

    Das war ein Schnappschuss, Doc!Dann verlieen ihn seine Krfte, und er taumelte.

    Halten Sie die Kamera, Doc, die Kamera!Sie zwischen seinen und meinen Krper pres-

    send, gelang es mir, mit ihm sein Bett zu erreichen. Erstreckte sich aus und grinste mich an. Ich sah Sie zumFenster hinausschauen, als erblickten Sie einen Geist.

    Da dachte ich mir gleich: Das knnte vielleicht ein gutesBild werden!Hren Sie, das war eine Riesendummheit. Machen

    Sie solche Scherze nicht wieder, Sie sind schwerkrank! Ich wickelte ihn fest in seine Decken.

    Er blinzelte mich mit einem Auge an. Okay, Doc,

    okay! Ich gab ihm eine Pille, und gegen zwei Uhrzeigten seine ruhigen Atemzge, dass er eingeschlafenwar.

    Ich wollte gerade selbst ein bisschen einnicken, alsfernes, lautes Brllen mich aufschreckte. Ich fuhr hoch

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    und htte im Dmmerlicht beinahe den Tisch um-geworfen. Die Leuchtuhr zeigte 5.30 Uhr.

    Die Grillen waren verstummt, ber dem Horizontfing es an zu tagen. Bailey streckte einen Arm aus demBett; ich fhlte ihm den Puls, der regelmig und krf-tig ging.

    Der Oberst kam aus seinem Zelt und begrte mich.Wie gehts unserem Patienten?

    Ich denke, heute kriegen wir ihn wieder ganz inOrdnung. Aber vor vier Uhr nachmittags lasse ich ihnnicht hinaus. Er soll noch nicht in die heie Sonne, undvor allem muss er einen vernnftigen Hut aufsetzen.

    Da haben Sie ganz recht. Dann wies er mit derHand auf den Boden. Wir haben in der Nacht Besuchgehabt.

    Ja, ich habe einen Trupp Lwen gesehen, vier ins-gesamt.

    Er zeigte auf die Fuspuren. Es waren mindestensfnf; auerdem waren auch einige Bcke hier.

    Unter einem Affenbrotbaum kauerte Simba. Als ichmit dem Frhstck fertig war, kam er zu mir herber.Buana, ich muss ein paar Worte mit dir sprechen.Eh-heh, Simba, was macht dein Magen?Mzuri kabisa, Buana, er ist wieder besser. Die Medi-

    zin ist gut; aber meine Worte betreffen das Mdchen

    mit dem groen Geschwr auf dem Rcken. Ich kennesie, Buana, sie kommt aus einem Dorf in der Nhe mei-nes eigenen Dorfes. Ihre Verwandten sind schlechteLeute. Er drehte den Kopf zur Seite. Punghati!,sagte er und spuckte in seiner charakteristischen Weise

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    mit Nachdruck aus. Heeh , Buana, sie hat ja diesesGeschwr. Keiner der jungen Mnner wird sich nachihr umsehen, um sie zu heiraten; sie sagen, es sei dasZeichen des Fluchs ihrer Ahnen. Sie zur Frau zu haben,wrde Unglck und Leid herbeiziehen.

    Er blickte hinunter auf seinen linken Fu. Seineuerst beweglichen Zehen spielten mit einem klei-nen Stein, und ich sah, dass der dicke Zeh verstmmelt

    war. Mir fiel ein, dass er mir erzhlt hatte, er sei ihmals kleiner Junge von einer riesigen Spinne abgebissenworden.

    Buana, fuhr er fort, es war in den Tagen der Hun-gersnot vor zwei Jahren. Ihre Angehrigen sagten, siesei ein unntzer Esser, und verkauften sie einem Vieh-hndler vom Stamm der Massai fr ein paar Khe. Sielebt bestimmt in groem Elend, Buana; er behandeltsie schlechter als seine Tiere. Der Mann, den wir nachihr greifen sahen, schlgt sie, genau wie seine anderenFrauen. Sie lebt fern von ihren Verwandten und Freun-

    den. Kaum einer versteht ihre Sprache; man musswirklich groes Mitleid mit ihr haben.Knnen wir ihr auf irgendeine Weise helfen?Er hockte sich hin und zog, die Lippen trotzig vor-

    schiebend, sonderbare Linien in den Sand ein Zei-chen dafr, dass er sich einen groen Plan ausgedacht

    hatte.Buana, hast du gemerkt, dass Mboga sich mit sehr

    lieben Augen nach ihr umgesehen hat?Ich nickte, aber bevor wir weiterreden konnten,

    kam Kali im Eilschritt heran und stellte sich stramm

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    vor mich hin. Buana, die Worte meines groen Chefslauten, dass Simba mit mir eine kleine Safari machensoll, um herauszufinden, wo Nhembo, der Elefant, undsein Stamm sich jetzt aufhalten.

    Mget ihr im Schutze des Siebengestirns in Frie-den reisen!, erwiderte ich mit der landesblichen For-mel. Beide sahen mich, erfreut ber diese Aufmerk-samkeit, breit grinsend an, grten und zogen ab, der

    eine mit geschultertem Gewehr, der andere seinenSpeer schwingend.

    Mboga stand pltzlich neben mir. Buana Kodakischlft. Ich berzeugte mich, dass es stimmte, undging dann zu Ibrahim hinber, der mit der Morgen-wsche beschftigt war. Er rieb die Hemden so krf-tig mit Seifenlauge ein, als wenn er es auf mglichstschnellen Verschlei abgesehen htte.

    Buana?Heute Mittag kochst du Kaffee fr Buana Bailey,

    und zwar einen guten, denn die Amerikaner sind da

    sehr verwhnt.Sei unbesorgt, Buana, ich werde es schon richtigmachen.

    Mboga bleibt bei ihm, bis du deine Wsche fer-tig hast. Dann setzt du dich still zu ihm und sagst mir,wenn er aufwacht.

    Ndio, ja, Buana.Die Sonne stand fast senkrecht ber uns. Die Luft

    flimmerte und lie die Konturen der fernen Berge leisezittern.

    Ibrahim kam langsam heran. Buana, der Kranke

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    ist wach und spricht lauter Worte, die ich nicht ver-stehe.

    Ich ging zu ihm hinein. Wie fhlen Sie sich, Bill?Oh, Bruder, kam seine Stimme klglich unter

    dem Moskitonetz hervor, was hab ich Kopfschmer-zen!

    Wie wrs mit einer Tasse Kaffee? Ich wies mitdem Kinn in die Richtung, wo sich der Kilimandscharo

    erhob. In den Plantagen da oben wchst eine saubereBohne.

    Ich schttelte die Quecksilbersule des Thermo-meters herunter, steckte es ihm in den Mund undzhlte seinen Puls. Als ich ablas, sah er mich gespanntan.

    Die Temperatur ist gefallen, der Puls ist normal.Wenn erst die Kopfschmerzen weg sind, knnen Siesich wieder bettigen in den nchsten Tagen aller-dings nur am frhen Morgen und am spten Nach-mittag.

    Ich legte ihm ein nasses Handtuch auf die Stirn.Bleiben Sie zunchst still liegen, und nehmen Sie dieDinge, wie sie nun einmal sind.

    Ibrahim kam mit dem Kaffee, den er sorgfltig ser-vierte. Bill nickte zufrieden. Er versteht seine Sache,der Ibrahim. Zwei Stunden hat er hier gesessen wie

    Tante Katharina und auf mich achtgegeben. Ich habesolche Kerle gern. Das gilt auch fr Ihren Spinat. IstIhnen brigens sein betrbtes Gesicht aufgefallen, alser das arme Mdchen mit dem Tumor zwischen denSchultern sah? Wenn Amor jemals einen Meisterschuss

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    getan hat, dann gestern Abend! Er grinste bers ganzeGesicht und schlrfte genieerisch seinen Kaffee. Dasist wirklich ein sauberes Gebru! Wie wrs mit nochetwas?

    Ja, und dazu zwei Pillen.Er legte sie ganz hinten auf die Zunge und schluckte

    sie. Ich beobachtete ihn, wie er langsam in den Schlafsank, und flsterte Ibrahim zu, bis vier Uhr zu bleiben

    und ihm dann noch eine Tasse Kaffee zu geben.Kurz nach vier fragte Bailey mich, ob ich Schach

    spielen knne.Allerdings. Aber Sie mit Ihren Kopfschmerzen?Oh, mir ist zwar ein bisschen schwindlig, aber Ich muss gestehen, dass ich mich nach zwei Spie-

    len, als mein Knig wieder aussichtslos in die Enge ge-trieben war, etwas darber freute.

    Simba trat ein. Buana, wir waren in dem Dorf, dasmitten im Dorngebsch liegt. Hinter ihm ist ein See,und ich glaube, da kann Buana Kodaki schne Bilder

    machen.Was sagt er?, fragte Bill, und ich bersetzte.Buana, fuhr Simba fort, ich sah dort einen

    Vogel mit sonderbaren Augen und einem so komischenSchnabel, dass er aussieht wie ein Flusspferd mitFlgeln. Es gibt da auch groe, rosafarbene Vgel mit

    langen, dnnen Beinen; das sind sicher die Giraffenunter den Vgeln.

    Als ich das bersetzte, lchelte Bill. Pelikane undFlamingos vermutlich. Sonst noch was, Simba?

    Es gibt da auch eine Stelle mit seichtem Wasser

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    und hohen Felsen dahinter, und da sind Elefanten,Elefanten und nochmals Elefanten!

    Dann fuhr er in verndertem Ton fort: Und,Buana, nicht weit von dieser Elefantengegend, un-gefhr eine Stunde davon entfernt, ist noch ein Dorf.Es ist ein Ort der Krankheit, der Unruhe und derTsetsefliege! In diesem Dorf hat der Viehhndlervom Stamm der Massai viele Freunde; das sind

    Hynen in Menschengestalt. Hongo , in meinem Her-zen ist groes Mitleid mit dem armen Mdchen mit derBeule. Sie nennen sie Mzito, die Lstige. Punghati!Erdrehte sich um und spuckte zur Tr hinaus. Es sindauch noch Massai da, die gar keine echten sind. Unddie halten Mzito bei sich fest, sagte er mit groerErbitterung in der Stimme.

    Abends gab es gebratene Ente; der Oberst zerlegtesie fachmnnisch. Kali scheint eine gute Stelle ge-funden zu haben, von der aus wir Elefanten filmenknnen.

    Danach sprach er den ganzen Abend kein Wortmehr.Als Ibrahim den Tisch abrumte, stand der Oberst

    auf und gab mir ein Zeichen mitzukommen. Wirschlenderten zu einem Platz, der uns eine herrlicheAussicht bot; ich kam aber nicht dazu, sie zu genieen.

    Er hstelte und begann zu sprechen.Doktor, ich habe diesen Simba auf Ihre Emp-

    fehlung hin als Fahrer mitgenommen. Ich muss Ihnensagen, dass jemand in meinen Vorrten herumgestberthat.

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    Simba ist kein Dieb, Oberst. Ich kenne ihn seitzwei Jahren, und mir ist noch nie etwas weggekom-men.

    Das mag sein. Diese Leute bestehlen selten ihreeigenen Herren, aber bei anderen nehmen sie esnicht so genau. Haben Sie sich schon mal seine Feangesehen?

    Ich nickte.

    Es wird Sie interessieren, dass ich in meinem ZeltFuspuren entdeckt habe, die einen beschdigten lin-ken Fu zeigen. Auerdem ist mit dem groen Schrau-

    benzieher aus dem Werkzeugkasten des Dreitonnersversucht worden, meine Geldkassette aufzubrechen.Ich will niemanden beschuldigen, aber halten Sie IhreAugen offen und Ihr Geld in Sicherheit.

    Ich starrte lange in die Dunkelheit hinaus. Simbaund ich hatten manches Schwere gemeinsam erlebt; ernannte sich einen Christen und hatte sich auch immerals ein solcher gezeigt. Niemals hatte er sich auch nur

    im Geringsten als Dieb verdchtig gemacht. Ich gingzu ihm hin.Behutsam legte ich eine Hand auf seine Schulter.

    Simba, was hast du da in der letzten Zeit angestellt?Er sah mich an und lachte. Buana, ich habe gejagt,

    und zwar ein edles Wild! Mein Herz hpft und singt,

    koh, es ist in groer Freude und voll Glck, besonderswenn ich daran denke, dass ich keine Last auf demRcken habe!

    Simba, du wirst mir doch nichts vormachen wol-len, nicht wahr? Es hat jemand versucht, mit dem

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    Schrau benzieher aus unserem Lastwagen die Kas-sette des Buana Oberst aufzubrechen. Und was nochverdchtiger ist: Die Feder von deinem Hut ist in sei-nem Zelt gefunden worden. Das hatte mir der Oberstmitgeteilt.

    Er nahm auf einmal stramme Haltung an. Buana,ich habe es nicht getan. Frher habe ich oft gestohlen,aber jetzt tue ich das nicht mehr, Buana. Ich bin nicht

    in dem Zelt des Groen Jgers gewesen, und ich habeauch nicht versucht, sein Geld zu stehlen. Die Federwar vor zwei Tagen auf einmal von meinem Hut ver-schwunden. Du glaubst mir doch, Buana?

    Simba, weit du auch, dass man deine Fuspurenin dem Zelt entdeckt hat? Ich leuchtete mit derTaschenlampe auf seinen linken Fu. Hat sonst noch

    jemand hier nur vier Zehen?Er zuckte die Schultern. Ich bin es auf jeden Fall

    nicht gewesen, Buana.Dann ging er weg, und ich blieb in gedrckter

    Stimmung allein zurck.

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    Reiche-Ausbeute

    Fr mich war es ein Tag der Ruhe. Mboga kauertewie ein Hufchen Elend in der Tr; seine Finger glit-ten ber die ilimba , und er sang dazu eine klglicheMelodie. Bailey sa mit einem feuchten Handtuch um

    den Kopf in der Nhe und pfiff, die Augen mde ge-schlossen, eine harmonische Begleitmusik.

    Auf einmal legte der Afrikaner sein Instrument bei-seite und sagte: Fein!

    Bill wickelte sich langsam das Handtuch vom Kopf.Doc, wenn ich jetzt eine Posaune htte! Sie wissen ja,dass auf hnliche Weise der Blues, diese weiche, tru-merische Tanzmusik, entstanden ist. Spinat hat dochsicher noch ein paar nette Weisen auf Lager!

    Er kann ja aus seiner Kiste allerhand herausholen,aber steht Ihnen der Kopf jetzt nach Musik?

    Es geht mir schon viel besser, Doc. Ich habe eineListe aufgestellt mit allen Tieren, die ich sehen und fil-men mchte. Ich will Aufnahmen von Lwen haben,

    besonders von jungen; dann von Lwen auf der Jagdund, wenn es gelingt, eine ganz neue Masche, irgend-etwas, das noch kein anderer gefilmt hat. Dann Ele-

    fanten. Keine bloen Aufnahmen, sondern interessanteStreifen aus ihrem Leben. Und was habe ich fr einenSpa an Nashrnern bekommen! Ferner brauche ichnoch Giraffen. Auch einen Streifen mit Hynen und

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    einen mit Leoparden. Und zum guten Schluss einigegute Aufnahmen von Vgeln.

    Der Oberst kam herein, und nachdem er einenBlick auf die Liste geworfen hatte, machte er einenVorschlag. Wir knnen ja schon morgen mit den Ele-fanten beginnen, mssen dann aber in aller Frhe auf-

    brechen. Wir fahren im Jeep bis etwa drei Meilen an dieStelle heran, die Kali ausgekundschaftet hat. Er sagt, es

    sei da ein gewaltiger Felsblock, der sehr gnstig in derNhe eines kleinen, sehr flachen Sees liege, wo die Ele-fanten sich gern im Schlamm wlzen. Vielleicht ms-sen wir ber Nacht dort bleiben, deshalb wollen wiralle ntigen Gerte mitnehmen.

    Bereits eine Stunde vor Tagesanbruch war Baileymunter.

    Doc, sagte er, whrend er seine Kameras vor- bereitete, keine Kopfschmerzen mehr. Ich bin heutezu allem fhig.

    Als es hell genug war, um ohne Licht zu fahren,

    setzte sich Johnson ans Steuer des Jeeps, der unter denweit reichenden sten eines riesigen Affenbrotbaumsabgestellt war; er war schon voll beladen. Hinten nahmKali Platz, ein Gewehr ber den Knien. Ich setzte michzwischen den Fahrer und Bill, der sich eine Kamera umden Hals gehngt hatte und eine andere in der Hand

    hielt. Stativ und anderes Zubehr lagen griffbereit vorihm.

    Mboga ging zu Fu, und neben ihm schritt Ibra-him, Baileys vornehmer Diener vom Stamm derSuaheli, gekleidet wie ein feiner Herr, mit weiem

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    Kppchen, langem flatterndem kanzu, und in der Handein zierliches Spazierstckchen.

    Mboga war mit graugrnen Shorts bekleidet, berdie Schulter hatte er sich einen roten baumwollenenSack gehngt, der ein groes Paket enthielt, und unterdem Arm trug er eine riesige Melone.

    Die Sonne ging soeben hinter den Bergen auf, Bill bewunderte das bunte Farbenspiel am Horizont und

    die scharfe Silhouette der Bume auf dem Bergrcken.Der Oberst wies mit dem Arm in die Luft.

    Sehen Sie die Geier da oben schweben? Hier untenscheint irgendetwas zu sein, das wir uns ansehenmssten.

    Unser Jeep rollte fast lautlos einen langen Hanghinunter und hielt pltzlich mit einem Ruck an. DerGrowildjger stieg aus und ging vorsichtig auf einenetwa einen Meter breiten und fast ebenso tiefen aus-getrockneten Bachlauf zu. Wir folgten ihm in gebck-ter Haltung und mglichst geruschlos.

    Vor einem riesigen Felsblock bog das Bachbett recht-winklig ab. Johnson blieb stehen und schlich dann behutsam um den Felsen herum. Seine Finger ent-sicherten das Gewehr. Er kroch weiter, und wir folgten.Kali mit der Kamera war dicht neben mir, und hinteruns hrten wir Bill ungeduldig flstern: Schneller!

    Der Jger machte halt und wies mit der Hand aufeine Stelle, an der der sonst starke Bachrand starkabgebrckelt war.

    Da stand, keine zwanzig Meter von uns entfernt,neben einer toten Gazelle, seiner Beute der letzten

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    Nacht, ein groer, schwarzmhniger Lwe! Bill begannsofort zu filmen, und ich stellte mit Verwunderung fest,dass das Raubtier sich durch das Surren der Kameranicht im Geringsten stren lie.

    Kali fasste meinen Arm und wies mit dem Kinnnach oben in die Richtung, in die jetzt auch der Lwestarrte. Ein Schwarm von Geiern und Marabus, die vor-her in groer Hhe gekreist hatten, war schon ziemlich

    tief herabgekommen. Der dadurch unruhig gewordeneLwe umschritt seine Beute und stie drohende Knurr-laute aus.

    Ich fand es sehr beruhigend, dass Johnsons Gewehrstndig auf die Schulter des groen Raubtiers gerichtetwar, und doch fhlte ich mein Herz bis in den Halsschlagen, als sich auf einmal der riesige Kopf zu unsherberwandte. Dann ging sein Blick wieder nachoben zu den widerwrtigen Aasvertilgern. Der Lwe

    brllte herausfordernd und drohend und schritt dannlangsam einer nahen Wasserstelle zu.

    Sofort fielen die Geier ein, bewegten sich schwer-fllig um die tote Gazelle und rissen Fleischstcke ausihr heraus. Bill murmelte leise vor sich hin, und seineAugen leuchteten vor Freude ber eine so unerwarteteBereicherung seines Programms.

    Auf einmal sah ich, wie sich hinter einem Dorn-

    busch etwas bewegte. Anscheinend durch die Geierangelockt, kam eine groe gefleckte Hyne hinter ihmhervor, drngte sich durch die Vgel an das Aas heranund begann zu schlingen.

    Seht mal nach links, hinter dem Ameisenhaufen!,

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    flsterte uns Johnson zu. Dicht an den Boden gedrckt,nherte sich langsam der Lwe. Er umschlich einigeDornstrucher, und dann sprang er mit einem gewalti-gen Satz mitten unter die Aasruber. Es entstand ein tol-les Durcheinander, ohrenzerreiende Schreie ertnten,und eine Wolke von Federn wirbelte durch die Luft.

    Als nach einem Augenblick der Ruhe einer derunverletzt entkommenen Geier sich wieder in aller-

    dings zu geringe Hhe wagte, sprang die groe Raub-katze pltzlich hoch und holte ihn mit einem Tatzen-hieb herunter. Dann stand sie da in majesttischer Hal-tung, wedelte mit dem Schweif, blickte verchtlich aufdie hsslichen Vgel, die kreischend ber ihr kreisten,und schritt langsam ins Gebsch, die Beute mit sichschleppend.

    Bill legte mit zitternden Fingern einen neuen Filmein. Oh, liebe Leute, habt ihr gesehen, wie die Katzeden dicken Spatzen erledigte?

    Gleich knnen Sie das ganze Schlachtfeld filmen;

    nicht nur die Spatzen, wie Sie sie nennen, auch eineungewhnlich groe Hyne!Wir kamen aus unserem Versteck hervor. Das ganze

    Gras war niedergetrampelt, und es sah aus wie ineinem Schlachthaus. Mehrere Geier lagen in ihrem Blut,und Bills Augen weiteten sich vor Staunen, als er auch

    die riesige Hyne mit gebrochenem Hals daliegen sah.Whrend er weiterfilmte, hielt sich der Jger mit

    schussbereitem Gewehr unauffllig im Hintergrund.Dann stiegen wir wieder in unseren Jeep und fuhrenweiter.

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    Und wo sind jetzt die Elefanten?, fragte Bill.Wenn wir um den nchsten Hgel herumgefahren

    sind, werden Sie hinter dem Wasserspiegel des Seeseine Art Klippe sehen. Dort werden wir fr die nchs-ten zwei oder drei Tage unser Lager aufschlagen.

    Als wir die Klippe erreicht hatten, fuhren wir nocheinige Hundert Meter weiter und waren am Ziel. Hieroben hatten wir einen idealen Platz zum Filmen. Wir

    konnten alles berblicken, was zwanzig bis dreiigMeter unter uns in Sumpf und Wasser vor sich ging,ohne selbst gesehen zu werden und, was noch wich-tiger war, ohne dass die Tiere Witterung von uns be-kommen konnten.

    Bill sa mit einem feuchten Handtuch um den Kopfauf einem Felsblock.

    Wie fhlen Sie sich?So lala, Doc.Ich wies mit einer Handbewegung nach unten, wo

    Kali sich auf eigenartige Weise bettigte. Er hatte sich

    die Fe mit Elefantenkot eingerieben, auch einen Sackmit dieser duftenden Masse gefllt, mit der er nun dieWagenspuren und unsere Fuspuren bestreute; dieElefanten wrden sie zwar nicht sehen, aber sie wr-den sie wittern und scheu werden.

    Htten Sie keine Lust, ihm zu helfen, Bill?

    Er schttelte angewidert den Kopf und rmpfte dieNase.

    Ich wusch mich grndlich in einem Eimer Wasser,zog ein sauberes Hemd und frische Shorts an und kammir wieder einigermaen zivilisiert vor.

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    Pltzlich, ich stand gerade bei Oberst Johnson, sahich, dass Bill unruhig in seinen Sachen whlte. Mitrotem Kopf kam er angelaufen.

    Sagen Sie, Johnson, ist jemand an meinen Sachengewesen? Das Schloss meiner Reisetasche ist auf-gebrochen, und es fehlt ein Sckchen mit ostafrikani-schen Schillingen und Banknoten!

    Wie viel war denn drin?

    Nur etwa fnfzig Dollar im Ganzen, aber es httedoch viel schlimmer sein knnen!

    Es ist also Tatsache: Wir haben einen Dieb unteruns. Wo ist denn dieser Kerl, der Simba?

    Bei der Geschichte mit dem Lwen habe ich ihnnicht gesehen, und so was htte ihm doch einen Bom-

    benspa gemacht. berlassen Sie es mir; ich werde esmorgen frh in Ordnung bringen, sagte ich.

    Inzwischen kamen auch Mboga und Ibrahim heran.Buana, sagte mein treuer Diener, vor kurzer Zeitkamen wir an einem Weg vorbei, der in ein Dorf fhrt.

    Die Leute dort sehen die Europer nicht besondersgern; aber wir begegneten einem, der mir sagte, manwisse dort von einer Stelle, an der ungeheure Vogel-schwrme nisten. Yoh , Buana, das wre was fr dieKamera des Buana Kodaki!

    Als sich Ibrahim ein wenig entfernt hatte, wandte

    sich Mboga mit halblauter Stimme an mich: In mei-nem Herzen ist so groer Kummer, dass mein Magenkeine Freude am Essen hat.

    Was ist denn passiert?Simba ist weg, ganz weg!

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    Das ist ja sehr verdchtig, wo dem Buana Baileydas Geld gestohlen worden ist!

    Wenn er noch hier wre, sagte er mit klglicherStimme, htte vielleicht auch der armen Mzito ge-holfen werden knnen, aber jetzt

    Er wandte sich traurig ab.Beim Essen erzhlte ich, was Mboga mir ber die

    vogelreiche Gegend berichtet hatte. Der Jger nickte.

    Ich habe davon gehrt. Es ist fast wie ein Mrchen,aber glauben Sie mir, Doktor, wenn wir dorthin wollen,mssen wir erst das Wohlwollen des Dorfhuptlingsgewinnen, oder man wird uns falsch fhren.

    Dann statten wir ihm am besten einen Besuch ab.Ja, das meine ich auch. brigens mssen wir uns

    hier vor Moskitos in Acht nehmen. Nach Einbruch derDunkelheit werden sie hier zu Hunderttausenden her-umschwirren.

    Um Schutz vor der drckenden Nachmittagshitzezu finden, streckten wir uns im Schatten einiger Bume

    aus, die am Rande unseres Plateaus wuchsen.Ich begann gerade einzuschlafen, da hrte ich diekrftige Stimme von Oberst Johnson: Bailey, etwas frSie: ein Nashornpaar!

    Ungefhr dreihundert Meter von uns entfernt stan-den unter einem niedrigen Baum zwei Nashrner und

    glotzten sich an. Zwei geschlagene Stunden lang stan-den sie so, ohne sich auch nur einen Zoll von der Stellezu bewegen, whrend kleine Vgel munter auf ihrenRcken herumhpften.

    Jetzt ist die Paarungszeit, sagte der Oberst. Bei

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    den Nashrnern ist im Allgemeinen die Dame derunternehmende Teil. Sie werden nicht mehr lange soregungslos stehen bleiben.

    Bill hatte drei Kameras in Bereitschaft, alle drei mitaufgesetztem Teleobjektiv.

    Die Schatten begannen schon lnger zu werden,als das weibliche Tier Bewegungen mit dem Kopfmachte, wie wenn es heftig auf das Mnnchen ein-

    redete. Dieses aber schien mit den Schultern zuzucken, drehte sich zur Seite und stapfte schwerflligdavon, sofort gefolgt von ihr.

    Bills Kamera schnurrte ununterbrochen.Das Weibchen senkte pltzlich den Kopf, und es sah

    aus, als wenn es den Partner mit dem Horn aufspieenwollte. Und dann standen sich beide wieder gegen-ber, Nase an Nase, und bewegten feindselig schnau-fend die Kpfe auf und ab.

    Auf einmal setzte sich das mnnliche Tier wiederin Bewegung, und mit Donnergetse kamen beide

    auf uns zugebraust. Keine vierzig Meter von uns ent-fernt machten sie unvermittelt halt, und nun schienensie sich etwas in ihre lcherlich kleinen Ohren zu fls-tern.

    Los!, brummte Bill. Sag ihr, dass sie wunder-hbsch ist!

    Und wie auf diese Aufforderung hin begannen sie jetzt ein neckisches Spiel mit ihren gefhrlich aus-sehenden Nasen.

    Ist das nicht eine wundernette neue Art, sich zuliebkosen?, grinste Bill, dessen Kamera jetzt beide

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    Tiere ihre Rckseite mit den in gleichem Rhythmuswedelnden Schwnzchen zukehrten.

    Der Oberst hielt sich die Seiten vor Lachen. Dasehen Sie, Bailey, was sie von Ihnen halten!

    Bill aber war begeistert. Das ist ja geradezu fan-tastisch! Leute, was habe ich da fr eine Szene gedreht!Ich werde diesen Film Nashornromanze nennen.

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    Die-Ameisen

    Es war dunkel geworden. Insekten aller Art schwirr-ten um die Lampe, als Oberst Johnson uns Geschichtenvon seinen zahlreichen Safaris erzhlte.

    Da stand, wie aus dem Boden gewachsen, pltzlich

    Kali vor uns.Was gibts?, fragte der Oberst.Es sind Boten aus dem Dorf gekommen, das da

    drben liegt. Er wies mit dem Kinn nach Westen. Siebitten den Buana Doktor, sofort zu kommen; sie sagen,ein Kind werde bei lebendigem Leibe aufgefressen.

    Aus der Ferne tnte unheimlich das Alarmzeichender Eingeborenen, gellend und furchterregend.

    Schon kam Mboga mit meiner Instrumententaschegelaufen. Einer der Boten trat auf mich zu und sagtedringend: Buana, schnell, schnell!

    In aller Eile machten wir uns auf den Weg, derzunchst ber das Sumpfgelnde, dann durch Dorn-gebsch und schlielich durch dichtes Unterholzfhrte. Endlich tauchte das Dorf auf. Schon vonWeitem hrten wir entsetzliches Schreien.

    Als wir endlich ankamen, sahen wir eine Menschen-

    menge um einen sich schreiend am Boden wlzendenJungen stehen; sie wichen scheu zurck. Die Erde umihn herum war mit heiem Wasser getrnkt, in demsich unzhlige groe Ameisen wanden. Neben ihmkauerten zwei Mnner, die versuchten, die Insekten

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    von seinem zitternden Krper zu entfernen; aber siekonnten nur die Leiber fortreien, whrend die tod-geweihten Kpfe sich wie winzige Zangen in die Hautdes armen Kindes eingefressen hatten.

    Mboga sah mich fragend an. Kitanda, Buana?Als ich nickte, drngte er sich durch die Menge

    und brachte nach kurzer Zeit ein afrikanisches Bettmit einer Matratze aus kreuzweise gespannten

    Stricken.Ich bettete den Jungen vorsichtig darauf und legte

    eine Decke ber ihn. Er wand sich vor Schmerzen. EineMorphiumspritze stillte sie bald, und sein Schreienebbte zu einem leisen Wimmern ab.

    Pltzlich sprte ich einen stechenden Schmerz anmeinem Bein. Der Boden wimmelte von Ameisen, undeinige waren ber meine Schuhe heraufgelaufen.

    Tragt das Bett in eine Htte, ordnete ich an undstampfte die Insekten von meinen Fen. Ich zog dasHosenbein hoch und riss den ungefhr zwei Zenti-

    meter langen Krper einer Ameise ab, deren Kiefer sichim weichen Fleisch der Wade bereits festgebissen hat-ten. Sie mussten mit einer Pinzette herausgeholt wer-den, erst dann hrte der Schmerz auf. Schon der eineBiss tat scheulich weh, das arme Kind aber hatte berhundert Ameisenkpfe in seinem Krper!

    Um sein Leben zu retten, musste zunchst derSchock, den es erlitten hatte, bekmpft werden, undzwar durch eine Einspritzung von Flssigkeit in eineVene. Aber das Wasser, das die Leute brachten, sah auswie Tomatensuppe.

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    Ich gab Anweisung, einen Primuskocher, eineKanne und zwei Tassen herbeizuschaffen, denn ichmusste die Brhe destillieren.

    Mboga erledigte den Auftrag in erstaunlich kur-zer Zeit. Eine Tasse, die ber die Tlle gestlpt wurde,diente als Kondensator, und das destillierte Wassertropfte in einen Behlter.

    Ich wunderte mich im Stillen, wieso Mboga das

    alles so zweckmig anzuordnen verstand; ich hatte esihm niemals gezeigt. Er brachte eine Schale mit frischsterilisierten Instrumenten, genau so, wie es im Kran-kenhaus gemacht wurde, und bald sah ich ihn bereinen zweiten Primuskocher gebeugt.

    Das Morphium tat seine Wirkung, aber trotzdemging der Puls noch in rasendem Tempo.

    Mit Pinzetten zog ich nun die Ameisenkpfe ausdem gequlten Krper, und ich bedauerte, nicht meingesamtes Personal hier zu haben; dann wre es er-heblich schneller gegangen, und es knnten auch schon

    Wrmflaschen gefllt und in Tcher ein geschlagenehei gemachte Steine bereitgelegt werden.So war ich sehr erstaunt, als Mboga auf einmal

    neben mir stand und sagte: Buana, ich habe einen gro-en flachen Stein ber dem Feuer hei gemacht undsorgfltig in Tcher eingewickelt.

    Gut gemacht, leg ihn neben den Jungen.Hier sind noch zwei andere, Buana.Hongo , Mboga, du arbeitest ja heute wie ein alter

    Fachmann. Woher hast du denn diese kranken-pflegerischen Kenntnisse? Die hatte ich bisher nur

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    Simba zugetraut, aber du scheinst doch im Kranken-haus mehr mitbekommen zu haben, als ich dachte.

    Aller Kummer war aus seinem Gesicht gewichen,und in seinen Augen blitzte es schelmisch auf. Er gingzum Primuskocher zurck, und bald hatte er alles freine Einspritzung in die Venen zurechtgemacht. Ich

    brach die Spitze einer Ampulle ab, goss den Inhalt inein Viertelliter destilliertes Wasser, und im nchsten

    Augenblick kreiste die lebensrettende Flssigkeit inden Adern des Kindes.

    Ein Mdchen mit einem schwarzen Tuch, unter demsich der Rcken stark hervorwlbte, stand auf einmalneben mir. Mzito!

    Hier, sagte ich zu ihr, halte den Arm des Jungenfest, aber so, dass er sich nicht bewegt.

    Neben der Htte stand eine Gruppe von Leuten,die genau beobachteten, was im Innern vor sich ging.Pltzlich wurden die am weitesten vorne Stehenden

    beiseitegedrngt, und ein Massaikrieger mit rotem

    Lehm im Haar stolperte in die Htte.Das Mdchen, das den Arm des Jungen hielt,zog das Tuch ber ihr Gesicht und schien in sichzusammenkriechen zu wollen; es zitterte an allen Glie-dern, als er auf sie zukam.

    Ondoka Raus mit dir!

    Ich trat zwischen ihn und das Mdchen und sah ihmins Gesicht. Er blickte mich mit zusammengekniffenenAugen feindselig an. Auf einmal packte ihn ein krf-tiger Arm von hinten an der Schulter und befrderteihn hinaus. Ich hrte lautes Schimpfen, ein krftiges

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    Ausspucken, Punghati, und dann folgte ein endloserWortschwall.

    Ich sah fragend zu Mboga hinber, der aber standbei seinen Gerten und schien gar nichts Ungewhn-liches bemerkt zu haben.

    Der kleine Junge hatte sich so weit erholt, dass ichihn in eine andere Lage bringen konnte, um die letz-ten Ameisenkpfe aus seinem Krper zu entfernen.

    Das Mdchen half mir dabei, aber alle ihre Bewegun-gen waren eigenartig verkrampft und unsicher. Alseinmal das schwarze Tuch verrutschte, sah ich ein Paarhbsche dunkle Augen in einem vor Angst verzerrtenGesicht.

    Sie hielt den Arm des Jungen unbeweglich fest,und die Leben spendende Flssigkeit tropfte ununter-

    brochen in seine Adern. Ich ging eine neue Ampulleholen, aber als ich zurckkam und ein paar Worte mitihr sprechen wollte, war sie fort, und an ihrem Platzstand Mboga.

    Die Herztne des Kindes waren jetzt regelmig,und es war auer Gefahr.Wem gehrt das Kind, Mboga?Sein Vater ist der Bruder des Huptlings, Buana.Drauen erhob sich ein Gemurmel, die Neugierigen

    machten den Eingang frei, und herein trat ein Mann

    mit einer roten Decke ber den Schultern.Buana Doktor, ich komme gerade aus dem Nach-

    bardorf zurck. Er ist mein Sohn, und ich sage dir gro-en Dank. Ohne deine starke Medizin wre mein Kindwohl gestorben.

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    Es entstand wieder Unruhe vor der Tr, und einganz ungewhnlich aussehender Mensch drngtesich vor. Ein huthnliches Gebilde aus Bffelfell, dasan einen napoleonischen Dreispitz erinnerte, bedeckteden Kopf und beschattete ein Paar seltsam gln-zender Augen. An seinem Hals baumelte der blau-weie Deckel einer Teekanne, und seine Handgelenkewaren mit Armbndern aus blechernen Kronkorken

    geschmckt. Die Hfte umwand ein Tuch, das aus Kat-tun und Sackleinen zusammengenht war, auf demnoch die Namen bekannter Mehl- und Zuckersorten zulesen waren. Mit tiefer Stimme sagte er:

    Die Europer haben nhokwa nhokwa gettet, und dieAhnen rchen sich, indem sie die Ameisen schicken.

    Er sprach wohl von dem groen, einem Truthahnhnlichen Vogel, den wir gestern mit so gutem Appe-tit verzehrt hatten.

    Dem Jungen hatte er ein Amulett, eine fettigeSchnur mit einem Stckchen Hartholz daran, um den

    Hals hngen lassen, und hnliche Schutzmittel gegen bsen Zauber hatte ich auch an seinen Fugelenkenfestgestellt.

    Es ist natrlich rgerlich fr einen Medizinmann,gab ich ihm in seiner Sprache zurck, wenn er er-kennen muss, dass seine Mittel den Zorn der Ahnen

    nicht bannen knnen.Heh, sagte Mboga in einem anderen Dialekt, die

    Ameisen kmmern sich nicht um den Zauber dieserlebenden Vogelscheuche, Buana.

    Ich wandte mich an den Vater des Jungen. Lass ihn

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    ruhig schlafen und sorge dafr, dass in seiner Nhekein Lrm gemacht wird. Schick die Leute von derHtte fort; und hier hast du noch Medizin, die du ihmzu schlucken gibst, wenn er wieder wach ist.

    Der Medizinmann ging als Letzter, mich bse an-blickend.

    Ist es blich, ihn fr seine Dienste zu bezahlen?,fragte ich den Vater.

    Er sah mich gro an. Ja, aber wie soll ich dir be-zahlen, was du fr meinen Sohn getan hast, Buana?Mchtest du ein paar Khe?

    Ich schttelte den Kopf. Nein, doch ich mchte,dass mich jemand an die Stelle fhrt, die man Ha-ndege,Platz der Vgel, nennt.

    Ein Ausdruck hchster Bestrzung erschien aufseinem Gesicht.

    Buana, das ist ganz unmglich!Bedenke, dass dein Sohn leben bleibt, und zwar

    durch die Medizin, die ich ihm gegeben habe!

    Da murmelte er: Wir mssen noch darber spre-chen, Buana. Er blickte scheu zur Tr, besorgt, dassjemand meine Bitte gehrt haben knnte.

    Als wir durch das dunkle Dorf gingen, setzte lau-tes Trommeln ein. Bei dem unheimlichen Rhythmuskonnte es einem kalt ber den Rcken laufen. Das

    Licht der Sturmlaterne lie die Dunkelheit nur nochschwrzer erscheinen, aus der sicher neugierige Augenscharf zu uns herberblickten.

    Heee! , knurrte Mboga, als wir die letzten Httenhinter uns lieen. Ich mchte lieber durch Sumpf und

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    dichten Urwald gehen als durch dieses Dorf; yoh , ichbekomme eine Gnsehaut!

    Er hatte die Worte kaum ausgesprochen, als aus derDunkelheit heraus eine Hand ihn fest am Arm packte.Vor Schreck lie er die Laterne fallen, und wir standenin vlliger Finsternis.

    Da hrten wir belustigtes Lachen und eine wohl-bekannte, freundliche Stimme: Buana, ich bin es,

    Tadayo; ich habe hier in der Nhe jemanden, der mitdir allein sprechen mchte.

    Mboga, bleib hier, steck die Laterne wieder an undwarte, bis ich zurckkomme.

    Koh, sagte er ngstlich, das ist aber kein Platz, andem man gern allein bleibt!

    Tadayo fhrte mich an der Hand durch tiefeDunkelheit auf eine kleine Lichtung, auf der eine Fraukauerte. Ich knipste meine Taschenlampe an, aberTadayo hielt die Hand vor die Lampe. Buana, machsie aus; die Leute aus dem Dorf drfen nicht wissen,

    dass wir hier sind.Der kurz aufgeblitzte Lichtschein hatte mir ein Bilddes Jammers gezeigt Mzito ohne das verhllendeschwarze Tuch! Zwischen den Schulterblttern wlbtesich die riesige Geschwulst, und ber Wange, Hals undSchultern liefen dunkle blutunterlaufene Striemen.

    Buana, der Massai, der sie gekauft hat, hat siemit einer Lederpeitsche geschlagen wegen der Worte,die sie vor ein paar Abenden sprach, als du die Bil-der zeigtest. Jetzt hat er aber viel Bier getrunken, und

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    sein Verstand ist weg, und da sagt sie, das sei eine guteGelegenheit, dir ihr Gebrechen zu zeigen.

    In der Dunkelheit tasteten meine Finger dieGeschwulst ab. Sie hatte die Gre eines drei Monatealten Kindes, war hsslich und lstig, aber nicht bs-artig. Durch eine Operation wrde sie sich entfernenlassen, und ich sagte es ihr.

    Buana, hrte ich ihre erstaunlich wohlklingende

    Stimme, die andere Last ist von mir genommen.Die andere Last?Eh-heh , man kann sie nicht sehen, aber ehh! sie

    drckte schwer da innen. Sie ist fort, Buana! Man hatmir die Worte Gottes erklrt, und ich habe sie ver-standen und befolgt.

    Buana, wir mssen zurck!, drngte Tadayo.Sofort. Gottes Segen auf deinem neuen Lebens-

    weg, Mzito! Und mit Seiner Hilfe wirst du auch einesTages von der Last befreit werden, die dich jetzt nochdrckt.

    Die beiden verschwanden lautlos im Dunkel, undich ging zu dem schon ungeduldig wartenden Mbogazurck.

    Was war denn los, Buana?Ich erzhlte es ihm, und er seufzte tief.Buana, hast du schon einmal gefhlt, wie dein

    Herz nach einem lieben Menschen rief?

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    Die-Elefanten

    Es war ein seltsamer Weg zum Lager zurck. Derinzwischen aufgegangene Mond stand bleich am Him-mel, und unsere Laterne war nichts weiter als ein hel-ler Fleck in der geisterhaften Helle. Heuschrecken zirp-

    ten, und Frsche quakten, und von jenseits des Mooresdrang das Gebrll eines Lwen herber.

    In Mboga war eine so starke Vernderung vor-gegangen, er sprudelte nun vor Temperament undBegeisterung ber.

    Buana, ich brauche vierhundert Schilling!Vierhundert Schilling, Spinat? Wofr?Ich mchte jemanden kaufen.Was mchtest du kaufen?Ich riss ihn an der Schulter herum und hielt ihm

    die Laterne dicht vors Gesicht, sodass ich seine Zge

    genau erkennen konnte. Er schloss die Augen, und nunsah er sehr traurig aus.

    Ich mchte eine Frau kaufen, Buana.Eine Frau kaufen? Das kannst du doch nicht!

    Du Buana, fr vierhundert Schilling kann ich ihre Frei-

    heit kaufen.Du kannst sie freikaufen, aber weiter kannst du

    doch nichts tun, Mboga.Das soll ja auch nur der erste Schritt sein, Buana;

    denn sie lebt in grtem Elend. Der Mann, der sie von

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    ihren Verwandten gekauft hat, ist schlimmer als eineHyne; er hat sie wegen ihrer Last zwischen den Schul-tern ganz billig bekommen.

    Er spuckte mit so glhendem Hass aus, dass ich fasterwartete, es wrden Funken auf dem Weg aufblitzen.

    Dann fasste er mich pltzlich am Arm. Buana, sieh,dort hinten! Keine dreihundert Meter vor uns, in demtrben Licht nur schwach erkennbar, bewegten sich

    im Sumpfgelnde die dunklen Rcken einer riesigenElefantenherde.

    Kah , flsterte er aufgeregt, sie kommen auf unszu, Buana; wir mssen schnell auf diesen groen Fels-

    block klettern!Es lag etwas Gespensterhaftes in der Art, in der

    dann die groen Tiere, mindestens hundert an derZahl, unter uns vorbeizogen, whrend wir, ber wltigtvon dem Anblick, auf dem Felsen standen.

    Ich hrte Mboga einen Laut der berraschung aus-stoen, und mir wollte das Herz stillstehen, als ich

    pltzlich von hinten einen Griff an meiner Schultersprte. Ein Elefantenrssel! Aber dann hrte ich KalisStimme. Kah, ich bin es nur. Gott sei Dank, dass du inSicherheit bist, Buana!

    Na, hier oben kann uns doch nichts passieren!Aber Kalis Stoseufzer hatte einen anderen Grund.

    Buana, er verzerrte sein Gesicht ganz jmmerlich,mein Zahn tut mir furchtbar weh!

    Kah, meine Sicherheit liegt dir ja sehr am Herzen!Zuerst jagst du uns einen schnen Schrecken ein, unddann erfahren wir, dass dein Zahn wehtut!

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    Nicht so laut, flsterte Kali, die ganze Gegendist voller Elefanten. Buana Kodaki ist nicht weit vonhier und wartet darauf, dass es hell wird, um Bilder zumachen. Buana Johnson ist bei ihm. Sie sagen, du soll-test die kleine Maschine mitbringen, die alle Geruscheaus der Luft holt und festhlt.

    Inzwischen war der Mond untergegangen, und wirfolgten Kali durch tiefe Dunkelheit. Es war erstaunlich,

    wie er sich zurechtfand. Bis zur Dmmerung waren esnoch zwei Stunden. Die erste brauchten wir fr denRckweg ins Lager, die zweite fr meine Bettigungals Zahnarzt, also die schmerzlose Entfernung dessen,was Kali den Feind seiner Wange nannte.

    Johnson hatte nmlich angeordnet, dass alles abso-lut geruschlos und hchstens beim schwachen Scheineines kleinen Lmpchens vor sich zu gehen habe, dennkeine fnfzig Meter entfernt suhlten Elefanten imSchlamm und trompeteten drhnend durch die Nacht.

    So musste ich mich auf den Tastsinn verlassen, als

    ich Kali einige schmerzstillende Spritzen um den Zahnherum setzte. Er flsterte mir zu: Buana, das ist einekomische Medizin. Der Tod kommt in mein Gesicht!

    Nicht der Tod, nur Betubung. Jetzt mach denMund ganz weit auf!

    Mboga beugte sich von hinten ber ihn und sagte:

    Wenn du den Buana beit, beie ich dich!Ein Elefant trompetete schrill, gar nicht weit von

    uns.Nur Mut, Kali, hab keine Angst!, ermunterte

    Mboga ihn.

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    Ich setzte die Zange an, und nur einen Augenblickspter konnte Kali seinen respektablen Backenzahn

    betrachten.Lieber einem Elefanten einen Stozahn ziehen als

    noch einmal eine solche Schinderei!, sthnte ich, mirdas Handgelenk reibend.

    Als htten die Dickhuter das gehrt und als Be-leidigung aufgefasst, liefen sie pltzlich davon und

    brachen krachend durch das Unterholz. Kali fhrtemich zu der Stelle, an der unsere Freunde auf derLauer lagen.

    Bill war schwer enttuscht.Der Oberst setzte sich auf einen Feldstuhl und

    sagte: Gehen Sie oben in Deckung, Doktor, und schal-ten Sie das Aufnahmegert ein. Wir werden vielleichtnoch stundenlang hierbleiben, denn hier haben wirnachher das beste Licht. Von der lieblichen Musik, dieder letzte Chor angestimmt