Ein Ausnahmezustand namens Liebe - Stadtkino WienCruchten, Jeanne Geiben, Miroslav Mogorovic Verleih...

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Kreuzungspunkte des Begehrens, von Brooklyn bis Rio: „Universalove“ von Thomas Woschitz und Naked Lunch, eine mitreissende Romanze zwischen Film und Musik. Thomas EdlingEr F ür Freud gibt es keine wahre Liebe, denn schon das Ein- trittsticket zu ihr ist gefälscht. Die Bedingung der Mög- lichkeit ihres Eintretens, die Verliebtheit, ist für ihn immer schon ein Akt notwendiger Verkennung und die Liebesheirat gar eine Art Wahnsinn. Denn wir sehen im idealisierten, um- schwärmten Anderen eine Einbildung, deren Entzauberung uns früher oder später noch beschäftigen wird. Und trotz dieser Vor- ahnungen über ein mögliches Ende mit Schrecken, verlieben wir uns wieder und wieder, und manchmal wird daraus auch Liebe als dauerhafter Zustand einer Intimität. Es scheint wie ein stati- stisches Paradoxon: Liebe ist eigentlich fast unmöglich. Und doch allgegenwärtig. Sie kommt und geht, aber viel öfter kommt sie nicht. Wie geht das, dass sich zwei plötzlich finden, die einander vorher nicht fehlten? Woher kommt die Passion für den Einen oder die Eine, wo doch die Liebe sich gerade dadurch auszeich- net, dass sie keinen plausiblen Grund für ihre Existenz angeben kann (und wenn sie welche nennt, sofort schal wirkt)? Der Soziologe Niklas Luhmann schlägt in seinem unermüd- lichen Erkenntnisdrang vor, vor der angeblichen Schicksals- macht Liebe nicht zu kapitulieren, sondern sie als systematisches Verfahren zur Ermöglichung und Verfestigung von Intimität zu begreifen. Die „Liebe als Passion“ wird in seiner Untersuchung als symbolischer Code behandelt, „der darüber informiert, wie man in Fällen, wo dies eher unwahrscheinlich ist, dennoch erfolgreich kommunizieren kann. Der Code ermutigt, entspre- chende Gefühle zu bilden.“ Der Code, das wusste schon das 17. Jahrhundert im Mund des Schriftstellers Francois de La Rochefoucauld, erfindet für uns jene Leidenschaften, die wir später als unsere ureigenen begreifen werden. Viele Menschen, meint er, würden nicht lieben, wenn sie nie von der Liebe gehört oder gelesen hätten; sie wüssten gar nicht, wie. Der Psychohistoriker Klaus Thewe- leit assistiert dem Franzosen und bezeichnet die Entstehung Inhalt Stadt ohne Seele Ute Woltron über ein gescheitertes Kunst-Welt-Projekt in Joerg Burgers „Gibellina“. 5 Rettender Überschuss „Pathosalarm“ - Eine Live-Performance im Filmhaus Kino. 6 [email protected] Von „März“ bis „Gibellina“ - Wo kann man Schulvorführungen buchen? 7 Zulassungsnummer GZ 02Z031555 Verlagspostamt 1150 Wien / P.b.b. das Kommunale Kino Wiens, schwarzenbergplatz 7-8, 1030 Wien april 09 | #463 Ein Ausnahmezustand namens Liebe Fortsetzung auf Seite 2 » Thomas Woschitz & Naked Lunch Universalove, ab 17. April 2009 im Gartenbau Nanouk Leopold Wolfsbergen, ab 17. April 2009 im Stadtkino Joerg Burger Gibellina - Il terremoto, ab 17. April 2009 im Filmhaus Kino

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  • Kreuzungspunkte des Begehrens, von Brooklyn bis Rio: „Universalove“ von Thomas Woschitz und Naked Lunch, eine mitreissende Romanze zwischen Film und Musik. Thomas EdlingEr

    Für Freud gibt es keine wahre Liebe, denn schon das Ein-trittsticket zu ihr ist gefälscht. Die Bedingung der Mög-lichkeit ihres Eintretens, die Verliebtheit, ist für ihn immer schon ein Akt notwendiger Verkennung und die Liebesheirat gar eine Art Wahnsinn. Denn wir sehen im idealisierten, um-schwärmten Anderen eine Einbildung, deren Entzauberung uns früher oder später noch beschäftigen wird. Und trotz dieser Vor-ahnungen über ein mögliches Ende mit Schrecken, verlieben wir uns wieder und wieder, und manchmal wird daraus auch Liebe als dauerhafter Zustand einer Intimität. Es scheint wie ein stati-stisches Paradoxon: Liebe ist eigentlich fast unmöglich. Und doch allgegenwärtig. Sie kommt und geht, aber viel öfter kommt sie nicht. Wie geht das, dass sich zwei plötzlich finden, die einander vorher nicht fehlten? Woher kommt die Passion für den Einen oder die Eine, wo doch die Liebe sich gerade dadurch auszeich-net, dass sie keinen plausiblen Grund für ihre Existenz angeben kann (und wenn sie welche nennt, sofort schal wirkt)?

    Der Soziologe Niklas Luhmann schlägt in seinem unermüd-lichen Erkenntnisdrang vor, vor der angeblichen Schicksals-macht Liebe nicht zu kapitulieren, sondern sie als systematisches Verfahren zur Ermöglichung und Verfestigung von Intimität zu begreifen. Die „Liebe als Passion“ wird in seiner Untersuchung als symbolischer Code behandelt, „der darüber informiert, wie man in Fällen, wo dies eher unwahrscheinlich ist, dennoch erfolgreich kommunizieren kann. Der Code ermutigt, entspre-chende Gefühle zu bilden.“

    Der Code, das wusste schon das 17. Jahrhundert im Mund des Schriftstellers Francois de La Rochefoucauld, erfindet für uns jene Leidenschaften, die wir später als unsere ureigenen begreifen werden. Viele Menschen, meint er, würden nicht lieben, wenn sie nie von der Liebe gehört oder gelesen hätten; sie wüssten gar nicht, wie. Der Psychohistoriker Klaus Thewe-leit assistiert dem Franzosen und bezeichnet die Entstehung

    InhaltStadt ohne SeeleUte Woltron über ein gescheitertes Kunst-Welt-Projekt in Joerg Burgers „Gibellina“. 5

    Rettender Überschuss„Pathosalarm“ - Eine Live-Performance im Filmhaus Kino. 6

    [email protected] „März“ bis „Gibellina“ - Wo kann man Schulvorführungen buchen? 7

    Zulassungsnummer GZ 02Z031555Verlagspostamt 1150 Wien / P.b.b.

    das Kommunale Kino Wiens, schwarzenbergplatz 7-8, 1030 Wien april 09 | #463

    Ein Ausnahmezustand namens Liebe

    Fortsetzung auf Seite 2 »

    Thomas Woschitz & Naked Lunch Universalove, ab 17. April 2009 im Gartenbau

    Nanouk Leopold Wolfsbergen, ab 17. April 2009 im Stadtkino

    Joerg Burger Gibellina - Il terremoto, ab 17. April 2009 im Filmhaus Kino

  • der Liebe als „eine Sache der Literatur“. Es ist also nicht der Pfeil eines Gottes, sondern das anrührende Vermögen von Kulturtech-niken, das Sehnsüchte in Köpfe pflanzt, mit deren Saat wir uns heute auch in ganz an-deren Medien herumschlagen. All you nee is love. Davon singen die Sirenen des Pop, darüber assoziiert das Imaginäre in Millio-nen Filmküssen – und davon schwelgt auch ein multimedialer Verstärker, ein Filmkonzert wie Universallove.

    Regisseur Thomas Woschitz hat, wie wie alle, unzählige Bilder und Töne der Liebe im Kopf; abgegriffene und ergreifende. Er weiß, dass man die moderne Liebe nicht neu erfinden, sondern nur umschreiben kann. Niemand kann sie, die im Zeitalter des Selbstmarketings im Online-Dating in ihrem Insistieren auf ihre Unkalkulierbarkeit selbst schon ein wenig nostalgisch wirkt, aus ih-rer paradoxen Verstricktheit in die heutigen Lebensverhältnissen retten. Denn es ist der (längst nicht mehr so kalte, sondern zeimlich emotionale) Kapitalismus, der die für die ro-mantischen Rituale der Alltagstranszendenz nötigen Oasen der Intimität bereit stellt: das Dinner zu zweit, den Urlaub am Meer. All das sind Sehnsuchtsorte für Glückssucher und durchkommerzialisierte Werbeklischees zugleich, wie Eva Illouz in ihrer Buch „Der Konsum der Romantik“ nachgewiesen hat.

    Thomas Woschitz feiert nun, eingedenk dieser Ambivalenz dieser rationalen Gestal-tung des Wunsches nach Überwindung der Rationalität, Lust und Leid der Liebe in den Städten New York, Rio de Janeiro, Tokyo, Marseille, Belgrad und Luxemburg. Die ur-banen, verschiedenfarbig getönten Räume, von den Straßen Brooklyns über die Stadt-brachen Belgrads und die Wohnsilos von Marseille bis zum leuchtenden Strand von Rio werden dabei zu Kreuzungspunkten des Begehrens in einem magischen Realismus, der das Wunderbare in den Alltag einbettet. Dieser schafft Gesichter voller Sehnsucht, die uns verzaubern: der lang anhaltende Blick einer junge Frau am Moped oder ein zarter, alles herum vergessen machender Kuss einer Frau aus den Favelas Rios, den ein im Zynismus fast ertrinkender TV-Star mitten im Dreh einer Telenovela-Szene von empfängt wie eine erlösende Gabe. Es geht, oft aufgelöst in Nahaufnahmen und subtilen Gesten, um stille Träume und um rasende Angst, um Liebe und Verletzung, um Stär-ke und Schwäche. Um das Spiel von Nähe und Distanz, um Romantik und Tragik, um die Heiterkeit, den Tod – und um das ewige Weitermachen in Beziehungen, die gleich-zeitig nicht enden, aber auch nicht besser werden wollen.

    Die sechs Episoden werden lose, nur durch den Schnitt und den Sound ineinander ver-woben. Sie wollen sich nicht zu einem groß-en Ganzen fügen, sondern lassen sich als

    narrativ elliptisches und emotional verdich-tetes Kino der Empfindsamkeit lesen. Das Fragmentarische dieser filmischen Sprache der Liebe, das Flüchtige der auf die Mo-mente der Intensität hin verdichteten Skiz-

    zen zu einem „ewigen“ Thema erscheint darin programmatisch. Manches bleibt da-durch im Halbdunkel der Andeutung bzw. offen für atmosphärische Assoziationen mit Versatzstücken des Weltkinos.

    Es geht in Universalove, wie im Schlager, wie in der Oper, um die großen Gefühle. Doch was dabei herauskommt, ist nach An-sicht des Regisseurs ein Musical für Leute,

    StadtkinoZeitung02 Thomas Woschitz & Naked Lunch: „Universalove“

    die sich sonst keine Musicals ansehen. Die obligatorische Nummernrevue im Musical, die die Körper in Tanz und Bewegung setzt, wird hier durch einen in Feinabstimmung mit den filmischen Szenen entstandenen und bis ins Detail nachjustierten Score der österreichischen Band Naked Lunch ersetzt. Die exakt getimten Musikeinwürfe orche-strieren und strukturieren den Film. Sie werden nach Möglichkeit live zur Projek-tion eingespielt und erzeugen dadurch eine nicht zuletzt mediale Reibung zwischen den effektiven Bildern und der performativen Direktheit und Wucht eines hochkonzen-trierten Rocksets. Dieses lebt von der Dy-namik eines sich häufig aus anschwellenden Ambient-Etüden herausschälenden, unver-sehends rhythmisch angetriebenen (Chor-)Gesangs der in den kurzen dramatischen Bögen imstande ist, zwischen glockenheller Hymnik und aufgerauhter, müder Melan-cholie zu vermitteln. In der rein filmischen Version von Universalove sind die Song- und Soundminiaturen sorgfältig mit dem Sound der Filmszenen abgemischt, schlucken diese manchmal zur Gänze in den lauteren, erup-tiven Passagen und lassen dann doch wieder Bilder und die Menschen darin buchstäblich atmen. So entstehen die atmosphärische Anschlüsse an und Überblendungen von einzelnen Episoden.

    „Come closer where we are“, singt der Naked Lunch –Sänger Oliver Welter einmal, und wie zum Trotz entfernt sich ein Mann auf der nächtlichen Straße. Ein anderes Mal weitet sich die urbane Szene rund um ei-

    Thomas Woschitz & Naked LunchUniversaloveÖsterreich/Luxemburg/Serbien 2009

    Regie, Drehbuch Thomas WoschitzKamera Enzo BrandnerSchnitt Thomas WoschitzMusik Naked LunchTon Carlo ThossProduktion Gabriele Kranzelbinder, Pol Cruchten, Jeanne Geiben, Miroslav MogorovicVerleih Stadtkino WienLänge 83 MinutenTechnik 35mm / Farbe / 1:1,85Fassung Mehrsprachige Originalfassung mit deutschen UntertitelnDarsteller Anica Dobra, Dušan Aškovic, Dan Burkarth, Rachel Dorfman, Daniel Plier, Sascha Migge, Liza Machover, Samir „RPZ“ Menouar, Magda Gomes, Erom Cordeiro, Kyoichi Komoto, Makiko KawaiAuszeichnung: Max Ophüls Preis 2009

    Ab 17. April 2009 im Gartenbau Kino

    » Fortsetzung von Seite 1

    „All my life I am waiting“, klagt ein Song. Er könnte von jedem von uns sein. Wer hat noch nicht auf die „ganz normale Unwahrscheinlich-keit“ gehofft?

    jetzt im Handel und an unseren KinoKassen / Paranoid ParK 14,99 good nigHt and good lucK 9,99 / stadtKino-10-Karten-BlocK + dVd 50,-

    DVDEdition

    „Geschichte ist, was wir aus ihr machen.“

    Freigegebenab 12 Jahrengemäß § 14

    JuSchGFSK

    nen heimlich in das girl next door verliebten Drifter in eine Wong Kar-Wei-bunte Tokyo-Kamerafahrt, die irgendwann den Blick auf die Menschen in der lichtzuckenden Skyline verliert: „All my life I am waiting“, klagt ein Song. Er könnte von jedem von uns sein. Denn wer hat noch nicht auf die „ganz nor-male Unwahrscheinlichkeit“ gehofft? •

    DVDEdition

    „Beeindruckend“

    „Ein melancholisch und betörend schöner Blick auf die verloreneJugend Amerikas.“

    Freigegebenab 16 Jahrengemäß § 14

    JuSchGFSK

    Große Gefühle, auch wenn man mitunter auf der Strecke zu bleiben droht: „Universalove“.

  • StadtkinoZeitung 03Thomas Woschitz & Naked Lunch: „Universalove“

    manches Video für die Band inszeniert („God“, „Stay“), umgekehrt lieferten Oliver Welter und Stefan Deisenberger den Soundtrack zu Woschitzs Josef-Trilogie. 2005 hat man gemein-sam Sperrstunde realisiert. „Sperrstunde war der erste Versuch, mit extrem wenig Budget und sehr schnell“, so Herwig Zamernik. „Universa-love ist eine Weiterführung dessen, aber sowohl filmisch als auch von der Story und der Mu-sik her genauer ausgearbeitet.“ So wie damals wird die Kärntner Band einige Filmvorfüh-rungen von Universalove live musikalisch be-gleiten. „So entsteht eine ganz eigene Art, den Film zu präsentieren und zu erleben“, so Tho-

    mas Woschitz. Obwohl bei Live-Aufführungen von Sperrstunde Naked Lunch hinter der Ki-noleinwand agierten, hatte das Ganze damals mehr Konzert- als Filmcharakter, da sich die Umrisse der Musiker in den Film einzeich-neten. Indem die Band nun aus dem Dunkel tritt und vor der Leinwand musiziert, kommt es zu einer Verschiebung zum Filmischen hin. „Sperrstunde war ein kleines, einfaches Pro-jekt“, so der Regisseur. „Die Musik stand im Vordergrund. Wir wollten jetzt den Film als zentraleres Element positionieren. Der Film sollte auch alleine stehen können. Mir war aber auch wichtig, dass Naked Lunch wieder in den Vordergrund treten und dass man die Musiker sieht. So entsteht eine sehr schöne Verbindung von Film und Musik.“ Anfänglich waren zwei unterschiedliche Filmversionen geplant, eine reine Film- und eine Live-Version. Davon ging man aber wieder ab. „Wir dachten zuerst, die beiden Versionen, werden sich ziemlich unterscheiden“, so Woschitz. „Sie unterschei-den sich jetzt aber überhaupt nicht mehr. Wir sind drauf gekommen, dass beides in beiden Formen bestens funktioniert.“

    So wie der Film alleine stehen kann, funktio-niert auch die Musik ohne Bilder, weshalb der Soundtrack am 24. April auf Platte erscheint. Diese sei aber, so Herwig Zamernik, in erster Linie als Soundtrack zu verstehen. „Das ist kein reguläres Naked Lunch-Album, einfach weil die Musik unmittelbar mit dem Film verbun-den ist.“ Musik und Film seien parallel entstan-den und haben sich gegenseitig befruchtet, so Zamernik, manchmal habe es zuerst die Mu-

    Alles dreht sich in Universalove um die Liebe. In sechs lose miteinander ver-wobenen, fragmentarisch angelegten Episoden kreist der Film, der Anfang des Jahres in Saarbrücken mit dem renommierten Max Ophüls-Preis für die beste Regie ausgezeich-net und unlängst bei der Diagonale in Graz mit dem Preis für die beste Bildgestaltung bedacht wurde, um dieses „riesige, aber auch kleine Thema“, wie Thomas Woschitz es ausdrückt. „Für jeden ist Liebe etwas Einzigartiges und im Grunde passiert das überall auf der Welt zu jeder Sekunde gleichzeitig“, so der Klagenfur-ter Regisseur, der schon 2005 in Kärnten mit Sperrstunde ein ähnliches Filmprojekt realisiert hat und nun eine globale Geschichte erzählen wollte. „Es hat sich dann so entwickelt, dass es kleine Episoden in verschiedenen Ländern der Welt sein sollten.“ Auf das Thema Liebe ist Woschitz gemeinsam mit Naked Lunch-Frontmann Oliver Welter gekommen. „Oliver und ich haben damals die Idee gehabt, einen Musikfilm zu machen, sozusagen ein modernes Musical. Nach einer Rückzugs- und Überle-gungsphase sind wir dann beide mit dem The-ma Liebe gekommen.“ Mit einem Musical hat der Film jedoch wenig gemein, keiner der Protagonisten beginnt hier plötzlich zu singen und zu tanzen. Vielmehr bedient sich Woschitz in Universalove der Ästhetik des Musikvideos, eines Formats, das dem Regisseur nicht fremd ist, hat er doch schon des öfteren Videos - ne-ben Naked Lunch auch für Lichtenberg oder Fuzzman - inszeniert.

    Zwischen New York, Tokio, Marseille, Bel-grad, Luxemburg und Rio De Janeiro er-zählt der Film von Sehnsucht und Begeh-ren, Eifersucht und erstarrten Beziehungen, Alltäglichem und Außergewöhnlichem, von den lichten Höhen und dunklen Tiefen der Liebe. Während in Marseille die Liebe einer jungen Hotelrezeptionistin zu einem ma-ghrebinischen Immigranten im Mittelpunkt steht, verliebt sich in Tokio ein Computer-techniker unsterblich in eine Unbekannte. In Luxemburg beginnt ein verheirateter Mann im Schwimmbad eine leidenschaftliche Affäre mit einem jungen Burschen. In Brooklyn folgt ein Taxifahrer von Eifersucht getrieben seiner Freundin. In Rio de Janeiro begegnet eine junge Frau aus den Favelas dem angehimmel-ten Telenovela-Star und in Belgrad steht die langjährige, in Routinen festgefahrene Bezie-hung eines Paares im Zentrum.

    Gesprochen wird in all diesen Episoden we-nig, stattdessen übernehmen der grandios zwi-schen Melancholie und Euphorie mäandernde Soundtrack von Naked Lunch und die Mon-tage die narrative Funktion. „Der Film sollte teilweise sehr wortlos arbeiten, sehr stark mit Musik - eine sehr intuitive Geschichte“, so Thomas Woschitz. „Wir wollten eine globale Liebesgeschichte erzählen, bestehend aus vie-len kleinen Geschichten, manche eher drama-tisch, manche weniger dramatisch, die aber ein Ganzes ergeben sollten. Das Publikum soll sich zurücklehnen und auf eine musikalische Welt-reise gehen.“ Mit Universalove gelingt Thomas Woschitz großes emotionales, unmittelbares, atmosphärisch dichtes Kino - ein Film zum Abschweifen und Assoziieren. Zu sehen sind lakonische Momentaufnahmen der Liebe, die bruchstückhaft ineinander verschränkt sind und nur durch die Telenovela, die in mehreren Episoden kurz über die TV-Schirme flimmert, verbunden sind. Die parallel laufenden Hand-lungsstränge beschäftigen sich jeweils mit ganz unterschiedlichen Aspekten der Liebe. Wäh-rend in New York die Eifersucht im Zentrum steht und in Belgrad Beziehungsroutinen ver-handelt werden, erzählt die Tokio-Episode von Sehnsucht, die sich zur Obsession auswächst. In Marseille wird die Liebe durch die sozialen und gesellschaftspolitischen Gegebenheiten

    „Was kommt bleibt offen“Zum Soundtrack von Naked Lunch begibt sich Regisseur Thomas Woschitz in „Universalove“ auf eine Reise durch sechs Metropolen zum Thema Liebe. Ein sowohl filmisch als auch musikalisch überwältigender Trip. andrEas KÖssl

    auf eine harte Probe gestellt, in Luxemburg hat der Protagonist einen inneren Kampf zwischen Begehren und Pflicht auszufechten, wäh-rend für die Protagonistin in Rio ein roman-tischer Traum wahr wird. Eine melancholische Grundstimmung dominiert, wie die wehmü-tige Trompete, die sich in der Eröffnungsse-quenz zwischen die rockigen Gitarren schiebt, gleich deutlich macht. „Die Melancholie“, so Herwig Zamernik aka Fuzzman, Bassist und neben Sänger und Gitarrist Oliver Welter und Multi-Instrumentalist Stefan Deisenberger ein Drittel von Naked Lunch, „wird oft genährt durch die Liebe, vor allem die unerfüllte Lie-

    be. Aber auch erfüllte Liebe hat sehr viel Me-lancholie.“ Zwischen Wohlklang und Zerfall, himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt finden Naked Lunch die optimale musikalische Entsprechung zu Woschitzs Bildern. „Now all seems full of love“, singt Oliver Welter an ei-ner Stelle. So wie sich hinter den Widrigkeiten

    des Lebens die Liebe verbirgt und Triebfeder für ganz unterschiedliche menschliche Hand-lungen ist, verstecken sich in der Musik von Naked Lunch in diversen Störgeräuschen im-mer wieder die wunderbarsten Melodien.

    Regisseur Thomas Woschitz und Naked Lunch-Frontmann Oliver Welter kennen sich schon seit Jugendtagen. Woschitz hat schon so

    sik und dann den Film gegeben, dann wieder umgekehrt. Nach dem wunderbar elegischen 2004er Comeback-Album „Songs For The Exhausted“ und dem optimistischeren Nach-folger „This Atom Heart Of Ours“ überrascht der Opener von „Universalove“, der die Er-öffnungssequenz in Marseille untermalt, gleich mit einem ungewohnt rockistischen Ausbruch. Ein marschierendes Schlagzeug und ein trei-bendes Riff stehen für die junge, ungestüme Liebe dieser Episode. Eine neu entdeckte Liebe zum Rock, dem Naked Lunch in den 90ern frönten? „Es ist ein Soundtrack, es hat einfach zu den Bildern und dieser Geschichte

    gepasst“, so Zamernik. Naked Lunch kreieren wunderbar emotionale Musik voller Herzblut, die die fragmentarischen Bilder des Films per-fekt zusammenhält. Immer wieder schälen sich aus elektronischen Störgeräuschen zerbrech-liche Melodien heraus, die von hymnischen Gesängen aufgeschaukelt zu euphorischen Chören anschwellen. Und über allem schwebt die sehnsuchtsvoll gequälte Stimme von Oliver Welter. „All my life I´m only waiting here“, wird da in einer Phase des Innehaltens versucht, die unbändige Sehnsucht des japa-nischen Computertechnikes in Worte zu fassen, bevor ein treibender Dancebeat das pulsieren-de Leben in Tokios Straßen erneut anpeitscht. Zwischen tiefster Verzweiflung und eupho-rischster Zuversicht werden alle Gefühlsstufen der Liebe durchdekliniert. „Dadurch, dass die Lieder eine sehr wichtige Rolle spielen, wir-ken sie auch sehr stark auf die Dramaturgie der Geschichten“, so Woschitz, der den Film auch selbst geschnitten hat. „Im Schneidraum haben wir dann geschaut, dass die Geschichten Luft haben, dass die Musik Luft hat, dass jedem Element genug Platz gegeben wird.“

    In der wunderschönen poetischen Schlusssze-ne kommen die rastlos pulsierenden Bilder schließlich zur Ruhe, wenn die Zeit für einen Moment still steht. Thomas Woschitz: „Die Liebe hält die Zeit an, sodass man vielleicht einen Moment eingreifen kann. Was danach kommt bleibt aber sehr offen.“ •

    Andreas Kössl ist beim Magazin TBA für das Filmressort zuständig.

    „Dadurch, dass die Lieder eine sehr wichtige Rolle spielen, wirken sie auch sehr stark auf die Dramaturgie der Geschichten.“

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    Präsentieren „UNIVERSALOVE“ auch live: Herwig Zamernik, Stefan Deisenberger, Thomas Woschitz und Oliver Welter.

  • StadtkinoZeitung04 Nanouk Leopold: „Wolfsbergen“

    „Diese Hunderttausende von allen Klassen und aus allen Ständen, die sich da an einander vorbeidrängen, sind sie nicht Alle Menschen, mit denselben Eigenschaften und Fähigkeiten, und mit demselben Interesse, glücklich zu werden? ... Und doch rennen sie aneinander vorüber, als ob sie gar Nichts gemein, gar Nichts mit einander zu thun hätten [...]“Friedrich Engels; Die Lage der arbeitenden Klasse in England. Nach eigner Anschauung und authen-tischen Quellen

    Alle Figuren in diesem Film sind auf der Suche nach einer verlorenen Natürlichkeit. Einer Sinnlichkeit, die man vielleicht noch erinnert, die aber im Alltag der Entscheidungsgesellschaft, in der man immerzu verarbeiten und funktionieren muss, keinen Platz mehr hat. Nur Konraad (Piet Kamerman), einziger Gefühlsanker in Nanouk Leopolds aus der Distanz beobach-tetem, mit scharfen, abrupten Schnitten und Schwarzblenden strukturiertem Familien-film Wolfsbergen, ist eins mit seinem Körper, seinem Empfinden, wenn er nach dem Tod

    seiner geliebten Frau beschließt, auch seinem Leben ein Ende zu setzen: in einem Haus, das umgeben ist von einem Flüsterwald, fast wie im Märchen, wartet er auf das Verge-hen, nimmt keine Nahrung mehr zu sich, trinkt nichts mehr. In einem Brief – moder-ne Kommunikationsmittel würden in Leo-polds archaischem Stimmungsstück ohnehin nicht funktionieren, so scheint es – teilt er seinen Freitod den Familienangehörigen mit: seiner Tochter Maria (eisig, grau: Catherine ten Bruggencate), seinen Enkelkindern Eva (Karina Smulders) – die den Schrieb aller-dings erst später findet - und Sabine (Re-gisseurinnenkollegin Tamar van den Dop). Die Niederländerin Leopold baut ihren fil-mischen Raum um diese Figuren herum,

    schafft ihnen Erfahrungs- und Erlebnisorte, die sie nicht nutzen. Fast geisterhaft wirken sie, die sie den angekündigten Selbstmord ihres Groß-(Vaters) beiläufig hinnehmen, eher verärgert als besorgt. Weil es ihre gut ge-schmierten Leben ins Taumeln bringt, tun sie so, als sei nichts gewesen. Und gleiten durch ihre schicken, Licht durchfluteten Häuser, die so viel Glück behaupten, wo doch gar keines vorhanden ist. Reaktionen kommen von anderer Seite: etwa von Sabines älterer Tochter Haas (Merel van Houts), die ob der

    kaputten Beziehung ihrer Eltern und der all-umfassenden Kälte ihre Sehnsucht nach Ge-fühlen auf drastische Weise ausdrückt, in ein Glas beißt und auf den Scherben herum kaut, bis das Blut aus ihrem Mädchenmund rinnt. Ein Urbild, wie es Leopold gefällt, die ihre Geschichte abgesichert haben möchte gegen zeitgeistige Deutereien: auch deshalb findet sich in Wolfsbergen kein Mobiltelefon, kein Computer, kein Fernseher. Die Regisseurin will nicht, dass die Malaise ihrer Figuren mit Schlagwörtern und Phrasen – die „Sprach-

    Von der Freiheit des TiersWenn gut geschmierte Leben ins Taumeln geraten: „Wolfsbergen“ im Stadtkino.

    Suche nach Natürlichkeit: „Wolfsbergen“ von Nanouk Leopold.

    losigkeit der Kommunikationsgesellschaft“ etwa – profan und vulgär, als „Topic“ ange-strichen wird. Sie sucht das Ewige in ihrer Geschichte. Wenn Eva – die nach einer Ab-treibung psychotherapiert werden muss und daher ohnehin nur Außenseiterin in ihrer vernunftgesteuerten Familie sein kann – in der Straßenbahn einen Weinkrampf unter-drückt, alles um sie herum so anonym, so kalt, so fremd wirkt, dann erinnert das auch an Friedrich Engels Aufzeichnungen aus Lon-don aus dem Jahr 1848, in denen er von der „Isolierung jedes Einzelnen“ spricht. Kom-fortabel dämmen die Glaswände die Häuser gegen den Wald ab, machen das Wilde und Unkontrollierbare zu einer Fototapete, zu ei-ner Aussicht. Komfortabel lassen sich in die-sen hellen, freundlichen Bunkern die Leben auf Geleisen weiter führen, alle Schwächen, alle Krankheiten verstecken. Regieauto-rin Leopold und ihr Kameramann Richard van Oosterhout finden für diese Geschichte eine subtile und unaufdringliche, aber aus-druckstarke Bildersprache: die verschlossenen Türen und errichteten Isolationskammern reiben sich am Symbiotischen der Natur, das, wenn nötig auch gewaltsam aufrecht erhal-tene System der reinen Vernunft wird kon-trastiert von der metaphysischen Wirkkraft, dem Geheimnisvollen des Waldes. Aus dessen Inneren tritt zum Ende des Films ein Wolf hervor, blickt sich um und wird gesehen: vom Mädchen Haas, das voller Sehnsucht und Staunen hinblickt, ihre Hände gegen das Fensterkreuz gedrückt wie gegen Gefängnis-stäbe. Alle Menschen in Wolfsbergen suchen die Natürlichkeit – und träumen von der Freiheit dieses Tiers. •

    Nanouk LeopoldWolfsbergenBelgien/Niederlande 2007

    Regie Nanouk LeopoldDrehbuch Nanouk LeopoldKamera Richard van OosterhoutSchnitt Katharina WartenaMusik Loek DikkerTon Hans HelewautProduktion Circe Films, CosmokinoVerleih Stadtkino WienLänge 93 MinutenTechnik 35mm / Farbe / CinemascopeFassung Niederländische Originalfassung mit deutschen UntertitelnDarsteller Tamar van den Dop, Fedja van Huet, Jan Decleir, Karina Smulders, Catherine ten Bruggencate, Piet Kamerman, Oscar van Woensel

    Ab 17. April 2009 im Stadtkino

    Alle tun so, als sei nichts gewesen. Und gleiten durch ihre schicken, Licht durch-fluteten Häuser, die so viel Glück behaupten, wo doch gar keines vorhanden ist.

    Nanouk Leopold über „Wolfsbergen“

    Konraad schreibt einen Brief. Das ist der Anfang des Films. Schließlich stirbt er. Das ist das Ende des Films. Beim Be-trachten dieser Familie wird deutlich, dass jeder für sich allein und völlig isoliert lebt und dass alle versuchen müssen, diese Isolation zu durch-brechen. Konraads Wunsch zu sterben wird zu einem Impuls für die übrigen Mitglieder der Familie. Sie alle müssen sich mit ihm und sei-ner Entscheidung auseinandersetzen.

    Ein zentrales Thema des Films ist die Suche nach einem Moment von Verbundenheit. Die Protagonisten suchen nach einer Beziehung zu den anderen, einer Familienbeziehung, nach einer seelischen oder physischen Bindung. Der Körper fungiert als Grenze zwischen den ein-zelnen Personen; um zu überleben, muss man diese Grenze überwinden. Die körperliche Lie-besbeziehung zwischen Onno und Eva ist ein

    Beispiel für die Sehnsucht, aus der Einsamkeit auszubrechen. Und in -gewisser Weise ist Kon-raads Tod auch ein Sieg über seinen physischen Verfall Maria fügt sich selbst Schnittwunden zu, um Ernst näherzukommen - ohne allerdings zu erkennen, dass sie damit das Gegenteil erreicht. Als Onno Sabine verlässt, fallt sie in eine tiefe Depression und will nur noch schlafen. Sie ver-fügt über keinerlei Energie mehr und überlässt sich ihrem Körper in völliger Passivität. Haas schluckt Glas, um ihre Situation zu verändern; eine Verzweiflungstat, die zeigt, wie schwer es ihr fallt zu kommunizieren.

    Waschen ist ein symbolischer Akt, um dem Anderen näherzukommen. In meinem Film waschen sich die Figuren oft gegenseitig: Der Vater wäscht sein Kind. Ein Kind wäscht sei-ne Mutter, die sich weigert, das Bett zu ver-lassen. Ein Liebhaber wäscht seine Geliebte.

    Eine Ehefrau verbietet ihrem Mann, ihr beim Waschen zuzusehen. Und schließlich wa-schen Vater und Tochter den Leichnam des Familien Oberhaupts. Sein Tod bedeutet das Ende einer Generation.

    Ich will nicht moralisieren mit diesem Film. Die Kamera ist keine Vertreterin der Ankla-ge. Sie hält im Gegenteil einen gewissen Ab-stand, der es dem Zuschauer ermöglichen soll, über das Geschehen nachzudenken. Die Art, wie die Szenen arrangiert sind, zeigt, dass ich mich ganz auf die Handlungen mei-ner Figuren konzentriert und es ihnen über-lassen habe, Stellung zueinander zu beziehen. Ich glaube, dass man eine Geschichte an-hand von geeigneten Details erzählen kann. Die Tatsache, dass Konraad Musik hört, die immer wieder ausgeblendet wird, und dass er die so entstehenden Pausen selbst über-

    brückt, sagt mehr über ihn aus als sein Brief. Haas‘ Persönlichkeit gewinnt durch die Aus-einandersetzung mit den Schwierigkeiten, die aus ihrem plötzlichen Zusammenleben mit Micha entstehen. Umgekehrt zeigt diese Anpassung an die neue Situation, wie stark Haas‘ Lebenskraft tatsächlich ist. Und ganz am Ende des misslungenen Abendessens er-fahren wir, dass Onno, Sabine und Eva sich getroffen haben, um Evas Geburtstag zu fei-ern - dies gibt dieser Szene ihre dramatische Intensität. Maria gewöhnt sich an, sich im Badezimmer einzuschließen. Ernst nimmt das zwar wahr, wagt es aber nicht, seine Frau nach dem Grund zu fragen.

    In Wolfsbergen müssen sich alle Personen der gleichen existentiellen Frage stellen: Wie viel Erkenntnis über mich und mein Leben gestat-te ich mir, und wie gehe ich damit um? •

  • nerzeit Brasilia, nur natürlich viel kleiner, und nicht in Form eines Flugzeugs angelegt, son-dern in Form eines Schmetterlings.

    Wer noch nicht weggegangen war, nach Turin oder Mailand, oder gleich nach Ame-rika oder Australien ausgewandert, siedelte dort ein. Das waren damals Anfang der 80er

    Jahre rund 8.000 Menschen. Nur 4.500 von ihnen sind bis heute geblieben. Die Jungen, die sind alle weg. Die großzügigen Piazzae und Straßenzüge sind leer. Die Häuser und Gassen sind vergammelt, aus allen Ritzen wuchert das Unkraut. Das synthetische Gi-bellina wurde nie zu einer neuen Heimat, zu fremd sind die gebauten Strukturen, zu kalt, zu unmenschlich. Die 14 Jahre im engen, primitiven Barackenlager, sagt ein Gemüse-händler, seien tatsächlich viel glücklichere gewesen, man könne das glauben oder nicht. Man habe aufeinander Rücksicht genom-men, habe eine Gemeinschaft gehabt. Doch hier würde jeder in seinen vier Wänden ver-schimmeln, sich einbunkern, die Kommuni-kation der Menschen untereinander sei in dieser Architektur einfach verloren gegan-gen. „Diese Stadt“, sagt ein anderer ihrer Be-wohner, „ist eine Fremde in ihrem eigenen Umfeld. Eine Stadt, wo es enorm viel Platz - und enorme Trostlosigkeit gibt.“

    Das war manchen von Anfang an klar ge-wesen, wie zum Beispiel dem Bürgermeister Corrao, der die Stadt von 1969 bis 1994 re-gierte. Mit Kunstwerken aller Art wollte er das neue, moderne Gibellina zum einen le-benswert, zum anderen zu einer touristischen Attraktion machen und damit nicht zuletzt

    StadtkinoZeitung 05Joerg Burger: „Gibellina - Il terremoto“

    eine Einnahmequelle im Armenhaus Italiens erschließen.

    Tatsächlich stehen allerorten die Produkte teils durchaus namhafter Künstler herum. Sie morschen vor sich hin wie die Häuser und Gehsteige. Gewaltige Metallgebilde, die verrosten, seltsame brunnenartige Konstruk-

    tionen, riesenhafte Sterne, die sich über die Einfahrtstraße spannen, Inschriften, kühle Platzgestaltungen. Doch alles ist menschen-leer und tot. Eine Geisterstadt, gespickt mit den Kunstprodukten von Menschen, die kei-ne Ahnung von Ziegen und Weinreben ha-ben, und die möglichst schnell wieder abge-hauen sind von hier.

    Eine alte, wackelige Filmaufnahme, schon in Farbe gedreht, zeigt einen Hochzeitszug in der alten Stadt, als die noch stand. Der Himmel ist so blitzblau und blankgeputzt wie Braut und Bräutigam darunter. Die Stadt wirkt wie ein Organismus, in dem die Häuser und die Men-schen und deren Aktivitäten einander ergän-zen und bedingen. Ein Organismus, der sich über Generationen zurechtgeschliffen und immer wieder erneuert hat, kann durch kei-ne neue Struktur ersetzt werden. Das ist, als ob man ein neues Herz einpflanze, das aber immer wieder abgestoßen werde, weil es eben nicht das eigene, echte sei, sagt der Pfarrer der neuen Gemeinde. „Wir haben eine Stadt ohne Seele geschaffen“, sagt der amtierende Bürger-meister Vito Bonanno.

    Die Kirche was erste gewesen, was man sich nach dem Beben sehnlich gewünscht, auf deren Errichtung man ungeduldig ge-wartet habe. Doch ein paar Wochen vor ih-

    Am Abend des 14. Januar 1968 begann im Westen Siziliens die Erde zu beben. Erst ganz leicht. Ein paar schwache Erdstöße. Die meisten Leute, durchwegs Ziegenbauern und Weinbauern, verließen dennoch ihre Häuser in den jahrhunderteal-ten Städtchen aus Stein und verbrachten die Nacht sicherheitshalber im Freien. Denn 60 Jahre zuvor hatte es drüben im Osten, auf der anderen Seite Siziliens, ein Erdbeben gegeben, das sich mit 75.000 Toten in der kollektiven Erinnerung eingegraben hatte.

    Die Menschen saßen in den Hügeln rund um ihre Städte in den Weinbergen und auf den Feldern und warteten. Eine kalte Nacht. Um drei Uhr Morgens wussten sie, dass das erste Beben nur ein Vorbeben gewesen war. Inner-halb von 30 Sekunden zerbröselten vor ihren Augen Städte wie Salaparuta, Montevago, Sa-lemi und Gibellina zu Sand und Geröll.

    Diese Siedlungen waren bis zu 900 Jahre alt gewesen. Von Menschen gemachte, mit Menschen gewachsene Geschichte. Als sie zerbarsten, zersprangen nicht nur die Häuser, es zersprangen auch Gemeinschaften - und nichts sollte je wieder so sein, wie es einmal gewesen war.

    Joerg Burger zeichnet in seinem Film Gibel-lina – Il terremoto in zeitversetzten Moment-aufnahmen die Geschichte einer dieser klei-nen Städte und deren Menschen nach. Denn in Gibellina sollte nach der Katastrophe etwas Besonderes entstehen, dort sollte die Kunst die Leute mit ihrem Schicksal versöhnen, sollte sie mit der zeitgenössischen Reißbrettarchitektur anfreunden, die ihre neue Heimat hätte wer-den sollen. Doch dieses Experiment, angetrie-ben von einem charismatischen Bürgermei-ster, der das Gute wollte, jedoch eine andere, schleichende Katastrophe damit provozierte, ist heute, vier Jahrzehnte nachdem die Erde gebebt hat, missglückt.

    Das alte Gibellina – das war ein prachtvolles Bergdorf gewesen, mit mittelalterlich schma-len, gewundenen Gassen, mit einer Kirche wie man sie sich würdiger und prunkvoller nicht vorstellen kann, mit Häusern, die dicht an dicht aneinandergebaut die Steinmauern mit-einander teilten.

    In Gibellina stand nach der Nacht des 15. Januar 1968 kein einziges Haus mehr. Burger führt uns mit Archivaufnahmen zurück in die Tage nach der Katastrophe. Schutthalden. Nur ein paar wackelige Mauerreste stehen noch. An manchen hängen noch gerahmte Foto-grafien von ganz alten Leuten unter dem jetzt freien Himmel. Die Lebenden stehen dazwi-schen, haben leere Gesichter, sogar die Kinder können nichts tun als starren.

    Knapp 40 Jahre später sitzen alte Männer auf weißen Plastiksesseln im neuen Gibellina auf der Straße und erzählen von dieser Nacht und von den Jahren, die darauf folgten. Sie tragen dunkle Anzüge und dezent gemusterte Kra-watten, schauen jetzt so aus wie die Ahnen auf den Fotos, damals an den geborstenen Wän-den. Das neue Gibellina ist glatt und modern, es wurde 14 Kilometer vom alten Ort ent-fernt errichtet. Doch bis die Menschen in ihre neuen Wohnungen ziehen konnten, sollten 14 Jahre vergehen.

    Zuerst verbrachten sie ein halbes Jahr in Zel-ten, dann übersiedelten sie in ein Barackenla-ger aus Blechhütten. Mit dem Bau der neuen Stadt ließen sich die dort in Rom mächtig Zeit. Die meisten Hilfsgüter erreichten die-jenigen, für die sie bestimmt waren, nie. Die für den Neubau von Häusern bereitgestellten Gelder versickerten im Land der Mafia und der Geschäftemacher in dubiosen Kanälen.

    Doch weil Gibellinas Bürgermeister Lu-dovico Corrao mit allen Wassern gewaschen und ausnehmend lästig war, entstand das neue Gibellina schließlich doch. Von römischen Ar-chitekten und Stadtplanern auf dem Reißbrett entworfen, eine Stadt aus der Retorte wie sei-

    Stadt ohne SeeleKann die Kunst die Leute mit dem Schicksal versöhnen? Anmerkungen zu einem gescheiterten Experiment und Joerg Burgers grandiosem Film „Gibellina - Il terremoto“. UTE WolTron

    Viel Platz und enorme Trostlosigkeit: Gibellina, Sizilien.

    Die Kunst für das Scheitern verantwortlich zu machen, wäre allzu billig. Ihr kann man nicht aufbürden, was die Architektur, der miss- lungene Städtebau den Menschen versagt.

    rer Eröffnung stürzte das Dach ein. Das war 1972. Seither steht die Baustelle. „Ich sage es glasklar, dass ich in dieser Kirche niemals eine Messe lesen werde“, konstatiert der Pfarre heute, er liest die Messe in der Schule und im Gemeindezentrum. Wie früher sitzen Frauen und Männer getrennt.

    Doch – Frauen? Welche Rolle spielen die eigentlich? Wir begegnen in diesem Film so gut wie ausschließlich Männern. Männer ha-ben diese Stadt gemacht. Männer haben die Kunstwerke gemacht. Männer haben die Po-litik gemacht. Männer haben die Plätze auf den Straßen in den weißen Plastiksesseln zu ihren Plätzen gemacht. Die Männer reden, während die Frauen irgendwo sind, jeden-falls verschwunden, hinter dem Herd wahr-scheinlich.

    Die einzige Frau in diesem Film ist die Pen-sionistin Antonia Civella, die im verwilderten „Botanischen Garten“ gerade einen großen Korb Maulbeeren pflückt. Damit die Familie etwas zu essen habe. Von den 200 Euro Pen-sion, die ihr Mann bekomme, könnte man gerade die Zigaretten bezahlen. Der Baum, der gibt jedenfalls mehr her, als alle Kunst-werke, die hier in der Gegend herumstehen. Was die produzieren, ist Rost, und den kann man nicht essen. Unter manchen von ihnen können wenigstens Ziegen grasen.

    Einer der Künstler ist zurückgekommen, um sein zerfallenes Werk wieder zusammenschrau-ben zu lassen. Was es darstellt, ist nicht klar. Es sieht aus wie ein Hybrid aus dem Wrack eines bruchgelandeten Flugzeugs und dem Kadaver eines gestrandeten Wals. Wenn die Arbeiter den Presslufthammer anwerfen, hält sich der Künstler die Ohren zu, singt dabei für sich ein Lied. Und er macht die Augen zu.

    Das Experiment Gibellina ist gescheitert. Auch noch so viele autistische Kunstwerke haben die Seele dieser Stadt nicht einzu-fangen vermocht. Doch die Kunst für dieses Scheitern verantwortlich zu machen, wäre allzu billig. Ihr kann man nicht aufbürden, was die Architektur, der misslungene Städte-bau den Menschen versagt.

    Die Leute hier, sagt ein Mann irgendwann einmal im Laufe des Filmes, die seien eben noch nicht so weit gewesen, für die Kunst und die Häuser so. Gut möglich, dass vielmehr die Architekten und Städtebauern noch nicht so weit waren, als sie für Wein- und Ziegenbau-ern Klein-Brasilia auf das Papier warfen.

    Das wahrscheinlich einzige „funktionieren-de“ Kunstwerk befindet sich übrigens dort, wo früher die alte Stadt stand. Der Italiener Alber-to Burri errichtete ab 1981 über den Ruinen ein gewaltiges Monument aus Beton. Eine großartige Arbeit. Die Häuserblöcke wurden zu etwa hüfthohen Monolithen ausgegossen, dazwischen entstanden die ehemaligen Gassen. Durch die gehen mitunter die Alten. Dort, sa-gen sie, ist die Stelle, an der mein Haus gestan-den ist. Dort haben wir gewohnt. Dort waren wir zuhause. •

    Joerg BurgerGibellina - Il terremotoItalien/Österreich 2007

    Regie Joerg BurgerKamera Joerg Burger, Johannes HammelSchnitt Joerg Burger, Michael PalmMusik Cicco und Antonia BusaccaTon Joerg BurgerProduktion Joerg Burger FilmproduktionVerleih SixpackfilmLänge 72 MinutenTechnik 35mm / Farbe /1:1,66Fassung Originalfassung mit deutschen Untertiteln

    Ab 17. April 2009 im Filmhaus Kino am Spittelberg

  • „Was ich sage, ist nicht die Wahrheit. Ich sage nur, was ich sage und denke.“

    StadtkinoZeitung06 „Pathosalarm“: Performance im Filmhaus Kino

    1.Katharina Zakravsky Ich erwarte eine neue Dekadenz – „Tanz auf dem Vulkan“-mäßig - wie Wien um 1900. Es gibt ja eine Lust am Untergang, und Wien neigt dem zu.Daniel Aschwanden Was wäre die Funktion des Pathosbüro (PB) in einer Stadt mit dieser Neigung zur Lust am Untergang?Zakravsky Verstärken? Kritisieren? Katalo-gisieren? Funktion klingt aber etwas trocken – da fehlt das Pathos... Aschwanden Oder gibt es ein Pathos der Funktion?Zakravsky Sicher! Das nennt sich Effizienz.Aschwanden Eigentlich sind wir aber ex-trem ineffizient - fast schon programmatisch!Zakravsky Stimmt! Aber wir haben es nicht so geplant, es ergab sich so. Wir sind aber (zu-mindest zeitweise) sehr aktiv, fast hyperaktiv.Aschwanden Und darin auch wieder sehr sprunghaft.Zakravsky Genau.

    2.Zakravsky PB ist sowas wie eine Sphäre des Potenziellen, die manchmal sichtbar ist und manchmal nicht. Auch eine Seifenblase, denn es schillert - und es könnte platzen.Aschwanden Eine Potenz - sozusagen ho-möopathischZakravsky Pathos in kleinsten Dosen? Das klingt paradox.Aschwanden Homöopathie: Das meint In-formation - Information, welche sich anderen Informationen einschreibt.Zakravsky Wir sind ja nolens volens mul-timedial und multidisziplinär. Pathos sprengt halt die Formen und schwappt immer über.Aschwanden Also ein perfekt hybrider An-satz - sehr zeitgemäß.Zakravsky Ja. Wenig originell. Aber das macht nix, Pathos ist nie originell. „Ein originelles Pathos“: Das schreit nicht mal der weggetretenste Kritiker.Aschwanden Schreibt?Zakravsky Schreit.

    3.Aschwanden Inwieweit haben sich deine Anfangserwartungen eingelöst?Zakravsky Sie haben sich schön eingelöst, nur zeitlich weit zerdehnter als erwartet. Ich hätte vor allem mit der Chaos Ritual Medien Performance weitergemacht; das ist sozusa-gen für mich die zeitgemäße popkulturelle Antwort auf Nitsch. Ich weiß übrigens nicht mehr genau, wie es dazu kam, dass PB sich eine Video-Soap zulegte. Mir ist, als hätte es sie immer schon gegeben. Der Titel Pathos- alarm in Outer Space hat für mich eine selt-same zeitlose Notwendigkeit. Aschwanden Es gab eine gemeinsame Be-geisterung für SciFi...Zakravsky Aber ist die privat oder konzepti-onell relevant? Ich erinnere mich an Hoch-sommer in meinem Garten. Ich liebte die Hitze, bin ein Sommerviech.Aschwanden Waren da nicht gerade diese Grenzen fließend?Zakravsky Wegen der Hitze?Aschwanden War der Pool der Kristallisati-onspunkt in der Notlage oder Notlüge?Zakravsky Es war so heiß in diesem Juli 2007, dass man bis zu 30 Minuten in voller Bekleidung im Swimmingpool unbewegt treiben konnte. Der Pool wurde zum Plas-mapool, externes außerirdisches Gehirn wie in Solaris, zugleich Brutstätte sinistrer Illusi-onen.Aschwanden Einmal mehr, der Blick zu den Sternen und dann der Griff danach, wie ihn schon Aby Warburg beschrieb.Zakravsky Der Himmel war tiefblau, aber sonst leer. Es war Nachmittag.Aschwanden Anfänglich ja.Zakravsky Später haben wir die Landung gedreht, mit einem kleinen Modell des Schiffs, das einem Busch glich; vielmehr einer war,

    und das Modell dieses Buschschiffes bestand aus demselben Busch wie das Original. Das beunruhigt und begeistert mich bis heute.Aschwanden Und du warst die Pilotin und Animatorin des Modells.Zakravsky Stimmt, aber da wusste ich nicht, dass diese puppentheaterartige Impro es in den Film schaffen würde. Ich wünschte, so naiv könnte man noch mal sein.Aschwanden Aber kultivieren wir nicht nach wie vor eine Art professionellen Dilet-tantismus?

    Zakravsky Das ja, aber selbst da kann man sich nicht in die Tasche lügen. Wenn es aus Innerprojektgründen einen Zug in Richtung etwas mehr Professionalität gibt, muss man dem schon nachgeben.Aschwanden Wir sind also nicht mehr naiv. Das Ende der Unschuld, wann ist es über uns gekommen?Zakravsky Wir hatten bei Teil 2 schon pro-fessionelle externe Kameramänner statt uns gegenseitig zu filmen, aber immer noch kein Skript und keinen Drehplan.Aschwanden Ist das auflösbar oder ein dialektischer Widerspruch, der sich konti-nuierlich wandelt - und so einen Fortschritt ermöglicht?

    Zakravsky Es ist eine heikle Gradwande-rung. Ich frage mich bis jetzt, ob ein Skript unser Ding nicht restlos platt macht; aber es könnte es auch enorm anschieben – nur: in welche Richtung?Aschwanden Ja, es geht wohl darum, Rah-men zu setzen, die uns Freiräume eröffnen – dafür aber auch Struktur schaffen.Zakravsky Rahmen klingt schon etwas eng, eher Werkzeuge. Denn wir sind ja an sich die Rahmensprenger.Aschwanden Die Rahmenspringer.

    Zakravsky Das ist auch sehr dilettantisch, der Profi verpasst sich immer eine gute Form, die ihn gut ausschauen lässt. Wien ist überhaupt offiziell so was von formali-stisch und das passt gar nicht zum hiesigen Lebenspathos.Aschwanden Der Dilettant versucht ihn zu kopieren, macht das aber immer noch so schlecht, dass er dabei wieder gut aussieht in seinem Bemühen.Zakravsky Will der Dilettant kopieren? Er hält sich ja für total kreativ!Aschwanden Ok, wir haben das ein paar Mal in der Praxis des Reenactments geschafft - ich nenne „Box of Pain“, als Favorit.

    Zakravsky Genau. Das ist Pathos in nuce, in purer Form, Hut ab vor David Lynch

    4.Aschwanden Und haben wir diese Praxis mitnehmen können in den zweiten Pathos-alarm?Zakravsky Ja, da war die völlige Identitäts-losigkeit Thema; das lässt sich nicht so leicht darstellen. Mir war wichtig: Die Idee, zu einer Mission zu erwachen, über die NICHTS bekannt ist, nicht einmal, wer/was man selber ist. Was für eine intelligente Maschine eine Katastrophe ist (ich habe mich als Software gesehen), ist für jeden Menschen der normale Einstieg ins leben.Aschwanden Aber haben wir uns wirklich in der bestmöglichen Intensität darin vertieft? Zakravsky Sagen wir so: Die Grundidee war/ist so stark, dass die filmische Narration nur stagnieren konnte. Wir hätten noch mehr, noch intensiver stagnieren sollen, wir hatten zu viele Ideen, vielleicht...Aschwanden Genau, noch intensiver sta-gnieren...Zakravsky Deshalb mag ich die Autojagd, die nirgendwohin führt, nur im Kreis; so sollten alle unsere Filme sein; also Beckett meets SciFi sozusagen. In der Star-Trek-Tradition, die ich trotz allem liebe, ist alles Weltraumfahren frei nach Karl Popper Pro-blemlösen. Bei uns gibt es keine Lösung.Aschwanden War denn die Verfolgungsjagd im Kreis genug?Zakravsky Naja, es war schon ok. Aber ich würde eher gern Haltungen, Sprechweisen, Bewegungsformen länger einübenAschwanden Vielleicht gibt es zu wenige Probleme, um zu Lösungen zu kommen.Zakravsky Und Einstellungen genauer planen; sonst eher noch armseliger werden. Das Jenseits der Lösung lockt nicht (mehr). Nein, es ist einfach nicht klar, was Problem, was Lösung ist; ein gutes langwieriges Pro-blem haben IST die Lösung. Das lehrt die Philosophie, so hält sie sich als Institution am Leben.Aschwanden Ich meine nur, dass wir die Verdoppelung des Reenactens auch auf un-sere eigenen Ergebnisse legen könnten. Das könnte Räume öffnen.Zakravsky Fühle mich hier noch am Anfang.Aschwanden Es hat Lebendigkeit erzeugt, jenseits von konzeptueller Starre.Zakravsky Aber das tu ich fast immer, ich bin eine professionelle Sich-am-Anfang-Füh-lerin, eine professionelle Anfängerin sozusa-gen. Das Pathos des Anfangs!

    Vom Pathos der SciFi-DilettantenEin Gespräch zwischen dem Choreographen Daniel Aschwanden und der Kulturphilosophin Katharina Zakravsky.

    Pathosalarm #0: There is no change in space, 35 min.

    Konzept Aschwanden, ZakravskyDarsteller Aschwanden, Zakravsky, HeweltKamera Aschwanden, Hauser, HeweltTonbearbeitung, visuelle Postproduktion BraitoSchnitt Aschwanden, Braito

    Pathosalarm #1: In space nobody can hear you sing, 35 min.

    Konzept Aschwanden, ZakravskyDarsteller Aschwanden, Zakravsky, Hewelt, Pina, TomasciewskyKamera Braito, Spacek, AschwandenTonbearbeitung, visuelle Postproduktion BraitoSchnitt Braito, Spacek

    Am 25. / 26. 4. 2009 im Filmhaus Kino am SpittelbergDas Programm: 20.30 Intro & Premiere Pathosalarm #121.30 Live Performanceca 22.00 Pathosalarm #0Anschliessend Party im FoyerEintritt 10,- Euro

    Was ist die Mission? Am 25. & 26. April im Filmhaus Kino: Zwei Mal „Pathosalarm“.

  • Impressum Telefonische Reservierungen Kino 712 62 76 (Während der Kassaöffnungszeiten) Büro 522 48 14 (mo. bis do. 8.30–17.00 Uhr Fr. 8.30–14.00 Uhr) 1070 Wien, spittelberggasse 3 www.stadtkinowien.at / [email protected] Stadtkino 1030 Wien, schwarzenbergplatz 7–8, Tel. 712 62 76 Herausgeber, Medieninhaber stadtkino Filmverleih und Kinobetriebsgesellschaft m.b.h., 1070 Wien, spittelberggasse 3 Graphisches Konzept markus raffetseder Redaktion Claus Philipp Druck goldmann druck, 3430 Tulln, Königstetter straße 132 Offenlegung gemäß Mediengesetz 1. Jänner 1982 Nach § 25 (2) stadtkino Filmverleih und Kinobetriebsgesellschaft m.b.h. Unternehmungsgegenstand Kino, Verleih, Videothek Nach § 25 (4) Vermittlung von informationen auf dem sektor Film und Kino-Kultur. ankündigung von Veranstaltungen des stadtkinos. Preis pro Nummer 7 Cent / Zulassungsnummer GZ 02Z031555 Verlagspostamt 1150 Wien / P.b.b.

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    aB anfang mai im Handel und an unseren KinoKassen • 19,99

    DVDEdition

    „Beeindruckend“

    „Ein melancholisch und betörend schöner Blick auf die verloreneJugend Amerikas.“

    Freigegebenab 16 Jahrengemäß § 14

    JuSchGFSK

    „Waltz With Bashir“mit Farocki

    Es galt eine Institution zu schaffen, die die Werke der gegenwärtigen und künf-tigen Filmgeschichte verfügbar macht und verfügbar hält und dem Konsumenten ei-nen ungehinderteren Zugang ermöglicht.“ So der vormalige Geschäftsführer Franz Schwartz über den Gründungsgedanken des Stadtkinos und seines Filmverleihs vor bald 28 Jahren.

    Dass ein Gutteil unserer heutigen und zu-künftigen „Konsumenten“ das ABC und die Grammatiken des Kinos schon in der Schule erlernen sollten: Dieser Notwendigkeit trägt das Stadtkino nun Rechnung, indem wir in Hinkunft verstärkt Sondervorführungen für Schüler und Lehrer - teilweise in Anwesenheit von Regisseuren, Schauspielern und Experten – anbieten werden.

    Einerseits sollen so Neustarts wie zuletzt Nikolaus Geyrhalters 7915 KM oder nun Tina Leischs Dokumentarfilm Gangster Girls und Thomas Woschitz’ Universalove für die Schule verfügbar sein. Andererseits soll es so auch ermöglicht werden, Klassiker aus dem Stadtkino Filmverleih verstärkt in den Unter-richt einzubeziehen: Von Chaplins The Great Dictator über wesentliche Arbeiten der Nou-velle Vague bis herauf zu jüngsten Stadtkino-

    [email protected] Stadtkino Filmverleih bietet jetzt Schulvorstellungen von ausgewählten Filmen an.

    Releases wie Waltz With Bashir stehen derzeit gut 200 Filme für einschlägige Vorführungen zur Verfügung: Immer in Originalfassung, immer, wenn notwendig untertitelt. Gerne stehen wir für die Ausstattung mit Unter-richtsmaterialien (Kritiken, Hintergrundin-formationen) zur Verfügung. Nähere Infor-mationen bzw. Bestellmöglichkeiten erhalten Sie auf unserer Homepage www.stadtkinowien.at und per E-Mail an [email protected] (Kontakt: Ines Kratzmüller). •

    Schulvorstellungen in Anwesenheit der Regisseure, Darsteller etc. finden ab jetzt im Filmhaus Kino am Spittelberg (Spittelberggasse 3, 1070 Wien) statt.

    Eintritt pro Schüler: 5,- Euro. Freier Ein-tritt für Lehrkräfte und Begleitpersonen. Die genauen Termine für diese Veran-staltungen erfahren Sie ebenfalls unter [email protected] oder telefonisch unter 01 - 522 48 14. Es besteht auf diesem Wege auch die Möglichkeit, eigene Vorführungen zu be-

    liebigen Zeiten (zwischen 8.30 und 15.00 Uhr) zu buchen. Oder: Die regelmäßig erscheinende StadtkinoZeitung als Material für den Unterricht oder den StadtkinoNewsletter zu abonnieren.

    „Gangster Girls“SEIT 10. APRIL (AUCH) IM FILMHAUS KINO

    „Was als kleines Making-Of eines Theaterpro-jekts begonnen hat, wurde so zu einem groß-en Film, in dem vieles drinsteckt, was Kino so kann. Verbrechen und Alltag und große Ge-fühle zu erzählen; Realität mit Kunst eindring-licher zu machen, als sie es ohne Kunst wäre.“ Veronika Franz, Kurier

    „Dabei bleibt Gangster Girls ein höchst le-bendiger Film - das hat nicht zuletzt mit der Offenheit und Spielfreude seiner Protagonis-tinnen zu tun. Und mit der klugen filmischen

    Rahmung eines sozialen Milieus, eines Insti-tutionellen Alltags, der in dieser Form sonst nicht zu sehen ist.“

    Isabella Reicher, Der Standard„[...] die Gefängnisdokumentation Gangster

    Girls ist stark.“ Christoph Huber, Die Presse„Die Theaterregiesseurin Tina Leisch legt

    mit ihrem Kinodebüt eine überraschend dichte, vielschichtige und gewissermaßen über die Bande gespielte Milieustudie vor.“ Stefan Grissemann, profil

    „Gangster Girls“ von Tina Leisch.

    StadtkinoZeitung 07Sonderveranstaltungen

    Dokumentarische Blicke im Kino untersu-chen Harun Farocki und Maren Grimm in ihren intensiven Lecture-Performances im Stadtkino. Am 20. April ist es - mit einem besonders ungewöhnlichen Fall - wieder so weit. Um 18:00 wird Ari Folmans animierter Dokumentarfilm Waltz With Bashir gezeigt. Ab 19:45 Uhr wird diese oscarnominierte Auseinandersetzung mit Traumata israelischer Soldaten im Libanonkrieg dann analysiert und diskutiert.

    „März“ von Händl Klaus

  • VISIONaryInnovativer Film aus ÖsterreichFilmschau und BundesländertourneeSchulveranstaltungen und Sonderheft kolik.filmAuftakt: 1. – 7. 5. 2009 im Stadtkino Wien

    VISION_inserate_print 05.04.2009 10:48 Uhr Seite 1