Ein Beitrag zur parasitären Genese der bösartigen Gewächse

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(Aus der Wissenschaftlichen Abteilung der Wolfgang Schmid~ Serumwerk A.-G., Miinchen. - - Abteilungsleiter: Geh. Med.-Rat Prof. Dr. M. Beck.) Ein Beitrag zur parasit~iren Genese der biisartigen Gew~ichse. Von Wolfgang Schmidt. Mit 5 Textabbildungen. (Eingegangen am 5. Februar 1929.) Sohon vor einer ]~eihe yon Jahren lenkte O. Schmidt durch mehrere Ver6ffentlichungen die Aufmerksamkeit auf ein protozoen~hnliches Lebewesen, das er vorl~ufig als Myxomycet ansprach, nnd dessen Vor- kommen er in allen bSsartigen Geschw/ilsten feststellen konnte und das er unter bestimmten Voraussetzungen ftir die Entstehung aller Formen der b6sartigen Gew~chse fiir verantwortlich hielt. Aul~erhalb des mensch- lichen und tierischen Org~nismus vegetiert dieser Schmarotzer in einem Schimmelpilz, vornehmlich in Mucoraceen. O. Schmidt vertritt die Ansicht, dab infolge Infektion durch die infizierte Mucorspore bei dis- ponierten Menschen und Tieren die Tumorbildung eintritt; ale Ein- trittspforte kommt in erster Linie der Magen-Darmkanal in Betracht. O. Schmidt konnte auch mehrmats ~us mensehlichen Carcinomen und Sarkomen den infizierten Pilz ziichten, doch betont er ausdriicklich, dab dies nur unter groBen Schwierigkeiten und nicht oft gel~nge und schritt deshalb zu einer komplizierten Methode, den Mucor mit dem Kleinlebewesen kiinstlich zu infizieren und diesen Mikroorganismus in dem Pilz welter zu ztiehten, indem letzterer also ale Zwischenwirt diente. O. Schmidt stellte des weiteren dutch ausgedehnte Untersuchungen Iest, dab nur die Pilze Trdger von Parasiten waren, die die malignen Tumoren passiert hatten, sei es auf n~tiirlichem oder kiinstlichem Wege, wahrend in anderen St~mmen, die aus verschiedenen Instituten Deutsch- lands und dem Ausland herbeigeschafft wurden, dieses prOtozoenahn- liche Gebilde nicht naehgewiesen werden konnte. Weiter fielen die Impfversuehe bei Tieren nut positiv aus, indem Neubildungen yon ausgesprochen b6sartigem Charakter entstanden, wenn lebende Kulturen des in/izierten Prizes injiziert wurden. Die Ver- suche bei Tieren desselben Stammes und bei Applikation derselben Impfdosis waren ]edoch negativ bei Verwendung eines nicht infizierten

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(Aus der Wissenschaftlichen Abteilung der Wolfgang Schmid~ Serumwerk A.-G., Miinchen. - - Abteilungsleiter: Geh. Med.-Rat Prof. Dr. M. Beck.)

Ein Beitrag zur parasit~iren Genese der biisartigen Gew~ichse. Von

Wolfgang Schmidt. Mit 5 Textabbildungen.

(Eingegangen am 5. Februar 1929.)

Sohon vor einer ]~eihe yon Jahren lenkte O. Schmidt durch mehrere Ver6ffentlichungen die Aufmerksamkeit auf ein protozoen~hnliches Lebewesen, das er vorl~ufig als Myxomycet ansprach, nnd dessen Vor- kommen er in allen bSsartigen Geschw/ilsten feststellen konnte und das er unter best immten Voraussetzungen ftir die Entstehung aller Formen der b6sartigen Gew~chse fiir verantwortlich hielt . Aul~erhalb des mensch- lichen und tierischen Org~nismus vegetiert dieser Schmarotzer in einem Schimmelpilz, vornehmlich in Mucoraceen. O. Schmidt ver t r i t t die Ansicht, dab infolge Infektion durch die infizierte Mucorspore bei dis- ponierten Menschen und Tieren die Tumorbildung eintri t t ; ale Ein- tr i t tspforte kommt in erster Linie der Magen-Darmkanal in Betracht. O. Schmidt konnte auch mehrmats ~us mensehlichen Carcinomen und Sarkomen den infizierten Pilz ziichten, doch betont er ausdriicklich, dab dies nur unter groBen Schwierigkeiten und nicht oft gel~nge und schritt deshalb zu einer komplizierten Methode, den Mucor mit dem Kleinlebewesen kiinstlich zu infizieren und diesen Mikroorganismus in dem Pilz welter zu ztiehten, indem letzterer also ale Zwischenwirt diente.

O. Schmidt stellte des weiteren dutch ausgedehnte Untersuchungen Iest, dab nur die Pilze Trdger von Parasiten waren, die die malignen Tumoren passiert hatten, sei es auf n~tiirlichem oder kiinstlichem Wege, wahrend in anderen St~mmen, die aus verschiedenen Inst i tuten Deutsch- lands und dem Ausland herbeigeschafft wurden, dieses prOtozoenahn- liche Gebilde nicht naehgewiesen werden konnte.

Weiter fielen die Impfversuehe bei Tieren nut posit iv aus, indem Neubildungen yon ausgesprochen b6sartigem Charakter entstanden, wenn lebende Kul turen des in/izierten Prizes injiziert wurden. Die Ver- suche bei Tieren desselben Stammes und bei Applikation derselben Impfdosis waren ]edoch negativ bei Verwendung eines nicht infizierten

546 W. Sohmidt :

Pilzes. EbenfMls fielen die Impfversuehe negativ aus, wurde eine ab- get6tete l%einkultur des infizierten Mueors zur Verwendung herangez0gen. Ferner entfalteten abget6tete t~einkulturen des infizierten Pilzes und ebenso das Serum yon mit l%einkulturen immunisierter Tiere starke Sehutzwirkungen gegen b6sartige Gew~ehse, die Sehutzwirkung blieb jedoeh bei Verwendung des nieht infizierten Mueors aus. Zuletzt k6nnen dureh Verabreiehung kleinster Rosen des abget6teten infizier- ten Mueors oder des aus diesem Mueor rein gezfiehteten Parasiten bei mit b6sartigen Gew~ehsen behafteten Mensehen eharakteristisehe Herd- reaktionen und Allgemeinreaktionen mit Temperaturanstiegen bis zu 39,5 ~ und mehr beobaehtet werden, w~hrend hunderttausendfaeh gr6Bere Rosen bei gesunden and an anderen Krankheiten leidenden Mensehen Reaktionen nieht festgestellt werden konnten.

Auf Grund dieser Versuehe kommt O. Schmidt zu der ~berzeugung, dag der Mueor selbst fiir die Entstehung der b6sartigen Tumoren nicht in Frage kommt, weder als Fremdk6rperwirkung noeh iniolge spezi- iiseh toxiseher Wirkung, sondern dag naeh Abbau des Pilzes im Organis- mus die Parasiten in die Blur- und Lymphbahnen gelangen und dann zur Entwieklung b6sartiger Gesehwiilste ftihren, wenn der Parasit auf atypisehe, noeh wenig differenzierte bzw. aus dem Zustand hoher Diffe- renzierung wieder zurfiekgesehlagene Zellen oder Zellkomplexe trifft.

Reborn, der sieh auf Veranlassung yon Opitz mit der Naehprtifung der Theorie von O. Schmidt beseh~ftigt hat, komm~ nun auf Grund seiner Versuehe zu der Ansieht, dab die yon O. Schmidt und W. Schmidt auf- gestellten Behauptungen, der Mueor sei unter gewissen Voraussetzungen Tr&ger eines protozoen&hnliehen Kleinlebewesens, nieht erwiesen w~re, sondern maeht sieh die Ansieht zu eigen, der Mueor selbst k6nnte wohl infolge einer Fremdk6rperwirkung und spezifiseh toxisehen Wirkung bei den Tieren, bei denen er eehte Tumoren dutch 2malige Injektion mit Mueorkulturen erhalten hube, als Agens fiir die Entstehung dieser bSsartigen Gew&ehse in Frage kommen, obgleieh es ihm andererseits gelungen war, sowohl direkt aus den ihm yon W. Schmidt tiberlassenen Kulturen Ms aueh indirekt fiber das Tier, hier naeh subeutaner Injek- tion des infizierten Pilzes aus dem Blute der Versuehstiere, den Mikro- organismus zu zfiehten, yon dem O. Nehmidt angibt, es sei eine Form des in seinem infizierten Muter vorkommenden protozoeniihnliehen Gebildes. Da Reborn sowohl die direkte als aueh die indirekte Zfichtung des Mikro- organismus aus dem Mueor nur 2 mal gelang, glaubte er nieht tiberzeugt zu sein, dag hier der Pilz Tr&ger eines Mikroorganismus sein kSnne.

Letztere Sehlugfolgerung Rehorns seheint mir nieht zwingend zu sein. Es real3 zugegeben werden, dab d~s Zfiehtungsverfahren des Pro- tozoens ohne den Zwisehenwirt auf kfinstliehen N&hrsubstraten nieht so ganz einfaeh ist. Entwieklnngs- und Vermehrungsvorg&nge bei den

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Protozoen zeigen groBe Mannigfaltigkeit. ' Wghrend bei den Bakterien als Vermehrungsart nur die Querteilung als sexuelle Vorggnge noeh nicht als feststehend nachzuweisen sind und Dauerformen nur als Sporen lest: stehen, finden wir dagegen bei den Protozoen verschiedene Arten der :Vermehrung, sexuelle Vorg~nge in grSBter Verschiedenheit, Wirts- wechsel, Formwechsel, Generationswechse], Entwicklungsvorggnge aller Art, die sich aber stets im Wirt, Mensch oder Tier oder niederen Pflan- zen abspielen, die meist aber die Fghigkeit verloren haben, auBerhalb ihres Wirtes zu vegetieren. Vor ihrem Wirtswechsel bilden sie jedoeh Dauersporen, die sieh in der AuBenwelt sehr lange halten kSnnen - - ich beobachtete Dauerformen bis zu 12 Jahren bei unserem Protozoon - - bis sie d i e Infektion eines neuen Wirtes verursaehen. N/~hrbSden und Stoffwechselprodukte des Paras i t en spielen bei der Zfichtung eine aus- sehlaggebende Rolle.

In meiner ]etzten Arbeit: ,,Ein Beitrag zur experimentellen Erzeu- gung von Tier tumoren" konnte ich fiber sehr beachtenswerte Impf- versuche bei Mgusen berichten. Ieh nahm zu dem Versuch dieser ersten Reihe eine schon 48real fiberimpfte Reinkultur des infizierten Mueors, mi t der ich dann nach 1%einzfiehtung des Parasiten aus dem Pilz dureh subcutane Verabreichung einer 7t~gigen Kul tur .bSsartige Gewgchse erzeugen konnte. In der 2. Versuchsreihe verwandte ich wiederum einen infizierten Mucor, der ebenfalls schon wiederholt in kfinstlichem Nghrsubstrat gezfiehtet worden war und gewann diese l%einkultur des Parasi ten aus dem Herzblut der zuletzt subcutan infizierten Maus. Diese l%einkultur habe ieh jedoch zur Virulenzsteigerung des Erregers und zur GewShnung an die Tierart eine mehrmalige Tierpassage dureh- machen lassen. Die Impfausbeute der mit einer 8tggigen Reinkultur einmal subcutan infizierten M/~use ergab 46,6 %. Die Mucorkomponente, yon der Reborn glaubt, dab sie bei seinen Versuchen die Veranlassung ffir die Ents tehung der bSsartigen Tumoren gewesen sein kSnnte, war bei diesen Versuehsreihen ausgesehaltet worden, kommt also nicht ein- real als Reizfaktor, als der er auf Grund der Rehornschen Nachunter- sUehungen bei gleiehzeitiger Infektion des Mucors q -Pa ras i t evtl. in Betracht gezogen werden kSnnte, in Frage. Es sei zugegeben, dab ich bei der 2. Versuchsserie an einen M~usestamm gekommen bin, bei dem ohne Zweifel eine ausgesproehene Disposition ffir bSsartige Gew~chse vorhanden war, obgleieh Spontantumoren nicht gefunden wurden.

Die Gewinnung des Schmidtschen Parasiten aus dem Mucor ist~mir fast stets geglfiekt, vorausgesetzt natfirlich, der Mucor war tats~chlich mit dem Sehmidt- sehen Mikroorganismus infiziert. Man sieht im infizierten Mueor mikroskopisch im Mycel und in den Sporangien ldeinere und gr6gere kugelfOrmige Gebflde mit einem Kern in lebhaftester BeWegung. Aueh kann man weitere Gebflde yon ver- sehiedenster :Form und Gr61]e feststellen, die mit in den Wirbel der Bewegung hineingezogen werden. Unter den kuge]/Srmigen Gebflden befindet sieh aueh Fett,

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unter den anderen Gebilden auch abgesprengte Teilchen vom Mucor usw. Nach intensiver Vorbehandlung und Entzug des Fettes durch ~ther und Alkohol kanu man jedoch das protozoen~hnliche Gebilde im Mycel und in den Sloorangien firben (Abb. 1 und 2).

Ich habe in meinem Vortrag beim Cancer Research Fund ffir Ir- ]and 1927 sehon darauf hingewiesen, dal~ es mir immer wieder gelungen ist, sowohl direkt wie indirekt aus dem Blur und den Tumoren krebs- kranker Menschen und Tiere ein und denselben Mikroorganismus zu

ziiehten ~nd zum Teil auch welter rein zu ziichten. Ein- zelne Kulturen haben bis heute schon die 40. Gene- rat ion erreicht. Diese Ziich- tungsversuche haben die Zah] yon 500 schon iiber- schritten. Eben denselben Mikroorganismus habe ich schon 62real aus 70 ver- schiedenen S t immen des infizierten Mucors gewon- nen und zum Tell in Rein- kultur weiterziichten kSn- hen. Es befanden sich unter diesen 70 verschiedenen S t i m m e n solche, die direkt uus den Tumoren yon mensehliehen Carcinomen und Sarkomen geziichtet worden waren, ierner sol- che, die vorher kfinstlich

AbD. 1. mit dem Schmidtsehen Pa- Mucorf~den mit dem Parasiten Schmidt. Vergr. 3B6m~l.

r~siten infiziert wurden and zwei, die ich aus dem Blur krebskranker Menschen erhielt. Auch hier wurde in einzelnen Kul turen der rein geziichtete Mikroorganismus bis jetzt sehon im HSehstfalle 28real tibertragen.

Es ergeben sich ohne Zwei{el bei der Weiterziichtung des Schmidt- schen Parasi ten hiufig Schwierigkeiten uud konnte auch ich wiederholt beobachten, wie noch zuletzt iippig wachsende Kulturen, die schon mehr- reals i iberimpft worden waren, sich wcder in fliissigen noch auf festen I~h rbSden welter entwickelten. Auf diese Erseheinung werde ieh in einer anderen Arbeit noch nigher eingehen.

Weiter gelang es mir wiederholt in Verbindung mit Geh. Med.-Rat Prof. Dr. M. Beck aus Milz, Leber, Lunge, Gehirn und Riickenmark

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yon krebskranken Tieren (Tumortr~gern) und aug ebendenselben Or- ganen kfinstlieh dutch subeutane Injektion mit geinkultur des Sehmidt= sehen Parasiten krankgemaehte Tiere (noeh keine Tumortr~ger) den Sehmidtschen Parasiten dutch ein besonderes Verfahren rein zu ziiehten. Es ist derselbe Mikroorganismus, der dutch die friiheren besehriebenen und bier kurz skizzierten Versuehe gewonnen worden war.

Versehiedene positive Versuehsergebnisse, die sieh mit den Angaben yon O. und W. Schmidt deeken, konnte Reborn feststellen. So gelang

Abb. 2. Sporangium mi~ den 8chmidtschen Parasi ten; an mehreren Stellen kann m~n deutlich Teilungsvorg~inge feststellen. Yergr6Berung 3120real, Zeiss t/~ F1. ~limm., Peripl. Oe. 12real

65 cm BalkenNnge.

eg ihm, aus den mit infiziertem Mueor subeu~an gespri~z~en Kaninehen naeh einiger Zei~ aus dem ]31ute derselben den Sehmidtsehen Mikroorga- nismus zu zfiehten, wie aueh direkt dureh Zfieh~ung im ]3rutsehrank aus dem Pilz, ferner aug den Tumoren. I)iese Versuehe gelangen jedoeh tro~z Anstellung gr613erer Versuehsreihen und Wiederholung dieser Verguehe nut einige Male und konnte sieh deshalb l~ehorn nieht davon fiberzeugen !assen, dab der Mueor tatsgchlieh Tr~ger eineg Kleinlebewesens sein kann.

Zur Sicherstellung der Angaben yon O. Schmidt habe ieh nun ein FiItrationsverfahren durehgeffihrt, welches mit absoluter Sieherheit eine Trennung des mit dem Pilz in Symbiose lebenden Parasiten erm6glieht. I)as Ergebnis ist folgendes: Es gelang bei sieher infizierten Pilzen dutch

550 W. Schmidt :

dieses Filtrationsverfahren, bei dem alle, selbst die kleinsten Bakterien zurfickbehalten werden, in dem Filtrat Entwicklungsformen des Schmidt- schen protozoenghnlichen Kleinlebewesens nachzuweisen und aus dem Filtr~t sowohl in fltissigen wie auf festen N~hrsubstraten den Mikro. organismus zu ziichten und dieselben Formen zu gewinnen, die auch Reborn bei seinen Versuchen aus menschlichen Tumoren, aus dem Blute yon Krebskranken und aus dem infizierten Pilz zfichten konnte. Die zahlreichen Kontrollkulturen, teils auf festen, teils in flfissigen N~hr- substraten zeigten niemaIs das Wachstum eines Schimmelpi]zes.

Mit der aus dem infizierten Mucor durch Filtration gewonnenen Reinkultur wurde eine grSl~ere Reihe M~use und Rat ten subcutan infi- ziert. Verwandt wurde bei M~usen 0,05 ccm, bei Rat ten 0,1 ccm einer Parasitenaufschwemmung in physiologischer KochsalzlSsung. Die Kultur war 4 Tage alt. Es wurde auf Hinzunahme jeglichen exogenen oder endogenen Reizes noch sonstiger vorbereitender Mai~nahmen ver- zichtet. Die Versuchstiere wurden wie bis zum Tage der Infektion weiter gefiittert und befanden sich im besten Ernghrungszustand.

Es ist heute noch zu friih, fiber ein endgfiltiges Impfresultat sprechen zu kSnnen, da die Impfung erst am 2. XI. 1928 vorgenommen wurde. Trotzdem zeigen schon am 6. Januar 1929 einige M~use linsen- bis erbsen- groBe Tumoren, wghrend bei den Rat ten bis heute noch keine Tumoren festgestellt werden kSnnen. Das Impfergebnis ist erst nach etwa 8Monaten yore Impftage ab gerechnet zu erwarten, da nach unseren bisherigen Erfahrungen die Tumoren meist erst nach 3--8 Monaten aufzutreten pflegen. Ich bemerke jedoch ausdriicklich, dai~ auch zu diesen Impf- versuchen ganz junge Tiere verwandt wurden und die M~use aus einer Zucht stammen, bei der sich in den letzten 2 Jahren seit meiner Beobach- tung bei etwa 2000 M~usen kein einziger Spontantumor gezeigt hat. Um jedoch yon vornherein allen diesbezfiglichen, leicht zu erwartenden Einwendungen begegnen zu kSnnen, habe ich mit demselben Tage, als die Impfung an den 50 Tieren vorgenommen wurde, aus derselben Zucht weitere 50 ausgewachsene, etwa 5 Monate alte Tiere als Kontrollen in einem K~fig isoliert.

Dal~ grol~e Tumoren mit zahlreichen Metastasen sich auch schon nach kurzer Zeit nach Einverleibung des Schmidtschen Parasiten zeigen kSnnen, beweist nachfolgender Impfversuch, den ich hier noch bringen mSchte, weil das Wachstum der Tumoren ein aul~erordentlich schnelles war und die Tumoren schon nach 33 Tagen KirschkerngrSl~e bis Xleinwalnui~- grSl~e erreicht hat ten und dieser Versuch besonderes Interesse verdient.

Die Impfungen wurden yon Geh. Med.-Rat Prof. Dr. M. Beclc in unserem Inst i tut durchgefiihrt.

Es wurden am 25. V. !928 4 junge, etwa 3 Monate alte bunte Rat.ten mit einer Parusitenaufschwemmung yon 0,25 ccm einer 6 T~ge alten Kultur intraperitoneal

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infiziert. Auf Hinzunahme jeglichen Reizmittels wurde verzichtet. Die Reinkultur stammte aus dem Blur einer Patientin mit Brustearcinom und Driisenmetastasen.

Die 1. Untersuchung der Tiere erfolgte am 1. VI. 1928: kein Befund. Am 16. VI. 1928 zeigte eine Rat te (Nr. 929) struppiges Aussehen. Die Untersuchung ergab einen mehr als erbsengro]en, versehieblichen Tumor unter der linken Achsel. In der BauehhShle ffihlte man harte verschiebliehe Tumoren bis zu Kleinwalnui]- gr61]e. Schlechte Freitlust, Atemnot. Am 27. VI. 1928 wurde die Ratte, die in- zwisehen stark kaehektisch und ani~misch geworden war und hoehgradige Atemnot zeigte, getStet. Es ergab sieh folgender Befund: In der ]inken Aehselh6hle frei beweglieh an der Mamma ein gut kirschkerngrol]er flacher Tumor von gleich- m~Biger, weiBgrauer Farbe und harter Konsistenz. Die Durchschnittsfli~ehe ist weft] und gle ichm~ig hart. Das ganze Zwerchfell ist zu einer wefl~grauen harten Platte verdickt. Die reehte Seite des Zwerchfelles war zu einem walnuBgToBen, die ]inke Seite zu einem kirschkerngro~en Tumor ausgewachsen. In der 'Bauch- hShle ein blutig ser6ses Exsudat, etwa 2,0 ccm. Milz fast um das Doppelte ver- grSl]ert, die Leber in einen fast walnul]grol3en Tumor verwandelt, der lest mit dem Zwerchfell verwachsen war. In der Bauchh6hle sieht man den Gef~l~en ent- lung unzi~hlige hirsekorn- bis erbsengro~e weil31iche und undurchsiehtige Kn6t- ehen, desgleiehen an der gro2en Kurvatur des Magens (Metastasen). In beiden Pleurah6hlen ist ser6s gelbliehes Exsudat vorhanden. Lunge scirrhotiseh. Die mikroskopisehe Untersuehung des Tumors ergab: Sarkom. Ascho//~uBert sieh zu dem Tumor folgendermal]en:

,,Es handelt sich zweifellos um eine b6sartige Geschwulst, welehe in die Gruppe der bei den Rat ten bekannten spindelzelligen Sarkome gehSrt. Die Ge- schwulst ist sehr zellreieh. Die vorwiegende Form der Zellen ist die spindelzellige mit zahlreiehen grol3en, ovalen Kernen, dazu kommen auch mehr rundliche, mit mehr rundlichen Kernen. Auffallend ist die Atypie der Kerne, insofern alle Varia- tionen bis zu vielgestaltigen Riesenkernen zu finden sind. Hier und da finden sich aueh Kernteilungsfiguren, doeh sind diese, wenigstens an den mir fibersandten Schnitten, nicht h~ufig. Das Stroma besteht aus zarten Fibrillen. An den ziemlich reichliehen Gef~Ben finden sich aueh gr6bere kollagene Fasern. Das Ganze mui] als ein spindelzelliges Sarkom bezeiehnet werden.

Die Transplantation bei Rat ten desselben Stammes wurde bis zur 4. Gene- ration durchgefiihrt. Bei Ubertragung auf die 5. Generation blieb das Waehstum aus. Das Transplantationsergebnis war bei der 2. Generation 67%, bei den wei- teren Generationen 25%.

Die Rat te 929 war, als sie infolge der Tumorerkrankung kurz vor dem Exitus stand, etwa 4 Monate alt. Spontantumoren sind hier wohl mi t ,Sieherheit aus- zuschliel~en, da diese bei Rat ten ~uBerst selten sind. Prof. Beck hat noeh niemals solche, ich selbst babe bei etwa 10000 Ratten, mit denen ieh in den letzten 20 Jahren experimentell arbeitete, ebenfalls noch niemals einen Spontantumor gesehen, selbst bei alten Tieren nicht. Aueh beobachtet man z. B. bei M~tusen Spontantumoren ~ul]erst selten bei jungen Tieren. Soweit mir bekannt, wurde aul]erdem noch niemals ein Spontantumor bei Rat ten in der BauchhShle mit zahlreichen Meta- stasen festgestellt. Einen nahezu analogen Fall der Entwieklung fast walnuBgro~er Tumoren in der Bauchh6hle einer Rat te etwa 6 Wochen naeh IIffektion mit dem infizierten Mucor Sehmidt, sah ich bei Reborn gelegentlich der Durchffihrung seiner Versuche, fund jedoch nichts dariiber in seiner Arbeit (Abb. 3, 4 und 5).

W i e v e r h ~ l t s ich n u n der aus d e m i n f i z i e r t e n M u c o r in R e i n k u l t u r

gez f i ch t e t e M i k r o o r g ~ n i s m u s d e n Sera y o n K r e b s k r a n k e n gegenf ibe r ?

D ie F e s t s t e l l u n g i s t b e k a n n t , dal~ m a n v e r m i t t e l s de r K o m p l e m e n t b i n -

552 W. Schmidt:

dungsmethode in s01ehen Sera; die nieht bakteriologiseh wirken, eehte spezifisehe Amboceptoren und zwar Antigen und AntikSrper naehweisen kann. Nimmt man nun einen Ext rak t aus vorgenannter l%einkultur, nachdem man durch Vorversueh die maximale Dosis festgestellt hat, die allein kein Komplement mehr binder und bringt die H~lfte der unter- bindenden Dosis mit 0,1 Serum yon Krebskranken und dem h~moly- tisehen System zusammen, so wird, wie beim Wassermann, das Komple- ment dureh die Sensibilisierung des Antigens mit dem spezifisehen Ambo-

Abb. 3. Ra t t e 929. Der I n h a l t der BauehhShle wurde zur S ichtbarmacbung der Metasta.sen ent- Iernt, zuriickgelassen wurde nur die Leber. i" = Tumoren; L = Leber; M = Metastasen.

eeptor gebunden, die t I~molyse bleibt aus, die Reaktion ist ioositiv. Bringt man dagegen diesen Ext rak t mit einem inaktivierten I~ormal- serum oder inuktivierten heterologen Immunserum zusammen, so wird das sparer zugesetzte Komplement nicht fixiert, es t r i t t tI~molyse ein, die I%eaktion ist negativ. Es mul~ also ein kausaler Zusammenhang zwischen den im Blut you Krebskranken vorhandenen Stoffen und dem aus dem infizierten Pilz re in geztiehteten Parasiten bestehen.

D i e Komplementbindungsreaktion zeigt dasselbe Bi ld bei Verwen- dung yon Ext rak ten des aus Blu~ und Tumoren Krebskranker rein geziichteten Parasiten Sehmidt.

Ein Beitrag zur parasit~ren Genese der bSsartigen Gew~chse. 553

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2)

554 W. Schmidt: Ein Beitrag zur parasit~ren Genese der bSsartigen Gew~tchse.

Immunisiert man Tiere mit abgetSteten Reinkulturen des aus dem infizierten Mucor gewonnenen Parasiten, so ergibt sieh bei der Verwen- dung eines Extraktes aus diesen Reinkulturen bei der Komplement- bindungsreaktion diesem Serum gegenfiber eine positive Reaktion, die je naeh HShe der Immuniti~t sehr stark oder weniger stark sein kann. Wir konnten feststellen, dal~ das Serum immunisierter Tiere noch in einer Verdiinnung yon 0,000000 1 einen positiven Ausschlag gab.

Dieselben Resultate wurden erzielt, wghlte man die Sera yon Tieren, die einerseits mit abgetSteten Reinkulturen des Schmidtschen Parasiten immunisiert waren, der aus dem Blur yon Krebskranken gezilehtet war und andererseits lgngere Zeit subcutan abgetStete Reinkulturen dos Schmidtschen Parasiten erhalten batten, die aus Tumoren rein gezfichtet w ~ r e n .

Hier zeigte sich folgendes Ergebnis: 1. Beide Immunsera ergaben bei der Komplementbindungsreaktion

gegeniiber einem Extrakt aus Reinkulturen des aus dem infizierten Pilz gezfichteten Parasiten ein positives Resultat. Bei ~ormalsera oder Sera yon Luetikern und TuberkulSsen t ra t Hgmolyse ein.

2. Beide Immunsera zeigten bei der Komplementbindungsreaktion gegeniiber ihrem eigenen Parasitenextrakt, d. h. gegenfiber dem Extrakt aus don Parasiten , mit dem die aktive Immunisierung durchgefiihrt worden war, Bin positives Resultat. Das Resultat war ebenfalls positiv, wurden die Extrakte wechselseitig angew~ndt.

3. Beide Immunsera ergaben ebenso wie das Immnnserum nach Immunisierung mit einem Extrakt ans Reinkulturen des aus dem irSi- zierten Mucor geziichteten Parasiten bei der Komplementbindungs- reaktion gegeniiber Sera yon Krebskranken ein positives Resultat; bei nicht krebskranken ein negatives Resultat.

Der aus Parasiten hergestellte Extrakt, die aus dem infizierten Mucor isoliert und reingezfichtet worden waren, zeigte also spezifische Eigenschaft sowohl Sera Krebskranker als aueh Immunsera gegeniiber, die yon Tieren stammten, die mit abgetStetenParasiten immunisiert worden waren, die aus Tumoren und Blur yon Krebskranken gezfichtet worden waren.

Uber die Effahrungen, die wir mit der Komplementbindungsreak- tion bisher an 2000 Sera yon Mensehen gemacht haben, soll demngchst an anderer Stelle beriehtet werden.

L i t e r a t u r v e r z e i e h n i s .

1 Schmidt, 0., Mschr. Geburtsh. 17, 1083 (1903). - - 2 Schmidt, 0., ZbL Bak- ter. I Orig. 47 (1908); 5~ (1909). - - 3 Schmidt, 0., Mfinch. reed. Wschr. 1904, N r 14 u. 16; 1906, N r 4. - - a Mitteilungen ~us O. Schmidts Laboratorium fiir Krebsforschung H. 1 u. 2. - - 5 Sdtmidt, W., Vortrag 19. I. 1927 (Cancer Research fiir Irland). - - * Schmidt, W., Zbl. Bakter. I Orig. 109 (1928). - - 7 Reborn, Z. Krebsforschg ~6, H. 5 (1928).