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  • Interview

    Ein Duft ist wie ein Schuss

    ins GehirnGerche wecken Erinnerungen und damit verbundene Gefhle.

    Das hat auch die Werbung entdeckt: Wie und wo uns Dfte berall an der Nase herumfhren, verraten Duftmarketing-Unternehmer

    Olivier Portmann und Wirtschaftsprofessor Andreas Herrmann. Text: Andrea Freiermuth, Monica MllerBilder: Daniel Ammann

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  • Duftwerber Olivier Portmann (links) und Wirtschaftsprofessor Andreas Herrmann teilen die Faszination fr Dfte.

    MENSCHEN | MM12, 16. MRZ 2015 | 27

  • Anzeige

    Olivier Portmann, haben Sie einen Lieblingsduft? Portmann: Wir fhren einen Duft namens Black Flower. Der entspricht mir sehr. Einerseits hat er eine holzig-ledrige Note, andererseits riecht er sehr blumig. Diesen Gegensatz finde ich spannend.

    Was man als angenehm empfindet, ist abhngig von Erfahrungen: Was hat dieser Duft mit Ihrer Biografie zu tun? Portmann: Ich hre gerne Rockmusik und trage hin und wieder auch eine Lederjacke. Und ich bin in einem Haus im Grnen aufgewachsen.

    Wie ist das bei Ihnen, Andreas Herrmann?Herrmann: Ich habe keinen speziellen Lieb-lingsduft, aber den Geruch von Neuwagen mag ich gern. Was genau da alles drin steckt, weiss ich nicht sicher aber Leim. Es gibt so-gar Sprays, die man in Gebrauchtwagen spr-hen kann, damit sie wie neu riechen.

    Damit knnten Gebrauchtwagenhndler ihren Kunden Neuwertigkeit vorgaukeln. Herrmann: Das wre, wie wenn sie den Tacho manipulieren wrden also inakzeptabel.

    Dfte knnen uns manipulieren, ohne dass wir sie bewusst wahrnehmen. Warum haben Dfte diese Macht? Herrmann: Duft ist ein Reiz, den man schwer kontrollieren kann. Sie knnen sich nicht sagen: Ich rieche jetzt einfach nichts. Zudem assoziieren wir Dfte mit Emotionen. Der Leimgeruch weckt Erinnerung an damals, als Sie Ihr erstes Auto kauften. Und selbst wenn Sie sich nicht bewusst an diese Szene er-innern, ruft der Duft unter Umstnden die Euphorie wach, die Sie damals empfanden.

    Wie schaffen es Gerche, solche Erinnerungen und Gefhle auszulsen? Herrmann: Die Hirnareale, in denen Gerche verarbeitet werden, liegen sehr tief. Das sind Bereiche, die wir nicht bewusst steuern knnen. Darum ist die Duftwirkung eine sehr mchtige.

    Welches sind die Branchen, die uns an der Nase herumfhren?

    Portmann: Duftmarketing wird oft in Mode-lden oder in der Hotellerie eingesetzt, um die Stimmung und Atmosphre zu gestalten. Einerseits durch eine Beduftung vor Ort, andererseits oft auch in Form von duftenden Produkten. Hotels etwa haben frh erkannt, dass man damit eine Wiedererkennung schaffen kann so ist es manchmal durchaus gewollt, dass die Gste die Shampoos und Seifen bei der Abreise einpacken.

    Andreas Herrmann, Sie haben die Wirkung von Dften auf das Verhalten von Kunden erforscht. Was haben Sie herausgefunden? Herrmann: Die Kunden hielten sich lnger im Laden auf, wenn er beduftet wurde. In Umfragen zeigte sich, dass sie die Atmosphre in bedufteten Lden als angenehmer empfanden. Niemand sagte, es liege explizit am Geruch. Viele nahmen den Duft auch gar nicht bewusst wahr. Ein Duft ist wie ein Schuss ins Gehirn, der Wahrnehmung und Verhalten beeinflusst, ohne dass wir es merken.

    Haben Kunden in bedufteten Lden auch mehr gekauft?

    Herrmann: In einzelnen Fllen durchaus. Das liegt natrlich auch an der Verweildauer. Sie kaufen sich kein zweites Auto, weil das Autohaus beduftet wird. Aber bei Accessoires ist die Wahr scheinlichkeit hher, dass sie da oder dort noch etwas entdecken und kaufen, wenn Sie lnger im Laden bleiben.

    Olivier Portmann, Sie beraten Unternehmen in Sachen Duftmarketing. Wie finden Sie den richtigen Duft? Portmann: Im Prinzip sollte ein Duft zur Marke und zum Produkt passen. Autos lassen sich kaum mit Erdbeerduft verkaufen.

    Wie gehen Sie genau vor? Portmann: Wir bentigen wie im klassischen Marketing ein gezieltes Gesprch mit dem Kunden ber die Identitt der Marke, die Positionierung der Produkte und die Ziel-gruppe. Auch die Frage: Was will ich mit dem Duft erreichen? muss geklrt werden.

    Klassische Werbung verbindet Produkte oft mit Gefhlen wie Liebe, Freundschaft oder Vertrauen. Wie lassen sich solche

    Zukunftsmusik: In Grossraumbros knnte man die Stimmung mit Zitrusdften verbessern.

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  • Emotionen durch Dfte ausdrcken? Portmann: Einen Duft zu finden, der generell Liebe suggeriert, ist wahrscheinlich nicht mglich. Unter anderem, weil die Assoziatio-nen, die wir mit einem Duft verbinden, von der Biografie abhngig sind. Dfte, die bei vie-len Menschen fr Entspannung oder Wohl-befinden sorgen, lassen sich indes schon finden und werden zum Beispiel gern im Wellnessbereich eingesetzt.

    Welche wren das konkret? Portmann: Eher schwere, warme, pudrige Dfte. Sie lullen uns ein und schirmen von der Aussenwelt ab, whrend Zitrusnoten anre-gend wirken.

    Verwendet man je nach Alter der Zielgruppe andere Dfte, etwa wenn ein Kleiderladen gezielt Teenager ansprechen will? Portmann: Durchaus. Wobei es hier einen interessanten bertragungseffekt aus der Parfmwelt gibt: Derzeit sind eher sss-schwere und holzige Parfms angesagt. Das heisst, wenn man einen Modeladen fr Junge beduftet, orientiert man sich mit Vorteil an der Parfmmode. Fr eine ltere Zielgruppe empfiehlt sich eher ein klassischer Duft.

    Was wre denn so ein progressiver Duft? (Portmann appliziert Duftprobe auf einen Fliesspapierstreifen): Ich kann Ihnen einen prsentieren. Wir nennen ihn Miami.

    Da steckt Zitrone und etwas undefinierbar Herbes drin. Portmann: Es ist ein eher komplexer Duft, bei dem man nicht gleich erkennt, woraus er genau besteht einmal abgesehen vom fruch-tigen Zitrus, das Frische und Sportlichkeit vermittelt. Die herb-krautige Komponente kommt vom ppigen Moschus, feiner Vanille und dezenten Holzarten. Hierbei stelle ich mir einen Laden vor, in dem es junges Perso-nal, viel Deko und laute Musik hat.

    Und wenn man sich diesen Dften nicht aussetzen mchte? Herrmann: Also erst einmal ist es doch schn, dass wir uns wieder Sinnen zuwenden, die in den vergangenen Jahren vllig vernachlssigt wurden. Wir haben eine Dominanz des Visu-ellen. Wo wir hinschauen, hngen Plakate.

    Wenn in Einkaufspassagen bald so viele Dfte in der Luft liegen, wie etwa Plakate an den Zubringern von franzsischen Kleinstdten aufgestellt sind, ist das nicht unbedingt ein schnes Zukunftsszenario. Herrmann: So weit wird es nicht kommen. Sie werden nicht stehen bleiben, den Duft analysieren und zehn Meter weiter das Pro zedere wiederholen. Sie werden einfach durch die Strasse schlendern und sich verfhren lassen.

    Bei manchen Menschen lsen bestimmte Dfte Kopfschmerzen aus. Andere wiederum reagieren allergisch darauf. Portmann: Wir setzen nur Stoffe ein, die den neuesten Erkenntnissen und den regulativen Anforderungen zu 100 Prozent entsprechen. Deshalb haben wir bei unseren Produkten berhaupt keine Probleme mit allergischen Reaktionen und Unvertrglichkeiten.

    Wie wird sichergestellt, dass keine problematischen Stoffe im Umlauf sind?Portmann: Die Internationale Parfmor-ganisation (Ifra) bestimmt, welche Rohstoffe in der Parfmerie eingesetzt werden drfen. Die Ifra war in letzter Zeit recht aktiv. Viele Stoffe, die allergische Reaktionen auslsen knnten, von geschtzten oder gefhrdeten Pflanzen stammen oder bei der Gewinnung nicht nachhaltig sind, wurden eingeschrnkt.

    Wie knnen kritische Konsumenten, die nicht von Dften manipuliert werden mchten, einen bedufteten Laden erkennen? Portmann: Indem sie die Dfte wie andere Marketingmassnahmen wahrnehmen. Es steht ja auch nirgends ein Schild Achtung Musik oder Achtung bewegte Bilder in einem Geschft.

    Das ist schwierig, wenn man den Duft gar nicht bewusst riecht. Verraten Sie uns, wo Sie die Zerstuber verstecken? Portmann: Da gibt es verschiedene Mglich-keiten: Man kann Gerte im Raum aufstellen,

    Zu den Personen

    Die Experten

    Olivier Portmann (39) ist HSG-Absol-vent und Mitinhaber der Raumbeduf-tungsfirma Kukui. Diese produziert und vertreibt ein Sortiment von 24 Dften, installiert die dafr ntige Technik vor Ort und entwickelt gemeinsam mit Parfmeu-ren individuelle Dfte fr Kunden.

    Andreas Herrmann (50 ) ist Leiter der Forschungsstelle fr Costumer Insight an der Universitt St. Gallen. Er erforscht unter anderem die Wirkung von Dften auf das Verkaufsverhalten.

    Info

    Das macht die MigrosDie Migros verzichtet auf knstliche Beduftung, gibt jedoch seit ein paar Jahren den natrlichen Dften mehr Raum und zwar mit dem Entscheid, das Brot direkt in den Filialen zu backen.

    die wie Luftbefeuchter aussehen. Oder der Duft wird direkt ber die Lftungsanlage eingespeist.

    Wird in anderen Lndern anders beduftet als in der Schweiz?Portmann: Da gibt es sicher Unterschiede. In Frankreich ist die Affinitt gegenber Parfms sehr gross. Gehen Sie aufmerksam durch eine schne Einkaufspassage in Paris, merken Sie, dass mindestens die Hlfte der Lden Dfte einsetzt. Diese sind strker, schwerer, lederner, charakteristischer und progressiver als bei uns. Herrmann: Oft ist es aber weniger eine Frage des Landes als des Vertriebskonzepts. Es gibt immer mehr sogenannte Flag ship-Stores. Die Leute gehen da nicht hin, um ein-zukaufen, sondern um eine Marke umfassend sinnlich zu erfahren. Dahinter steckt die Erkenntnis, dass online gekauft und offline erlebt wird.

    Welchen Marken ist es gelungen, einen unverkennbaren Duft zu kreieren?Portmann: Das Modelabel Abercrombie & Fitch ist das Paradebeispiel. Viele kennen den Duft. Die Firma setzt den Duft in ihren Lden prgnant als strategisches Marketing-instrument ein. Herrmann: Singapore Airline hat einen Corporate Smell. Wenn Sie ins Flugzeug steigen, riec