Ein einziges Wort hat mein Leben verändert · sehen oder Gedankenlesen. Ich habe das immer...

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TEXT ___ FRANZISKA WOLFFHEIM " Ein einziges Wort hat mein Leben verändert " MARLIS LAMERS, 57, KOMMUNIKATIONSTRAINERIN NEUES ICH ___ KURSKORREKTUR ICH HABE IN MEINEM LEBEN IMMER WIE- DER ZU HÖREN BEKOMMEN, ICH HÄTTE EIN „DRITTES AUGE“. Damit sind Menschen ge- meint, die übersinnliche Fähigkeiten besitzen wie Hell- sehen oder Gedankenlesen. Ich habe das immer scherz- haft abgetan: Ich komme vom Bauernhof, und inmitten von Hühnern und Schweinen interessiert man sich nicht für sowas. Eines Tages stieß ich im Netz zufällig auf das Wort „Mimikresonanz“. Es geht dabei um das, was man jenseits der Sprache an Signalen sendet, also vor allem um die Ausdrucksformen des Gesichts. Sie sagen eine Menge aus, denn man kann sie nicht bewusst steuern. 44 Gesichtsmuskeln können mehr als 10 000 Ausdrücke for- men. Mich hat das total fasziniert, und ich habe gleich 2014 eine Mimikresonanz-Ausbildung in Berlin gemacht. VORHER HATTE ICH MICH IN VERSCHIE- DENEN BERUFEN GETUMMELT: als Bäuerin, Geschäftsführerin einer Biogasanlage oder Unterneh- mensberaterin. Aber nichts hat mich so sehr gepackt, dass ich es mein Leben lang machen wollte. Auch privat hatte es einen Einschnitt gegeben: Nach 30 Jahren Ehe hatte ich mich 2010 von meinem Mann getrennt, mit dem ich vier Kinder habe. Danach hatte ich erst mal einen Burnout und brauchte längere Zeit, um mich zu erholen. HEUTE REISE ICH QUER DURCH DEUTSCH- LAND, ÖSTERREICH UND IN DIE SCHWEIZ, um Schulungen in Altenheimen, Hospizen und Fach- schulen für Palliativpflege zu geben. Wenn Menschen so krank sind, dass sie nicht mehr sprechen können, ist die Mimik häufig die einzige Möglichkeit, ihre Gefühle besser zu verstehen. In meinen Schulungen können die Teilneh- mer zum „Gefühlsdolmetscher“ werden – so hat man mich mal genannt. Meine Arbeit ist sehr befriedigend, weil ich anderen Menschen buchstäblich die Augen öff- nen kann. Mittlerweile bin ich so viel unterwegs, dass ich mir ein Wohnmobil angeschafft habe. Nun kann ich end- lich wieder jeden Morgen im selben Bett aufwachen. (kommunikation-wortlos.de) 34 BRIGITTE WOMAN FOTO: Dominik Asbach BRIGITTE WOMAN 35 BRIGITTE WOMAN 35

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T E X T _ _ _ F R A N Z I S K A W O L F F H E I M

"Ein einziges

Wor t hat mein Leben

veränder t"

MARLIS LAMERS, 57, KOMMUNIKATIONSTRAINERIN

NEUES ICH ___ KURSKORREKTUR

ICH HABE IN MEINEM LEBEN IMMER WIE-DER ZU HÖREN BEKOMMEN, ICH HÄTTE EIN „DRITTES AUGE“. Damit sind Menschen ge-meint, die übersinnliche Fähigkeiten besitzen wie Hell-sehen oder Gedankenlesen. Ich habe das immer scherz-haft abgetan: Ich komme vom Bauernhof, und inmitten von Hühnern und Schweinen interessiert man sich nicht für sowas. Eines Tages stieß ich im Netz zufällig auf das Wort „Mimikresonanz“. Es geht dabei um das, was man jenseits der Sprache an Signalen sendet, also vor allem um die Ausdrucksformen des Gesichts. Sie sagen eine Menge aus, denn man kann sie nicht bewusst steuern. 44 Gesichtsmuskeln können mehr als 10 000 Ausdrücke for-men. Mich hat das total fasziniert, und ich habe gleich 2014 eine Mimikresonanz-Ausbildung in Berlin gemacht. VORHER HATTE ICH MICH IN VERSCHIE-DENEN BERUFEN GETUMMELT: als Bäuerin, Geschäftsführerin einer Biogasanlage oder Unterneh-mensberaterin. Aber nichts hat mich so sehr gepackt, dass

ich es mein Leben lang machen wollte. Auch privat hatte es einen Einschnitt gegeben: Nach 30 Jahren Ehe hatte ich mich 2010 von meinem Mann getrennt, mit dem ich vier Kinder habe. Danach hatte ich erst mal einen Burnout und brauchte längere Zeit, um mich zu erholen. HEUTE REISE ICH QUER DURCH DEUTSCH-L AND, ÖSTERREICH UND IN DIE SCHWEIZ, um Schulungen in Altenheimen, Hospizen und Fach-schulen für Palliativpflege zu geben. Wenn Menschen so krank sind, dass sie nicht mehr sprechen können, ist die Mimik häufig die einzige Möglichkeit, ihre Gefühle besser zu verstehen. In meinen Schulungen können die Teilneh-mer zum „Gefühlsdolmetscher“ werden – so hat man mich mal genannt. Meine Arbeit ist sehr befriedigend, weil ich anderen Menschen buchstäblich die Augen öff-nen kann. Mittlerweile bin ich so viel unterwegs, dass ich mir ein Wohnmobil angeschafft habe. Nun kann ich end-lich wieder jeden Morgen im selben Bett aufwachen. (kommunikation-wortlos.de)

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