Ein geologischer Beitrag zur Alpenvegetations(kurz)woche ......1 Vorsicht Mulde Ein geologischer...

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1 Vorsicht Mulde Ein geologischer Beitrag zur Alpenvegetations(kurz)woche 15. 7. bis 19. 7. 2004 Acquacalda 1756m, Passo del Lucomagno Andi Eisenhut L4, unterstützt von Peter Bolliger, HSR

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    Vorsicht Mulde

    Ein geologischer Beitrag zur Alpenvegetations(kurz)woche 15. 7. bis 19. 7. 2004

    Acquacalda 1756m, Passo del Lucomagno

    Andi Eisenhut L4, unterstützt von Peter Bolliger, HSR

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    Inhaltsverzeichnis

    1. Motivation 3

    2. Die Nationale Ebene 4

    3. Die Regionale Ebene 6

    3.1 Tektonische und Petrografische Übersicht 8

    4. Die Lokale Ebene 9

    4.1 Die verschiedenen Wandlungen eines Gesteins 11

    5. Die Zonale Ebene 11

    6. Geomorphologie 12

    7. Schlusswort 12

    8. Literaturverzeichnis 13

    9. Anhang 14

    TitelbildVogelschau der Lukmanierregion, Blick auf Piora- und Scopimulde(Blockbild aus Atlas der Schweiz)

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    1. Motivation

    Geologie zu erklären ist schwierig. Vielleicht überwiegt bei Vielen mangelndes Interesse oder mangelndes Vorstellungsvermögen. Zu komplex sind die Vorgänge, welche unsere Alpen haben entstehen lassen. Zu abstrakt sind zeitliche und örtliche Begriffe, um an ihnen Gefallen zu finden. Zu kompliziert sind die Umwandlungsprozesse der Gesteine.

    Selbst wenn ein kleines Interesse oder zumindest ein Lernwille vorhanden ist, stösst man immer wieder an seine Grenzen.Schauen wir die stark vereinfachte geologische und tektonische Karte der Schweiz sowie je ein Profil der Tethys (Urmeer) und der heutigen Alpen an, kann der grobe Alpenbau recht schnell verstanden werden. Begriffe wie Schwarzwald, Rigi, Mythen oder Tessin bleiben auch im grössten Geografiemuffel sitzen.

    Doch der nächste Schritt, die Forschung draussen im Gelände, bleibt aus. Dabei wäre dieser Schritt so wichtig, um Gelerntes nicht wieder zu verlieren.Auch bei grossem Interesse ist es unheimlich schwierig, den Link ins Gelände zu schaffen. Ein wesentlicher Grund mag sein, dass vorhandene Detailskizzen für Laien oft nicht lesbar oder überhaupt nicht vorhanden sind. Stark vereinfachte Karten und Profile taugen draussen nichts. Und im Gelände ist natürlich dreidimensionales Denken gefragt.

    Ich habe in meiner Arbeit in spielerischer Art versucht, diese Hemmschwelle zu brechen. In kleinen Schritten soll der Laie die Geologie des Lukmaniers verstehen lernen und AHA-Erlebnisse erhalten. Der Hauptteil dient dem Beschrieb des Tektonischen und Petrografischen Aufbaus des Lukmaniergebietes. Die Geomorphologie wird nur kurz angeschnitten.

    Geologische Zeittafel

    Quelle: Skript HSR

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    2. Die Nationale Ebene

    Beginnen wir mit Bewährtem. Regula Müllers Skizzen sind sehr einfach zu verstehen und bleiben jedem Student gewollt oder ungewollt hängen. Die Rekonstruktion der Tethys am Ende der Jurazeit zeigt abstrakte örtliche Begriffe. Im Lukmanier spielen Helvetikum, Ultrahelvetikum und Penninikum eine wesentliche Rolle. Im Schnitt1 kann anhand der Farbvergleiche die Alpenbildung in groben Zügen verstanden werden. Die Alpen sind grundsätzlich kein Falten-, sondern ein Deckengebirge. Die Geologisch- tektonische Karte der Schweiz zeigt die Zusammenhänge in der Fläche.

    Geologisch-tektonische Karte der Schweiz (Karte 1)Quelle: Labhart

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    Quelle: Geologieskript HSR

    Profil 1

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    3. Die Regionale Ebene

    Aufgrund der markieren Ausschnitte in Schnitt1 und Karte1 können bereits erste Erkenntnisse gemacht werden. Der Lukmanier befindet sich im Grenzbereich zwischen Zentralmassiven (Magmatite und Metamorpite) und den Penninischen Decken (Sedimentite, Metamorphite).Dazwischen eingeklemmt sind „Wurzelzonen» der Helvetischen Decken (Metamorphite).Zoomen wir in die Region, um diese Erkenntnisse zu vertiefen. Zwei Kilometer westlich der Lukmanierpasshöhe, jedoch 1400m tiefer, verläuft der Gotthard- Basistunnel der Neat. Das Profil2 (geologisches Längenprofil Gotthard- Basistunnel) zeigt grob alle wichtigen Geologischen Einheiten der Region.

    Profil 2Quelle: alptransit

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    3.1 Tektonische und Petrografische Übersicht (vgl. Karte2)

    Aarmassiv (AMAarmassiv (AMAarmassiv ( ), Gotthardmassiv (GM) und Tavetscher-Zwischenmassiv (TZM) und Tavetscher-Zwischenmassiv (TZM) und Tavetscher-Zwischenmassiv ( ) sind Bestandteil der Zentralmassive, die die tiefsten tektonischen Einheiten der Schweiz darstellen. Das TZM wurde bei der alpinen Gebirgsbildung sehr stark gepresst, deren Gesteine sind dadurch vergneist, geschiefert und teilweise zerbrochen und zerrieben (mylonitisiert).Die Urserenmulde (UGZ) trennt TZM und GM. Ihre Gesteine des Permokarbon (Verrucano-Brekzie), der Trias (Rauhwacke, Quartenschiefer) und der Lias (Tonschiefer) sind stark gepresst und vertikal gestellt. Die Urserenmulde entstand im Ultrahelvetikum und ist somit Teil der „Wurzelzonen» der Helvetischen Decken. Das Gotthardmassiv (GM) setzt sich nördlich aus Para- und Orthogneisen und südlich Acla aus Medelser Granit und Cristallina-Granodiorit zusammen.

    Im Bereich der Passhöhe folgen weitere „Wurzelzonen» der Helvetischen Decken.Westlich der Staumauer, im Val Rondadura, findet sich der Ursprung der Scopi-Mulde (SM), die sich nach Osten fortsetzt. Die Piora-Mulde (PM), welche aus Westen kommend in der Lukmanierregion fliessend in die Scopi-Mulde übergeht, hat wohl beinahe schon Weltruhm erlangt. Mitte der Neunzigerjahre genoss sie als Hauptproblem der Neat-Realisierung monatelang Medienpräsenz. Ihre sandig-mehligen Gesteinsschichten schienen ein unüberwindbares Hindernis zu sein, doch haben Sondierbohrungen Entwarnung und grünes Licht gegeben.

    Pressemitteilung vom 03.11.1997

    Dritte Sondierbohrung hat Piora Mulde durchstossen

    Die gegenwärtig aus dem Sondierstollen vorgetriebene dritte Schrägbohrung hat die Piora Mulde unterhalb des Tunnelniveaus problemlos durchstossen und ist ins Gotthardmassiv eingedrungen. Die Piora Mulde verengt sich mit zunehmender Tiefe. Sie ist rund 50 m unterhalb des Tunnelniveaus noch 124 m breit. Der Dolomit ist wie bei der vorherigen Bohrung hart und trocken. Die Bohrung wird zu Ende geführt.

    Quelle: alptransit

    Ein petrografischer Beschrieb dieser zwei Mulden folgt in der lokalen Betrachtung.

    Südlich anschliessend folgen die Penninischen Decken. Die Lucomagno-Decke (Lc) aus glimmerreichen Gneisen und Schiefer stellt die tiefste penninische Einheit des Zentralen und westlichen Alpenraums dar. Als höherliegende Decken folgen die Simano-Decke (S), die Maggiazone (Ma) sowie die Adula-Decke (Ad) sowie die Adula-Decke (Ad) sowie die Adula-Decke ( ). Der Bündnerschiefer (B) aus penninischen Sedimenten drückt sich fast durchgehend (Ost-West) dazwischen. Der Verlauf des Profils2 und des Profils3 sowie der Ausschnitt der Karte3 sind auf der Karte2 ersichtlich.

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    4. Die Lokale Ebene

    Auf dieser Ebene beginnen sich Probleme und Fragen zu stellen. Eine Geologische Karte im Masstab 1:25000 hätte bedeutend weitergeholfen, nur stand sie mir nicht zur Verfügung. Anhand einer Geologischen Karte (nach B. Chadwick (1965) und A. Baumer (1964), siehe Anhang) und der Landeskarte 1:50000 zeichnete ich selbst eine möglichst laienverständliche Karte, welche auch im Gelände beschränkt brauchbar ist (vgl. Karte3). Die erwähnte Grundlagenskizze ist für Beobachtungen draussen unbrauchbar. Die Vorteile der selbst gezeichneten Karte liegen auf der Hand. Es sind nur die für uns wesentlichen Informationen dargestellt und die Farben stimmen mit den höheren Ebenen überein. Wir sehen nun genügend detailliert in „unser» Gebiet, so weit das Auge reicht. Deutlich erkennbar ist bei Acquacalda ein Tektonisches Fenster. Im Selva Secca ist das Gotthardmassiv ein letztes Mal aufgeschlossen. Vergleichen wir die Karte3 mit dem Profil3, können wir uns am schnellsten einen Überblick verschaffen. Sowohl die Piora- als auch die Scopi-Mulde bestehen aus autochthonen Sedimenten des Gotthardmassivs. Sie wurden also im Mesozoikum (Erdmittelalter) auf das Gotthardmassiv sedimentiert und blieben zwar auf diesem liegen, wurden jedoch bei der alpinen Gebirgsbildung stark zusammengepresst und umgewandelt. Die ältesten Gesteine entstanden in der Trias, es sind dies Rauhwacke, Gips, Dolomit, Marmor und Quarzit.Es folgen hochmetamorphe Quartenschiefer der Trias und mächtige metamorphe Schichten der Lias (älteste Zeiteinheit der Jurazeit). (Vgl. Profil3)

    Profil 3 Querschnitt durch das LukmaniergebietQuelle: Geologischer Führer der Schweiz 1967

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    4.1 Die verschiedenen Wandlungen eines Gesteins(Vereinfacht übernommen aus dem Exkursionsbericht 1984 von P. Bolliger)

    Quartenschiefer haben eine grosse Verbreitung im Bereich der westlichen helvetischen Decken und Zentralmassive. Eine Exkursion über den Lukmanier gibt Gelegenheit, auf engstem Raum unterschiedlich stark umgewandelte Gesteine der Trias und der Lias zu erkennen. Halten wir uns das Profil3 vor Augen, kann vermutet werden, an welchen Stellen der grösste Druck vorhanden ist und war. Im Bereich der Piora-Mulde sowie am Nordschenkel der Scopi-Mulde waren sicherlich die grössten Kräfte vorhanden.Allgemein gilt, dass die Metamorphose sich entsprechender Gesteine von Norden bis südlich des Gotthardmassivs zunimmt. Dabei sind die Veränderungen von Norden bis zur Lukmanierpasshöhe gering und nach Süden folgen sich rasch ablösend höhere Metamorphosezonen. Im Lukmaniergebiet liegen deshalb zahlreiche verschiedene Mineralneubildungen auf kleinstem Raum vor.

    5. Die Zonale Ebene

    Die Nennung und der Vergleich einzelner Aufschlüsse bildet die detaillierteste Stufe dieses Berichtes. Es bleibt jedoch bei einem einfachen Vergleich der Quartenschiefer.

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    In der Urseren-Mulde liegen sie teilweise noch mit rötli-chen Partien (Hämatit) vor (Foto 2), während in der Scopi-Mulde die Quarten-schiefer schon deutlich grünlich sind. (Ganz ohne Chloritoid, dafür mit Biotit, Fotos 2 + 3)

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    Der Schritt von der Lokalen in die Zonale Betrachtungsweise soll draussen im Gelände erfolgen. Ist die selbst erstellte Karte genügend detailliert? Welche Einflüsse haben die Gesteine, insbesondere an tektonischen Übergängen, auf das Landschaftsbild? Am Passo delle Colombe beispielsweise liegt der Pizzo Colombe aus Trias-Schichten der Piora-Mulde eingeklemmt zwischen dem Pizzo dell`Uomo (Medelser-Granit) und dem Pizzo del Sole (Penninischer Gneis). Die bizarren Zacken des Pizzo Colombe werden somit von einfachen kristallinen Bergformen kontrastiert. Vielleicht erwacht sogar beim urbansten Menschen ein kleiner Funken Faszination, ist er sich während einer Rast auf dem Passo delle Colombe der Besonderheit des Ortes bewusst!

    6. Geomorphologie

    Die Feinmodellierung des Gebietes erfolgte durch die Arbeit der Gletscher in der letzten Eiszeit, wobei keine grossen Geländeumformungen mehr stattfanden. Den kristallinen Gipfeln konnte das Eis ohnehin nichts anhaben. Die weicheren Schichten der Piora- und Scopi-Mulde wurden noch am meisten ausgearbeitet. Der breite U-Querschnitt der Passhöhe ist sicherlich glazial geprägt. Zwischen der Passhöhe und Acquacalda finden sich auf der linken Talseite einige Schuttkegel.

    7. Schlusswort

    Acquacalda liegt ohne Zweifel an einem bedeutenden und wichtigen geologischen Ort. Sind wir uns diesen Besonderheiten bewusst, wandern wir mit offenen Augen durch die Gegend. Nachdem wir die Berge nun in Gedanken aufgeschnitten und seziert haben, wird es Zeit, der in jüngster Zeit entstandene lebendige Mantel näher zu betrachten!Bestimmt lassen sich auch in der Flora einige Zusammenhänge zur Geologie finden.

    Bei Frodalera sind die Quartenschiefer als Granat-Biotit-Amphibol-Schiefer ausgebildet(Fotos 4 + 5, Alle aus Exkursions-bericht Bolliger)

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    8. Literaturverzeichnis

    Bolliger, P. (1984) / Exkursionsbericht Lukmanier / HSR

    Gurtner, O. (1960) / Sprechende Landschaft 2

    Labhart, T. (1992) / Geologie der Schweiz / Ott Verlag

    Müller, R. (2000) / Geologieskript für LA / HSR

    Schw. Geologische Gesellschaft Hrsg. (1967) / Geologischer Führer der Schweiz

    Schw. Geologische Kommission Hrsg. (1980) / Geologische Karte der Schweiz

    Schw. Geologische Kommission Hrsg. (1972) / Tektonische Karte der Schweiz

    swisstopo / Atlas der Schweiz interaktiv

    swisstopo / LK 1:200 000, 1:50 000

    Wepf + Co. Hrsg. (1980) / Geology of Switzerland, Part B

    www. alptransit.ch

    Binder1.pdfMasse Balkontischli Rodtmattstrasse 50 Andi.pdf06_Uebersicht07_Neatprofil08_Detail09_Detailschnitt10_Uebersicht_Colombe