Ein neues Fragebogenverfahren zur Erfassung von … · Das AIDA Modell: die relevanten Komponenten...

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AIDA Assessment of Identity Development in Adolescence Ein neues Fragebogenverfahren zur Erfassung von gesunder und gestörter Identitätsentwicklung in der Adoleszenz Borderline Tagung, 18.10.2012, Basel K. Goth Kinder- und Jugendpsychiatrische Klinik – UPK Basel [email protected]

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AIDA Assessment of Identity Development in Adolescence

Ein neues Fragebogenverfahren zur Erfassung von gesunder und gestörter Identitätsentwicklung in der Adoleszenz

Borderline Tagung, 18.10.2012, Basel K. Goth Kinder- und Jugendpsychiatrische Klinik – UPK Basel [email protected]

Das Konzept der Identität ist in vielen Modellen zu gesunder und gestörter Entwicklung integriert:

• psychoanalytische und psychodynamische Modelle „Identitätskonsolidierung, -integration und -diffusion“ (Erikson; Kernberg; Marcia) Identitätsintegration wird als Basis zur Entwicklung einer funktionalen Persönlichkeitsstruktur gesehen Diagnostisches System: OPD-2

• entwicklungspsychologische / sozial-kognitive Modelle „Selbst, Selbstkonzepte, Rollen, mentale Repräsentationen“ (Stern; Akhtar & Samuel; Fonagy) Identität wird als Teil funktionaler selbstbezogener Persönlichkeitsfunktionen gesehen Diagnostisches System: DSM-V

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Zur Erfassung der individuellen Identitätsentwicklung gibt es jedoch kein Konsensverfahren

Existierende Konzepte und Messverfahren • Umfassen oft nur Teilkonstrukte von Identität (enthalten z.B. nur

Fragen zum Körperselbst, zu Selbstwert, Widersprüchlichkeit oder Reflektion) trotz anders klingender Skalenbennennungen wie: „Identitätsintegration“ …

• Durch diese konzeptionelle Unklarheit oder Begrenztheit fehlt oft der eindeutig formulierte Bezug zu Psychopathologie ist hoher Selbstwert gut oder schlecht im Sinne gesunder Identitätsentwicklung?

• Sind oft als Expertenurteil oder als Interview konzipiert, so dass die Erhebung und Auswertung sehr zeitintensiv ist

• Sind meistens für Erwachsene konzipiert (Fragen zu erwachsener Sexualität, beruflichem Engagement) und sind für Jugendliche keinesfalls anwendbar

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Ziele • Theoretische Fundiertheit des Modells und die Einbeziehung aller

wesentlichen Konzepte aus sowohl psychodynamischen als auch entwicklungspsychologischen Denkschulen (umfassend, integrativ)

• Klare interne Binnenstruktur (aus Konstrukten und Subkonstrukten) • Klar definierter Bezug zu Psychopathologie = eine pathologie-bezogene

Gesamtskala „Identitäts-Integration vs. Identitäts-Diffusion“ • ein Fragebogen mit passend formulierten Items für Jugendliche von

12-18 Jahren zur Selbstbeantwortung

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Formulierung eines neuen, integrativen Modells zur Identitätsentwicklung und zur Ableitung eines passenden Fragebogens für Jugendliche (AIDA)

AIDA Assessment of Identity Development in Adolescence

Das AIDA Konstruktionsteam …

Basel: Klaus Schmeck, Professor, chair of child and adolescent psychiatry Kirstin Goth, PhD, research psychologist, statistics and test construction Emanuel Jung, clinical pschologist Oliver Pick, MD (child psychiatry) Christian Schrobildgen psychological master student

Frankfurt: Susanne Schlueter-Mueller, MD, child psychiatrist Marc Birkhölzer, medical student

New York: Pamela Foelsch, PhD, psychologist and child psychiatrist, PDI (Personality Disorder Institute) + Cornell University

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58 klassischen Items mit einem 5-stufigen Antwortformat

Expertendiskussionen und Pretests ergaben ein Inventar mit:

Do you agree with this statement? no more no

part/part

more yes yes

1 I have hobbies or interests that are like a part of me. 0 1 2 3 4 2 I feel at home in my community, here is where I belong to. 0 1 2 3 4 3 I often don’t know what I feel right now. 0 1 2 3 4 4 I feel that I have different faces that do not fit together well. 0 1 2 3 4

3 Fragen zur freien Beschreibung von a) selbst + b) bestem Freund zur Simulierung einer Interview-ähnlichen Stuation, in der der Proband produktiv sein muss (nicht nur Kreuzchen machen)

Ergeben Zusatzvariablen im Expertenurteil

1. Hast Du Hobbies oder Themen, die Dich sehr interessieren und Dich gut beschreiben? 2. Fühlst Du Dich zu irgendwelchen Gruppen zugehörig (Skater, Musiker, Bücherwurm)? 3. Bitte nenne mir möglichst viele Eigenschaften, die ganz typisch für Dich sind ?

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Ergeben als Summenwert klassische Skalen und Subskalen (Identitätsdiffusion)

Das AIDA Modell: die relevanten Komponenten der Identität sind in einem 2x3 Modell strukturiert, um potentiell funktional eigenständige Bereiche (Genese, Pathologietyp, Therapiefokus) erforschen zu können: 1 Gesamtskala aus 2 Hauptbereichen/Skalen mit jeweils 3 Aspekten/Subskalen

Identitäts-Integration vs. Identitäts-Diffusion Bereich / Skala 1: Identitäts-Kontinuität vs. Diskontinuität Ich-Stabilität, intuitiv-emotionales „I“ („Changing while staying the same“)

Bereich / Skala 2: Identitäts-Kohärenz vs. Inkohärenz Ich-Stärke, definiertes „ME“ („non-fragmented self with clear boundaries“)

Selbst-bezogen intrapersonal Ebene: Ich und Ich

sozial-bezogen interpersonal Ebene: Ich und Du

Mentale Repräsentationen Zugänglichkeit und Differenziertheit

Aspekte (Subskalen) nach

psychosozialen Funktionsbereichen

Sub 1.1: Stabilisierung durch kontinuierliche Eigenschaften / Ziele vs. Fehlende Perspektive 9 items Sub 1.2: Stabilisierung durch kontinuierliche Beziehungen / Rollen vs. Fehlende Zugehörig-keit 11 items Sub 1.3: Stabilisierung durch emotionale Selbstreflektion vs. Misstrauen in Stabilität von Gefühlen 7 items

Sub 2.1: Ich-Stärkung durch Konsistentes Selbstbild vs. Gegensätzlichkeit

11 items Sub 2.2: Ich-Stärkung durch Autonomie vs. Überidentifi-kation, Beeinflussbarkeit 12 items Sub 2.3: Ich-Stärkung durch kognitve Selbstreflektion vs. Oberflächliche, diffuse Repräsentationen 8 items

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Die Item-Ebene: Jede der 6 Identitäts-Komponenten (= Subskalen) ist nochmals aus 2 – 3 inhaltlich leicht unterschiedlichen Facetten zusammengesetzt, die aus 2 - 5 konkreten Items gebildet sind

Identitäts-Integration vs. Identitäts-Diffusion

Bereich / Skala 1: Identitäts-Kontinuität vs. Diskontinuität Ich-Stabilität, intuitiv-emotionales „I“ („Changing while staying the same“)

Sub 1.1: Stabilisierung durch kontinuierliche Eigenschaften / Ziele vs. Fehlende Perspektive 9 items

Facette: stabilisierende langfristige Interessen und Perspektiven 1 Ich habe Hobbies oder Interessen, die fest zu mir

gehören. (+) 5 Ich könnte ein paar Sachen aufzählen, die ich sehr gut

kann. (+)

Facette: stabilisierende innere Zeitlinie, biografisches Selbst, “subjective self-sameness” 8 Ich erinnere mich nicht mehr, wie ich als Kind gedacht

und gefühlt habe, ich bin jetzt wie ein ganz anderer Mensch.

Facette: stabilisierende innere moralische Richtschnur 17 Auf meine innere Stimme kann ich gut bauen, sie führt

mich meistens auf den richtigen Weg. (+) 27 Ich bin mir oft nicht sicher, ob ich gerade das Richtige für

mich tue.

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(+) = die Antwort „nein“ spricht für ID-Pathologie

Beispielitems:

Identitäts-Integration vs. Identitäts-Diffusion

Bereich / Skala 1: Identitäts-Kontinuität vs. Diskontinuität Ich-Stabilität, intuitiv-emotionales „I“ („Changing while staying the same“)

Sub 1.2: Stabilisierung durch kontinuierliche Beziehungen / Rollen vs. Fehlende Zugehörig-keit 11 items

Facette: stabilisierende langfristige Beziehungen 9 Ich streite mich oft mit meinen Freunden und wechsle

schnell zwischen befreundet / nicht befreundet. 54 Meine Freundschaften halten meistens nur ein paar

Monate. Facette: stabilisierende Rollen (ethnisch-kulturell-familiale Selbstkonzepte)

2 Ich fühle mich in meiner Stadt / Region zu Hause, hier gehöre ich her. (+)

28 Ich habe wenig Ansehen in meiner Familie. 55 Ich kann mit den Leuten aus meiner Klasse überhaupt

nichts anfangen. Facette: stabilisierendes positives Körperselbst 10 Ich erschrecke oft, wenn ich in den Spiegel schaue, wie

ich mich verändert habe. 39 Ich fühle mich in meinem Körper wohl. (+)

Die Item-Ebene: Jede der 6 Identitäts-Komponenten (= Subskalen) ist nochmals aus 2 – 3 inhaltlich leicht unterschiedlichen Facetten zusammengesetzt, die aus 2 - 5 konkreten Items gebildet sind

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(+) = die Antwort „nein“ spricht für ID-Pathologie

Beispielitems:

Identitäts-Integration vs. Identitäts-Diffusion

Bereich / Skala 1: Identitäts-Kontinuität vs. Diskontinuität Ich-Stabilität, intuitiv-emotionales „I“ („Changing while staying the same“)

Sub 1.3: Stabilisierung durch emotionale Selbstreflektion vs. Misstrauen in Stabilität von Gefühlen 7 items

Facette: stabilisierende Wahrnehmung und Verstehen eigener Gefühle, Kommunikation nach Innen 3 Ich weiss oft gar nicht, was ich gerade fühle. 24 Ich schließe Freundschaft mit Leuten, die ich gar

nicht mag, weil ich nicht Nein zu ihnen sagen kann.

Facette: stabilisierendes Verstehen fremder Gefühle, Vertrauen in die Stabilität von Gefühlen anderer

11 Ich bin mir nicht sicher, ob meine Freunde mich wirklich mögen.

44 Ich habe Angst, dass mich meine Freunde plötzlich nicht mehr leiden können und ausschließen.

Die Item-Ebene: Jede der 6 Identitäts-Komponenten (= Subskalen) ist nochmals aus 2 – 3 inhaltlich leicht unterschiedlichen Facetten zusammengesetzt, die aus 2 - 5 konkreten Items gebildet sind

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Beispielitems:

Identitäts-Integration vs. Identitäts-Diffusion

Bereich / Skala 2: Identitäts-Kohärenz vs. Inkohärenz Ich-Stärke, definiertes „ME“ („non-fragmented self with clear boundaries“)

Sub 2.1: Ich-Stärkung durch Konsistentes Selbstbild vs. Gegensätzlichkeit

11 items

Facette: beobachtbare Gegensätzlichkeit, verschiedene Gesichter 25 Mir wurde schon oft gesagt, dass es schwer wäre zu

wissen, wie ich wirklich bin. 31 Ich bin so unterschiedlich in verschiedenen Situationen

(zu Lehrern, Freunden, Fremden, zur Familie …), dass mich andere kaum wiedererkennen.

Facette: subjektive Gegensätzlichkeit 4 Ich habe das Gefühl, dass ich verschiedene Gesichter

habe, die nicht gut zueinander passen. 15 Manchmal habe ich das Gefühl, dass ich allen nur etwas

vormache, weil es „in mir drin“ ganz anders aussieht, als ich es „nach außen“ zeige.

Facette: schmerzhafte Widersprüchlichkeit / Ambivalenz 13 Ich fühle mich oft verloren, als ob ich keine innere Mitte

hätte

Die Item-Ebene: Jede der 6 Identitäts-Komponenten (= Subskalen) ist nochmals aus 2 – 3 inhaltlich leicht unterschiedlichen Facetten zusammengesetzt, die aus 2 - 5 konkreten Items gebildet sind

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Beispielitems:

Identitäts-Integration vs. Identitäts-Diffusion

Bereich / Skala 2: Identitäts-Kohärenz vs. Inkohärenz Ich-Stärke, definiertes „ME“ („non-fragmented self with clear boundaries“)

Sub 2.2: Ich-Stärkung durch Autonomie vs. Überidentifi-kation, Beeinflussbarkeit 12 items

Facette: Beeinflussbarkeit / Über-Identifikation vs. Ich-Stärke, Selbstbehauptung 21 Manchmal habe ich das Gefühl, dass meine Interessen

gar nicht „meine“ sind, sondern dass ich sie von anderen übernommen habe.

42 Wenn ich alleine bin, fühle ich mich hilflos.

Facette: unabhängiger intrinsischer Selbstwert vs. suggestibel 38 Wenn ich kritisiert werde oder andere sehen, wie ich

etwas schlecht gemacht habe, fühle ich mich richtig wertlos und „am Boden zerstört“.

53 Ich brauche viel Bestätigung, damit ich nicht aufgebe oder aufhöre.

Facette: Affektregulierung 50 Wenn sich plötzlich meine Stimmung ändert, dann bringt

mich das total durcheinander.

Die Item-Ebene: Jede der 6 Identitäts-Komponenten (= Subskalen) ist nochmals aus 2 – 3 inhaltlich leicht unterschiedlichen Facetten zusammengesetzt, die aus 2 - 5 konkreten Items gebildet sind

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Beispielitems:

Identitäts-Integration vs. Identitäts-Diffusion

Bereich / Skala 2: Identitäts-Kohärenz vs. Inkohärenz Ich-Stärke, definiertes „ME“ („non-fragmented self with clear boundaries“)

Sub 2.3: Ich-Stärkung durch kognitve Selbstreflektion vs. oberflächliche, diffuse Repräsentationen

8 items

Facette: eigene Motive und Verhaltensweisen verstehen

37 Ich kriege oft nicht auf die Reihe, was, wann und warum ich Dinge gemacht habe.

51 Ich habe oft eine Art innere Sperre, wenn ich mich selbst frage, warum ich Dinge getan habe.

Facette: differenzierte mentale Repräsentationen vs. Oberflächlich oder diffus

7 Es fällt mir schwer, mit 2 oder 3 Freunden gleichzeitig zusammen zu sein, irgendwie gibt es dann immer Ärger.

52 Ich habe mich schon oft in anderen getäuscht, weil ich dachte, sie wären ganz anders als sie dann waren.

Die Item-Ebene: Jede der 6 Identitäts-Komponenten (= Subskalen) ist nochmals aus 2 – 3 inhaltlich leicht unterschiedlichen Facetten zusammengesetzt, die aus 2 - 5 konkreten Items gebildet sind

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Beispielitems:

• Skalenreliabilität α (Alpha) >.70 gut, >.80 sehr gut, >.90 exzellent = der Zusammenhalt aller Items der Skala im Sinne der Gesamtkonsistenz

• Item-Trennschärfe rit >.30 minimum, >.40 gut, >.50 sehr gut, >.60 exzellent = der Beitrag eines Items zur Konsistenz der Gesamtskala

N=357, Jungen 46,2%, Mädchen 53,8%; Alter 12-18, ∅ 1.,08 SD 1.99; davon N= 52 Patienten

● Alle Skalen zeigen gute bis sehr gute Reliabilitäten α, alle Items erfüllen die gesetzten Gütekriterien:

Reliabilität – Die Messgenauigkeit des Fragebogens

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Skala items α Item -Trennschärfe Bereich / Marker Item Identitäts-Diffusion 58 .94 1. Diskontinuität 27 .86 rit = .30 - .66 , Ø .45 1.1 Eigenschaften 9 .73 Ich könnte ein paar Sachen aufzählen, die ich sehr gut kann. 1.2 Beziehungen 11 .76 Ich habe das Gefühl, dass ich nirgends richtig dazugehöre. 1.3 emotionale Selbstreflektion 7 .76 Ich bin mir nicht sicher, ob meine Freunde mich wirklich mögen.

2. Inkohärenz 31 .92 rit = .39 - .72 , Ø .54 2.1 Konsistentes Selbstbild 11 .86 Ich habe das Gefühl, dass ich verschiedene Gesichter habe,

die nicht gut zueinander passen. 2.2 Autonomie 12 .84 Wenn ich alleine bin, fühle ich mich hilflos. 2.3 kognitive Selbstreflektion 8 .76 Ich bin selbst verwirrt darüber, welche Art Mensch ich eigentlich

bin.

● Die AIDA-Scores unterscheiden sich systematisch zwischen Jungen und Mädchen mit einer geringen Effektstärke (d>.30) höhere Werte im AIDA sind für Mädchen normal, daher getrennte Normwerte ● Die AIDA-Scores unterscheiden sich nicht systematisch zwischen den Alterstufen keine „normativen Entwicklungsstufen“, die systematisch an das Lebensalter geknüpft wären

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Normierung – Die Trennlinie zwischen “normal“ und “auffällig“

N=1446 aus zwei deutschen Schulen, Mädchen N= 829, Jungen N= 617; Unterschiede in den Mittel-werten (M) und Standardabweichungen (SD) und jeweils Signifikanzlevel p und Effektstärke d bzw. f

sex difference age Girls Boys M (SD) M (SD) p*1 d*2 p*1 f*3

AIDA total score: Identity Diffusion

69.15 (28.14)

58.79 (25.56) .000*** 0.39 .377 0.00

1. Discontinuity 29.20 (12.46) 25.04 (11.05) .000*** 0.35 .042 0.01 1.1 attributes 13.34 (5.02) 12.19 (5.00) .000*** 0.23 .004** 0.01 1.2 relationships 7.02 (5.38) 5.53 (4.72) .000*** 0.30 .652 0.00 1.3 emotional 8.84 (4.72) 7.32 (4.46) .000*** 0.33 .017* 0.01 2. Incoherence 39.94 (17.45) 33.75 (16.41) .000*** 0.37 .405 0.00 2.1 consistent self 13.53 (7.61) 10.95 (6.73) .000*** 0.41 .844 0.00 2.2 autonomy 15.65 (7.20) 13.67 (7.11) .000*** 0.28 .299 0.00 2.3 cognitive 10.76 (5.13) 9.13 (4.98) .000*** 0.32 .243 0.00

*1: Significance p *=5%, **=1%, ***=0.1% level, *2: effect size d d>0.20 small, d>0.50 medium, d>0.80 big *3: effect size f f>0.10 small, f>0.25 medium, f>0.40 big

Validität – Die Aussagekraft des Fragebogens 1. Unterschiede zwischen Gesunden und Patienten

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d = 1

Unterschiede in den Mittelwerten (M) und Standardabweichungen (SD) und Effektstärke d zwischen Schülern (school) und der Patientengruppe mit Persönlichkeitsstörungen (PD, N=18 Typ Borderline)

M (SD) N=305 school

M (SD) N=20 clin-PD

Effect size d *

AIDA total score: Identity Diffusion 65.87 (26.26) 129.75 (32.57) d = 2.17

1. Discontinuity 27.72 (11.49) 56.20 (14.74) d = 2.17 1.1 attributes 12.95 (5.29) 20.75 (7.16) d = 1.25 1.2 relationships 6.48 (4.78) 19.65 (6.82) d = 2.27 1.3 emotional self refl. 8.30 (4.57) 15.80 (5.95) d = 1.43 2. Incoherence 38.15 (16.85) 73.55 (19.65) d = 1.94 2.1 consistent self 12.65 (7.09) 30.95 (7.20) d = 2.56 2.2 autonomy 15.21 (7.37) 24.30 (10.04) d = 1.04 2.3 cognitive self-refl. 10.29 (5.14) 18.30 (6.82) d = 1.34 effect size d>0.20 small, d>0.50 medium, d>0.80 big

0

20

40

60

80

Disc d1 d2 d3Incoh i1 i2 i3

school

clinic-PD

● Alle Skalen trennen hoch bedeutsam (d > .80) zwischen normalen Schülern und Patienten mit PD

d = 2

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25

30

35

40

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50

55

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65

70

75

80

49 51

46

61 62 60

73 73 73

T-W

ert

Validität – Die Aussagekraft des Fragebogens 2. Unterschiede zwischen verschiedenen Patientengruppen

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20

25

30

35

40

45

50

55

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65

70

75

80

59 56

43

52

43 46

62 61 60 61

56 57

73 74 68

74

64

68

Externalisierend N=10 (7 ADHS + 3 SSV) Normpopulation Internalisierend N=22 (15 Depression + 5 Angst) Persönlichkeitsst. N=24 (15 Borderline + 5 Typ B)

● In allen Skalen zeigen die PD-Patienten die höchsten Werte, die Externalisierenden die niedrigsten und die Internalisierenden liegen in der Mitte (f= 0.44)

T=50 = keine Identitätskrise T>60 = Identitätskrise T>70 = Identitätsdiffusion

20253035404550

55

60

65

70

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80

64

73

80

76

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60

73

46

53 T-W

erte

Diffusion GesamtwertBereich Diskontinuitätd1: bzgl. Eigenschaftend2: bzgl. Beziehungend3: bzgl. emot. Selbstrefl.Bereich Inkohärenzi1: bzgl. Konsistenzi2: bzgl. Autonomiei3: bzgl. kogn. Selbstrefl.

Fallbeispiel: stark differente Subskalen Mädchen, 14 Jahre, Verdacht auf Borderline PD

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● Gesamtskala: auffällige Identitätsentwicklung T>60 ● Skala Diskontinuität: hoch auffällig T>70, starke Probleme bzgl. stabiler Eigenschaften/Perspektiven und in stabilen Beziehungen/Rollen, keine Probleme bzgl. stabiler emotionaler Selbstreflektion ● Skala Inkohärenz: auffällig T>60, starke Probleme bzgl. konsistem Selbstbild / schmerzhafter Ambivalenz, keine Probleme bzgl. Autonomie und kognitiver Selbstreflektion

Validität – Die Aussagekraft des Fragebogens 3. Unterschiede in den halb-offenen Fragen zur Selbstbeschreibung

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1. Die einfache Summe der gültigen Nennungen unterschied nicht zwischen Schülern und Patienten

1. Hast Du Hobbies oder Themen, die Dich sehr interessieren und Dich gut beschreiben? 2. Fühlst Du Dich zu irgendwelchen Gruppen zugehörig (Skater, Musiker, Bücherwurm)? 3. Bitte nenne mir möglichst viele Eigenschaften, die ganz typisch für Dich sind ?

● mehr Hobbies und Identifikationsgruppen und/oder eine quantitativ differenziertere Beschreibung von Selbst und Freund spechen nicht direkt für eine bessere ID-Integration. „Viele Gruppen“ könnte auch Wahllosigkeit sein „Viel reden“ heisst nicht unbedingt viel sagen

2. Die Zusatzvariablen im Expertenurteil: 100% subjektiv, basieren darauf, ob der Beurteiler das Gefühl hat, der Proband antwortet: Feindselig / ablehnend (z.B. Nonsens Antworten) oder passend zur Frage Überidentifiziert / idealisierend (identische Freunde) oder normal sozial gebunden Oberflächlich / leer (Klischeehaft) oder differenziert und persönlich wirkend Selbst- oder Fremdstigmatisierend (doofer Lügner) oder angemessen positiv

unterschieden teilweise zwischen den Gruppen

Validität – Die Aussagekraft des Fragebogens 3. Unterschiede in den halb-offenen Fragen zur Selbstbeschreibung

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1. „Sinn“ = Feindselig / ablehnend (z.B. Nonsens Antworten) oder passend zur Frage Die Patienten gaben mit hoher Effektstärke (gamma -.98) häufiger „freestyle“ Antworten ohne Bezug zu den gestellten Fragen, beschrieben bei Hobbies ihre Lebensgeschichte oder schrieben Nachrichten an den Testauswerter

2. „Selbst-Stigmatisierung“ Die Patienten beschrieben sich mit hoher Effektstärke (gamma .99) häufiger negativ im Sinne klar schlecht bewerteter Hobbies (Saufen), Gruppen (Lügner, Looser) oder Eigenschaften (dumm, fies)

3. „Fremd-Stigmatisierung“ Die Patienten beschrieben ihren Freund mit hoher Effektstärke (gamma .88) häufiger negativ im Sinne klar schlecht bewerteter Hobbies, Gruppen oder Eigenschaften (hört nie zu)

Zwischen Patienten und Schülern differenzierende Zusatzvariablen:

● Die statistische Aussagekraft der halb-offenen Fragen kann noch nicht abschliessend bewertet werden, aber die klinische Nützlichkeit dieses Interview-ähnlichen AIDA-Teils wurde von den Behandlern oft gelobt

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Der Fragebogen AIDA bietet ● Eine breite inhaltliche Konzeption von Identitätsentwicklung und eine Verbindung von psychodynamischen und sozial-kognitiven Ansätzen ● Eine einfache Anwendbarkeit und eine sehr gute Reliabilität ● Eine vielversprechende Kriteriumsvalidität = Differenzierung zwischen „Gesund und Krank“

Assessment of identity development and identity diffusion in adolescence - Theoretical basis and psychometric properties of the self-report questionnaire AIDA K. Goth1*, P. Foelsch2, S. Schlüter-Müller3, M. Birkhölzer4, E. Jung1, O. Pick1 & K. Schmeck1

Artikel in der open-access Zeitschrift Child and Adolescent Psychiatry and Mental Health

Resümee

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Weiteres Vorgehen

● Erstellung kulturspezifischer Übersetzungen von AIDA und Beginn von cross-cultural studies

(Chile, Mexico, Kosovo, Serbien, Kroatien, Bulgarien, Griechenland, Singapur, Thailand, Tunesien, Brasilien, Portugal, Spanien)

● Freie Veröffentlichung der AIDA-Versionen, Bereitstellung von Informationen und Auswertungsmöglichkeiten auf einer homepage (∼Dezember) „AIDA-identity.net“ / „AIDA-identity.eu“ / „AIDA-identity.com“

● Weitere Erhebung in klinischen Settings zur Erforschung des differenzierten diagnostischen und prognostischen Potentials Potentials zur Messung von Therapieerfolg

Ausblick

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K. Goth Kinder- und Jugendpsychiatrische Klinik – UPK Basel [email protected]

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit