Ein zoologisch/botanisches Höhenprofil in der Westflanke · 2014. 3. 24. · 58 Bernhard...

12
Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich (1987) 132/l: 53-64 Ein zoologisch/botanisches Höhenprofil in der Westflanke des Mount Kenya Bernhard Nievergelt, Gustl Anzenberger, Beat Stucki, Robert Zingg, Universität Zürich Im Rahmen einer Pilotstudie ging es darum, entlang der Auf- und Abstiegsroute zum Point Lenana (4985 m) charakteristische P fl anzenarten sowie alle beobachteten Säugetiere und Vögel in Höhenstufen von 50 Metern systematisch zu erfassen. Das Höhenprofil war geplant als Basis für Vergleiche zu andern afroalpinen Lebensgemeinschaften. Die Studie wurde ermöglicht durch einen ethologisch-ökologischen Feldkurs der Abteilung Ethologie und Wildforschung des Zoolo- gischen Institutes der Universität Zürich in Nordkenya. Tabelle 1 gibt eine Übersicht über die Vegetationsstufen, ausserdem über den Hôhenbereich und die Blühphase der registrierten Pflanzenarten. Die Hagenia-Hypericum-Zone erwies sich auf dieser Route als besonders scharf abgegrenzt. Auf einer 2. Höhenstufentabelle sind die beobachteten Säugetlere und Vögel aufgelistet. Her- vorzuheben sind für die montane Stufe Guereza, Buschbock und Hartlaubsturako für die alpine Stufe. Klippschliefer auf Standorten mit Fels, Schakalbussard, Bambusfrankolin. Zimtflügelstar, Lobeliennektarvogel und Takazze-Nektarvogel zeigten sich ausschliesslich in Zonen mit blühen- den Lobelien. Regelmässigste Begleiter vor allem in der alpinen Stufe waren Bergzistensänger – ein Duettsänger – und Almenschmätzer. Im Vergleich zu entsprechenden Höhenstufen im grôsserflächigen Berggebiet in Semien, Äthiopien, scheint hier die Artenvielfalt allgemein geringer, und in den Mächtigkeiten charakteri- stischer Pfl anzenarten spiegelt sich das feuchtere Klima. Altitudinal Zonation of Mammals, Blrds, and Some Selected Plants on the Western Slopes of Mount Kenya In a reconnaissance study along the routes to and from Point -Lenana characteristic species of plants and all observed mammals and birds were recorded systematically in steps of 50 meters. This study was done to enable comparisons with other afroalpine regions. It was conducted within an ethological and ecological field course of the Zoological Institute at Zurich University, section Ethology and Wildlife Research, in northern Kenya. Table 1 shows the altitudinal zona- tion of the vegetation and the range of the registered plants including their flowering phase. The Hagenia-Hypericum-zone was most clearly separated from the adjoining zones. In a second table the recorded mammals and birds are listed with their altitudinal ranges. We would like to mention for the montane belt Black and White Colobus, Bushbuck, Hartlaub's Turaco, for the alpine belt Rock Hyrax ln rocky places, Augur Buzzard, Jackson's Francolin. Slender-billed Chestnut-wing Starling, Scarlet-tufted Malachite Sunbird and Tacazze Sunbird were found only in places wlth flowering lobelias. Most common and striking animals were the Hunter's Cisticola – a duetting bird species – and the Hill Chat. In comparison with corresponding zones in the more extended alpine ranges of the Simen mountains of Ethiopia, the species diversity seems to be definitely lower and in the abundances of some characteristic plant species the wetter climate became apparent.

Transcript of Ein zoologisch/botanisches Höhenprofil in der Westflanke · 2014. 3. 24. · 58 Bernhard...

  • Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich (1987) 132/l: 53-64

    Ein zoologisch/botanisches Höhenprofil in derWestflanke des Mount KenyaBernhard Nievergelt, Gustl Anzenberger, Beat Stucki, Robert Zingg,Universität Zürich

    Im Rahmen einer Pilotstudie ging es darum, entlang der Auf- und Abstiegsroute zum PointLenana (4985 m) charakteristische P flanzenarten sowie alle beobachteten Säugetiere und Vögel inHöhenstufen von 50 Metern systematisch zu erfassen. Das Höhenprofil war geplant als Basis fürVergleiche zu andern afroalpinen Lebensgemeinschaften. Die Studie wurde ermöglicht durcheinen ethologisch-ökologischen Feldkurs der Abteilung Ethologie und Wildforschung des Zoolo-gischen Institutes der Universität Zürich in Nordkenya.

    Tabelle 1 gibt eine Übersicht über die Vegetationsstufen, ausserdem über den Hôhenbereichund die Blühphase der registrierten Pflanzenarten. Die Hagenia-Hypericum-Zone erwies sich aufdieser Route als besonders scharf abgegrenzt.

    Auf einer 2. Höhenstufentabelle sind die beobachteten Säugetlere und Vögel aufgelistet. Her-vorzuheben sind für die montane Stufe Guereza, Buschbock und Hartlaubsturako für die alpineStufe. Klippschliefer auf Standorten mit Fels, Schakalbussard, Bambusfrankolin. Zimtflügelstar,Lobeliennektarvogel und Takazze-Nektarvogel zeigten sich ausschliesslich in Zonen mit blühen-den Lobelien. Regelmässigste Begleiter vor allem in der alpinen Stufe waren Bergzistensänger –ein Duettsänger – und Almenschmätzer.

    Im Vergleich zu entsprechenden Höhenstufen im grôsserflächigen Berggebiet in Semien,Äthiopien, scheint hier die Artenvielfalt allgemein geringer, und in den Mächtigkeiten charakteri-stischer Pflanzenarten spiegelt sich das feuchtere Klima.

    Altitudinal Zonation of Mammals, Blrds, and Some Selected Plants on the Western Slopes ofMount Kenya

    In a reconnaissance study along the routes to and from Point -Lenana characteristic species ofplants and all observed mammals and birds were recorded systematically in steps of 50 meters.This study was done to enable comparisons with other afroalpine regions. It was conductedwithin an ethological and ecological field course of the Zoological Institute at Zurich University,section Ethology and Wildlife Research, in northern Kenya. Table 1 shows the altitudinal zona-tion of the vegetation and the range of the registered plants including their flowering phase. TheHagenia-Hypericum-zone was most clearly separated from the adjoining zones.

    In a second table the recorded mammals and birds are listed with their altitudinal ranges. Wewould like to mention for the montane belt Black and White Colobus, Bushbuck, Hartlaub'sTuraco, for the alpine belt Rock Hyrax ln rocky places, Augur Buzzard, Jackson's Francolin.Slender-billed Chestnut-wing Starling, Scarlet-tufted Malachite Sunbird and Tacazze Sunbirdwere found only in places wlth flowering lobelias. Most common and striking animals were theHunter's Cisticola – a duetting bird species – and the Hill Chat.

    In comparison with corresponding zones in the more extended alpine ranges of the Simenmountains of Ethiopia, the species diversity seems to be definitely lower and in the abundancesof some characteristic plant species the wetter climate became apparent.

  • 54 Bernhard Nievergelt, Gustl Anzenberger, Beat Stucki, Robert Zingg

    1 Einleitung

    Die Gebirge des tropischen Afrika heben sich inselartig von den umliegendenHügeln und Ebenen ab. Es sind Inseln mit spezifischen Lebensgemeinschaf-ten, und sie zeichnen sich aus durch ein klares Höhenprofil. Eindrücklichsind die im Erscheinungsbild sehr untersChiedlichen Vegetationsstufen unddie meist abrupten Übergänge zwischen diesen Stufen. Dieses Muster wird ge-fördert durch markante Klimaunterschiede bei verhältnismässig geringer Ho-rizontaldistanz und durch ein vor allem für das Pflanzenwachstum einschnei-dendes Tageszeitenklima. So herrscht in höheren Lagen allnächtlicher Frostbei tagsüber sommerlichen Verhältnissen mit intensiver Strahlung (vgl. Hed-berg 1964, Cloudsley-Thompson 1969, Lind and Morrison 1974, Coe 1967). Inden entspreChenden Vegetationsstufen besitzen die verschiedenen afrikani-schen Gebirge eine in den Grundzügen ähnliche Flora und Fauna. NichtidentisChe Arten und Unterarten und endemische Formen bezeugen gleichzei-tig eine je isolierte und eigenständige Entwicklung (Kingdon 1981). DieseEigenständigkeit ist auch heute noch kaum verwischt, da diese alpinen Regio-nen vom Menschen bisher nur randlich beein flusst wurden. Die afroalpinenInseln in Ostafrika und Äthiopien empfehlen sich auf Grund der genanntenEigenheiten für vergleichende ökologische Untersuchungen, die darauf abzie-len, Fragen der Nischendifferenzierung von Tierarten zu analysieren. In die-sem Fragenbereich lag für den Erstautor der theoretisChe Hintergrund einerPilotstudie, die vom 27.9. bis 2.10.1981 entlang der Naro-Moru-Route durch-geführt wurde. Der praktische Anlass dazu ergab sich durch einen etholo-gisch-ökologischen Feldkurs der Abteilung Ethologie und Wildforschung desZoologischen Institutes der Universität Zürich in Nordkenya. In diesem Bei-trag werden einige summarisch beschriebene Beobachtungen mitgeteilt.

    Im Hinblick auf Vergleiche zu Daten aus Semien, Äthiopien, ging es unsdarum, entlang eines Höhenprofils eine Auswahl charakteristischer Pflanzen-arten und sämtliche beobachteten Säugetiere und Vögel differenziert naChHöhenabsChnitten und weiteren Standortfaktoren zu registrieren. Dem knap-pen Zeitaufwand und den nur zum Teil günstigen Wetterverhältnissen ent-sprechend sind die Beobachtungen lückenhaft. Sie sind rein qualitativ zu wer-ten.

    Wir danken der Claraz-Stiftung herzlich für die finanzielle Unterstützungdieser Pilotstudie; ausserdem den folgenden Personen: Prof. B. Messerli undDr. M. Winiger, Bern, für wertvolle Ratschläge bei der Planung, Frau J. Stok-ker und Dr. R. Keller, Zürich, für administrative und technische Hilfe, Prof.E. Zogg, Walenstadt, für das Bestimmen herbarisierter Pflanzen, und unseremFührer Basilio Njoroge und seinen Trägern für ihren Einsatz auch im weglo-sen Gebiet und die Geduld bei den vielen beobachtungsbedingten Zwischen-halten.

  • Ein zoologisch/botanisches Höhenprofil in der Westflanke des Mount Kenya 55

    2 Die Aufnahme der Felddaten entlang der Naro-Moru-Route

    Naro Moru ist der meistgewählte Ausgangspunkt für Touristen, die denMount Kenya besteigen; der Naro-Moru-Track, der in der alpinen Stufedurch das Teleki-Tal führt, die übliche Route (Allen 1981). Wir hielten uns ge-nerell an diese Standardroute, weil hier dank der Unterkünfte nur ein Mini-mum an alpinteChnischem Material nötig war, verliessen aber den eigentli-chen Weg, wo immer dies möglich war (vgl. Abb. 1).

    Aus der Vegetationskarte und aus Satellitenbildern lässt sich erkennen,dass der Westhang des Mount Kenya nicht repräsentativ auCh für die übrigenExpositionen ist (vgl. Hedberg 1964, Coe 1967, Coe and Foster 1972, Trapnellet al. 1976, Winiger 1979, 1981). Der Süd- und vor allem der Osthang sind dankmonsunbedingten Ostwinden in der Regenzeit deutlich feuchter. Die klarstenHöhenstufen im montanen Bereich finden wir im Osthang. Der Nordabhangist am trockensten, der Wald erscheint hier allgemein etwas lockerer, dieWaldgrenze liegt tiefer.

    O--O .

    m uÖ

    ::::-

    "" ` t . Afro- 40001 alpine} f t Stfe

    } ' t i—.•Vr Y S J W tl 4 0 tl

    :

    l E¢eq- -350Of c -St^fe _ 3320

    -310v̀

    . (.- sr} Ngenia-NyP._

    Zoan¢

    p u9 9p Ill 9 ^i p 9q 1 3. ^Q 11

    0D 11 9 l ■ Q t'} 0

    notü reiche Vegetation stark verangert

    taneWald-stufe- -1410

    l000

    nyu4k -_---MOUnt' 1(^nyaNa

    '4qua^ or Park enze9 - ^l{Fahrstrasse Naro MorN- MelStaSOn °•-- A

    . q

    ----4bsi-ie

    bs+ieg /P.atian 51Nano Moru River lodge i ___,®®Nelfon 5188,O ;. nanoge l ekr- re,/ Mocklnders.l 4985mMetro h1OrU ... camP

    0000M 4 .., . n

    24;0m - -... 3o48m `Nöhnel'scave"

    o

    .\ 425om

    z q s k o tN4 Ngtrobi

    Abb. 1 Die Vegetationsstufen in der Westflanke des Mount Kenya (oben) und die gewähltenRouten von Naro Moru über Met Station bis Point Lenana (unten).

    Fig. 1 Vegetational zones on the W slopes of Mt. Kenya (above); Route-sketch from Naro Mo-ru via Met station to Point Lenana (below).

  • 56 Bernhard NieveIgelt, Gustl Anzenberger, Beat Stucki, Robert Zingg

    Der Anstieg bis zum markanten Gipfelaufbau führt von allen Seiten durcheher hügelartiges und in der alpinen Höhenstufe sehr offenes Gelände. Aufder Naro-Moru-Route findet sich eine steilere Stufe erst im hintersten Teil desTeleki-Tales oberhalb 4300 m.

    Ausgehend von der Naro-Moru-River-Lodge (1950 m ü. M.) erreichten wiram 28. Sept. 81 im Geländewagen die Met Station auf 3048 m (10000 ft.). Derursprüngliche Plan, diese Fahrt zwischen Naro Moru und der Met Station alle100 Höhenmeter zu unterbrechen bzw. zum Teil zu Fuss zurückzulegen,musste fallengelassen werden, da während der ganzen Bergfahrt wolken-bruchartiger Regen niederprasselte. Eine Wetterbesserung erlaubte uns erstvor Einbruch der Dunkelheit, von der Met Station nochmals 200 Meter ab-und wieder aufzusteigen. Am 29. September querten wir mit dem Aufstieg bisauf 4250 m die oberste montane und vor allem den Hauptteil der alpinenStufe. Die Nacht verbrachten wir im «Höhnel's Cave» (von Dr. M. Winiger,Bern, verwendeter, inoffizieller Name), eine natürliche, rund 1 km südlich desWeges in der Bergflanke des Teleki-Tales gelegene, weit offene Felshöhle(vgl. Abb. 2). Der 30. September führte uns mit dem Aufstieg zum Point Le-

    Abb. 2 Blick von Höhnel's Cave zum Mount Kenya. Im Mittelgrund links: Senecio kenioden-dron; ganz rechts am Hôhlenrand, stark besonnt: Blütenstand einer Lobelia telekii.

    Fig. 2 View from Hôhnels' Cave to Mt. Kenya. Centre-ground left: Senecio keniodendron; ful-ly right in bright sunshine: flowering Lobelia telekii.

  • Ein zoologisch/botanisches Höhenprofil in der Westflanke des Mount Kenya 57

    nana (4985 m) und dem Abstieg bis Mackinder's Camp (4200 m) durch denobern Teil der alpinen und in die nivale Höhenstufe. Am l. Oktober stiegenwir weiter ab bis zur Met Station, am 2. Oktober erfolgte die Rückfahrt nachNaro Moru.

    Während des Auf- und Abstieges — zwischen 3300 m und 4200 m in zweiZweiergruppen auf getrennter Route — protokollierten wir in Stufen von 50Höhenmetern Gelände, Vegetation und beobachtete Tiere. Neben Tageszeitund Wetter hielten wir dabei die folgenden Daten fest: Exposition, Hangnei-gung, Relief, Deckungsgrad (für jede der folgenden 8 Klassen: Vegetation >5 m, Vegetation 130-500 cm, Vegetation 30-130 cm, Vegetation < 30 cm,Schutt-Sand-Erde, Geröll, Fels, Schnee), ferner charakteristische Pflanzenar-ten samt Blühphase. Separat registrierten wir alle beobachteten Säugetiereund Vögel sowie Tierspuren. Alle einsehbaren Hänge wurden systematischmit Feldstecher und zum Teil mit Fernrohr abgesucht. Bei wolkenlosem Him-mel herrschten vormittags stets ideale Sichtbedingungen. Im Gegensatz dazuschränkten an den Nachmittagen Regen, Nebel und oberhalb 4500 m Schnee-fall die Sicht zum Teil erheblich ein. Wir fassten aus diesem Grund die Datenfür den Auf- und Abstieg zusammen; damit entfallen auf jede Höhenstufe jeein- bzw. je zweimal gute wie auch schlechte Sichtbedingungen.

    Bei unserer barometrischen Höhenmessung ergab sich eine Differenz zuder aus den Karten ermittelten wirklichen Höhe, die wir auf Grund des insbe-sondere zwisChen 3500 und 4200 m sehr sanften Geländes mit wenig markan-ten Geländepunkten wie auch wegen der teilweise schlechten Sicht im Feldnur verzögert korrigieren konnten. Geringfügige Fehler in den Höhenangabender registrierten Arten sind damit möglich.

    3 Die Flora der montanen bis zur nivalen Höhe

    Tabelle 1 vermittelt in ihrem obern Teil eine grobe Charakterisierung der Le-bensräume in den verschiedenen Höhenstufen: Es handelt sich um die mittle-ren geschätzten Deckungsgrade für die Vegetation und für verschiedene abio-tische Bodenelemente, ferner um die Höhenbereiche der Vegetationsstufenund -zonen. Für die auf der Naro-Moru-Route stark durchmisChte montaneRegenwald- und Bambus-Zone bezeichneten wir in der Tabelle nur die Dek-kungsgrade der Baum- und höheren Strauchhorizonte, da hier die Strauch-schicht beidseits des Weges in Form einer breiten Schneise stark gelichtetwurde. Die angegebenen Werte sind eine Schätzung für die anstossende na-türliChe Situation. Im untern Teil der Tabelle sind einzelne Pflanzenartensamt Angabe des Blühaspektes aufgeführt. Die Reihenfolge entspricht der re-gistrierten Höhenverbreitung. OffensichtliChe Pionierarten wie die attraktiveImpatiens rubromaculata und wohl auch die Alchemillen werden zweifellosdurch die regelmässigen Unterhaltsarbeiten entlang der Piste gefördert. Be-merkenswert ersCheinen uns im BereiCh der montanen Waldstufe u. a. die

  • 58 Bernhard Nievergelt, Gustl Anzenberger, Beat Stucki, Robert Zingg

    EEE EEE EEfiEEE EEEE EEEEEEE E EE EEEEEEE EEEEEEEEEEE E EEE

    Veg.: > 500 cmVeg.: ,30 - 500 CM 1010 m 10

  • Ein zoologisch/botanisches Höhenprofil in der Westflanke des Mount Kenya 59

    scharfe Abgrenzung der gutausgebildeten Hagenia-Zone. Dies betrifft denÜbergang nach unten gegen die PodoCarpus- und Bambus-Zone auf 3100 m,wie auch nach oben gegen die anschliessende EriCaceen-Stufe (3320 m). Allehöher gelegenen Stufen sind in der durchwanderten Westflanke offensichtlichweniger deutlich gegeneinander abgegrenzt.

    Im Gegensatz zu den Baumsenecien zeigten sich beide Lobelienarten deralpinen Stufe, L. keniensis und telekii, wie auch zahlreiche Kräuter in schönerBlühphase.

    Beim Vergleich des hier festgestellten Artenspektrums mit jenem in Semienspiegelt sich oberhalb rund 2400 m das am Mount Kenya herrschende, deut-lich feuchtere Klima (Allen 1981, Coe 1967, Hurni 1982, Nievergelt 1981). Sofehlen in Semien beispielsweise. Bambus (Arundinaria alpina) wie auch Po-doCarpus sp., dagegen wächst Juniperus procera – am Mount Kenya offenbarnur in den trockeneren Wäldern am Hangfuss vorkommend – in Semien auChnoch auf über 3000 m. In der alpinen Stufe der Naro-Moru-Route sind nebenSphagnum sp. Carex monostachya und HaploCarpha ruepellii weit verbreitet.Diese zwei Arten kommen in der trockeneren alpinen Steppe in Semien nurauf lokal vernässten Stellen vor.

    Neben diesem klimabedingten Unterschied ergab siCh als qualitativer Ein-druck, dass die Diversität an Pflanzenarten in der alpinen Stufe am MountKenya geringer sein dürfte als in Semien. Ein solcher Befund muss wohl er-wartet werden, ist doch der Mount Kenya eine vergleichsweise weit kleinereafroalpine Insel, als es die ausgedehnten Bergmassive in Äthiopien darstellen.

    4 Entlang der Naro-Moru-Route beobachtete Säugetiere und Vögel

    Tabelle 2 gibt eine Zusammenstellung der in den verschiedenen Höhenstufenregistrierten Tierarten. Eine Liste der deutschen, englischen und wissenschaft-lichen Namen findet sich in Tabelle 3. Um den Bezug zu den in Tabelle 1 dar-gestellten Vegetationsstufen zu erleichtern, sind in Tabelle 2 ebenfalls dieDeckungsgrade eingetragen, ferner ausgewählte Bäume und Sträucher.

    Viele Säugetiere und Vögel wurden entweder nur in der montanen oderaber in der alpinen Stufe beobachtet. Einige Arten allerdings verstehen es,einen weiten HöhenbereiCh zu nutzen: vom Elefanten ist bekannt, dass er zu-weilen auch auf weit über 4000 m Höhe beobachtet werden kann (Haltenorthet al. 1977, Fayad 1981). Dies gilt in ähnlicher Weise auch für den Kaffernbüf-fel. Auffallendster Begleiter während unseres Auf- und Abstiegs war zweifel-los «Hunters Zistensänger» (Bergzistensänger), ein fast allgemein präsenter,unermüdlicher Duettsänger (vgl. Seibt und Wickler 1977). Innerhalb der mon-tanen Stufe dürfte sein häufiges Vorkommen, ähnlich wie bei Strichelgirlitzund Almenschmätzer, allerdings auf die gelichtete Vegetation im Bereich derWegschneise zurückzuführen sein.

  • cm• 30• cmErde

    FelsSchnee

    Fodocarpus milannlants

    Artnalnaria alpine

    Nagenia

    m

    inica

    Ilyperi.cu blanceolatum + kenlens

    Diadem-Meerkatze

    Guereaa

    Leopard

    Balowchliefer

    Arr. Elefant

    k

    Buschboo

    fe]

    Guinea Ibis

    •Schopfadler

    Oliventaube

    Ilartlaubsturako

    crOner schnepperrriohrsanger

    Schvarzkehl-Lappenschnesper

    Kapamsel

    Orangegrunddrossel

    Besanger

    Afr. fllferschwalbe

    Kiktwo-Brillenvegel

    coldsch n-Nekte vogel

    Gelbscheitelgirlitz

    elfe• nastrildktan g

    ooc000pO0000

    oa000ao±io olaifl

    21 1366

    k ks

    i

    Erica arborea

    Lobelia keniensls 11 ppta sp.

    Senecio

    Lobelia telekiee

    Elippschlief

    Nronenduckerer

    Heftier. v.a. Ducker unbest.

    Raubt/er w,best.

    gager. Maus. unbest.

    Schakalbssoard

    sausfrank

    Afft Sekassinep

    Alpensegler

    Almenschmatzer

    Steinschmatzer

    Hunters SistensAnger

    Zimtfgel car

    lobellennekiarvogel

    gakazze-Nektarvogel

    Strlchelgir

    NNektarvogel

    litz

    Segler unbest.

    Schwalbe unbest.

    t t t C

    ,2

    IC

    13

    IC

    039132

    ...................... _.................... _.60 Bernhard Nievergelt, Gustl Anzenberger, Beat Stucki, Robert Zingg

    Tabelle 2 Die in verschiedenen Höhenstufen registrierten Terarten. Pro Höhenstufe ist die Zahlder direkt beobachteten Individuen eingetragen. Es bedeuten ferner: s: Spur, k: Kot, o: nur ge-hört, x: Anzahl nicht registriert. Aus Vergleichsgründen sind einzelne Baumarten, ferner die Sene-cien und Lobelien der alpinen Stufe sowie die Deckungsgrade der Vegetation bzw. des Bodensebenfalls aufgeführt.

    Table 2 Recorded animal species by altitudinal zones; s = footprint, k = excrements, o = re-corded by sound only, x = exact number not recorded.

  • Ein zoologisch/botanisches Höhenprofil in der Westflanke des Mount Kenya 61

    Tabelle 3 Liste der registrierten Säugetier- und Vogelarten.

    Table 3 List of recorded species of mammals and birds.

    Afrikanischer ElefantBaumschlieferBuschbockDiadem-MeerkatzeGuerezaKaffernbüffelKlippschliefer

    KronenduckerLeopardOstafrikanisches

    StachelschweinAfrikanische BekassineAfrikanische UferschwalbeAlmenschmätzer (Weissschwanz-

    Felsschmätzer)AlpenseglerBambusfrankolinBergdrongoschäpper

    BergfeinsängerElfenastrildFülleb o rn-NektarvogelGelbscheitelgirlitz

    (Graunackengirlitz)GoldschwingennektarvogelGrüner Schnäpperrohrsänger

    Guinea-IbisHalbmondtaubeHartlaubsturako

    (Seidenhollenturako)Hunters Zistensänger

    (Bergzistensänger)Kapamsel (Kap -,

    Olivendrossel)Kikuyu-Brillenvogel

    (Senegalbrillenvogel)Lobeliennektarvogel

    OliventaubeOrangengrunddrosselSchakalbussard

    (Felsenbussard)Schwarzkehl-LappenschnäpperSteinschmätzerStrichelgirlitz

    Takazze-NektarvogelZimtflügelstar

    Loxodonta africanaDendrohyrax arboreusTragelaphus scriptusCercopithecus mittsColobus abyssinicusSyncerus cafferProcaviajohnstoni

    (mackinderi)Sylvicapra grimmiaPanthera pardusHystrix cristata

    Gallinago nigripennisRiparia paludicolaCercomela sordida

    Apus melbaFrancolinusjacksoniDioptrornis fischeri

    Apalis porphyrolaemaBrunhilda erythronotosNectarinia mediocrisSerinus canicollis

    Nectarinia rechenowiChloropeta similis

    Bostrychia olivaceaStreptopelia semitorquataTauraco hartlaubi

    Cisticola hunteri

    Turdus olivaceus

    Zosterops poliogastra

    Nectarinia johnstoni

    Columba arquatrixGeokichla piaggiae TurdusButeo rufofuscus

    Platysteira peltataOenanthe oenantheSerinus striolatus,

    syn. Crithagra striolataNectarinia tacazzeOnchyognathus tenuirostris

    African elephantTree HyraxBushbuckSikes' MonkeyBlack and white ColobusAfrlcan BuffaloRock Hyrax

    Bush DuikerLeopardPorcupine

    African SnipeAfrican Sand MartinHill Chat

    Alpine SwiftJackson's FrancolinWhite-eyed Slaty

    FlycatcherChestnut-throated ApalisBlack-cheeked WaxbillCollared SunbirdYellow-crowned Canary

    Golden-winged SunbirdMountain Yellow

    Flycatcher-warblerGreen IbisRed-eyed DoveHartlaub's Turaco

    Hunter's Cisticola

    Olive Thrush

    Kikuyu White-eye

    Scarlet-tufted MalachiteSunbird

    Olive PigeonAbyssinian Ground ThrushAugur Buzzard

    Black-throated Wattle-eyeWheatearStreaky

    Seed-eaterTacazze SunbirdSlender-billed Chestnut-

    wing Starling

  • 62 Bernhard Nievergelt, Gustl Anzenberger, Beat Stucki, Robert Zingg

    Für die montane Stufe sind v. a. die folgenden charakteristischen Artenhervorzuheben: Guereza, Buschbock (scheint vorzugsweise am Schneisenrandzu äsen), Hartlaubsturako (mit karminroten SChwingen); daneben auch imbaum- und buschreichen Kulturland weit verbreitete Arten wie Kapamsel, Ki-kuyu-Brillenvogel, Fülleborn-Nektarvogel und Gelbscheitelgirlitz.

    In der Ericaceen-Stufe und in der afroalpinen Stufe sind mehrere Artenoder Artengruppen besonders zu nennen. Sie werden im folgenden in jenerReihenfolge behandelt, wie sie in Tabelle 2 aufgeführt sind. Klippschliefer-kolonien fanden sich praktisch auf allen der vorzugsweise auf Geländerippeneingestreuten Felsstandorte (vgl. Abb. 3). Überall ausnehmend vertraut, sindsie offensichtliCh an harmlose, menschliche Besucher habituiert. Am ausge-prägtesten gilt dies für die Tiere der nahe und direkt beim Mackinder's Campliegenden Kolonien. Vereinzelte Klippschliefer wagten sich sogar in be-wohnte Zelte des Camps, offensichtlich nach Proviant suchend.

    Im Gegensatz zu den Klippschliefern erwiesen sich die Ducker, wie erwar-tet, als heimlich lebende, nur schwer beobachtbare Tiere. Gemessen am ge-fundenen Kot dürften Ducker besonders in der Ericaceen-Stufe und in derunteren alpinen Stufe dennoch häufig sein. Neben dem Kronenducker erwar-teten wir in diesem HöhenbereiCh auch den SChwarzstirnducker (Williams1971, Kingdon 1981).

    Abb. 3 Klippschliefer im Teleki-Tal: Adulttier mit Jungen.

    Fig. 3 Rock Hyrax in Teleki-Valley: adult animal with young ones.

  • Ein zoologisch/botanisches Höhenprofil in der Westflanke des Mount Kenya 63

    Als einzige Greifvogelart konnten wir in der alpinen Stufe den Schakalbus-sard beobachten. Dieser Bussard ist in Semien oberhalb der Waldgrenze eben-falls verbreitet und jagt dort, nach Beobachtungen des Erstautors, vorwiegendbis ausschliesslich Kleinsäuger. Sein Vorkommen deckt sich auffallend deut-lich mit der Verteilung der von uns registrierten Mäuse bzw. Ratten. Die ge-ringe Zahl an beobachteten Greifvögeln, auch das Ausbleiben weiterer Artenan diesen Tagen, ist sicher wenigstens teilweise wetterbedingt. In Semien sindGreifvögel in dieser Höhenstufe aber zweifellos wesentlich häufiger. Dabei istzu bedenken, dass das Nahrungsangebot für Greifvögel wie auCh für die inSemien offenbar ebenfalls häufigeren Hyänen und Schakale in jenem Ver-gleichsgebirge in Äthiopien bereichert wird durCh zahlreiche menschlicheSiedlungen samt den weitherum weidenden Haustieren (Nievergelt 1981).

    Unter den Hühnerartigen erwarteten wir in dieser Vegetationsstufe aufGrund der Literatur das Bergheidefrankolin (Mackworth-Praed and Grant1957, Williams 1973, Guggisberg 1980). Im Gegensatz dazu beobachteten wiraber das Bambusfrankolin, das in dieser Höhe niCht mehr vorkommen dürfte.Es wurde von G. Anzenberger eindeutig bestimmt und fotografiert. Im Hö-henbereich von Sphagnum und Carex monostachya zeigte sich mehrfach dieAfrikanische Bekassine.

    Als regelmässigster Begleiter in der alpinen Stufe erwies sich neben demBergzistensänger (Hunters Zistensänger) der Almenschmätzer. Diese Art istauch in der entsprechenden Höhenstufe in Äthiopien häufig.

    Die von uns festgestellte Verteilung von Zimtflügelstar, Lobeliennektarvo-gel und Takazze-Nektarvogel, 3 Arten, welche die Blüten- und Fruchtständeder Baumlobelien besuChen, zeigt eine auffallende Lücke zwischen 3750 und3900 m. Ein BliCk auf die Verteilung von Lobelia keniensis und telekii vermagdieses Muster zu erklären. Wie aus Tab. 2 hervorgeht, wurden zwischen 3750und 3850 Metern keine blühenden Lobelien registriert. Die genannte Lückeweist damit auf die von den 3 Vogelarten gesuchte Ressource und ist ohneZweifel bedingt durch die während unseres kurzen BesuChs herrschende Ver-teilung der Blüten.

    Literatur

    Allen, I. (ed.), 1981: Guide to Mount Kenya and Kilimanjaro; The Mountain Club of Kenya, Nai-robi (4th ed.).

    Cloudsley-Thompson, J. L., 1969: The Zoology of Tropical Africa; London: Weidenfeld and Ni-colson.

    Coe, M. J., 1967: The Ecology of the Alpine Zone of Mount Kenya; The Hague; W. Junk, Publ.Coe, M. J. and Foster, J. B., 1972: The Mammals of the Northern Slopes of Mt. Kenya; J. East

    Afr. Nat. Hist. Soc. and Nat. Mus. No. 131, Nairobi.Fayad, Ch. C., 1981: The Flora and Fauna of Mount Kenya and Kilimanjaro; in Allan. I. (ed.),

    Guide to Mt. Kenya and Kilimanjaro; The Mountain Club of Kenya, Nairobi (4th ed.).

  • 64 Bernhard Nievergelt, Gustl Anzenberger, Beat Stucki, Robert Zingg

    Guggisberg, C. A. W., 1980: Birds of East Africa; Sapra Safari Guide No. 6, East African Birds,vol. I, Non-Passerines. Nairobi: Mt. Kenya Sundires Ltd.

    Haltenorth, Th. und Dillier, H., 1977: Säugetiere Afrikas und Madagaskars. München /Bern/Wien: BLV.

    Hedberg, 0., 1964: Features of Afroalpine Plant Ecology. Acta Phytogeogr. Suecica 49, Almqvista. Wiksells, Uppsala.

    Hurni, H., 1982: Hochgebirge von Semien/Äthiopien, Vol. II, Klima und Dynamik der Höhenstu-fung von der letzten Kaltzeit bis zur Gegenwart. Geographica Bernensia, Beiheft 7, Geogr.Ges. Bern.

    Kingdon, J., 1981: Where have the colonists come from? A zoo-geographical examination of somemammalian isolates in eastern Africa. Afr. J. Ecol. 19: 115-124.

    Lind, E. M. and Morrison, M. E. S., 1974: East African Vegetation. London: Longman.Mackworth-Praed, C. W. and Grant, C. H. B., 1957/1960: Birds of Eastern and North Eastern

    Africa. London: Longman Vol. 1 1957 (2nd ed.), vol. 2, 1960 (2nd ed.).Nievergelt, B., 1981: Ibexes in an African Environment. Ecology and Social System of the Walia

    Ibex in the Simen Mountains, Ethiopia. Ecological Studies, Vol. 40. Berlin/Heidelberg: Sprin-ger Verlag.

    Seibt, U. und Wickler, W., 1977: Duettieren als Revier-Anzeige bei Vögeln. Z. Tierpsychol. 43:180-187.

    Trapnell, C. G., Birch, W. R., Brunt, M. A. and Lawton, R. M., 1976: Kenya — Vegetation Mapl:250 000, Sheet 2, London: Directorates of Overseas Surveys.

    Williams, J. G., 1973: Die Vögel Ost- und Zentralafrikas. Hamburg und Berlin: P. Parey (Überset-zung).

    Winiger, M., 1979: Bodentemperaturen und Niederschläge als Indikatoren einer klimatisch-ôko-logischen Gliederung tropischer Gebirgsräume. Geomethodica, Verôff. 4. BGC, 4, Basel.

    Winiger, M., 1981: Zur thermisch-hygrischen Gliederung des Mount Kenya. Erdkunde; Bonn:Dümmlers Verlag, Bd. 35, pp. 248-263.

    PD Dr. Bernhard Nievergelt, Ethologie und Wildforschung, Universität Zürich-Irchel, CH-8057Zürich