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Wissenschaftliche Hausarbeit für das Lehramt an Gymnasien eingereicht dem Amt für Lehrerbildung Eine Bestandsaufnahme der DaZ-Konzeptionen von Intensivklassen und -kursen des Landkreises Darmstadt-Dieburg und der Stadt Darmstadt Mirjam Schäfer Erstgutachterin: Prof. Dr. Britta Hufeisen Zweitgutachterin: Prof. Dr. Nina Janich Kontakt: [email protected]

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Wissenschaftliche Hausarbeit für das Lehramt an Gymnasien

eingereicht dem Amt für Lehrerbildung

Eine Bestandsaufnahme der DaZ-Konzeptionen von Intensivklassen und

-kursen des Landkreises Darmstadt-Dieburg und der Stadt Darmstadt

Mirjam Schäfer

Erstgutachterin: Prof. Dr. Britta Hufeisen

Zweitgutachterin: Prof. Dr. Nina Janich

Kontakt: [email protected]

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„Der Mensch ist das Wesen, das mehrere Sprachen lernt.“

(Mario Wandruszka 1979: 13)

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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung ................................................................................................................................ 1

2. Migration, Mehrsprachigkeit und Multikulturalität im deutschen Bildungssystem ...... 4

2.1 Migrationsgeschichte und Zusammensetzung der Migrantenbevölkerung ...................... 4

2.2 Bildungssituation von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund ................. 6

2.3 Chancen der Mehrsprachigkeit – und warum sie oft nicht genutzt werden ..................... 9

3. Zweitsprachenerwerbsforschung ...................................................................................... 13

3.1 Begriffsbestimmung: Erstsprache – Zweitsprache – Fremdsprache ............................... 13

3.2 Theorien zum Zweitsprachenerwerb ............................................................................... 16

3.2.1 Die Kontrastivhypothese .......................................................................................... 16

3.2.2 Die Identitätshypothese ........................................................................................... 17

3.2.3 Die Interlanguagehypothese..................................................................................... 18

3.2.4 Die Interdependenzhypothese ................................................................................. 19

3.3 Zur Rolle der Erstsprache für den Zweitsprachenerwerb ................................................ 21

3.4 Einflussfaktoren auf den Zweitsprachenerwerb .............................................................. 23

4. Sprachförderung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund .............. 27

4.1 Internationale Schulmodelle zweisprachiger Erziehung ................................................. 28

4.1.1 Submersion und Immersion...................................................................................... 28

4.1.2 Transitorische Modelle ............................................................................................. 29

4.1.3 Language-maintenance-Modelle .............................................................................. 30

4.1.4 Two-way-Immersion-Modelle .................................................................................. 30

4.2 Sprachfördermaßnahmen im schulischen Bereich in Deutschland ................................. 31

4.2.1 Zusätzlicher Förderunterricht neben dem Regelklassenunterricht.......................... 32

4.2.2 Sprachförderung im Rahmen der Regelklasse .......................................................... 32

4.2.3 Internationale Vorbereitungsklassen für Seiteneinsteiger(innen) ........................... 34

4.2.3.1 Rahmenvorgaben und Richtlinien für Hessen ................................................... 36

4.3 Sprachfördermaßnahmen im außerschulischen Bereich in Deutschland ....................... 38

4.4 Zur Aus- und Weiterbildung der Lehrkräfte im Bereich DaZ ........................................... 41

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II

5. Empirische Untersuchung ................................................................................................... 43

5.1 Allgemeine Hintergrundinformationen ........................................................................... 43

5.2 Methodische Vorgehensweise......................................................................................... 43

5.3 Konzeption des Kriterienrasters ...................................................................................... 46

5.3.1 Kategorie I: DaZ-Konzeption ..................................................................................... 46

5.3.2 Kategorie II: Personelle Ressourcen ......................................................................... 48

5.3.3 Kategorie III: Materielle Ressourcen ......................................................................... 49

5.3.4 Kategorie IV: Leistungsüberprüfung und -dokumentation ....................................... 50

5.3.5 Kategorie V: Schulische und außerschulische Aktivitäten ........................................ 51

5.3.6 Kategorie VI: Elternarbeit ......................................................................................... 51

5.3.7 Kategorie VII: Finanzielle Ressourcen ....................................................................... 52

5.4 Durchführung .................................................................................................................. 53

5.5 Auswertung der Ergebnisse ............................................................................................ 53

5.5.1 Auswertung der allgemeinen Informationen ........................................................... 55

5.5.2 Auswertung der Kategorie I: DaZ-Konzeption .......................................................... 58

5.5.3 Auswertung der Kategorie II: Personelle Ressourcen .............................................. 65

5.5.4 Auswertung der Kategorie III: Materielle Ressourcen .............................................. 68

5.5.5 Auswertung der Kategorie IV: Leistungsüberprüfung und -dokumentation ............ 72

5.5.6 Auswertung der Kategorie V: Schulische und außerschulische Aktivitäten ............. 73

5.5.7 Auswertung der Kategorie VI: Elternarbeit .............................................................. 76

5.5.8 Auswertung der Kategorie VII: Finanzielle Ressourcen ............................................ 77

5.6 Diskussion der Ergebnisse ............................................................................................... 77

5.7 Reflexion .......................................................................................................................... 86

6. Zusammenfassung ............................................................................................................... 88

7. Fazit und Ausblick ................................................................................................................ 90

8. Literaturverzeichnis ............................................................................................................. 93

8.1 Sekundärliteratur ............................................................................................................. 93

8.2 Internetquellen .............................................................................................................. 104

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Anhang (auf CD-Rom)

Anhang 1: Blankoform des Kriterienrasters und überarbeitetes Kriterienraster

Anhang 2: beantwortetes Kriterienraster und Förderkonzept der Schule 1

Anhang 3: beantwortetes Kriterienraster und Förderkonzept der Schule 2

Anhang 4: beantwortetes Kriterienraster und Förderkonzept der Schule 3

Anhang 5: beantwortetes Kriterienraster und Förderkonzept der Schule 4

Anhang 6: beantwortetes Kriterienraster und Förderkonzept der Schule 5

Anhang 7: beantwortetes Kriterienraster und Förderkonzept der Schule 6

Anhang 8: beantwortetes Kriterienraster und Förderkonzept der Schule 7

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Abkürzungsverzeichnis

L1 Erstsprache, Muttersprache

L2 Zweitsprache

FS Fremdsprache

DaZ Deutsch als Zweitsprache

DaF Deutsch als Fremdsprache

DaM Deutsch als Muttersprache

BICS Basic Interpersonal Communication Skills

CALP Cognitive Academic Language Proficiency

PISA Programme for International Assessment

IGLU Internationale Grundschul-Lese-Untersuchung

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V

Tabellenverzeichnis

Tabelle 5.5.1: Darstellung der allgemeinen Informationen zu den untersuchten

Schulen ............................................................................................................... 54

Tabelle 5.5.2: Die DaZ-Konzeptionen der untersuchten Schulen im Vergleich

(Kategorie I) ........................................................................................................ 57

Tabelle 5.5.3: Die personellen Ressourcen der untersuchten Schulen im Vergleich

(Kategorie II) ....................................................................................................... 64

Tabelle 5.5.4: Die materiellen Ressourcen der untersuchten Schulen im Vergleich

(Kategorie III) ...................................................................................................... 67

Tabelle 5.5.5: Die Leistungsüberprüfung und -dokumentation der untersuchten

Schulen im Vergleich (Kategorie IV) ................................................................... 71

Tabelle 5.5.6: Die schulischen und außerschulischen Aktivitäten der untersuchten

Schulen im Vergleich (Kategorie V) .................................................................... 71

Tabelle 5.5.7: Die Elternarbeit der untersuchten Schulen im Vergleich

(Kategorie VI) ..................................................................................................... 75

Tabelle 5.5.8: Die finanziellen Ressourcen der untersuchten Schulen im Vergleich

(Kategorie VII) .................................................................................................... 75

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1. Einleitung

Döner vom Türken, Pizza vom Italiener, Multimedia-Geräte aus China, zum Urlaub nach

Ägypten und via Internet schnell einmal die neuesten Ereignisse aus aller Welt abrufen –

Heterogenität und Globalität sind in vielen Fällen scheinbar problemlos in unseren Alltag

integriert und nicht mehr wegzudenken. Es ist unbestreitbar, dass im Zuge der Globalisie-

rung und Europäisierung ethnographische, kulturelle und ökonomische Unterschiede zu-

nehmend verwischen und die Grenzen der Gesellschaft kaum noch eindeutig auszumachen

sind (vgl. Keck 2004: 21). Die sprachliche und soziokulturelle Vielfalt manifestiert sich in al-

len Lebensbereichen, ist aber insbesondere in der Bildungsinstitution Schule sichtbar: Ein

Klassenzimmer mit Schüler(inne)n aus drei, vier, fünf verschiedenen Sprach- und Kulturge-

meinschaften gehört mittlerweile zum deutschen Schulalltag (vgl. Schader 2004: 19f.). Al-

lerdings ist es um Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund nicht sonderlich gut

bestellt: Internationale Schulvergleichsstudien haben gezeigt, dass es dem deutschen Bil-

dungssystem bisher nicht gelungen ist, ausländische Schüler(innen) so in unser Bildungssys-

tem zu integrieren, dass sie dessen Chancen auch nutzen können. So bestätigen diese Stu-

dien erhebliche Leistungsnachteile von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshinter-

grund im Vergleich zu solchen ohne Migrationsgeschichte. Überdies sind Schüler(innen)

nichtdeutscher Herkunftssprache an den Haupt- und Sonderschulen deutlich überrepräsen-

tiert, an den Realschulen und Gymnasien hingegen unterrepräsentiert; viele erreichen nicht

einmal den Hauptschulabschluss. Von Chancengleichheit kann somit nicht die Rede sein

(vgl. Konsortium Bildungsberichterstattung 2006: 151f.). Neben den sprachlichen Defiziten

der Schüler(innen), sind mangelnde Integrationsversuche seitens der Gesellschaft sowie

eine unzureichende Vorbereitung der Lehrkräfte auf diese besondere Situation die Haupt-

gründe für die erfolglosen Bildungskarrieren von Kindern und Jugendlichen aus Migranten-

familien. Da Prognosen zur Bevölkerungsentwicklung darauf hinweisen, dass die sprachliche

und kulturelle Diversität in der Gesellschaft auch in Zukunft immer weiter zunehmen wird

(vgl. Linde 2007: 21), müssen schleunigst neue und bessere Konzepte für den professionel-

len Umgang mit der migrationsbedingten Heterogenität in Schule und Unterricht entwickelt

werden.

Ein Beispiel für ein neues Förder- und Integrationskonzept bieten einige Schulen des Land-

kreises Darmstadt-Dieburg und der Stadt Darmstadt, die speziell für Schüler(innen) mit kei-

nen oder nur geringen Deutschkenntnissen sogenannte Intensivklassen oder Intensivkurse

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eingeführt haben. Hauptziel dieser Klassen und Kurse ist es, die Deutschkompetenzen der

Schüler(innen) so weit auszubauen, dass sie schnellstmöglich aktiv und erfolgreich am Un-

terricht ihrer Regelklasse teilnehmen können. Da es vom Land Hessen kaum verbindliche

Vorgaben zum Aufbau bzw. zur Gestaltung solcher Einrichtungen gibt, haben viele Schulen

im Laufe der Zeit ihre eigenen Konzepte zur Förderung und Integration fremdsprachiger

Lerner(innen) entwickelt. Im Rahmen dieser Arbeit sollen in einer Bestandsaufnahme die

verschiedenen Deutsch als Zweitsprache (kurz: DaZ)-Konzeptionen von insgesamt sieben

Schulen aus dem benannten Umkreis analysiert und miteinander verglichen werden. Aller-

dings liegt der Fokus hierbei nicht auf der Erkundung des DaZ-Unterrichts, wie z.B. den ein-

gesetzten Unterrichtsmethoden, den behandelten Themen oder dem Verhalten der Ler-

nenden und Lehrenden. Vielmehr werden äußere Aspekte betrachtet und beispielsweise

Organisation und Umsetzung der Sprachfördermaßnahmen sowie die personellen, materi-

ellen und finanziellen Ressourcen der DaZ-Intensivklassen und -kurse ermittelt. Die Grund-

lage dieser Untersuchung bildet ein selbst entwickeltes Kriterienraster mit mehr als 30 De-

tailfragen zur DaZ-Förderung, welches einerseits eine umfangreiche Darstellung ermöglicht

und andererseits für die Beurteilung der Schulen einen einheitlichen Bezugsrahmen schafft.

Die vorliegende Arbeit ist grundsätzlich in zwei Teile untergliedert: einen theoretischen und

einen empirischen Teil. Zur Einführung in die Thematik werden im zweiten Kapitel zunächst

allgemeine Hintergrundinformationen zu den Migrationsbewegungen in Deutschland gege-

ben und im Zuge dessen wichtige Begrifflichkeiten definiert. In einem weiteren Schritt wird

auf die Benachteiligung von Schüler(inne)n nichtdeutscher Herkunftssprache im deutschen

Bildungswesen Bezug genommen und hierzu die zentralen Ergebnisse der PISA-Studie prä-

sentiert. Es folgt ein Abschnitt, welcher die Chancen der Mehrsprachigkeit im schulischen

Bereich diskutiert und Gründe dafür nennt, warum dieses Potential oftmals nicht wahrge-

nommen wird. Anschließend wird im dritten Kapitel aus linguistischer Perspektive der theo-

retische Hintergrund beleuchtet. Durch die Darstellung wissenschaftlicher Erkenntnisse zum

Zweitsprachenerwerb wird hier eine begriffliche und inhaltliche Basis für die späteren Aus-

führungen geschaffen. Das vierte Kapitel bezieht sich auf die Sprachförderung ausländischer

Schüler(innen) in der Sekundarstufe I und beschreibt, neben den wichtigsten internationa-

len Schulmodellen zweisprachiger Erziehung, v.a. DaZ-Fördermaßnahmen im schulischen

und außerschulischen Bereich in Deutschland. Des Weiteren werden die für diese Arbeit

relevanten Rahmenvorgaben und Richtlinien zur Sprachförderung von Kindern und Jugend-

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lichen mit Migrationshintergrund vorgestellt sowie der aktuelle Stand der Lehrerausbildung

in Bezug auf DaZ skizziert. Das fünfte Kapitel stellt den empirischen Teil der Arbeit dar und

umfasst die bereits erwähnte Bestandsaufnahme der aktuellen Sprachförderkonzepte von

Intensivklassen und -kursen aus dem Landkreis Darmstadt-Dieburg und der Stadt Darm-

stadt. Dieser Abschnitt gliedert sich in die Beschreibung der Methode, die Konzeption des

Kriterienrasters, die Darstellung der Ergebnisse sowie deren Diskussion und schließt mit

einer kritischen Reflexion zur empirischen Untersuchung. Im sechsten und siebten Kapitel

werden zum Abschluss die wichtigsten Aspekte dieser Arbeit zusammengefasst und der

weitere Forschungsbedarf spezifiziert. Im Anhang (1-8) sind die ausgewerteten Kriterienras-

ter und die Förderkonzepte der einzelnen Schulen zu finden. Da dieser Teil sehr umfang-

reich ist, wird er nicht in Papierform, sondern ausschließlich als CD-Rom zur Verfügung

gestellt.

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2. Migration, Mehrsprachigkeit und Multikulturalität im deutschen

Bildungssystem

2.1 Migrationsgeschichte und Zusammensetzung der Migrantenbevölkerung

Unsere Gesellschaft hat sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Die Erweiterung

der Europäischen Union, die Globalisierung der Märkte und die erhöhte Mobilität haben

unsere Gesellschaft sprachlich und soziokulturell zunehmend heterogener werden lassen

(vgl. Schader 2004: 15f.).

Der demographisch fassbare Prozess der multikulturellen Umgestaltung unserer Gesell-

schaft lässt sich vereinfacht durch drei Phasen der Migration charakterisieren (vgl. ebd.: 16).

Den Ausgangspunkt bildet die Arbeitsmigration. Hier wurden nach dem Zweiten Weltkrieg

aufgrund des Arbeitsmarktbedarfs sogenannte Gastarbeiter aus verschiedenen Mittel-

meerländern (Italien, Spanien, später Portugal, Griechenland, Marokko und die Türkei) an-

geworben und gesellschaftlich toleriert (vgl. Berger 2000: 82). Die ersten ausländischen Ar-

beiter kamen vorübergehend ohne Familienangehörige nach Deutschland. Nach einer ge-

wissen Zeit stand ihnen per Gesetz jedoch das Recht zu, ihre Familien nachreisen zu lassen.

Dieser Familiennachzug führte in den 60er und 70er Jahren zu einer enormen Erhöhung der

Zuwandererzahl und markiert die zweite große Migrationsphase in der BRD (vgl. Schader

2004: 16). 1973 wurde im Zuge der Ölkrise und der damit verbundenen wirtschaftlichen

Rezession ein Anwerbestopp erlassen, um die staatlich organisierte Arbeitsmigration zu

beenden und den Ausländerzuzug zu stoppen. Allerdings betraf diese Einschränkung nicht

die Einwanderer aus den EU Ländern. Auch politisch Verfolgte, Spätaussiedler und jüdische

Kontingentflüchtlinge aus der ehemaligen Sowjetunion wurden weiterhin aufgenommen

sowie Kriegsflüchtlingen vorübergehender Schutz gewährt (vgl. Linde 2007: 20). Damit lässt

sich schließlich die dritte und größte Zuwanderungswelle in den 90er Jahren begründen: der

verstärkte Zuzug von Vertriebenen und Asylsuchenden aus Krisen- und Kriegsgebieten (z.B.

aus der Balkanregion, dem ehemaligen Jugoslawien, aber auch aus Somalia und anderen

afrikanische Staaten; hinzu kommt die Aufnahme vieler Kurd(inn)en etc.) (vgl. Schader

2004: 16).

Trotz des Anwerbestopps steigt der Anteil der ausländischen Bevölkerung hierzulande seit-

her stetig. Zurzeit leben in Deutschland 15,3 Millionen Menschen mit einem Migrationshin-

tergrund, was etwa einem Fünftel der Gesamtbevölkerung (18,6%) entspricht. Bei der

Gruppe der unter 25-Jährigen weisen ca. sechs Millionen eine Migrationsgeschichte auf,

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also mehr als ein Viertel der gesamten Bevölkerung (27,2%) (vgl. Konsortium Bildungsbe-

richterstattung 2006: 140-142). Nach aktuellen Schätzungen befinden sich weltweit rund

190 Millionen Menschen auf der Wanderschaft. Je nach angelegten Kategorien kommen

andere Schätzungen sogar zu dem Schluss, dass gegenwärtig weltweit 500 Millionen Men-

schen als Migrant(inn)en angesehen werden müssen (vgl. OECD Insights 2009: 13).

Doch wer ist eigentlich genau gemeint, wenn von Migrant(in) oder Person mit Migrations-

hintergrund gesprochen wird? Migrant(inn)en sind Personen, die nicht im Zuwanderungs-

land, sondern im Ausland geboren sind (foreign born). Sie verlassen ihr Herkunftsland auf

Dauer oder zumindest für einen längeren Zeitraum, sei es wegen Flucht, internationaler

Arbeitsmigration, Familiennachzug o.Ä. (vgl. Seitz 2006: 9; Statistisches Bundesamt 2009:

388). Der Terminus Migrationshintergrund fungiert als eine Art Überbegriff und ist etwas

schwieriger zu bestimmen, da eine Reihe von Personen dieser Kategorie zuzuordnen sind.

Laut Statistischem Bundesamt (2009: 5f., 388) zählen zu den Personen mit Migrationshin-

tergrund neben den zugewanderten Ausländer(inne)n sowie den in Deutschland Eingebür-

gerten auch eine Reihe von in Deutschland Geborenen mit deutscher Staatsangehörigkeit,

bei denen sich der Migrationshintergrund aus dem Migrationsstatus der Eltern ableitet. Zur

Übersicht sind nachstehend diejenigen Personengruppen aufgelistet, welche dieser Katego-

rie angehören:

zugewanderte Ausländer(innen), die im Ausland geboren sind (erste Generation),

in Deutschland geborene Ausländer(innen) (zweite und dritte Generation),

eingebürgerte Ausländer(innen),

Spätaussiedler(innen) (im Ausland, z.B. Osteuropa, geborene Deutsche) und

Kinder und Jugendliche, bei denen mindestens ein Elternteil die genannten Merk-

male in zweiter oder dritter Generation erfüllt.

Insgesamt lässt sich festhalten, dass die Personen, die einen Migrationshintergrund aufwei-

sen, in sich keineswegs eine homogene Gruppe darstellen. Vielmehr müsste man, „von ei-

nem Gemisch von Subgruppen *…+ sprechen, die sich hinsichtlich ihrer Herkunft, ihrer Auf-

enthaltsdauer, ihrer Perspektiven, durchaus aber auch hinsichtlich ihres Prestiges unter-

scheiden“ (Schader 2004: 17). Gemeinsam sind den Migrant(inn)en die meist nichtdeutsche

Erstsprache, die Identitätsfindung in der neuen Gesellschaft und Kultur, ein geringerer Er-

folg im Bildungssystem und damit einhergehend eine schlechtere Weiterbildungssituation

sowie eine stärkere Betroffenheit von der Arbeitslosigkeit (vgl. ebd.). Viele dieser Aspekte

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sind negativ konnotiert und lassen bereits erkennen, dass das Potential einer multikulturel-

len und mehrsprachigen Gesellschaft nur selten positiv genutzt wird. Da dies insbesondere

auf den Bildungssektor zutrifft, sollen im Folgenden die Rückwirkungen der Migrationsbe-

wegungen auf den schulischen Bereich thematisiert werden. Dabei wird der Fokus auf die

Bildungsbenachteiligung junger Migrant(inn)en gerichtet, die u.a. von verschiedenen inter-

nationalen Schulvergleichsstudien belegt wurde.

2.2 Bildungssituation von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund

Gesellschaftliche Veränderungen und Entwicklungen wirken sich zwangsläufig, wenn auch

mit einer zeitlichen Verzögerung, auf die Schule aus. Zum einen, weil die Menschen im

schulischen Umfeld – also Kinder, Jugendliche, Eltern, Lehrpersonen – selbst Teil dieser Ge-

sellschaft sind. Zum anderen, da Schule auch immer die Aufgabe hat, den Kontakt zur Reali-

tät und damit zur Gesellschaft nicht zu verlieren. Nur durch eine realitätsbezogene und zu-

kunftsorientierte Vorbereitung der nächsten Generation kann die Schule ihrem Hauptauf-

trag gerecht werden: Die Vermittlung von Qualifikationen und die Ausbildung von Kompe-

tenzen, welche die Heranwachsenden dazu befähigen, sich in der verändernden Welt zu

behaupten und somit den Fortbestand der Gesellschaft zu sichern (vgl. ebd.).

Dass sich das Bild der Schülerschaft in den letzten Jahren enorm gewandelt hat, lässt sich

nicht leugnen: Jeder vierte Jugendliche in Deutschland hat einen Migrationshintergrund

(vgl. Konsortium Bildungsberichterstattung 2006: 178). Klassen mit einem hohen Anteil von

Schüler(inne)n, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, gehören längst zur Realität des

deutschen Schulalltags. Diese Entwicklungstendenz stellt das gesamte Bildungswesen und

unsere Gesellschaft insbesondere dann vor eine große Herausforderung, wenn man die Er-

gebnisse der internationalen Schulleistungsuntersuchungen wie IGLU1 oder PISA2 betrach-

tet, nach denen Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund häufig hinter den schuli-

1 Abkürzung für Internationale Grundschul-Lese-Untersuchung; die internationale Bezeichnung ist PIRLS

(Progress in International Reading Literacy Study). Hier wird das Leseverständnis von Schüler(inne)n der vierten Jahrgangsstufe international vergleichend getestet. Deutschland hat 2001 und 2006 an der Studie teilgenommen. 2 Abkürzung für Programme for International Assessment. Die OECD-Staaten vergleichen durch diese

Untersuchung im Abstand von drei Jahren die Leistungen der 15-Jährigen Schüler(innen) in Lesen, in Mathematik und in den Naturwissenschaften, wobei in jedem Untersuchungsjahr der Schwerpunkt wech-selt. Im Jahr 2000 war dies die Lesekompetenz, im Jahr 2003 die mathematische Grundbildung und im Jahr 2006 die Kompetenz in den Naturwissenschaften. Im Dezember 2010 werden erste Ergebnisse zur PISA-Studie 2009 veröffentlicht, die erneut die Lesekompetenz zum Schwerpunkt hat.

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schen Leistungen Einheimischer zurückliegen. Diese Schülergruppe erlebt im deutschen

Bildungssystem eine große Benachteiligung, die sich u.a. in den Zahlen der Schulabgänger

ohne Hauptschulabschluss niederschlägt: Bundesweit verlassen ca. 18% der ausländischen

Schüler(innen) die Schule ohne einen Hauptschulabschluss (gegenüber etwa 8% der deut-

schen Lernenden) (vgl. Klemm 2001: 10). Die PISA-Studie bestätigt zudem, dass Kinder und

Jugendliche nichtdeutscher Herkunftssprache überproportional in unteren Bildungsberei-

chen (Sonderschule, Hauptschule) und unterproportional an weiterführenden Schulen

(Realschule, Gymnasium) vertreten sind. Überdies werden junge Migrant(inn)en häufiger

beim Schulbeginn zurückgestellt, müssen öfter eine Klassenstufe wiederholen, werden

schneller in Sonder- bzw. Förderklassen überwiesen und erhalten seltener eine Empfehlung

für eine höhere weiterführende Schule (vgl. Konsortium Bildungsberichterstattung 2006:

151f.).

Die Ergebnisse der IGLU-Studie zeigen, dass Unterschiede im Kompetenzerwerb zwischen

deutschen und ausländischen Schüler(inne)n bereits in der Grundschule ausgeprägt sind.

Die Leistungen von Kindern mit mindestens einem im Ausland geborenen Elternteil sind im

Lesen deutlich geringer als von Kindern, deren Eltern gebürtige Deutsche sind (vgl. Schwip-

pert, Bos & Lankes 2004: 178f.). Zu einem ähnlichen Befund führen die Resultate der beiden

PISA-Studien aus den Jahren 2000 und 20033: Heranwachsende mit Migrationshintergrund

verfügen in allen untersuchten Domänen – im Lesen, in der Mathematik und in den Natur-

wissenschaften – im Durchschnitt über signifikant niedrigere Kompetenzen als solche ohne

Migrationshintergrund. Knapp 50% der 15-Jährigen aus Zuwandererfamilien überschreiten

im Lesen die elementare Kompetenzstufe I nicht und können oftmals mathematische Basis-

aufgaben nicht lösen. Am schlechtesten schneiden die Schüler(innen) ab, die selbst in

Deutschland geboren sind, deren Eltern aber beide aus dem Ausland stammen (zweite Ge-

neration). Die Ergebnisse sind insbesondere deshalb alarmierend, da diese Jugendlichen

ihre gesamte Schulzeit in der Bundesrepublik absolviert haben (vgl. Baumert & Schümer

2001: 379; Ramm & Prenzel et al. 2004: 265). Demgegenüber weisen Jugendliche, die zu-

sammen mit ihren Eltern nach Deutschland gekommen sind, im Mittel höhere Kompeten-

3 Hervorzuheben ist insbesondere, dass die Definition des Migrationshintergrundes in den PISA-Studien

im Unterschied zu vielen anderen empirischen Untersuchungen zu diesem Thema nicht allein über die Staatsangehörigkeit erfolgt. PISA geht stattdessen vom Geburtsland der Schüler(innen) und ihrer Eltern aus, sodass auch Migrantenkinder mit deutscher Staatsbürgerschaft sowie Jugendliche aus Aussiedler- und Spätaussiedlerfamilien mitberücksichtigt werden. PISA liefert daher ein umfassenderes und diffe-renziertes Bild als bisherige Untersuchungen (vgl. Walter 2008: 69f.).

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zen auf. Bei Jugendlichen, die nur einen ausländischen Elternteil haben, wurden sogar deut-

lich höhere Kompetenzen als bei den Jugendlichen der zweiten Generation festgestellt (vgl.

Ramm & Prenzel et al. 2004: 258f.). Sicher müssen diese Ergebnisse mit Vorbehalt interpre-

tiert werden, aber es liegt nahe anzunehmen, dass eine lange Verweildauer sowie der

Schulbesuch in Deutschland nicht zwangsläufig zu einer Verbesserung der Situation führen.

Offensichtlich werden im Unterricht nicht diejenigen Kompetenzen vermittelt, die für eine

erfolgreiche Schullaufbahn Voraussetzung sind – und das, obwohl sprachliche und kulturelle

Heterogenität in vielen deutschen Schulen schon seit mehr als drei Jahrzehnten zum Alltag

gehören (vgl. Kniffka & Siebert-Ott 2009: 9, 17).

Doch wie sind die ungleichen Bildungserfolgschancen von Kindern und Jugendlichen mit

und ohne Migrationsgeschichte zu erklären? Baumert & Schümer (2001: 399, 402) vermu-

ten, dass Faktoren wie Sozialschicht, Bildungsniveau der Eltern und ethnische Herkunft

durchaus Einfluss auf die schulischen Leistungen nehmen können, sich also z.B. ein bil-

dungsfernes Elternhaus und prekäre soziale Verhältnisse negativ auf die schulischen Leis-

tungen der Lernenden auswirken. Die wichtigste Rolle für den akademischen Erfolg schrei-

ben die PISA-Autor(inn)en jedoch der Sprachbeherrschung zu:

Von entscheidender Bedeutung ist vielmehr die Beherrschung der deutschen Spra-che auf einem dem jeweiligen Bildungsgang angemessenen Niveau. *…+ Nach den Befunden scheinen sich sprachliche Defizite kumulativ in Sachfächern auszuwirken, sodass Personen mit unzureichendem Leseverständnis in allen akademischen Berei-chen in ihrem Kompetenzerwerb beeinträchtigt sind (Baumert & Schümer 2001: 379).

Deutschkompetenzen haben also offensichtlich deutliche Auswirkungen auf die Leistungen

in anderen Schulfächern und damit auch auf die gesamte Bildungskarriere. Nur Schü-

ler(innen), die über ausreichende Deutschkenntnisse verfügen, können auch dem Mathe-

matik-, Physik-, Geschichts- oder Politikunterricht folgen und dort zufriedenstellende Er-

gebnisse erzielen. Darüber hinaus gelten gute Deutschkompetenzen als Schlüssel zur In-

tegration, da „die sprachliche Teilhabe Voraussetzung für die Teilhabe am Arbeitsmarkt und

Wohlstand der Aufnahmegesellschaft ist“, so Krumm (2004: 25).

Demnach kann als Zwischenfazit festgehalten werden, dass ohne fundierte Kenntnisse in

der Zweitsprache Deutsch Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund beruflich so-

wie gesellschaftlich chancenlos bleiben, sowohl die Schulabschlüsse als auch die spätere

Weiterqualifikation betreffend. Letztendlich hängt der gesamte weitere Lebensweg von den

sprachlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten ab (vgl. Steinmüller 2007: 329; Walter 2008: 71).

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Folglich muss die Unterstützung des Zweitsprachenerwerbs von Kindern und Jugendlichen

mit nichtdeutscher Herkunftssprache, im Sinne der Chancengleichheit, oberstes Gebot sein

(vgl. Schader 2004: 29).

Abschließend bleibt noch zu erwähnen, dass nach den PISA-Ergebnissen zufolge andere

Länder scheinbar viel erfolgreicher auf eine vergleichbare sprachliche und kulturelle Hete-

rogenität in der Schülerschaft reagieren. Auffallend ist die insgesamt günstigere Situation

von Zuwanderern in Norwegen und Schweden. Die Migrantenfamilien sind hier wesentlich

besser sozial integriert und ihre Kinder erreichen deutlich bessere Schulleistungen (v.a. im

Hinblick auf die Lesekompetenz) (vgl. Baumert & Schümer 2001: 397). Die Unterstützungs-

maßnahmen sind in diesen Ländern in ein umfangreiches Programm interkulturellen Ler-

nens mit klar definierten Zielen und Standards eingebettet, die offensichtlich sehr viel effek-

tiver die soziale und sprachliche Benachteiligung der betroffenen Schüler(innen) ausglei-

chen als hiesige Förderkonzepte (vgl. Lüddecke & Luchtenberg 2003: 317). Baumert &

Schümer (2001: 397) legen daher nahe, die Förderprogramme der PISA-starken Länder ge-

nauer zu studieren.

2.3 Chancen der Mehrsprachigkeit – und warum sie oft nicht genutzt werden

Einmal anerkannt, kann die heterogene Klassenzusammensetzung zu einer Quelle der Inspiration und des Reichtums werden. Sie fördert ständige Kreativität und die Erarbeitung eines ganzen Spektrums von pädagogischen Aktivitäten, die sich nach den Eigenarten der Kinder richten. Die Ausschöpfung des Reservoirs an Kenntnissen, Fertigkeiten und Erfahrungen, die die verschiedenen Kinder mitbringen, eröffnet neue Möglichkeiten des Lernens und Handelns (Ohlsen 1995: 20).

Dieses Zitat von Ingrid Ohlsen umfasst das Spektrum der positiven Aspekte einer gelebten

Mehrsprachigkeit im Klassenzimmer, wobei m.E. die Worte einmal anerkannt das Wesent-

liche meinen. Denn eines steht fest: Migrantenkinder sind ein integraler Bestandteil der

heutigen Schule, weshalb ein Perspektivwechsel dringend erforderlich ist. Statt immer nur

die Defizite dieser Schüler(innen) aufzulisten, sollten vielmehr ihre besonderen Fähigkeiten

in den Vordergrund gestellt und anerkannt werden: So können sie beispielsweise zwischen

zwei (oder mehreren) Sprachen wechseln, sprachlich vermitteln, Vergleiche zwischen den

verschiedenen Sprachen anstellen und insbesondere das Deutsche von außen her betrach-

ten, uns ihre Kultur und Traditionen (Speisen, religiöse Bräuche, Rollenverteilungen, Wert-

systeme) näher bringen uvm. (vgl. Benati 2008: 93; Schader 2004: 31f.). Auch Oomen-Welke

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(2003: 289) plädiert für einen positiven Umgang mit der veränderten Situation: Schü-

ler(innen) mit Migrationshintergrund müssten im Unterrichtsgeschehen als Expert(inn)en

für ihre Sprache und ihr Heimatland angesehen werden. Eine solche Vorgehensweise würde

den Lernenden nichtdeutscher Herkunftssprache bessere Chancen einräumen, aber auch

gleichzeitig den Wissenshorizont aller anderen Beteiligten erweitern (vgl. ebd.).

So beeindruckend diese Sonderkompetenzen auch sind, so selten werden sie im Schulalltag

wahrgenommen und genutzt. Verantwortlich für die Vernachlässigung des sprachlichen und

kulturellen Potentials sind verschiedene Faktoren. Ein wesentlicher Aspekt ist die monokul-

turelle Tradition und Ausrichtung unseres Bildungswesens. So hat sich in Europa im Zuge

der Herausbildung von Nationalstaaten eine Vorstellung durchgesetzt, welche die Einspra-

chigkeit als Normalfall und die Mehrsprachigkeit hingegen als etwas Unwesentliches ansieht

(vgl. Ehlich & Hornung 2006: 7). Gogolin (1994) bezeichnet diese einseitige Haltung in ihrer

gleichnamigen Habilitationsschrift als Der monolinguale Habitus der multilingualen Schule.

Diese einsprachige Tradition zeigt sich in erster Linie daran, dass an deutschen Schulen die

Unterrichtssprache zumeist Deutsch bzw. der Unterricht lediglich für Lernende mit Deutsch

als Muttersprache (DaM) ausgerichtet ist. Schüler(innen) mit Migrationshintergrund, die am

Regelunterricht teilnehmen, müssen dies in der deutschen Sprache leisten, auch wenn sie

über unzureichende Deutschkenntnisse verfügen. Eine notwendige Unterstützung beim

Zweitsprachenerwerb und der Entwicklung einer bilingualen bzw. mehrsprachigen Kompe-

tenz fehlt weitgehend (vgl. Kniffka & Siebert-Ott 2009: 17). Diesbezüglich ist auch zu erwäh-

nen, dass der Herkunftssprachenunterricht nur selten als reguläres Unterrichtsfach angebo-

ten wird, sondern stattdessen vielfach außerhalb des Regelunterrichts oder gar nicht erteilt

wird (vgl. Luchtenberg 2009: 470).

Darüber hinaus hat eine Durchsicht der Schulbücher ergeben, dass die multikulturelle Rea-

lität im Hinblick auf Namen- und Themenauswahl sowie bildlicher Ausgestaltung oft unge-

nügend aufgegriffen und widergespiegelt wird (vgl. Schader 2004: 22). Lüddecke & Luch-

tenberg (2003: 314f.) sprechen in Bezug auf all diese Aspekte von einer institutionellen Dis-

kriminierung, da Schule, Lehrkräfte und auch die Bildungspolitik eine Anpassung der aus-

ländischen Kinder und Jugendlichen an vorhandene Strukturen erwarten, statt auf deren

individuelle Bedürfnisse zu reagieren. Diese institutionelle Diskriminierung wird zudem

durch das mehrgliedrige Schulsystem – das im Übrigen weltweit fast ein Unikum ist – ver-

stärkt. So werden Lernende aus Einwandererfamilien oftmals von vorneherein für eine hö-

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here Bildung als ungeeignet gehalten und wesentlich schneller niedrigen Schultypen zuge-

wiesen als es bei einheimischen Kindern und Jugendlichen der Fall ist. Selbst Schüler(innen),

die eine Übergangsempfehlung für den gymnasialen Schulzweig erhalten, haben enorme

Schwierigkeiten, sich dort zu halten und laufen selbst noch in der Oberstufe Gefahr, Opfer

von Diskriminierungen seitens der Lehrpersonen zu werden (siehe hierzu die qualitativen

Studien von Allemann-Ghionda et al. 2006 und Weber 2003). Mit anderen Worten: Unser

Schulsystem stellt für viele Lehrkräfte eine einfache und bequeme Möglichkeit dar, Migran-

tenkinder an Haupt- oder Sonderschulen zu verweisen, was dazu führt, dass die Potentiale

dieser Lernenden immer weniger gefördert werden (vgl. Allemann-Ghionda 2008: 35).

Überdies wird die monokulturelle Tradition in den Fachdidaktiken sowie der Aus-und Fort-

bildung der Lehrkräfte deutlich. Immer noch werden viele Lehramtskandidat(inn)en unge-

nügend auf die mehrsprachige Schulrealität vorbereitet und auch die Weiterbildungsmög-

lichkeiten im Bereich Deutsch als Zweitsprache sind bisweilen rar. Eine DaZ-Qualifikation ist

selbst im Fach Deutsch häufig nicht als integraler Bestandteil des Studiums vorgesehen und

kann oftmals nur durch freiwillige Zusatzausbildungen erworben werden (vgl. Lüddecke &

Luchtenberg 2003: 314). Aufgrund der mangelnden Qualifizierung reagieren viele Lehrende

überfordert und fördern die Schüler(innen) mit nichtdeutscher Herkunftssprache entweder

falsch oder gar nicht (vgl. Schader 2004: 21). Hinzu kommt, dass die Sprachförderung der

Migrantenkinder in erster Linie als Aufgabe der Deutschlehrer(innen) gesehen wird. Lehr-

kräfte anderer Fächer erkennen oft gar keine besondere Verpflichtung, sich mit dieser The-

matik auseinander zu setzen (vgl. Lüddecke & Luchtenberg 2003: 314). Auch hier muss drin-

gend ein Umdenken erfolgen und anerkannt werden, dass die Entwicklung der Sprachfähig-

keiten nicht nur im Deutschunterricht stattfindet, sondern auch in Mathematik oder Biolo-

gie – gemäß dem Motto: „Jede Unterrichtsstunde ist eine Deutschstunde“, wie Steinmüller

(2007: 329f.) treffend formuliert.

Diese Reihe von Ursachen verdeutlicht, wie sehr das deutsche Bildungswesen noch an sei-

ner monokulturellen Orientierung und Tradition festhält, obwohl wir de facto schon längst

in einer pluralen und heterogenen Einwanderungsgesellschaft leben. Die wichtigsten

Schritte zur Verbesserung der Bildungschancen von Kindern und Jugendlichen mit

Migrationshintergrund lassen sich folgendermaßen zusammenfassen: Zum einen sind bil-

dungspolitische und strukturelle Veränderungen, wie z.B. die Abkehr vom mehrgliedrigen

Schulsystem sowie eine Qualifikation aller Lehrkräfte im Bereich Deutsch als Zweitsprache,

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dringend erforderlich (Zur Aus- und Weiterbildung der Lehrkräfte im Bereich DaZ siehe Kapi-

tel 4.4). Zum anderen dürfen fremdsprachige Schüler(innen) nicht länger als potentielle Be-

lastung bzw. Gefährdung des Unterrichts gesehen werden; stattdessen muss ihre Zweit-

und Mehrsprachenkompetenz anerkannt und gefördert werden (vgl. Lüddecke & Luchten-

berg 2003: 319). Dies impliziert einerseits die Förderung der Zweitsprache Deutsch, ande-

rerseits aber auch die der Erstsprache. Letzteres könnte beispielsweise durch die Einführung

des Herkunftssprachenunterrichts in die reguläre Stundentafel sowie im Rahmen eines

interkulturellen Deutschunterrichts, welcher alle Lernenden gemeinsam sprachlich fördert,

erreicht werden (vgl. ebd.: 321). Von Bedeutung ist zudem, dass der Sprachförderunterricht

nicht als isolierte Einheit betrachtet wird, für die lediglich die Deutschlehrer(innen) verant-

wortlich sind. Denn Sprachförderung kann nur dann erfolgreich sein, wenn es als Unter-

richtsprinzip verstanden wird, „das alle Bereiche von Inhalten, Zielen, Methoden, von Orga-

nisation und von Unterricht der Schule tangiert“ (Steinmüller 2008: 330). Und nicht zuletzt

ist zur Überwindung eines monokulturell und monolingual ausgerichteten Unterrichts eine

Implementierung und Vernetzung interkultureller Themen in den schulischen Lehrwerken

und länderspezifischen Curricula notwendig (vgl. Lüddecke & Luchtenberg 2003: 320).

In diesem zweiten Kapitel wurden bereits Begrifflichkeiten wie Muttersprache, Erstsprache,

Herkunftssprache oder bilinguale und mehrsprachige Kompetenz verwendet, jedoch nicht

weiter erklärt. Dies soll im folgenden Kapitel nachgeholt werden.

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3. Zweitsprachenerwerbsforschung

3.1 Begriffsbestimmung: Erstsprache – Zweitsprache – Fremdsprache

Im alltäglichen Sprachgebrauch werden unterschiedlich ausgebildete Sprachkompetenzen

als Muttersprache und Fremdsprache bezeichnet. In der Spracherwerbsforschung, aber

auch in der Sprachlehrforschung sowie der Fremdsprachendidiaktik, sind darüber hinaus

Begriffe wie Erstsprache, Herkunftssprache, Zweitsprache, Bilingualismus und

Mehrsprachigkeit gebräuchlich. Diese Termini beziehen sich teilweise auf Ähnliches und

weisen Überlappungen auf, kennzeichnen aber auch unterschiedliche Bereiche des Sprach-

erwerbs (vgl. Ahrenholz 2008a: 3). Im Folgenden sollen die Begrifflichkeiten, die im Feld

Deutsch als Zweitsprache verwendet werden, näher beschrieben werden.

Unter Muttersprache ist die Sprache zu verstehen, die jedes Individuum von Geburt an und

zumeist im familiären Kontext erlernt. Der Begriff ist jedoch zu einseitig und unpräzise, da

neben der Mutter in der Regel auch der Vater, Geschwister und andere Bezugspersonen auf

den Spracherwerb Einfluss nehmen; zudem ist die familiäre Situation nicht überall vorzufin-

den. Aus diesem Grund wird in der Literatur die Bezeichnung Muttersprache weniger ver-

wendet. Stattdessen ist hier die Rede von der Erstsprache (= L1, engl. first language, lan-

guage one), worunter die erste Sprache, die man lernt, verstanden wird (vgl. ebd.: 3f.).

Nach Ahrenholz (2008a: 4) verweist dieser Ausdruck zudem indirekt auf die Möglichkeit,

weitere Sprachen zu erlernen. Gelegentlich wird Erstsprache auch für die im Status höhere

Sprache verwendet (vgl. Dietrich 1987: 354). Des Weiteren wird der Begriff Herkunftsspra-

che häufig synonym zur Mutter- bzw. Erstsprache von Migrant(inn)en gesetzt. Reich (2008:

445) führt in diesem Zusammenhang an: „Herkunftssprachen sind die Sprachen, die Migran-

ten als ihre Muttersprachen in anderssprachige Einwanderungsländer mitbringen.“ Schließ-

lich wird mit Herkunftssprachenunterricht der Sprachunterricht bezeichnet, in denen aus-

ländische Schüler(innen) in ihrer Muttersprache unterrichtet werden (vgl. ebd.: 445f.).

In der Spracherwerbsforschung findet man ferner häufig die Unterscheidung zwischen der

Aneignung einer Fremdsprache (= FS) und der Aneignung einer Zweitsprache (= L2, in An-

lehnung an den engl. Fachterminus second language). Als ein wesentliches Unterschei-

dungskriterium wird der Erwerbskontext, d.h. Inland oder Ausland, angeführt: „Von Zweit-

sprache und Zweitsprachenerwerb spricht man, wenn der Erwerb innerhalb der Zielkultur

stattfindet, von Fremdsprache und Fremdsprachenerwerb, wenn der Erwerb im Kontext der

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Ausgangskultur geschieht“, so Henrici & Vollmer et al. (2001: 8). Lernen Schüler(innen) an

einer Schule in Frankreich die deutsche Sprache, so lernen sie es nach der obigen Definition

als eine Fremdsprache. Lernen sie hingegen Deutsch in Deutschland, so handelt es sich um

eine Zweitsprache (vgl. Kniffka & Siebert-Ott 2009: 15).

Um Zweit- und Fremdsprache noch weiter auszudifferenzieren, werden häufig die Begriffs-

paare Lernen vs. Erwerben sowie gesteuerter vs. ungesteuerter Spracherwerb einander ge-

genübergestellt (so z.B. bei Krashen 1982: 10). Unter Lernen werden sprachliche Aneig-

nungsprozesse gefasst, die im Kontext eines geplanten und strukturierten Unterrichts statt-

finden; man spricht auch von gesteuertem Spracherwerb (language learning). Beim Eng-

lischunterricht an deutschen Schulen handelt es sich in diesem Sinne um einen gesteuerten

Fremdsprachenunterricht. Erwerben bezieht sich hingegen auf Aneignungsvorgänge, die

außerhalb unterrichtlicher Kontexte stattfinden, d.h. die Lernenden erwerben die fremde

Sprache in natürlicher Umgebung mit L1-Sprechenden und unterliegen keiner äußeren

Steuerung durch die Lehrkräfte, Lehrwerke o.Ä. Analog zur gesteuerten Erwerbssituation ist

hier die Rede vom ungesteuerten bzw. natürlichen Spracherwerb (language acquisition).

Letzteres trifft in der Regel auf Migrant(inn)en zu, die neben ihrer Erstsprache (z.B. Tür-

kisch), die deutsche Sprache als zweites Mittel der Kommunikation tagtäglich nutzen.

Deutsch übernimmt in diesem Fall die Funktion einer Zweitsprache (vgl. Klein 1986: 15f.;

Krashen 1982: 10; Roche 2008: 90f.). Dietmar Rösler (1997: 150) hält die Unterscheidung

gesteuert vs. ungesteuert für problematisch, da auch der ungesteuerte Spracherwerb

durchaus Steuerungselemente enthalten kann, beispielsweise durch den Sprecher selbst (in

Form von Selbstkontrollen, Bitten um Ausdruckshilfen) oder die Interaktionspartner (Ver-

besserung bei Fehlern). Kniffka & Siebert-Ott (2009: 29) führen diesbezüglich an, dass viele

zugewanderte Kinder und Jugendliche ihre Sprachkenntnisse nicht nur in alltäglichen Situa-

tionen erwerben, sondern zusätzliche Sprachfördermaßnahmen in der Schule erhalten.

Damit setzt sich ihr sprachlicher Aneignungsprozess sowohl aus gesteuerten als auch aus

ungesteuerten Elementen zusammen. Nach Rösler (1994: 1-3) ist auch die oben angeführte

Inland-Ausland-Unterscheidung keine klare Unterscheidungshilfe für Fremd- und Zweitspra-

chenerwerb, da im Zeitalter von Internet, Billigflügen und Austauschprogrammen der Er-

werbskontext teilweise aufgelöst ist und wir es mit komplexen Spracherwerbssituationen

der ganz eigenen Art zu tun haben. Weiter erklärt er, dass diese Beispiele zeigen, „wie viele

Mischformen und Übergänge von Zweit- zu Fremdsprache es gibt, die wir nicht richtig erfas-

sen können“ (Rösler 1997: 151). Schließlich schlägt der Autor vor, um Zweit- und Fremd-

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sprache eindeutiger voneinander abzugrenzen, eine psychologisch-soziale Dimension hinzu-

zuziehen, welche die Identitätsproblematik und den Stellenwert der Sprache im Leben der

Lernenden berücksichtigt: „Im Gegensatz zur Fremdsprache ist eine Zweitsprache unmittel-

bar kommunikativ relevant und spielt bei der Erlangung, Aufrechterhaltung oder Verände-

rung der Identität der Sprecher eine Rolle“ (ebd.).

Im Zuge dieser Begriffsbestimmung sollte ferner geklärt werden, ab wann es sich beim

Zweitsprachenerwerb um eine zweite L1 oder um eine L2 handelt. Im ersten Fall spricht

man von bilingualem Erstsprachenerwerb (= Bilingualismus), d.h. ein Kind wächst von frü-

hester Kindheit an gleichzeitig (simultan) mit zwei Sprachen auf.4 Beginnt der Erwerb einer

zweiten Sprache mit einer deutlichen zeitlichen Verzögerung zur ersten Sprache (sukzessiv),

dann wird zwischen Erstsprachenerwerb und Zweitsprachenerwerb differenziert. In der

Forschung besteht bisher keine Einigkeit über die Altersgrenze, ab der man nicht mehr von

zwei Erstsprachen spricht, sondern zwischen Erst- und Zweitsprache unterscheidet. In der

Literatur wird häufig das Alter von drei Jahren als Marker für die Unterscheidung zwischen

Erstsprachenerwerb und frühem Zweitsprachenerwerb angegeben (vgl. Kniffka & Siebert-

Ott 2009: 30). Überdies scheint die Pubertät für den L2-Erwerb eine Art „magische“ Grenze

zu sein, denn wer erst nach der Pubertät eine fremde Sprache lernt, erreicht oftmals nicht

die Kompetenz eines Muttersprachlers, v.a. nicht im Hinblick auf die Aussprache (vgl. Hu-

neke & Steinig 2010: 14; Näheres zum Faktor Alter siehe auch in Kapitel 3.4).

Zuletzt stellt sich die Frage, ab wann ein Mensch als mehrsprachig bezeichnet werden kann.

Mehrsprachigkeit (= Multilingualismus) wird oft erst dann gesehen, wenn mehr als zwei

Sprachen gesprochen werden, womit der Begriff mehrsprachig von dem Begriff zweispra-

chig abzugrenzen ist (vgl. Edmondson 2004: 39). Zudem sind eine hohe und funktionale

Sprachhandlungskompetenz in mehreren Sprachen sowie ein flexibler Umgang mit diesen

notwendig, um eine Person als multilingual beschreiben zu können (vgl. Europarat 2001: 17;

Hufeisen 2004: 77). Der Gemeinsame Europäische Referenzrahmen für Sprachen (GER)5

4 Apeltauer (2001: 628f.) unterscheidet drei verschiedene Formen des Bilingualismus: Balancierte

Zweisprachigkeit (gleich gute Entwicklung beider Sprachen), dominante Zweisprachigkeit (Besitz einer starken und einer schwachen Sprache) sowie Semilingualismus (doppelte Halbsprachigkeit, d.h. in keiner der beiden Sprachen ist eine muttersprachliche Kompetenz ausgebildet). 5 Der GER stellt eine gemeinsame Grundlage für die Entwicklung von Lehrplänen, Prüfungen, Lehrwerken

uvm. in ganz Europa dar. Er beschreibt umfassend, welche sprachlichen Kenntnisse und Fertigkeiten die Lernenden beherrschen müssen, um in der Zielsprache erfolgreich kommunizieren zu können. Der Referenzrahmen definiert insgesamt sechs Niveaustufen (A1, A2, B1, B2, C1 und C2), mit denen verschiedene Sprachkompetenzen beschrieben und beurteilt werden können (vgl. Europarat 2001: 14).

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weist außerdem darauf hin, dass sich die Mehrsprachigkeit von der Vielsprachigkeit unter-

scheidet:

[Vielsprachigkeit meint die] Kenntnis einer Anzahl von Sprachen oder der Koexistenz verschiedener Sprachen in einer Gesellschaft *…+. Mehrsprachigkeit betont jedoch die Tatsache, dass sich die Spracherfahrung eines Menschen in seinen kulturellen Kontexten erweitert (Europarat 2001: 17).

3.2 Theorien zum Zweitsprachenerwerb

Der Beginn der Zweitsprachenerwerbsforschung lässt sich auf die 40er Jahre des 20. Jahr-

hunderts datieren (siehe z.B. die 1945 erschienene Arbeit von Fries). Ende der 60er- und

Anfang der 70er-Jahre haben besonders die Erstsprachenerwerbsforschung, die Fremdspra-

chendidaktik und die Soziolinguistik die Erforschung des Zweitsprachenerwerbsprozesses

geprägt. Einen entscheidenden Einfluss auf diese Forschungsrichtung nahmen dabei die

Kontrastivhypothese, die Identitätshypothese, die Interlanguagehypothese sowie die Inter-

dependenzhypothese (vgl. Günther & Günther 2007: 141).

Diese vier zentralen Positionen sollen auf den kommenden Seiten dargestellt werden. An-

dere Ansätze, die in der Literatur meist nur als Teiltheorien betrachtet werden und sich nur

auf spezielle Aspekte des Zweitsprachenerwerbs konzentrieren, können im Rahmen dieser

Arbeit nicht diskutiert werden. Hierzu zählen u.a. die Monitorhypothese, die Pidgin-Hypo-

these, die Input-Hypothese und auch die Output-Hypothese (vgl. Eckhardt 2008: 22).

3.2.1 Die Kontrastivhypothese

Die Kontrastivhypothese, auch Transferhypothese genannt, geht auf die Arbeiten von Fries

(1945), Weinrich (1953) und Lado (1957) zurück. Diese Hypothese basiert auf dem behavi-

oristischen Modell6 und vergleicht das Sprachsystem der Erstsprache mit dem der

Zweitsprache. Es wird davon ausgegangen, dass das sprachliche Vorwissen für den Zweit-

sprachenerwerb eine wichtige Rolle spielt und der Sprachaneignungsprozess von der Struk-

tur der Erstsprache bestimmt wird (vgl. Günther & Günther 2007: 147; Kniffka & Siebert-Ott

2009: 34). So nimmt Weinrich (1986, zit. nach Eckhardt 2008: 22) beispielsweise an, dass

6 Das Lernen von Sprachen wird als ein Konditionierungsprozess verstanden, bei welchem über einen Reiz

(stimulus) und eine positive Verstärkung eine gewünschte Reaktion (response) so lange eingeübt wird, bis sie als eigene Handlung, d.h. ohne einen erneuten Reiz zu setzen, verinnerlicht und automatisiert ist. Zudem wird Sprachenlernen als ein Prozess betrachtet, der über ständige Imitation verläuft (z.B. vielfa-chen Wiederholungen von Lerneinheiten) (vgl. Hufeisen & Riemer 2010: 739).

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identische Strukturen und Regeln in der Erst- und Zweitsprache leicht zu erlernen sind; es

kommt zu einem positiven Transfer von der L1 auf die L2. Größere Sprachunterschiede füh-

ren dagegen zu einem negativen Transfer, der sich in sogenannten Interferenzen äußert,

d.h. fehlerhaften Äußerungen, bei denen sprachliche Gewohnheiten aus der L1 in die L2

übertragen werden; sie können den Erwerb der Zweitsprache verzögern. Solche falschen

Übertragungen können auf allen Ebenen des Sprachgebrauchs auftreten, etwa bei der Aus-

sprache, der Grammatik oder bei der Verwendung von Wörtern und Redewendungen (vgl.

Kniffka & Siebert-Ott 2009: 34). Vertreter dieses Ansatzes betonen deshalb, dass beim L2-

Erwerb v.a. solche Sprachstrukturen gelernt werden müssen, die von denen der L1 abwei-

chen (vgl. Gass & Selinker 2001: 73).

Doch ist die Kontrastivhypothese immer wieder in Kritik geraten. Zudem konnten ihre zent-

ralen Annahmen in diversen Studien widerlegt werden. Es zeigte sich beispielsweise, dass

neben den Kontrasten zwischen den beiden Sprachen auch Ähnlichkeiten zu Lernschwierig-

keiten führen können, die von der Kontrastivhypothese jedoch vernachlässigt werden (vgl.

Ranschburg-Phänomen, Juhász 1970: 93).

3.2.2 Die Identitätshypothese

Die Identitätshypothese oder auch L1=L2-Hypothese wurde erstmals 1967 von Corder ver-

öffentlicht und durch die Untersuchungen von Dulay & Burt (1974) sowie Krashen (1973) in

den wissenschaftlichen Fokus gerückt. Diese Hypothese wurde auf der Grundlage des nati-

vistischen Erklärungsansatzes formuliert, nach dem jedes Individuum über eine angebo-

rene, universelle Sprachgrammatik (UG) verfügt, die die Voraussetzung zum L1- und auch

L2-Erwerb bildet (vgl. Chomsky 1986: 3f.). Im Gegensatz zur kontrastiven Theorie wird hier

davon ausgegangen, dass die Erstsprache keinen Einfluss auf den Erwerb der Zweitsprache

nimmt. Angenommen wird ein L2-Erwerbsprozess, der identisch zum L1-Erwerb verläuft

(vgl. Günther & Günther 2007: 147).

Kritisiert wurde an der Identitätshypothese in erster Linie, dass die Forschungsergebnisse,

die für den Einfluss der Erstsprache auf den Zweitsprachenerwerb sprechen, von den Ver-

tretern dieser Hypothese nicht hinreichend berücksichtigt wurden (zumal sich in vielen Un-

tersuchungen L1-Transfer und Interferenz im L2-Lernen, im Unterschied zum L1-Lernen,

durchaus zeigten). Demnach kann die Identitätshypothese, ebenso wie die Kontrastivhypo-

these, nicht für alle Bereiche des Zweitsprachenerwerbs geltend gemacht werden (vgl.

Eckhardt 2008: 24; Hufeisen & Riemer 2010: 740).

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3.2.3 Die Interlanguagehypothese

Eine weitere Position der Zweitsprachenerwerbsforschung ist die Interlanguagehypothese,

die eine Verbindung aus Kontrastiv- und Identitätshypothese darstellt. Lernende entwickeln

dieser Theorie zufolge bei der Aneignung einer Zweitsprache ihre eigenen sprachlichen

(Übergangs-)Systeme (vgl. Eckhardt 2008: 25). Der Begriff Interlanguage – zunächst wahr-

scheinlich von Reinecke (1935) mit Bezug auf das hawaiianische Pidgin geprägt – wurde in

seiner gegenwärtigen Bedeutung von Selinker (1972) in die Zweitsprachenerwerbsfor-

schung eingeführt (vgl. Günther & Günther 2007: 147). In der deutschsprachigen Literatur

lassen sich Bezeichnungen wie Interimsprache, Zwischensprache bzw. Intersprache und Ler-

nersprache finden, wobei letzterer Begriff heute am häufigsten verwendet wird (vgl. Kniffka

& Siebert-Ott 2009: 44). In dem gleichnamigen Aufsatz beschreibt Selinker (1972: 214) sein

Konzept der Interlanguage folgendermaßen:

Since we can observe that these two sets of utterances (that of the target language and that of the source language) are not identical, then in the making of constructs relevant to a theory of second-language learning, one would be completely justified in hypothesizing, perhaps even compelled to hypothesize, the existence of a sepa-rate linguistic system based on the observable output which results from a learner´s attempted production of a T(arget) L(anguage) norm. This linguistic system we will call 'interlanguage' (IL).

Die Lernersprache kann sowohl Merkmale der Erstsprache als auch der Zweitsprache sowie

Merkmale einer zuvor erlernten Fremdsprache enthalten. Überdies sind häufig eigenstän-

dige Strukturen auszumachen, die weder dem Sprachsystem der L1 noch dem der L2 zuzu-

ordnen sind, sondern als lernersprachenspezifisch bezeichnet werden können. Solche ler-

nersprachenspezifischen Charakteristika sind beispielsweise das Weglassen von Präpositio-

nen oder Flexionsendungen (z.B. „Ich gehen Haus“) und sogenannte Übergeneralisierungen,

z.B. die Bedeutungserweiterung von Begriffen oder die Verwendung sprachlicher Einheiten,

die noch nicht erlernt bzw. nicht richtig verinnerlicht wurden (z.B. behandeln Kinder oftmals

unregelmäßige Verben wie regelmäßige: „Oma hat gesitzt und gelest“) (vgl. Eckhardt 2008:

25; Kniffka & Siebert-Ott 2009: 44f.). Des Weiteren sind Interlanguages in sich systematisch,

da das sprachliche Verhalten nicht als willkürlich, sondern als regelgeleitet betrachtet wer-

den kann. Sie sind aber auch dynamisch und unterliegen einem ständigen Veränderungs-

prozess. Wode (1993: 81f.) erklärt diesbezüglich, dass der L2-Erwerb als Abfolge sich ständig

verändernder Lernersprachen zu begreifen ist, die dem Sprachsystem der L2 immer ähnli-

cher werden. Denn ein Lernender erschließt sich die zielsprachlichen Strukturen nicht auf

Anhieb, sondern schrittweise – diese Vorgehensweise beschreibt Wode mit dem Begriff

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Dekomposition (vgl. ebd.: 81). Bleiben Lernende hingegen auf einer Erwerbsstufe der

Sprachentwicklung stehen, d.h. es werden weder Fort- noch Rückschritte gemacht, so

spricht man von Fossilisierung. Ursache hierfür können Ängste, Druck, mangelnde Motiva-

tion oder unzureichende Sprachpflege sein (vgl. Altmüller 2008: 84; Kniffka & Siebert-Ott

2009: 56f.). Sogar Selinker, der Begründer dieses Konzepts, scheint mit diesem Phänomen

vertraut zu sein: „I know it exists. *…+ I´m a fossilized learner par excellence in several lan-

guages“ (Selinker 1992: 251, 254; Hervorhebung im Original).

Auch die Interlanguagehypothese wurde vielfach kritisch hinterfragt. Bemängelt wurden

insbesondere die fehlenden Langzeituntersuchungen sowie die unklare Verwendung von

Begriffen und Definitionen. Trotz aller Kritik findet dieser Ansatz in der gegenwärtigen

Zweitsprachenerwerbsforschung eine breite Akzeptanz und bildet die Grundlage für viele

weitere Studien, da er der Komplexität des L2-Erwerbsprozesses am ehesten Rechnung

trägt (vgl. Eckhardt 2008: 25).

3.2.4 Interdependenzhypothese

Etwa parallel zur Entwicklung der Interlanguagehypothese wurde in den 70er Jahren die

Interdependenzhypothese von Cummins (1979) formuliert. Sie besagt, dass sich die Erst-

sprache und die Zweitsprache in gegenseitiger Abhängigkeit voneinander entwickeln. Die

sprachliche Kompetenz in der L1 ist dabei entscheidend für den Kompetenzerwerb in der

L2. So wirkt sich eine hoch entwickelte Kompetenz in der Erstsprache positiv auf die Zweit-

sprache aus. Eine niedrig entwickelte Kompetenz in der Erstsprache kann hingegen den

Zweitsprachenerwerb beeinträchtigen (vgl. Cummins & Swain 1986: 39, 41f.). Im Unter-

schied zu den anderen theoretischen Annahmen, die ebenfalls eine Korrelation zwischen L1

und L2 konstatieren, untersucht Cummins den Zusammenhang von Spracherwerb und kog-

nitiver Entwicklung bei zweisprachig aufwachsenden Lernenden. Im Zentrum des Interesses

steht dabei, welches Niveau Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund in der L2

erreichen müssen, um in ihrer schulischen Laufbahn erfolgreich zu sein (vgl. Eckhardt 2008:

26). Mit der Schwellenhypothese (threshold hypothesis) spezifiziert Cummins den Zusam-

menhang zwischen Sprachkompetenz und akademischem Erfolg noch weiter. Er differen-

ziert hierbei zunächst die linguistische Kompetenz in zwei Kategorien: die Grundfertigkeiten

für die interpersonale Kommunikation (Basic Interpersonal Communication Skills, kurz BICS)

und die kognitiv-akademischen Sprachfertigkeiten (Cognitive Academic Language Profi-

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ciency, kurz CALP).7 Die BICS sind in erster Linie für die Alltagskommunikation bzw. die

Produktion mündlich geprägter Texte erforderlich. Auf der Basis der BICS entwickeln sich

die CALP, welche v.a. die konzeptionell-schriftsprachlichen Fähigkeiten, wie z.B. Lesestrate-

gien, Textsortenkenntnisse sowie außersprachliches Wissen, umfassen und auf andere

Sprachen übertragbar sind. Die BICS können innerhalb kurzer Zeit erworben werden, für die

Entwicklung der CALP sind hingegen mehrere Jahre nötig (vgl. Cummins 1984: 28-31; Kippel

2006: 38). Nach Cummins Theorie ist die Beherrschung der CALP ein Schlüsselkriterium für

den Erfolg in der Schule, in welcher die schriftsprachliche Kommunikation dominiert. Nur

Lerner(innen), die in ihrer Erstsprache ein bestimmtes Schwellenniveau in Richtung CALP

erreicht haben, können im Zweitsprachenerwerb gute Leistungen erzielen, und damit ein-

hergehend, akademische Aufgaben erfolgreich bewältigen (vgl. Cummins & Swain 1986:

80f.; Huneke & Steinig 2010: 18). Erreicht ein Kind diese Schwelle nicht, kann anstelle von

Zweisprachigkeit eine doppelte Halbsprachigkeit bzw. ein Semilingualismus auftreten, so-

dass in keinem der beiden Sprachen eine dem Durchschnittsniveau der jeweiligen monolin-

gualen Population vergleichbare Sprachkompetenz erworben werden kann. Die schulischen

Leistungen fallen dann zumeist schlecht aus (vgl. Baur 2000: 131; Cummins 2000: 99f.).

Die Interdependenz- und Schwellenhypothese sind in der Forschung stark rezipiert worden

und erweisen sich besonders für die Erforschung des DaZ-Bereichs als fruchtbar (vgl. Huf-

eisen & Riemer 2010: 743). So hat dieser Ansatz beispielsweise bezüglich der Förderung der

Herkunftssprachen von Migrantenkindern zu bildungspolitischen Folgen geführt (vgl. Ah-

renholz 2008b: 72). Überdies hat die von Cummins vorgenommene Unterscheidung in die

Konzepte BICS und CALP auch deshalb für Aufmerksamkeit gesorgt, da viele Kinder und Ju-

gendliche mit Migrationshintergrund häufig gute kommunikative Sprachkompetenzen

(BICS) aufweisen, allerdings gleichzeitig erhebliche Defizite in schriftsprachlichen Leistungen

(CALP) erkennen lassen. Von vielen Lehrenden wird diese Problematik oft nicht wahrge-

nommen, sodass aufgrund guter mündlicher Ausdrucksfähigkeiten auf eine ähnliche Kom-

petenz im Schriftlichen geschlossen wird (vgl. Eckhardt 2008: 54f.; Kniffka & Siebert-Ott

2009: 22; Michalak 2008: 10). Somit verfügen viele DaZ-Lernende nicht über eine Sprach-

handlungskompetenz, die ihnen eine umfassende Partizipation im Bildungswesen und am

gesellschaftlichen Leben ermöglicht (vgl. Hufeisen & Riemer 2010: 744).

7 Später erweiterte Cummins (z.B. 1991: 79f.) die Konzepte BICS und CALP in Conversational Language

Proficiency und Academic Language Proficiency, um die Unterschiede dieser beiden Konstrukte deutlicher zu beschreiben.

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Abschließend lässt sich festhalten, dass der Zweitsprachenerwerbsprozess in den hier vor-

gestellten Hypothesen von verschiedenen Perspektiven aus betrachtet wird und die Er-

kenntnisse zum Teil auf unterschiedliche Datengrundlagen zurückgehen, die kaum unter-

einander vergleichbar sind (vgl. Kniffka & Siebert-Ott 2009: 43). Eine einheitliche Theorie

zum L2-Erwerbsprozess, die alle erwähnten sprachlichen Aneignungsprozesse berücksichtigt

und auch deren kognitive Grundlagen angemessen erklärt, liegt derzeit noch nicht vor und

ist in näherer Zukunft auch nicht zu erwarten (vgl. Meibauer et al. 2007: 256).

3.3 Zur Rolle der Erstsprache für den Zweitsprachenerwerb

In diesem Unterkapitel soll diskutiert werden, ob die Förderung der Erstsprache von zuge-

wanderten Kindern und Jugendlichen sinnvoll ist und welche Bedeutung sie für das Zweit-

sprachenlernen sowie die Identitätsentwicklung der Migrant(inn)en hat. Seitens der For-

schung kristallisieren sich zwei Grundtendenzen heraus: Zum einen wird die Förderung der

Erstsprache befürwortet, zum anderen wird sie abgelehnt (vgl. Allemann-Ghionda & Pfeiffer

2008: 8). Diese gegensätzlichen Positionen führten in der Wissenschaft zu einem regelrech-

ten Streit um die Zweisprachigkeit.8 Esser (2009) vertritt eine sehr kritische Position zum

Nutzen und zur Berechtigung zweisprachiger Förderung von Migrant(inn)en und setzt für

eine gelungene Integration die ausschließliche Förderung der deutschen Sprache voraus.

Eine erfolgreiche Eingliederung in gesellschaftliche Teilsysteme, wie Bildung und Arbeits-

markt, könne nur über den Weg der Zweitsprache erfolgen. Die zusätzliche Beherrschung

der Muttersprache bringe auf dem Arbeitsmarkt so gut wie gar nichts, so Esser (2009: 84f.).

Auch Dieter Hopf (zit. nach Spiewak 2006: www.zeit.de/2006/08/B-Kulturintegration,

10.09.10) appelliert gegen eine zweisprachige Erziehung. Seiner sogenannten time on task-

Theorie zufolge, soll der Lernerfolg umso größer sein, je mehr Zeit in ein Fach investiert

wird. Demzufolge sei jede Minute Deutsch sinnvoller als eine Minute Türkisch (vgl. ebd.).

Gogolin (2005a) spricht sich hingegen für die Förderung der Zweisprachigkeit aus und argu-

mentiert, dass „nach der Analyse des Forschungsstands *…+ ein straffer Zusammenhang

zwischen dem Erwerb einer Zweitsprache und dem der jeweiligen Erstsprache [besteht].

Hierzu liegen eine große Zahl an Studien vor, die von der frühen Kindheit bis zum Erwachse-

8 Erweiternd dazu empfiehlt sich das Buch Streitfall Zweisprachigkeit – The Bilingualism Controversy von

Gogolin & Neumann (2009). Hier diskutieren Vertreter beider Seiten die Frage, ob die Zweisprachigkeit von Migrant(inn)en eine nützliche Kompetenz darstellt.

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nenalter reichen“ (Gogolin 2005a: 91). Zudem verweist Gogolin auf Studien, welche die

Tendenz erkennen ließen, dass sich die schulische Förderung der Herkunftssprache im

schlechtesten Fall neutral auswirken würde und keine negativen Folgen für den Zweitspra-

chenerwerb hätte. Die gesamte Sprachentwicklung könne durch die Förderung beider Spra-

chen in der Regel aber positiv beeinflusst werden (vgl. ebd.: 92). Allemann-Ghionda &

Pfeiffer (2008: 8) merken diesbezüglich an, dass die einseitige und alleinige Förderung der

Unterrichtssprache Deutsch bisher zu keiner Verbesserung der Bildungschancen beigetra-

gen habe. Auch Hufeisen & Neuner (2006) plädieren für eine Förderung der Herkunftsspra-

che und weisen auf die Notwendigkeit einer Basissprache hin, auf deren Grundlage das Er-

lernen weiterer Sprachen aufbauen kann. Ansonsten sei das weitere Sprachenlernen mit

dem Bau eines Hauses zu vergleichen, dem das Fundament fehle (vgl. Hufeisen & Neuner

2006: 161). In diesem Kontext sollte erwähnt werden, dass Cummins' Forderung (siehe Ka-

pitel 3.2.4) – es müsse zunächst eine bestimmte Kompetenz in der Erstsprache ausgebildet

sein, bevor der Unterricht in der Zweitsprache einsetzen dürfe – bis heute empirisch nicht

untermauert werden konnte (vgl. Gogolin 2005a: 91f.). Davon geht allerdings auch Cum-

mins (2000) selbst nicht mehr aus und postuliert die gleichzeitige Förderung beider Spra-

chen. Ist in einer der beiden Sprachen allerdings ein bestimmtes Kompetenzniveau nicht

erreicht, so muss diese besonders gefördert werden, damit negative Effekte in der kognitiv-

schulischen Entwicklung sowie Semilingualismus vermieden werden können (vgl. Boeck-

mann 2008: 5f.; Cummins 2000: 99f., 173-178).

Ein weiterer Aspekt, der für die Erhaltung der Herkunftssprachen spricht, ist die identitäts-

stiftende Funktion der Erstsprache. Krumm (2004: 21) äußert sich hierzu wie folgt:

Durch unsere Erstsprache wird es uns möglich, uns als Ich zu begreifen und zu arti-kulieren. Mit ihr wachsen wir in unsere Gesellschaft und ihr Wertsysteme hinein, d.h. die Erstsprache konstituiert unsere personale, soziale und kulturelle Identität.

Auch Koliander-Bayer (1999: 96) betont die affektive und sozialökonomische Bedeutung der

Erstsprache, da sich über die L1 die (Grund-)Sozialisation eines Individuums vollzieht und

der Zugang zur Wirklichkeit gefunden wird. Nach Krumm (2009: 239) sind die Einbeziehung

der Herkunftssprachen und die Bewusstmachung der eigenen sprachlichen Identität essen-

tiell für die Bestätigung des Selbstbildes und der als wichtig empfundenen Zugehörigkeiten.

Wird die Herkunftssprache hingegen verdrängt oder abgelehnt, kann dies als Verlust der

eigenen Biographie verstanden werden und zu Störungen des Selbstwertgefühles führen.

Ein positives Selbstkonzept ist jedoch ein unabdingbarer Bestandteil für das Interesse an der

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Zweitsprache Deutsch und der erfolgreichen Teilhabe an gesellschaftlichen Prozessen im

Zuwanderungsland (vgl. Günther & Günther 2007: 153). Überdies hat die Erhaltung, Förde-

rung oder Negation von Herkunftssprachen auch menschenrechtliche Aspekte. Neben den

nationalen Antidiskriminierungsbestimmungen gibt es eine Reihe von internationalen

Rechtsnormen, welche die sprachliche Herkunft von Menschen schützen: So sieht bei-

spielsweise die heute noch geltende UN-Menschenrechtsakte von 1948 ein Verbot der kul-

turellen und sprachlichen Diskriminierung vor und auch die UN-Konvention für Kinderrechte

(1989) verfügt, dass die Sprache und Kultur von Kindern zu pflegen seien. Ferner hat das EU-

Parlament (2005) eine Empfehlung über die Rolle der Muttersprache im Schulwesen ausge-

arbeitet, die darauf hinweist, dass die Beschulung von Kindern in einer Zweitsprache ohne

Berücksichtigung der Erstsprache den Schulerfolg gefährden könne. Mehrsprachigkeit sei

der Empfehlung zufolge nicht als Nachteil, sondern als Bereicherung für die gesamte Gesell-

schaft zu verstehen.

Die aufgeführten Positionen zeigen, dass derzeit in der Forschung kein Konsens über die

Förderung der Erstsprache bzw. die Einführung des Herkunftssprachenunterrichts besteht.

Aufgrund der sich häufenden Ergebnisse in der Zweitsprachenerwerbsforschung, die ver-

besserte Leistungen in der L2 durch schulische Förderung in der L1 belegen (siehe z.B. die

Studien von Reich & Roth et al. 2002 und Thomas & Collier 2002), geht der Trend verstärkt

in die Richtung, Kinder und Jugendliche aus Familien mit Migrationshintergrund in beiden

Sprachen zu fördern.

3.4 Einflussfaktoren auf den Zweitsprachenerwerb

In den beiden vorangegangenen Unterkapiteln wurde darauf hingewiesen, dass der Erfolg

des Zweitsprachenlernens von der Erstsprache abhängig sein kann. Die Entwicklung der

Zweitsprache kann allerdings von vielen weiteren Faktoren beeinflusst werden. Auf den

nachstehenden Seiten soll beschrieben werden, welche Aspekte auf die Erwerbssituation

einwirken können und wie sich individuelle Unterschiede im Lernerfolg erklären lassen.

Apeltauer (1987: 13f.) unterscheidet beispielsweise zwischen externen und internen Ein-

flussfaktoren. Zu Ersterem zählen Handlungsabsichten und -optionen in der Einwande-

rungsgesellschaft, wie Aufenthaltsstatus und -dauer (Einwanderung vs. zeitlich begrenzter

Aufenthalt), Wohnsituation, Bildungserfahrung und Erziehung in der Familie, Integrations-

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bereitschaft und Kontaktmöglichkeiten mit Muttersprachler(inne)n. Auch die besuchten

Erziehungs- und Bildungseinrichtungen sowie Art und Umfang gezielter Fördermaßnahmen

können unter die externen Faktoren subsumiert werden (vgl. Ahrenholz 2008b: 65; Rösch

2004: 86). Zu den internen Faktoren werden die Einstellungen zur L2 und zur Zielkultur,

Antrieb bzw. Motivation, Ängste und Persönlichkeitsmerkmale (z.B. Extrovertiertheit, Intro-

vertiertheit, Empathie, Risikobereitschaft) gefasst (vgl. Apeltauer 1987: 14). Auch Variablen

wie die Sprachlerneignung, Intelligenz, Lernstile und die Sprachlernbiographie sind zu den

internen Faktoren zu rechnen (vgl. ebd.). Andere Autor(inn)en (z.B. Kniffka & Siebert-Ott

2009: 58-68) differenzieren nicht wie Apeltauer in extern und intern, sondern fassen die

Lernervariablen in kognitive, affektive und soziale Faktoren zusammen.9

Nach Ahrenholz (2008a: 65) haben darüber hinaus sprachbezogene Faktoren eine zentrale

Bedeutung für den Zweitsprachenerwerb. Hierzu gehören Ausmaß und Qualität des sprach-

lichen Inputs, Verfahren der Bedeutungssicherung im Diskurs mit Muttersprachlern, repara-

tive Maßnahmen und die sprachlichen Wissensbestände in der L1 sowie der L2. Eckhardt

(2008: 31) führt in diesem Zusammenhang an, dass auch das Sprachlernbewusstsein (Lan-

guage Learning Awareness) der Lernenden – worunter die Beherrschung sprachlicher Re-

geln und die bewusste Reflexion über die eigenen Sprachlernprozesse zu verstehen sind –

die Erwerbssituation begünstigen können. Auch die Fähigkeit, die eigenen sprachlichen Äu-

ßerungen und die der Interaktionspartner kritisch einzuschätzen, kann sich positiv auf die

Entwicklung der Zweitsprache auswirken (vgl. Oksaar 2003: 126f.).

Ferner wird dem Alter beim Zweitsprachenlernen eine große Bedeutung beigemessen. Weit

verbreitet ist die Annahme, dass Kinder die besseren Fremdsprachenlerner(innen) sind und

schneller eine höhere Kompetenzstufe erreichen als Erwachsene. Hierzu gibt es in der Lite-

ratur unterschiedliche Meinungen. In der aktuellen Forschungssituation wird über die Exis-

tenz einer kritischen Periode für den Spracherwerb diskutiert.10 Diese Critical Period

9 Die Kategorie der kognitiven Variablen umfasst u.a. die Sprachlerneignung, Intelligenz und

Sprachlernerfahrung. Zu den affektiven Variablen gehören die Einstellung zur L1 und zur Zielkultur, Motivation, Ängste etc. und zu den sozialen Faktoren sind die soziokulturellen Erfahrungen eines/einer Lernenden zu subsumieren (z.B. Aufenthaltsstatus, Wohnsituation) (vgl. Kniffka & Siebert-Ott 2009: 59). 10

Die Annahme einer kritischen Periode für den Zweitsprachenerwerb geht auf Lenneberg zurück. Zur Vertiefung empfiehlt sich die 1967 erschienene Publikation Biological Foundations of Language, in wel-cher der Autor seine Critical-Age-Hypothese vorstellt. Auch wenn die Hypothese nach den neuesten Er-kenntnissen der Neurowissenschaften auf falschen Annahmen beruht (der Lateralisierungsprozess ist wesentlich früher abgeschlossen als von Lenneberg angenommen), sind die Ausführungen des Autors zur Sprachentwicklung aus biologischer Sicht interessant und lesenswert.

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Hypothesis besagt, dass bestimmte sprachliche Eigenschaften und Fähigkeiten nur inner-

halb einer bestimmten Zeitspanne – die ungefähr mit dem Beginn der Pubertät endet – er-

worben werden können. Nach dem Überschreiten dieser kritischen Phase kann keine mut-

tersprachliche Kompetenz in einer Zweit- oder Fremdsprache mehr erlangt werden (vgl.

Grotjahn & Schlak 2010: 867; Kniffka & Siebert-Ott 2009: 66f.). Diese Sichtweise wird in der

Forschung zunehmend kritisiert, da Untersuchungen ergaben, dass Erwachsene in den Be-

reichen von Lexik und Pragmatik jüngeren Lernenden langfristig überlegen sind (vgl. Grot-

jahn & Schlak 2010: 869). In der Aussprache sind hingegen Kinder gegenüber älteren Ler-

ner(inne)n im Vorteil und erreichen deutlich öfter muttersprachliche Kompetenzen (vgl.

Kniffka & Siebert-Ott 2009: 67). Viele Fragen zum Faktor Alter bleiben weiterhin ungeklärt,

sodass der Einfluss dieser Variable auf den Zweitsprachenerwerbsprozess nicht genau be-

stimmt werden kann. Nach Hufeisen & Riemer (2010: 744) kann jedoch nach heutigem Er-

kenntnisstand zusammengefasst werden,

dass Kinder und Jugendliche zwar langfristig bessere Chancen haben, ein weit fort-geschrittenes fremd-/zweitsprachliches Niveau zu erreichen, dass aber erwachsene Lerner/innen, z.B. im Bereich Aussprache, durchaus von intensivem Training profi-tieren und ein muttersprachenähnliches Niveau erreichen können.

Auch die Forschungslage zum Einfluss der oben genannten Persönlichkeitsmerkmale auf

den L2-Lernerfolg ist nicht ganz eindeutig (was mit Sicherheit darauf zurückzuführen ist,

dass es sich um einen schwer erfassbaren Untersuchungsgegenstand handelt). Es wird bei-

spielsweise angenommen, dass ein extrovertierter Lernender den Kontakt zu Mutter-

sprachlern sucht und infolgedessen einen höheren Lernerfolg verzeichnen könnte als ein

introvertierter Lernender. Auch Risikobereitschaft und Ambiguitätstoleranz des/der Ler-

nenden (z.B. der Umgang mit unvollständigen oder widersprüchlichen Informationen) wir-

ken sich positiv auf den L2-Erwerb aus. Ein allzu starkes Streben, die Zielsprache möglichst

fehlerfrei zu verwenden, kann zu Ängsten vor Sprachverwendungssituationen führen und

den L2-Erwerb negativ beeinflussen (vgl. Kniffka & Siebert-Ott 2009: 62f.). Die Variable

Angst bzw. Ängstlichkeit wurde im Fremdsprachenlernkontext mehrfach empirisch unter-

sucht. Für die Komponenten Sprechangst, Angst vor Evaluation und Prüfungsangst konnte

ein negativer Einfluss auf den Zweitsprachenerwerbsprozess nachgewiesen werden (vgl.

Hufeisen & Riemer 2010: 745). MacIntyre (1995: 96) erklärt hierzu: „*…+ because anxious

students are focused on both the task at hand and their reactions to it. *…+ *They+ will not

learn as quickly as relaxed students.“

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Die Sprachlerneignung (language learning aptitude) und die Motivation zählen schließlich

zu den am häufigsten untersuchten und den für am wichtigsten befundenen Faktoren. Als

Sprachlerneignung wird die Fähigkeit eines/einer Lernenden bezeichnet, eine Fremd- bzw.

Zweitsprache in relativ kurzer Zeit zu erwerben. Sie setzt sich in erster Linie aus sprachana-

lytischen Fähigkeiten sowie der Kapazität des Arbeitsgedächtnisses zusammen und kann mit

bestimmten Testverfahren – z.B. dem Modern Language Aptitude Test (MLAT) – gemessen

werden (vgl. Hufeisen & Riemer 2010: 744f.; Kniffka & Siebert-Ott 2009: 60). In einigen Un-

tersuchungen (z.B. van Els et al. 1984) konnte der schulische Erfolg relativ gut mit diesem

Test prognostiziert werden und somit der Zusammenhang zwischen Sprachlerneignung und

Lernerfolg nachgewiesen werden (vgl. Huneke & Steinig 2010: 22).

Unter Motivation wird in der Zweitsprachenerwerbsforschung eine längerfristige stabile

Einstellung des/der Lernenden verstanden. Lange Zeit unterschied man zwischen instru-

menteller und integrativer Motivation. Lerner(innen), die sich vom Erwerb einer weiteren

Sprache praktische Vorteile erhoffen, wie beispielsweise bessere Chancen für die berufliche

Karriere, sind instrumentell motiviert. Lerner(innen), die Sympathie für die Zielsprache und

-kultur empfinden und sich sogar mit ihr identifizieren können, sind hingegen integrativ

motiviert (vgl. ebd.: 19). Einige Untersuchungen deuten darauf hin, dass Letztere den Zweit-

sprachenerwerbsprozess erfolgreicher durchlaufen (vgl. Kniffka & Siebert-Ott 2009: 65).

In der derzeitigen L2-Motivationsforschung werden zunehmend psychologische Theoriean-

sätze berücksichtigt, die diverse andere Einflussfaktoren interner und externer Art zum Fak-

tor Motivation in Beziehung setzen. Dadurch kann die strenge Unterscheidung von integra-

tiver und instrumenteller Motivation nicht mehr aufrecht erhalten werden (vgl. ebd.: 66).

Abschließend lässt sich festhalten, dass viele verschiedene Faktoren auf den L2-Erwerbspro-

zess einwirken, die sich gegenseitig ergänzen und beeinflussen können. Es ist demnach we-

nig sinnvoll, einzelne Variablen isoliert zu betrachten. Riemer (1997) konnte im Zuge ihrer

Einzelgänger-Hypothese den empirischen Nachweis erbringen, dass der fremdsprachliche

Aneignungsvorgang ein hochgradig individuell verlaufender Prozess ist und die Effekte von

einzelnen Faktoren nicht generalisierbar bzw. vorhersagbar sind (vgl. Riemer 1997: 77, 229).

Als didaktische Konsequenz ergibt sich daraus, dass bei jedem/jeder einzelnen Lernenden

festgestellt werden müsste, welcher Faktorenkomplex hier wirkt und zu einem spezifischen

Lernverhalten führt. Den Faktor, der den Erfolg bzw. Misserfolg beim L2-Lernen am besten

prognostiziert, gibt es nicht (vgl. Huneke & Steinig 2010: 27; Riemer 2002: 68).

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4. Sprachförderung von Kindern und Jugendlichen mit Migrations-

hintergrund

Im zweiten Kapitel wurde bereits auf die Bildungssituation von Kindern und Jugendlichen

mit Migrationshintergrund eingegangen und auf deren Benachteiligung im deutschen Schul-

system hingewiesen, wobei das Schulversagen dieser Schüler(innen) in erster Linie auf die

mangelnden Deutschkompetenzen zurückzuführen ist (siehe Abschnitt 2.2). Überdies wurde

im dritten Kapitel konstatiert, dass Schüler(innen), die Deutsch als Zweitsprache lernen,

konzeptionell-schriftsprachliche Kompetenzen (CALP) erwerben müssen, um aktiv und er-

folgreich am Schulunterricht teilnehmen zu können. Angesichts dieser Tatsachen ist die

Forderung nach einer kontinuierlichen – und nicht vorübergehenden – sprachlichen Förde-

rung dieser Kinder und Jugendlichen von zentraler Bedeutung für die deutsche Bildungspoli-

tik. Diverse Vorschläge und Konzepte für eine Veränderung des Bildungswesens und Schul-

unterrichts liegen in großer Anzahl vor, ohne dass sie jedoch systematisch aufgegriffen und

in der Praxis umgesetzt worden wären (vgl. Steinmüller 2007: 327). Reich (2001: 65) kommt

nach einem Überblick über die Entwicklungen im Bereich Deutsch als Zweitsprache an öf-

fentlichen Schulen zu folgendem ernüchternden Fazit:

Insgesamt ist DaZ an staatlichen Schulen zu sehr als Sondermaßnahme, zu wenig als dauerhafte Aufgabe des Bildungssystems gesehen. Es ist nur in ungenügender Weise in Fächerkanon und Stundentafel eingebunden; Lehrplanentwicklung und Lehrmit-telproduktion bleiben hinter dem für andere Fächer erreichten Stand zurück; die Herausbildung von Fachlehrern wird durch rasch wechselnde Einsätze, prekäre Be-schäftigungsverhältnisse und Defizite im Lehrerbildungssystem erschwert, wenn nicht blockiert.

In diesem vierten Kapitel soll die gegenwärtige Entwicklung von Deutsch als Zweitsprache

im Kontext Schule skizziert werden, wobei der Fokus auf der Sekundarstufe I liegt, welcher

insbesondere für den empirischen Teil der vorliegenden Arbeit von Interesse ist.11 Auch

wenn DaZ vielerorts nicht in der Stundentafel oder den Fachrahmenplänen fest verankert

ist, gibt es in den verschiedenen Bundesländern ein großes Angebot an Sprachfördermaß-

nahmen. Neben schulischen Angeboten findet sich v.a. ein breites Spektrum an außerschu-

lischen Angeboten unterschiedlicher Einrichtungen und Trägerschaften, die kaum zu über-

blicken sind und daher nur exemplarisch aufgegriffen werden können. Zunächst soll ein

11

Einen umfassenden Überblick über Sprachfördermaßnahmen im vorschulischen Bereich und in der Primarstufe bieten Kallmeyer (2007) und Kniffka & Siebert-Ott (2009: 126-138).

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Überblick über die internationalen schulorganisatorischen Modelle zweisprachiger Bildung

gegeben werden, um vor diesem Hintergrund die schulischen Sprachfördermaßnahmen in

Deutschland näher zu beschreiben.

4.1 Internationale Schulmodelle zweisprachiger Erziehung

Wie und in welchem Umfang werden zwei- oder mehrsprachige Schüler(innen) im Rahmen

schulischer Bildung unterrichtet? Und inwieweit wird hierbei die Herkunftssprache der

Lernenden berücksichtigt? Diese Fragen können auf ganz unterschiedliche Art und Weise

beantwortet werden und führen zu verschiedenen Modellen zweisprachiger Bildung. Auf

internationaler Ebene lassen sich grob zwei Varianten voneinander unterscheiden: das ein-

sprachige und das zweisprachige Modell. Bei Ersterem erfolgt der Schulunterricht überwie-

gend in der Zweitsprache der Lernenden (in der Regel in der Landessprache); bei Letzterem

findet ein bestimmter Anteil des Unterrichts in zwei Sprachen – zumeist in der Herkunfts-

sprache sowie der Zweitsprache – statt. Das einsprachige Modell ist weiterhin in zwei

Haupttypen zu differenzieren, die Submersion und Immersion. Die zweisprachigen Modellen

sind in transitorische Modelle, language-maintenance- und two-way-immersion-Modelle zu

unterscheiden (vgl. Kniffka & Siebert-Ott 2009: 139f.).

4.1.1 Submersion und Immersion

In Submersionsprogrammen werden zugewanderte Kinder und Jugendliche ohne Berück-

sichtigung ihrer Sprachenkenntnisse in die Regelklasse integriert und dort in der Landes-

sprache unterrichtet (vgl. ebd.). Oomen-Welke (2003: 287) spricht in diesem Zusammen-

hang vom „Untergehen Einzelner oder von Gruppen in einem andersartigen Klassenverband

mit seiner Mehrheitssprache“, denn die Lernenden müssen die L2 ohne begleitende und

unterstützende Maßnahmen allein durch den alltäglichen Gebrauch der Sprache und den

Umgang mit ihren Schulkameraden erwerben. Viele Schüler(innen) sind dieser Anforderung

nicht gewachsen und gehen wortwörtlich unter. Obwohl es sich bei der Submersion um kein

definiertes Konzept handelt und das Ziel der landessprachlichen Assimilation (also die

sprachliche Anpassung) oftmals verfehlt wird, ist es international betrachtet die häufigste

Schulform für Kinder und Jugendliche aus Einwandererfamilien (vgl. ebd.; Rösch 2007a:

289).

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Seit dem PISA-Schock gibt es verstärkt Angebote einer L2-Förderung, die die Kompetenz in

der Zweit- bzw. Unterrichtssprache vorbereitend zum Regelunterricht ausbilden. In diesem

Fall handelt es sich um Immersionkonzepte. Immersion meint das angeleitete Eintauchen in

ein Sprachbad, zumeist gemeinsam mit Kindern und Jugendlichen, die sich in einer ähnli-

chen Situation befinden (sogenannten peers). Im Gegensatz zur Submersion ist die Landes-

sprache hier nicht nur Unterrichtssprache, sondern auch Lerngegenstand. Zudem orientiert

sich der Unterricht am jeweiligen Sprachstand der Schüler(innen). Je nach didaktischem

Ansatz können Sprach- und Fachlernen miteinander verbunden sein. Eher selten wird bei

Immersionsprogrammen die Herkunftssprache in das Unterrichtsgeschehen mit einbezo-

gen. Weiterhin werden im Rahmen von Immersionsmodellen häufig ausgebildete Lehrkräfte

für die Vermittlung von Fremd- bzw. Zweitsprache eingesetzt (vgl. Belke 1999: 10f.; Kniffka

& Siebert-Ott 2009: 142; Rösch 2007a: 289).

4.1.2 Transitorische Modelle

Bei transitorischen Modellen, die auch als translinguale Modelle bezeichnet werden, findet

im Laufe der Schulzeit ein Wechsel von der L1 zur L2 statt. Zugewanderte Kinder und Ju-

gendliche werden über einen bestimmten Zeitraum hinweg zunächst in ihrer Herkunfts-

sprache unterrichtet und erhalten zunehmend Unterricht in der Zweitsprache, bis sie

schließlich in reguläre Klassen übergehen können (vgl. Kniffka & Siebert-Ott 2009: 140). Der

Erstsprache kommt dabei kein eigentlicher Wert zu, sondern sie erfüllt primär eine instru-

mentelle und strukturelle Funktion – der Unterricht in der L1 soll verhindern, dass während

des Zweitsprachenerwerbs allzu große Lücken in den Schulfächern entstehen (vgl.

Skutnabb-Kangas 1992: 65). Einige Autor(inn)en führen in diesem Kontext auch an, dass

transitorische Programme lediglich eine raffiniertere Form der Submersion darstellen wür-

den, da auch hier eine Assimilation angestrebt wird (vgl. ebd.; Baker 1996: 178). Des Weite-

ren birgt der mit der translingualen Erziehung verbundene Sprachwechsel die Gefahr, dass

die Lernenden am Ende der Schullaufbahn die Landessprache deutlich besser beherrschen

als ihre Erstsprache. Einige Länder reagieren hierauf mit Spracherhaltungsprogrammen,

indem sie die Herkunftssprachen im ergänzenden Unterricht anbieten oder ergänzend zur

Landessprache als Unterrichtssprache nutzen, um so deren Erhalt zu sichern. Zumeist findet

nach dem Übergang in die Regelklassen jedoch kein Unterricht in der Herkunftssprache der

Lernenden statt (vgl. Rösch 2007a: 289f.).

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4.1.3 Language-maintenance-Modelle

Das Hauptanliegen der language-maintenance-Modelle ist der Erhalt der Herkunftssprache

(language of origin) bzw. des kulturellen Erbes (heritage language) der Migrant(inn)en. Die

L1 bleibt während der gesamten Schulzeit ein wesentlicher Bestandteil des Curriculums und

wird neben der L2 als Fach unterrichtet, mit dem Ziel, eine balancierte Zweisprachigkeit

auszubilden (siehe Kapitel 3.1). Auf diese Weise soll der Erhalt des kulturellen Erbes einer

sprachlichen Minderheit gesichert und damit einhergehend verhindert werden, dass eine

Sprache, die nur noch von einer kleinen Sprachgemeinschaft gesprochen wird, ausstirbt

(vgl. Kniffka & Siebert-Ott 2009: 141). Solche Spracherhaltungsprogramme existieren

beispielsweise für die Apachensprache Navajo, die im Südwesten der USA von einigen Be-

wohnern gesprochen wird, für das Kymrische in Wales oder für Ukrainisch in Kanada (vgl.

Baker 1996: 184).

4.1.4 Two-way-immersion-Modelle

Bei den two-way-immersion-Modellen werden Schüler(innen) zweier Sprachgruppen in bei-

den Sprachen unterrichtet. Das wohl berühmteste Beispiel sind die bilingualen Immersions-

programme Englisch/Französisch in Kanada, in welchen ein Teil der Fächer in Englisch, ein

anderer Teil in Französisch unterrichtet wird (vgl. Kniffka & Siebert-Ott 2009: 140). Auch in

Deutschland werden an einigen Standorten in verschiedenen Bundesländern two-way-Im-

mersion-Programme erprobt (z.B. die Staatliche Europaschule in Berlin). Für Rösch (2007a:

290) variiert die Zielsetzung der bilingualen Angebote allerdings „zwischen einer paritäti-

schen Zweisprachigkeit für die Minderheit und einer asymmetrischen Zweisprachigkeit für

die Mehrheit“. So werden z.B. auf einer Deutsch/Türkischen-Schule von den Schüler(inne)n

deutscher Herkunftssprache meist geringere Leistungen in der L2 (hier: Türkisch) erwartet

als von den türkischen Mitschüler(inne)n in ihrer L2 (hier: Deutsch).

Ferner sollte angemerkt werden, dass sich in vielen Ländern die bilingualen Modelle zu-

meist nur an eine Sprachgemeinschaft richten und oft auch nur einzelne Fächer in einer

Fremdsprache unterrichtet werden (z.B. werden im Rahmen des bilingualen Sachfachun-

terrichts Fächer wie Geschichte oder Biologie in Englisch erteilt, die restlichen Unterrichts-

fächer jedoch weiterhin in der entsprechenden Landessprache) (vgl. ebd.). Der bilinguale

Sachfachunterricht findet in den letzten Jahren verstärkt Einzug in die Schulen und wird

auch als Content and Language Integrated Learning, kurz: CLIL, bezeichnet. Dieser fremd-

sprachige Fachunterricht wird in der Regel von Lehrkräften erteilt, die zum einen eine

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Fremdsprache und zum anderen eine Natur- oder Geisteswissenschaft studiert haben. Da-

rüber hinaus können Lehramtsstudierende an einigen Universitäten das Zusatzstudium Bi-

lingualer Sachfachunterricht absolvieren (z.B. in Bochum, Bremen oder Wuppertal). Im

Zentrum des Unterrichts steht die Vermittlung fachlicher Inhalte, doch hiermit verbunden

findet eine sprachliche Instruktion der Schüler(innen) statt, sodass die Sprache sowohl

Lernmedium als auch Lerngegenstand darstellt. Ein guter CLIL-Unterricht berücksichtigt das

Fremdsprachenniveau der Lernenden, greift sprachliche Problemfelder auf und vermittelt

die sprachlichen Mittel, die für den jeweiligen Fachkontext benötigt werden (vgl. ebd.: 294).

Die Vorteile des inhaltsorientierten Fremdsprachenunterrichts liegen in der natürlicheren

Spracherwerbssituation sowie in der Nutzung von Synergien zwischen sprachlichem und

fachlichem Lernen, so Schader (2004: 60).

Abschließend sollte die Frage gestellt werden, welches der vorgestellten Modelle den meis-

ten Erfolg verspricht. Diesbezüglich gibt es in der Forschung noch keine eindeutigen Ant-

worten. Gogolin (2005b: 22) kommt im Rückgriff auf Studien aus den USA und Kanada zu

dem Schluss, dass Modelle, in denen Schüler(innen) ausschließlich in Englisch unterrichtet

werden, am schlechtesten abschneiden. Bessere Ergebnisse erzielen transitorische Modelle.

Je länger die L1 gefördert wird, umso bessere Leistungen zeigen die Schüler(innen) in der L2

und in den Naturwissenschaften (insbesondere in Mathematik). Am besten schneiden aller-

dings konsequent bilinguale Modelle ab (vgl. ebd.). Lüddecke & Luchtenberg (2003: 319)

kommen zu ähnlichen Befunden und sprechen sich eindeutig gegen das einsprachige Mo-

dell aus: „Aus unterrichtsbezogener Sicht ist dem Ideal einer Assimilation von Ausländern

ganz klar entgegenzuwirken.“ Vielmehr müsse es darum gehen, die Lebenssituation von

Schüler(inne)n mit Migrationshintergrund ernst zu nehmen, ihre eigenen Lernwege, ihre

Zweit- und Mehrsprachenkompetenz anzuerkennen und zu fördern (vgl. ebd.).

4.2 Sprachfördermaßnahmen im schulischen Bereich in Deutschland

Die angeführten Modelle zweisprachiger Erziehung finden sich fast alle in der einen oder

anderen Form auch in Deutschland wieder. Für den DaZ-Bereich in der Sekundarstufe I hat

sich ein breites, uneinheitliches und schwer überschaubares Netz von schulischen Förder-

maßnahmen etabliert; viele Bundesländer haben eigene Regelungen und Lehrpläne entwi-

ckelt (vgl. Kuhs 2007: 266). Drei Organisationsformen für den schulischen DaZ-Unterricht

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kommen dabei in allen Bundesländern vor: Zusätzlicher Förderunterricht neben dem Regel-

klassenunterricht, Sprachförderung im Rahmen der Regelklasse sowie internationale Vor-

bereitungsklassen für Seiteneinsteiger (vgl. Knapp 2008: 142). Diese drei Förderkonzepte

werden auf den kommenden Seiten erläutert, wobei der Fokus auf der Beschreibung der

internationalen Vorbereitungsklassen liegt, da diese den Untersuchungsgegenstand für die

empirische Studie bilden.

4.2.1 Zusätzlicher Förderunterricht neben dem Regelklassenunterricht

Von den schulorganisatorischen Modellen ist die oben genannte Submersion in Deutschland

am häufigsten vertreten, d.h. Schüler(innen) mit nichtdeutscher Herkunftssprache werden

üblicherweise in Regelklassen eingeschult. Oftmals erhalten diese Schüler(innen) separaten

Förderunterricht in Deutsch als Zweitsprache. Diesen Fall bezeichnet man auch als gestützte

Submersion (vgl. Kniffka & Siebert-Ott 2009: 141). Die Förderkurse finden meist in den

Randstunden oder am Nachmittag statt und haben einen Umfang von einer bis vier, gele-

gentlich bis zu sechs Unterrichtsstunden in der Woche. Je nach Anzahl der Schüler(innen)

und Kapazitäten der Schule werden für die Jahrgangsstufe entweder eigene oder jahrgang-

sübergreifende Kurse eingerichtet. Nur selten ist der Förderunterricht curricular eigenstän-

dig organisiert; häufiger greift er Inhalte – vorbereitend oder nachbereitend – aus dem

Regelunterricht auf. Der nachbereitende Unterricht versucht, sprachliche Defizite, die im

regulären Unterricht (z.B. bei einer Klassenarbeit) auffallen, auszugleichen. Diese Form der

Förderung ist weit verbreitet, gilt jedoch als wenig gewinnbringend, da die Motivation der

Schüler(innen) zumeist sehr gering ist und nachträgliche Verbesserungen, v.a. sprachlicher

Art, nur wenig Beachtung im Regelunterricht finden. Der vorbereitende Förderunterricht ist

in dieser Hinsicht häufig effektiver: Hier werden Inhalte der Folgestunde(n) erarbeitet und

wichtige sprachliche Strukturen und Begrifflichkeiten (insbesondere Fachtermini) vermittelt,

sodass die Schüler(innen) vorbereitet in ihre Regelklasse gehen und sich besser am Unter-

richtsgeschehen beteiligen können (vgl. Knapp 2008: 143). Voraussetzung für diese Vorge-

hensweise ist allerdings der regelmäßige Austausch zwischen Förder- und Regelklassenlehr-

kräften über die Unterrichtsinhalte.

4.2.2 Sprachförderung im Rahmen der Regelklasse

Neben den zusätzlichen Förderkursen für DaZ-Lernende findet immer häufiger auch eine

Unterstützung dieser Schüler(innen) innerhalb des Regelunterrichts statt. Dies kann durch

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binnendifferenzierende Maßnahmen realisiert werden, indem den DaZ-Lerner(inne)n teil-

weise andere Aufgaben und Materialien bereitgestellt werden als der übrigen Klasse. Solche

Aufgaben berücksichtigen den jeweiligen Sprach- bzw. Lernstand der Schüler(innen) und

zeichnen sich beispielsweise durch Textentlastung (z.B. einfacher Wortschatz und Satzbau

oder kürzere Texte) und einen geringeren Schwierigkeitsgrad aus. Eine weitere Möglichkeit

der inneren Differenzierung bietet das Tutorenprinzip, nach dem leistungsstarke Schü-

ler(innen) die Rolle eines Tutors bzw. einer Tutorin übernehmen und die DaZ-Lernenden in

bestimmten Unterrichtsphasen (z.B. bei Einzel-, Partner- oder Gruppenarbeit) unterstützen.

Des Weiteren kann durch Teamteaching eine Sprachförderung auch innerhalb der Regel-

klasse stattfinden, indem sich eine der beiden Lehrpersonen gezielt den DaZ-Schüler(inne)n

zuwendet und ihnen behilflich zur Seite steht (vgl. ebd.: 142).

Ferner liefert der in Abschnitt 4.1.4 beschriebene CLIL-Ansatz vielfältige Anregungen für den

Sachfachunterricht mit DaZ-Schüler(inne)n im Rahmen der Regelklasse – allerdings unter

der Voraussetzung, dass dieser Unterricht für DaZ-Lernende in erster Linie Sprachunterricht

darstellt (vgl. Rösch 2007a: 294). Auch im Fremdsprachenunterricht kann eine Integration

des Deutschen als Zweitsprache erfolgen und damit der Mehrsprachigkeitserziehung Raum

gegeben werden. Wichtig ist hier, dass der Fremdsprachenunterricht das Prinzip der Ein-

sprachigkeit zu Gunsten des Sprachvergleichs aufgibt. Der Vergleich kann sich beispiels-

weise auf die den Lernenden bereits bekannten Fremdsprachen beziehen oder durch Einbe-

zug der Herkunftssprache erfolgen. Auch können Spracherwerbsstrategien und Sprachlern-

phänomene, wie Interferenzen bzw. der Umgang mit „falschen Freunden“, im Unterricht

thematisiert und entsprechend aufgearbeitet werden (vgl. Luchtenberg 2009: 469).

Schließlich sollte an dieser Stelle erneut betont werden, dass die Sprachförderung im Zu-

sammenhang mit der Regelklasse nur zu realisieren ist, wenn DaZ nicht mehr länger als

Sondermaßnahme, sondern als Unterrichtsprinzip in allen Fächern verstanden wird. Nur

wenn sich jede Lehrkraft, und damit auch die Mathematik-, Politik- oder Physiklehrkraft, für

die Sprachförderung von Kindern und Jugendlichen nichtdeutscher Herkunftssprache mit-

verantwortlich fühlen (und diese Verantwortung nicht allein den Förder- oder Deutschlehr-

kräften überlässt), besteht für diese Lernenden die Möglichkeit, eine angemessene Kompe-

tenz in der Zweitsprache zu erlangen und dem Unterricht in der Regelklasse folgen zu

können (vgl. Rösch 2004: 93). Die erhöhte Sprachaufmerksamkeit in den Schulfächern

dürfte zudem für alle Schüler(innen) von Nutzen sein, da insbesondere die Vermittlung von

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Fachsprache stärker sprachbezogen erfolgt und nicht, wie bislang häufig, implizit in der

Vermittlung fachlicher Inhalte (vgl. Luchtenberg 2009: 468). In der Konsequenz würde dies

jedoch bedeuten, dass die Lehrkräfte eine Doppelqualifikation benötigen (fach- sowie DaZ-

didaktisch) und sich ein obligatorischer Teil der Lehrerausbildung mit sprachdidaktischen

Fragestellungen beschäftigen müsste (vgl. Kniffka & Siebert-Ott 2009: 9; Rösch 2007a: 294).

Hierauf wird am Ende des vierten Kapitels noch einmal gesondert eingegangen.

4.2.3 Internationale Vorbereitungsklassen für Seiteneinsteiger(innen)

Eine spezielle Förderung benötigen Kinder und Jugendliche, die aktuell zugewandert sind

und mit keinen oder nur geringen Deutschkenntnissen in unser Bildungssystem eintreten.

Bei dieser Schülerklientel handelt es sich um sogenannte Seiteneinsteiger(innen), d.h. Kin-

der und Jugendliche, die im Ausland geboren sind und dort in der Regel schon die Schule

besucht haben. Gemäß der Definition des statistischen Bundesamts handelt es sich hierbei

um die erste Generation (siehe Kapitel 2.1). Für diese Zielgruppe können internationale

Vorbereitungsklassen – auch Intensivklassen genannt – vor Eintritt in die Regelklasse enorm

hilfreich sein (vgl. Kniffka & Siebert-Ott 2009: 127, 141). Vorrangiges Ziel dieser Intensiv-

klassen (die im Übrigen mit den oben genannten Immersionsmodellen vergleichbar sind) ist

die Vermittlung grundlegender Kenntnisse in der Zweitsprache Deutsch, sodass die Schü-

ler(innen) schnellstmöglich dem Regelklassenunterricht folgen können. Für gewöhnlich

dauert diese Fördermaßnahme ein Jahr, kann aber je nach Lernfortschritt verkürzt oder

verlängert werden. Die Lernenden erhalten in dieser Zeit Unterricht in Deutsch als Zweit-

sprache und zumeist auch in anderen Schulfächern, beispielsweise in Mathematik, Englisch,

Biologie, Kunst oder Sport. Allerdings nimmt der Fachunterricht im Stundenplan einen ge-

ringeren Anteil als der DaZ-Unterricht ein und ist zudem weitgehend als sprachlicher Unter-

richt angelegt.

Eine Integration in die Regelklasse kann auf unterschiedliche Art und Weise erfolgen und

wird je nach Bundesland, ja sogar je nach Schule, unterschiedlich gehandhabt. Im Allgemei-

nen lassen sich zwei Vorgehensweisen voneinander unterscheiden: So findet in manchen

Schulen von Anfang an eine Teilintegration statt, indem die DaZ-Lerner(innen) in den Rand-

stunden den regulären Unterricht besuchen, am Mathematikunterricht oder weniger

sprachintensiven Fächern wie Kunst und Sport teilnehmen (vgl. Knapp 2008: 143). Andere

Schulen hingegen integrieren ihre Schüler(innen) erst nach Abschluss der Intensivklasse in

die Regelklasse, wobei der Übergang selten abrupt erfolgt. Zumeist lernen die Schü-

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ler(innen) ihre Zielklasse schon vor dem endgültigen Wechsel kennen und können schritt-

weise am Unterricht partizipieren. Der wesentliche Unterschied zwischen diesen beiden

Möglichkeiten liegt prinzipiell darin, dass die DaZ-Lernenden im ersten Fall für einige Stun-

den pro Woche in ihre jeweiligen Regelklassen „auswandern“, im zweiten Fall die Fachlehr-

kräfte zu den Seiteneinsteiger(inne)n in die Intensivklasse hineinkommen und dort unter-

richten.

Internationale Vorbereitungsklassen sind meist keine zentralen Einrichtungen, sondern

werden an verschiedenen Schulen in einem Schulbezirk installiert. Zugewanderte Kinder

und Jugendliche werden vom zuständigen Schulamt in eine Intensivklasse in Wohnortnähe

eingegliedert (dennoch müssen die Lernenden oft längere Anfahrtszeiten in Kauf nehmen,

da allgemein nur wenige Schulen solche Klassen eingerichtet haben; siehe hierzu auch Kapi-

tel 5.1). Generell ist die Tendenz zu erkennen, dass internationale Vorbereitungsklassen

häufiger an Haupt-, Real- und Gesamtschulen eingerichtet sind, weniger an Grundschulen,

Gymnasien und Berufsschulen. Nicht selten wechseln die Schüler(innen) nach der Zeit in der

Intensivklasse auf eine andere Schule, um einen höheren Schulzweig besuchen zu können

oder um die Distanz zwischen Wohnort und Schule zu verringern (vgl. Kniffka & Siebert-Ott

2009: 142).

Die Vorbereitungsklassen sind durch ein hohes Maß an Heterogenität charakterisiert. Da

vielerorts nur eine Intensivklasse für die Sekundarstufe I eingerichtet ist, werden alle Schü-

ler(innen) – unabhängig von Herkunft, Sprachzugehörigkeit und Alter – gemeinsam in einer

Klasse auf den Besuch einer altersgemäßen Regelklasse vorbereitet. Somit sind die Seiten-

einsteiger(innen) in der Regel zwischen 10 und 17 Jahre alt, kommen aus unterschiedlichen

Ländern, sprechen verschiedene Sprachen und weisen dementsprechend unterschiedliche

kulturelle Bildungshintergründe auf (vgl. Decker 2008: 165). Auch der Grad ihrer erst- und

zweitsprachlichen Kompetenz kann stark variieren. So reichen die Lernerprofile von denje-

nigen, die zuvor noch keine Schule besucht haben und noch alphabetisiert werden müssen,

über Schüler(innen), die in einem anderen Schriftsystem alphabetisiert sind (wie z.B. ara-

bisch oder chinesisch), bis zu Seiteneinsteiger(inne)n, die mehrere Sprachen und Schriftsys-

teme beherrschen (vgl. Kniffka & Siebert-Ott 2009: 141f.). Überdies resultieren aus den un-

terschiedlichen Herkunftskulturen oftmals auch kontroverse religiöse und weltanschauliche

Orientierungen, die ebenfalls im Unterricht berücksichtigt werden müssen (vgl. Decker

2008: 165). Hinzu kommen externe und interne Faktoren (siehe Kapitel 3.4), die Einfluss auf

den Unterricht nehmen können, wie die gegenwärtige soziale Situation der Familie, Auf-

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enthaltsstatus oder Einstellung zur deutschen Gesellschaft und Sprache. Auch die Motiva-

tion der Schüler(innen) und die Intensität außerschulischer Sprachkontakte beeinflussen

den Lernprozess in hohem Maße. Weiterhin führt die in Deutschland bestehende Schul-

pflicht gelegentlich zu Problemen, da einige Kinder und Jugendliche es nicht gewohnt sind,

überhaupt zur Schule zu gehen (vgl. ebd.: 166; Kniffka & Siebert-Ott 2009: 143). Ein weite-

res Merkmal der Intensivklassen zeigt sich in ihrer Fluktuation. Da Kinder und Jugendliche

kontinuierlich zuwandern, werden auch während des Schuljahres immer wieder neue

Schüler(innen) in die Klassen aufgenommen. Andere junge Zuwanderer verlassen die Klasse

nach kurzer Zeit wieder, entweder um zeitweise oder vollständig in die Regelklasse überzu-

gehen oder um ins Herkunftsland zurückzukehren (sei es freiwillig oder wegen Abschie-

bung) – all dies passiert oftmals mitten im Schuljahr (vgl. Decker 2008: 165).

Als Fazit lässt sich festhalten, dass die Arbeit in einer Vorbereitungsklasse ungemein an-

spruchsvoll und vielseitig ist, da die individuellen Unterschiede und Bedürfnisse wesentlich

größer sind als im normalen Schulunterricht in relativ homogenen Klassen. Will eine Lehr-

kraft allen Lernenden der Intensivklasse gerecht werden, kann dies nur über den Weg der

Binnendifferenzierung erfolgen (vgl. Kniffka & Siebert-Ott 2009: 142f; siehe hierzu auch

Kapitel 5.3.3).

4.2.3.1 Rahmenvorgaben und Richtlinien für Hessen

Als wesentliche Rahmenvorgaben und Richtlinien für Hessen in Bezug auf vorbereitende

Sprachfördermaßnahmen sind die Verordnung zum Schulbesuch von Schülerinnen und

Schülern nichtdeutscher Herkunftssprache vom 09. April 2003 sowie die Deutsch als Zweit-

sprache Handreichungen für den Unterricht in Intensivkursen und Intensivklassen des Hes-

sischen Kultusministeriums (HKM) zu nennen. Einzelne Bundesländer, wie z.B. Bayern, Ber-

lin oder Sachsen, haben im Unterschied zu Hessen bereits eigenständige DaZ-Rahmenpläne

entwickelt.12

Der Verordnung lassen sich folgende Regelungen entnehmen: Schüler(innen) mit geringen

Deutschkenntnissen, „bei denen die Teilnahme an einem Deutsch-Förderkurs *…+ nicht aus-

reichend erscheint, sind verpflichtet, am Unterricht einer Intensivklasse oder eines Intensiv-

12

Ein Vergleich der einzelnen Rahmenpläne und Handreichungen von den verschiedenen Bundesländern findet sich bei Rösch (2005: 83f.). Die Rahmenpläne und Handreichungen selbst sind auf der Homepage der jeweiligen Kultusministerien einzusehen.

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kurses teilzunehmen“ (HKM 2003: 239). In den Intensivklassen sollen 12 bis 16 Schü-

ler(innen) mit mindestens 20 bis 28 Wochenstunden für ein Jahr beschult werden; über

eine Verlängerung bzw. Verkürzung der Maßnahme entscheidet die Schulkonferenz. Zudem

ist eine Teilnahme der Lernenden am Unterricht von Regelklassen in einzelnen Unterrichts-

fächern (z.B. Musik und Sport) anzustreben (vgl. ebd.: 240; siehe auch 4.2.3). Dort wo Inten-

sivklassen aus personellen, sachlichen oder organisatorischen Gründen nicht eingerichtet

werden können, sind Intensivkurse für Lerngruppen mit nicht mehr als 12 Schüler(inne)n zu

installieren. Dabei sind mindestens 12 Wochenunterrichtsstunden für den Erwerb der deut-

schen Sprache vorzusehen; die restliche Zeit verbringen die Schüler(innen) in ihrer Rege-

klasse. Die Dauer der Förderung beträgt wie bei einer Intensivklasse ebenfalls ein Jahr und

kann je nach Bedarf verkürzt oder auf höchstens zwei Schuljahre verlängert werden. Die

Intensivkurse können wie die Intensivklassen jahrgangs- und schulübergreifend angelegt

sein. Ferner gibt die Verordnung vor, dass Alphabetisierungskurse für Schüler(innen) ohne

schulische Vorbildung im Rahmen der Intensivklasse und -kurse stattfinden (vgl. ebd.). Ziel

dieser Fördermaßnahmen soll sein,

dass sie [die Lernenden, M.S.] befähigt werden, die deutsche Sprache in Wort und Schrift zu beherrschen, sodass sie entsprechend ihrer Eignung gleiche Bildungs- und Ausbildungschancen erhalten und zu den gleichen Abschlüssen geführt werden wie ihre Mitschülerinnen und Mitschüler deutscher Sprache. Damit soll zugleich ein Bei-trag zur gesellschaftlichen Integration dieser Schülerinnen und Schüler geleistet werden (ebd.: 238).

Weiterhin unterliegen die betroffenen Schüler(innen) im Unterrichtsfach Deutsch einem

zweijährigen Notenschutz. Die Benotung kann in dieser Zeit durch eine schriftliche oder

mündliche Beurteilung über den individuellen Leistungsfortschritt des/der Lernenden er-

setzt werden (vgl. ebd.: 241).

Die DaZ-Handreichungen für den Unterricht in Intensivkursen und Intensivklassen wurden

2007 vom Hessischen Kultusministerium publiziert. Sie stellt keine verbindliche Grundlage

dar, sondern will vielmehr Anregungen zur systematischen Vermittlung von Deutsch als

Zweitsprache geben und ist in erster Linie als praktische Hilfe für den Unterricht konzipiert

(HKM 2007: 2, 6). In den grundlegenden Kapiteln werden Aspekte des Zweitsprachener-

werbs erörtert, fächerübergreifende Prinzipien für den Unterricht mit Zweitsprachenlernen

formuliert (z.B. Differenzierung, Verbindung von Sprach- und Fachlernen, interkulturelles

Lernen), die zentralen Lernbereiche der Sprachförderung aufgegriffen (z.B. die vier Fertig-

keiten: Hören, Lesen, Schreiben und Sprechen), aber auch sprachliche Mittel, wie Ausspra-

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che, Wortschatz oder Grammatik) und diverse Möglichkeiten zur Sprachstandserhebung

aufgeführt (z.B. Profilanalyse, Beobachtungsbögen, Kompetenzraster). Die theoretischen

Erörterungen werden dabei unmittelbar mit Beispielen und Vorschlägen für den eigenen

Unterricht in Intensivklassen und -kursen verknüpft. Des Weiteren bieten die Handreichun-

gen eine Zusammenstellung von Planungsrastern, Themenvorschlägen, exemplarischen

Unterrichtsbausteinen, Kopiervorlagen, Lernspielen sowie eine kommentierte Material-

empfehlung für verschiedene DaZ-Lernbereiche (vgl. ebd.: 6-8).

Zuletzt sollte angemerkt werden, dass sich die hessischen Handreichungen punktuell am

bayrischen Lehrplan orientieren. So wurden beispielsweise die sechs Themen- bzw. Lern-

felder (Ich und du, Lernen, Sich orientieren, Miteinander leben, Was mir wichtig ist und Sich

wohl fühlen) aus Bayern übernommen. Diese bestehen aus Kerninhalten, lexikalischen Be-

reichen, syntaktischen Mitteln und möglichen Schüleraktivitäten (vgl. ebd.: 74; Bayerisches

Staatsministerium für Unterricht und Kultus 2001: 10f.). Auch kann konstatiert werden, dass

sich die Handreichungen in ihrem gesamten Aufbau stark an dem DaZ-Handbuch von Rösch

et al. (2005) anlehnen.

4.3 Sprachfördermaßnahmen im außerschulischen Bereich in Deutschland

Das Angebot an Sprachfördermaßnahmen im außerschulischen Bereich ist ungemein groß,

da eine Vielzahl von freien wie auch öffentlichen Organisationen und Einrichtungen in die-

sem Bereich tätig sind. Hierzu zählen Jugendämter, interkulturelle Dienste und kirchliche

Einrichtungen, wie beispielsweise der Caritasverband oder die Arbeiterwohlfahrt, die Kinder

und Jugendliche mit Migrationshintergrund meist nachmittags in Form von Sprachkursen,

Hausaufgabenhilfen oder speziellen Projekten unterstützen. Betreut werden die Heran-

wachsenden oftmals von Honorarkräften (z.B. Studierenden) oder ehrenamtlichen Mitar-

beiter(inne)n, die nicht immer speziell für die Sprachförderung ausgebildet sind. Zudem

bieten die Regionalen Arbeitsstellen zur Förderung von Kindern und Jugendlichen aus Zu-

wandererfamilien (RAA) – häufig in Zusammenarbeit mit freien Trägern oder Universitäten

– ein interessantes Angebot an Sprachfördermaßnahmen und auch Lehrerfortbildungen im

Bereich DaZ an (vgl. Kniffka & Siebert-Ott 2009: 146). Des Weiteren sind im Kontext außer-

schulischer Lernorte die von Heidi Rösch konzipierten DaZ-Sommercamps zu nennen, die

u.a. vom Berliner Max-Planck-Institut für Bildungsforschung sowie den Universitäten Duis-

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burg-Essen und Münster wissenschaftlich begleitet werden (vgl. Rösch 2007b: 229f.). Die

Sprachcamps finden in den Schulferien statt und richten sich an Schüler(innen) der Sekun-

darstufe I sowohl mit als auch ohne Migrationshintergrund. Ziel ist es einerseits, Stolper-

steine der deutschen Sprache zu ermitteln und die DaZ-Lernenden zur Sprachverwendung,

insbesondere in ungesteuerten Erwerbssituationen, anzuregen. Andererseits soll durch die

Ferienkurse beiden Schülergruppen (d.h. DaZ- und DaM-Schüler(inne)n) die Möglichkeit

gegeben werden, sich außerhalb der Schule zu begegnen und gemeinsame Projekte zu rea-

lisieren (vgl. ebd.: 231f.).

Zusätzlich engagieren sich seit einigen Jahren vermehrt Stiftungen im Bereich der Sprach-

förderung von Kindern und Jugendlichen aus Migrantenfamilien. Das Engagement reicht

dabei von der finanziellen Unterstützung einzelner Förderprojekte durch kleinere Stiftungen

bis zu Stipendienprogrammen großer Stiftungen. So vergeben beispielsweise die Pro-

gramme START der Hertie-Stiftung (www.start-stiftung.de) oder Talent im Land der Robert-

Bosch-Stiftung (www.talentimland.bosch-stiftung.de) Stipendien an engagierte junge Zu-

wanderer (vgl. Kniffka & Siebert-Ott 2009: 147). Im Bereich der DaZ-Förderung sind insbe-

sondere zwei Initiativen hervorzuheben, die die schulische mit der außerschulischen Bildung

verzahnen. Gemeint sind das Projekt Förderunterricht für Kinder und Jugendliche mit

Migrationshintergrund der Stiftung Mercator sowie das BLK-Programm FörMig. Das Merca-

tor-Projekt geht auf das Förderkonzept der Universität Duisburg-Essen zurück. Hier erteilen

Lehramtsstudierende Kindern und Jugendlichen der Sekundarstufe I und II mit mangelnden

Deutschkenntnissen (Sprach-)Förderunterricht in allen Fächern. Die Fördermaßnahme ist als

besonders effektiv zu bewerten, da sie zum einen eine Verbindung zwischen Sprach- und

Fachlernen herstellt und zum anderen zwei Zielgruppen gleichzeitig im Blick hat: die Ler-

nenden mit Migrationshintergrund und die Studierenden. Durch die Lehrpraxis können Me-

thoden im Umgang mit heterogenen Klassen erprobt und somit gute Voraussetzungen für

das Leben und Arbeiten in einer Einwanderungsgesellschaft geschaffen werden (vgl. Barzel

& Salek 2007: 206, 208f.). Der Förderunterricht findet zusätzlich zum regulären Schulunter-

richt statt, zumeist nachmittags in den Räumlichkeiten der Schule oder der Universität.

Etwa zwei bis vier Stunden pro Woche werden die Schüler(innen) in Kleingruppen (drei bis

sieben Lernende) unterrichtet, wobei die Gruppen im Hinblick auf Alter, Herkunftsland und

Schulform größtenteils heterogen zusammengesetzt sind. Das Angebot ist für die Ler-

ner(innen) freiwillig und wird von der Stiftung Mercator finanziert, sodass für die vielfach

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schlecht situierten Familien keine Kosten entstehen. Um jedoch ein gewisses Maß an Ver-

bindlichkeit herzustellen, schließen die Schüler(innen) vielerorts Lernverträge ab und ver-

pflichten sich so zu einer regelmäßigen Teilnahme. Der Förderunterricht wird mittlerweile

an 35 Standorten in ganz Deutschland angeboten. Über 6000 Schüler(innen) mit Migrations-

hintergrund und 1000 Studierende aus 14 Bundesländern sind inzwischen am Projekt

beteiligt. Vor Ort werden die einzelnen Sprachförderprojekte jeweils von einer Hochschule

und anderen Kooperationspartnern (z.B. RAAs, Vereine, Stadtverwaltung) unterstützt (vgl.

ebd.: 207f.).

Im Jahr 2004 wurde das auf fünf Jahre angelegte Modellprogramm FörMig (Förderung von

Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund) von der Bund-Länder-Kommission für

Bildungsplanung und Forschungsförderung (BLK) initiiert. FörMig vereinigt Projekte in insge-

samt zehn Bundesländern, die mit unterschiedlichen Zugriffsweisen versuchen, eine syste-

matische, nachhaltig wirksame Sprachbildung bei Kindern und Jugendlichen mit Migrations-

hintergrund zu etablieren, um deren Erfolgschancen in Schule und Beruf zu erhöhen (vgl.

Gogolin & Saalmann 2007: 187). Im Zentrum des BLK-Programms steht die intensivierte

Sprachförderung von Schüler(inne)n nichtdeutscher Herkunftssprache, insbesondere die

Förderung der situationsadäquaten schriftlichen wie mündlichen Ausdrucksfähigkeit. Be-

rücksichtigt werden u.a. die Verzahnung von schulischen und außerschulischen Instanzen,

die Übergänge im Erziehungs- und Bildungswesen (vom Kindergarten in die Grundschule, in

weiterführende Schulen und schließlich ins Berufsleben), die Weiterbildung des pädagogi-

schen Fachpersonals, der Aufbau regionaler und überregionaler Netzwerke sowie die Ent-

wicklung einer Evaluationskultur (vgl. ebd.: 195f.). Hauptanliegen des Programms ist es,

einen Beitrag zur Verbesserung der sprachlichen Bildung und damit zur Schul- sowie Quali-

tätsentwicklung im deutschen Bildungssystem zu leisten. Seit dem Abschluss des

Modellprogramms FörMig im Jahr 2009 werden Beispiele von best practice, also von be-

sonders erfolgreichen und erfolgsversprechenden Fördermaßnahmen, weiterentwickelt

und auf andere Einrichtungen transferiert (vgl. ebd.: 203). Das Institut für International und

Interkulturell Vergleichende Erziehungswissenschaft der Universität Hamburg hat als Pro-

grammträger die wissenschaftliche Begleitung übernommen und bietet auf dem zentralen

Server (www.blk-foermig.uni-Hamburg.de) Informationen zu allen Aktivitäten des BLK-Pro-

gramms an.

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Bisher ist es an 13 Standorten in sieben Bundesländern gelungen, eine Verbindung der Mer-

cator-Projekte mit solchen des BLK-Programms zu etablieren. Auf diese Weise können Sy-

nergien, Erkenntnisse und Erfahrungen beider Projekte genutzt werden – was nicht zuletzt

auf deren Nachhaltigkeit hindeutet (vgl. Barzel & Salek 2007: 211).

4.4 Zur Aus- und Weiterbildung der Lehrkräfte im Bereich DaZ

An einigen Stellen dieser Arbeit wurde bereits erwähnt, dass eine Qualifikation im Bereich

Deutsch als Zweitsprache für alle Lehrenden dringend erforderlich ist. Es ist naheliegend,

dass eine Ursache für den geringen Bildungserfolg von Kindern und Jugendlichen aus Mig-

rantenfamilien auch in der unzureichenden Ausbildung des Lehrpersonals liegt, welches bis

heute weder in der ersten noch in der zweiten Ausbildungsphase – d.h. Studium und Refe-

rendariat – angemessen auf den Unterricht in multilingualen und multikulturellen Klassen

vorbereitet wird (vgl. Kniffka & Siebert-Ott 2009: 9). Bislang ist DaZ an nur wenigen Univer-

sitäten fest in den Hochschulcurricula der Lehramtsstudiengänge verankert, sodass viele

angehende Lehrkräfte immer noch vor dem Hintergrund einer vermeintlich monolingualen

Schülerschaft ausgebildet werden. Selbst Studierende des Faches Germanistik müssen sich

vielerorts nicht zwangsläufig mit dem Thema Mehrsprachigkeitserziehung auseinanderset-

zen, ja werden eventuell nicht einmal mit den Belangen von Deutsch als Zweitsprache ver-

traut gemacht (vgl. Chlosta 2009: 482; Hinrichs & Riemer 2004: 225; Luchtenberg 2009:

471). Allerdings kann die Sprachförderung nicht nur alleinige Aufgabe der Deutschdidaktik

sein, denn – wie schon häufiger angeführt – jeder Unterricht ist immer auch als Deutsch-

und damit auch als DaZ-Unterricht zu verstehen. Demnach benötigen alle Lehrer(innen) in

dem Bereich der Zweitsprachenerwerbsforschung ein fundiertes Fachwissen sowie entspre-

chende methodisch-didaktische Kompetenzen im Umgang mit sprachlich heterogenen Klas-

sen, um einen sprachbewussten Unterricht erteilen und ihre Schüler(innen) nichtdeutscher

Herkunftssprache gezielt in der L2 fördern zu können (vgl. Edelmann 2008: 130; Kniffka &

Siebert-Ott 2009: 10, 26). Denkbar wären beispielsweise obligatorische DaZ-Veranstaltun-

gen im Rahmen der Erziehungswissenschaften, dem einzigen Bereich, in dem alle Lehramts-

studierende in etwa vergleichbare Erfahrungen und Kenntnisse sammeln können. Hierfür

müssten in den Universitäten entsprechende Stellen geschaffen und qualifiziertes Personal

eingestellt werden (vgl. Chlosta 2009: 482; Luchtenberg 2009: 472). Darüber hinaus müssen

aber auch alle Referendare und amtierende Lehrkräfte für die DaZ-Thematik sensibilisiert

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werden, sodass sie sich kritisch mit den Integrationsdiskursen auseinandersetzen und sich in

diesem Bereich weiterbilden. Zur Umsetzung sollte z.B. ein DaZ-Modul in die zweite Ausbil-

dungsphase und in die Lehrerfortbildung aufgenommen werden (vgl. Hufeisen & Neuner

2006: 168; Luchtenberg 2009: 472).

Entsprechende Forderungen wurden in Berlin bereits realisiert: Dort sind seit einiger Zeit in

beiden Ausbildungsphasen DaZ-Veranstaltungen für alle Lehramtsstudent(inn)en obligato-

risch. So wurde an der HU Berlin vor zwei Jahren für alle Bachelor- und Masterstudierenden,

die einen Lehramtsabschluss anstreben, ein Deutsch als Zweitsprache-Pflichtmodul einge-

führt. Dieses Modul besteht aus einem DaZ-Grundlagenmodul in der Bachelorphase und

einem DaZ-Aufbaumodul in der Masterphase (die jeweils zwei Lehrveranstaltungen umfas-

sen) (vgl. www.studium.hu-berlin.de/lust/lehrer/DaZ, 10.10.10). An der TU Berlin gibt es in

den Grundwissenschaften eine Pflichtveranstaltung für alle Lehramtsstudierenden mit dem

Titel: Lehrveranstaltung zum Unterricht mit Schüler/innen nichtdeutscher Herkunftssprache.

Im Referendariat ist schließlich die Teilnahme an einem DaZ-Lehrgang (im Umfang von 6 x

45 Minuten) für alle Lehramtsanwärter(innen) obligatorisch (vgl. Rösch 2004: 93f.).

Ferner kann inzwischen an einigen Universitätsstandorten von allen Lehrämtern DaZ in

Analogie zu DaF oder bilingualem Sachfachunterricht als Erweiterungs- oder Zusatzstudium

absolviert werden, so z.B. in Duisburg-Essen, Wuppertal, Bochum oder Augsburg. An ande-

ren Universitäten richten sich solche Zusatzqualifikationen oftmals nur an Studierende mit

dem Lehramtsfach Deutsch, wie u.a. in Dortmund, Regensburg oder Bremen (vgl. ebd.: 94;

Hufeisen & Neuner 2006: 168).

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43

5. Empirische Untersuchung

5.1 Allgemeine Hintergrundinformationen

Nachdem im ersten Teil der Arbeit die theoretischen Grundlagen zum Fachgebiet Deutsch

als Zweitsprache gelegt wurden, soll im zweiten Teil die empirische Untersuchung zu Inten-

sivklassen und Intensivkursen vorgestellt werden, die im Wintersemester 2010/11 an sieben

Schulen im Landkreis Darmstadt-Dieburg und der Stadt Darmstadt durchgeführt wurde. Ziel

war die Erstellung einer Bestandsaufnahme der DaZ-Konzeptionen von Intensivklassen und

-kursen aus dem Umkreis. Mithilfe eines Kriterienrasters wurden äußere Faktoren – also

beispielsweise Art und Umfang der Sprachfördermaßnahmen, Beschaffenheit der Einrich-

tungen sowie zur Verfügung stehende personelle, materielle und auch finanzielle Mittel –

erfasst. Der Deutsch als Zweitsprache-Unterricht in diesen Klassen bzw. Kursen war dem-

nach nicht Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Studie.

Derzeit gibt es für den Kreis Darmstadt-Dieburg und die Stadt Darmstadt an insgesamt

sechs Standorten Intensivklassen und an vier Standorten Intensivkurse; ein Intensivkurs ist

an einer Grundschule eingerichtet, alle anderen Kurse und Klassen befinden sich an wei-

terführenden Schulen (vgl. Staatliches Schulamt für den Landkreis Darmstadt-Dieburg und

der Stadt Darmstadt 2009: 13). An der empirischen Studie nahmen alle sechs Intensivklas-

sen und eine Schule, die mehrere Intensivkurse führt, teil. Da in der vorliegenden Arbeit nur

die Sekundarstufe I berücksichtigt werden kann, wurde der Intensivkurs der Primarstufe

nicht mit in die Untersuchung aufgenommen. Überdies wollten zwei Schulen, die einen In-

tensivkurs führen, nicht an der Studie teilnehmen.

Im Folgenden sollen die methodische Vorgehensweise und die Konzeption des Kriterien-

rasters skizziert werden. Hierauf folgt die Präsentation und Diskussion der Ergebnisse. Das

Kapitel schließt mit einer Reflexion zur empirischen Untersuchung.

5.2 Methodische Vorgehensweise

Um in einer empirischen Untersuchung Informationen von Personen oder Personengruppen

über bestimmte Sachverhalte zu erhalten, gibt es verschiedene Möglichkeiten. In der Fachli-

teratur werden im Allgemeinen die mündliche und schriftliche Befragung sowie beobach-

tende Verfahren angeführt (siehe z.B. Bortz & Döring 2006; Kromrey 2009; Schnell, Hill &

Esser 2005). Für die Bestandsaufnahme wurde insbesondere auf die mündliche Befragung,

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in Form eines Leitfadengesprächs, zurückgegriffen. Zusätzlich wurden die schriftlichen

Sprachförderkonzepte der einzelnen Schulen inhaltlich analysiert und die Räumlichkeiten

der Intensivklasse begutachtet. Die Grundlage für alle drei Untersuchungsformen bildete

ein fünfseitiges Kriterienraster mit geschlossenen und halbgeschlossenen Fragen. Bei Erste-

rem wurden vorformulierte Antwortalternativen, sogenannte Alternativfragen mit Ja und

Nein, vorgegeben. Dabei waren bei einzelnen Fragen auch Mehrfachantworten möglich (vgl.

Kromrey 2009: 352).13 Geschlossene Fragen sind im Gegensatz zu offenen Fragen schneller

zu beantworten und leichter auszuwerten. Zudem wird den Antworten auf eine geschlos-

sene Frage größere Zuverlässigkeit, also Reliabilität, zugeschrieben. Ein weiterer Vorteil die-

ser Frageform bezieht sich auf die Einheitlichkeit des Bezugsrahmens (wodurch sich die Va-

lidität erhöht) und die formale Vergleichbarkeit der Ergebnisse (vgl. Möhring & Schlütz

2010: 74). Allerdings besteht bei geschlossenen Fragen auch immer die Gefahr, dass die

vorgegebenen Antwortkategorien unvollständig ausfallen bzw. ist es fraglich, ob eine vom

Forschenden als geschlossen angesehene Frage auch dem/der Befragten als geschlossen er-

scheint. Diese Problematik tritt häufig dann auf, wenn die befragte Person in der Lage ist,

eine Thematik sehr differenziert zu beurteilen, da sie auf diesem Gebiet erfahren und sach-

kundig ist. Der/die Befragte wird evtl. den Eindruck erhalten, dass das Antwortspektrum

nicht vollkommen ausgeschöpft werden kann und wird somit weitere Kategorien vermissen

(vgl. ebd.: 356). Da für die Studie die Klassenlehrerinnen14 der Intensivklassen bzw. Intensiv-

kurse befragt wurden – es sich also um Personen handelt, die tagtäglich mit diesen Klassen

bzw. Kursen arbeiten und demnach Expertinnen in diesem Bereich sind – wurde versucht,

dem oben genannten Problem durch halbgeschlossene Fragen auszuweichen: Neben den

vorgegebenen Antwortkategorien wurde zusätzlich die Kategorie Sonstiges für weitere Aus-

künfte der Lehrenden offen gehalten (Hybridfrage) (vgl. Schnell, Hill & Esser 2005: 333).

Bei dem Interview mit den Lehrerinnen handelte es sich um ein einzelnes, persönliches

Leitfadengespräch, welches auch als Intensiv- oder Tiefeninterview bezeichnet wird (vgl.

Bortz & Döring 2006: 239; Kromrey 2009: 365). Den Interviewleitfaden bildete das Kriterien-

raster. Diese Form der Befragung erlaubte es, zu bestimmten Themenbereichen genauer

nachzufragen und Sachverhalte intensiver bzw. tiefergehend zu erfassen. Somit stellte es

13

Das Kriterienraster in Blankoform ist im Anhang 1 zu finden. 14

Die interviewten Personen waren allesamt weiblich. Aufgrund dessen dominiert in den folgenden Abschnitten die weibliche Form.

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eine geeignete Methode dar, um ein möglichst vollständiges bzw. umfangreiches Bild der

Intensivklassen und -kurse zu erhalten.

Ein Interview stellt immer eine künstliche Situation dar, in welcher der/die Befragte zumeist

versucht so zu antworten, wie er/sie meint, dass dies vom Interviewer oder von der sozialen

Umwelt erwartet wird (Neigung zu sozial erwünschten Antworten) (vgl. Kromrey 2009: 338).

Um dem Phänomen der sozialen Erwünschtheit etwas entgegen zu wirken, wurde den

befragten Lehrerinnen die Rolle des korrekten Informanten zugewiesen, d.h. die Befragten

wurden in der Kontaktsituation nicht als Untersuchungsobjekte, sondern als informative

Expertinnen und Mitwirkende im Forschungsprojekt angesprochen (vgl. ebd.: 367). Diese

Vorgehensweise sollte bezwecken, situationsunabhängige, wohlüberlegte und von strategi-

schen Überlegungen unbeeinflusste, wahre Angaben zu erhalten (um somit dem Gütekrite-

rium der Objektivität gerecht zu werden). Um dies zu realisieren, musste die Interviewsitua-

tion Merkmale eines möglichst rationalen Informationsabrufs aufweisen: Zum einen wurde

den Lehrenden Anonymität und soziale Folgenlosigkeit des Gesprächs zugesichert, zum an-

deren war die Befragungssituation für die interviewten Lehrerinnen völlig transparent (vgl.

ebd.: 360f.). So erhielten die Teilnehmenden, sowohl vor dem Treffen als auch im Eröff-

nungsteil des Interviews, einen Überblick über den Zweck der Befragung sowie über die zur

Sprache kommenden Themen. Des Weiteren bekam jede Lehrerin unmittelbar vor dem

Gespräch ein Exemplar des Kriterienrasters und konnte so zu jeder Zeit die Fragen und vor-

gegeben Antwortmöglichkeiten einsehen bzw. dem Gesprächsverlauf folgen. Mir kam als

Interviewerin die Aufgabe der neutralen Übermittlung von Fragen und der Protokollierung

von Antworten zu.

Wie bereits erwähnt, wurden neben dem Interview die Sprachförderkonzepte analysiert

und der Klassenraum begutachtet – auch hierfür bildete das Kriterienraster die Basis. Wäh-

rend im Interview das gesamte Kriterienraster besprochen wurde, waren für die Analyse der

Förderkonzepte hauptsächlich die Fragen 1 bis 5 relevant. Die Begehung des Klassenraums

diente lediglich dem Zweck, einen Eindruck von den Räumlichkeiten zu erhalten und die

materielle Ausstattung der Klassen bzw. Kurse zu betrachten. In Bezug auf das Kriterienras-

ter waren hier nur die Fragen 15 bis 22 von Interesse. Diese beiden Maßnahmen sollten

prinzipiell nur die Auskünfte der interviewten Lehrerinnen absichern bzw. evtl. Vergessenes

ergänzen und somit die Bestandsaufnahme vervollständigen.

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5.3 Konzeption des Kriterienrasters

Das eingesetzte Kriterienraster gliedert sich in 34 Fragen (= Items), welche teilweise meh-

rere Unterpunkte aufweisen. Darüber hinaus stehen die Fragen in einem strukturellen Zu-

sammenhang und sind je nach Thema einer bestimmten Kategorie zugeordnet. In Anleh-

nung an die Erkenntnisse der Zweitsprachenerwerbsforschung wurden insgesamt sieben

solcher übergeordneten Kategorien aufgestellt. Abgefragt werden konkrete und leicht

nachprüfbare Sachverhalte zu den DaZ-Konzeptionen der Intensivklassen und -kurse. Das

Raster beginnt mit einem allgemeinen Informationsteil, der soziodemografische Daten (Al-

tersspanne und Herkunftsländer der Lernenden) die Anzahl der Schüler(innen) und der un-

terrichtenden Lehrkräfte in der Klasse bzw. dem Kurs ermittelt. Auch wird hier danach ge-

fragt, seit wann die Einrichtungen existieren und wie viele Stunden in DaZ sowie anderen

Fächern erteilt werden. Des Weiteren soll mithilfe dieses Teils erfasst werden, ob die Ler-

nenden bereits während der Zeit in der Intensivklasse bzw. dem -kurs am Unterricht in einer

altersgemäßen Regelklasse teilnehmen.

Die folgenden sieben Themenkomplexe determinieren die Schwerpunkte der Untersuchung

und werden auf den nachstehenden Seiten beschrieben:

Kategorie I: DaZ-Konzeption

Kategorie II: Personelle Ressourcen

Kategorie III: Materielle Ressourcen

Kategorie IV: Leistungsüberprüfung und -dokumentation

Kategorie V: Schulische und außerschulische Aktivitäten

Kategorie VI: Elternarbeit

Kategorie VII: Fördermittel

5.3.1 Kategorie I: DaZ-Konzeption

In Kategorie I geht es in erster Linie um die Inhalte und Rahmenbedingungen der DaZ-Kon-

zeption. Die ersten fünf Items beziehen sich dabei ausschließlich auf das schriftliche Kon-

zept. Abgefragt wird hier zunächst, ob bereits ein Konzept in schriftlicher Form vorliegt

(Item 1) und wenn ja, von wem dieses erarbeitet und verfasst wurde (Item 2.1-2.5). Des

Weiteren soll ermittelt werden, ob sich das Konzept an einer theoretischen Grundlage ori-

entiert, beispielsweise den DaZ-Handreichungen, an Lehrplänen anderer Bundesländer oder

am Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen (Item 3.1-3.4). Da die Beherrschung der

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47

deutschen Sprache in besonderer Weise als Schlüssel für den schulischen Erfolg gilt, soll mit

Item 4 eruiert werden, ob im schriftlichen DaZ-Konzept explizit Lernbereiche der Sprachför-

derung aufgegriffen werden, z.B. der Erwerb von Grundqualifikationen, wie sprachlichen

Fertigkeiten (Item 4.1), sprachlichen Mitteln (Item 4.2) oder Kompetenzen (Item 4.3). Item 5

fragt danach, ob das Konzept zudem konkrete Hinweise zur didaktisch-methodischen Um-

setzung des Unterrichts liefert. Doch weshalb ist es von Interesse, ob ein solches Konzept in

schriftlicher Form vorliegt? Indem bestimmte Inhalte, Lehr- und Lernziele sowie deren prak-

tische Realisierung schriftlich festgehalten werden, wird einerseits ein gewisses Maß an

Verbindlichkeit geschaffen und andererseits einer inhaltlichen und methodischen Beliebig-

keit vorgebeugt. Überdies kann es insbesondere neuen Lehrkräften als Orientierungshilfe

dienen. Es stellt somit, einem Lehrplan ähnlich, ein Instrument zur Qualitätssicherung dar

(vgl. hierzu auch Roche 2008: 183).

Weiterhin wird in der ersten Kategorie erfragt, ob die Fördermaßnahme gemäß der hessi-

schen Verordnungsvorschrift (siehe 4.2.3.1) mindestens ein Jahr dauert und bei Bedarf ver-

längert oder verkürzt werden kann (Item 6.1-6.3). Da es immer wieder einige Schüler(innen)

gibt, die aufgrund eines lückenhaften oder gänzlich fehlenden Schulbesuchs das Schreiben

und Lesen nicht erlernt haben (vgl. HKM 2007: 38), soll mithilfe des Items Nr. 7 herausge-

funden werden, wie viele der teilnehmenden Schulen die Möglichkeit bieten, die Seitenein-

steiger(innen) im deutschen Schriftsystem zu alphabetisieren. Item 8 fragt danach, ob die

Schüler(innen) neben dem DaZ-Unterricht einzelne Stunden sprachorientierten Fachun-

terricht erhalten. Denn von den Kindern und Jugendlichen werden später in der Regelklasse

nicht nur mündliche und schriftliche Fertigkeiten im Unterrichtsfach Deutsch erwartet, son-

dern auch der Umgang mit fachsprachlichen Texten in den natur- und gesellschaftswissen-

schaftlichen Fächern. Aus diesem Grund ist es wichtig, die sprachliche mit der fachlichen

Förderung zu kombinieren, sodass neben dem Fachwissen (z.B. mathematische oder biolo-

gische Inhalte) auch sprachliche Strukturen und spezifische Fachbegriffe solcher Fächer

vermittelt werden (vgl. Kippel 2006: 36; Rösch 2004: 90).

Im dritten Kapitel wurde bereits die Rolle der Erstsprache für das Zweitsprachenlernen

thematisiert. Wie diverse Untersuchungen belegen (u.a. Reich & Roth et al. 2002), ist es

effektiv, Grundqualifikationen in der L1 auszubilden und diese schließlich in der L2 zu entfal-

ten. Darüber hinaus sollen an dieser Stelle an die identitätsstiftende Funktion der

Herkunftssprache sowie die Chancen der Zwei- und Mehrsprachigkeit für unsere Gesell-

schaft erinnert werden (siehe Kapitel 3.3). Auf dieser Basis wurde Item 9 formuliert, das da

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heißt: Die Schüler(innen) erhalten Unterricht in ihrer Herkunftssprache. Die letzten beiden

Items (10 und 11) ermitteln schließlich, ob die Schüler(innen) nach Abschluss der Intensiv-

klasse oder des Intensivkurses weiterführende Fördermaßnahmen erhalten und wenn ja, ob

diese verpflichtend sind. Denn es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Lernen-

den nach ein bis maximal zwei Jahren alle notwendigen Kompetenzen erworben haben, die

für eine erfolgreiche Partizipation am Unterricht der Regelklasse notwendig sind (vgl. De-

cker 2008: 170). Weiter gilt zu berücksichtigen, dass die für den Unterricht und die weitere

Bildung so wichtigen konzeptionell-schriftsprachlichen Kompetenzen (CALP) zumeist nur

über mehrere Jahre erworben werden können (siehe 3.2.4). Folglich ist der L2-Erwerbspro-

zess nach Ende der Intensivphase nicht abgeschlossen; will die Sprachförderung wirksam

und nachhaltig sein, so benötigen die Schüler(innen) auch weiterhin Unterstützung beim

Zweitsprachenlernen (vgl. Kniffka & Siebert-Ott 2009: 58).

5.3.2 Kategorie II: Personelle Ressourcen

Mithilfe der Kategorie II sollen die personellen Ressourcen der Intensivklassen und -kurse

erfasst werden. Abgefragt wird hier, wie viele DaZ- und Fachlehrkräfte in den Klassen und

Kursen unterrichten, ob diese Lehrpersonen über eine adäquate Qualifizierung im Bereich

Deutsch als Zweitsprache verfügen (Item 12 und 13) und ob die Schüler(innen) durch wei-

tere Ansprechpartner betreut werden, wie beispielsweise Tutor(inn)en, Patenklassen,

Sozialarbeiter(innen) oder außerschulische Partner (Item 14.1-14.4). Mit Item 12 und 13

wird dabei auf die Lehrerbildung Bezug genommen, welcher vor dem Hintergrund der

wachsenden Pluralität in Gesellschaft und Schule eine zentrale Rolle zukommt. Wie bereits

in Kapitel 4.4 dargelegt wurde, müssten prinzipiell alle Lehrkräfte über grundlegende DaZ-

Kenntnisse verfügen, um kompetent auf die migrationsbedingte Heterogenität im Klassen-

zimmer reagieren zu können.

Die Zusammenarbeit mit schulischen und außerschulischen Partnern stellt für alle Beteilig-

ten eine enorme Bereicherung dar. So können Patenschaften z.B. dazu beitragen, dass die

Schüler(innen) nichtdeutscher Herkunft als selbstverständlicher Bestandteil des schulischen

Lebens angesehen und schneller in die Schulgemeinschaft integriert werden (vgl. Ballis

2004: 26). Die Öffnung des Klassenraums für externe Expert(inn)en schafft mehr Abwechs-

lung, stellt Kontakte zur Außenwelt her und bietet zudem die Möglichkeit, den Unterricht

fächerübergreifend und projektorientiert zu gestalten (vgl. Meyer 2000: 420). Und nicht

zuletzt können Sozialarbeiter(innen), Tutor(inn)en, Pat(inn)en oder außerschulische Be-

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treuer(innen) die Lehrkräfte der Intensivklassen und -kurse sowohl zeitlich als auch organi-

satorisch entlasten (vgl. Frenzel 2008: 121).

5.3.3 Kategorie III: Materielle Ressourcen

Für eine Bestandsaufnahme sind insbesondere der Zustand und die Einrichtung des Klas-

senraums einer Intensivklasse bzw. eines -kurses sowie die vorhandenen Unterrichtsmate-

rialien und -medien von Interesse. Dies soll mithilfe der Kategorie III untersucht werden.

Meyer (2004: 121) geht davon aus, dass eine ansprechend gestaltete und vorbereitete

Lernumgebung die Unterrichtsatmosphäre verbessert und sich positiv auf die Entwicklung

kognitiver, sozialer und methodischer Kompetenzen der Schüler(innen) auswirkt. Darüber

hinaus rechnet der Autor mit Rückwirkungen auf den Grad der Berufszufriedenheit der Leh-

rer(innen) und damit einhergehend auf deren Leistungsbereitschaft. Weiterhin ist nach

Meyer ein „gutes“ Klassenzimmer funktional eingerichtet, bietet den Schüler(inne)n aus-

reichend Raum bzw. Bewegungsfreiheit und hält diverse Lernwerkzeuge bereit (vgl. ebd.).

Mit den ersten beiden Items dieser Kategorie soll zunächst herausgefunden werden, ob die

DaZ-Klassen und -Kurse über einen eigenen Klassenraum verfügen (Item 15) und falls ja, ob

dieser zentral liegt (Item 16). Diese beiden Fragen zielen implizit auf den Stellenwert der

Intensivklassen bzw. -kurse ab. Zum einen soll geklärt werden, ob den Klassen und Kursen

wie allen anderen Schulkassen ein eigener Raum gewährt wird und damit ein Ort, der nur

für die Seiteneinsteiger(innen) bestimmt ist, der ihnen vertraut ist und in der neuen Heimat

eventuell eine Art Rückzugsort darstellt. Zum anderen ist zu Integrationszwecken aber auch

bedeutsam, wo sich der Klassenraum befindet: Ist er beispielsweise vom Rest der Schulge-

meinschaft abgegrenzt oder so gelegen, dass die DaZ-Schüler(innen) (z.B. in den Fünf-Minu-

ten-Pausen) mit anderen Kindern und Jugendlichen in Kontakt kommen können? Weiterhin

wird in Anlehnung an Meyer (2004: 121) danach gefragt, ob die Lernumgebung angemessen

gestaltet ist (Item 17), das Klassenzimmer den Lernenden Bewegungsfreiheit bietet und

neben einem klassischen Lehr-Lernbereich auch ein offener Bereich mit Funktionsecken

existiert – z.B. eine Leseecke, Computerplätze oder separate Tische für Gruppenarbeiten

(Item 18). Die Items 19.1-19.8 fragen nach den zur Verfügung stehenden Lehr- und Lernma-

terialien: Gibt es DaZ-Lehrwerke und -Arbeitsbücher, Zusatzmaterialien, Wörterbücher und

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Grammatiken, einen DaZ-Koffer15, Kinder- und Jugendliteratur, Kassetten und CDs, Videos

und DVDs, Spiele uvm.? Überdies wird mithilfe der Kategorie III ermittelt, ob alle Schü-

ler(innen) ein eigenes DaZ-Lehrwerk und -Arbeitsbuch besitzen (Item 20) und ob die einge-

setzten Materialien im Hinblick auf Sprach- und Lernstand, Schwierigkeitsgrad sowie Alter

binnendifferenziert sind (Item 21.1-21.3). Letzteres ist v.a. für die Arbeit in Intensivklassen

und -kursen relevant, die immer heterogen zusammengesetzt sind. Sprache und Kultur sind

dabei nur zwei mögliche Kategorien innerhalb einer breiten Palette von Unterschieden,

etwa das Alter, die Motivation oder Lernerfahrungen betreffend. Folglich muss die Lehrkraft

den Unterricht auf die individuellen Bedürfnisse der einzelnen Schüler(innen) abstimmen

und das kann letztendlich nur über den Weg der inneren Differenzierung geschehen (vgl.

Hinrichs & Riemer 2004: 227, 231). Mithilfe der letzten Items (22.1-22.7) soll für die Be-

standsaufnahme die technische Ausstattung der Intensivklassen und -kurse erfasst werden,

d.h. gehören Computer, Drucker, Fernseher, CD- und DVD-Player, Overhead-Projektor uvm.

zum festen Inventar des Raums?

5.3.4 Kategorie IV: Leistungsüberprüfung und -dokumentation

Auch wenn die Lerner(innen) einer Intensivklasse oder eines Intensivkurses einem zweijäh-

rigen Notenschutz unterliegen (siehe 4.2.3.1), sind innerhalb einer kontinuierlichen DaZ-

Förderung regelmäßige Leistungsüberprüfungen unentbehrlich, damit von Seiten der Lehr-

kraft Defizite aber auch Lernfortschritte erkannt werden können. Zudem sind Rückmeldun-

gen für die Motivation der Lernenden wichtig. Und nicht zuletzt können die Schüler(innen)

durch Tests und deren Bewertung bereits auf die Leistungsbeurteilung (insbesondere die

Zensurengebung), die sie in der Regelklasse erwartet, vorbereitet werden (vgl. Rösch et al.

2005: 68f.). Die Items 23.1-23.5 fragen deshalb nach regelmäßigen Leistungsüberprüfungen,

beispielsweise in Form von Vokabel- oder Grammatiktests, schriftlichen Aufgaben, mündli-

chen Prüfungen oder Präsentationen. Denkbar wäre jedoch auch, im DaZ-Unterricht mit

einem Portfolio zu arbeiten (Item 24), welches aktuelle und vergangene Sprachlernerfah-

rungen reflektiert, den eigenen Lernprozess dokumentiert und in kindgerechter Form eva-

luiert (vgl. Decker 2008: 169).

15

Der DaZ-Koffer (Hölscher & Piepho 2003) besteht aus modular aufgebauten Lehr- und Lernmaterialien, die sich an den sechs Themenfeldern des bayrischen Lehrplans (siehe Kapitel 4.2.3.1) orientieren und die Schüler(innen) je nach Niveaustufe individuell fördern können.

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Ferner soll nachgeprüft werden, ob die Lehrkräfte individuelle Förderpläne für die einzelnen

Schüler(innen) entwerfen (Item 25) und nach Abschluss der Intensivklasse bzw. des Inten-

sivkurses die Regelklassenlehrkräfte schriftlich über den Sprachstand der Schüler(innen)

informieren (Item 26). Wie in Kategorie I bereits betont, geht der L2-Erwerb über diese ein-

bis zweijährige intensive Lernphase hinaus, sodass die Schüler(innen) auch im Regelunter-

richt weiterhin Unterstützung erfahren müssen. Für eine gezielte Förderung im Rahmen des

Regelunterrichts ist jedoch Voraussetzung, dass die verantwortlichen DaZ-Lehrkräfte alle

anderen Fachlehrer(innen) über Stärken, Schwächen sowie den weiteren Förderbedarf der

einzelnen L2-Lernenden aufklären.

5.3.5 Kategorie V: Schulische und außerschulische Aktivitäten

Kategorie V untersucht, ob die DaZ-Lernenden an schulischen und außerschulischen Aktivi-

täten teilnehmen, wie Hausaufgabenbetreuung, Arbeitsgemeinschaften, Sportkursen, Ex-

kursionen etc. Für die Bestandsaufnahme ist dabei von Interesse, ob bestimmte schulische

sowie außerschulische Angebote speziell für die Intensivklassen und -kurse vorgesehen sind

(Item 27.1 und 28.2) und ob, zu Integrationszwecken, eine Kooperation mit anderen Klassen

der Schulgemeinschaft stattfindet, z.B. in Form von gemeinsamen Projekten, Schulausflügen

o.Ä. (Item 27.2 und 28.2). Und nicht zuletzt soll mit dieser Kategorie herausgefunden wer-

den, ob die Intensivklassen bzw. -kurse gelegentlich ihr Klassenzimmer für den Besuch

außerschulischer Lernorte verlassen. Denn Letzteres bietet vielfältige Chancen, sich in realer

Umgebung handlungsorientiert mit verschiedenen Lernthemen auseinander zu setzen.

Hierbei können soziale und kommunikative Kompetenzen sowie die Selbsttätigkeit der

Schüler(innen) gefördert und diese zu problemlösenden bzw. kreativen Denkprozessen an-

geregt werden uvm. (vgl. Jank & Meyer 2002: 316; Meyer 2000: 416).

5.3.6 Kategorie VI: Elternarbeit

Die Position, dass Kommunikation und Kooperation zwischen Schule und Elternhaus eine

nicht unbedeutende Rolle in Bezug auf die schulischen Leistungen von Kindern und Jugend-

lichen haben, wird von diversen Forscher(inne)n vertreten (siehe z.B. Lanfranchi 2000: 183;

Rüesch 1999: 93). Auch wird in diesem Kontext häufiger betont, dass die Zusammenarbeit

mit den Eltern in den PISA-starken Ländern, wie Schweden oder Norwegen, als Leitprinzip

gilt (vgl. Pfeiffer 2008: 105-107).

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Eltern können in Gesprächen Auskunft über die Migrationsgeschichte und Lebenssituation

geben sowie den Sprachstand ihrer Kinder in der Erstsprache bzw. anderen Sprachen ein-

schätzen und somit wichtige Informationen für die weitere Förderung liefern. Des Weiteren

können Vorstellungen von Erziehung, Bildung und Lernen ausgetauscht werden und hierbei

gemeinsame Ziele, aber auch potentielle Konflikte oder Ängste besprochen werden. Beson-

ders wichtig ist, Transparenz herzustellen und die Eltern beispielsweise darüber aufzuklä-

ren, wie das deutsche Schulsystem funktioniert, welcher Zusammenhang zwischen DaZ-

Kompetenzen und Schulerfolg besteht und welche Fördermaßnahmen die Schule anbieten

kann (vgl. Rösch et al. 2005: 13f.). Wenn die Elternarbeit ernst genommen werden soll,

dann muss bei den gemeinsamen Treffen die Verständigung gesichert sein. Da viele Eltern

der deutschen Sprache nicht mächtig sind, ist es sinnvoll, Dolmetscher (z.B. Familienmit-

glieder oder Freunde) mit einzubinden (vgl. Frenzel 2008: 119). Um ihre Kinder sprachlich

nicht zu verlieren, sollten die Mütter und Väter bei dieser Gelegenheit auch über Sprach-

kurse informiert werden. Sind diese den Adressat(inn)en entsprechend konzipiert, wären

sie sicher eine unterstützende Maßnahme für die Teilhabe der Erwachsenen am gesell-

schaftlichen Leben und damit ein günstiger Kontext für den Schulerfolg der Kinder und

Jugendlichen (vgl. Oomen-Welke 2003: 283).

Auf Grundlage dieser theoretischen Überlegungen wurden die folgenden Items formuliert:

Die Eltern werden regelmäßig über den Lernfortschritt ihrer Kinder informiert (Item 29), Eine

Kommunikation findet in Form von Elternabenden, Einzelgesprächen bzw. Sonstigem statt

(Item 30.1-30.3), Die Eltern werden schriftlich über schulische Veranstaltungen informiert

(Item 31), Bei den Zusammenkünften ist ein Dolmetscher anwesend (Item 32) und Die Schule

bietet Deutschkurse für die Eltern an (Item 33).

5.3.7 Kategorie VII: Finanzielle Ressourcen

Kategorie VII ist die kleinste und letzte Kategorie. Da für eine Bestandsaufnahme auch die

finanziellen Ressourcen von Interesse sind, soll diese Kategorie zum Abschluss darüber in-

formieren, ob den Intensivklassen und -kursen Fördermittel zur Verfügung stehen (Item 34)

und wenn ja, von wem die Gelder kommen, wie hoch der Betrag ist und wofür dieser ver-

wendet wird (Item 34.1-34.3).

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53

5.4 Durchführung

Die Untersuchung fand im Zeitraum von September bis Oktober 2010 statt, wobei alle sechs

beteiligten Schulen je einmal besucht wurden. Für das Interview wählte ich die Klassenleh-

rerinnen der Intensivklassen und -kurse aus, da dieser Personenkreis den meisten Kontakt

zur Klasse bzw. zum Kurs hat und somit die Fragen des Kriterienrasters am zuverlässigsten

beantworten kann. Die Kontaktaufnahme mit den jeweiligen Lehrerinnen erfolgte telefo-

nisch oder per Mail. Die Interviews fanden in fünf Fällen in den Räumlichkeiten der Schule

statt, einmal privat bei einer Lehrerin zu Hause. Im letzteren Fall wurde zuvor gemeinsam

mit der Lehrkraft der Klassenraum besichtigt, ansonsten erfolgte die Begehung der Räum-

lichkeiten immer erst nach dem Gespräch. Die Besuche dauerten ungefähr zwischen zwei

und vier Zeitstunden, wovon im Durchschnitt eineinhalb Stunden für das Interview benötigt

wurden. Zu Beginn des Gesprächs klärte ich die Zielgruppe darüber auf, dass das Datenma-

terial vertraulich behandelt und nur für wissenschaftliche Zwecke genutzt wird. Weiterhin

erhielt jede Lehrerin eine Kopie des Kriterienrasters und wurde über dessen Inhalt sowie die

geplante Vorgehensweise informiert. Hierauf folgte die mündliche Befragung der Lehrkraft

mithilfe der Kriterienliste. Die Fragen wurden dabei in chronologischer Reihenfolge abge-

arbeitet und die Antworten – stets für die Interviewten sichtbar – direkt von mir in die Liste

eingetragen. Falls erforderlich, wurde den befragten Lehrerinnen Zeit zum Nachschlagen in

persönlichen Unterlagen oder zum Heranholen von relevanten Unterrichtsmaterialien (z.B.

Lehr- und Lernmitteln) eingeräumt. Die Analyse der schriftlichen Förderkonzepte erfolgte

jeweils erst nach den gemeinsamen Treffen.

5.5 Auswertung der Ergebnisse

Im Folgenden werden die Ergebnisse der empirischen Untersuchung zu den Intensivklassen

und -kursen präsentiert. Zur Übersicht werden die Ergebnisse aller Schulen zunächst in ta-

bellarischer Form aufgeführt und anschließend schriftlich erläutert. Die Auswertung erfolgt

dabei in der Reihenfolge der übergeordneten Kategorien des Kriterienrasters: Beginnend

mit dem allgemeinen Informationsteil folgen hierauf die DaZ-Konzeption, die personellen

und materiellen Ressourcen, die Leistungsüberprüfung und -dokumentation, die schuli-

schen und außerschulischen Aktivitäten, die Elternarbeit und zuletzt die finanziellen Res-

sourcen. Aus Platzgründen sind die Items in den Tabellen des Öfteren in abgekürzter Form

wiedergegeben.

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Item Schule 1 Schule 2 Schule 3 Schule 4 Schule 5 Schule 6 Schule 7

Organisationsform 3 Intensivkurse (Jg. 5, 6 und 7)

1 Intensivklasse 1 Intensivklasse 1 Intensivklasse 1 Intensivklasse 1 Intensivklasse 1 Intensivklasse

eingerichtet seit 2005 2003 2004 2007 2007 2008 2008

Anzahl LuL* 3 7 1 3 4 4 3

Anzahl SuS* Jg. 5-7: 20 20 14 12 15 9 3

Altersspanne* 10-14 Jahre 10-17 Jahre 10-16 Jahre 10-16 Jahre 10-16 Jahre 10-14 12-16 Jahre

Nationen (Anzahl)*

Türkei (8x), Polen (3x), Russland, Somalia (je 2x), Af-ghanistan, Griechen-land, Iran, Italien, Kurdistan (je 1x)

Afghanistan, Äthio-pien, China, Marokko, Russland (je 2x), Bulgarien, England, Irak, Kanada, Myan-mar, Pakistan, Philip-pinen, Rumänien, Spanien, Vietnam (je 1x)

Afghanistan, Iran, Polen (je 2x), Äthio-pien, Brasilien, China, Ecuador, Thailand, Türkei, Ungarn (je 1x)

Türkei, Italien, Russ-land (je 2x), Ecuador, England, Mazedo-nien, Polen, Serbien, Vietnam (je 1x)

Polen (4x), Afghanis-tan, Griechenland, Kosovo (je 2x), Dom. Republik, Pakistan, Portugal, Türkei, Ukraine (je 1x)

Nepal, Polen (je 2x), Brasilien, China, Kosovo, Palästina, Türkei (je 1x)

Iran (2x), Polen (1x)

DaZ-Unterricht (WS)

1 WS pro Intensivkurs 12 WS 18 WS 16 WS 13 WS 21 WS 16 WS

Fachunterricht in der Intensivklasse bzw. dem -kurs (WS)

Nein Mathematik (4WS), Englisch (4 WS), Sport (3 WS), Kunst (2 WS), Gesellschafts- lehre (2 WS)

Nein Englisch (4 WS), Mathematik (4 WS), Biologie (2 WS), Erdkunde (2 WS)

Englisch (4 WS), Mathematik (4 WS), Kunst (2 WS), Arbeitslehre (2 WS)

Mathematik (4WS), Englisch (3 WS)

Mathematik (5 WS), Englisch (4 WS), Erdkunde (2 WS)

Regelunterricht (WS)

volle Stundenanzahl z.T. individuelle Regelungen für einzelne SuS

Teilnahme am Regelunterricht in den Randstunden (ca. 10 WS)

z.T. individuelle Regelungen für einzelne SuS

Der Sportunterricht findet in der Regel-klasse statt (2 WS); z.T. individuelle Regelungen für einzelne SuS

z.T. individuelle Regelungen für einzelne SuS

Der Sportunterricht findet in der Regel-klasse statt (2 WS)

Tabelle 5.5.1: Darstellung der allgemeinen Informationen zu den untersuchten Schulen

Abkürzungen: Jg. = Jahrgang; LuL = Lehrerinnen und Lehrer; SuS = Schülerinnen und Schüler; WS = Wochenstunden; z.T. = zum Teil

*Stand Oktober 2010

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5.5.1 Auswertung der allgemeinen Informationen

In der Tabelle 5.5.1 ist an erster Stelle die Schule aufgelistet, die Intensivkurse führt. In auf-

steigender Reihenfolge des Gründungsjahres folgen hierauf die sechs Intensivklassen. Die

erste Intensivklasse des Landkreises Darmstadt-Dieburg und der Stadt Darmstadt wurde

2003 eingerichtet (Schule 2), die jüngsten im Jahr 2008 (Schule 6 und 7). 2005 wurde der

erste Intensivkurs an Schule 1 installiert. Derzeit gibt es dort drei solcher Kurse, jeweils

einen für die Jahrgangsstufe 5, 6 und 7 (für die Klassen 8 und 9 gibt es aufgrund der gerin-

gen Nachfrage seit diesem Schuljahr keine Intensivkurse mehr). Eine Stunde pro Woche

werden die Schüler(innen) zusätzlich zum Regelunterricht in DaZ geschult (zumeist vor der

2. oder in der 6. bzw. 7. Unterrichtsstunde). Der DaZ-Kurs des 5. Jahrgangs wird derzeit von

acht Schüler(innen) besucht, die beiden Kurse für den 6. und 7. Jahrgang jeweils von sechs

Schüler(innen). Drei Lehrkräfte sind an der Schule 1 für den Deutsch als Zweitsprache-Be-

reich zuständig. In den Intensivklassen unterrichten im Durchschnitt etwa drei bis vier Leh-

rende, außer in Schule 2 – hier beläuft sich die Zahl auf insgesamt sieben Lehrer(innen) –

und Schule 3, in der eine Lehrerin für die Intensivklasse zuständig ist. Schule 2 bildet mit 20

Schüler(inne)n zurzeit die größte Intensivklasse, Schule 7 mit drei Schüler(inne)n die

kleinste. In allen anderen Klassen liegt die Schülerzahl zwischen 9 und 15.

Die Intensivklassen sind allesamt heterogen zusammengesetzt im Hinblick auf Alter, Her-

kunftsländer und Sprachen der Schüler(innen). So sind die Lernenden etwa zwischen 10 und

17 Jahren alt, kommen aus den verschiedensten Ländern der Welt und sprechen unter-

schiedliche Sprachen. Die sprachliche und kulturelle Vielfalt manifestiert sich insbesondere

in der Intensivklasse von Schule 2: Hier sind momentan Kinder und Jugendliche aus insge-

samt 15 verschiedenen Nationen vertreten.

In den Intensivklassen ist die Stundenanzahl für den DaZ-Unterricht im Vergleich zu den

Intensivkursen deutlich höher: Je nachdem wie viele Stunden Fachunterricht die L2-Ler-

ner(innen) erhalten bzw. am Regelunterricht einer altersgemäßen Klasse teilnehmen, liegen

die DaZ-Wochenstunden zwischen 12 und 21 Stunden. Mit Ausnahme von Schule 3 erhalten

die Schüler(innen) überall im Rahmen der Intensivklasse Fachunterricht in Mathematik und

Englisch. Darüber hinaus werden an einigen Schulen zusätzlich die Fächer Kunst, Sport, Bio-

logie, Erdkunde, Gesellschaftslehre oder Arbeitslehre in der Intensivklasse unterrichtet

(siehe Tabelle 5.5.1). Der Fachunterricht in Schule 3 findet hingegen in der Regelklasse statt,

an welchem die Schüler(innen) von montags bis freitags in den Randstunden (1. und 6.

Stunde) teilnehmen. Die Lernenden werden dabei je nach Eignung und Vorkenntnissen dem

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Gymnasial-, Real- oder Hauptschulzweig zugeordnet, meistens in der Jahrgangsstufe, die

ihre Schullaufbahn fortsetzt. Somit wird die Teilnahme am Regelunterricht für jede(n) Ein-

zelne(n) individuell organisiert und jede(r) erhält zu Schulbeginn einen separaten Stunden-

plan. In den Schulen 5 und 7 haben die DaZ-Schüler(innen) Sportunterricht in ihrer Regel-

klasse. Zudem treffen die Schulen 2 bis 6 individuelle Vereinbarungen je nach Bedürfnissen

bzw. Fähigkeiten der einzelnen Schüler(innen). So verlassen manche Lernenden, die durch

den Fachunterricht in der Intensivklasse nicht ausgelastet sind, zwischendurch die Intensiv-

klasse, um beispielsweise am Mathematik- oder Englischunterricht ihrer entsprechenden

Regelklasse teilzunehmen.

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57

Item Schule 1 Schule 2 Schule 3 Schule 4 Schule 5 Schule 6 Schule 7

1. Es existiert ein DaZ-Konzept in schriftlicher Form. Nein Ja Ja Ja Nein Ja Ja

2. Das DaZ-Konzept wurde entwickelt von:

2.1 den DaZ-Lehrkräften --- Ja Ja Ja --- Ja Ja

2.2 der Schulleitung --- Nein Ja Nein --- Ja Nein

2.3 dem Kollegium --- Nein Nein Nein --- Nein Nein

2.4 externen Stellen --- Nein Nein Nein --- Nein Nein

2.5 Sonstiges --- --- --- --- --- --- ---

3. Das DaZ-Konzept orientiert sich an:

3.1 den Handreichungen des HKMs --- Ja Ja Ja --- Ja Nein

3.2 Lehrplänen anderer Bundesländer --- Nein Nein Nein --- Nein Nein

3.3 GER --- Ja Ja Ja --- Ja Nein

3.4 Sonstiges --- --- --- --- --- --- ---

4. Das DaZ-Konzept greift verschiedene Lernbereiche der Sprachförderung auf:

4.1 Sprachliche Fertigkeiten --- Ja Ja Ja --- Ja Nein

4.2 Sprachliche Mittel --- Ja Ja Ja --- Ja Nein

4.3 Kompetenzen --- Ja Ja Ja --- Ja Nein

4.4 Sonstiges --- --- --- --- --- --- ---

5. Das DaZ-Konzept liefert konkrete Hinweise zur didaktisch-methodischen Umsetzung des Unterrichts.

--- Ja Ja Ja --- Ja Ja

6. Die Fördermaßnahme:

6.1 dauert in der Regel ein Jahr Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja

6.2 kann fortgesetzt werden Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja

6.3 kann verkürzt werden Nein Ja Nein Ja Ja Ja Ja

7. Eine Alphabetisierung ist möglich. Nein Ja Nein Nein Nein Nein Nein

8. Die SuS erhalten sprachorientierten Fachunterricht. z.T. ja Ja Nein Ja Ja Ja Ja

9. Die SuS erhalten Unterricht in ihrer Herkunftssprache. z.T. ja Nein Nein z.T. ja Nein z.T. ja Nein

10. Die SuS erhalten weiterführende Fördermaßnahmen. Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja

11. Die weiterführenden Fördermaßnahmen sind verpflichtend. Nein Ja Ja Ja Nein Ja Nein

Tabelle 5.5.2: Die DaZ-Konzeptionen der untersuchten Schulen im Vergleich (Kategorie I)

57

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58

5.5.2 Auswertung der Kategorie I: DaZ-Konzeption

Tabelle 5.5.2 zeigt die Ergebnisse aller Schulen zur ersten Kategorie des Kriterienrasters, der

DaZ-Konzeption. Fünf Schulen (2, 3, 4, 6 und 7) haben schriftliche DaZ-Konzepte entwickelt

(Item 1), in welchen detailliert die Ziele der Sprachförderung, organisatorische sowie inhalt-

liche Aspekte des DaZ-Unterrichts uvm. beschrieben werden. In Schule 1 existiert zwar

ebenfalls ein Förderkonzept in schriftlicher Form, allerdings handelt es sich hierbei nicht um

ein spezielles DaZ-Konzept für Schüler(innen) nichtdeutscher Herkunftssprache (wonach

Item 1 aber fragt und demnach verneint werden muss). Vielmehr werden hier alle Förder-

maßnahmen, Arbeitsgemeinschaften und Projekte der Schulen aufgeführt, wie z.B. die Ju-

gend-forscht-AG, berufsvorbereitende Maßnahmen, LRS-Kurse etc. Dem Bereich Deutsch

als Zweitsprache wird im Förderkonzept ausschließlich der folgende Absatz gewidmet:

In allen Jahrgängen der *…+ *Schule 1, M.S.+ werden Schülerinnen und Schüler, die mit semantischen bzw. grammatikalischen Schwierigkeiten und mit eingeschränk-tem Wortschatz zu kämpfen haben, in DaZ-Kursen geschult. Außerdem kommen in allen Unterrichtsfächern der Schule die DaZ-Prinzipien zur Anwendung. Ergänzend wurde in den Jahrgängen 5 und 6 in NaWi16 eine Doppelbesetzung als DaZ-Förder-maßnahme (1 Stunde die Woche) eingerichtet (Förderkonzept Schule 1 2010: 3).

Allerdings sollte angemerkt werden, dass die zuständigen DaZ-Lehrkräfte derzeit ein Kon-

zept erarbeiten, welches alle DaZ-Fördermaßnahmen dieser Schule aufgreifen und ausführ-

licher beschreiben soll (insbesondere die Arbeit in den Intensivkursen).

Auch Schule 5 verfügt über kein ausgearbeitetes DaZ-Konzept. Hier existiert momentan nur

eine Liste, die stichpunktartig die äußeren Rahmenbedingungen der bestehenden DaZ-För-

dermaßnahmen (z.B. Schülerzahl, Nationalitäten, Lehrkräfte etc.) und zukünftig geplante

Arbeitsschwerpunkte anführt.17 Da sich die Items 2-5 des Kriterienrasters auf ein schriftli-

ches, DaZ-spezifisches Förderkonzept beziehen, sind diese für die beiden letztgenannten

Schulen somit nicht beantwortbar (durch --- in Tabelle 5.5.2 gekennzeichnet).

Das Konzept wurde an den Schulen 2, 3, 4, 6 und 7 in erster Linie von einer DaZ-Lehrkraft

entwickelt, genauer gesagt, von der zuständigen Klassenlehrerin der Intensivklasse (Item

2.1). Dies erfolgte zumeist in Eigenarbeit, lediglich in den Schulen 3 und 6 war auch die

Schulleitung an der Erstellung des DaZ-Konzepts beteiligt (Item 2.2). Eine Unterstützung

durch das Kollegium oder externe Stellen ist an keiner der Schulen zu verzeichnen (Item 2.3-

2.4).

16

Die Fächer Physik, Chemie und Biologie werden an Schule 1 zum Lernbereich Naturwissenschaften (NaWi) zusammengefasst. 17

Die Förderkonzepte aller Schulen sind in den Anhängen 2-8 einzusehen.

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59

Bezüglich Item 3.1 ist anzuführen, dass sich die DaZ-Konzepte der oben genannten Schulen

– mit Ausnahme von Schule 7 – an den Handreichungen für Intensivklassen und -kurse des

Hessischen Kultusministeriums orientieren. So verweisen die Schulen 3 und 4 explizit da-

rauf, dass die Handreichungen die Grundlage des Konzeptes bilden und bei der Unterrichts-

planung berücksichtigt werden (vgl. Förderkonzept Schule 3 o.J.: 13; Förderkonzept Schule

4 2009: 1). Schule 6 greift beispielsweise die in den Handreichungen formulierten Prinzipien

für den Unterricht mit Zweitsprachenlernenden auf (vgl. Förderkonzept Schule 6 2010: 1f.;

HKM 2007: 24-26) und Schule 2 deren Themenfelder, etwa Herkunftsländer, Zeiten und

Termine, Wetter oder Kleidung (vgl. Förderkonzept Schule 2 o.J.: 7; HKM 2007: 74).

Lehrpläne anderer Bundesländer wurden von keiner der befragten Lehrerinnen bei der Kon-

zepterstellung hinzugezogen (Item 3.2). Der Gemeinsame Europäische Referenzrahmen

(GER) wurde hingegen von vier Schulen berücksichtigt (Item 3.3). So wird in den Schulen 3

und 6 am Ende des ersten und zweiten Schulhalbjahres ein Test auf dem A1- und A2-

Sprachniveau des GERs durchgeführt, der die sprachlichen Teilkompetenzen Hören, Lesen,

Sprechen und Schreiben überprüft. Im Zuge dessen werden in diesen beiden Konzepten

sogenannte Standards für den Übergang in die Regelklasse formuliert, die sich ebenfalls an

den Kompetenzstufen des GERs orientieren (vgl. Förderkonzept Schule 3 o.J.: 20, 28-32;

Förderkonzept Schule 6 2010: 21-23). In den Schulen 2 und 4 werden die sprachlichen Fer-

tigkeiten der DaZ-Schüler(innen) mithilfe eines Sprachstandsbeobachtungsbogens festge-

halten. Auch hier bildet der Referenzrahmen die Basis des Beurteilungsrasters (vgl. Förder-

konzept Schule 2 o.J.: 17; Förderkonzept Schule 4 2009: 19). Das Konzept der Schule 7 lie-

fert keinerlei Hinweise auf eine theoretische Grundlage.

Im Hinblick auf die Lernbereiche der Sprachförderung (Item 4.1-4.3) ergibt sich für die

Schulen folgendes Ergebnis: Die Schulen 2, 3, 4 und 6 gehen in ihren Konzepten explizit auf

sprachliche Fertigkeiten und Mittel sowie die Ausbildung verschiedener Kompetenzen ein.

So sind dort z.B. grammatische Themen und Wortschatzlisten, die während der Intensiv-

klassenzeit bearbeitet werden, aufgeführt (vgl. z.B. Förderkonzept Schule 2 o.J.: 7f.; För-

derkonzept Schule 6 2010: 5f.). Angestrebt wird der Erwerb sprachlicher Basiskompetenzen

und die Vermittlung verschiedener Sprachlernstrategien, beispielsweise Techniken des Vo-

kabellernens, Hör- und Lesestrategien uvm. (vgl. z.B. Förderkonzept Schule 3 o.J.: 13f.;

Förderkonzept Schule 4 2009: 4). Die vier Fertigkeitsbereiche Hören, Lesen, Sprechen und

Schreiben werden in den Konzepten der Schulen 3 und 6 besonders ausführlich beschrie-

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ben. Zudem wird hier die Ausbildung der sozialen und interkulturellen Kompetenz als Auf-

gabe des DaZ-Unterrichts betont (vgl. Förderkonzept Schule 3 o.J.: 28f., 32; Förderkonzept

Schule 6 2010: 21f.).

Hinweise zur didaktisch-methodischen Umsetzung des DaZ-Unterrichts (Item 5) sind in allen

schriftlichen Konzepten zu finden. Da sich die schriftlichen Ausführungen der Schulen dies-

bezüglich sehr ähneln, besitzen die folgenden Aspekte für alle Schulen Gültigkeit: Der Un-

terricht in Deutsch als Zweitsprache wird in erster Linie handlungs- und lernerorientiert ge-

staltet. Aufgrund der heterogenen Lernvoraussetzungen der Schüler(innen) sind individuali-

sierte und binnendifferenzierte Lernangebote unabdingbar. Der Unterricht erfolgt dabei

zumeist einsprachig auf Deutsch, wenn es sinnvoll erscheint, werden jedoch auch Querver-

weise zur Herkunftssprache der Schüler(innen) hergestellt. Zudem wird zur Semantisierung

viel mit bildlichen Materialien oder Gegenständen gearbeitet. Darüber hinaus wird dem

spielerischen und selbstständigen Lernen sowie dem Wechsel zwischen den Sozialformen in

den verschiedenen DaZ-Konzepten eine große Bedeutung beigemessen (vgl. z.B. Förder-

konzept Schule 2 o.J.: 5f; Förderkonzept Schule 4 2009: 5; Förderkonzept Schule 6 2010: 4).

Weiterhin ist in Bezug auf die didaktisch-methodische Vorgehensweise auf zwei Besonder-

heiten hinzuweisen: So wird an Schule 2 der Spracherwerb mit künstlerischen bzw. literari-

schen Elementen unterstützt. Beispielsweise schreiben die Schüler(innen) zur Motivations-

steigerung auf verschiedene Unterlagen (z.B. Künstlerpapiere, Tafel) oder erhalten kaligra-

phische Anregungen (z.B. mit Feder und Tusche). Auch im Unterricht behandelte Gedichte

werden häufig in Druck-, Schreib- und Heimatschrift geschrieben und kunstvoll ausgestaltet.

Zudem wird einmal jährlich ein Theaterstück mit den Schüler(inne)n der Intensivklasse ein-

studiert. Der Text des Stückes ist dabei über einen längeren Zeitraum Unterrichtsgegen-

stand in Deutsch und Gesellschaftslehre (z.B. Wortschatz sowie historischer Hintergrund

eines Theaterstücks); die Requisiten und Bühnenbilder werden von den Lernenden im

Kunstunterricht selbst hergestellt. Die Schule führt hierzu an: „Im Kunstunterricht erleben

wir eine Seite jeden Schülers, die vielleicht noch lange im Verborgenen geblieben wäre. *…+

[Dieser] fördert die ganzheitliche Entwicklung und ist in besonderer Weise geeignet, den

Sprachlernprozess durch die Veranschaulichung im darstellerischen Bereich zu unterstüt-

zen“ (Förderkonzept Schule 2 o.J.: 10f.).

Ferner ergibt die Analyse des Förderkonzepts von Schule 7, dass der DaZ-Unterricht nicht

lehrwerkgebunden, sondern auf der Grundlage des Zeichentrick-Videos Iks (Verlag für

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Deutsch) erfolgt, welches aus insgesamt 16 Episoden besteht. Der Schwerpunkt dieses Vi-

deokurses liegt auf der Darstellung der Lebenswirklichkeit von Minderheitenkindern in

Deutschland und beinhaltet „aktions- bzw. intentionsbezogenes und kommunikatives Ler-

nen ebenso *…+ wie systematisches Erfahren von Regelwerken der deutschen Sprache“

(Förderkonzept Schule 7 o.J.: 2).

In Bezug auf die Dauer der Fördermaßnahme (Item 6.1-6.3) lässt sich Folgendes anführen:

Ist ein(e) Schüler(in) einer Intensivklasse oder einem Intensivkurs zugewiesen worden, so

verbleibt er/sie dort in der Regel für ein Jahr. In allen Schulen kann die DaZ-Förderung ver-

längert werden: In den Intensivklassen auf maximal zwei Jahre, im Intensivkurs sind bis zu

drei Jahre möglich (d.h. Lernende könnten den Kurs theoretisch von der 5. bis zur 7. Klasse

durchgehend besuchen). In den Schulen 2 und 4-7 kann die Fördermaßnahme verkürzt

werden, sofern die Schüler(innen) über die für den Regelunterricht erforderlichen Sprach-

kenntnisse verfügen. Die kürzeste Verweildauer eines/einer Lernenden in einer Intensiv-

klasse lag bisher bei ca. vier Monaten (so z.B. in den Schulen 4 und 5). Eine Verkürzung der

DaZ-Förderung ist in den Schulen 1 und 3 hingegen nicht möglich – dort dauert sie immer

mindestens ein Jahr.

Eine Alphabetisierung von Schüler(inne)n, die ohne eine schulische Vorbildung nach

Deutschland einreisen, ist bisher nur an Schule 2 möglich (Item 7). Hierfür wurde eine in

diesem Bereich ausgebildete Lehrkraft eingestellt, die 10 Stunden in der Woche den DaZ-

Unterricht doppelt besetzt und sich in dieser Zeit gezielt den Schüler(inne)n widmet, die das

Schreiben und Lesen der deutschen Sprache von Grund auf erlernen müssen.

Abgesehen von Schule 3 erhalten alle Schüler(innen) neben dem DaZ-Unterricht einen

sprachlich orientierten Fachunterricht (Item 8), insbesondere in Mathematik und den

Naturwissenschaften, aber auch in gesellschaftswissenschaftlichen Fächern (falls diese an-

geboten werden, siehe Tabelle 5.5.1). Im Vordergrund stehen hierbei die Vermittlung von

Fachbegriffen sowie fachspezifischen Strukturen und Satzmustern. In Schule 3 findet der

Fachunterricht im Rahmen des Regelunterrichts statt, welcher hauptsächlich auf DaM-Kin-

der ausgerichtet ist und kaum sprachorientiert gestaltet wird. In Schule 1 wird der Fachun-

terricht ebenfalls in der Regelklasse erteilt, allerdings wird in den Jahrgängen 5 und 6 der

NaWi-Unterricht für eine Stunde pro Woche durch eine DaZ-Lehrkraft doppelt besetzt, die

sich insbesondere den Lernenden nichtdeutscher Herkunftssprache widmet und diesen

fachsprachliche Strukturen, Termini etc. erklärt. Folglich lässt sich Item 8 an dieser Schule

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nur für einen Teil der Schülerschaft (hier die Klassen 5 und 6) bejahen. Dies wurde in der

Tabelle 5.5.2 mithilfe des Kürzels z.T. ja gekennzeichnet.

Ferner ist zu konstatieren, dass ein geringer Teil der Schüler(innen) Herkunftssprachenun-

terricht erhält (Item 9). Von den DaZ-Schüler(inne)n können nur die Fremdsprachen wahr-

genommen werden, die von der jeweiligen Schule angeboten werden – und dies deckt nicht

alle vertretenen Herkunftssprachen ab. So werden die Fremdsprachen Englisch und Franzö-

sisch an allen Schulen unterrichtet, an Schule 1 kann zusätzlich Arabisch, Türkisch, Russisch

und Spanisch gelernt werden und an Schule 6 ist seit diesem Schuljahr auch Polnisch wähl-

bar (was von zwei Schülerinnen der Intensivklasse genutzt wird). An Schule 4 nimmt ein

englischsprachiger Schüler am Englischregelunterricht teil und eine russische Schülerin be-

sucht für zwei Wochenstunden den Russischunterricht eines Darmstädter Gymnasiums. Die

DaZ-Schüler(innen) der Schulen 2, 3, 5 und 7 erhalten zurzeit keinerlei Unterricht in ihrer

Erstsprache. Viele Sprachen können nur außerschulisch, z.B. in Volkshochschulkursen,

gelernt werden. Solche Angebote werden von den Schüler(inne)n und Eltern jedoch kaum

wahrgenommen, so die Befragten. Dieses Item ist somit ebenfalls nicht für alle Schü-

ler(innen) einer Intensivklasse bzw. eines Intensivkurses eindeutig zu beantworten, sondern

nur teilweise zutreffend bzw. nicht zutreffend (weshalb erneut die Form z.T. ja in der Ta-

belle gewählt wurde).

Des Weiteren bestehen in allen Schulen weiterführende Fördermaßnahmen (Item 10). Dies

geht von gemeinsamen Deutschförderkursen für DaM- und DaZ-Schüler(innen) (Schule 5)

über DaZ-Kurse für alle Schüler(innen) nichtdeutscher Herkunftssprache (Schule 4, 6 und 7)

bis hin zu Förderkursen, die sich speziell an ehemalige Schüler(innen) der Intensivklasse

richten (Schule 2 und 3). Diese Kurse sind in der Regel jahrgangsübergreifend angelegt, au-

ßer in Schule 4, in welcher für jede Klassenstufe ein bis zwei separate Kurse eingerichtet

wurden. Zusätzlich zum Regelunterricht werden die Schüler(innen) in solchen Kursen zwi-

schen zwei und vier Wochenstunden in Deutsch (als Zweitsprache) beschult. Schule 1 führt

keine Förderkurse, allerdings wurde in den Jahrgängen 5 bis 7 im regulären Deutschunter-

richt (für eine Stunde pro Woche) eine Doppelbesetzung als weitere DaZ-Fördermaßnahme

eingerichtet. Hier unterstützen DaZ-Lehrende die Deutschlehrkräfte und widmen sich ge-

zielt Schüler(inne)n mit Migrationshintergrund, die mit sprachlichen Schwierigkeiten zu

kämpfen haben. Des Weiteren gibt es für die Klassen 8 bis 10 einmal wöchentlich eine zwei-

stündige, offene DaZ-Sprechstunde. Dort können die Schüler(innen) freiwillig Texte, Aufga-

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ben etc. aller Fächer im Hinblick auf Semantik, Grammatik oder Wortschatz mit einer DaZ-

Lehrperson besprechen. Diese Sprechstunde wird momentan von ca. 25 Schüler(inne)n

regelmäßig wahrgenommen.

An den Schulen 2, 3, 4 und 6 sind die weiterführenden Fördermaßnahmen verpflichtend

(üblicherweise werden Verträge zwischen den Eltern und der Schulleitung abgeschlossen),

an allen anderen Schulen hingegen nicht (Item 11).

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Item Schule 1 Schule 2 Schule 3 Schule 4 Schule 5 Schule 6 Schule 7

12. Die DaZ-Lehrkräfte weisen Qualifikationen im Bereich DaZ auf:

12.1 DaZ-Lehrkraft 1 (Fach) Ja (De) WB

Ja (De, Gl) WB

Ja (De) WB

Ja (De, Bio, Ek) WB

Ja (De, Ma) WB

Ja (De) WB

Ja (De, Ma) Aufbau

12.2 DaZ-Lehrkraft 2 (Fach) Ja (De) WB

Ja (Alph) WB

--- --- Nein (De) Nein (De) ---

12.3 DaZ-Lehrkraft 3 (Fach) Ja (De) Master

--- --- --- --- --- ---

13. Die Fachlehrkräfte weisen Qualifikationen im Bereich DaZ auf:

13.1 Fachlehrkraft 1 (Fach) --- Ja (Ma) WB

--- Nein (Ma) Nein (Eng) Ja (Ma) WB

Nein (Eng)

13.2 Fachlehrkraft 2 (Fach) --- Nein (Eng) --- Nein (Eng) Nein (Ku, Al) Nein (Eng) Ja (Ek) Aufbau

13.3 Fachlehrkraft 3 (Fach) --- Nein (Sp) --- --- --- ---

13.4 Fachlehrkraft 4 (Fach) --- Nein (Mu) --- --- --- --- ---

13.5 Fachlehrkraft 5 (Fach) --- Nein (Ku) --- --- --- --- ---

14. Die SuS werden durch zusätzliche Ansprechpartner betreut:

14.1 Tutor(inn)en Nein Ja Nein Nein Nein Ja Nein

14.2 Patenklassen Nein Nein Nein Nein Ja Nein Nein

14.3 Sozialarbeiter(innen) Ja Ja Ja Nein Nein Nein Ja

14.4 Außerschulische Partner Ja Ja Nein Nein Nein Ja Nein

14.5 Sonstiges Lesetandems, Lesepaten

--- --- --- --- --- ---

Tabelle 5.5.3: Die personellen Ressourcen der untersuchten Schulen im Vergleich (Kategorie II)

Abkürzungen: De = Deutsch; Ma = Mathematik; Eng = Englisch; Bio = Biologie; Ek = Erdkunde; Al = Arbeitslehre; Gl = Gesellschaftslehre; Ku = Kunst; Sp = Sport;

Alph = Alphabetisierung; WB = Weiterbildung DaF/DaZ; Master = Master DaF/DaZ; Aufbau = Aufbaustudium DaF/DaZ

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5.5.3 Auswertung der Kategorie II: Personelle Ressourcen

Die Tabelle 5.5.3 informiert über die personellen Ressourcen der Intensivkurse bzw. -klas-

sen und die Ausbildung des Lehrpersonals im Bereich Deutsch als Zweitsprache.

Für den DaZ-Bereich an Schule 1 – d.h. die Intensivkurse, die Doppelbesetzung in Deutsch

und NaWi sowie die DaZ-Sprechstunde – sind insgesamt drei Lehrerinnen zuständig. In den

Intensivklassen (Schule 2-7) sind zumeist ein bis zwei DaZ-Lehrende tätig. Die in der Tabelle

zuerst aufgeführten DaZ-Lehrkräfte sind auch immer gleichzeitig die Klassenlehrinnen der

Intensivklassen. Sie übernehmen dort den größten Stundenanteil und unterrichten neben

Deutsch oftmals noch weitere Fächer, wie z.B. Mathematik, Biologie, Erdkunde oder Gesell-

schaftslehre (siehe Item 12.1 in Tabelle 5.5.3). An den Schulen 5 und 6 übernimmt für einige

Stunden in der Woche eine weitere DaZ-Lehrperson den Deutschunterricht, an Schule 2

unterrichten die Klassenlehrerin und die Alphabetisierungslehrerin zwei Stunden täglich im

Team (auch der Mathematik- und Kunstunterricht wird doppelt besetzt: von der jeweiligen

Fachlehrkraft und der Klassenlehrerin). Außer den beiden Deutsch-Ergänzungslehrer(inne)n

(Schule 5 und 6) weisen alle DaZ-Lehrkräfte Qualifikationen im Bereich Deutsch als Zweit-

sprache auf. Die meisten haben mehrjährige Weiterbildungen absolviert. Zwei Lehrende der

Schule 7 haben ein zweijähriges Aufbaustudium in DaF/DaZ abgelegt und eine Lehrkraft der

Schule 1 kann einen Master in DaF/DaZ vorweisen. Von den insgesamt 14 Fachlehrkräften

aller Schulen – die in den Intensivklassen bzw. –kursen eingesetzt werden – sind insgesamt

drei Lehrer(innen) in DaZ weitergebildet: Die Mathematiklehrkräfte der Schulen 2 und 6

sowie die Erdkundelehrkraft der Schule 7 (siehe Item 13.1-13.5). Allerdings ist an dieser

Stelle anzumerken, dass das gesamte Kollegium der Schulen 1 und 4 bereits an einer ein-

tägigen, schulinternen Fortbildungsveranstaltung zu DaZ teilgenommen hat. Auch an Schule

6 ist eine solche Veranstaltung für dieses Schuljahr geplant, die im Rahmen des pädagogi-

schen Tags stattfinden soll.

Darüber hinaus werden an einigen Schulen die Schüler(innen) durch zusätzliche Ansprech-

partner betreut. So agieren an Schule 2 und 6 Schüler(innen) als Tutor(inn)en, die die Ler-

nenden der Intensivklasse insbesondere beim Übergang in die Regelklasse betreuen (Item

14.1). An Schule 5 besteht eine Kooperation mit einer Patenklasse (Item 14.2). Diese Paten-

klasse wird jedes Jahr neu bestimmt und kann aus allen Jahrgängen sowie Schulzweigen

stammen. So wurde im Jahr 2008 mit einer neunten Gymnasialklasse das gemeinsame Pro-

jekt Orte der Integration durchgeführt, bei welchem Informationen zu den Heimatländern

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66

der Intensivschüler(innen) recherchiert und in einem Buch zusammengestellt wurden. Des

Weiteren werden mit der Patenklasse gemeinsame Ausflüge unternommen, gemeinsam

gekocht uvm. Den Schulen 1, 2, 3 und 7 stehen Sozialarbeiter(innen) zur Verfügung, die sich

neben organisatorischen Aspekten auch um familiäre Angelegenheiten kümmern. An Schule

1 unterstützt eine Sozialarbeiterin gezielt DaZ-Schüler(innen) in der Hausaufgabenbetreu-

ung (Item 14.3). Darüber hinaus werden an letzterer Schule Fünftklässler in sogenannten

Lesetandems von älteren Schüler(inne)n im Lesen unterstützt. Zudem wurden Lesepaten an

der Schule installiert. Hier engagieren sich Mütter ehrenamtlich an der individuellen Lese-

förderung (Einzelbetreuung in 20-Minuten-Intervallen) von Schüler(inne)n der Jahrgänge 6

bis 9. Viele der Teilnehmenden sind L2-Lernende aus den Intensivkursen.

Ferner arbeiten insgesamt drei Schulen mit außerschulischen Partnern zusammen (Item

14.4). So bestehen an Schule 1 zwei Kooperationsprojekte mit der TU Darmstadt, eines zum

Lesen bzw. Recherchieren und eines zur Lernstandsdiagnostik. Für Letzteres wird einmal

jährlich ein Cloze-Test18 von einer Mitarbeiterin der Darmstädter Universität entwickelt, der

in allen 5. Klassen durchgeführt wird und Lernende mit geringen Deutschkompetenzen auf

objektive Art und Weise ermittelt. Diese werden schließlich dem Intensivkurs, den Lesetan-

dems oder den Lesepaten zugewiesen. Schule 2 arbeitet hingegen mit einer Künstlerin zu-

sammen, die mit den DaZ-Lernenden die Requisiten für das jährliche Theaterstück, bebil-

derte Lebensläufe oder Plakate zu den verschiedenen Herkunftsländern erstellt. Schule 6

kooperiert mit dem örtlichen Sozialkritischen Arbeitskreis (SKA)19, der die Intensivklasse bei

der Organisation, Durchführung und Finanzierung von Ausflügen unterstützt. Überdies

nehmen die Jungen der Intensivklasse einmal in der Woche an dem Integrationsprojekt

Jungs, Jungs, Jungs teil, welches einen Beitrag zur gewaltfreien Zukunft von männlichen

Jugendlichen mit Migrationshintergrund leisten möchte. Im Fokus stehen hierbei sowohl

freizeitpädagogische Angebote (z.B. Klettern, Schwimmen) als auch bildungspädagogische

Aktivitäten (z.B. Theaterbesuche, Betriebsbegehungen). Für das nächste Schuljahr ist ein

Integrationsprojekt für die Mädchen der Intensivklasse geplant.

18

Ein Cloze-Test (kurz: C-Test) ist ein Lückenerschließungstest, mit dem Lesekompetenz und Textverständnis überprüft werden können (vgl. Baur & Spettmann 2007: 95). 19

Der SKA ist ein freier Träger in der Beratungs-, Bildungs- und Sozialarbeit mit Kindern, Jugendlichen und

Erwachsenen. Zur Zielgruppe gehören in erster Linie Migrant(inn)en, Flüchtlinge und andere sozial

benachteiligte Personengruppen (vgl. www.ska-darmstadt.de, 15.11.2010).

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67

Item Schule 1 Schule 2 Schule 3 Schule 4 Schule 5 Schule 6 Schule 7

15. Es existiert ein eigener Raum für die Intensivklasse bzw. den Intensivkurs.

Nein Ja Ja Ja Ja Ja Ja

16. Der Raum ist zentral gelegen. --- Ja Ja Nein Ja Ja Ja

17. Die Lernumgebung ist angemessen. --- Ja Ja Nein Ja Ja Ja

18. Der Raum bietet den SuS Bewegungsfreiheit. --- Ja Ja Nein Ja Ja Ja

19. Als Lehr- und Lernmaterialien stehen zur Verfügung:

19.1 DaZ-Lehrwerke und -Arbeitsbücher Nein Ja Ja Ja Ja Ja Ja

19.2 Zusatzmaterialien Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja

19.3 Wörterbücher und Grammatiken Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja

19.4 Kinder- und Jugendliteratur Nein Ja Ja Ja Nein Ja Ja

19.5 Kassetten und/oder CDs Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja

19.6 DVD und/oder VHS-Kassetten Ja Ja Ja Nein Ja Ja Ja

19.7 DaZ-Koffer Nein Ja Ja Ja Ja Ja Nein

19.8 Spiele Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja

19.9 Sonstiges LingoFox- Software

Lexika, DaZ-Fachliteratur

Lexika, DaZ-Fachliteratur

Lexika --- DaZ-Fachliteratur Lexika

20. Alle SuS besitzen ein eigenes DaZ-Lehrwerk und DaZ-Arbeitsbuch.

Nein Ja Ja Ja Ja Ja Ja

21. Die Lehr- und Lernmaterialien sind binnendifferenziert im Hinblick auf:

21.1 Sprach- und Lernstand der SuS Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja

21.2 Schwierigkeitsgrad Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja

21.3 Alter Nein Nein Ja Ja Ja Nein Nein

22. Die technische Ausstattung der Intensivklasse bzw. des -kurses besteht aus:

22.1 Computer (Anzahl) Nein Ja (5x) Ja (5x) Nein Ja (1x) Ja (6x) Ja (2x)

22.2 Internetzugang Nein Ja Ja Nein Nein Nein Nein

22.3 Drucker Nein Ja Ja Nein Nein Ja Ja

22.4 Fernseher Ja Ja Ja Nein Ja Ja Ja

22.5 DVD- und/oder VHS-Player Ja Ja Ja Nein Ja Ja Ja

22.6 Kassetten- und/oder CD-Player Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja

22.7 OH-Projektor Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja

22.8 Sonstiges --- Kopierer, Beamer, Walk- und Discmans

Beamer, Diktiergeräte, Digitalkamera

--- --- Kopierer, Beamer Kopierer

Tabelle 5.5.4: Die materiellen Ressourcen der untersuchten Schulen im Vergleich (Kategorie III)

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68

5.5.4 Auswertung der Kategorie III: Materielle Ressourcen

In der Tabelle 5.5.4 sind die materiellen Ressourcen der sieben untersuchten Schulen aufge-

führt. Alle Intensivklassen verfügen über einen eigenen Klassenraum, die Intensivkurse hin-

gegen nicht (Item 15). Letzteren stehen Räumlichkeiten zur Verfügung, die während der

Kurszeiten nicht von den Regelklassen belegt sind (vor der 2. bzw. nach der 5. oder 6. Un-

terrichtsstunde). Da sich die folgenden drei Items auf ein eigenes Klassenzimmer beziehen,

sind sie für die Intensivkurse nicht zu beantworten.

Die Räume der Intensivklassen haben innerhalb der Schule eine zentrale Lage, außer bei

Schule 4, dort ist der Klassenraum abseits gelegen (Item 16). Die Intensivklasse der Schule 4

ist in einem eigenen Pavillon untergebracht, der weder an das Hauptschulgebäude ange-

bunden, noch von Nachbarklassen umgeben ist. Item 17 und 18 betreffend ist anzuführen,

dass die Lernumgebung der Schulen 2, 3, 5, 6 und 7 in Anlehnung an Meyer (2004: 121) als

angemessen bezeichnet werden kann. Die Klassenräume in diesen Schulen haben ein aus-

reichendes Platzangebot und bieten neben dem klassischen Lehr-Lernbereich zusätzliche

Funktionsecken (z.B. Computer- und Sofaecken). In Schule 2, 3 und 7 ist die Anordnung der

Tische so gestaltet, dass die Schüler(innen) in bestimmten Unterrichtsphasen rasch in eine

Anfänger- und Fortgeschrittenengruppe aufgeteilt werden können.

Der Pavillon der Schule 4 besteht aus mehreren Räumen, von denen zwei für den Intensiv-

klassenunterricht genutzt werden können. Diese sind im Vergleich zu den Räumen der

anderen Intensivklassen klein, dunkel und bieten den Schüler(inne)n kaum Bewegungsfrei-

heit; auch Funktionsecken stehen hier nicht zur Verfügung. Darüber hinaus ist nach Aussage

der interviewten Lehrkraft die Heizungsanlage nicht vollständig funktionsfähig, sodass –

insbesondere in den Wintermonaten – keine angemessene Lernumgebung gegeben ist.

Demnach müssen die Items 17 und 18 für diese Schule verneint werden. Allerdings werden,

wie in Schule 2, 3 und 7, auch in Schule 4 die Lernenden gelegentlich in zwei Leistungsgrup-

pen unterteilt, was mithilfe der zwei Räume realisiert wird.

Das Angebot an Lehr- und Lernmaterialien ist an allen sieben Schulen sehr umfangreich. Bis

auf den Intensivkurs an Schule 1 besitzen alle Intensivklassen ein oder mehrere DaZ-Lehr-

werke und -Arbeitsbücher (Item 19.1). Als Hauptlehrwerke und -arbeitsbücher werden an

den Schulen die folgenden verwendet: Schule 2 arbeitet mit Pipapo (Auer) und Wir (Klett),

Schule 3 mit geni@l (Langenscheidt) und Pingpong Neu (Hueber), Schule 4 ebenfalls mit

Pingpong Neu und Sowieso (Langenscheidt), Schule 5 mit Wir sowie geni@l und Schule 6

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69

ebenso mit geni@l. Wie bereits oben erwähnt (siehe 5.5.2), orientiert sich der Unterricht in

Schule 7 primär an einem Videokurs und dessen Begleitmaterialien. Allerdings stehen er-

gänzend diverse DaF/DaZ-Lehrwerke zur Verfügung, von denen an dieser Stelle einige ge-

nannt werden sollen: Deutschmobil (Klett), Lernziel Deutsch (Hueber), Themen neu (Hue-

ber), Pingpong neu, Sowieso uvm. In allen Schulen sind die Bände 1 und 2 der Lehrwerke,

gelegentlich auch Band 3 verfügbar (auf den beispielsweise leistungsstarke Lerner(innen)

zurückgreifen können oder der in den weiterführenden Förderkursen Einsatz findet). Die

Zusatzmaterialien in den Intensivkursen und -klassen (Item 19.2) sind aufgrund ihrer Viel-

zahl kaum vollständig zu erfassen und können an dieser Stelle nur exemplarisch aufgegriffen

werden. So werden neben den Lehr- und Arbeitsbüchern viele verschiedene DaZ-, DaF- und

auch DaM-Materialien im Unterricht verwendet. Die Intensivklassen 2 bis 6 nutzen bei-

spielsweise die Kopiervorlagen der DaZ-Handreichungen des Hessischen Kultusministeriums

sowie Materialien von Heidi Rösch (z.B. Rösch et al. 2005). Auch die Vokabelboxen des AOL-

Verlags (Schule 3, 5, 6 und 7), die Lük-Übungshefte und Lernspielkästen des Westermann-

Verlags (Schule 3, 5, 6 und 7) und die für DaM- und DaZ-Schüler(innen) konzipierten Wort-

stark-Materialien des Schroedel-Verlags (Schule 1, 2 und 7) kommen häufiger zum Einsatz.

Ergänzende Übungsmaterialien zu den Bereichen Grammatik, Wortschatz, Schreiben oder

Lesen erweitern überall den Fundus. Viele Lehrkräfte erstellen zudem eigene Materialien.

Auch Item lässt sich 19.3 für alle Schulen bejahen: Neben DaF/DaZ- und Fremdsprachen-

wörterbüchern sind allerorts Grammatiken vorhanden; die Materialsammlung der Intensiv-

klassen enthält zudem Bildwörterbücher. Die Fremdsprachenwörterbücher werden zumeist

von den Schüler(inne)n besorgt und in den Unterricht mitgebracht, mit Ausnahme von

Schule 7, die ein Wörterbuch für jede in der Klasse vertretene Sprache anschafft. Kinder-

und Jugendliteratur (Item 19.4) ist in den Intensivklassen der Schulen 2-4 und 6-7 vorhan-

den. Neben Märchenbüchern und Belletristik gibt es häufig auch spezielle DaF-Lektüren für

das Niveau A1 bis B2 (z.B. Der Superstar von Langenscheidt oder Nur der Mond war Zeuge

vom Cornelsen-Verlag). In den Schulen 1 und 5 ist solche Literatur ausschließlich in der

Schulbibliothek erhältlich. Kassetten, CDs und Spiele (Item 19.5 und 19.8) gibt es in allen

Intensivkursen und -klassen. Dabei handelt es sich um lehrwerkbegleitende Audiomateria-

lien, Hörspiele, Sprachlernsoftware, Gesellschaftsspiele und Sprachlernspiele. Die Schulen

1-3 und 5-7 verfügen über Spielfilme sowie Zusatzmaterialien zum Lehrwerk im DVD- bzw.

Videoformat (Item 19.6). Der DaZ-Koffer gehört in den Schulen 2-6 zur Lehr- und Lernmit-

telsammlung, in den Schulen 1 und 7 ist er nicht zu finden (Item 19.7). Unter 19.9 sind zu-

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70

sätzliche Materialien aufgeführt, die im Kriterienraster nicht explizit erfragt wurden. Bei-

spielsweise führen einige Schulen Lexika, Fachliteratur zum Bereich Deutsch als Zweitspra-

che (z.B. Kniffka & Siebert-Ott 2009, Schader 2004) oder die LingoFox-Software (Thierbach

& Mertens), mit welcher sich Arbeitsblätter für den DaZ-Unterricht generieren lassen.

In allen Intensivklassen besitzen die Schüler(innen) ein eigenes DaZ-Lehrwerk und -Arbeits-

buch, wobei Ersteres in der Regel von den Schulen finanziert wird und Letzteres von den

Schüler(inne)n selbst anzuschaffen ist. Weiterhin gaben alle befragten Lehrkräfte an, dass

die Lern- und Arbeitsmaterialien im Hinblick auf Sprach- und Lernstand der Schüler(innen)

sowie Schwierigkeitsgrad binnendifferenziert sind (Item 21.1-21.2). So arbeiten die Lernen-

den etwa in unterschiedlichen Lektionen ihres Lehrwerkes oder erhalten von der Lehrkraft

je nach Leistungsniveau entsprechende Arbeitsaufträge. In den Schulen 3-5 werden zusätz-

lich altersgerechte Materialien eingesetzt – für jüngere Lerner(innen) z.B. Bildbände, Vo-

kabelmemory oder das Lehrwerk Sowieso (Item 21.3).

Die technische Ausstattung der Intensivklassen und -kurse ist wie folgt ausgelegt: Die Schu-

len 2-3 und 5-7 haben alle eigene PCs in den Klassenräumen installiert. Die Anzahl variiert

dabei zwischen einem und sechs Geräten. Die Schulen 2 und 3 verfügen zusätzlich über ei-

nen Internetzugang sowie einen Drucker. Letztgenanntes trifft auch auf Schule 6 und 7 zu

(Item 22.1-22.3). Ein Fernseher und DVD- bzw. VHS-Player sind in allen Kursen und Klassen

vorhanden, außer in Schule 4 (hier kann aufgrund der Lage des Raums auch nicht auf Geräte

aus anderen Gebäuden zurückgegriffen werden). Weiterhin gehören ein Kassetten- bzw.

CD-Player und OH-Projektor zum festen Bestandteil der technischen Ausstattung aller Klas-

sensäle (Item 22.4-22.7). Einige Schulen haben zusätzlich Kopierer, Beamer, Walk- bzw.

Discmans, Diktiergeräte oder Digitalkameras speziell für die Intensivklassen angeschafft

(Item 22.8).

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71

Item Schule 1 Schule 2 Schule 3 Schule 4 Schule 5 Schule 6 Schule 7

23. Es erfolgen regelmäßige Leistungsüberprüfungen in Form von:

23.1 Vokabeltests Nein Ja Ja Ja Ja Ja Ja

23.2 Grammatiktests Nein Ja Ja Ja Ja Ja Ja

23.3 schriftlichen Aufgaben Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja

23.4 mündlichen Prüfungen Nein Nein Ja Nein Nein Ja Nein

23.5 Präsentationen Nein Ja Ja Ja Ja Ja Ja

23.6 Sonstiges --- --- --- --- --- --- ---

24. Der Lernstand und -fortschritt wird in einem Portfolio dokumentiert.

Nein Ja Ja Nein Nein Ja Nein

25. Für alle SuS wird ein individueller Förderplan entworfen. Nein Ja Ja Ja Nein Ja Nein

26. Die Regelklassen-LuL werden schriftlich über den Sprach- und Lernstand der SuS informiert.

Nein Ja Ja Ja Ja Ja Ja

Item Schule 1 Schule 2 Schule 3 Schule 4 Schule 5 Schule 6 Schule 7

27. Es werden schulische Aktivitäten für die SuS angeboten:

27.1 Speziell für die Intensivklassen bzw. -kurse Nein Ja Nein Nein Nein Nein Nein

27.2 Für die Intensivklassen bzw. -kurse und andere Klassen der Schulgemeinschaft

Ja Ja Ja Ja Ja

Ja Ja

28. Es werden außerschulische Aktivitäten für die SuS angeboten:

28.1 Speziell für die Intensivklassen bzw. -kurse Nein Ja Ja Ja Ja Ja Ja

28.2 Für die Intensivklassen bzw. -kurse und andere Klassen der Schulgemeinschaft

Nein Ja Ja Ja Ja Ja Ja

Tabelle 5.5.5: Die Leistungsüberprüfung und -dokumentation der untersuchten Schulen im Vergleich (Kategorie IV)

Tabelle 5.5.6: Die schulischen und außerschulischen Aktivitäten der untersuchten Schulen im Vergleich (Kategorie V)

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5.5.5 Auswertung der Kategorie IV: Leistungsüberprüfung und -dokumentation

In der Tabelle 5.5.5 sind die Ergebnisse der sieben Schulen zur Kategorie Leistungsüberprü-

fung und -dokumentation dargestellt. Grammatik- und Vokabeltests finden in allen Inten-

sivklassen in regelmäßigen Abständen statt (Item 23.1-23.2). Die Schulen 2, 4 und 7 schrei-

ben einmal wöchentlich solche Tests, Schule 6 alle zwei Wochen und Schule 3 sowie 5 am

Ende einer Lehrwerk-Lektion. Bei den Vokabeltests handelt es sich zumeist um Bild-Begriff-

Zuweisungen. Die Grammatiktests können ganz unterschiedlich gestaltet sein und verschie-

dene Aspekte abfragen (z.B. Lückentexte ergänzen, Wortarten bestimmen, Fragen bilden

oder Verben konjugieren). Die Tests sind selten für alle Schüler(innen) die gleichen, sondern

je nach Lern- und Entwicklungsstand individuell auf den/die Einzelne(n) abgestimmt. In

Schule 1 gibt es keine Vokabel- oder Grammatiktests. In allen Intensivklassen und -kursen

müssen die Schüler(innen) schriftliche Aufgaben erledigen, z.B. Aufsätze, Diktate oder Dia-

loge schreiben (Item 23.3). Mündliche Prüfungen kommen in den Schulen 3 und 6 vor (Item

23.4). Hier wird am Ende des ersten und zweiten Halbjahres neben den Fertigkeiten Hören,

Lesen und Schreiben, auch die mündliche Ausdrucksfähigkeit der Schüler(innen) überprüft.

In einem Einzel- oder Gruppengespräch mit der Lehrkraft müssen diese beispielsweise Dia-

loge führen, ein Bild bzw. Gegenstand beschreiben etc. In den Schulen 2-7 sind Präsentatio-

nen eine weitere Form der Leistungsüberprüfung (Item 23.5). So müssen die Lerner(innen)

dem Klassenplenum ihre Herkunftsländer, Hobbies, Arbeitsergebnisse, Textprodukte uvm.

präsentieren (oftmals mittels einer Powerpoint-Präsentation). Darüber hinaus werden von

allen Intensivklassenlehrer(innen) die Leistungsüberprüfungen benotet, um die Schü-

ler(innen) einerseits zum Lernen zu motivieren und andererseits auf die Notengebung in der

Regelklasse vorzubereiten. In den Intensivkursen wird hingegen auf Noten verzichtet.

Ein Portfolio wird in insgesamt drei Intensivklassen geführt: in Schule 2, 3 und 6 (Item 24).

Erstere bezeichnen ihr Portfolio als Arbeitspass, da die Schüler(innen) mit diesem Begriff

mehr verbinden können, so die Klassenlehrerin. Dieser Arbeitspass besteht aus drei Teilen

(A, B und C). Teil A informiert über die Biographie der Kinder und enthält u.a. einen ge-

schriebenen und gemalten Lebenslauf, eine Collage zum Heimatland, eine Arbeit zur ehe-

maligen Schule etc. Im Teil B befinden sich die Tests aller in der Intensivklasse unterrichte-

ten Fächer sowie die Kompetenzraster zu den vier Fertigkeitsbereichen. Der Teil C dient der

Reflexion über die Zeit in der Intensivklasse. Gesammelt wird hier z.B. ein Abschiedsbrief an

die Klassenlehrerin oder ein Schülerbrief, in welchem ein(e) Lerner(in) seine/ihre Ankunft in

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der Intensivklasse Revue passieren lässt. Auch der Schülerbogen – der wichtige Informati-

onen für die Regelklassenlehrer(innen) enthält (Lernentwicklung, weitere Fördermaßnah-

men etc.) – wird hier abgeheftet. Die Schulen 3 und 6 verwenden die Hamburger Version

des Europäischen Portfolios der Sprachen (Schroedel/Diesterweg).20 Es besteht aus den

Teilen Sprachenpass, Sprachenbiographie und Dossier. Im Sprachenpass werden alle Spra-

chenkenntnisse eines/einer Lernenden nach den Niveaustufen des GERs beschrieben. Zu-

dem enthält dieser Pass Angaben zu erworbenen Zertifikaten, abgelegten Prüfungen oder

Auslandsaufenthalten. Im Teil Sprachenbiographie werden die persönliche Geschichte des

Sprachenlernens dokumentiert sowie Selbsteinschätzungsbögen zur Reflexion und Planung

des Lernprozesses ausgefüllt. Das Dossier enthält gelungene Arbeitsergebnisse, wie selbst

erstellte Texte verschiedener Art, Bilder etc. Beim Übergang in die Regelklasse werden die

Portfolios zumeist an die jeweiligen Klassenlehrer(innen) weitergegeben und von diesen

eingesehen.

Ein Förderplan für die DaZ-Schüler(innen) wird in den Schulen 2, 3, 4 und 6 erstellt (Item

25). Häufig werden hierfür die Vorlagen der Handreichungen des Hessischen Kultusminis-

teriums verwendet, beispielsweise der Schülerbogen. Ferner erstellen alle Klassenlehrerin-

nen der Intensivklassen am Ende der Fördermaßnahme ein schriftliches Gutachten über

jede(n) Schüler(in). Die Lehrenden der Regelklassen werden so über die Deutschkenntnisse

der Seiteneinsteiger(innen), weitere Fördermaßnahmen bzw. Integrationshilfen sowie den

bestehenden Notenschutz für diese Schülergruppe informiert (Item 26). An Schule 1 finden

ausschließlich mündliche Absprachen zwischen den DaZ- und Regelklassenlehrkräften statt

(Item 26 wird somit verneint).

5.5.6 Auswertung der Kategorie V: Schulische und außerschulische Aktivitäten

Die Tabelle 5.5.6 informiert darüber, ob schulische und außerschulische Aktivitäten speziell

für Schüler(innen) der Intensivklassen bzw. -kurse angeboten werden und ob diese im Zuge

dessen mit anderen Klassen der Schulgemeinschaft in Kontakt kommen. Schule 2 ist die

einzige Schule, die speziell für die Lernenden der Intensivklasse eine Arbeitsgemeinschaft

anbietet: eine Physik-AG. Diese AG wird von einer Physiklehrkraft geleitet, die mit den

Schüler(inne)n einfache Experimente durchführt und mit der Lerngruppe fachspezifische

20

Das Portfolio wurde im Bund-Länder-Kommissionsprojekt Sprachen lehren und lernen als Kontinuum entwickelt und ist vom Europarat akkreditiert.

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Termini oder Textsorten (z.B. Versuchsanleitungen und Protokolle) bespricht. Die AG ist

freiwillig und kann zudem auch von ehemaligen Schüler(inne)n der Intensivklasse belegt

werden (Item 27.1). In allen anderen Schulen richtet sich das AG-, Förder- bzw. Nachmit-

tagsangebot immer an die gesamte Schulgemeinschaft (Item 27.2) und nicht speziell an die

Intensivkurse bzw. -klassen. Nach Angaben der befragten Lehrerinnen, werden schulische

Aktivitäten nur vereinzelt von den DaZ-Lernenden genutzt.

Bis auf Schule 1 bieten alle anderen Schulen außerschulische Aktivitäten speziell für die In-

tensivklassen an (Item 28.1). Hierzu zählen Ausflüge in verschiedene Städte, Bibliotheks-,

Museums-, Zoo- oder Schwimmbadbesuche sowie Treffen mit anderen Intensivklassen (bei-

spielsweise bestehen Kooperationen zwischen den Schulen 3, 4, 6 und 7). Im Rahmen dieser

Exkursionen werden den Schüler(inne)n wichtige Dinge des alltäglichen Lebens vermittelt,

z.B. Stadtpläne lesen, Verkehrsverbindungen finden, Eintrittskarten kaufen, nach dem Weg

fragen uvm. Auch ist an dieser Stelle erneut das Integrationsprojekt für die Intensivklasse

der Schule 6 zu nennen, bei welchem die männlichen Schüler der Klasse einmal wöchentlich

mit Mitarbeiter(inne)n des SKAs verschiedene außerschulische Lernorte aufsuchen. Im För-

derkonzept der Schule 6 (2010: 30f.) ist dazu Folgendes angeführt: „Ziel ist hierbei, die

männlichen Heranwachsenden insbesondere an Orte heranzuführen, an denen sie sich in

der Regel nicht aufhalten“ wie z.B. Betriebe, Museen oder Theaterhäuser.

Des Weiteren unternehmen alle Intensivklassen auch mit Regelklassen Ausflüge, z.B. ge-

meinsame Theaterbesuche, Wanderungen oder sportliche Aktivitäten, wie Eislaufen, Bow-

ling, Schwimmen etc. (Item 28.2) Die Schüler(innen) der Intensivkurse (Schule 1) nehmen an

außerschulischen Veranstaltungen nur im Kreise ihrer jeweiligen Regelklasse teil, sodass die

letzten beiden Items der fünften Kategorie für diese Schule verneint werden müssen.

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Item Schule 1 Schule 2 Schule 3 Schule 4 Schule 5 Schule 6 Schule 7

29. Die Eltern werden regelmäßig über den Lernfortschritt ihrer Kinder informiert.

Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja

30. Eine Kommunikation mit den Eltern findet statt in Form von:

30.1 Elternabenden Nein Nein Nein Nein Nein Ja Nein

30.2 Einzelgesprächen Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja

30.3 Sonstiges Telefon, Briefe

Telefon, Briefe, Email

Telefon, Briefe

Telefon, Briefe

Telefon, Briefe

Telefon, Briefe

Telefon, Briefe

31. Die Eltern werden schriftlich über schulische Veranstaltungen informiert.

Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja

32. Bei den Zusammenkünften ist ein Dolmetscher anwesend. z.T. ja z.T. ja z.T. ja z.T. ja z.T. ja z.T. ja Nein

33. Die Schule bietet Deutschkurse für die Eltern an. Nein Ja Nein Nein Nein Nein Nein

Item Schule 1 Schule 2 Schule 3 Schule 4 Schule 5 Schule 6 Schule 7

34. Der Intensivklasse bzw. dem -kurs stehen Fördermittel zur Verfügung.

Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja

34.1 Fördermittel von: Staatliches Schulamt

Staatliches Schulamt

Staatliches Schulamt

Staatliches Schulamt

Staatliches Schulamt

Staatliches Schulamt, SKA

Staatliches Schulamt

34.2 Höhe der Fördermittel: ca. 500 Euro

ca. 1000 Euro ca. 650 Euro ca. 1000 Euro ca. 690 Euro

ca. 700 Euro (Staatliches Schulamt), ca. 150 Euro pro Ausflug (SKA)

ca. 300 Euro

34.3 Verwendung für: Schreib- und Verbrauchsma-terialien, Sachausstattung

Schreib- und Verbrauchsma-terialien, Raum- und Sachausstattung

Schreib- und Verbrauchsma-terialien, Raum- und Sachausstattung

Schreib- und Verbrauchsma-terialien, Raum- und Sachausstattung

Schreib- und Verbrauchsma-terialien, Raum- und Sachausstattung

Schreib- und Verbrauchsma-terialien, Raum- und Sachausstattung, Ausflüge

Schreib- und Verbrauchsma-terialien, Raum- und Sachausstattung

Tabelle 5.5.7: Die Elternarbeit der untersuchten Schulen im Vergleich (Kategorie VI)

Tabelle 5.5.8: Die finanziellen Ressourcen der untersuchten Schulen im Vergleich (Kategorie VII)

Abkürzung: SKA = Sozialkritischer Arbeitskreis

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5.5.7 Auswertung der Kategorie VI: Elternarbeit

In der Tabelle 5.5.7 sind die Ergebnisse aller Schulen zur Kategorie VI, der Elternarbeit, auf-

geführt. Alle befragten Lehrkräfte gaben an, dass sie die Eltern regelmäßig über den Lern-

fortschritt ihrer Kinder informieren (Item 29). Die Kommunikation mit den Eltern erfolgt

dabei zumeist in persönlichen Einzelgesprächen (Item 30.2). Diese Treffen finden norma-

lerweise in den Räumlichkeiten der Schule statt; Hausbesuche bei den Familien der Schü-

ler(innen) sind in einigen Schulen bereits vorgekommen, zählen jedoch zu den Ausnahmen.

Elternabende veranstaltet ausschließlich Schule 6 (Item 30.1). Alle anderen Lehrerinnen

erklärten diesbezüglich, dass solche gemeinsamen Gesprächsrunden aufgrund der sprachli-

chen Barrieren – viele Eltern verfügen über unzureichende Deutschkenntnisse – schwierig

umzusetzen sind. Des Weiteren werden die Eltern telefonisch oder schriftlich (per Brief

oder Email) von den Lehrkräften der Intensivklassen und -kurse kontaktiert (Item 30.3).

Auch werden die Eltern in allen Schulen schriftlich über schulische Veranstaltungen, wie z.B.

Elternsprechtage, Feste oder sportliche Ereignisse informiert (Item 31). Häufiger wurde be-

tont, dass solche Schulrundschreiben mit den Schüler(inne)n im DaZ-Unterricht genau be-

sprochen werden, sodass sie zuhause ihre Eltern über den Inhalt der Briefe aufklären kön-

nen.

In den Schulen 1-6 ist bei den Zusammenkünften der Eltern und Lehrkräfte hin und wieder

ein Dolmetscher anwesend – Item 32 kann demnach für diese Schulen mit z.T. ja beantwor-

tet werden. Bei der Übersetzung sind zumeist Freunde oder Verwandte der Familie, ent-

sprechende Fremdsprachenlehrkräfte oder die Schüler(innen) selbst behilflich. Professionell

ausgebildete Dolmetscher kommen hingegen an keiner Schule zum Einsatz. Die Lehrerin der

Schule 7 traf sich bisher stets alleine mit den Eltern.

Ferner bietet Schule 2 in Zusammenarbeit mit der Volkshochschule und dem Caritasverband

Deutschkurse für Eltern nichtdeutscher Herkunftssprache an. In dem Projekt Mama lernt

Deutsch sollen einerseits die Deutschkenntnisse der teilnehmenden Mütter ausgebaut, an-

dererseits aber auch Kenntnisse über das deutsche Bildungssystem vermittelt sowie Erzie-

hungsfragen thematisiert werden. Der Kurs ist auf insgesamt 12 Wochen angelegt und fin-

det zweimal wöchentlich für eineinhalb Stunden in den Räumlichkeiten der Schule statt. Die

Kursgebühr beläuft sich auf 50 Euro, kann jedoch für sozial schwache Familien auf 25 Euro

reduziert werden. In allen anderen Schulen sind solche Fördermaßnahmen für Eltern nicht

vorzufinden.

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77

5.5.8 Auswertung der Kategorie VII: Finanzielle Ressourcen

Tabelle 5.5.8 zeigt die zur Verfügung stehenden Fördermittel der Intensivkurse und -klas-

sen, in welcher Höhe sich diese belaufen und wofür sie verwendet werden. Alle Schulen

erhalten einmal jährlich vom Staatlichen Schulamt des Landkreises Darmstadt-Dieburg und

der Stadt Darmstadt eine finanzielle Unterstützung (Item 34.1), wobei den einzelnen Schu-

len unterschiedlich hohe Geldsummen zukommen. So wird Schule 7 mit ca. 300 Euro der

geringste Betrag, Schule 2 und 4 mit rund 1000 Euro der höchste Betrag zugewiesen. Die

restlichen Schulen erhalten etwa 500 bis 700 Euro vom Schulamt (Item 34.2). Die Höhe der

Fördermittel fällt jedes Jahr unterschiedlich aus und ist von diversen Faktoren abhängig, z.B.

der Lerngruppengröße, der Anzahl der unterrichtenden Lehrkräfte, vorhergehenden Zu-

schüssen etc. Die Gelder werden von den Schulen für Schreib- und Verbrauchsmaterialien

(Hefte, Mappen, Bastelutensilien, Druckerpatronen etc.) sowie die Raum- und Sachausstat-

tung (Bücher, Übungsmaterialien, Spiele, technische Geräte etc.) ausgegeben (Item 34.3).

Zudem werden häufig Kinder aus sozial schwachen Familien unterstützt und für die Schule

ausgestattet, z.B. werden Schultaschen, Arbeitsbücher, Blöcke o.Ä. von den Fördermitteln

gekauft. In diesem Zusammenhang ist auch zu erwähnen, dass sich der Erstbetrag für eine

DaZ-Klasse bzw. einen DaZ-Kurs (d.h. bei Neugründung) in der Regel auf mehrere 1000 Euro

beläuft. Dieser Betrag wird von den meisten Schulen in die technische Ausstattung und die

Anschaffung von DaZ-Lehrwerken investiert.

Schule 6 erhält darüber hinaus finanzielle Mittel vom SKA, welcher beispielsweise bei vielen

Ausflügen einen Teil der Fahrt- und Verpflegungskosten sowie die Eintrittspreise übernimmt

(ungefähr 100 bis 150 Euro pro Exkursion). Alle anderen Schulen erhalten keine Zugaben

von außerschulischen Partnern bzw. externen Stellen.

5.6 Diskussion der Ergebnisse

Die Auswertung der Ergebnisse verdeutlicht, dass sich die einzelnen Intensivkurse und -klas-

sen in vielerlei Hinsicht voneinander unterscheiden: So gibt es z.B. Unterschiede bezüglich

der Zusammensetzung der Klassen und Kurse, des Fächerangebots, der didaktisch-methodi-

schen Vorgehensweise, der materiellen Ausstattung oder auch der finanziellen Förderung.

Insbesondere die Konzeption der Intensivkurse (Schule 1) weicht von denen der Intensiv-

klassen ab (Schule 2-7): So ist für den DaZ-Unterricht lediglich eine Wochenstunde vorge-

sehen, die Lernenden nehmen vollständig am Regelunterricht teil, spezifische DaZ-Lehr-

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werke und Arbeitsbücher werden nicht eingesetzt uvm. Der Grund hierfür ist, dass es sich

bei diesen DaZ-Lerner(inne)n um eine andere Schülerklientel mit anderem (und weniger

zeitintensivem) Förderbedarf handelt als bei den untersuchten Intensivklassen. Diese Kinder

und Jugendlichen sind keine Seiteneinsteiger(innen), sondern oftmals Schüler(innen), die

schon lange Zeit in Deutschland leben, häufig sogar hier geboren sind und eine deutsche

Grundschule durchlaufen haben. Die mündlichen Ausdrucksfähigkeiten (BICS) dieser Schü-

ler(innen) sind meist gut ausgebildet (was die Teilnahme am regulären Schulunterricht

erklärt), allerdings fehlen ihnen oftmals die für den schulischen Erfolg so wichtigen schrift-

sprachlichen Kompetenzen (CALP) (vgl. Kapitel 3.2.4). Diese Defizite sollen in den Intensiv-

kursen ausgeglichen werden, indem dort gezielt die schriftlichen Fertigkeiten Lesen und

Schreiben trainiert werden. Da diese Schule einen enorm hohen Ausländeranteil aufweist

und viele der Lernenden sprachliche Defizite haben, hat sich die Schule dazu entschieden,

die zur Verfügung stehenden DaZ-Stunden nicht ausschließlich für die Intensivkurse zu

verwenden, sondern verschiedene Fördermaßnahmen anzubieten, wie z.B. die DaZ-Sprech-

stunde oder die Doppelbesetzung in Deutsch und NaWi. So sollen möglichst viele Schü-

ler(innen) nichtdeutscher Herkunftssprache erreicht und in ihrem Spracherwerb individuell

unterstützt werden. Einerseits reagiert die Schule damit sehr gut auf die heterogene Schü-

lerschaft, andererseits ergibt sich das Problem, dass aufgrund der verschiedenen Angebote

pro Fördermaßnahme nur eine Wochenstunde veranschlagt wird und dies im Sinne einer

effektiven bzw. nachhaltigen Sprachförderung eventuell zu wenig sein könnte. Streng ge-

nommen handelt es sich aufgrund des geringen Stundenumfangs um keinen Intensivkurs

(dieser muss laut der Verordnung mindestens 12 Wochenstunden umfassen), sondern um

einen Förderkurs, der zusätzlich zum Regelunterricht stattfindet (siehe hierzu auch Kapitel

4.2.1).

Weiterhin sind die DaZ-Sprechstunden, aber auch die im Auswertungsteil bereits erwähnten

Lesetandems oder Lesepatenschaften der Schule 1 ungemein interessante Ansätze, die sich

auch andernorts leicht umsetzen ließen (denn Schüler(innen) oder Eltern, die freiwillig sol-

che Betreuungsaufgaben übernehmen sind mit Sicherheit in jeder Schule zu finden). Denk-

bar wäre beispielsweise auch, Lehramtsstudierende in den offenen DaZ-Sprechstunden ein-

zusetzen. Diese sind für die Schulen einerseits kostengünstiger, andererseits könnten die

Student(inn)en sich auf diese Art und Weise im Umgang mit Schüler(inne)n nichtdeutscher

Herkunftssprache erproben und wichtige Erfahrungen für ihre spätere Unterrichtspraxis

sammeln (ähnlich dem Mercator-Projekt, siehe Kapitel 4.3).

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Während die Intensivkurse zusätzlich zum Regelunterricht stattfinden, ist das Ziel der In-

tensivklassen, Schüler(innen) ohne sprachliche Vorkenntnisse innerhalb kürzester Zeit für

die Teilnahme am Regelunterricht zu befähigen. Generell ist positiv zu bewerten, dass alle

untersuchten Intensivklassen versuchen, die Lernenden schon während der Intensivklas-

senzeit in die Regelklassen zu integrieren. Während die Schüler(innen) in Schule 3 täglich in

den Randstunden mit ihren gleichaltrigen Mitschüler(inne)n in Kontakt kommen, organi-

sieren alle anderen Schulen die Einbindung in den Regelunterricht nach den jeweiligen Be-

dürfnissen und Fähigkeiten der Zweitsprachenlernenden – manche verbringen mehr, man-

che weniger Zeit in ihrer altersentsprechenden Regelklasse. Ich denke, letzteres Modell ist

aufgrund der individuelleren Gestaltung des Bildungsprozesses die bessere Lösung, auch

wenn es von den Schulen viel Flexibilität und Organisation verlangt, denn jede(r) Schüler(in)

benötigt gewissermaßen einen eigenen Stundenplan. Das Modell der Schule 3 ist organisa-

torisch sicher leichter umzusetzen und integriert die DaZ-Schüler(innen) am schnellsten in

das Schulleben. Allerdings erhalten die Lernenden in dieser DaZ-Konzeption keinen zusam-

menhängenden Fachunterricht, was m.E. den Lernprozess erschweren könnte bzw. kumula-

tives Lernen fast unmöglich macht. Sollte beispielsweise lediglich eine von fünf Mathema-

tikstunden pro Woche in den Randstunden liegen, so könnte nur diese von den Schü-

ler(inne)n wahrgenommen werden. Zudem ist dieser Unterricht auf DaM-Schüler(innen)

ausgerichtet und nicht sprachorientiert, sodass im schlimmsten Fall einzelne L2-Ler-

ner(innen) diesem nicht folgen können und somit kein Lernzuwachs stattfindet. In allen

anderen Schulen hingegen sieht das Konzept vor, dass die Schüler(innen) mehr Zeit in der

Intensivklasse verbringen und entsprechend ihres Leistungsniveaus am Regelunterricht teil-

nehmen. Darüber hinaus wird in diesen Intensivklassen Fachunterricht erteilt, der die

sprachlichen Voraussetzungen der Schüler(innen) berücksichtigt und damit dem oben ge-

nannten Problem von Schule 3 vorbeugt. Ein Nachteil dieses Modells könnte allerdings sein,

dass zu viel Intensivklassenunterricht den Integrationsprozess in die Regelklasse beeinträch-

tigt. Kennzeichnend für ein gutes DaZ-Konzept ist demnach ein ausgewogenes Verhältnis

zwischen Regelklassenunterricht sowie Sprach- und Fachunterricht innerhalb der Intensiv-

klasse. Nach eigener Einschätzung gelingt diese Balance insbesondere Schule 5 sehr gut.

Denn zum einen werden verschiedene Fächer in der Intensivklasse unterrichtet, zum ande-

ren nehmen alle DaZ-Lernenden regelmäßig am Sportunterricht ihrer Regelklasse teil. Zu-

gleich wird es mehreren Schüler(inne)n ermöglicht, den regulären Mathematik- und Eng-

lischunterricht zu besuchen. Darüber hinaus ist dies die einzige Intensivklasse, die mit einer

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Patenklasse kooperiert und mit dieser gemeinsame Ausflüge unternimmt, Schulprojekte

plant und durchführt etc., womit ein wichtiger Beitrag zur Integration der Seiteneinstei-

ger(innen) in die Schulgemeinschaft geleistet wird.

Zu bemängeln ist allerdings, dass Schule 5 bisher noch kein schriftliches DaZ-Konzept entwi-

ckelt hat, was dringend nachgeholt werden sollte. Die bestehende Stichpunktliste (siehe

Anhang 6) beschreibt nur grob die Zusammensetzung der Intensivklasse und die Stunden-

verteilung. Wichtig wäre es, Lehr- und Lernziele zu definieren sowie inhaltliche Schwer-

punkte und organisatorische Aspekte der Sprachfördermaßnahme schriftlich festzuhalten.

Ein schriftliches Konzept dient auf der einen Seite als Leitfaden für die pädagogische Arbeit

in der Intensivklasse (und damit als Orientierungshilfe für die unterrichtenden Lehrperso-

nen) und schafft auf der anderen Seite Transparenz für Außenstehende (z.B. Kollegen,

Eltern, externe Stellen). Die Schulen 2, 3, 4 und 6 haben dies bereits gut realisiert und aus-

führliche DaZ-Förderkonzepte verfasst. Schule 7 sollte in ihrem Konzept m.E. noch auf die

Lernziele und Lernbereiche der Sprachförderung (z.B. zu lernende sprachliche Fertigkeiten

und Mittel oder angestrebte Kompetenzen) eingehen. Auch die didaktisch-methodischen

Überlegungen (Unterrichtsplanung, Themenauswahl, binnendifferenzierende Maßnahmen

etc.), die Inhalte des Fachunterrichts sowie die Raum- und Sachausstattung könnten detail-

lierter beschrieben werden. Der Videokurs, auf dem der Unterricht basiert, sollte ebenfalls

näher erläutert werden. Der Ansatz klingt spannend; ob das Video ähnliche Erfolge wie ein

DaZ-Lehrwerk erzielt, ist hier nicht bewertbar und müsste in einer Arbeit, die sich speziell

mit Materialien für den Deutsch als Zweitsprache-Unterricht beschäftigt, ausführlicher

untersucht werden. Schule 1 sollte sich darum bemühen, alle Sprachförderangebote (d.h.

Intensivkurse, DaZ-Sprechstunde, Doppelbesetzung in Deutsch und NaWi sowie alle Lese-

projekte) in einem Konzept aufzugreifen bzw. zu vereinen.

In Bezug auf die Räumlichkeiten und materiellen Ressourcen der Intensivklassen ist anzu-

führen, dass sich diese deutlich von den Klassenzimmern der Regelklassen abheben und in

vielerlei Hinsicht besser ausgestattet sind. So gehören zumeist verschiedene technische

Geräte (Fernseher, Computer, Drucker etc.) zum festen Bestandteil der Einrichtung und in

den Regalen ist eine Vielzahl von Büchern, Übungsmaterialien oder Spielen zum Zweitspra-

chenerwerb zu finden. Darüber hinaus sind häufig Funktions- und Sofaecken eingerichtet

und die Wände mit Fotos, Flaggen und Plakaten (z.B. von den Herkunftsländern der DaZ-

Lernenden) behängt, was die Räume gemütlicher und auch persönlicher erscheinen lässt.

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Schule 2 sticht hier besonders hervor. Indem die Klassenlehrerin viele kreative Elemente in

den Unterricht mit einbindet und mit einer Künstlerin zusammenarbeitet, ist der Raum sehr

ansprechend gestaltet. So sind z.B. bunte Gips-Skulpturen und bemalte Leinwände zu

finden, über der Tafel hängt in Schönschrift der Banner Keine Hälfte der Welt kann ohne die

andere Hälfte der Welt überleben und die Sofaecke ist von selbstgemalten Weltkarten,

Collagen und Gedichten umgeben. Ich denke, solche künstlerischen Komponenten wirken

sich nicht nur positiv auf die Lernumgebung aus, sondern unterstützen auch den Lernpro-

zess in der Zweitsprache Deutsch. Insbesondere die bereits erwähnte jährliche Theaterin-

szenierung kann m.E. die kommunikativen, kulturellen und sozialen Kompetenzen der

Schüler(innen) langfristig erweitern. Besonders effektiv erscheint mir hierbei, dass die

Theaterstücke zum Unterrichtsgegenstand werden und verschiedene Fächer vernetzen: So

werden im Deutschunterricht die Texte gelesen und der Wortschatz erarbeitet, in Gesell-

schaftslehre die Historie besprochen und in Kunst die Bühnenbilder sowie Requisiten herge-

stellt, wodurch ein ganzheitliches, intensives Lernen gewährleistet wird. Eine Anregung

könnte sein, gemeinsam mit einer Regelklasse solche Theaterprojekte zu inszenieren. So

könnte neben den genannten Kompetenzen auch die Integration der DaZ-Schüler(innen) in

das Schulleben gefördert werden.

Die Lernumgebung der Schule 4 kann meiner Meinung nach nicht als angemessen bezeich-

net werden, da die Räumlichkeiten abseits liegen (sodass der Kontakt zu Mitschüler(inne)n

erschwert wird), zu dunkel und zu klein sind und die Heizung nicht richtig funktioniert. Im

Vergleich zu allen anderen Intensivklassen verfügt die Schule über die schlechteste techni-

sche Ausstattung – außer einem Overhead-Projektor und einem Kassetten- bzw. CD-Player

sind keine weiteren Geräte vorhanden. Ich denke, hier sollte die Schule dringend handeln

und den Klassenraum insbesondere mit einem Fernseh- und DVD-Gerät sowie internetfähi-

gen Computern ausrüsten. Solche Medien können für Abwechslung sorgen und den Unter-

richtsalltag ungemein bereichern. So können am Fernseher bzw. Computer mit Sprachlern-

programmen bzw. begleitenden Lehrwerkmaterialien gearbeitet werden. Das Internet eig-

net sich beispielsweise für Recherchearbeiten (Informationen zu den Herkunftsländern der

Schüler(innen), traditionellen Speisen, Festen und Bräuchen etc.) sowie zur Beschaffung

authentischer Materialien und Texte; zusätzlich wird die Medienkompetenz gefördert. Des

Weiteren sollte die Schule darüber nachdenken, der Intensivklasse einen anderen Klassen-

raum zur Verfügung zu stellen, der einerseits größer ist und den Schüler(inne)n mehr Bewe-

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gungsfreiheit bietet, andererseits zentraler liegt und die Lernenden besser in die Schulge-

meinschaft eingliedert. Falls dies aus organisatorischen Gründen nicht möglich ist, sollte der

Pavillon der Schule 4 renoviert und v.a. die Heizungsanlage repariert werden.

Hinsichtlich der Lehrerqualifikation im Bereich Deutsch als Zweitsprache ist zu konstatieren,

dass sich (bis auf zwei Ausnahmen) alle DaZ-Lehrkräfte über mehrere Jahre hinweg in die-

sem Gebiet weitergebildet haben. Zufriedenstellend ist diesbezüglich, dass alle Klassenleh-

rerinnen – die die meiste Zeit mit den L2-Lernenden verbringen und den Zweitsprachener-

werbsprozess folglich am stärksten beeinflussen – eine entsprechende Qualifikation aufwei-

sen können. Bei den Fachlehrkräften zeichnet sich ein anderes Bild ab: Lediglich drei von

insgesamt 14 Lehrer(inne)n haben an einer DaZ-Weiterbildung teilgenommen. Alle anderen

verfügen über keine entsprechenden Kompetenzen im Umgang mit sprachlich heterogenen

Klassen, was sich negativ auf die Unterrichtsqualität und den Lernerfolg der Schüler(innen)

auswirken kann. Hier besteht Handlungsbedarf! Alle Lehrkräfte – auch diejenigen, die sich

nur wenige Stunden pro Woche in der Klasse aufhalten – müssen sich in DaZ fortbilden und

sich ein fundiertes fachliches sowie didaktisch-methodisches Wissen aneignen. Nur so sind

sie in der Lage, einen sprachbewussten Unterricht zu erteilen und die Schüler(innen) gezielt

in der Zweitsprache Deutsch zu fördern (vgl. hierzu auch Kapitel 4.4). Auch sollte jede

Schule darauf bedacht sein, das komplette Kollegium für DaZ zu sensibilisieren, z.B. im

Rahmen schulinterner Fortbildungsveranstaltungen, die für alle Lehrenden verpflichtend

sind. Denn der Spracherwerbsprozess ist nach Abschluss der Intensivkurs- bzw. Intensivklas-

senzeit noch lange nicht beendet und auch die Regelklassenlehrer(innen) stehen in der

Pflicht weitere Förderarbeit zu leisten. In allen Interviews kristallisierte sich heraus, dass

diese Verpflichtung vom Kollegium kaum wahrgenommen wird. Nur wenige Lehrende sind

bereit, in ihrem Unterricht auf Lernende mit sprachlichen Defiziten Rücksicht zu nehmen,

geschweige denn, sich mit der DaZ-Thematik tiefergehend zu beschäftigen. Überdies bekla-

gen die Lehrerinnen der Intensivklassen und -kurse die mangelnde Kooperationsbereit-

schaft und Akzeptanz seitens des Kollegiums. Nicht selten müssen sie gegen Vorurteile wie

„in so einer Klasse gibt es ja eh nicht viel tun“ kämpfen und ihre Arbeit rechtfertigen. Auch

kollegiale Absprachen zwischen den Lehrenden der Intensivklassen und der Regelklasse sind

eher die Ausnahme und gehören nicht zum Alltag. Die Studie hat zudem gezeigt, dass die

DaZ-Lehrkräfte bei der Konzepterstellung an keiner Schule von anderen Lehrpersonen un-

terstützt wurden (siehe Tabelle 5.5.2). Hier muss dringend ein Umdenken erfolgen. Meiner

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Ansicht nach kann die Entwicklung und Durchführung eines Sprachförderkonzepts nur dann

erfolgreich sein, wenn im Kollegium das Bewusstsein gemeinsamer Verantwortung ge-

schaffen wird. Ein wichtiger Ansatzpunkt wäre in diesem Zusammenhang, dass sich die

Schulleitung für den DaZ-Bereich stark macht und versucht, sowohl innerschulische als auch

außerschulische Netzwerke herzustellen. Auf diese Weise können verstärkt die

Aufmerksamkeit auf die Relevanz dieses Themas gelenkt, die Zusammenarbeit gefördert

und auch Berührungsängste abgebaut werden. M.E. existieren solche sozialen Netzwerke in

den untersuchten Schulen noch viel zu wenig. Tutor(inn)en gibt es z.B. nur an zwei Schulen

(2 und 6), eine Patenschaft mit einer Regelklasse besteht nur an Schule 5 und eine Arbeits-

gemeinschaft speziell für die DaZ-Lerner(innen) nur an Schule 2 (Physik-AG). Dabei sind sol-

che Betreuungs- und Fördermaßnahmen in jeder Schule umsetzbar und zumeist mit keinen

oder nur geringen Kosten verbunden. Kooperationen mit außerschulischen Partnern sind an

den Schulen 1, 2 und 6 vorhanden. Dort werden die Schüler(innen) neben den DaZ- und

Fachlehrkräften von Mitarbeiter(inne)n der TU Darmstadt, einer Künstlerin sowie vom SKA

betreut. Auch die anderen Schulen sollten Fachleute, ehrenamtliche Helfer etc. in die Klas-

senräume holen und mit diesen gemeinsame Projekte realisieren. Eine solche Öffnung der

Schule würde zu einem wesentlich ausdifferenzierteren Schulleben beitragen, den Lernen-

den (aber auch den Lehrenden) vielfältige Perspektiven eröffnen und könnte letztendlich

auch die Unterrichtsqualität steigern.

Ferner ist für gut zu heißen, dass alle Intensivklassen mehrmals im Schuljahr Ausflüge un-

ternehmen bzw. außerschulische Lernorte aufsuchen (z.B. Theater- oder Museumsbesuche,

Betriebsbegehungen), sodass die Lernenden auch lebensnahe und praxisorientierte Erfah-

rungen sammeln können. Darüber hinaus halte ich die bestehenden Kooperationen zwi-

schen den Intensivklassen der Schulen 3, 4, 6 und 7 – die sich gegenseitig besuchen oder

gemeinsam auf Exkursionen gehen – für alle Beteiligten als sehr bereichernd. Auf diese

Weise können sich nicht nur die Schüler(innen) untereinander austauschen (z.B. über

Probleme und Erfahrungen in der neuen Heimat), sondern auch die Lehrenden in Kontakt

treten und sich gegenseitig nützliche Tipps geben (z.B. zu geeigneten Lehrmaterialien und

-methoden) oder Probleme gemeinsam bewältigen.

In den Schulen 3 und 6 schlägt sich die Kooperation auch in den schriftlichen Förderkonzep-

ten nieder. Vergleicht man diese beiden Konzepte, so sind diverse Ähnlichkeiten erkennbar

(siehe hierzu die Konzepte in den Anhängen 4 und 7). Eine solche Zusammenarbeit ist

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enorm sinnvoll, sofern der Inhalt auch mit der tatsächlichen Unterrichtspraxis überein-

stimmt (und nicht einfach Ideen von anderen Konzepten übernommen werden, nur weil sie

eventuell einen guten Eindruck erwecken).

Ein großes Problem ist weiterhin, dass die DaZ-Lernenden in den untersuchten Intensivkur-

sen und -klassen nur vereinzelt oder gar nicht in ihrer L1 gefördert werden. Wie bereits in

Kapitel 3.3 dargelegt wurde, kann die schulische Förderung der Erstsprache den L2-Erwerb

der Schüler(innen) positiv beeinflussen (siehe z.B. die Studie von Reich & Roth et al. 2002).

Bisher bieten ausschließlich zwei Schulen neben den klassischen Fremdsprachen Englisch

und Französisch noch Türkisch, Arabisch, Russisch und Spanisch (Schule 1) sowie Polnisch

(Schule 6) an – dies ist eindeutig zu wenig. Es ist aber auch aus organisatorischer und

finanzieller Sicht nachvollziehbar, dass nicht jede Schule Unterricht in allen vertretenen Her-

kunftssprachen der Schüler(innen) anbieten kann. Vorstellbar wäre auch hier, eine ver-

stärkte Kooperation der Schulen untereinander. So könnten beispielsweise an jeder Schule

bestimmte Fremdsprachen angeboten werden (z.B. an Schule 1 weiterhin Arabisch und Tür-

kisch, an Schule 2 slawische Sprachen, an Schule 3 romanische Sprachen etc.), sodass insge-

samt ein breiteres Spektrum an Sprachen abgedeckt wird. Die Schüler(innen) müssten dann

ein bis zweimal wöchentlich nach Schulschluss bzw. am Nachmittag zu den jeweiligen

Standorten fahren, an denen ihre Muttersprache unterrichtet wird (da sich alle Schulen in

einem Landkreis befinden, ließe sich dies mit den öffentlichen Verkehrsmitteln relativ ein-

fach bewerkstelligen). Zudem sollten die Schulen mit der Volkhochschule und anderen öf-

fentlichen Trägern zusammenarbeiten, um noch weitere Herkunftssprachen bedienen bzw.

auch Schüler(innen) mit seltenen Erstsprachen fördern zu können.

Des Weiteren ist in diesem Zusammenhang auch zu thematisieren, dass lediglich Schule 2

Deutschkurse für Eltern (in diesem Fall speziell für Mütter) anbietet. Auch dies ist meiner

Meinung nach zu wenig und müsste an den anderen Schulen ausgebaut werden. In Schule 2

werden den teilnehmenden Frauen Grundkenntnisse in der Zielsprache Deutsch vermittelt,

aber auch die Struktur des deutschen Bildungssystems erklärt. Diese Kombination aus ei-

nem Deutschkurs und einem allgemeinen Informationsteil halte ich für sehr sinnvoll, da

einerseits ein Zuwachs der Sprachfähigkeit erreicht wird, andererseits die Mütter sich selbst

sowie ihre Kinder in angemessener Weise auf die Bildungs- und Berufsplanung in Deutsch-

land vorbereiten können. Und nicht zuletzt wird auch die Kommunikation zwischen den

Eltern und den Lehrkräften der Intensivklassen bzw. -kurse von solchen Projekten profitie-

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ren. Von Vorteil ist zudem, dass die Deutschkurse in den Räumlichkeiten der Schule ange-

siedelt sind, jedoch von Mitarbeiter(inne)n der Volkshochschule und des Caritasverbands

geleitet werden (und somit z.B. nicht von den Deutsch- bzw. DaZ-Lehrkräften der Schule).

Dadurch wird zum einen eine vertraute Lernumgebung geschaffen, zum anderen aber auch

mehr Objektivität und Professionalität gewährleistet. Allerdings sollten die Kurse, im Sinne

der Chancengleichheit, auch für Väter angeboten werden.

Ein anderer Aspekt, der im Zuge dieser Diskussion aufgegriffen werden sollte, ist die Mög-

lichkeit zur Alphabetisierung, die bisher ausschließlich an Schule 2 besteht. Aus diesem

Grund ist die Schülerzahl mit 20 Lernenden dort enorm hoch und liegt damit deutlich über

dem von der hessischen Verordnungsvorschrift vorgegebenen Maximum (von 16 Lernen-

den). Um die Schule zu entlasten, sollte das Staatliche Schulamt in Erwägung ziehen, an wei-

teren Standorten Alphabetisierungskurse einzuführen und entsprechend ausgebildetes Per-

sonal einzustellen. Denn Schüler(innen) ohne schulische Vorkenntnisse brauchen eine be-

sonders intensive Betreuung und dieser Mehraufwand kann nicht allein von den DaZ-Leh-

renden bewältigt werden – dies würde sich negativ auf die Unterrichtsqualität bzw. die För-

derung fortgeschrittener Lerner(innen) auswirken. Generell wäre eine Erhöhung des DaZ-

Lehrpersonals an allen Schulen von Vorteil. So wurde in jedem Interview deutlich, dass die

Lehrerinnen oftmals mit der heterogenen Lerngruppe überfordert sind und nicht allen

Schüler(inne)n in gleicher Weise gerecht werden können. Häufiger wurde der Wunsch ge-

äußert, eine weitere Lehrkraft einzustellen, die insbesondere den DaZ-Unterricht doppelt

besetzt. So könnte man wesentlich einfacher die Gruppe in Anfänger und Fortgeschrittene

differenzieren bzw. mehr Zeit für schwächere und begabtere Lerner(innen) aufbringen.

Ein weiterer Kritikpunkt, der von einigen der Interviewten angeführt wurde, betrifft die

Gelderzuweisung des Staatlichen Schulamts. Zum einen können die Schulen nie mit einem

festen Betrag rechnen (dieser ist primär an der Schülerzahl bemessen und fällt demnach je-

des Jahr unterschiedlich aus), zum anderen müssen die Gelder innerhalb von zwei Monaten

vollständig ausgegeben und die Rechnungen innerhalb dieses Zeitraums beim Schulamt

eingereicht werden. Aufgrund dieser Bestimmungen müssen die Anschaffungen für das

gesamte Schuljahr innerhalb kürzester Zeit geplant werden, sodass für spätere Investitio-

nen, die zu Beginn des Schuljahres noch nicht abzusehen sind, keine Mittel bleiben. Solche

vorausschauenden Planungen sind hinsichtlich einer ständig wechselnden Lerngruppe

enorm schwierig und erschweren m.E. unnötig die Arbeit in einer Intensivklasse bzw. einem

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Intensivkurs. Optimaler wäre es, wenn den Schulen jährlich ein fester Betrag zugewiesen

werden würde und dieser zudem über einen längeren Zeitraum zur Verfügung stünde. So

könnten die Lehrenden die Anschaffungen gründlicher planen und mit den Zuschüssen

besser haushalten.

5.7 Reflexion

Im nachfolgenden Abschnitt soll die methodische Vorgehensweise der empirischen Unter-

suchung reflektiert werden. Ich denke, dass das Kriterienraster eine geeignete Grundlage

für das Leitfadeninterview, die Analyse der Förderkonzepte sowie die Begehung der

Klassenräume bildete und sich für die Erstellung einer Bestandsaufnahme bewährte. Insge-

samt war das Raster besser auf die Intensivklassen als auf den Intensivkurs zugeschnitten.

So mussten im Gegensatz zu den Intensivklassen häufiger einige der Items verneint werden,

was jedoch nicht zwangsläufig als negativ zu bewerten ist, sondern in erster Linie damit zu-

sammenhängt, dass der untersuchte Kurs eine andere Zielgruppe bedient und somit auch

völlig anders organisiert ist als die Intensivklassen. Eine Überlegung wäre, zukünftig die In-

tensivkurse und -klassen getrennt voneinander zu untersuchen und ein separates Kriterien-

raster für Erstere zu entwickeln. Eventuell ließe sich dieses Raster auch auf Förderkurse, die

zusätzlich zum Regelunterricht stattfinden, anwenden (die dem Intensivkurs der Schule 1

sehr ähneln). Eine weitere Möglichkeit wäre, nur solche Intensivkurse gemeinsam mit In-

tensivklassen zu untersuchen, die einerseits von Seiteneinsteiger(inne)n besucht werden

und andererseits mindestens 12 Wochenstunden DaZ-Unterricht erhalten – so wäre für

beide Fördermaßnahmen eine annähernd gleiche Grundlage und daher eine bessere Ver-

gleichsbasis geschaffen.

Verbesserungswürdig wäre zudem die Skalierung des Rasters, da sich nicht alle Items ein-

deutig mit einem Ja oder Nein beantworten ließen. Item 9 (Die Schüler(innen) erhalten

Unterricht in ihrer Herkunftssprache) konnte beispielsweise für die Schulen 1, 4 und 6 nicht

komplett verneint bzw. bejaht werden, da während des Untersuchungszeitraums einige der

Lernenden Unterricht in ihrer L1 erhielten und das Item somit für einen Teil der Schüler-

schaft zutraf. Dieser Fall wurde in den Tabellen durch das Kürzel z.T. ja gekennzeichnet und

sollte in das Raster als weitere Antwortoption mit aufgenommen werden, beispielsweise in

Form eines Trifft mehr oder weniger zu oder einfach einem +/- (insofern das Plus für Ja und

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das Minus für Nein steht). Außerdem fand keine Berücksichtigung, dass einige Fragen even-

tuell nicht beantwortet werden können. Existiert beispielsweise kein Sprachförderkonzept

an einer Schule (Item 1), so sind die darauffolgenden vier Items nicht zu beantworten, da sie

ein Konzept voraussetzen. Dies wurde in den Tabellen durch --- gekennzeichnet. Übersicht-

licher wäre es, die Antwortmöglichkeit n.b. (nicht beantwortbar) im Raster zu ergänzen.

Überdies könnten auch inhaltliche Ergänzungen vorgenommen werden. So wurden zwei

Aspekte in den Interviews angesprochen, die in der Kriterienliste nicht bedacht wurden: die

Kooperationen zwischen den einzelnen Schulen und die Doppelbesetzung bestimmter Un-

terrichtsfächer und -stunden. Beide Punkte sollten im Kriterienraster ergänzt werden. Ers-

teres könnte unter die Kategorie schulische und außerschulische Aktivitäten (Beispiel-Item:

Die Intensivklassen und/oder -kurse kooperieren miteinander), Letzteres unter den allge-

meinen Informationsteil gefasst werden (z.B. Doppelbesetzung (Fach/Stundenanzahl)). Im

Anhang 1 ist eine überarbeitete Version des Kriterienrasters zu finden, welche die neue

Skalierung und die inhaltlichen Verbesserungsvorschläge berücksichtigt.

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6. Zusammenfassung

An dieser Stelle sollen die wesentlichen Themenschwerpunkte der Arbeit noch einmal fest-

gehalten werden: Das zweite Kapitel befasste sich zunächst mit der Klärung der Begriffe

Migration, Migrant(in) und Person mit Migrationshintergrund. Anschließend wurde aus

historischer Perspektive das Migrationsgeschehen vom Zweiten Weltkrieg bis heute skiz-

ziert. In einem weiteren Schritt wies ich auf die Bildungsbenachteiligung von Kindern und

Jugendlichen mit Migrationshintergrund im deutschen Schulsystem hin und führte dies-

bezüglich die wichtigsten Ergebnisse der PISA-Studie an. Zudem stellte ich hier die Schlüs-

selfunktion der deutschen Sprache heraus: So sind Schulerfolg, Weiterbildungsmöglichkei-

ten, Berufsperspektiven sowie die Gestaltung des eigenen Lebens in der deutschen Gesell-

schaft aufs Engste mit der adäquaten Beherrschung der deutschen Sprache verbunden.

Weiterhin wurde in diesem Kapitel diskutiert, welche Potentiale die Mehrsprachigkeit birgt

und Ursachen angeführt, warum diese Chancen im Schulalltag oftmals nicht wahrgenom-

men werden. Zuletzt sind diverse Änderungsmaßnahmen – v.a. bildungspolitischer und

struktureller Art – genannt worden, die zu einer Verbesserung der aktuellen Bildungssitua-

tion von Schüler(inne)n mit Migrationshintergrund beitragen könnten.

In Kapitel drei wurden die theoretischen Grundlagen gelegt: Hier führte ich zunächst die

zentralen Begriffe des Deutsch als Zweitsprache-Bereichs ein und beschrieb die bedeu-

tendsten Ansätze der Zweitsprachenerwerbsforschung. In diesem Zusammenhang konnte

gezeigt werden, was unter einer Lernersprache und den Konzepten der BICS und CALP zu

verstehen ist. Im weiteren Verlauf des Kapitels wurde die Rolle der Erstsprache für das

Zweitsprachenlernen thematisiert und die gegensätzlichen Positionen bezüglich der Förde-

rung der Herkunftssprachen von Migrant(inn)en diskutiert. Den Abschluss des Kapitels bil-

dete die Beschreibung der Faktoren, die den L2-Erwerbsprozess (positiv oder negativ) be-

einflussen können. Dabei wurde betont, dass Erwerbsverläufe höchst individuell erfolgen

und sich aus einem komplexen Zusammenspiel mehrerer Faktoren ergeben.

Beim vierten Kapitel lag der Fokus auf der Sprachförderung von Kindern und Jugendlichen

mit Migrationshintergrund. Es wurde deutlich, dass es – sowohl auf internationaler Ebene

als auch im außerschulischen und schulischen Bereich in Deutschland – eine Vielzahl von

Maßnahmen gibt, die DaZ-Lernende in ihrem L2-Erwerbsprozess unterstützen. Des Weite-

ren lag ein besonderes Augenmerk auf der Beschreibung der Intensivklasse bzw. des Inten-

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sivkurses, da diese beiden Organisationsformen den Untersuchungsgegenstand für die em-

pirische Studie dieser Arbeit bildeten. Abschließend wurde auf die defizitäre Situation der

momentanen Lehrerausbildung im Bereich Deutsch als Zweitsprache hingewiesen. Hier

wurden verschiedene Möglichkeiten aufgezeigt, wie alle Lehrkräfte zumindest ein DaZ-

Grundlagenwissen erwerben können.

Das fünfte Kapitel umfasste die empirische Studie zu den Intensivkursen und -klassen, an

welcher insgesamt sieben Schulen aus dem Landkreis Darmstadt-Dieburg und der Stadt

Darmstadt teilnahmen. In einem ersten Schritt erklärte ich zunächst die methodische Vor-

gehensweise und erläuterte in diesem Zusammenhang insbesondere das Leitfadeninterview

sowie die Konzeption des eingesetzten Kriterienrasters im Detail. Anschließend wurde die

Durchführung der Untersuchung dargelegt und die Ergebnisse sowohl in tabellarischer als

auch schriftlicher Form ausgewertet. Hierauf folgte die Diskussion, in welcher die wichtigs-

ten Aspekte aufgegriffen und die Stärken bzw. Schwächen der einzelnen Schulen beleuchtet

wurden. Überdies nannte ich in diesem Abschnitt diverse Verbesserungsvorschläge für die

Arbeit in bzw. die Organisation von solchen Sprachförderklassen und -kursen. In einem letz-

ten Schritt reflektierte ich das von mir entwickelte Kriterienraster und korrigierte erkenn-

bare Schwachstellen.

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7. Fazit und Ausblick

Intensivklassen und -kurse stellen bislang die intensivsten Formen der Sprachförderung im

schulischen Bereich dar und können eine wertvolle Stütze zur Integration von Kindern und

Jugendlichen mit Migrationshintergrund sein. Die Bestandsaufnahme zeigte, dass es unter-

schiedliche Möglichkeiten und Ansätze gibt, ausländische Schüler(innen) in der Zweitspra-

che Deutsch zu fördern und in die Schulgemeinschaft einzugliedern. Beim Vergleich aller

Ergebnisse schneiden die Schulen 2, 3 und 6 insgesamt am besten ab. Sie verfügen über die

umfangreichste materielle und technische Ausstattung, haben die detailliertesten schriftli-

chen DaZ-Konzepte entwickelt und stechen zudem durch individuelle Förderangebote her-

vor. Grundsätzlich sind jedoch die Sprachfördermaßnahmen aller an der Studie beteiligten

Schulen als positiv zu bewerten. So wird in allen Intensivkursen und -klassen versucht, die

Lernenden mit den zur Verfügung stehenden Mitteln bestmöglich in ihrem Spracherwerb zu

unterstützen. Meiner Meinung nach gibt es die „perfekte“ DaZ-Konzeption bisher an keiner

Schule. Allerdings könnte sich eine annähernd ideale Konzeption aus einer Kombination der

verschiedenen Fördermaßnahmen aller sieben untersuchten Schulen ergeben. Darüber

hinaus zeichnet sich für mich eine gute Sprachförderung durch Flexibilität und Dynamik aus.

So darf die pädagogische Arbeit in einer Intensivklasse bzw. einem Intensivkurs – aufgrund

der oft wechselnden und heterogenen Gruppenzusammensetzung – niemals statisch sein,

sondern muss sich stets an den Bedürfnissen der Schüler(innen) orientieren, differenzierte

Lernangebote bereitstellen und offen für verschiedene Lernwege sowie die Erprobung

neuer Unterrichtsmethoden sein. Weiterhin ist es wichtig, dass es sich bei den Förderein-

richtungen nicht um separate, vom Rest der Schulgemeinschaft isolierte Kurse und Klassen

handelt, die in keinerlei Verbindung zur Regelklasse stehen und sich ausschließlich um den

Aufbau sprachlicher Kompetenzen in der Zweitsprache bemühen. Anzustreben ist vielmehr

ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Regelklassenunterricht sowie Sprach- und

Fachunterricht innerhalb der Intensivklassen bzw. -kurse – gemäß dem Motto: Soviel

Integration wie möglich, aber so viel Intensivklassen bzw. -kursunterricht wie nötig.

Allerdings ist die Einrichtung von Intensivklassen und -kursen alleine nicht ausreichend,

denn die Seiteneinsteiger(innen) machen lediglich einen kleinen Teil der Schüler(innen) mit

Migrationshintergrund aus. Auch solche Kinder und Jugendlichen, die schon länger in

Deutschland leben oder sogar hier geboren sind, benötigen in ihrem Spracherwerb Unter-

stützung (dies verdeutlicht z.B. Schule 1). Zur wirksamen Förderung aller Schüler(innen)

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nichtdeutscher Herkunftssprache bedarf es deshalb einer flächendeckenden, durchgängigen

Förderung vom Kindergarten bis zum Übergang in die Berufsbildung. Es gilt, noch eine

ganze Reihe von Aufgaben in Angriff zu nehmen: Zum einen sollte überlegt werden, die

DaZ-Thematik in die Aus- und Fortbildung aller Lehrkräfte zu integrieren, denn sensibilisier-

tes Lehrpersonal ist besser in der Lage, die Bedürfnisse der Zweitsprachenlerner(innen) zu

erkennen und gezielten Förderunterricht zu erteilen. Zum anderen müssen in allen Bil-

dungsinstitutionen die Herkunftssprachen der Lernenden berücksichtigt werden. Die Her-

anwachsenden sollen erfahren, dass sie in ihrem Anderssein respektiert und angenommen

werden – Zweisprachigkeit muss als Zusatzqualifikation akzeptiert und darf nicht länger als

Nachteil aufgefasst werden. Zudem sollte die Elternkompetenz und -partizipation gestärkt

werden, sodass diese die Lernprozesse ihrer Kinder besser nachvollziehen und begleiten

können. Und schließlich sind Netzwerke zwischen schulischen und außerschulischen Institu-

tionen zu schaffen, die gemeinsam die Entwicklung und Integration junger Migrant(inn)en

vorantreiben. Erst wenn diese Aspekte realisiert sind, werden sich die Bildungschancen

ausländischer Kinder und Jugendlicher in Deutschland nachhaltig verbessern.

In Fortführung dieser Gedanken ergeben sich neue Aufgabenfelder für die Zweitsprachen-

erwerbsforschung im schulischen Kontext. Im Hinblick auf die Intensivklassen und -kurse

könnte das entwickelte Kriterienraster auf einen größeren Umkreis (z.B. den Kreis Berg-

straße, das Rhein-Main-Gebiet oder ganz Hessen) ausgeweitet werden, um mehr Daten zu

generieren und andere DaZ-Konzeptionen kennenzulernen sowie miteinander zu verglei-

chen. Ausgehend von dieser Datengrundlage könnte schließlich ein einheitlicher Leitfaden

für die Organisation und Strukturierung von Intensivklassen und -kursen konzipiert werden

(beispielsweise für das Bundesland Hessen). Des Weiteren sollten die schriftlichen Konzepte

der Schulen genauer analysiert werden (z.B. Stimmen Inhalt und Umsetzung wirklich über-

ein?) und Schulen ohne DaZ-Konzept, wie Schule 1 und 5, bei der Erstellung einer solchen

Grundlage wissenschaftlich begleitet werden. Auch könnten Informationen zur familiären

Lage und der Migrationsbiographie der Schüler(innen) erhoben werden. Interessant wäre in

diesem Zusammenhang herauszufinden, wie viel und wie in Migrantenfamilien gesprochen,

gelesen und geschrieben wird (und welche Auswirkungen diese Aspekte auf den Lernerfolg

der Kinder und Jugendlichen haben). Überdies könnte erforscht werden, mit welcher sub-

jektiven Theorie die Lehrenden ihre Schüler(innen) betrachten und welche Rolle der Leh-

rerpersönlichkeit bezüglich der Unterrichtsqualität zukommt. Und umgekehrt: Was erwar-

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ten die Lernenden von Schule, Unterricht und Lehrkraft? Wie interpretieren sie bestimmte

Ereignisse und Verhaltensweisen? Wie bewerten sie rückblickend den Aufenthalt in einer

Intensivklasse bzw. einem Intensivkurs? Inwiefern ist diese Zeit prägend? uvm. Zudem sollte

der Regelunterricht stärker in den Fokus gerückt werden, um weitere Hinweise dafür zu

erhalten, wie dieser zu gestalten ist, damit die L2-Lerner(innen) in dessen Rahmen optimal

gefördert werden. Forschungsfragen hierzu könnten beispielsweise sein: Wie wird im

Fachunterricht auf die ungleichen Deutschkompetenzen Rücksicht genommen? Wie wird

die Zwei- bzw. Mehrsprachigkeit der Lernenden im Regelunterricht wahrgenommen und ge-

fördert? Und schließlich wären Beispiele von best practice – d.h. erfolgreiche Fördermaß-

nahmen, für die eine wissenschaftliche Evaluierung aber weitgehend fehlt – ein weiterer

möglicher Untersuchungsgegenstand der Zweitsprachenerwerbsforschung.

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Stipendienprogramm Talent im Land der Robert-Bosch-Stiftung: www.talentimland.bosch-

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Versicherung

Ich versichere hiermit, dass ich die Arbeit selbstständig verfasst, keine anderen, als die an-

gegebenen Hilfsmittel verwendet und die Stellen, die anderen benutzten Druck- und digita-

lisierten Werken im Wortlaut oder dem Sinn nach entnommen sind, mit Quellenangaben

kenntlich gemacht habe. Diese Versicherung gilt ebenfalls für Zeichnungen, Skizzen und

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Darmstadt, den 17.11.2010

Unterschrift