Eine Chronik: 100 Jahre...

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Eine Chronik: 100 Jahre Jugendstilvilla Am Goldgraben 14 Göttingen „Ich denke, dass die einziehenden Damen vielleicht doch interessiert sein werden, wie und wann das Haus entstand und wer darin gelebt hat. Es ist kein supermodernes Seniorenheim, sondern ein Haus mit Vergangenheit.“ - Gerda von Werder, geb. von Esmarch, 21. April 1993 -

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Eine Chronik:100 Jahre Jugendstilvilla

Am Goldgraben 14 Göttingen

„Ich denke, dass die einziehenden Damen vielleicht doch interessiert sein werden, wie und wann das Haus entstand und wer darin gelebt hat.

Es ist kein supermodernes Seniorenheim, sondern ein Haus mit Vergangenheit.“

- Gerda von Werder, geb. von Esmarch, 21. April 1993 -

100 Jahre JugendstilvillaZusammenfassung einer Ausstellung

Zum 100jährigen Hausjubiläum wurde vom Verein Freie Altenarbeiteine Ausstellung in Form einer chronologischen Hausgeschichte zusammengestellt.

Zeitliche Übersicht (1908-2008)

10-jähriges Bestehen Alten-WG2004

Klärung DenkmalpflegeApril 1992

Fertigstellung der Sanierung + Einzug der Alten-WG

1994

Drewes-Stiftung Altenheim1919-1991

Umwandlung des Altenheims in eine Alten-WG1991-1994

100 Jahre Jugendstilvilla 2008

Baugenehmigung für altengerechten UmbauJuni 1992

Haus im Besitz von Oberpräsident Freiherr von Siller

1918-1932

Bewohnt von Familie von Esmarch1910-1918

Entstehung des Hauses1908-1910

1908 Das Haus entsteht

Laut einem Bericht von Emma Merkel wurde das „schöne, große Haus“ mit einem erheblichen Kostenaufwand von Professor von Esmarch für sich und seine große Familie erbaut. Nach Angaben von Gerda von Werder wurde die Villa Am Goldgraben 14 nach einem Entwurf ihres Vaters Erwin von Esmarch erbaut in Zusammenarbeit mit dem Berliner Architekten Ferber.

Bau des Hauses

Die Pläne des Architekten Ferber datieren auf 1908. Den Bau führte die Göttinger Firma Rott aus. Der Architekt Georg Rott hat viele Häuser im Ostviertel gebaut.

Das Haus wird nach Fertigstellung ein Jahr lang geheizt und ausgelüftet und anschließend 1910 von der Familie von Esmarch bezogen.

Der erste “Hausherr“: Die Familie von Esmarch

1853 heiratete Friedrich von Esmarch Anna Strohmeyer, mit der er drei Kinder hatte (Walter, Agnes und Erwin). Anna Strohmeyer erkrankte

gegen Ende der 1860er Jahre an Tuberkulose und

starb 1870. Zwei Jahre später verliebte

sich eine Patientin in Friedrich von Esmarch. Es

war Prinzessin Henriette von Schleswig-Holstein

Sonderburg-Augustenburg,eine Tante der deutschen Kaiserin Auguste-Victoria. Durch diese Heirat wurde Friedrich v. Esmarch der

Onkel von Kaiser Wilhelm II.

Der Vater des Erbauers, Friedrich von Esmarch (1823-1908), war Arzt und Begründer des Samariterwesens. Kriegschirurgie und Erste Hilfe bildeten Schwerpunkte in seinem beruflichem Leben. Er erfand den Eisbeutel, den Esmarch-Handgriff und die Esmarchsche Blutleere. Er wurde 1903 für seine Kriegsdienste zum Ehrenbürger der Stadt Kiel ernannt.

Standbild in Tönning (1905)

Friedrich von Esmarch

Friedrich v.E. war eine Kapazität in der Kriegschirurgie und Erste Hilfe, sein Sohn machte sich als Hygieniker einen großen Namen.

Erwin von Esmarch, Hygieniker,, geb. 12. März 1855 in Kiel, wurde 1881 Arzt an einer Augenklinik in Berlin, 1885 Assistent bei dem hygienischen Universitätsinstitut in Berlin und Kustos des Hygienemuseums. 1890 habilitierte er sich als Privatdozent für Hygiene an der Universität, übernahm die Leitung der hygienischen Universitäts-anstalt, wurde 1891 Professor und Direktor des hygienischen Laboratoriums in Königsberg und 1899 in Göttingen.

Erwin von Esmarch erweiterte die Technik der bakteriologischen Untersuchung durch seine Rollröhrenmethode, gab die Methode der Desinfektion der Wände durch Abreiben mit Brot an und arbeitete über das Kreolin, die Wirkung des strömenden überhitzten Wasserdampfes, die Sonnendesinfektion, die Benutzung der Milzbrandsporen als Testobjekte bei Prüfung der Wirkung desinfizierender Mittel. Ferner machte er Untersuchungen über die Biologie von Spirillum rubrum, über die Schicksale pathogener Mikroorganismen im Tierkörper, über Wasserfiltration durch Steinfilter etc. Er schrieb: »Hygienisches Taschenbuch« (3.Aufl.1902); »Hygienische Winke für Wohnungsuchende« (1897).

Erwin von Esmarch

Stammbaum der Familie von Esmarch

Stammbaum der Familie von Esmarch

Conni v.E.*1894 t ?

Hans-Christianv.E. *1899

Winfried v.E.*1897 t ?

Annelies v.E.*1896 t ?

Gerda v.E.*1906 t ?

Herta v.E.*1903 t1904

Erwin vonEsmarch

*1855 t1916

Elvire vonVoigts-Retz

* ?

?Julius

von Voigts-Retz*1822 t1904

Anna Strohmeyer*1832 t1870

Friedrichvon Esmarch*1823 t1904

Walter v.E. Agnes v.E. 5 Töchter3 Söhne

Gartenansicht vom Haus

Einzug der Familie von Esmarch

1910Prof. Dr. Erwin von Esmarch, Sohn eines berühmten Vaters und selbst ein bekannter Mediziner sowie ehemaliger Assistent von Robert Koch (ehem. Direktor des Hygienischen Instituts in Göttingen), bezog mit seiner Frau Elvire und fünf Kindern samt Personal (mit Diener Franz, dem Kinderfräulein und der Köchin) und nicht zuletzt mit einem großem Hund im Jahre 1910 das fertiggestellte Haus Am Goldgraben 14 in Göttingen.

Skizze vom Architekten gezeichnet:

Treppenhaus und Blumenpodest

Souterrain:

� Kellerräume für Heizung, Koks, Kartoffeln, Obst, Gemüse

� Waschküche

� Bügelstube

� „Tobekeller“ mit direktem Ausgang in den Garten (ersetzte bei trübem Wetter, Regen und im Winter den Garten)

� Kellerraum für die Gartengeräte , ebenfalls mit Ausgang in den Garten

Grundriss der Jugendstilvilla zur Familienzeit

� beim Betreten des Hauses von der Straße aus: große Diele mit Holzkamin an der Hinterwand des Foyers, davor eine Sitzgruppe mit Korbstühlen

� links von der Diele: Garderobe und Telefon

� großes Esszimmer

� daneben: großer Wohnraum, Salon genannt, von dem man auf eine geräumige Glasveranda kam mit Schiebefenstern zum Garten und einer Tür, die in den Garten führt

� gemütliche Bibliothek

� Herrenzimmer: Arbeitszimmer / Studierstube des Hausherrn

� daneben: Damenzimmer mit kleiner Empore und Ausgang in den Garten

� Raum des Dieners Franz mit kleinem Fenster zum Hauseingang

Parterre:

Grundriss der Jugendstilvilla zur Familienzeit

Parterre: � große Küche mit einem großen Kohlenherd in der Mitte (hier „regierte“ die Köchin Minna Spitze)

� daneben: Anrichte (hier war der Diener Franz für den Abwasch des Geschirrs und die Pflege des Silbers zuständig)

� Servierraum mit Klappe in der Tür und eingebautem Kühlschrank mit Metallböden und Eisklappen nach außen

� Vorratsraum

� neben der Küche: Leute – Esszimmer unter dem Türmchen (ein sehr hübscher, blau gestrichener Raum mit fester Bank, Tisch, Stühlen)

� Gästeappartement

� kleines Gesellschaftszimmer

Grundriss der Jugendstilvilla zur Familienzeit

1. Etage: � 5 Kinderzimmer

� Schlafzimmer der Mutter

� kleines Wohnzimmer , von dem man auf einen großen Balkon gelangte, der nach Süden offen war (hier frühstückten die Eltern oft)

� Musikzimmer mit Flügel

2. Etage: � zwei Gästezimmer (das blaue und das rosa)

� Wohnraum mit daneben liegendem Schlafzimmer des Vaters

� Zimmer für das Personal

� Zimmer für den ältesten Bruder - vom zweiten Stock führte

eine Treppe zum großen Bodenraum

Grundriss der Jugendstilvilla zur Familienzeit

Bodenraum:

Garten:

� zum Trocknen der Wäsche und für weitere Abstellmöglichkeiten

� sehr geräumig mit zwei großen runden Rasenplätzen

� Kieswege führten zu einem schattigen Sitzplatz unter einer großen Buche und einer Anhöhe hinauf zum Gartenhaus mit Kompostplatz

� Sitzplatz mit bequemer weiß gestrichener Bank, Tisch und Stühlen

� von dort führte ein kleines Tor zum Tennisplatz (links vom Haus)

Grundriss der Jugendstilvilla zur Familienzeit

Skizze AußenansichtGartenseite

Skizze AußenansichtWest-Seite

Innen- und Außenansichten der Jugendstilvilla

„Es freut mich, dass unser schönes Esszimmer in seiner damaligen Form erhalten bleiben soll sowie die große Küche, in deren Mitte ein großen Kohlenherd stand, wo unsere Köchin Minna Spitze regierte, wie auch die Anrichte daneben, wo Franz, unser Diener, für den Abwasch des Geschirrs und die Pflege des Silbers zuständig war. Neben der Küche in einem sehr hübschen blaugestrichenen Raum mit fester Bank, Tisch und Stühlen war das Leute - Esszimmer und darunter das Zimmer von Franz.

Neben dem Esszimmer war ein großer Wohnraum, ein so genannter Salon, von dem man auf eine geräumige Glasveranda kam mit großen Schiebefenstern zum Garten und einer Tür, die in den Garten ging, wo man zu einem großen Sitzplatz kam unter einer riesigen Akazie. Ein sehr beliebter Sitzplatz mit bequemer weißgestrichener Bank, Tisch und Stühlen. Von dort führte ein kleines Tor zum Tennisplatz, den es schon lange nicht mehr gibt.“

-(Briefwechsel zwischen Gerda von Werder und der Alten-WG 1993)

„Wenn man das Haus von der Straße aus betrat, kam man in eine große Diele mit Holzkamin an der Hinterwand, davor eine Sitzgruppe mit Korbstühlen. Links von der Diele war eine Garderobe und das Telefon. Das Fräulein vom Amt verband den Anrufer mit dem gewünschten Teilnehmer.

Der Garten war sehr geräumig mit zwei großen runden Rasenplätzen, auf denen Boccia, Krocket und Federball gespielt wurde. Kieswege führten zu einem schattigen Sitzplatz unter einer großen Buche und eine Anhöhe hinauf zu unserem Gartenhaus.

Im 1. Stock waren nach Süden unsere fünf Kinderzimmer, das Schlafzimmer meiner Mutter und ein kleines Wohnzimmer, von wo man auf einen großen Balkon gelangte. Dort frühstückten die Eltern oft, tranken Tee und aßen dort im Sommer Abendbrot.“

- aus dem Briefwechsel zwischen Frau Gerda von Werder geb. von Esmarch an den Magistrat der Stadt Göttingen und an Frau Plotzki (ehem. Bewohnerin), 1993

Innen- und Außenansichten der Jugendstilvilla

„Im zweiten Stock waren zwei Gästezimmer, das blaue und das rosa, Wohnraum mit daneben liegendem Schlafzimmer. Außerdem die Zimmer für das Personal und ein Zimmer für meinen ältesten Bruder. Vom zweiten Stock führte eine Treppe auf einen großen Bodenraum zum trocknen der Wäsche und vielen Abstellmöglichkeiten.

Im Souterrain waren die zahlreichen Kellerräume für die Heizung, für den Koks, für Kartoffeln, Obst, Gemüse. Die Waschküche, die Bügelstube und der so genannte Tobekeller, der bei trübem Wetter, Regen und im Winter den Garten ersetzte.“(Briefwechsel zwischen Gerda von Werder und der Alten-WG 1993)

Innen- und Außenansichten der Jugendstilvilla

Leben der Familie im Hause von Esmarch

„Die großen Geschwister hatten eine Nurse aus England und sprachen untereinander nur Englisch. Als sie in die Schule kamen, setzte mein Vater aber durch, dass sie von nun an auch Deutsch sprechen sollten.

Mein Vater starb mit 60 Jahren, aber ich habe sehr schöne Erinnerungen an ihn. Als ich noch sehr klein war, brachte mich Franz (unser Diener) jeden Abend zu ihm. Ich saß dann auf seinem Schoß und er zeichnete und erzählte dabei alles aus unserem täglichen Leben. Später zeichnete er auf Glasplatten mit Tusche, und wir konnten dann alle zusammen mit unserer Laterna Magica (das war vor ca.100 Jahren alles an „Heimkino) die Bilder anschauen. Er hatte ein großes Talent in dieser Richtung.“(Briefwechsel zwischen Gerda von Werder und Frau Plotzki (Alten-WG) 1993)

Die Kriegsjahre(1.Weltkrieg)

1918Im letzten Kriegsjahr werden „sechs Mann“, die beim 82. Regiment als Landsturm ausgebildet wurden, in den ungenutzten Kellerräumen einquartiert.

Schlimme Strapazen für die Familie und für das Haus:

• extreme Kälte, Koksmangel, eingefrorene Rohre, kein Licht, kein Gas, Versorgungszusammenbruch.

• Zum Wärmen am Holzkamin in der Diele werden alle entbehrlichen Möbel zerhackt und verbrannt.

1915 Erste EinschnitteDer Erbauer Prof. Erwin von Esmarch stirbt im Alter von 60 Jahren unerwartet früh an einer schweren Krankheit. Durch seinen Tod und die Kriegsfolgen verarmt die Familie.

1918

Die Mutter verkauft das Haus für 110.000 RM an den Oberpräsidenten Freiherrn von Siller; Mutter und Tochter Gerda wohnen mit einer Angestellten und dem Hund noch bis zum Schluss in dem Haus. Alle anderen Kinder waren aus dem Haus.Die Auflösung des Haushaltes ist ein Problem: einen Teil der Möbel bekommt eine Schwester, vieles wird verschenkt, einiges verkauft, die verbleibenden Möbel werden in einer gemieteten leer stehenden Wohnung Goldgraben 9 gelagert.

1919

Ankauf des Hauses Dahlmannstraße 18 (für 65.000 RM) und Umzug der Mutter mit Tochter Gerda in das neue Haus.Die Enkelin Sitta Wittenburg beschreibt die heutige Stimmung so: „Wir sind an dem Haus vorbeigegangen, aber ich habe es nicht von innen gesehen und es wurde nie über das Haus gesprochen.“Der Verlust des Hauses scheint schwer auf der Familie gelastet zu haben.

Schweres Schicksal für Familie von Esmarch

Neuer Besitzer1918-1932

Oberpräsident Freiherr von Siller

Nach dem Verkauf des Hauses sind keine Details über die Nutzung zu finden. Den Eintragungen im Göttinger Adressbuch kann man entnehmen, dass das Haus bis 1931 im Besitz von Freiherrn Hermann von Siller war und 1932 – anscheinend nach dem Tod des Ehemannes – in den Besitz der Oberpräsidentenwitwe Freifrau Elisabeth von Siller überging, bevor es dann an die Stadt Göttingen verkauft wurde.

Freifrau Elisabeth von Siller wohnte im ersten Stock.Der zweite Stock war an den Klempner und Installateur Wilhelm Rode vermietet.

Ansichten des Hauses

Entstehung der Drewes-Stiftung

In seinem Testament vom 1. August 1915 verfügte der Rentner Heinrich Drewes, dass das Grundstück „Weenderstraße 2“ (später Weender Straße 91) samt Wohnhaus sowie ein Großteil seines Vermögens im Falle seines Todes an die Stadt Göttingen fallen und zu geeigneter Zeit zur Erbauung eines Stifts für „städtische Wohlfahrtszwecke“ verwendet werden sollte. Das Stift sollte den Namen „Gebrüder-Drewes-Stiftung“ führen. Herr Drewes verstarb am 3. Mai 1920.

Im Zuge der Verbreiterung der Weender Straße und des Erweiterungsbaus der Fa. Grotefend am Weender Tor im Jahre 1959 wurde das Gebäude abgerissen.

1932 hatte die Stadt Göttingen das Haus „Am Goldgraben 14“ zum Zwecke der Errichtung eines Altersheimes gekauft. Es war von Anfang an beabsichtigt, hier den Zweck der Gebrüder-Drewes-Stiftung zu erfüllen. Daher erhielt das Altersheim auch von Beginn an den Namen „Drewes Stift“. Nachdem für das Grundstück Weender Straße 91 eine Entschädigung gezahlt worden war, verfügte die „Gebrüder-Drewes-Stiftung“ über genügend Mittel, um das Grundstück und das Gebäude „Am Goldgraben 14“ zu übernehmen.

Quelle: Stadt Göttingen,FB 20,Stiftungsverwaltung

Jugendstilvillawird Eigentum der Stadt

„Es wurde aus der bald rasend ansteigenden Geldentwertung gerade noch so viel gerettet, dass die Stadt im Jahre 1932 das schöne, große Haus des verstorbenen Professors Dr. von Esmarch kaufen konnte, der es im Goldgraben 14 für sich und seiner große Familie mit einem großen Kostenaufwand erbaut hatte.

Da der größte Teil der Drewes-Stiftung von der Inflation vernichtet war, konnte man die Urabsicht der Erblasser nicht aufrechterhalten. Das Haus musste sich nun selbst erhalten und bot für 18 Damen, die mit eigenen Möbeln und einem jeweils der Lage ihrer Zimmer angepassten Kostgeld hier einzogen, eine Zuflucht in alten Tagen.“

Quelle: Emma Merkel: Die Gebrüder Drewes, 1948 (Stadtarchiv Göttingen)

Kurze Anmerkungzu den Drewes-Brüdern

„Gern gesehen und sehr beliebt in ihrer Vaterstadt waren Heinrich, der „Bürger“ genannt, und Fritz, der Preuße. Lebensbejahend und fröhlich von Gemüte waren sie gerne gesehene sehr geachtete Mitglieder vieler Vereine. Namentlich im Göttinger Turnverein, im Feuerwehrverein und in Fritzens „Kampfgenossenschaft“ spielten sie eine gute und große Rolle und haben es sicher an gelegentlichen Opfern und Zuschüssen nicht fehlen lassen, wenn auch natürlich „Neidhummel“ behaupteten, dass die Gebrüder Drewes geizig gewesen seien. Nach Allem, was noch von ihnen bekannt ist, haben sie im Stillen reichlich gegeben und haben auch ihre ärmeren Verwandten unterstützt, wovon der letzte Wille von Heinrich Drewes ein reiches und unwiderlegliches Zeugnis ablegt.“

Quelle: Emma Merkel: Die Gebrüder Drewes, 1948 (Stadtarchiv Göttingen)

Bericht von Emma Merkel

Heimleiterinnenzur Zeit des Drewes-Stiftes

Goldgraben 14: Besitz Stadt Göttingen – Altersheim, Heimleiterin: Elisabeth Riege

40erJahre 1949

50erJahre 1956

Goldgraben 14/16: Besitz Stadt Göttingen – Drewes-Stift, Städtisches Altersheim, Heimleiterin: Gertrud Nachtigall

60er Jahre 1960

Goldgraben 14/16: Besitz Stadt Göttingen – Drewes-Stift, Städtisches Altersheim, Heimleiterin: Gertrud Nachtigall

Mitarbeiterinnen des ehemaligen Altenheimes

Auszug aus der Hausordnungdes Altenheims „Gebrüder Drewes Stift“

„Die Insassen haben die Möbel für ihre Zimmer selbst zu stellen. Es ist zweckmäßig zu versuchen, mit so wenig Mobiliar als irgend möglich auszukommen. Einige wenige Gegenstände können auf dem Speicher untergebracht werden, wo für jeden Insassen ein kleines verschließbares Abteil zur Verfügung steht. In vielen Zimmern sind Schränke eingebaut.

Es wird gebeten, das elektrische Licht auch bei nur vorübergehendem Verlassens des Zimmers auszuschalten. Um 11 Uhr abends spätestens ist das Licht in den Zimmern zu löschen, andernfalls ist eine besondere Entschädigung zu zahlen. Speisen und Getränke dürfen in den Zimmern nicht hergestellt werden. Waschen und Plätten ist in den Zimmern nicht erlaubt. Zum Aufbrühen von Getränken steht eine Teeküche zur Verfügung. Wer ein elektrisches Heizkissen braucht, hat eine besondere Entschädigung an die Heimleitung zu zahlen. Andere elektrische Apparate dürfen an den Stromkreis des Hauses nicht angeschlossen werden, wenn dem betreffenden Besitzer nicht ausdrücklich die Genehmigung erteilt ist.

Ein warmes Bad kostet 50 Reichspfennig. Tag und Stunde der Bäder regelt die Leiterin.“

Entstehung des VereinsFreie Altenarbeit Göttingen e.V.

1986Gründung des gemeinnützigen Vereins Freie Altenarbeit Göttingen

Konzept des Projektes:Qualifizierte häusliche Pflege durch Fachkräfte der Altenpflege sowie Angebote von Beratung, Bildung und Betreuung älterer Menschen.

Aufbau von verschiedenen Aktivitäten und Projekten (Z.B.: das Göttinger Zeitzeugenprojekt, monatliches Erzählcafé, Biographiegruppen) in der offenen Arbeit zwischen Alt und Jung

Schließung des Drewes-Stift 1991

Infolge des Rückganges des Bedarfs an Altenheimplätzen musste das Haus 1991 wegen Unwirtschaftlichkeit und wegen mangelnder Standards gemäß der Heimmindestbau-Verordnung geschlossen werden. Gleichwohl sollte die Stiftung ihren Zweck der Altenbetreuung –allerdings in moderner Form – weiterhin erfüllen.

Der Verein „Freie Altenarbeit“ ist interessiert daran, das Gebäude für eine altengerechte Alten-Wohngemeinschaft ohne Heimcharakter zu nutzen, mit dem Ziel größtmöglicher Freiheit und Selbstbestimmung.

Zitat: “Das reine Altenheim ist passé. Dem Betreuten Wohnen gehört die Zukunft“ (Hulle Hartwig, SPD Göttingen)

Nach umfangreicher Sanierung und Renovierung wird seit 1993 im Haus „Am Goldgraben 14“ eine Seniorenwohngemeinschaft (Alten-WG) betrieben.Bau- und Projektträger ist der Verein „Freie Altenarbeit Göttingen e.V.“

Überführung der Drewes-Stiftung in die „Göttinger milde Stiftung“ 2006

Sanierungskosten, die weder der Verein „Freie Altenarbeit Göttingen e.V.“ noch die „Gebrüder-Drewes-Stiftung“ tragen konnten, führten 2006 zur Auflösung der Stiftung.

Das Stiftungsvermögen wurde der „Göttinger milde Stiftung“zugelegt. Die „Göttinger milde Stiftung“ ist eine rechtlich selbstständige Stiftung, die einen ähnlichen Stiftungszweck verfolgt und ebenfalls von der Stadt Göttingen verwaltet wird. Sie hat die Sanierungskosten für den Balkon in Höhe von ca. 35.000,00 €übernommen und zusätzlich den Verein mit einem Zuschuss unterstützt, damit das Projekt „Senioren WG“ fortgeführt werden kann.

„Göttinger Milde Stiftung“

Der Rat der Stadt Göttingen (gleichzeitig Stiftungsrat) hat in seiner Sitzung am 07.12.1990 die Neufassung der jetzigen Satzung beschlossen.

Zweck der Stiftung:Unterstützung älterer, behinderter oder sozial bedürftiger Einwohner und Einwohnerinnen der Stadt Göttingen.

„Göttinger Milde Stiftung“

Die Göttinger milde Stiftung ist eine rechtsfähige Stiftung des privaten Rechts, die von der Stadt Göttingen verwaltet wird. Sitz der Stiftung ist Göttingen.

Die Göttinger milde Stiftung ist hervorgegangen aus einer Zusammenlegung vieler Einzelstiftungen, die z.B. wegen nicht mehr ausreichender Stiftungsmittel oder Wegfall des Stiftungszwecks aufgelöst wurden. Die Entstehung der einzelnen Stiftungen geht zum Teil bis ins Mittelalter zurück.

Rechtsform:

Errichtung:

Umbau und Sanierung 1993

• Umbau und Sanierung: Architekturbüro Michael Tihl

• Ehrenamtliche Baubegleitung durch Dipl.-Ing. i.R. Wolfgang Pröhl

• Unterstützung bei den Rohbau- und Renovierungsarbeitendurch die Kompanie des guten Willens e.V. aus Hagen/Westfalen

Architekt Michael Tihl entwickelt in enger Absprache mit der WG-Gruppe und dem Vereinsvorsitzenden Michael Jasper ein umfangreiches altengerechtes Umbaukonzept (Aufzug, Gemeinschafts-Pflegebad, Umwandlung der Einzelzimmer in abgeschlossene Wohnungen mit Bad und Küchenecke). Das Projekt wird unter der ehrenamtlichen Baubeglei-tung des Ingenieurs Wolfgang Pröhl mit tatkräftiger Unterstützung der „Kompanie des guten Willens“ (Handwerkerinitiative von Frührentnern aus Hagen im Ruhrgebiet, bekocht von den Frauen der Alten-WG) umgesetzt.

Beginn der umfangreichen Baumaßnahmen

Vorderansicht

Neuplanung wegen Umbau

Erste Entwurfskizzen für die neuen Wohnungen

Neuplanung wegen Umbau

Noch herrscht Chaos

„Innen-Ansichten“

Noch in

Planung

Man sieht schon was es werden soll

So heimisch ist es nach der Fertigstellung geworden

Wohnraumaufteilung Kellergeschoss

Wohnraumaufteilung Erdgeschoss

Wohnraumaufteilung Obergeschoss

Wohnraumaufteilung Obergeschoss

Einzug der WohngemeinschaftDezember 1993 / Januar 1994

Die Umbauzeit ist beendet. Die Bewohnerinnen starten „ihr“ Alten-WG-Projekt

Das Haus in Erwartung seiner neuen Bewohnerinnen

Einzug der elf Damen

Dezember 1993 / Januar 1994: Einzug der ersten elf Bewohnerrinnen in „ihr“ Alten -WG-Projekt

Die Villa als Projektehaus: Einzug der Freien Altenarbeit

Göttingen e.V.

Mai 1994: Einzug des Vereins Freie Altenarbeit Göttingen e.V. in das Souterrain des Hauses.

Juli 1994: Große Einweihungsfeier in Haus und Garten mit über 250 Gästen aus Kommune, Politik, sozialen Organisationen und interessierten Einzelpersonen der Öffentlichkeit.

Weitere Aktivitäten des Vereins

Gründung des Göttinger Zeitzeugenprojektes: seit 1995 monatliche öffentliche Erzählcafés im Gemeinschaftsraum der Alten-WG

1995

Balkonsanierung 2007

Umbauarbeiten

Weitere Anlässe zum Feiern

10jähriges Bestehen der Alten-WG:

Feier mit einem Erzählcafé-Rückblick

2004

2008 Feier des Hausjubiläums:

100 Jahre Jugendstilvilla

Jubiläumsfeier 2008

Jubiläumsfeier 2008

Ausstellung 1908-2008

- 100 Jahre Hausjubiläum -

Ausstellung und Gespräche...

Gespräche und Spaß bei den Großen...

...und auch die „kleinen“ Gästehatten ihren Spaß

Öffentlichkeitsarbeit

Fünfjähriges WG-Projektjubiläum mit Europäischen Gästen des EU-Empowerment-Projekts: Alle Bewohnerinnen feiern mit ihren europäischen Freunden – drei von der EU-Gruppe gespendete Eiben werden im Garten gepflanzt, die drei „EUR -Eiben“

1999

Erscheinen des Buchs von Dr. Astrid Osterland über die Alten-WG: „Nicht allein und nicht ins Heim – Alternative: Alten-WG“Herausgeber: Freie Altenarbeit Göttingen e.V. und Eva Meurer Stiftung

2001

Ein Fernsehteam der ARD ist für 14 Tage zu Gast in der Alten-WG und dreht eine 30minütige Reportage für „ARD Exclusiv“: „Die Weiber-WG : Altenheim – Nein Danke“

1999

2003Ein Fernsehteam des ZDF ist für 14 Tage zu Gast in der Alten-WG und dreht eine weitere 30minütige Reportage für die Reihe „37GRAD“: Titel der Reportage: „Nach Lust und Laune“.Beide Filme können als Videokassette oder als DVD ausgeliehen werden.

Öffentlichkeitsarbeit

Haus-Ansichten

Ansichten im Garten

... und so hoffen wir gemeinsam mit Ihnen auf noch viele weitere Jahre!!

Nun sind wir am Ende der Chronik und verabschieden uns

mit einem Schmunzeln:

Briefe von 1993: Briefverkehr zwischen Frau Gerda von Werder, geb. Esmarch, an den Magistrat der Stadt Göttingen und an Frau Plotzki (ehem. Alten-WG-Bewohnerin)

Göttinger Tageblatt-Artikel aus dem Göttinger Stadtarchiv 1975-1991

Diverse Adressbücher aus dem Göttinger Stadtarchiv 1906-1970

Emma Merkel: Die Gebrüder Drewes, 1948 (Stadtarchiv Göttingen)

Hausordnung des „Drewes-Stift“ aus den 20er Jahren

Diverse Internetrecherchen

Copyright : Freie Altenarbeit Göttingen e.V. 2008

Die Original-Ausstellung wurde entworfen und erstellt von: Isabel Wagner, Sandy Naake und Gabi Buttler.Verantwortlich für die Powerpoint-Präsentation: Andrea Weckwerth; Überarbeitung von Monika Spiesicke.

Quellen: