Eine Einladung nach Addis Abeba

Afrika, da denkt man an heiße Länder, exotische Tiere und riesige Naturreservate. Afrika ist aber auch Aufbruch, Unruhen, Rückschläge, Neuordnungen, Veränderungen und Städte, die aus allen Nähten platzen.

Vor einigen Monaten bekam ich einen Anruf von meiner Kollegin Daniela Freiwald von der Ludwig Maximilian Universität München. Sie fragte, ob ich nicht Interesse hätte einer Einladung der Universität Addis Abeba ( Äthiopien ) zu folgen um dort einen Glasworkshop zu leiten.

Nach kurzer Überlegung sagte ich spontan zu.

Vermittelt wurde der Kontakt von Herrn Prof. Dr. Wolfgang Steglich von der LMU, der mich über die Situation der Glasbläserei an der Universität in Addis Abeba informierte und mir bei den Vorbereitungen für die Reisemodalitäten half. Dabei erfuhr ich auch viel über sein persönliches Engagement in Afrika.

Der Glasapparatebauer Workshop fand eingebunden in das 17. NAPRECA Symposium on Natural Products vom 13. bis 16. August in Addis Abeba in Äthiopien statt.

NAPRECA ist ein Naturstoffforschungsnetzwerk in Ost- und Zentralafrika, das von Wissenschaftlern gegründet wurde, aufgrund der Erkenntnis das Afrika reich an Biodiversität, aber arm an Forschung und Entwicklung von Naturprodukten ist. Das Symposium wurde 1987 zu einem vollwertigen Forschungsprogramm der UNESCO ernannt.

Der Geschäftsführer ist Prof. Sami Khalid aus dem Sudan. Der Vorsitzende und lokale Organisator war Prof. Ermias Dagne aus Äthiopien, der mich dort auch betreute und dafür sorgte, dass ich so viel wie möglich an Informationen, Eindrücken und natürlich auch Menschen kennenlernte.

Am ersten Tag meines Aufenthaltes hatte ich am Vormittag kurz die Gelegenheit einige der vielen Wissenschaftler, unter ihnen auch deutsche Professoren, kennenzulernen. Danach ging es in den nahegelegenen Universitätscampus.

Im College of Natural Sciences, wo sich die Glasbläserei befand, warteten der verantwortliche Leiter Vodagie Emiru, sowie die Praktikanten Terefe, Yeshehareg, Abebau, sowie Adanech auf mich. Ein bisschen Werkzeug, einen Ausbildungsrahmenplan und ein auf Basis von technischen Zeichnungen beruhendes Konzept hatte ich dabei. In dem Konzept wird die Ausbildung praktisch in Bildern erklärt, übrigens von meinem Kollegen Stephan Eckert von der Universität Leipzig erarbeitet, was sehr hilfreich war.

Die Werkstatt selber hatte einen großen Arbeitstisch, ein Röhrenlager und diverses Kleinmaterial zu bieten, leider alles etwas veraltet. Vieles ist noch von der Firma Bethlehem wie beispielsweise ein bedauerlicherweise nicht stufenlos regulierbarer Brenner.

Nichts destotrotz legte ich los mit Spitzen ziehen, Bögen machen und T- Stücken bauen und wurde förmlich umringt von meinen neuen Praktikanten. Das Interesse und auch die hohe Bereitschaft etwas zu lernen waren riesig.

Es folgten mehrere Tage intensiven Vorführens und Übens, in denen ich stufenweise die ersten Handgriffe der Glasbearbeitung vermitteln konnte. Mit viel Freude und Fleiß waren die Praktikanten bei der Sache und ihre warmherzige und offene Art vereinfachte vieles, vor allen die Sprachbarriere.

Zudem hatte ich noch das Glück das ein Wissenschaftler aus dem Department an zwei Nachmittagen seine Töchter vorbeischickte, die eine deutsche Schule in der Stadt besuchen und mir in ihrem ausgezeichneten deutsch einiges Unklares direkt übersetzen konnten. Man beachte dass sie 7 und 11 Jahre alt waren.

Jetzt fragen sicherlich einige, wieso tut man das und warum? Für mich ist es der alte Gedanke von der Hilfe zur Selbsthilfe. Es ist eigentlich ganz einfach etwas in Bewegung zu setzen, man muss es nur anstoßen, die Initiative ergreifen und die richtigen Impulse geben.

Afrika ist ein Kontinent mit über eine Milliarde Menschen in 52 Staaten. Der wissenschaftlich technische Glasapparatebau wird sich erst einmal an den Universitäten langfristig entwickeln, sowie sich auch die Forschung in den afrikanischen Ländern entwickeln wird. Es werden Chromatographiesäulen, Hochvakuum – Anlagen, Soxleths, Intensivkühler und was wir sonst noch alles im Programm haben, benötigt. Auch der Reparaturbereich wird eine große Rolle spielen, zumal wir um die Hochpreisigkeit unserer Produkte wissen.

Vielleicht besteht ja die Möglichkeit an der Universität in Addis Abeba eine einfache dauerhafte Glasapparatebläserei mit einem einheimischen Glasapparatebauer zu betreiben. Durch immer wieder angebotene Workshops, durchaus von verschiedenen Kollegen organisiert, könnte man viel an Fachkenntissen und Erfahrungen einbringen.

Zwischen meinen Vorführungen und Lehrunterweisungen hat man sich immer wieder um mich gekümmert. So hatte ich die Gelegenheit mit der Tochter von Prof. Dagne, die mich über die verschiedenen Märkte führte und ohne deren Hilfe ich wohl nicht weit gekommen wäre, Geschenke für zu Hause zu kaufen. Das waren ausgesprochen eindrückliche Momente und ich war froh, dass jemand für mich die Kaufverhandlungen führte.

Auch möchte ich den köstlichen Kaffee und die damit verbundene traditionelle Kaffeekultur hervorheben, zu der ich immer wieder eingeladen wurde und für die sich auch Zeit genommen wurde. Ein Brauch, den ich sehr geschätzt habe und gerne in meinen Alltag übernehmen würde.

Am vorletzten Tag meines Aufenthaltes in Addis Abeba wurde ich von Professor Dagne auf einen Ausflug zu seinen wissenschaftlichen Gärten etwas außerhalb der Stadt eingeladen. Hier bekam ich einen Einblick in seine Arbeit und den damit verbundenen Aufwand und ich konnte etwas von der faszinierenden afrikanischen Natur bewundern. Das war dann auch ein eindrücklicher Abschluss für mich. Ich hatte viele Menschen kennengelernt, Ungewohntes gesehen und interessante Erfahrungen gemacht.

Sicherlich werde ich wieder kommen und hoffentlich werde ich für die Glasbläserei dort etwas bewegen können. Das wäre schon eine gute und durchaus zufriedenstellende Arbeit, die man leisten kann und auch sollte.