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EINE LEGENDE GE HT AUF REISEN…„Was ist das für ein Lastwagen?“, fragt man sich. „Ein Unic? Nie gehört.“
Dabei ist der „Izoard“ ein Prachtstück des früheren französischen Fahrzeugbaus.
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Vor mehr oder weniger einem halben Jahrhundert gab es in Europa noch eine unglaubliche Zahl verschiedener Fahrzeugmarken. Zu den bedeutendsten gehörte Unic aus Frankreich, 1905 als Hersteller von Autos und „camionettes“, also kleinen Nutzfahrzeugen, gegründet. Ab 1932 wurden schwere Lastwagen gebaut, ab 1938 mit eigenen Dieselmotoren. 1966 wurde Unic von Fiat übernommen und produzierte noch bis 1975 eigenständige Modelle, danach ging die Marke im IvecoKonzern auf.
Dass solche Legenden nicht in Vergessenheit geraten, ist Menschen wie Moritz Thommen aus dem Basler Umland zu verdanken. Sein Vater Max besaß in Bubendorf die „Garage Kurve“, damals auch für den Vertrieb französischer Unic in der Eidgenossenschaft verantwortlich. Junior Moritz studierte zwar Maschinenbau, finanzierte sich aber einen angenehmen Lebensstil mit der Überführung fabrikneuer Lastwagen von Paris in die Heimat.Seitdem ist er der längst vergangenen Marke zutiefst verbunden.
Heute gilt er als einer der wenigen Spezialisten, die sich noch bis in die Tiefe mit allen Details der Markenhistorie auskennen. Und da er in seinem Leben als Unternehmer erfolgreich war, investierte er beträchtliche Zeit und Mittel, um eine Art Markenmuseum zu schaffen, verfallene Fahrzeuge vor dem Rosttod zu retten und einen Bestand an Ersatzteilen zu konservieren.
Doch für Moritz Thommen bedeutet das Dasein mehr als nur die Arbeit. So hat er sich die technische Grundlage für die Erfüllung eines Lebenstraums jenseits des sechzigsten Geburtstags geschaffen. Ein gewaltiger Dreiachser, natürlich ein Unic 6x6, genauer ein Izoard Typ 2766, Baujahr 1974, mit hochmodernem Wohngehäuse. Gemeinsam mit seiner Frau Maya und Hündin Kaira wollen sie damit auf eine zeitlich nicht begrenzte Weltreise gehen. Und das mit einem Fahrzeug, für das es werksseitig keinerlei technische Unterstützung mehr gibt.
Unic baute ab 1932 schwere Lastwagen, wurde 1966 von Fiat gekauft und ging dann später im Iveco-Konzern auf
1 | Übersichtlich: Hinter einer Klappe hat man die komplette Technik im Blick.
2 | Modern: Die Küche kann sich sehen lassen. Gekocht wird hier mit Strom aus der Lithium-Ionen-Batterie.
3 | Stauraum: Rund um das Bett gibt es ge-nügend Klappen und Fächer für Kleidung, Bücher oder Sonstiges.
4 | Gemütlich: Auf die großzügige Sitzgruppe kann man auch mal Gäste einladen.
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Gewaltig: Der Izoard wird von einem mächtigen V8-Triebwerk mit 15 Litern Hubraum angetrieben. Der ursprüngliche Elf-Liter-V8 war Moritz zu klein.
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Um das zu gewährleisten, hat Moritz Thommen ein komplett neuwertiges Fahrzeug aufgebaut, einen echten technischen Exoten. Unic lieferte Anfang der 1970er Jahre rund 2.000 Stück dieser hochgelände gängigen Version nach China. Einer davon ist im Hafen von Marseille gestrandet und dort verrottet.
Mit anderen UnicKomponenten und teils neuer Technik entstand daraus in jahrelanger und eigenhändiger Arbeit ein komplett einzigartiger Unic. Das Basisfahrzeug trug den kleinen V8Diesel mit elf Litern Hubraum und 270 PS nach SAENorm. Thommen implantierte stattdessen die stärkere Variante mit 15 Litern Hubraum und 340 PS. Das wiederum verlangte wegen der Breite des Motors den Umbau der Lenksäule. Extrem aufwändig und teuer war der Nachguss der Auspuffkrümmer, weil es keine Originalteile mehr gibt. Eine sehr spezielle Aufgabe war die Revision der Differentiale und der Radlager, beim Zusammenbau teils mit Toleranzen im Bereich von zehntel Millimetern.
Kein Stück blieb unbehandelt, keine Schraube nicht ersetzt. Dazu gab es kon
servierende Maßnahmen weit über den Serienstandard hinaus. Zusätzlich verlängerte ein Fahrzeugbauer das Fahrerhaus um 94 Zentimeter, um einen Viertürer daraus zu machen. Die Globetrotter wollen nämlich auch temporär Freunde mit auf ihre Reisen nehmen. Auch der Rahmen wurde gestreckt, der Radstand wuchs damit um 1,3 Meter. Von der Vorderachse bis zur Mitte des hinteren Zwillingsaggregats sind es jetzt 5,8 Meter.
Verfeinert wird die Technik des vergangenen Jahrhunderts mit Komponenten der Neuzeit, wie etwa einem fabrikneuen AllisonAutomatikgetriebe mit sechs Stufen oder einer TelmaBremse an der Antriebswelle, die das Fahrzeug butterweich mit magnetischer Kraft verzögert. Selbst so kleine Dinge wie die Scheinwerfer sind optimiert. Thommen hat sich gleich 20 Stück mit H4 Technik fertigen lassen, weil die originalen zu funzlig waren. Komplett neu ist auch das Räderwerk, mit der mäch
Bei der Komplett-Restauration wurde auch der Rahmen ver-längert – der Radstand wuchs damit um über einen Meter
INFOUnic-Website von Moritz Thommen: www.unic-center.chReise-Website von Moritz Thommen, Maya Leutert und Hund Kaira: www.mokama.ch
Erinnerungen: Während seines Maschinenbau-Studiums über-führte Moritz fabrikneue Unic-LKW von Paris in die Schweiz.
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Aufwändig: Da es keine Originalteile mehr gibt,
wurden die Auspuffkrümmer nachgegossen. Neu dagegen
ist die nach gerüstete Telma-Bremse (rechts).
Modern: Die Wohnkabine von Bliss Mobil passt erstaunlich gut
auf den alten Unic. Im 20-Fuß-Container gibt es sogar eine
Waschmaschine.
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tigen Monobereifung 14.00 R20 auf AchteinhalbZollFelgen mit Spurverbreiterung.
Während das Fahrwerk eine Verbeugung vor der Vergangenheit darstellt, ist der Wohnaufbau des niederländischen Spezialisten Bliss eine hochmoderne Lösung. Das Containermaß von 20 Fuß entspricht einer Länge von gut sechs Metern. Selbst das Kochen geht hier elektrisch. Das ermöglicht es, keinerlei Gas als Energielieferant zu brauchen. Bei Weltreisenden ein enormer Vorteil. Trotzdem ist aller Komfort verfügbar. Selbst auf Waschmaschine und Tiefkühltruhe müssen die modernen Vagabunden nicht verzichten.
Höchst raffiniert ist die elektronische Steuerung und Ausstattung. Die reicht von der Bedienung der einzelnen Komponenten über einen drahtlosen Kleincomputer bis zu den Kameras, die das Umfeld des Unics überwachen.
Vorne lädt eine Sitzgruppe zur Rast, mittig sind Küche, Nasszelle und separates WC platziert. Dahinter eine herrliche Schlaflandschaft und darunter eine Garage für ein Quad als Beiboot für die kurzen Wege. Die schweren Ersatzräder am Heck lassen sich mit Elektrowinden heben. Ein Teil des Hecks kann so ge öffnet werden, dass man von der Schlafstatt direkt ins Freie blickt.
Wir dürfen eine der ersten Probefahrten begleiten. Mit der Wucht von 18 Tonnen Gesamtgewicht setzt sich das
Wohnmobil gemächlich in Bewegung, doch das Drehmoment des Achtzylinders bringt es zügig in Fahrt. Die Höchstgeschwindigkeit liegt rechnerisch bei 135 km/h. Um das auszufahren, bräuchte man aber schon viel Mut. Die Getriebeauslegung sorgt für niedrige Drehzahlen bei Marschgeschwindigkeiten unter 100 km/h. Braucht es eine feinere Gangabstufung für Geländefahrten, reduziert ein Zwischengetriebe von ZF das Geschwindigkeitsspektrum um rund die Hälfte.
Die Haube dehnt sich weit vor dem Fahrer aus, deswegen ist der Raum vor der massiven Frontstoßstange nicht einfach zu überblicken. Dafür vermittelt der
kräftige Bug vor der Frontscheibe ein Gefühl des Schutzes. Und obwohl die Kabine im Stil der damaligen Zeit noch ziemlich blechern ist, ist sie komfortabel. Dazu trägt auch eine starke Klimaanlage bei, die aus dem Waggonbau stammt. Thommens Frau Maya hat zuletzt noch eine außergewöhnliche Fahrzeuggestaltung mit spirituell wirkenden Motiven geschaffen.
Eine erste Probefahrt nach Griechenland brachte den Defekt einer Kopfdichtung zutage, kein Problem für Thommen. Er wechselte sie bei 40 Grad in knapp vier Stunden. Ansonsten bewährten sich Fahrzeug und Aufbau. Nun soll die nächste Reise Richtung Norwegen gehen. Text: Felix Jacoby Fotos: Thomas Küppers
Die erste Reise führte nach Griechenland – nachdem sich Fahrzeug und Aufbau bewährt haben, soll es nun nach Norwegen gehen
DATENModell UNIC 3466LBaujahr 1974Bauzeit 1971-1975Stückzahl 2000 KAROSSERIE Aufbau Leiterrahmen mit 20-Fuß-WohncontainerTankinhalt 1.000 l MOTOR Bauart V8-SaugdieselmotorHubraum 14.886 cm3
Leistung 340 PS @ 2.400 U/minDrehmoment 1.079 @ 1.400 U/minKraftstoffversorgung Sigma-Förderpumpe Ventile Direkteinspritzung, 2 Ventile pro ZylinderNockenwelle mittig im V ANTRIEBSSYSTEM Getriebe Sechsgang-AutomatikgetriebeAntrieb 6x6-Permanent-Allrad, Zwischengetriebe sperrbarGeländeuntersetzung 1:1,8Sperre vorn/zentral/hinten –/•/• FAHRWERK Radaufhängung vorn Starrachse mit AußenplanetenRadaufhängung hinten 2 Starrachsen mit AußenplanetenFedern vorn BlattfedernFedern hinten Hendrickson-Aufhängung mit BlattfedernBremsen v/h TrommelbremsenReifengröße 14.00x20Felgengröße 8.50-20 PREISE Ehemaliger Neupreis EUR 100.000,- KONTAKT Moritz Thommen, Rietstrasse 7, CH-8703 Erlenbach
Leidenschaft: Dass solche Legenden nicht in Vergessenheit geraten, ist Menschen wie Moritz Thommen aus dem Basler Umland zu verdanken.
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1 | Geräumig: In der Heckgarage ist nicht nur ein Teil der Technik unter-gebracht, es bleibt auch viel Platz für Ausrüstung.
2 | Bequem: Die schweren Ersatzräder lassen sich per Seilwinde an ihre Plätze an der Hecktür ziehen und wieder absenken.
3 | Zeitgemäß: Das Licht nach hinten wird von LED-Chips erzeugt. 4 | Übersichtlich: Alle Außenanschlüsse und die dazugehörigen Schalter sind
hinter einer Klappe untergebracht und ordentlich beschriftet. Auch die Türen der Heckgarage werden von hier aus gesteuert (rechts oben).
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