Eine nachhaltige Zukunft für den Verkehr -...

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Eine nachhaltige Zukunft für den Verkehr WEGE ZU EINEM INTEGRIERTEN, TECHNOLOGIE- ORIENTIERTEN UND NUTZERFREUNDLICHEN SYSTEM

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Eine nachhaltige Zukunft für den Verkehr

WEGE ZU EINEM INTEGRIERTEN, TECHNOLOGIE-

ORIENTIERTEN UND NUTZERFREUNDLICHEN SYSTEM

Eine nachhaltige Zukunft für den Verkehr

WEGE ZU EINEM INTEGRIERTEN, TECHNOLOGIE-

ORIENTIERTEN UND NUTZERFREUNDLICHEN SYSTEM

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Bibliografische Daten befinden sich am Ende der Veröffentlichung.

Luxemburg: Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union, 2009

ISBN 978-92-79-13113-4

doi: 10.2768/12820

© Europäische Gemeinschaften, 2009

Nachdruck mit Quellenangabe gestattet.

Titelfoto: © Advanced Transport Systems Ltd – www.atsltd.co.uk

Das schienengeführte Pod-Car ist eine innovative Art der Integration zweier Verkehrsträger

(z. B. Hochgeschwindigkeitszug, U-Bahn, Flughafen). In Zukunft könnte es auch eine

umweltverträgliche Lösung für besondere Mobilitätsbedürfnisse in städtischen Gebieten sein.

Fotos mit freundlicher Genehmigung von: Advanced Transport Systems Ltd, Archiv – Ferrovie dello

Stato, Bombardier Transportation, Bridgephoto.dk/Øresund/Søren Madsen, DB AG/Claus Weber,

DB AG/Ralf Louis, Duisport, Foto: Felden, Europäische Gemeinschaften, iStockphoto,

LFV/Tommy Säfström, Shutterstock, Ville de Clermont-Ferrand

Printed in Belgium

GEDRUCKT AUF CHLORFREI GEBLEICHTEM PAPIER

Diese Veröffentlichung beinhaltet die Mitteilung „Eine nachhaltige Zukunft für den Verkehr: Wege zu einem

integrierten, technologieorientierten und nutzerfreundlichen System“ [KOM(2009) 279 (endg.) vom 17. Juni 2009]

sowie mehrere Kästen. Diese enthalten Zahlen und Abbildungen zur Veranschaulichung des Inhalts der

Mitteilung. Allerdings sind weder diese Abbildungen noch die dazugehörigen Kommentare Teil der

ursprünglichen Mitteilung.

3

VORWORT

Der Verkehr bildet mit einem Anteil von ca. 7 % am BIP und mehr als 5 % aller Arbeitsplätze in

der EU das Rückgrat der europäischen Wirtschaft. Als vernetzter Wirtschaftszweig ist der Verkehr

auf Komponenten wie Infrastruktur, Fahrzeuge, Ausrüstungen, IKT-Anwendungen und operatio-

nelle Verfahren angewiesen, um reibungslos zu funktionieren und Personen und Güter effizient

zu transportieren.

Der Verkehr steht zurzeit vor einem Wandel.

Meine beiden Vorgänger im Amt des Verkehrskommissars, Vizepräsident Karel Van Miert und

Vizepräsidentin Loyola de Palacio, starteten 1992 bzw. 2001 zwei erfolgreiche, auf zehn Jahre

angelegte Programme zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und der Nachhaltigkeit des

europäischen Verkehrssystems. Inzwischen sind Luft-, See-, Schienen-, Binnenschiffs- und

Straßenverkehr sicherer und Verkehrsdienstleistungen billiger und effizienter geworden, die

Fahrgastrechte wurden gestärkt und die Beschäftigten im Verkehrssektor genießen einen

besseren sozialen Schutz.

Jetzt werden wir mit neuen, gewaltigen Herausforderungen konfrontiert: Aus wissenschaftlicher Sicht ist eine drastische Senkung

der Treibhausgasemissionen geboten, steigende Nachfrage bei rückläufiger Förderung treibt die Rohölpreise auf neue Höchst-

stände und in vielen Städten, Flughäfen und Häfen hat die Verkehrsüberlastung ein Ausmaß erreicht, das kaum mehr hinnehm-

bar ist. Die Reichweite dieser Herausforderungen ist so groß, dass in den kommenden Jahrzehnten eine grundlegende

Umgestaltung des Verkehrssystems erforderlich sein wird. Allerdings sind die Mittel, um diesen Herausforderungen zu begegnen,

auf kurze Sicht aufgrund der Wirtschaftskrise und auf lange Sicht aufgrund der Alterung der Bevölkerung eingeschränkt.

Die vorliegende Mitteilung beschäftigt sich mit dieser Umgestaltung. Sie ist sowohl ein Strategiedokument, das Perspektiven für

die Zukunft des Verkehrs aufzeigt, als auch ein Konsultationspapier, das Ansichten darüber erfassen soll, wie diese Perspektiven

in konkrete Politik umgewandelt werden sollen.

Ich bin der festen Überzeugung, dass es zur Bewältigung der zukünftigen Herausforderungen notwendig sein wird, sich mit neuen

Technologien und der Integration der verschiedenen Verkehrsträger in einem einzigen System zu beschäftigen, und dies in einem

besser integrierten Binnenmarkt, in dem freier Wettbewerb herrscht. Dies bedeutet auch, dass die Bedürfnisse der Verkehrsnutzer

und der Beschäftigten des Sektors im Mittelpunkt der Politikgestaltung stehen. Europa ist in vielen Verkehrsbereichen weltweit

führend und kann durch den weiteren Ausbau seiner Stärken einen positiven Beitrag zur Lösung globaler Probleme leisten.

Ich hoffe, dass die Leser erkennen, wie wichtig und kompliziert die vor uns liegende Aufgabe ist, und dass sie unsere Ideen durch

eigene Beiträge ergänzen. Die Antworten auf die Befragung werden die Kommission 2010 bei der Ausarbeitung eines neuen

Weißbuchs unterstützen, welches einen Überblick über die europäische Verkehrspolitik im Zeitraum 2010-2020 geben wird.

Antonio Tajani,

Vizepräsident der Europäischen Kommission,

EU-Kommissar für Verkehr

5

Vorwort 3

1 Einleitung 7

2 Die europäische Verkehrspolitik im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts 8

3 Trends und Herausforderungen 13 3.1 Alterung 13 3.2 Zuwanderung und interne Mobilität 13 3.3 Ökologische Herausforderungen 13 3.4 Verknappung fossiler Brennstoffe 14 3.5 Verstädterung 15 3.6 Globale Trends von Belang für die europäische Verkehrspolitik 15

4 Politische Ziele für einen nachhaltigen Verkehr 16 4.1 Ein qualitativ hochwertiger und sicherer Verkehr 16 4.2 Ein gut in Stand gehaltenes und vollständig integriertes Netz 17 4.3 Ein ökologisch nachhaltigerer Verkehr 17 4.4 Wahrung der Führungsstellung der EU bei Verkehrsdiensten und -technologien 18 4.5 Schutz und Entwicklung des Humankapitals 18 4.6 Verkehrssteuerung durch intelligente Preisbildung 19 4.7 Planung mit Blick auf den Verkehr: Verbesserung der Zugänglichkeit 19

5 Politik im Interesse nachhaltigen Verkehrs auf verschiedenen Gebieten 20 5.1 Infrastruktur: Instandhaltung, Entwicklung und Integration der modalen Verkehrsnetze 20 5.2 Finanzierung: Mobilisierung der Ressourcen für einen nachhaltigen Verkehr 21 5.3 Technologie: Beschleunigung des Übergangs zu einer Gesellschaft mit geringer Kohlenstoffintensität und Führungsstellung bei der globalen Innovation 23 5.4 Rechtsrahmen: weitere Förderung der Marktöffnung und des Wettbewerbs 24 5.5 Verbraucherverhalten: aufklären, informieren und einbeziehen 24 5.6 Verwaltung: wirksame und koordinierte Maßnahmen 24 5.7 Die Außendimension: Europa muss mit einer Stimme sprechen 25

6 Wie geht es weiter? 26

INHALT

7

W E G E Z U E I N E M I N T E G R I E R T E N , T E C H N O L O G I E O R I E N T I E R T E N U N D N U T Z E R F R E U N D L I C H E N S Y S T E M

1 EINLEITUNG

1. Im Jahr 2001 legte die Kommission ein Weißbuch (1) vor,

in dem Weichenstellungen für die europäische Verkehrs-

politik bis 2010 vorgeschlagen wurden. Dieses Programm

wurde anlässlich der Halbzeitbilanz 2006 aktualisiert (2). Mit

dem nahenden Ende dieser Zehnjahresspanne ist es nun

an der Zeit, den Blick weiter nach vorne zu richten und den

Weg für künftige Entwicklungen der Politik zu ebnen.

2. Der Verkehr ist ein komplexes System, in dem zahlreiche

Faktoren eine Rolle spielen, darunter die Siedlungs- und

Verbrauchsmuster der Bevölkerung, die Organisation der

Produktion und die Verfügbarkeit von Infrastruktur. Ange-

sichts dieser Komplexität muss jeder Eingriff in den Ver-

kehrssektor nicht zuletzt deshalb auf einer langfristigen

Vision für nachhaltige Mobilität von Menschen und Gütern

basieren, weil die Umsetzung strukturpolitischer Entschei-

dungen viel Zeit in Anspruch nimmt und diese daher eine

sehr frühzeitige Planung erfordern.

3. Die Verkehrspolitik für die nächsten zehn Jahre muss sich

demgemäß auf Überlegungen zur Zukunft des Verkehrs-

systems stützen, die sich auch auf die folgenden Jahr-

zehnte erstrecken. Die Kommission hat entsprechende

Überlegungen eingeleitet; diese schließen eine Evaluie-

rungsstudie zur europäischen Verkehrspolitik, eine Dis-

kussion in drei „Fokusgruppen“, eine Studie mit dem Titel

„Transvisions” zur Ermittlung möglicher Verkehrszenarien

mit geringer Kohlenstoffintensität sowie die Konsultation

der betroffenen Akteure, insbesondere im Rahmen einer

am 9./10. März 2009 abgehaltenen Konferenz hochrangi-

ger Vertreter des Verkehrssektors, ein (3).

4. In dieser Mitteilung werden die Ergebnisse dieser breit

angelegten Überlegungen zusammengefasst. Abschnitt 2

geht auf jüngere Entwicklungen der europäischen Ver-

kehrspolitik sowie offene Fragen ein. Abschnitt 3 enthält

einen Ausblick auf die Zukunft mit Prognosen zu Trends

bei den verkehrstreibenden Faktoren und zu den Heraus-

forderungen, die sich daraus für die Gesellschaft ergeben

dürften. In Abschnitt 4 wird eine Reihe politischer Zwi-

schenziele vorgeschlagen, die verfolgt werden könnten,

um den im Verkehrssektor erwachsenden Herausforderun-

gen zu begegnen. In Abschnitt 5 werden einige verfügbare

Instrumente und Handlungsoptionen zum Erreichen der

ermittelten Ziele beschrieben.

5. Die in dieser Mitteilung vorgestellten Ideen sollen eine

weitere Debatte anstoßen, in deren Rahmen politische

Optionen ermittelt werden sollen, ohne jedoch der Formu-

lierung konkreter Vorschläge im nächsten Weißbuch 2010

vorzugreifen.

(1) KOM(2001) 370.(2) KOM(2006) 314.(3) Alle zugehörigen Dokumente können unter folgender Webadresse abgerufen werden:

http://ec.europa.eu/transport/strategies/2009_future_of_transport_en.htm

8

6. Vor dem Blick in die Zukunft ist eine Bestandsaufnahme

der Entwicklungen der jüngeren Vergangenheit sinnvoll.

Zwar ist es noch zu früh, die Auswirkungen einer Reihe seit

2000 getroffener politischer Maßnahmen umfassend zu

bewerten, doch können den Markttrends und den verfüg-

baren Daten bereits einige Hinweise entnommen werden.

Diese können vor dem Hintergrund der politischen Ziele

bewertet werden, die in der Halbzeitbilanz zum Weißbuch

und in der Strategie für nachhaltige Entwicklung von

2006 (4) gesetzt wurden. Der folgende Abschnitt zeigt,

dass die europäische Verkehrspolitik die in den oben

genannten Strategiepapieren genannten Ziele größtenteils

erreicht hat, indem sie einen erheblichen Beitrag zur Ent-

wicklung der europäischen Wirtschaft und ihrer Wettbe-

werbsfähigkeit leistete, Marktöffnung und Integration

erleichterte, hohe Qualitätsstandards für Sicherheit, Gefah-

renabwehr und Passagierrechte setzte und die Arbeitsbe-

dingungen verbesserte.

7. Der Verkehr ist eine wesentliche Komponente der europäi-

schen Wirtschaft. In einer weit gefassten Definition des Ver-

kehrssektors umfasst dieser ca. 7 % des europäischen BIP

und mehr als 5 % der Arbeitsplätze in der EU (5). Die europä-

ische Verkehrspolitik hat zur Schaffung eines Mobilitäts-

systems beigetragen, das in Bezug auf Wirtschaftlichkeit und

Effizienz dem Vergleich mit den ökonomisch führenden Regi-

onen der Welt standhält. Sie hat dem sozialen und wirtschaft-

lichen Zusammenhalt gedient, die Wettbewerbsfähigkeit

der europäischen Industrie gefördert (6) und damit einen

erheblichen Beitrag zur Verwirklichung der Lissabon-Stra-

tegie für Wachstum und Beschäftigung (7) geleistet. Die Fort-

schritte in Bezug auf die mit der Strategie für nachhaltige

Entwicklung verfolgten Ziele waren hingegen eher begrenzt:

Wie im Fortschrittsbericht von 2007 (8) ausgeführt, befindet

sich das europäische Verkehrssystem in mehrfacher Hinsicht

noch nicht auf dem Pfad der Nachhaltigkeit.

8. Die Marktöffnung hat generell zu höherer Effizienz und nied-

rigeren Preisen geführt. Dies wird im Luftverkehr deutlich,

wo dieser Prozess am weitesten vorangeschritten ist (9).

Die EU befindet sich auf dem Weg zur Schaffung einheit-

licher Wettbewerbsbedingungen in einem zunehmend

integrierten Verkehrsmarkt, wenngleich noch eine Reihe

ungelöster Probleme besteht, zum Beispiel Unterschiede in

der Besteuerung und Subventionierung. Hier ist festzustel-

len, dass die Marktöffnung und Integration bei verschiede-

nen Verkehrsträgern nicht nur großen, sondern auch kleinen

und mittleren Unternehmen (KMU) zugute gekommen ist.

9. Im Rahmen der Politik der transeuropäischen Verkehrsnetze

(TEN-V) wurde die Koordinierung der Planung von Infra-

strukturprojekten durch die Mitgliedstaaten erheblich ver-

bessert. Bei der Realisierung der TEN-V wurden große

Fortschritte erzielt, und die dazu notwendigen Investitionen

(400 Mrd. EUR) sind bereits zu einem Drittel erfolgt (10). Der

Ausbau der TEN zur Einbeziehung der neuen Mitgliedstaaten

auf der Grundlage der bereits vor der Erweiterung getätigten

Investitionen (11) bildete eine Blaupause für die Struktur- und

2 DIE EUROPÄISCHE VERKEHRSPOLITIK IM ERSTEN JAHRZEHNT DES 21. JAHRHUNDERTS

(4) Dokument 10917/06 des Rats.(5) Davon entfallen 4,4 % auf die Erbringung von Verkehrsdienstleistungen und der Rest auf den Fahrzeugbau; insgesamt sind 8,9 Millionen

Personen mit der Erbringung von Verkehrsdienstleistungen beschäftigt und drei Millionen mit dem Bau von Fahrzeugen.(6) Compete, „Analysis of the contribution of transport policies to the competitiveness of the EU economy and comparison with the United States“,

Oktober 2006, ISI-Fraunhofer in Zusammenarbeit mit Infras, TIS, und EE für die Generaldirektion Energie und Verkehr der Europäischen Kommission.(7) KOM(2007) 803.(8) KOM(2007) 642.(9) Die Zahl der innergemeinschaftlichen Strecken stieg zwischen 1992 und 2008 um 120 % an. Im gleichen Zeitraum nahm die Zahl der

innergemeinschaftlichen Strecken, die von mehr als zwei Luftfahrtunternehmen bedient werden, um 320 % zu. Mehr als ein Drittel der gesamten innergemeinschaftlichen Linienflugkapazität entfallen heute auf Billigfluggesellschaften.

(10) KOM(2007) 135. Zu den abgeschlossenen Projekten gehören die Öresund-Verbindung, der Flughafen Malpensa und die Betuwe-Schienengüterverkehrsstrecke. Weitere Projekte, zum Beispiel PBKAL (Hochgeschwindigkeits-Eisenbahnverbindung Paris–Brüssel–Köln–Amsterdam–London), werden bald abgeschlossen sein. Daneben wurden große Projektabschnitte bereits in Betrieb genommen, zum Beispiel die Hochgeschwindigkeitszugverbindung Madrid–Barcelona und die erste Phase des TGV-Est in Frankreich.

(11) Insbesondere durch das strukturpolitische Instrument zur Vorbereitung auf den Beitritt.

9

W E G E Z U E I N E M I N T E G R I E R T E N , T E C H N O L O G I E O R I E N T I E R T E N U N D N U T Z E R F R E U N D L I C H E N S Y S T E M

Die TEN-V-Leitlinien sind das Gemeinschaftsinstrument zur Politikgestaltung und Netzplanung. Die Leitlinien, die 1996 ange-

nommen und zuletzt 2004 geändert wurden, enthalten zwei Planungsebenen: eine Gesamtnetzebene (Generalpläne für

Schienen-, Straßen- und Binnenwassernetze, den kombinierten Verkehr, Flughafen- und Hafennetze) und eine zweite Ebene,

die sich aus 30 vorrangigen Vorhaben, d. h. den ermittelten Vorhaben von gemeinsamem Interesse, zusammensetzt

(Abbildung 1). Am 4. Februar 2009 leitete die Europäische Kommission mit einem Grünbuch [KOM(2009) 44 endg.] einen

breit angelegten Prozess der Überprüfung der TEN-V-Strategie ein. Aufbauend auf dem Grünbuch sieht die Kommission für

Ende 2010 eine Überprüfung der TEN-V-Leitlinien im Rahmen eines groß angelegten Legislativvorschlags vor.

Abbildung 1: Transeuropäische Verkehrsnetze (TEN-V) – vorrangige Achsen und Projekte

Wege zu einem integrierten Verkehrssystem für den Zusammenhalt der EU

!!!!

Praha

Stockholm

BerlinWarszawa

Vilnius

Riga

Tallinn

Helsinki

Bucureşti

Sofia

Luxembourg

Paris

Bruxelles/Brussel

Amsterdam

London

Dublin

Athina

LefkosiaValletta

Ljubljana

Roma

Madrid

Lisboa

Bratislava

Budapest

Kǿbenhavn

Wien

© EuroGeographics 2001 bezüglich der Verwaltungsgrenzen.

Kartografie: Europäische Kommission, GD Energie und Verkehr, 26.10.2004.

Vorrangige Achsen und Projekte

Straße

Eisenbahn

Binnenwasserstraße

Meeresautobahn

Flughafenprojekt

Hafenprojekt

Interoperabilität der Hochgeschwindig-

keitsbahn auf der Iberischen Halbinsel

Galileo

10

E I N E N A C H H A L T I G E Z U K U N F T F Ü R D E N V E R K E H R

Kohäsionsfonds mit Blick auf den schrittweisen Abbau der

dort bestehenden Infrastrukturdefizite. Es bleibt zwar noch

viel zu tun, aber die TEN haben bereits einen großen Beitrag

dazu geleistet, Märkte und Menschen in der EU zu verbinden.

10. Bei der Verringerung der Luftverschmutzung und der

Unfälle im Straßenverkehr wurden Fortschritte erzielt. Die

Luftqualität in den europäischen Städten hat sich durch

die Anwendung der immer strengeren Euro-Emissions-

normen erheblich verbessert, doch besteht weiterhin

Handlungsbedarf, vor allem zur Verringerung der Emission

von Stickoxiden und der für die menschliche Gesundheit

besonders gefährlichen Feinstaubpartikel (PM10) sowie zur

Gewährleistung einer angemessenen Kontrolle der tatsäch-

lichen Emissionen. Daneben hat der Ausbau der Verkehrs-

infrastruktur zu einem Verlust an Lebensräumen für Tier- und

Pflanzenarten sowie zur Zersiedelung der Landschaft

geführt. Das im Weißbuch von 2001 angeführte Ziel, die

Zahl der Verkehrstoten bis 2010 zu halbieren, wird wahr-

scheinlich nicht erreicht werden, obwohl in vielen Mitglied-

staaten Maßnahmen eingeleitet wurden, die zu deutlichen

Fortschritten führten. 2008 waren in der EU immer noch

mehr als 39 000 Verkehrstote zu beklagen. Der Straßenver-

kehr fordert also weiterhin einen viel zu hohen Blutzoll.

11. Die Verschmutzung der Meere und Unfälle auf See wurden

deutlich reduziert. Die EU hat einen der weltweit fortschritt-

lichsten Rechtsrahmen für die Sicherheit und die Verhinde-

rung der Meeresverschmutzung geschaffen (zuletzt mit dem

dritten Maßnahmenpaket für die Sicherheit im Seeverkehr).

Im Luftverkehr hat die EU ein umfassendes Bündel gemein-

samer, einheitlicher und verbindlicher Rechtsvorschriften

verabschiedet, die alle wichtigen sicherheitsrelevanten

Bereiche (Flugzeuge, Wartung, Flughäfen, Flugverkehrsma-

nagementsysteme usw.) abdecken. Es wurden Sicherheits-

agenturen für den Luftverkehr (EASA), den Seeverkehr

(EMSA) und den Schienenverkehr (ERA) errichtet.

12. Das Weißbuch von 2001 ging nicht auf die Gefahrenabwehr

im Verkehr ein. Nach den Terroranschlägen vom 11. Sep-

tember 2001 wurde jedoch eine entsprechende Politik ent-

wickelt. Derzeit bestehen für die meisten Verkehrsarten

und für kritische Infrastrukturen EU-Rechtsvorschriften zur

Gefahrenabwehr. Daneben unterhält die EU zur Verbesse-

rung der Gefahrenabwehr eine Zusammenarbeit mit der

internationalen Gemeinschaft: Vor kurzem wurden Marine-

operationen zur Bekämpfung der Piraterie eingeleitet.

Die europäischen Straßen sind in den letzten Jahren sicherer geworden: Die Zahl der Verkehrsunfälle mit Personenschä-

den fiel zwischen 1991 und 2007 um rund 12 %. Noch wichtiger ist jedoch, dass die Zahl der Verkehrstoten im gleichen

Zeitraum um über 44 % sank. Es bedarf aber noch großer Fortschritte, will man bis 2010 das Ziel der Halbierung der Zahl

der Verkehrstoten gegenüber 2001 erreichen.

Abbildung 2: Verkehrstote in der EU-27 seit 1990

Quelle: CARE-Datenbank, einzelstaatliche Daten

Sicherheit an erster Stelle: Leben retten

19901991

19921993

19941995

19961997

19981999

20002001

20022003

20042005

20062007

20082009

2010

20 000

30 000

40 000

50 000

60 000

70 000

80 000

2010 target

Fatalities

Ziel bis 2010

Verkehrstote

11

W E G E Z U E I N E M I N T E G R I E R T E N , T E C H N O L O G I E O R I E N T I E R T E N U N D N U T Z E R F R E U N D L I C H E N S Y S T E M

13. Durch die Stärkung der Rechte von Passagieren wurden qua-

litativ hochwertige Verkehrsdienste für die Verbraucher

gefördert. Es wurden Rechtsvorschriften zu den Fluggast-

rechten angenommen, die nun in Kraft sind. Für den Schie-

nenverkehr wurde im Dezember 2007 eine Verordnung (12)

verabschiedet, die umfassende Fahrgastrechte vorsieht.

Im Dezember 2008 wurden zwei Vorschläge zur Stärkung

der Rechte von Fahrgästen im Omnibusverkehr und von

Passagieren im See- und Binnenschiffsverkehr verabschie-

det (13). Andererseits wurde der öffentliche Verkehr (Bus- und

Schienenverkehr) als einer der Sektoren ermittelt, auf dem

die Verbraucherzufriedenheit am geringsten ist (14).

14. Die soziale Dimension der Verkehrspolitik wurde auch im

Hinblick auf die Beschäftigten des Verkehrssektors gestärkt.

In Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern wurden Rechts-

vorschriften zur Arbeitszeit, zu den Qualifikationen und zur

gegenseitigen Anerkennung von Befähigungsnachweisen

eingeführt, um die Arbeitsbedingungen im Straßen-, Schie-

nen- und Seeverkehr zu verbessern.

15. Die Umwelt ist weiterhin der wichtigste Politikbereich, auf

dem weitere Verbesserungen notwendig sind. In keinem

anderen Wirtschaftssektor der EU war der Anstieg der Treib-

hausgasemissionen im Vergleich zum Niveau von 1990 so

hoch wie im Verkehrssektor (15). Treibhausgasemissionen

können als Ergebnis von drei Faktoren gesehen werden:

die Intensität der die Emissionen verursachenden Wirt-

schaftstätigkeit, die Energieintensität dieser Wirtschaft s-

tätigkeit und die Treibhausgasintensität der verwendeten

Energiequelle. Bei der Anwendung dieser Analyse auf

frühere Entwicklungen im Verkehr wird deutlich, dass das

Verkehrsvolumen stark zugenommen hat, während bei der

Verringerung der Energie- und Treibhausgasintensität des

Sektors unzureichende Fortschritte erzielt worden sind.

16. Die Abkoppelung des Verkehrsaufkommens vom BIP-

Wachstum, die eines der Ziele des Weißbuchs von 2001

und der Strategie für nachhaltige Entwicklung war, ist im

Personenverkehr erfolgt, wo die Nachfrage zwischen 1995

und 2007 um durchschnittlich 1,7 % jährlich zugenommen

hat, während das BIP im Durchschnitt um 2,5 % jährlich

anstieg. Die Nachfrage nach Güterverkehrsleistungen in

der EU stieg hingegen um durchschnittlich 2,7 % pro Jahr.

Das starke Wachstum des Welthandels und die Vertiefung

der Integration der erweiterten EU haben im vergangenen

Jahrzehnt eine Abkoppelung des Güterverkehrsvolumens

vom BIP verhindert. Der Anstieg des Güterverkehrsvolumens

geht auch auf bestimmte Wirtschaftsmuster zurück – zum

Beispiel die Konzentration der Produktion an weniger

Standorten zum Erzielen von Größenvorteilen, die Just-in-

Time-Anlieferung, das weit verbreitete Glas-, Papier- und

Metallrecycling –, die Kosteneinsparungen und eventuell

Emissionsverringerungen in anderen Sektoren um den

Preis höherer Emissionen im Verkehr ermöglicht haben.

17. Der Verkehr wird zwar immer energieeffizienter, die bisheri-

gen Effizienzgewinne wurden jedoch nicht vollständig in

eine Verringerung des Gesamtverbrauchs an Kraftstoff

umgemünzt und reichten nicht aus, um die höheren Ver-

kehrsvolumina aufzuwiegen. Angesichts schleppender

Fortschritte wurden im April 2009 Rechtsvorschriften zur

Festsetzung von Emissionsnormen für neue Personen-

kraftwagen verabschiedet (16). Auch bei der Verlagerung von

Verkehrsaufkommen auf effizientere Verkehrsträger, insbe-

sondere durch die Entwicklung des Kurzstreckenseever-

kehrs, waren nur begrenzte Fortschritte zu verzeichnen. Bei

der Erreichung ausgewogenerer Verkehrsträgeranteile konn-

ten dennoch gewisse Erfolge erzielt werden. So konnte der

Rückgang des Schienenverkehrsanteils offenbar gestoppt

werden (17). Einer Reihe von Erhebungen zufolge stieg zudem

in vielen Städten der Anteil des Fahrrads am Verkehrsträger-

mix in den letzten Jahren erheblich an (18).

18. Die Treibhausgasintensität des Verkehrs wurde durch die

Nutzung umweltfreundlicherer Energiequellen nicht erheb-

lich verringert; der Energiebedarf des Verkehrs wird noch

immer zu 97 % durch fossile Brennstoffe gedeckt, was sich

auch negativ auf die Energieversorgungssicherheit auswirkt.

In jüngerer Zeit wurden im Rahmen des Klimaschutz- und

Energiepakets Maßnahmen zur Verbesserung der Kraft-

stoffqualität (19) verabschiedet und für das Jahr 2020 das ver-

bindliche Ziel vorgegeben, dass 10 % des Energiebedarfs im

Verkehr aus erneuerbaren Quellen gedeckt werden soll (20).

(12) Verordnung (EG) Nr. 1371/2007, ABl. L 315 vom 3.12.2007, S. 14.(13) KOM(2008) 817, KOM(2008) 816.(14) http://ec.europa.eu/consumers/strategy/docs/2nd_edition_scoreboard_de.pdf(15) Quelle der Daten, soweit nicht anders angegeben: Generaldirektion Energie und Verkehr (2009),

EU energy and transport in figures, Statistisches Handbuch 2009.(16) Verordnung (EG) Nr. 443/2009, ABl. L 140 vom 5.6.2009, S. 1.(17) Der Anteil des Schienengüterverkehrs am Gesamtverkehrsvolumen lag 2007 mit 10,7 % auf dem gleichen Niveau wie 2001.(18) http://spicycles.velo.info. Spicycles ist ein vom EU-Programm IEE–STEER gefördertes Projekt. (19) Richtlinie 2009/30/EG, ABl. L 140 vom 5.6.2009, S. 88 ff.(20) Richtlinie 2009/28/EG, ABl. L 140 vom 5.6.2009, S. 16 ff.

12

E I N E N A C H H A L T I G E Z U K U N F T F Ü R D E N V E R K E H R

Die Zunahme des Verkehrsaufkommens wirft Bedenken in Bezug auf seine ökologische Nachhaltigkeit auf. Laut Daten der

Europäischen Umweltagentur entfielen 2006 knapp ein Viertel (23,8 %) der gesamten Treibhausgasemissionen und etwas

mehr als ein Viertel (27,9 %) der gesamten CO2-Emissionen in der EU-27 auf den Verkehr. Aus Abbildung 3 geht hervor,

dass die Wachstumsrate der Treibhausgasemissionen gegenüber dem Stand von 1990 in keinem anderen Sektor so hoch

war wie im Verkehr. Da der Energiebedarf des Verkehrssektors zu 97 % durch fossile Brennstoffe gedeckt wird, ist die Bekämp-

fung des Klimawandels in diesem Sektor eng mit der Verbesserung der Energieversorgungssicherheit verbunden.

Abbildung 3: Treibhausgasemissionen in der EU-27, nach Sektoren (1990 = 100)

Quelle: EU energy and transport in figures, Statistisches Handbuch 2009.

In den vergangenen Jahrzehnten hat der Verkehr in der EU rasant zugenommen. Das Güterverkehrsvolumen richtet sich im

Allgemeinen nach der Handelstätigkeit und ist stärker gestiegen als das BIP (s. Abbildung 4), während der Anstieg des

Personenverkehrs mit Ausnahme des Luftverkehrs weniger spektakulär war. Diese Trends lassen sich jedoch nur dann auf-

rechterhalten, wenn die Energieeffizienz des Verkehrs stark gesteigert und seine Treibhausgasemissionen gesenkt werden.

Abbildung 4: Entwicklung des BIP, der Bevölkerung, verkehrsbezogener Treibhausgasemissionen

sowie des Güter- und Personenverkehrsaufkommens in der EU-27 seit 1995 (1995 = 100)

Quelle: EU energy and transport in figures, Statistisches Handbuch 2009.

Auf dem Weg zur Nachhaltigkeit: Milderung der negativen Umweltauswirkungen des Verkehrs

19951996

19971998

19992000

20012002

20032004

20052006

95

100

105

110

115

120

125

130

135

140

Freight transport

GDP

Transport GHG

Passenger transport

Population

Güterverkehr

BIP

VerkehrsbezogeneTreibhausgasemissionen

Personenverkehr

Bevölkerung

19901991

19921993

19941995

19961997

19981999

20002001

20022003

20042005

2006

70

80

90

100

110

120

130

Transport

Energy Industries

Households

Services, etc.

Total

Industry

Other

Verkehr

Energiewirtschaft

Privathaushalte

Dienstleistungen usw.

Insgesamt

Industrie

Sonstige

13

W E G E Z U E I N E M I N T E G R I E R T E N , T E C H N O L O G I E O R I E N T I E R T E N U N D N U T Z E R F R E U N D L I C H E N S Y S T E M

3 TRENDS UND HERAUSFORDERUNGEN

19. In diesem Abschnitt werden Entwicklungstendenzen bei

den wichtigsten verkehrstreibenden Faktoren bis Mitte des

Jahrhunderts sowie die Herausforderungen, die sich daraus

ergeben dürften, behandelt. Es ist schwer vorauszusagen,

welcher Aspekt den größten Einfluss auf die Gestaltung der

Zukunft des Verkehrs haben wird.

3.1 Alterung

20. 2060 wird der Medianwert des Alters der europäischen

Bevölkerung voraussichtlich mehr als sieben Jahre höher

liegen als heute, und der Anteil der Personen über 65 Jahre

an der Gesamtbevölkerung wird 30 % (gegenüber heute

17 %) ausmachen (21).

21. Obwohl Menschen ab einem bestimmten Alter in der Regel

weniger reisen als zuvor, neigen die Senioren von heute

stärker zum Reisen als die Generation ihrer Eltern. Dieser

Trend dürfte sich fortsetzen, und er wird durch bessere

Gesundheit, umfangreichere Reiseangebote und bessere

Fremdsprachenkenntnisse gefördert. In einer alternden

Gesellschaft wird größerer Wert auf Reisedienstleistungen

gelegt werden, die ein hohes Maß an Sicherheit und Zuver-

lässigkeit vermitteln und angemessene Lösungen für Kun-

den mit eingeschränkter Mobilität bieten.

22. Eine Gesellschaft mit einem höheren Anteil älterer Men-

schen wird mehr öffentliche Mittel auf Ruhegehälter,

Gesundheitsfürsorge und Pflege verwenden müssen. Daher

wird die Alterung mittels ihrer Auswirkungen auf die öffent-

lichen Finanzen die Bereitstellung und Instandhaltung

von Verkehrsinfrastrukturen einschränken und die für den

öffentlichen Verkehr verfügbaren Mittel begrenzen. Dane-

ben könnten sich ein Arbeitskräftemangel und Qualifika-

tionsdefizite ergeben, was den bereits jetzt in einigen

Segmenten des Verkehrssektors zu verzeichnenden Mangel

an Fachkräften verschärfen würde. Dies kann insgesamt zu

höheren Verkehrskosten für die Gesellschaft führen.

3.2 Zuwanderung und interne Mobilität

23. Die Bevölkerung der EU könnte in den nächsten fünf Jahr-

zehnten durch Nettozuwanderung um 56 Millionen Einwoh-

ner ansteigen (22). Die Zuwanderung könnte eine wichtige

Rolle bei der Abfederung der Auswirkungen spielen, die die

Bevölkerungsalterung auf den Arbeitsmarkt hat. Die in der

Regel jungen und vorwiegend in Ballungsgebieten leben-

den Zuwanderer werden die Beziehungen Europas zu den

Nachbarregionen durch die Schaffung kultureller und wirt-

schaftlicher Verbindungen mit ihren Herkunftsländern weiter

intensivieren. Diese Verbindungen werden einen stärkeren

Waren- und Personenverkehr nach sich ziehen.

24. Die Mobilität der Arbeitnehmer in der Union wird den Pro-

gnosen zufolge mit der schrittweisen Abschaffung adminis-

trativer und rechtlicher Hindernisse und der zunehmenden

Vertiefung des Binnenmarktes weiter zunehmen.

3.3 Ökologische Herausforderungen

25. Die Milderung der negativen Umweltauswirkungen des

Verkehrs wird immer dringender. Die EU hat vor kurzem ein

Klimaschutz- und Energiepaket verabschiedet, in dem das

Ziel einer Verringerung der Treibhausgasemissionen in der

EU um 20 % gegenüber dem Niveau von 1990 gesetzt wird.

Dem Verkehr kommt bei der Verwirklichung dieses Ziels

eine Schlüsselrolle zu, für dessen Erreichung einige derzei-

tige Trends umgekehrt werden müssen.

(21) Eurostat (Bevölkerung und soziale Bedingungen), Statistics in Focus 72/2008, sowie Europäische Kommission, „Europäischer Demografiebericht 2008: Antworten auf die sozialen Bedürfnisse einer alternden Gesellschaft“, SEK(2008) 2911.

(22) Ib.

14

E I N E N A C H H A L T I G E Z U K U N F T F Ü R D E N V E R K E H R

26. Der TERM-Bericht (23) der Europäischen Umweltagentur für

2008 verdeutlicht anhand von Indikatoren für die Entwick-

lungen im Verkehrs- und Umweltbereich in Europa, dass

viele EU-Bürger weiterhin einer gefährlich hohen Belastung

durch Luftverschmutzung und Lärm ausgesetzt sind. Insbe-

sondere die Konzentration von PM10, für die der Verkehr die

zweitwichtigste Quelle ist, übersteigt in vielen Luftqualitäts-

gebieten den Grenzwert von 2005. Auch die Luftverschmut-

zung durch NOx- und SOx-Emissionen von Schiffen muss

angegangen werden.

27. Die Auswirkungen des Klimawandels werden auch den Ver-

kehrssektor betreffen und Anpassungsmaßnahmen erfor-

dern. Der Anstieg des Meeresspiegels infolge der globalen

Erwärmung wird die Verletzlichkeit von Küsteninfrastruk-

turen und Häfen steigern (24). Extreme Unwetter würden die

Sicherheit sämtlicher Verkehrsträger beeinträchtigen. Dürren

und Fluten werden den Binnenschiffsverkehr erschweren (25).

3.4 Verknappung fossiler Brennstoffe

28. Die Preise für Erdöl und andere fossile Brennstoffe dürften

in den kommenden Jahrzehnten angesichts zunehmen-

der Nachfrage und der Erschöpfung der kostengünstig

auszubeutenden Lagerstätten ansteigen. Der Ersatz her-

köm mlicher Quellen durch eine stärker umweltbelastende

Energieversorgung wird die negativen Umweltauswirkungen

verschärfen. Gleichzeitig werden die Notwendigkeit des

Übergangs zu einer Wirtschaft mit geringer Kohlenstoffinten-

sität und die zunehmenden Bemühungen um Energiever-

sorgungssicherheit eine intensivere Nutzung von Energie aus

erneuerbaren Quellen bewirken, die durch technologischen

Fortschritt und Massenproduktion deutlich billiger wird.

29. Durch Verschiebungen bei den relativen Preisen werden

Investitionen in alternative Energiequellen trotz der star-

ken Preisschwankungen attraktiver. Die Notwendigkeit zur

Einrichtung entsprechender Infrastrukturen und die lange

Fahrzeugnutzungsdauer werden den Übergangsprozess

verzögern.

Die Bevölkerungspyramiden in Abbildung 5 veranschaulichen die Alterung der Bevölkerung der EU. Steigende Lebenserwar-

tung in Verbindung mit weiterhin niedrigen Geburtenraten führt dazu, dass die Spitze der Pyramide sich verbreitert,

während ihr Sockel und ihr Mittelteil schrumpfen. Neuere demografische Prognosen zeigen, dass 2060 auf jeden Rentner nur

noch zwei erwerbstätige Arbeitnehmer kommen. Aufgrund der negativen Auswirkungen der Alterung und des Rückgangs

der Bevölkerung im erwerbstätigen Alter wird erwartet, dass das durchschnittliche Wirtschaftswachstum pro Jahr – bei

Zugrundelegung der derzeitigen Politik – von 2,5 % in den letzten Jahren auf 1,3 % zwischen 2030 und 2060 zurückgeht. Die

alterungsbedingten öffentlichen Ausgaben – z. B. für Renten, Gesundheitsversorgung und Langzeitpflege – werden bis 2060

deutlich steigen. Dies unterstreicht, dass der Verkehrssektor mehr zur Wettbewerbsfähigkeit der EU beitragen muss.

Abbildung 5: Bevölkerungspyramiden in der EU-27, nach Altersgruppen und Geschlechtern (2008 und 2060)

Quelle: Europäische Kommission, Generaldirektion Wirtschaft und Finanzen, „2009 Ageing report“, European Economy, 2/2009. Quelle der Bevölkerungspyramide: Eurostat, Europop 2008.

Die demografische Herausforderung: steigende Bedürfnisse, weniger Mittel

0 05 510 1015 15 20 20

0

5000000

10000000

15000000

20000000

Age groups

EU-27: 2060 Population by age groups and sex

>9995-9990-9485-8980-8475-7970-7465-6960-6455-5950-5445-4940-4435-3930-3425-2920-2415-1910-14

5-90-4

Males Females

Millions

0 05 510 1015 1520 20

>9995-9990-9485-8980-8475-7970-7465-6960-6455-5950-5445-4940-4435-3930-3425-2920-2415-1910-14

5-90-4

Males FemalesAge groups

EU-27: 2008 Population by age groups and sex

Millions

EU-27: Bevölkerung 2008, nach Altersgruppen und Geschlechtern

Männer Altersgruppen Frauen

EU-27: Bevölkerung 2060, nach Altersgruppen und Geschlechtern

Männer Altersgruppen Frauen

Millionen Millionen

(23) EUA, Transport at a crossroads, EUA-Report Nr. 3/2009.(24) SEK(2009) 387, Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen zum Weißbuch „Anpassung an den Klimawandel:

Ein europäischer Aktionsrahmen“.(25) 4. Sachstandsbericht der internationalen Sachverständigengruppe für Klimaänderungen (IPCC), 2007.

15

W E G E Z U E I N E M I N T E G R I E R T E N , T E C H N O L O G I E O R I E N T I E R T E N U N D N U T Z E R F R E U N D L I C H E N S Y S T E M

30. Als unmittelbare Folge einer derartigen Veränderung wird

der Transportbedarf bei fossilen Brennstoffen zurückgehen,

die derzeit rund die Hälfte des Volumens im internationalen

Seeverkehr ausmachen (26).

3.5 Verstädterung

31. Der Trend zur Verstädterung war in den letzten Jahrzehn-

ten deutlich und wird den Prognosen zufolge andauern;

der Anteil der in Städten wohnenden EU-Bevölkerung soll

von 72 % im Jahr 2007 auf 84 % im Jahr 2050 ansteigen (27).

32. In der räumlichen Nähe von Menschen und Wirtschaftstä-

tigkeiten liegt eine Reihe von Vorteilen, die die Verstädte-

rung vorantreiben. In den letzten 50 Jahren übertraf das

Wachstum der städtischen Gebiete jedoch überall in

Europa den Anstieg der Wohnbevölkerung. Diese Ausdeh-

nung der Städte ist die größte Herausforderung für den

Nahverkehr, da sie mit einer stärkeren Nachfrage nach Indi-

vidualverkehr einhergeht und dadurch Staus und Umwelt-

probleme verursacht. Auf den Nahverkehr entfallen 40 %

der CO2-Emissionen und 70 % der Emissionen sonstiger

Schadstoffe im Straßenverkehr (28).

33. Die vor allem in Ballungsräumen und ihren Zugangswegen

auftretenden Staus verursachen durch Zeitverluste und

höheren Kraftstoffverbrauch enorme Kosten. Da die meis-

ten Güter- und Personentransporte ihren Ursprung oder

ihr Ende in städtischen Gebieten haben, sind Verkehrsüber-

lastungen in Städten auch mit negativen Auswirkungen

im Überlandverkehr verbunden. Für dichter besiedelte

Städte sind kollektive Verkehrsträger zwar besser geeignet,

die Verfügbarkeit von Land und die gesellschaftliche

Akzeptanz des Baus neuer Infrastrukturen für öffentliche

oder alternative Verkehrsträger stellen jedoch weiterhin

eine große Herausforderung dar.

3.6 Globale Trends von Belang für die europäische Verkehrspolitik

34. Neben der weiteren Vertiefung des Binnenmarktes wird

wahrscheinlich auch die Integration der EU mit Nachbar-

regionen (Osteuropa, Nordafrika) und in die Weltwirtschaft

anhalten. Begünstigt durch Liberalisierungsabkommen

und revolutionäre Entwicklungen in Verkehrs- und Kom-

munikationstechnologien (von Containern bis zur Satelli-

tenfunknavigation), die räumliche und zeitliche Barrieren

schwinden ließen, war der Trend zur Globalisierung in den

letzten Jahrzehnten sehr stark.

35. Obwohl wirtschaftliche Krisen und geopolitische Instabili-

tät diesen Prozess zeitweilig hemmen können, wird das

starke Wirtschaftswachstum vieler Entwicklungsländer eine

Fortsetzung der Globalisierung mit sich bringen. Der Ver-

kehr wird außerhalb Europas sehr viel stärker zunehmen

als in Europa, und der EU-Außenhandel und -verkehr dürf-

ten in den kommenden Jahren weiterhin rasch wachsen.

36. Im Jahr 2050 werden auf der Erde voraussichtlich mehr als

neun Milliarden Menschen leben (29). Dieser Bevölkerungs-

anstieg um circa ein Drittel gegenüber dem Niveau von 2009

(6,8 Milliarden Menschen) wird enorme Auswirkungen auf

die weltweit verfügbaren Ressourcen haben und das Ziel

der Errichtung eines nachhaltigen – d. h. weniger ressour-

cenintensiven – Verkehrssystems umso wichtiger machen.

37. Mehr Menschen und größerer wirtschaftlicher Wohlstand

bedeuten höhere Mobilität und höheres Verkehrsaufkom-

men. Einigen Studien zufolge wird die Zahl der weltweit

betriebenen Pkw von heute 700 Millionen bis 2050 auf

mehr als drei Milliarden ansteigen (30), was zu ernsthaften

Problemen in Bezug auf die Nachhaltigkeit führen wird,

sofern keine Umstellung auf emissionsarme und emissions-

freie Fahrzeuge erfolgt und kein neues Mobilitätskonzept

entwickelt wird.

(26) Der Anteil fossiler Brennstoffe an den weltweit im Seeverkehr beförderten Gütern beträgt circa 51 %, wovon 32 % auf Rohöl, 8 % auf Ölerzeugnisse und 11 % auf Kohle entfallen (auf Grundlage von Angaben für 2005 in Milliarden Tonnenmeilen, Quelle: Unctad).

(27) Vereinte Nationen, Abteilung für wirtschaftliche und soziale Angelegenheiten/Bevölkerung (2008), World Urbanization Prospects: The 2007 Revision.

(28) KOM(2007) 551.(29) Vereinte Nationen, Abteilung für Bevölkerung (2009), World Population Prospects: The 2008 Revision.(30) Siehe z. B. M. Chamon, P. Mauro und Y. Okawa (2008): „Mass car ownership in the emerging market giants“, Economic Policy,

Jg. 23, Nr. 54, S. 243-296.

16

38. Die europäische Verkehrspolitik ist darauf ausgerichtet,

ein nachhaltiges Verkehrssystem zu schaffen, das den wirt-

schaftlichen, sozialen und ökologischen Bedürfnissen der

Bürger gerecht wird und einer Gesellschaft ohne Ausgren-

zung in einem vollständig integrierten und wettbewerbs-

fähigen Europa förderlich ist. Vor dem Hintergrund der

oben erläuterten anhaltenden Trends und künftigen Her-

ausforderungen wird es darauf ankommen, eine steigende

Nachfrage nach „Zugänglichkeit“ in einem von zunehmen-

den Bemühungen um Nachhaltigkeit charakterisierten

Umfeld zu befriedigen. Die unmittelbarste Priorität scheint

dabei die bessere Integration der verschiedenen Verkehrs-

träger zu sein, um so die Gesamteffizienz des Verkehrssys-

tems zu verbessern und die Entwicklung und Einführung

innovativer Technologien zu beschleunigen. Dies muss im

Rahmen eines Konzepts geschehen, bei dem die Verkehrs-

nutzer und die Beschäftigten des Sektors mit ihren Bedürf-

nissen und Rechten im Mittelpunkt der Politikgestaltung

stehen. In den nachfolgenden Abschnitten werden die obi-

gen Prioritäten in operative Ziele umgesetzt, und es werden

sieben allgemeine politische Zielsetzungen vorgeschlagen.

4.1 Ein qualitativ hochwertiger und sicherer Verkehr

39. Der Verkehr ist der Schlüssel, der Zugang zu vielen Freihei-

ten bietet: die Freiheit, in verschiedenen Teilen der Welt zu

arbeiten und zu leben; die Freiheit, verschiedene Produkte

und Dienstleistungen zu nutzen; die Freiheit, Handel zu

treiben und persönliche Kontakte aufzubauen.

40. Das Verlangen nach diesen Freiheiten wird in der multikul-

turellen, heterogenen Gesellschaft der Zukunft mit engeren

Verbindungen zu anderen Regionen der Welt vermutlich

ansteigen. In einer alternden Gesellschaft, die vermutlich

nach mehr Sicherheit und Komfort im Verkehr verlangen

wird, muss der Zugang zu Gütern und Dienstleistungen

gewährleistet werden, zu einem Zeitpunkt, da der Verkehrs-

anstieg und die Spannungen im städtischen Umfeld dem

eher entgegenwirken.

41. Deshalb muss die Verbesserung der Gesamtqualität des

Verkehrs, darunter die persönliche Sicherheit, die Unfallver-

meidung und die Verringerung von Gesundheitsgefahren,

der Schutz der Passagierrechte und die Zugänglichkeit ent-

fernter Regionen, weiter vorrangiges Ziel der Verkehrspo-

litik sein. Die Straßenverkehrssicherheit gibt weiterhin

Anlass zur Besorgnis, und nach dem Auslaufen des Aktions-

programms für die Straßenverkehrssicherheit im Jahr 2010

müssen geeignete Überlegungen zu einer Strategie mit

Folgemaßnahmen angestellt werden, um zu gewährleisten,

dass die Zahl der Verkehrstoten auf den Straßen Europas

verringert wird. Die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten

im Verkehrssektor müssen insbesondere im Hinblick auf

Gefährdungen der Gesundheit und Sicherheit verbessert

werden.

42. Bei der Verbesserung der Sicherheit und Gefahrenabwehr

sollte dem Schutz der Privatsphäre und dem Datenschutz,

die im Zusammenhang mit den zu Überwachungs-, Regis-

trierungs- und Kontrollzwecken eingesetzten Instrumenten

ein wichtiges Thema sein können, entsprechende Beach-

tung zukommen.

43. Personen mit eingeschränkter Mobilität sollten bequeme

Verkehrslösungen zur Verfügung stehen. Infrastruktur muss

nach dem Grundsatz der allgemeinen Zugänglichkeit

gebaut, gewartet und modernisiert werden. Mehr Sicher-

heit in der städtischen Umwelt kann dazu führen, dass die

Bevölkerung in stärkerem Maße den öffentlichen Verkehr

oder das Fahrrad nutzt oder zu Fuß geht, was nicht nur mit

einer Verkehrsentlastung und geringeren Emissionen ver-

bunden wäre, sondern sich auch positiv auf die Gesund-

heit und das Wohlbefinden auswirken würde.

4 POLITISCHE ZIELE FÜR EINEN NACHHALTIGEN VERKEHR

17

W E G E Z U E I N E M I N T E G R I E R T E N , T E C H N O L O G I E O R I E N T I E R T E N U N D N U T Z E R F R E U N D L I C H E N S Y S T E M

4.2 Ein gut in Stand gehaltenes und vollständig integriertes Netz

44. Der Verkehr ist ein vernetzter Wirtschaftszweig mit mehre-

ren Komponenten: Infrastruktur, Knotenpunkte, Fahrzeuge

und Ausrüstungen, infrastrukturbezogene und bordeigene

IKT-Anwendungen, Netzdienste sowie operationelle und

administrative Verfahren. Die Fähigkeit, Personen und Güter

effektiv und effizient zu transportieren, hängt vorwiegend

davon ab, dass das Zusammenspiel dieser Komponenten

optimal funktioniert.

45. Eine bessere Nutzung der Netzkapazität und der relativen

Stärken der einzelnen Verkehrsträger würde einen erheb-

lichen Beitrag zur Stau- und Unfallvermeidung sowie zur

Verringerung der Schadstoff- und Lärmemissionen leisten.

Dazu müssen allerdings die Netze optimiert und als eine

Einheit betrieben werden, während derzeit die Netze der

einzelnen Verkehrsträger noch weitgehend getrennt funk-

tionieren und die grenzübergreifende Integration selbst

innerhalb derselben Verkehrsträger mangelhaft ist.

46. Im Hinblick auf den Personenverkehr wird insbesondere

die Integration des Luftverkehrs mit dem Hochgeschwin-

digkeitsschienenverkehr eine Entwicklung von zentraler

Bedeutung sein. Im Güterverkehr muss ein intelligentes

und integriertes Logistiksystem verwirklicht werden, wobei

die Entwicklung von Häfen und intermodalen Terminals

ein Schlüsselelement ist. Schließlich wird aufgrund des

oben beschriebenen Trends zur Verstädterung im Nahver-

kehr eine Verlagerung auf umweltfreundlichere Verkehrs-

träger besonders wichtig werden.

47. Die Infrastruktur sollte stets gut gewartet sein, und Verbes-

serungsmaßnahmen sollten koordiniert werden. Dies ver-

ringert die Unfallhäufigkeit, senkt die Betriebskosten und

vermeidet Staus, Lärm- und Schadstoffemissionen. Neue

Infrastruktur sollte mit Blick auf die Maximierung des sozio-

ökonomischen Nutzens unter Berücksichtigung von Exter-

nalitäten und Auswirkungen auf das Gesamtnetz geplant

und ihre Priorität nach diesen Gesichtspunkten bestimmt

werden.

4.3 Ein ökologisch nachhaltigerer Verkehr

48. Die Verfolgung der Ziele der EU-Strategie für nachhaltige

Entwicklung und die Verringerung der Umweltauswirkun-

gen des Verkehrs erfordern Fortschritte beim Erreichen

einer Reihe umweltpolitischer Ziele. Ein sparsamerer

Umgang mit endlichen Ressourcen ist von zentraler Bedeu-

tung für alle Aspekte des Verkehrssystems und seiner Nut-

zung. Die unerwünschten Umweltauswirkungen des

Verkehrs werden weitere Maßnahmen insbesondere

in Bezug auf die Lärmbelastung sowie die Luftschadstoff-

und Treibhausgasemissionen erforderlich machen. Das

Gemeinschaftsrecht enthält Vorschriften für viele dieser

Bereiche, die jedoch in Zukunft überprüft und aktualisiert

werden müssen.

49. Im Hinblick auf einige Aspekte sind angesichts der langen

Vorlaufzeiten von Veränderungen langfristige Strategien

notwendig, um den verschiedenen Marktakteuren Pla-

nungssicherheit zu geben. Bei der Konzeption des künfti-

gen Verkehrssystems sollte allen Aspekten der Nachhaltigkeit

Rechnung getragen werden. Dies betrifft den Verkehrs-

betrieb (Schadstoffemissionen, Lärm) ebenso wie die

Bereitstellung von Infrastruktur (Landschaftsverbrauch, bio-

logische Vielfalt).

Die Schaffung eines Hochgeschwindigkeitsschienennetzes und das Angebot vieler

neuer Flugziele zu erschwinglichen Preisen haben Menschen und Regionen aus der

gesamten EU näher zusammengeführt. U-Bahnen, Straßenbahnen und Busse in

eigenen Busspuren haben außerdem den öffentlichen Nahverkehr schneller und

bequemer gemacht, und es gibt immer mehr Radwege und Fußgängerzonen, sodass

Kurzstrecken einfacher bewältigt werden können. Bei der Integration der verschiede-

nen Verkehrsträger besteht jedoch noch Verbesserungspotenzial, denn statt nahtlosen

Übergängen kommen auf die Fahrgäste beim Umsteigen lange Wartezeiten und

andere Unannehmlichkeiten zu. Wenn Fernreisende an ihrem Ziel ankommen, sind

sie auf Nahverkehrssysteme angewiesen, die ihnen kaum bekannt sind. Multimodale

Bahnhöfe, wo die Fahrgäste bequem zwischen Verkehrsträgern umsteigen können

und schnell Informationen erhalten, und die zudem sicher und komfortabel sind,

ersparen den Fahrgästen Zeit und machen den öffentlichen Verkehr somit attraktiver.

Ein integriertes und nutzerfreundliches System: Die Verkehrsknoten beachten!

18

E I N E N A C H H A L T I G E Z U K U N F T F Ü R D E N V E R K E H R

4.4 Wahrung der Führungsstellung der EU bei Verkehrsdiensten und -technologien

50. Die technologische Innovation wird eine wichtige Trieb-

kraft bei der Bewältigung der im Verkehrssektor anstehen-

den Herausforderungen sein. Moderne Technologien

werden den Passagieren neue und bequemere Dienste

bringen, die Sicherheit verbessern und die Umweltaus-

wirkungen verringern. „Weiche“ Infrastrukturen wie mit

Satellitenunterstützung (Galileo) arbeitende intelligente

Systeme für den Straßenverkehr (IVS) (31) und Verkehrsma-

nagementsysteme für den Schienenverkehr (ERTMS) (32)

und den Luftverkehr (SESAR) (33) im Rahmen des einheitli-

chen europäischen Luftraums können die Nutzung der

Netze optimieren und die Sicherheit verbessern; durch

innovative Fahrzeugtechnologie können die Emissionen

gesenkt, die Abhängigkeit vom Erdöl verringert und der

Komfort gesteigert werden.

51. Die Entwicklung technologischer Lösungen für nachhal-

tigen Verkehr ist auch für die Förderung von Wachstum

und Beschäftigung bedeutsam. Die Bevölkerungsalte-

rung könnte die Wettbewerbsposition Europas in der

Weltwirtschaft und seine Fähigkeit zur Wahrung eines

hohen Lebensstandards gefährden. Um dieser Herausfor-

derung begegnen zu können, wird insbesondere die Pro-

duktivität der EU-Wirtschaft gesteigert werden müssen,

namentlich durch Gewährleistung eines effizienten Ver-

kehrssystems und durch höhere FuE-Investitionen.

52. Europa ist in vielen Teilbereichen des Verkehrs weltweit füh-

rend, darunter Infrastruktur, Fahrzeugbau, Verkehrsdienste

und Logistik. Angesichts der erwarteten Verschärfung des

weltweiten Wettbewerbs sind die Wahrung und der Ausbau

dieser Führungsstellung ein zentraler Faktor für den Erhalt

der Wettbewerbsfähigkeit der EU insgesamt und bieten der

europäischen Verkehrsindustrie die Gelegenheit, neue und

expandierende Märkte zu bedienen.

4.5 Schutz und Entwicklung des Humankapitals

53. Das Verkehrssystem wird infolge der weiteren Marktöff-

nung und Innovation einen erheblichen Wandel erfahren.

Die Wettbewerbsfähigkeit der EU-Wirtschaft und die

Zu den IVS-Anwendungen im Straßenverkehr gehören die elektronische Maut, die dynamische Verkehrssteuerung mit

variablen Geschwindigkeitsbegrenzungen, Parkleit- und Reservierungssysteme, Navigationsgeräte und Fahrerunterstüt-

zungssysteme wie die elektronische Stabilitätskontrolle und Spurwechselwarnsysteme.

Dank IVS:

• profitiert das Transportgewerbe von integrierten IVS-Systemen wie dem Navigationssystem, dem digitalen

Fahrtenschreiber, dem Flotten- und Frachtmanagement und der elektronischen Mautabrechnung;

• erfolgt die Mautzahlung vollautomatisch. Dadurch braucht an der Mautstelle nicht mehr angehalten zu werden;

• übermittelt ein Unfallfahrzeug seinen via Satellitenpositionierung bestimmten genauen Standort über ein

Kommunikationsnetz an eine Notfallzentrale;

• helfen Echtzeit-Verkehrsinformationen für Autofahrer, Staus zu vermeiden sowie Engpässe und Emissionen

zu verringern. Auf längere Sicht werden Fahrzeuge untereinander und mit der Infrastruktur kommunizieren.

Die Einführung intelligenter Verkehrssysteme in Europa muss in koordinierter Weise vorangetrieben werden, und es

müssen europäische Normen festgelegt werden. Dies ist die Hauptrichtung des „Aktionsplans zur Einführung intelligenter

Verkehrssysteme in Europa“ der Europäischen Kommission, der am 16. Dezember 2008 angenommen wurde. Der Plan

zielt darauf ab, den Straßenverkehr und seine Schnittstellen mit anderen Verkehrsträgern umweltfreundlicher, effizienter

und sicherer zu machen.

Wege zu einem intelligenten technologieorientierten Verkehrssystem (IVS): bequemes und sicheres Reisen

(31) KOM(2008) 886 und KOM(2008) 886/2.(32) KOM(2005) 903.(33) Entscheidung 2009/820/EG des Rates.

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W E G E Z U E I N E M I N T E G R I E R T E N , T E C H N O L O G I E O R I E N T I E R T E N U N D N U T Z E R F R E U N D L I C H E N S Y S T E M

Überlebensfähigkeit der Verkehrsunternehmen werden

von der Fähigkeit zur Anpassung an die Innovation und

neue Markterfordernisse abhängen. Wettbewerb und Inno-

vation haben sich positiv auf den Arbeitsmarkt im Verkehrs-

sektor ausgewirkt. In einigen Segmenten werden jedoch

aufgrund der Anpassung an ein grundlegend neues öko-

nomisches und energiewirtschaftliches Umfeld Arbeits-

plätze verschwinden. Es muss sichergestellt werden, dass

Europa sich auf diesen Wandel gründlich vorbereitet und

ihn aktiv gestaltet, so dass die neuen Bedingungen neue

Arbeitsplätze mit sich bringen und die Beschäftigten sich

an dem Prozess beteiligen und darauf reagieren können.

Dies kann auf unterschiedliche Weise geschehen, zum Bei-

spiel durch Information und Konsultation der Beschäftig-

ten, sozialen Dialog, frühzeitige Ermittlung von Defiziten an

qualifizierten Arbeitskräften (34) sowie Fortbildung, und

indem sichergestellt wird, dass jegliche Umstrukturierung

sozialverträglich erfolgt. Soziale Sicherung und öffentliche

Dienste könnten ein Auffangnetz zur Erleichterung der nöti-

gen Anpassungen bilden. Aspekte der Gleichberechtigung

sollten ebenfalls berücksichtigt werden, um Frauen den

Zugang zu Beschäftigungsmöglichkeiten im Verkehrssektor

zu eröffnen.

54. Ferner ist sicherzustellen, dass die Arbeitsbedingungen

gewahrt und erforderlichenfalls verbessert werden. Unter-

schiede zwischen den Mitgliedstaaten in Bezug auf die

Arbeitnehmerrechte und sozialen Bedingungen sollten

nicht zu einer Nivellierung nach unten führen und mit der

zunehmenden grenzüberschreitenden Mobilität der Trans-

portarbeiter zu einem Wettbewerbsfaktor werden.

4.6 Verkehrssteuerung durch intelligente Preisbildung

55. Wie in jedem anderen Wirtschaftssektor ist auch im Verkehr

wirtschaftliche Effizienz nur dann möglich, wenn die Preise

alle von den Nutzern tatsächlich verursachten – internen

und externen – Kosten widerspiegeln. Preise, die die rela-

tive Knappheit von Gütern oder Dienstleistungen wider-

spiegeln, vermitteln den Wirtschaftsakteuren wesentliche

Informationen. Bessere Preissignale wären für das Verkehrs-

system besonders vorteilhaft. Eine Preisdifferenzierung

zwischen der Straßennutzung zu Stoßzeiten gegenüber

der Nutzung außerhalb der Hauptverkehrszeiten ist selten.

Auch gibt es keine wirtschaftlichen Anreize für die Nutzung

von Fahrzeugen mit geringeren Lärmemissionen und

von Verkehrsträgern mit höherer Sicherheit und besserer

Umweltverträglichkeit.

56. Die Verkehrsunternehmen und Bürger sind nicht immer in

der Lage, aus mehreren Transportalternativen die volkswirt-

schaftlich und ökologisch beste Option auszuwählen, bei

einer korrekten Anlastung der externen Kosten sämtlicher

Verkehrsträger und Verkehrsmittel würden sie jedoch mit

der Entscheidung für die billigere Lösung automatisch die

richtige Wahl treffen.

57. Das nächste Jahrzehnt wird für das Verkehrssystem wahr-

scheinlich ein Jahrzehnt des Übergangs werden. Neue

Praktiken und Technologien werden eingeführt und lang-

fristige Investitionen, zum Beispiel in Infrastruktur, werden

getätigt werden. Mit den Konsequenzen der dabei getrof-

fenen Entscheidungen wird Europa lange leben müssen.

Es ist deshalb von größter Bedeutung, dass diese Entschei-

dungen sich an korrekten Preissignalen orientieren.

4.7 Planung mit Blick auf den Verkehr: Verbesserung der Zugänglichkeit

58. Die Einführung eines Systems zur gerechten Kostenanlas-

tung wird dazu beitragen, dass Transportkosten bei Stand-

ortentscheidungen besser berücksichtigt werden. Doch

selbst dann besteht die Gefahr, dass den Transportkosten

von den Planern nicht angemessen Rechnung getragen

und die Verfügbarkeit billiger Transportlösungen als selbst-

verständlich vorausgesetzt wird.

59. Viele öffentliche Dienste wurden im Bestreben nach Effizi-

enzsteigerung zunehmend zentralisiert. Die Entfernungen

zwischen dem Wohnort der Bürger und dem Standort der

Dienstleister (Schulen, Krankenhäuser, Einkaufszentren

usw.) nahmen zu. Auch Unternehmen sind diesem Trend

gefolgt und haben die Anzahl der Produktionsstätten,

Lager und Vertriebszentren verringert. Die Tendenz zur

Konzentration von Tätigkeiten hatte wegen einer Ver-

schlechterung der Zugangsbedingungen „Zwangsmobili-

tät“ in großem Umfang zur Folge.

60. Behörden und Unternehmen sollten bei Flächennutzungs-

plänen bzw. Standortentscheidungen berücksichtigen,

welche Folgen für den Mobilitätsbedarf von Kunden und

Beschäftigten und für den Transportbedarf von Gütern sich

aus ihren Entscheidungen ergeben. Eine gründliche Planung

dürfte auch die nahtlose Integration der verschiedenen

Verkehrsträger erleichtern.

61. Der Transportbedarf kann auch durch zunehmende „virtu-

elle“ Zugänglichkeit mit Hilfe der Informationstechnologie

(Telearbeit, Online-Behörden- und Gesundheitsdienste

usw.) verringert werden. Belege für die Effizienz dieser Ver-

fahren liegen zwar nur in begrenztem Umfang vor, sie

scheinen jedoch ein erhebliches und bislang unerschlos-

senes Potenzial als Ersatz für physische Mobilität zu bergen.

Andererseits könnte bessere Erreichbarkeit ein Anreiz sein,

den Wohnort in weiterer Entfernung von der Arbeitsstätte

zu wählen oder Unternehmenstätigkeiten räumlich zu

streuen. Das könnte im Ergebnis zu weniger, aber längeren

arbeitsbedingten Fahrten führen. Auf jeden Fall hat Telear-

beit den großen Vorteil, dass sie Flexibilität in Bezug auf den

Zeitpunkt von Ortswechseln verschafft und somit erheblich

zur Stauvermeidung beiträgt (35).

(34) Siehe Mitteilung der Kommission „Neue Kompetenzen für neue Beschäftigungen: Arbeitsmarkt- und Qualifikationserfordernisse antizipieren und miteinander in Einklang bringen“, KOM(2008) 868.

(35) TRANSvisions: „Report on Transport Scenarios with a 20 and 40 Year Horizon“, http://ec.europa.eu/transport/strategies/doc/2009_future_of_transport/20030331_transvisions_task_1_final_report.pdf

20

E I N E N A C H H A L T I G E Z U K U N F T F Ü R D E N V E R K E H R

62. Während im obigen Abschnitt die allgemeinen Ziele der

künftigen Verkehrspolitik vorgestellt werden, enthält die-

ser Abschnitt eine Reihe von Empfehlungen dazu, wie die

verfügbaren politischen Instrumente eingesetzt werden

könnten, um diese Ziele zu erreichen und Nachhaltigkeit

zu verwirklichen.

5.1 Infrastruktur: Instandhaltung, Entwicklung und Integration der modalen Verkehrsnetze

63. Das optimale Funktionieren des Verkehrssystems setzt

die vollständige Integration und Interoperabilität der ein-

zelnen Teile des Gesamtnetzes sowie den Verbund der

jeweiligen modalen Netze voraus. Von entscheidender

Bedeutung für die Verwirklichung dieses Ziels sind die Kno-

tenpunkte, die die Logistikzentren des Netzes darstellen

und für den Güter- wie den Personenverkehr Anschluss-

und Wahlmöglichkeiten bieten. Intermodale Anlagen und

Umschlagplattformen sollten dort gefördert und entwi-

ckelt werden, wo ein Potenzial für die Konsolidierung und

Optimierung der Personen- und Güterströme besteht. Dies

wird typischerweise in Gebieten mit hohem Passagier- und

Güterverkehrsaufkommen (also in Städten) und an den

Schnittstellen von Korridoren mit hohem Verkehrsvolumen

der Fall sein.

64. Ein Ausbau der Infrastruktur mit den richtigen Schwerpunk-

ten wird dazu beitragen, Staus und Zeitverluste zu vermei-

den. Diesbezüglich müssen die Infrastruktur sorgfältig

geplant und die Prioritäten mit Blick auf eine Optimierung

der Verkehrsketten und des Gesamtnetzes gesetzt werden.

Neben der Beseitigung von Engpässen wird der Ermittlung

von grünen Korridoren zur Verringerung von Staus und

Umweltverschmutzung wesentliche Bedeutung zukommen.

Zu den wichtigsten Infrastrukturprojekten auf diesem Gebiet

gehören die europäischen globalen Satellitennavigations-

systeme (Galileo und EGNOS), welche die konventionellen

Netze ergänzen und deren Nutzung optimieren werden.

65. Unter Nutzung der bei der Anwendung der Richtlinien über

die strategische Umweltprüfung und die Umweltverträg-

lichkeitsprüfung (36) gewonnenen Erfahrungen sollten bei

der Bewertung von Infrastrukturprojekten verkehrsträger-

und möglichst auch länderübergreifend gemeinsame

Methoden und ähnliche Annahmen zu Grunde gelegt

werden (37). Dazu werden einheitliche Daten und Indikato-

ren benötigt, vor allem in Bezug auf Staus und das Ver-

kehrsaufkommen. Dies wird es erleichtern, Projekte auf der

Grundlage vergleichbarer Kosten-Nutzen-Verhältnisse und

unter Berücksichtigung sämtlicher wichtiger Gesichtspunkte

– sozioökonomische Auswirkungen, Kohäsionsbeitrag und

Auswirkungen auf das Gesamtnetz – auszuwählen.

66. Neue Infrastruktur ist teuer; durch die optimale Nutzung

bestehender Anlagen kann mit geringerem Ressourcen-

aufwand bereits viel erreicht werden. Dies erfordert eine

ordnungsgemäße Verwaltung, Instandhaltung, Erweite-

rung und Instandsetzung des großen Infrastrukturnetzes,

das Europa bislang einen Wettbewerbsvorteil verschafft

hat. Die Modernisierung bestehender Infrastruktur – unter

anderem durch intelligente Verkehrssysteme – ist in vielen

Fällen der preisgünstigste Weg, die Leistungsfähigkeit des

Gesamtsystems zu steigern.

67. Bislang wurde Infrastruktur überwiegend zur gemeinsa-

men Nutzung durch den Personen- und Güterverkehr kon-

zipiert, doch haben die zunehmenden Verkehrsströme und

die damit einhergehenden Staus insbesondere in Städten

5 POLITIK IM INTERESSE NACHHALTIGEN VERKEHRS AUF VERSCHIEDENEN GEBIETEN

(36) Richtlinien 2001/42/EG über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme und 85/337/EWG über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten in der durch die Richtlinien 97/11/EG und 2003/35/EG geänderten Fassung.

(37) In diesem Zusammenhang wird die Kommission, wie in der Mitteilung („Blaubuch“) über integrierte Meerespolitik für die Europäische Union [KOM(2007) 575] vorgesehen, Umweltleitlinien für den Hafenausbau annehmen.

21

W E G E Z U E I N E M I N T E G R I E R T E N , T E C H N O L O G I E O R I E N T I E R T E N U N D N U T Z E R F R E U N D L I C H E N S Y S T E M

und deren Umfeld zu Reibungen zwischen Personen- und

Güterverkehr geführt. Sofern die Verkehrsvolumina dies

rechtfertigen, sollte die Möglichkeit der Bereitstellung

spezifischer Personen- und Güterverkehrsinfrastrukturen

– entweder in Form von Güterverkehrskorridoren oder

durch die Festlegung „intelligenter“ Vorfahrtsregeln – in

Betracht gezogen werden. Generell kann eine effizientere

Infrastrukturnutzung dann erzielt werden, wenn die Nut-

zerprofile (im Hinblick auf Ladung, Geschwindigkeit usw.)

ähnlich sind.

68. Wegen der langen Küsten und zahlreichen Häfen Europas

ist die Seeschifffahrt eine wertvolle Alternative zum Land-

verkehr. Die vollständige Verwirklichung des europäischen

Seeverkehrsraums ohne Grenzen (38) und der Strategie für

die Seeverkehrspolitik der EU bis 2018 (39) können dazu füh-

ren, dass die „Meeresautobahnen“ Realität werden und das

Potenzial des innereuropäischen Kurzstreckenseeverkehrs

ausgeschöpft wird. Logistikbetriebe, die Synergien zwischen

See- und Schienenverkehr und/oder Binnenschifffahrt nut-

zen, weisen ebenfalls ein großes Entwicklungspotenzial auf.

69. Bei der Beaufsichtigung komplexer Transportketten mit

mehreren Beteiligten und bei der Unterrichtung der Ver-

kehrsnutzer über verfügbare und alternative Optionen

sowie mögliche Störungen sind Informationssysteme von

zentraler Bedeutung. Ladepapiere, Fahr- und Flugscheine

sollten unter Gewährleistung des Schutzes personenbezo-

gener Daten elektronisch und multimodal ausgestellt wer-

den. Über die gesamte Transportkette hinweg sollten

Haftungsfragen, die Streitbeilegung und die Behandlung

von Beschwerden geklärt und vereinfacht werden. Es soll-

ten IKT-Lösungen zur Unterstützung einer besseren Verwal-

tung und Integration von Verkehrsströmen entwickelt

werden.

5.2 Finanzierung: Mobilisierung der Ressourcen für einen nachhaltigen Verkehr

70. Der Übergang zu einer Wirtschaft mit geringer Kohlenstoff-

intensität wird eine grundlegende Überholung des Ver-

kehrssystems notwendig machen. Dies erfordert eine gut

koordinierte Finanzierung, auch wenn der damit verbun-

dene erhebliche Mittelbedarf schwer zu decken sein wird:

Der Belastung der öffentlichen Haushalte durch die derzei-

tige Wirtschaftskrise dürfte eine anschließende Phase der

Haushaltskonsolidierung folgen. Die Bevölkerungsalterung

wird zunehmend Mittel der öffentlichen Hand für Renten

und das Gesundheitswesen binden.

Auf Langstrecken haben die Eisenbahn, die See- und die

Binnenschifffahrt bessere CO2-Bilanzen als der Straßenver-

kehr. Der Seeverkehr ist wegen der hohen Ladekapazitäten

das Verkehrsmittel mit der besten Energieeffizienz.

Im Seeverkehr gelten Fahrten von einem Hafen in einem

EU-Mitgliedstaat zu einem anderen stets als ein Verlassen des

EU-Zollgebiets. Daher gelten für den Güterverkehr auf See

komplexe administrative Verfahren, die seine Attraktivität

gegenüber der Straße und anderen Verkehrsträgern schmä-

lern. Der europäische Seeverkehrsraum ohne Grenzen ist ein

Konzept, das den Binnenmarkt auf den innereuropäischen

Seeverkehr ausweitet, indem administrative Verfahren

wegfallen oder vereinfacht werden. Um dieses Konzept

umzusetzen, hat die Europäische Kommission eine Reihe

von Maßnahmen ermittelt, die in der Mitteilung zur „Errich-

tung eines europäischen Seeverkehrsraums ohne Grenzen“

beschrieben sind.

Ausweitung des Binnenmarkts auf die an die EU angrenzenden Meere

(38) KOM(2009) 10 und KOM(2009) 11.(39) „Strategische Ziele und Empfehlungen für die Seeverkehrspolitik der EU bis 2018“, KOM(2009) 8.

22

E I N E N A C H H A L T I G E Z U K U N F T F Ü R D E N V E R K E H R

LU PL SI CZ DK SE HU IT PT EE DE SK UK NL MT CY LV FI AT LT FR ES BE EL IE EU-250,0 %

0,5 %

1,0 %

1,5 %

2,0 %

2,5 %

Other energy tax

Transport fuel tax

71. Der Verkehr generiert erhebliche Einnahmen für die

öffentlichen Haushalte. Allein die Energiebesteuerung –

überwiegend in Form von Verbrauchsteuern auf die im Stra-

ßenverkehr verwendeten Kraftstoffe für private Pkw – stellt

1,9 % des BIP dar; weitere 0,6 % des BIP werden in Form von

Kraftfahrzeugsteuern eingenommen (40). Neben den Steu-

ern werden Maut und Infrastruktur-Nutzungsgebühren

erhoben. Die Verkehrsnutzer entrichten daher bereits einen

erheblichen Betrag, aber der von ihnen gezahlte Preis hat

häufig nur wenig mit den tatsächlichen Kosten zu tun, die

sie durch ihre Wahl der Gesellschaft auferlegen.

72. Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur werden vorwiegend

mit öffentlichen Mitteln finanziert, die oftmals auch mehr als

50 % der Betriebskosten öffentlicher Verkehrsdienste decken.

Neben der Erhebung von Nutzungsgebühren ist der Ein-

satz von Mitteln der öffentlichen Hand auf der Grundlage

eines allgemeineren sozioökonomischen Nutzens (z. B.

regionale Entwicklung, öffentliche Güter) gerechtfertigt.

Dieser Nutzen sollte durch Projektbewertungsmethoden

erfasst werden, die zunehmend auf EU-Ebene zu harmo-

nisieren sind. Die Gesamtsumme der Infrastrukturkosten

im Straßenverkehr, also Festkosten zuzüglich Instandhal-

tung, werden auf circa 1,5 % des BIP geschätzt (41).

73. Den verfügbaren Schätzungen zufolge, die sich auf den

Straßenverkehr beziehen, erreichen die üblicherweise

anfallenden externen Kosten 2,6 % des BIP (42). Diese Kos-

ten werden in der Regel von allen Bürgern getragen, mit-

hin nicht in einer Art und Weise, die unmittelbar mit den

Externalitäten verknüpft ist – die Anreizwirkung und die

Vorteile von Preissignalen entfallen daher. Das im EG-

Vertrag verankerte Verursacherprinzip (43) wird nicht in

allen Fällen eingehalten.

74. Die Kommission hat im letzten Jahr eine schrittweise Stra-

tegie für die Internalisierung externer Kosten bei allen Ver-

kehrsträgern (44) vorgeschlagen, worin u. a. erwogen wird,

den Luftverkehr ab 2012 in den Handel mit Emissionsrech-

ten einzubeziehen (45) und Internalisierungsgebühren für

schwere Nutzfahrzeuge einzuführen. Diese Strategie sollte,

wo dies zweckmäßig ist, durch Maßnahmen der Mitglied-

staaten und internationaler Organisationen ergänzt werden,

um zu gewährleisten, dass die den Nutzern angelasteten

2007 machten die Einnahmen aus Umweltsteuern in der EU-27 2,5 % des BIP und 6,2 % der gesamten EU-Steueraufkom-

mens aus. (*) Umweltsteuern können in vier große Kategorien eingeteilt werden: Energie (1,8 % des BIP), Fahrzeugsteuern

(0,6 % des BIP) und Besteuerung von Ressourcennutzung und Umweltbelastung (zusammen 0,1 % des BIP). Energiesteuern

werden vorwiegend durch die Besteuerung insbesondere im Straßenverkehr verwendeter Kraftstoffe erhoben. Dies wird in

Abbildung 6 verdeutlicht, in der das Verhältnis von Energiesteueraufkommen zum BIP je Mitgliedstaat und der jeweilige Anteil

der Kraftstoffsteuern gezeigt wird. In diesem Fall liegen nur Zahlen aus den EU-25 vor; das Kraftstoffsteueraufkommen hatte

ein Volumen von 1,5 % des BIP, während das gesamte Energiesteueraufkommen 1,8 % des BIP ausmachte.

Abbildung 6: Energiesteueraufkommen je Mitgliedstaat, 2007 (in % des BIP)

Quelle: Taxation trends in the European Union (Europäische Kommission, GD Steuern und Zollunion; Eurostat, 2009).

(*) Die Daten wurden erst nach der Annahme der Mitteilung veröffentlicht; daher die leichte Abweichung von den Zahlen im Haupttext.

Umweltsteuern: der Beitrag des Verkehrs

Sonstige Energiesteuern

Kraftstoffsteuern

(40) Eurostat (2008): Taxation trends in the European Union, Ausg. 2008. Europäische Kommission: „Verbrauchsteuertabellen, Steuererträge – Energieerzeugnisse und elektrischer Strom“, Juli 2008.

(41) Siehe UNITE-Projekt für das RP5, C. Nash u. a., ITS University of Leeds. (42) Ib. Die Berechnung schließt die Kosten von Staus, Unfällen, Luftverschmutzung, Lärm und globaler Erwärmung ein.(43) Artikel 174 Absatz 2 EG-Vertrag.(44) KOM(2008) 435.(45) Zum Luftverkehr legte die Kommission 2006 einen Vorschlag vor; die daraus resultierende Richtlinie wurde im

November 2008 angenommen.

23

W E G E Z U E I N E M I N T E G R I E R T E N , T E C H N O L O G I E O R I E N T I E R T E N U N D N U T Z E R F R E U N D L I C H E N S Y S T E M

Kosten bei allen Verkehrsträgern und -mitteln die jewei-

ligen Externalitäten einschließen. Die Entwicklung der

dafür notwendigen Technologien, z. B. On-Board-Units

und GPS-Anwendungen für die Mauterhebung, werden die

Durchführung dieser Strategie in der Zukunft erleichtern.

Internalisierungsgebühren werden zur Ergänzung der

Einnahmen aus der Energiebesteuerung wahrscheinlich

in jedem Fall notwendig werden, da die Verbrauchsteuer-

erträge aus Erdölerzeugnissen mit der zunehmenden Ver-

breitung von Fahrzeugen, die alternative Energiequellen

nutzen, zurückgehen dürften.

75. Es ist vorhersehbar, dass der Verkehrssektor sich finanziell

auch in Bezug auf die Infrastruktur zunehmend selbst tragen

muss. Gebühren für die Nutzung überlasteter Infrastruk-

turabschnitte, welche die Kosten der Infrastrukturknapp-

heit widerspiegeln, können einen guten Hinweis auf

zusätzlichen Kapazitätsbedarf geben und Finanzmittel

für den Ausbau der Infrastruktur oder für alternative Ver-

kehrslösungen mobilisieren.

5.3 Technologie: Beschleunigung des Übergangs zu einer Gesellschaft mit geringer Kohlenstoffintensität und Führungsstellung bei der globalen Innovation

76. Wissenschaft und Industrie bemühen sich bereits intensiv

um Lösungen für Fragen der Verkehrssicherheit, Ölabhän-

gigkeit, Fahrzeugemissionen und Netzüberlastung. Ange-

sichts der aufgezeigten Trends bei der Entwicklung der

Weltbevölkerung und des weltweiten Fahrzeugbestands

sind eine technologische Umstellung auf emissionsarme und

emissionsfreie Fahrzeuge sowie die Entwicklung alternativer

Lösungen für einen nachhaltigen Verkehr dringend notwen-

dig. Europa muss einer nachhaltigen Mobilität den Weg

ebnen und nach Möglichkeit Lösungen bieten, die weltweit

funktionieren und in andere Regionen exportiert werden

können.

77. Mit Blick auf vielversprechende Technologien müssen die

nötigen Rahmenbedingungen für deren kommerzielle Ver-

wertung von der Politik geschaffen werden, ohne dass eine

bestimmte Technologie in unbilliger Weise bevorzugt wird.

Dies erfordert insbesondere die Festlegung offener Stan-

dards, die Gewährleistung von Interoperabilität, die Anhe-

bung der FuE-Ausgaben für Technologien, die noch nicht

marktreif sind, die Errichtung eines klaren Rechts- und Rege-

lungsrahmens (z. B. für Haftungsfragen und den Schutz der

Privatsphäre) sowie die Förderung bewährter Verfahren.

78. Das wichtigste Politikinstrument wird wahrscheinlich die

Normung sein. Der Übergang zu einem neuen und integ-

rierten Verkehrssystem wird nur dann rasch und erfolgreich

verlaufen, wenn offene Standards und Normen für neue

Infrastrukturen und Fahrzeuge sowie andere notwendige

Anlagen und Ausrüstungen eingeführt werden. Die Nor-

mung sollte auf interoperable, sichere und nutzerfreundli-

che Ausrüstungen abzielen. Dies ist nicht nur für den

Binnenmarkt von Bedeutung, sondern auch für die Förde-

rung europäischer Normen auf internationaler Ebene. Die

Entwicklung intelligenter Verkehrssysteme oder alternati-

ver Antriebstechniken für Fahrzeuge könnte ein ähnlicher

Erfolg werden wie die Mobiltelefontechnologie. Allerdings

müssen die politischen Entscheidungsträger gewährleisten,

dass mit der Festlegung von Normen keine Markteintritts-

barrieren und Hindernisse für die Entwicklung alternativer

Technologien aufgestellt werden.

Aller Voraussicht nach werden im 21. Jahrhundert Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor

von Elektrofahrzeugen wie z. B. Brennstoffzellenfahrzeugen abgelöst. Brennstoffzellen-

fahrzeuge sind Elektrofahrzeuge, die ihren eigenen Strom aus Wasserstoff erzeugen

können. Ob die Fahrzeuge über die Steckdose aufgeladen werden oder mit Brennstoff-

oder Solarzellen selbst Strom erzeugen, ist schwer vorauszusagen. Diese Fahrzeuge sind

so ökologisch wie der Strom oder der Wasserstoff, den sie verbrauchen. Daher sollte

der Strom im Idealfall aus erneuerbaren Quellen wie Wind oder Geothermie stam-

men. Beide Fahrzeugarten haben jedoch ein Speicherproblem, sei es bzgl. des Stroms

in Batterien oder des Wasserstoffs in Tanks.

Zurzeit sind Elektro- und Brennstoffzellenfahrzeuge im Vergleich zu ihrer Leistung immer noch teuer. Während sich die

Lücke zwischen Kosten und Wettbewerbsfähigkeit dank der Forschung langsam schließt, lassen sich auch Verbrennungs-

motoren verbessern, indem die von ihnen verbrauchten fossilen Brennstoffe durch Biokraftstoffe ergänzt werden.

Die europäische Initiative für umweltfreundliche Kraftfahrzeuge beschäftigt sich mit fünf Forschungsschwerpunkten:

Elektro- und Hybridfahrzeuge, Wasserstoff-Brennstoffzellen, Biokraftstoffe, Verbesserungen an Verbrennungsmotoren und

Logistik. Die im Rahmen dieser Initiative bereitgestellten Mittel stammen vor allem aus Zuschüssen aus dem Siebten

Forschungsrahmenprogramm der EU (1 Mrd. EUR) und Darlehen der Europäischen Investitionsbank (4 Mrd. EUR). Außerdem

erhält die Gemeinsame Technologieinitiative „Brennstoffzellen und Wasserstoff“ Mittel der EU und des privaten Sektors,

um die Entwicklung und eine breit angelegte Markteinführung dieser zwei neuartigen Technologien voranzutreiben.

Ein technologieorientiertes energieeffizientes Verkehrssystem: von Öl zu Strom

24

E I N E N A C H H A L T I G E Z U K U N F T F Ü R D E N V E R K E H R

79. Ein weiteres politisches Instrument ist die Förderung von

Investitionen in FuE im Interesse nachhaltiger Mobilität,

zum Beispiel durch die europäische Initiative für umwelt-

freundliche Kraftfahrzeuge („Green Cars“) (46) und gemein-

same Technologieinitiativen (47). Neue Verkehrssysteme

und Fahrzeugtechnologien werden zunächst als Demons-

trationsprojekte verwirklicht werden müssen, um ihre

Durchführbarkeit und wirtschaftliche Lebensfähigkeit zu

prüfen. Staatliche Unterstützung wäre auch in den ver-

schiedenen Entwicklungsphasen der Infrastruktur für die

neuen Fahrzeuge (zum Beispiel intelligente Netze für

die Versorgung mit Strom oder Wasserstoff ) notwendig.

Es muss noch sehr viel getan werden, um die Integration

der bereits bestehenden Anwendungen in das europäi-

sche Verkehrssystem zu beschleunigen. Schließlich werden

auch die Regeln zu staatlichen Beihilfen ein wichtiges poli-

tisches Instrument zur Förderung der Entwicklung neuer

Technologien und alternativer Verkehrsarten sein.

5.4 Rechtsrahmen: weitere Förderung der Marktöffnung und des Wettbewerbs

80. Die EU hat einen Marktöffnungsprozess eingeleitet, der sich

dort, wo er bereits weiter fortgeschritten ist, als Erfolg erwie-

sen hat. Als Ergebnis dieses Prozesses ist eine zunehmende

Anzahl von Unternehmen grenz- und verkehrsträgerüber-

greifend tätig, was der wirtschaftlichen Gesamtleistung und

der Beschäftigung in der EU zugute kommt. Teilweise offene

Märkte sind jedoch mit dem Risiko behaftet, dass die in

abgeschirmten Bereichen tätigen Betreiber ihren Geschäfts-

betrieb auf liberalisierten Marktsegmenten subventionieren.

81. Die Vollendung des Binnenmarktes mit einer wirksamen

Durchsetzung der Wettbewerbsregeln ist von entscheiden-

der Bedeutung. Sie sollte auch eine Vereinfachung verwal-

tungstechnischer Vorgänge mit dem Ziel der Verringerung

unnötigen Aufwands für die Verkehrsunternehmen umfassen.

Auf der Grundlage der Errungenschaften im Luft- und Stra-

ßenverkehr sind auch für den Schienenverkehr neue Regeln

zur Marktöffnung in Verbindung mit einer wirksamen Durch-

setzung der bestehenden Rechtsvorschriften von besonderer

Bedeutung.

82. Gleichzeitig müssen die regulatorischen Rahmenbedin-

gungen sich in Richtung harmonisierter Umweltschutzauf-

lagen, einer wirksamen Aufsicht sowie eines einheitlichen

Schutzniveaus im Bereich der Arbeitsbedingungen und der

Nutzerrechte entwickeln. Der Rechtsrahmen muss nicht nur

gewährleisten, dass der Wettbewerb zu allseits gleichen

Bedingungen stattfindet, sondern auch, dass er nicht zulas-

ten der Sicherheitsstandards, der Arbeitsbedingungen und

Rechte der Nutzer – insbesondere der Personen mit einge-

schränkter Mobilität und besonderen Bedürfnissen – geht.

Gleichzeitig müssen die Umweltschutzvorschriften nach

oben konvergieren und dürfen nicht auf den kleinsten

gemeinsamen Nenner reduziert werden.

83. Die im kombinierten Verkehr tätigen großen Logistikunter-

nehmen haben das nötige Know-how und die Ressourcen,

um in fortschrittliche Technologien zu investieren und sich

an Projekten öffentlich-privater Partnerschaften zu beteili-

gen, doch müssen die staatlichen Stellen gewährleisten,

dass Dritten der Infrastrukturzugang nicht verwehrt wird.

Die mögliche Schaffung transnationaler Infrastrukturma-

nager wäre eine willkommene Entwicklung, die derzeit

noch bestehende Reibungsverluste reduzieren könnte.

5.5 Verbraucherverhalten: aufklären, informieren und einbeziehen

84. Aufklärungs-, Informations- und Sensibilisierungskampag-

nen werden eine wichtige Rolle dabei spielen, das künftige

Verbraucherverhalten zu steuern und Entscheidungen

für nachhaltige Mobilität zu fördern. Die Verkehrspolitik

hat sehr unmittelbare Auswirkungen auf das Leben der

Menschen und ist tendenziell ein ziemlich kontroverses

Thema. Daher sollten die Bürger über die Beweggründe

politischer Entscheidungen und die bestehenden Alterna-

tiven besser informiert werden. Ein besseres Verständnis der

anstehenden Herausforderungen ist Voraussetzung für die

Akzeptanz der Lösungen in der Gesellschaft.

85. Eine stärkere Einbeziehung der Öffentlichkeit in die Ver-

kehrsplanung kann durch die Nutzung partizipatorischer

Instrumente wie öffentliche Anhörungen, Erhebungen und

die Beteiligung der Betroffenen an Entscheidungsprozessen

gewährleistet werden.

86. Die Beschäftigten und die Sozialpartner des Verkehrssektors

sollten über die Entwicklung, Anwendung und Überwachung

der Verkehrspolitik und der zugehörigen Maßnahmen

auf Unternehmens- wie Sektorebene informiert und dazu

konsultiert werden.

5.6 Verwaltung: wirksame und koordinierte Maßnahmen

87. Das Verkehrssystem beruht auf einer komplexen Interak-

tion zwischen politischen, ökonomischen, sozialen und

technischen Faktoren. Der Sektor kann nur dann erfolgreich

funktionieren, wenn die politischen Entscheidungsträger

in der Lage sind, eine fundierte Planung, die Verfügbarkeit

angemessener Finanzmittel und einen geeigneten Rege-

lungsrahmen für die Marktakteure zu gewährleisten.

(46) KOM(2008) 800.(47) Beispielsweise wird im Rahmen der neuen gemeinsamen Technologieinitiative „Clean Sky“ die Entwicklung bahnbrechender

Technologien erwartet, die eine erhebliche Verringerung der Umweltauswirkungen des Luftverkehrs bewirken. Die Initiative bringt von der EU geförderte Projekte und wichtige Akteure der Luftfahrtindustrie zusammen.

25

W E G E Z U E I N E M I N T E G R I E R T E N , T E C H N O L O G I E O R I E N T I E R T E N U N D N U T Z E R F R E U N D L I C H E N S Y S T E M

88. Dies ist eine anspruchsvolle Aufgabe, da sie eine Koor-

dinierung der Politik zwischen unterschiedlichen Insti-

tutionen und Ebenen voraussetzt. Die europäische

Verkehrspolitik ist dafür ein besonders gutes Beispiel: Ihr

Erfolg hängt in großem Umfang davon ab, wie sie durch

Maßnahmen umgesetzt und ergänzt wird, über die andere

Verwaltungsebenen entscheiden. Es gibt mindestens zwei

Gebiete, auf denen eine wirksame Koordinierung der über

die Aktionen auf EU-Ebene hinausgehenden Maßnahmen

lohnend ist:

• Normung und Interoperabilität. In den nächsten paar

Jahren werden viele neue Technologien und Regulie-

rungsmethoden entwickelt werden, um den im Verkehr

anstehenden Herausforderungen zu begegnen. Um die

Interoperabilität der Ausrüstungen zu gewährleisten und

die Vermehrung unterschiedlicher Systeme auf nationa-

ler Ebene zu verhindern, bedarf es einer Koordinierung,

also beispielsweise Regeln und Standards für die Mauter-

hebung, intelligente Verkehrssysteme oder den Zugang

zu überlasteten Infrastrukturen.

• Das Problem der Ballungsräume. Die Rolle der EU bei

der Regulierung des Nahverkehrs ist aus Gründen der

Subsidiarität begrenzt. Andererseits liegen Ursprung und

Ziel der meisten Verkehrsbewegungen in Städten, und

Fragen des Verbundes und der Normung machen nicht

an Stadtgrenzen halt. Die Zusammenarbeit auf EU-Ebene

kann es städtischen Behörden erleichtern, ihre Verkehrs-

systeme nachhaltiger zu gestalten. Es gibt eine Reihe von

Tätigkeiten und Bereichen, in denen die EU Beispiele

geben und Demonstrationsprojekte sowie den Austausch

bewährter Verfahren weiterhin fördern kann, insbeson-

dere das 7. Rahmenprogramm und die Programme im

Bereich der Kohäsionspolitik. Außerdem kann die EU

einen Rahmen bereitstellen, innerhalb dessen die lokalen

Behörden leichter Maßnahmen treffen können.

5.7 Die Außendimension: Europa muss mit einer Stimme sprechen

89. Der Verkehrssektor hat zunehmend internationalen Cha-

rakter. Daher muss die europäische Verkehrspolitik inter-

national ausgerichtet sein, um die weitere Integration mit

den Nachbarstaaten zu unterstützen und die ökonomi-

schen und ökologischen Interessen Europas im globalen

Umfeld zu fördern.

90. Eine engere wirtschaftliche Integration und Migrations-

ströme aus den Nachbarstaaten und dem afrikanischen

Kontinent werden zu den wichtigsten Herausforderungen

gehören, die Europa künftig zu bewältigen hat. Die inter-

nationale Zusammenarbeit im Verkehrsbereich mit dem

Ziel der Errichtung des notwendigen Verbunds der wich-

tigsten Verkehrsachsen dieser Regionen sollte weiter geför-

dert werden, um so einen Beitrag zur Gewährleistung einer

nachhaltigen Entwicklung in den Nachbarstaaten und auf

dem afrikanischen Kontinent zu leisten.

91. Die Entwicklung des südosteuropäischen regionalen Kern-

verkehrsnetzes als Vorläufer des TEN-V ist für die Stabilität

und den wirtschaftlichen Wohlstand Südosteuropas von

zentraler Bedeutung und wird die Verbindungen zu den

Kandidatenländern und potenziellen Beitrittskandidaten

dieser Region stärken. Ferner enthalten die Aktionspläne

im Rahmen der europäischen Nachbarschaftspolitik (ENP)

sowie bilaterale Partnerschafts- und Kooperationsabkom-

men umfangreiche Abschnitte zur Zusammenarbeit in der

Verkehrspolitik, wobei die ENP-Staaten die gemeinschafts-

rechtlichen Vorschriften im Verkehrsbereich in unterschied-

lichem Maß übernehmen. Die Verkehrsbeziehungen der

EU zu östlichen ENP-Staaten sowie zu Weißrussland umfas-

sen daneben ehrgeizige Pläne für den Ausbau des trans-

europäischen Verkehrsnetzes.

92. Auf weltweiter Ebene setzt die EU bereits jetzt in vielen

Bereichen Maßstäbe. Die EURO-Emissionsnormen für

Straßenfahrzeuge und das europäische Eisenbahnver-

kehrsmanagementsystem (ERTMS), um nur zwei Beispiele

zu nennen, werden zunehmend auch außerhalb Europas

übernommen. Diese Entwicklungen müssen in internatio-

nalen Foren unterstützt werden. Im See- und Luftverkehr,

die ihrem Wesen nach globale Industrien sind, ist die inter-

nationale Rolle der EU besonders bedeutsam. Um auf die-

sen Märkten in den nächsten 40 Jahren eine wichtige

Position zu wahren, muss Europa in den Foren, in denen

Vertreter von Regierungen, der Industrie und der Regulie-

rungsbehörden auf globaler Ebene zusammenkommen,

mit einer Stimme sprechen.

26

E I N E N A C H H A L T I G E Z U K U N F T F Ü R D E N V E R K E H R

93. Die Kommission ruft alle interessierten Kreise auf, sich an

der durch diese Mitteilung eingeleiteten Konsultation zu

beteiligen (48). Bemerkungen zur Zukunft des Verkehrs und

möglichen politischen Optionen sollten bis zum 30. Sep-

tember 2009 über folgende Mailbox eingereicht werden:

[email protected] (49).

94. Die Ergebnisse der oben genannten Konsultation werden

im Herbst 2009 auf einer Konferenz der beteiligten Akteure

vorgestellt. Auf der Grundlage der von den betroffenen

Kreisen, dem Europäischen Parlament und dem Rat über-

mittelten Stellungnahmen wird die Kommission 2010 ein

Weißbuch vorlegen, worin die im Zeitraum 2010-2020 zu

treffenden Maßnahmen ausgeführt sind.

6 WIE GEHT ES WEITER?

(48) Anleitungen zur Beteiligung an der Konsultation finden sich auf der Internetseite der Generaldirektion Energie und Verkehr: http://ec.europa.eu/transport/strategies/2009_future_of_transport_en.htm

(49) Die eingegangenen Beiträge werden im Internet veröffentlicht. Daher sollte die Datenschutzerklärung zu dieser Konsultation zur Kenntnis genommen werden, die Informationen zur Verarbeitung personenbezogener Daten und zur Behandlung der Beiträge enthält. Berufsständische Organisationen werden ersucht, sich in das Register der Interessenvertreter einzutragen (http://ec.europa.eu/transparency/regrin). Dieses Register wurde im Rahmen der europäischen Transparenzinitiative eingerichtet, um die Kommission und die Öffentlichkeit über die Ziele, die Finanzierung und die Strukturen von Interessenvertretern zu informieren.

Europäische Kommission

Eine nachhaltige Zukunft für den Verkehr: Wege zu einem integrierten,

technologieorientierten und nutzerfreundlichen System

Luxemburg: Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Union

2009 — 26 S. — 21 x 29,7 cm

ISBN 978-92-79-13113-4

doi: 10.2768/12820

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