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Psychologisches Institut der Universität Fribourg - 1 - Einfaches und Komplexes Problemlösen Prof. Dr. Joachim Funke: Tel: +49(0)6221-54-7388 (Sekretariat Frau Heß), -7305 Email: [email protected] URL dieses Skripts: http://atp.uni-hd.de/funke/problemloesen.pdf Hinweis: Die nachfolgenden Kopien decken den in der Vorlesung behandelten Stoffbereich ab. Sie sind keine erschöpfende Darstellung des Themenbereichs. Es kann vorkommen, dass nicht alle Folien in der Vorlesung behandelt werden. Der Besitz des Skripts entbindet nicht von der Pflicht, die Veranstaltung zu besuchen :-) Achtung: Blocktermine sind jeweils Freitag/Samstag am 2./3.3.12 und 10./11.3.12 Version: 22.02.2012

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Psychologisches Institut der Universität Fribourg

- 1 -

Einfaches und Komplexes Problemlösen!

Prof. Dr. Joachim Funke: Tel: +49(0)6221-54-7388 (Sekretariat Frau Heß), -7305 Email: [email protected] URL dieses Skripts: http://atp.uni-hd.de/funke/problemloesen.pdf

Hinweis: Die nachfolgenden Kopien decken den in der Vorlesung behandelten Stoffbereich ab. Sie sind keine erschöpfende Darstellung des Themenbereichs. Es kann vorkommen, dass nicht alle Folien in der Vorlesung behandelt werden. Der Besitz des Skripts entbindet nicht von der Pflicht, die Veranstaltung zu besuchen :-) Achtung: Blocktermine sind jeweils Freitag/Samstag am 2./3.3.12 und 10./11.3.12

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Überblick

•  1 Einführung in das Themengebiet •  2 Theorien problemlösenden Denkens •  3 Einfaches Problemlösen •  4 Komplexes Problemlösen •  5 Kreatives Problemlösen •  6 Denken und Sprache

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1 Einführung in das Themengebiet

• Das Wort “Denken“ ... » gehört mit zu den am häufigsten gebrauchten Wörtern unserer

Umgangssprache (Eaton, 1961, zit. nach Graumann, 1965)!

•  1.1 Denken: Grundsätzliches •  1.2 Definitionen •  1.3 Denken und Problemlösen evolutionsgeschichtlich

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Auguste Rodin (1880): Der Denker

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1.1 Denken: Grundsätzliches 1/2

• Wichtige Unterscheidungen nach Graumann (1964): » Vergegenwärtigung

– Vergangenes, Zukünftiges, Mögliches – Ablösung von der sinnlichen Präsenz

» Ordnungsleistung –  durch Begriffsbildung und -gebrauch

»  Innerlichkeit – Verhältnis Denken zu Handeln

» Selektivität – Autonomie der Wahl und Willkür von hergestellten Verknüpfungen

» Entscheidungsleistung durch Urteil und Wahl –  zentral für Problemlösen

» Reflexivität – mögliche Rückbeziehung auf das denkende Subjekt –  Problem für künstliche Intelligenzen

Graumann, C.-F. (1964). Phänomenologie und deskriptive Psychologie des Denkens. In R. Bergius (Ed.), Allgemeine Psychologie. I. Der Aufbau des Erkennens. 2. Halbband: Lernen und Denken (pp. 493-518). Göttingen: Hogrefe.

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Denken: Grundsätzliches 2/2

• Meßproblem: » Kann „Denken“ überhaupt zum Gegenstand empirischer Forschung werden?

• Methoden der Denkpsychologie » Selbstbeobachtung (Introspektion) » Fremdbeobachtung (Verhaltensprotokolle, Blickbewegungen, verbale

Auskünfte) » Computersimulation (“modelling“)

Wundt, W. (1907). Über Ausfrageexperimente und über die Methoden zur Psychologie des Denkens. Psychologische Studien, 3, 301-360. Bühler, K. (1908). Antwort auf die von W.Wundt erhobenen Einwände gegen die Methode der Selbstbeobachtung an experimentell erzeugten Erlebnissen. Archiv für die Gesamte Psychologie, 12, 93-112. Wundt, W. (1908). Kritische Nachlese zur Ausfragemethode. Archiv für die Gesamte Psychologie, 12, 445-459.

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1.2 Definitionen 1/3

•  Johnson (1972): » „Denken ist Problemlösen ...“ – unter Einbezug von Vermittlerprozessen und

Bewußtseinsinhalten (sofern nötig) • Bourne, Ekstrand & Dominowski (1971):

» Denken ist –  (a) ein komplexer, vielseitiger Prozeß –  (b) im wesentlichen intern ablaufend –  (c) beinhaltet symbolische Repräsentationen von Ereignissen und Objekten, die

nicht unmittelbar gegenwärtig sind –  (d) wird durch ein externes Ereignis initiiert –  (e) Funktion: Generierung und Kontrolle offenen Verhaltens

Bourne, L.E., Ekstrand, B.R. & Dominowski, R.L. (1971). The psychology of thinking. Englewood Cliffs, NJ: Prentice-Hall.

Johnson, D.M. (1972). A systematic introduction to the psychology of thinking.

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Definitionen 2/3

• Dörner (1976): » Denken ist Problemlösen, ist Umwandlung bestimmter Sachverhalte mit

Hilfe bestimmter Operatoren • Bourne, Dominowski & Loftus (1979):

» Mensch als informationsverarbeitendes System mit drei Informationsquellen: –  (1) Umstände und aktuelle Gegebenheiten –  (2) Gedächtnis mit Infos über vergangene Ereignisse und Kenntnisse –  (3) Rückmeldung als Handlungskonsequenz

Bourne, L.E., Dominowski, R.L. & Loftus, E.F. (1979). Cognitive processes. Englewood Cliffs, NJ: Prentice-Hall. Dörner, D. (1976). Problemlösen als Informationsverarbeitung. Stuttgart: Kohlhammer.

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Definitionen 3/3

• Funke (2003, S. 25, kursiv): » Problemlösendes Denken erfolgt, um Lücken in einem Handlungsplan zu

füllen, der nicht routinemäßig eingesetzt werden kann. Dazu wird eine gedankliche Repräsentation erstellt, die den Weg vom Ausgangs- zum Zielzustand überbrückt.

• Duncker (1935): » Ein ´Problem´ entsteht z.B. dann, wenn ein Lebewesen ein Ziel hat und nicht

´weiß´, wie es dieses Ziel erreichen soll. Wo immer sich der gegebene Zustand nicht durch bloßes Handeln (Ausführen selbstverständlicher Operationen) in den erstrebten Zustand überführen läßt, wird das Denken auf den Plan gerufen. Ihm liegt es ob, ein vermittelndes Handeln allererst zu konzipieren.

Duncker, K. (1935). Zur Psychologie des produktiven Denkens. Berlin: Julius Springer. Funke, J. (2003). Problemlösendes Denken. Stuttgart: Kohlhammer.

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1.3 Denken und Problemlösen: Evolution

[nach Klix, 1992]

• Entwicklung in zwei Schritten » Vom angeborenen Erkennen zum gedanklichen Vorausspiel » Die Entstehung vormenschlicher Intelligenz

Klix, F. (1992). Die Natur des Verstandes. Göttingen: Hogrefe.

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Schritt 1: Vom angeborenen Erkennen zum gedanklichen Vorausspiel 1/2

• Erkennen und Erkenntnis » Erkennen

– wie die Umwelt einem wahrnehmungsfähigen Organismus zugänglich ist –  erlaubt späteres Wiedererkennen

» Erkenntnis –  neue oder veränderte Einordnung von etwas Erkanntem in ein Wissensgefüge –  führt zu Umordnung oder Neubildung von Wissen

• Angeborene Verhaltenssteuerung »  fest vorgegebene Reaktion auf auslösenden Stimulus » Selektionsvorteil durch Bewertungssystem, das die Genauigkeit der

Erkennung und die Präzision des Verhaltensprogramms anzeigt

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Schritt 1: Vom angeborenen Erkennen zum gedanklichen Vorausspiel 2/2

• Tendenz der Evolution zum Abbau angeborenen Erkennens »  funktionelle Anreicherung von Systemfunktionen, die zwischen sensorischer

Erkennung und motorischer Verhaltenssteuerung liegen »  im wesentlichen: Aufbau assoziativer Felder im Kortex [Abb. 1.4]

• Beginn der zunehmenden Vorherrschaft von Lernprozessen » Lernfähigkeit impliziert Anpassung an veränderliche Situationen durch

Vergessen »  in stark wechselnden Umwelten erweisen sich fest vorgegebene Signal-

Reaktionsketten als Hindernis bzw. Selektionsnachteil » nicht mehr artgebundenes, sondern individualspezifisches Gedächtnis erlaubt

extreme Flexibilität der Umweltanpassung

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Verstärkung der Hirnfunktionen als ZNS-Volumenzunahme

(aus Klix, 1992, S. 40)

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Schritt 2: Die Entstehung vormenschlicher Intelligenz

• Planende Voraussicht bei Menschenaffen » Studien von C. & H. Boesch (1981, 1983) an frei lebenden Schimpansen der

Elfenbeinküste –  öffnen Palmkerne mit “Hämmern” (Holzkloben verschiedener Stärke oder Steine

unterschiedlichen Gewichts) –  Frucht wird in Astgabel gelegt, dann wird zunächst hart zugeschlagen (zum

Aufbrechen), später leichter –  entscheidende Beobachtung: aus der Wahl der Schwere des Hammers lässt sich

gut die Größe der Zielfrucht vorhersagen » gibt Hinweis auf gedankliches Vorausspiel zukünftiger Ereignisse

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Schritt 2: Die Entstehung vormenschlicher Intelligenz

• Übergang zu Denkprozessen » Entstehung einer “Denkebene” oberhalb der exekutiven Vorgänge des

Entscheidens und Handelns nach Art einer Heuristik » Heuristik: Wenn in einer unbekannten Situation eine Verhaltensentscheidung

zu treffen ist, suche die ihr am meisten ähnliche und tue das dort Bewährte! » Entwicklung und Differenzierung der inneren Architektur nach dem Modell

von Klix (1992) [Abb. 2.3]

Hauser, M. D. (2001). Wilde Intelligenz. Was Tiere wirklich denken. München: C.H. Beck.

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Differenzierung der Architektur und Funktion kognitiver Strukturen

(Abb. 2.3 aus Klix, 1992, S. 93)

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2 Theorien des problemlösenden Denkens ���(nach Funke, 2003, Kap. 2)

•  2.1 Assoziationismus: Umschichtung von Reaktionshierarchien •  2.2 Gestalttheorie: Suche nach der guten Gestalt •  2.3 Psychoanalyse: Bewusstmachung unbewusster Inhalte •  2.4 Funktionalismus: Informationsverarbeitung •  2.5 Evolutionspsychologischer Ansatz: Heuristiken •  2.6 Handlungstheoretischer Zugang

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2.1 Assoziationismus: PL als Umschichtung von Reaktionshierarchien (Lerntheoretischer Ansatz)

• Grundgedanke » Lernen stellt die assoziative Verbindung zwischen Stimulus und Reaktion

dar » Bildung der Assoziationen wird kontrolliert durch Erfolg (Verstärkung bzw.

Bestrafung) • Anwendung auf Denkpsychologie

» „Problem“ = Versagen der Top-Reaktion; Lösung durch Umschichtung von Reaktions- bzw. Gewohnheitshierarchien

» Beispiel: –  Problemkäfig von Thorndike (1898) [nächstes Bild]

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Thorndikes Katzenkäfig

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Umschichtung von Reaktionshierarchien

Einsicht

trial and error (Thorndike, 1898)

Idealisierte Darstellung:

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2.2 Gestalttheorie: PL als Suche nach der guten Gestalt

• Grundgedanke » Ausgangspunkt ist Ganzheitspsychologie: Das Ganze ist mehr als die

Summe seiner Teile » Beispiel: Melodie bleibt invariant gegenüber verschiedenen Tonlagen

• Anwendung auf Denkpsychologie » ein „Problem“ ist eine „defekte Gestalt“ » Ziel: Transformation der defekten Gestalt in eine gute Gestalt;

Wahrnehmungsnähe wichtig! » Beispiel

– Bergsteigerproblem von Duncker –  Seilproblem von Maier

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Schimpansen-Studien von Köhler (1917)

•  Untersuchungen auf der Anthropoidenstation der Preussischen Akademie der Wissenschaften in Teneriffa

•  intelligenter Werkzeuggebrauch durch “Sultan”:

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Duncker (1935): Methoden heuristischen Denkens

Methoden heuristischen Denkens

Situationsanalyse ZielanalyseKonfliktanalyse Materialanalyse

warum gehtes nicht?

was kann ich brauchen?

was kann ichentbehren?

was will icheigentlich?

Duncker, K. (1935/1974). Zur Psychologie des produktiven Denkens. Berlin: Julius Springer.!

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Denkpsychologie als Tierpsychologie

• Bertrand Russell zur Tierpsychologie des 20. Jahrhunderts: » Die Beobachtungsobjekte “wiesen alle die nationalen Charakterzüge des

Beobachters auf.“ » „Die von den Amerikanern untersuchten Tiere laufen rastlos umher, machen

sich zu schaffen und mobilisieren dabei eine unglaubliche Menge Energie, um schließlich das gewünschte Resultat rein zufällig zu erreichen.“

» „Die von den Deutschen beoabachteten Tiere sitzen ruhig da und denken nach, um dann die Lösung der Probleme aus ihrer innersten Tiefe hervorzuziehen.”

(zit. nach G. Celli, Der letzte Alchemist, Stuttgart 1986, S. 82)

• was Tiere wirklich denken: » siehe Hauser (2001) für einen guten Überblick

Hauser, M. D. (2001). Wilde Intelligenz. Was Tiere wirklich denken. München: C.H. Beck.

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2.3 Psychoanalyse: Bewusstmachung unbewusster Inhalte

• Zentrale Vorstellung: » Denken als „inneres oder experimentelles Probehandeln“ ���

(Freud, 1933) und damit als Realitätsprüfung •  Instanzenlehre unterscheidet

» Primärprozess-Denken – Dem Es zugeordnet, repräsentiert „magisches“ Denken mit vorgestellten

Objekten » Sekundärprozess-Denken

– Dem Ich zugeordnet, repräsentiert logisches, rationales Denken, das auf die äußere Welt gerichtet ist

• Heutige Bewertung dieser Vorstellungen: » Kaum noch Bedeutung, da die Einflüsse unbewusster Vorerfahrungen heute

mit anderen Theorien besser (und leichter prüfbar) beschrieben werden

Karl Kraus (1922) "Die Zwangslage“: Wie rächen sich die Zwerge an den Riesen? Sie machen sich über die Berge oder Psychoanalysen.

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2.4 Funktionalismus: PL als Informationsverarbeitung

• Grundgedanke » Mensch wird als informationsverarbeitendes System konzipiert » grobe Architektur: Eingabe,Verarbeitung und Speicherung, Ausgabe »  Informationen im KZG werden unter Rückgriff auf LZG-Informationen

mittels Operatoren be- und verarbeitet • TOTE-Sequenzen (Miller, Galanter & Pribram, 1960)

» Analyse-Einheit: nicht mehr S-R, sondern Kontrolle (Feedback-Struktur) » Gedanke der beliebigen Verschachtelung (Hierarchie) » zur Illustration siehe Abb. nächste Seite

• Anwendung auf Denkpsychologie » „Problem“ = Barriere zwischen Ist- und Soll-Zustand, die durch Operator-Einsatz überwunden wird » Beispiel: Turm von Hanoi

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TOTE-Einheiten���(Miller, Galanter & Pribram, 1960)

Grundform: Beispiel:

Miller, G.A., Galanter, E. & Pribram, K.H. (1960). Plans and the structure of behavior. New York: Holt, Rinehart & Winston.

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TOTE-Einheiten���(Miller, Galanter & Pribram, 1960)

Hierarchie Verbindung zweier Einheiten

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Grundprobleme des Info-Verarbeitungsansatzes 1/3

• Architektur » aus welchen Komponenten

besteht das System? –  Sensorik – KZG –  LZG

  semantisch »  heuristisch »  epistemisch

  episodisch – Motorik

» Anderson´s (1983) Konzeption [Figure 1.2]

Anderson, J.R. (1983). The architecture of cognition. Cambridge, MA: Harvard University Press.

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Grundprobleme des Ansatzes 2/3

• Repräsentation » wie werden Aspekte der

Außenwelt intern repräsentiert?

–  zeitliche Abfolgen –  räumliche Bilder –  abstrakte

Propositionen –  evtl. noch motorische

Form von Repräsentationen

» Bsp. von Anderson [Figure 1.3]

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Grundprobleme des Ansatzes 3/3

• Prozesse » wie kann mit den Repräsentationen umgegangen werden?

– Aktivationsausbreitung -> ungelenkter Assoziationsfluss – “Inferenzmaschine” -> gerichtetes induktives und deduktives Schließen

• Repräsentationen und Prozesse müssen immer aufeinander bezogen werden!

» Repräsentationen ohne Prozesse sind tot » Prozesse ohne Repräsentationen sind hohl

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Symbolverarbeitung und mentale Prozesse 1/3

• was „prozessieren“ eigentlich mentale Prozesse? » Perzeptionen, Ideen, Bilder, Vorstellungen, Hypothesen, ...

•  nach Ansicht von Vertretern der „Cognitive Science“ handelt es sich um Symbole

» „mind is a symbolic system“ » Symbole sind meistens keine isolierten Einheiten, sondern Bestandteil eines

Symbolsystems » finite vs. infinite Symbolsysteme

–  finit: Verkehrsschilder –  infinit: Buchstaben, Zahlen, Notenschrift

Johnson-Laird, P. (1988). The computer and the mind. An introduction to cognitive science. Cambridge, MA: Harvard University Press. Pinker, S. (1997). How the mind works. New York: W.W. Norton & Company.

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Symbolverarbeitung und mentale Prozesse 2/3

• Kennzeichen von Symbolsystemen » die Symbole selbst (z.B. ‘1’, ‘2’, ...; ‘I’, ‘V’, ‘X’, ‘L’, ‘C’, ‘D’, ‘M’;

ABC) » die Domäne, die symbolisiert wird (z.B. Hotelzimmer) » Prinzipien zur Regulation der Relation zwischen Symbolgen und Objekten

–  z.B. XIV := (X) (IV), nicht (XI)(V); Verbot von IVX –  nicht jedes Symbol muss Bedeutung haben: z.B. Zimmer 13

• Symbole sind kein Selbstzweck, sondern machen Sachverhalte der Domäne deutlich

•  gute Notation spart Zeit, in dem sie wichtige Information explizit macht:

» z.B. an der Gefängniswand:///<///// » dort deutlich schlechter: XI > III

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Symbolverarbeitung und mentale Prozesse 3/3

•  zum Verhältnis „Computer und Symbole“: » „Computer sind Zahlenfresser“ (number crunchers) ist ein doppeltes

Mißverständnis, denn – Computer arbeiten nicht mit Zahlen, sondern mit Ziffern (die man als Zahl

interpretieren kann, aber eben auch anders!) – Computer vollbringen nicht nur Rechenleistungen, sondern vieles andere (z.B.

Textverarbeitung) » zwei symbolische Fähigkeiten des Computers

–  Fähigkeit zur Symbolmanipulation –  interne Operationen werden durch Symbole kontrolliert

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Informationsverarbeitung beim Problemlösen

• Prozesse werden als Flußdiagramme konzipiert! » erster Entwurf: „General Problem Solver“ (GPS), Newell & Simon (1960);

GPS verwendet drei Verfahren (hierarchisch verschachtelt): [Dörner, 1976, Abb. 27]

–  Transformation: Suche nach Unterschieden! – Reduktion: Suche nach Operatoren! – Operatoranwendung: Wende Operator auf Unterschied an!

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General Problem Solver

Newell, A., Shaw, J.C. & Simon, H.A. (1958). Elements of a theory of human problem-solving. Psychological Review, 65, 151-166.

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2.5 Evolutionspsychologischer Ansatz

• Heuristiken nach Kahneman & Tversky: Kognitive Täuschungen • Kritik von Gigerenzer • Nutzen-Theorien • Prospekt-Theorie von Kahneman & Tversky •  „fast and frugal heuristics“ (Gigerenzer et al.) • Kritik von Bröder

Hoffrage, U. (2006). Evolutionäre Ansätze. In J. Funke & P. A. Frensch (Eds.), Handbuch der Allgemeinen Psychologie - Kognition (pp. 400-405). Göttingen: Hogrefe.

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elementare Heuristiken nach Kahneman & Tversky

» „availability“ (Verfügbarkeit) –  Leichtigkeit, mit der relevante Beispiele genannt werden können

» „representativeness“ (Repräsentativität) – Beurteilung der Wahrscheinlichkeit eines unsicheren Ereignisses oder einer

Stichprobe danach, wie ähnlich es in wichtigen Aspekten seiner „Eltern-Population“ ist; wie sehr es auffällige Merkmale seines erzeugenden Prozesses besitzt.

» „anchoring and adjustment“ (Anker- und Anpassungsheuristik) –  eine zufällig gegebene Zahl wird als Anker für eine Schätzung verwendet

Tversky, A. & Kahneman, D. (1981). The framing of decisions and the psychology of choice. Science, 211, 453-458.

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Verfügbarkeit

» „availability“ (Verfügbarkeit) –  Leichtigkeit, mit der relevante Beispiele genannt werden können – Bsp. 1

  man hat 7 Sek Zeit abzuschätzen, wieviele Ländernamen einem in den nächsten 2 Min einfallen werden

  => gute Prädiktion wg. Verfügbarkeitsheuristik! – Bsp. 2

  gibt es mehr Wörter (im Englischen) mit „r“ an erster oder an dritter Stelle?   => falsche Vorhersage wg. Verfügbarkeitsheuristik!

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Repräsentativität

» „representativeness“ (Repräsentativität) – Beurteilung der Wahrscheinlichkeit eines unsicheren Ereignisses oder einer

Stichprobe danach, – wie ähnlich es in wichtigen Aspekten seiner „Eltern-Population“ ist; – wie sehr es auffällige Merkmale seines erzeugenden Prozesses besitzt. – Bsp. 1

  ist bei Münzwurf die Sequenz (a) „KKKZZZ“ unwahrscheinlicher als (b) „KZKZZK“?

  falsches Urteil (b) aufgrund Repräsentativitätsheuristik! – Bsp. 2 (mit Basisraten-Mißachtung)

  30 Ingenieure und 70 Juristen werden untersucht; einer davon, Hans, ist 45, verheiratet, Vater von 2 Kindern; ist konservativ, sorgfältig und ehrgeizig; ist Heimwerker; interessiert sich nicht für politische und soziale Probleme; ist Hans Ingenieur oder Jurist?

  falsches Urteil “Ingenieur” aufgrund Repräsentativitätsheuristik (Stereotyp)!   Veränderung der Basisrate ändert nicht das Urteilsverhalten!

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Anker- und Anpassungsheuristik

» „anchoring and adjustment“ (Anker- und Anpassungsheuristik) –  eine zufällig gegebene Zahl wird als Anker für eine Schätzung verwendet – Bsp. 1:

  schnelle Schätzung des Ergebnisses von 1*2*3*4*5*6*7*8 fällt geringer aus als von 8*7*6*5*4*3*2*1

– Bsp. 2:   Schätzung der Anzahl afrikanischer UNO-Nationen fällt anders aus je nach zufällig

gezogener Startzahl (20 -> „35“, 70 -> „50“)

» Alternative zur Erklärung von Ankereffekten: – Helsons “adaptation level theory”

Helson, H. (1948). Adaptation-level as a basis for a quantitative theory of frames of reference. Psychological Review, 55, 297-313. Helson, H. (1964). Adaptation-level theory: An experimental and systematic approach to behavior. New York: Harper & Row.

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„Heuristics and biases“ (Kognitive Täuschungen)

» Das Forschungsprogramm von Kahneman & Tversky hat zweierlei gebracht: –  (1) eine Liste sog. „biases“, Fehler bzw. Täuschungen beim

Wahrscheinlichkeitsurteil (base-rate fallacy; conjunction fallacy) –  (2) Erklärungen dieser „biases“ in terminis von Heuristiken

Gigerenzer, G., & Gaissmaier, W. (2006). Denken und Urteilen unter Unsicherheit: Kognitive Heuristiken. In J. Funke (Ed.), Denken und Problemlösen (=Enzyklopädie der Psychologie, Themenbereich C: Theorie und Forschung, Serie II: Kognition, Band 8) (pp. 329-374). Göttingen: Hogrefe.

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 43 -

Zum Forschungsprogramm „Kognitive Täuschungen“

» Täuschungen („biases“) – Basisraten-Mißachtung („base-rate fallacy”): Pbn fällen Urteile ohne Beachtung

der apriori-Wahrscheinlichkeit (siehe Bsp. „Ingenieur oder Jurist?“) – Konjunktionsfehler („conjunction fallacy”): Mißachtung der Tatsache, daß die

Wahrscheinlichkeit der Konjunktion zweier Ereignisse nicht größer sein kein als die eines der Einzelereignisse:   Linda ist 31, Single, intelligent, in Philosophie promoviert; als Studentin hat sie sich

für gegen Diskrimination und für soziale Gerechtigkeit ausgesprochen und an Antinuklear-Demos teilgenommen.

  Für wie wahrscheinlich halten sie folgende Möglichkeiten: (a) Linda ist Bankangestellte, (b) Linda ist Bankangestellte und in der Frauenbewegung aktiv? (Alternative b wird von 85% der Pbn gewählt!)

–  „overconfidence“: systematische Diskrepanz zwischen Konfidenz und relativer Häufigkeit richtiger Lösung bei Fragen wie:   Welche Stadt hat mehr Einwohner: (a) Islamabad, (b) Hyderabad? Wie sicher sind Sie,

dass Ihre Antwort richtig ist?   Konfidenzurteile fallen generell höher aus als die korrespondierenden Anteile

korrekter Antworten

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Kritik von Gigerenzer (1991)

• Das Forschungsprogramm von Kahneman & Tversky täuscht uns über kognitive Täuschungen, denn...

» kognitive Illusionen können zum Verschwinden gebracht werden, wenn man Pbn nach Häufigkeiten anstelle von Einzelfall-Wahrscheinlichkeiten fragt!

» bei den untersuchten Aufgaben gibt es nicht nur eine richtige Lösung! » Pbn-Verhalten stellt keine Verletzung der Wahrscheinlichkeitstheorie

generell dar, sondern einer ganz bestimmten normativen Sicht! » Bei Umstellung von probabilitischer (z.B. 2%) auf frequentistische

Darstellung der Aufgaben (2 von 100) deutlich bessere Ergebnisse » Grund: Im Lauf der Evolution haben Menschen gelernt, mit Häufigkeiten

umzugehen, nicht aber mit Wahrscheinlichkeiten!

Gigerenzer, G. (1991). How to make cognitive illusions disappear: Beyond "Heuristics and Biases". In W. Stroebe & M. Hewstone (Eds.), European review of social psychology. Vol. 2 (pp. 83-115). New York: Wiley.

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Bsp: Liegt eine Blutvergiftung vor?

•  In die Ambulanz eines Krankenhauses kommt ein Patient mit Schüttelfrost, hohem Fieber und Hautabschürfungen.

• Sie wissen: » a) 10% der in die Ambulanz kommenden Patienten haben Blutvergiftungen; » b) hat ein Patient Blutvergiftung, leidet er zu 80% an den genannten

Symptomen; » c) wenn ein Patient keine Blutvergiftung hat, zeigt er dennoch in 10% der

Fälle die Symptome. • Frage:

» Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit einer Blutvergiftung, wenn der Patient die genannten Symptome aufweist?

Gigerenzer, G. (2002). Das Einmaleins der Skepsis. Über den richtigen Umgang mit Zahlen und Risiken. Berlin: Berlin Verlag.

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Bsp. Baumdiagramm Blutvergiftung (probabilistisch)

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 47 -

Bsp. Baumdiagramm Blutvergiftung (frequentistisch)

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 48 -

Bsp: Positiver Mammografie-Befund

• Ausgangslage: » Die Wahrscheinlichkeit, dass eine 40-jährige, symptomfreie Frau  Brustkrebs

hat, beträgt 1%. » Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Krankheit mit einer Mammografie

erkannt wird, wenn sie vorliegt, beträgt 80%. » Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Mammografie fälschlicherweise auf

Brustkrebs hinweist, obwohl die Krankheit gar nicht vorliegt, beträgt 10%. • Frage:

» Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine 40-jährige, symptomfreie Frau tatsächlich Brustkrebs hat, wenn sie einen positiven Mammografiebefund erhalten hat?

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 49 -

Bsp. Baumdiagramm Mammografie (probabilistisch)

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 50 -

Bsp. Baumdiagramm Mammografie (frequentistisch)

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 51 -

Entscheiden unter Unsicherheit

• Frage: » wie werden Entscheidungen getroffen zwischen mehreren Möglichkeiten?

• Antwort: » Normative Theorien: „expected utility“ » Deskriptive Theorien: „prospect theory“ » Mengenurteile: multiple Regression, Linsenmodell » „fast and frugal heuristics“ (ABC-Group, Gigerenzer et al.)

Jungermann, H., Pfister, H.-R. & Fischer, K. (2004). Die Psychologie der Entscheidung. Eine Einführung (2. Aufl.). München: Elsevier.

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Nutzen-Konzept („utility“)

• Nutzen: » ein Maß für die Zielerreichung - je mehr eine Option der Zielerreichung

dient, umso höher der Nutzen » kann für beliebige Ziele verwendet werden » nicht gleichbedeutend mit Befriedigung

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 53 -

Normative Theorien ���(Baron, 1988, p. 287ff.)

• Kernaussage: » Menschen versuchen ihren Nutzen zu maximieren, d.h. Auswahl der Option,

die den höchsten Nutzen verspricht » bei unsicheren Ausgängen wird der Nutzen mit seiner Wahrscheinlichkeit

multipliziert •  drei Sorten von Nutzentheorien:

» „expected-utility theory“ (EU) » „multiattribute utility theory“ (MAUT) » Utilitarismus

Baron, J. (1988). Thinking and deciding. Cambridge: Cambridge University Press.

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Nutzentheorien

» „expected-utility theory“ –  befaßt sich mit dem „trade-off“ zwischen der Wahrscheinlichkeit eines

Ergebnisses und dessen Nutzen   Bsp. Sollte man Zeit in einen Stipendienantrag stecken, dessen Erfolg nicht gewiß ist?

» „multiattribute utility theory“ (MAUT) –  befaßt sich mit den „trade-offs“ zwischen verschiedenen Nutzen

  Bsp.: Sollte man mehr Zeit zur Prüfungsvorbereitung aufwenden oder besser mehr Geld durch einen Hiwi-Job verdienen?

» Utilitarismus – Historisch:

  Moralphilosophie von Jeremy Bentham (1789) und John Stuart Mill (1863) –  Inhaltlich:

  betrifft Entscheidungen, die einen Konflikt zwischen den Zielen verschiedener Personen bedeuten

  was ist die beste Entscheidung, die den erwarteten Nutzen für alle Personen maximiert?

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 55 -

Deskriptive Theorien���(Baron, 1988, p. 319ff.)

» berücksichtigen, daß Menschen in systematischer Weise von normativen Modellvorgaben abweichen

» Ursache: „bias“ durch (fehlleitende) Heuristiken » Bias bei Entscheidungen unter Sicherheit

–  Entscheidungen unter Sicherheit:   Wahrscheinlichkeiten aller möglichen Ausgänge summieren sich zu 1

» Bias bei Entscheidungen unter Unsicherheit –  Präferenz-Umkehrungen – Allais-Paradox

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Prospekt-Theorie von Kahneman & Tversky���(nach Baron, 1988, p. 330ff.)

• Allgemeines » soll erklären, wann und warum Pbn vom normativen Nutzenmodell

abweichen » gilt für Situationen, in denen wir zwischen Optionen wählen, die mit

unterschiedlicher Wahrscheinlichkeit eintreten » besteht aus einem Wahrscheinlichkeitsteil und einem Nutzenteil

• Grundannahme: » subjektive Wahrscheinlichkeit wird mit Nutzen multipliziert »  je wahrscheinlicher ein Ereignis, umso stärkere Gewichtung » wichtig:

– Wahrscheinlichkeiten werden verzerrt (Pi anstatt p) – Nutzenurteile hängen von Referenz-Punkt ab

Kahneman, D. & Tversky, A. (1979). Prospect theory: An analysis of decision under risk. Econometrica, 47, 263-291.

Dafür ging der Nobel-Preis für Wirtschaftswissenschaften 2002 an den Psychologen Daniel Kahneman!

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Prospekt-Theorie - Phänomene 1: certainty effect ���(Slovic, Lichtenstein & Fischhoff, 1988, p. 700ff.)

•  “certainty effect”: Tendenz zur Überschätzung sicherer Ereignisse verglichen zu solchen, die bloß wahrscheinlich sind

» Entscheidung 1: – A. Gewinn von 4000 mit Wahrscheinlichkeit .80 (E 3200) – B. Gewinn von 3000 mit Gewißheit (E 3000) –  Pbn wählen B vor A (trotz niedrigeren Erwartungswerts)

» Entscheidung 2: – C. Gewinn von 4000 mit Wahrscheinlichkeit .20 [=0.25 Option A] – D. Gewinn von 3000 mit Wahrscheinlichkeit .25 [=0.25 Option B] –  Pbn wählen C vor D (obwohl genau die gleiche Situation wie vorher, alles

diesmal nur 1/4 so hoch)) » Widerspruch der beiden Präferenzen (=Allais Paradox)! Entsteht durch

Sicherheit in E 1.

Slovic, P., Lichtenstein, S. & Fischhoff, B. (1988). Decision making. In R.C. Atkinson, R.J. Herrnstein, G. Lindzey, & R.D. Luce (Eds.), Stevens' handbook of experimental psychology. Second edition. Volume 2: Learning and cognition (pp. 673-738). New York: Wiley.

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Prospekt-Theorie - Phänomene 2: reflection effect

•  “reflection effect”: Präferenzen werden umgekehrt, wenn aus Gewinnen Verlusten werden

» Entscheidung 1: – A’. Verlust von 4000 mit Wahrscheinlichkeit .80 – B’. Verlust von 3000 mit Gewißheit –  Pbn wählen A’ vor B’

» Entscheidung 2: – C’. Verlust von 4000 mit Wahrscheinlichkeit .20 [=0.25 Option A] – D’. Verlust von 3000 mit Wahrscheinlichkeit .25 [=0.25 Option B] –  Pbn wählen D’ vor C’

» erneut: Widerspruch der beiden Präferenzen aufgrund des Sicherheitseffekts » zusätzlich reflection: Risikovermeidung bei Gewinnen, Risikobereitschaft

bei Verlusten

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Prospekt-Theorie - Phänomene 3: isolation effect

•  “isolation effect”: Tendenz zur Vereinfachung von Wahlalternativen, produziert inkonsistente Präferenzen

» Zweistufiges Spiel (Entscheidung 2 ist vorher mitzuteilen!): –  Stufe 1: mit p=.75 Ende ohne Gewinn, mit p=.25 weiter zur zweiten Stufe –  Stufe 2:

  E. Gewinn von 4000 mit Wahrscheinlichkeit .80   F. Gewinn von 3000 mit Gewißheit

–  isolierte Beurteilung führt zur Präferenz von F, obwohl...   E = .25 x 0.80 x 4000 = 800   F = .25 x 1.00 x 3000 = 750

»  ist im Effekt identisch zu Entscheidung 2 (frühere Folie), bei der Vpn Situation C (äquivalent zu E) vor D (äquivalent zu F) präferieren

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Prospekt-Theorie: Erklärung

• Annahme eines zweistufigen Vorgangs » 1) Editionsprozeß („framing“)

– Kodierung der Ergebnisse als Gewinne oder Verluste um einen neutralen Referenzpunkt

– Kombination der Wahrscheinlichkeiten, die mit identischen Ergebnissen verknüpft sind

–  Trennung riskanter von sicheren Komponenten –  Streichung aller Aspekte, die für alle Optionen gemeinsam gelten

» 2) Evaluation und Auswahl –  den durchschnittlichen Wert Value jedes edierten „Prospekts“ (=erwarteter

Gewinn) bestimmen:   Value = π(p) * w(g) + π(q) * w(v)   wobei w(g,v) Wert-Funktion, π(p,q) Gewichtungsfunktion, p+q=1, g=Gewinn,

v=Verlust –  anschließend höchsten Value auswählen

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Prospekt-Theorie: Funktionen

•  Gewichtungsfunktion π: »  monotone Funktion von p »  am Rand: π(0)=0, π(1)=1 »  gibt subjektive Bedeutung der

Wahrscheinlichkeit an

•  Wert-Funktion v: »  neutraler Referenzpunkt »  Funktion ist steiler bei Verlusten als bei

Gewinnen, d.h. Verluste von 100 schmerzen mehr als Gewinne von 100 erfreuen

»  konkav bei positiven Werten, konvex bei negativen (Unterschied $10/$20 > $110/$120)

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 62 -

Kritik von Oswald Huber

»  In realistischen Risiko-Situationen: – Nicht die exakte Eintritts-Wahrscheinlichkeit

wichtig, sondern stattdessen: aktives Risiko-Management!

–  Für attraktive Alternativen wird „risk defusing operator“ (RDO) gesucht (z.B. prospektiv: Schutz-Impfung, retrospektiv: Versicherung)

» Methodisches Vorgehen: –  „active information search“ (AIS), d.h. Pbn erfragen

beim Vl zusätzliche Details (-> fast keine Frage nach Wahrscheinlichkeiten)

Huber, O. (2012). Risky Decisions: Active Risk Management. Current Directions in Psychological Science, 21(1), 26-30.

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Kritik von Oswald Huber ff.

» Risk-Management Decision Theory (RMDT): – Klassische Lotterien der Entscheidungsforschung sind untypisch –  In realistischen Situationen: aktiver Such-Prozess

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Mengenurteile���(Baron, 1988, p. 362ff.)

» Mengenurteile –  betreffen die Bewertung einzelner Fälle auf der Basis von Informationen in

Hinblick auf bestimmte Kriterien » Beispiele:

– Bewertung einer Prüfungsleistung –  Schönheitswettbewerb, Rangplätze für Stellenbewerber – muß ein Depressiver ins LKH?

» Mengenurteilen ist daher ... – Beurteilung eines einzelnen Objekts („rating“) – Ordnung einer Menge durch Zuweisung von Zahlen („ranking“) – Klassifikation (dichotome Entscheidung)

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 65 -

Klassisches Verfahren: Multiple Regression

– Vorhersage einer Kriteriumsvariablen (AV: Y) bei gleichzeitiger Berücksichtigung mehrerer Prädiktorvariablen (UVn: X1, X2...)

– Y´=a + b 1X1+ b2X2 +...+ e   Y´: vorhergesagtes Kriterium   a: Achsenabschnitt (“intercept”; Konstante)   bi: Regressionsgewicht für Prädiktor i unter Auspartialisierung des Einflusses aller

übrigen Prädiktoren   Xi: Prädiktor i   e: Anpassungsfehler

– wenn standardisierte Variablen (z-transformiert) verwendet werden, erhält man standardisierte Regressionsgewichte („Beta-Gewichte”)

– Beta-Gewicht gibt den eigenständigen Beitrag eines Prädiktors im Kontext aller übrigen Prädiktoren zur Aufklärung der Kriteriumsvarianz an

–  Problem:   Annahme additiver Wirkungen   Annahme eines linearen Wirkungszusammenhang

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Linsenmodell (Brunswik, 1952)

» Grundmodell: –  empirisches Regressions-���

modell wird mit naivem ���Regressionsmodell ���eines Beurteilers verglichen

–  obj Kriterium <- Hinweis-���reize -> subj Urteil

» Bsp.: – Wettervorhersage durch Meteorologen (Kriterium <- Hinweisreize) bzw. naiven

Beobachter (Hinweisreize -> subj Urteil)   Ye(„objektives“ Wetter) = b 1eX1+ b2eX2 +...+ err   Ys(„subjektives“ Wetter) = b 1sX1+ b2sX2 +...+ err

–  durch Vergleich der Gewichtungsfaktoren kann subjektive “cue utilisation” bzw. objektive “ökologische” Validität bestimmt werden sowie das “achievement” (als Korrelation zw. Urteil und Kriterium)

Brunswik, E. (1952). The conceptual framework of psychology. Chicago, IL: University of Chicago Press.

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 67 -

Gigerenzer, G., & Todd, P. M. (1999). Fast and frugal heuristics: The adaptive toolbox. In G. Gigerenzer, P. M. Todd, & the ABC Research Group (Eds.), Simple heuristics that make us smart (pp. 3-34). New York: Oxford University Press.

„fast and frugal heuristics“ (Gigerenzer et al.)

• Konzept einer adaptiven Werkzeugkiste, die schnell und sparsam arbeitet

• Verbindung dreier Rationalitätskonzepte: » „bounded rationality“ (Herbert Simon)

–  Inferenzen über die Welt müssen schnell und sparsam getroffen werden – Grundbausteine: (a) heuristisches Prinzip zur Suche, (b) Abbruchkriterium

» Ökologische Rationalität – Nutzung verschiedener Umwelt-Strukturen

» Soziale Rationalität –  Sonderform der Ökologischen Rationalität: Ausnutzung der sozialen Umwelt

(durch Beachtung von sozialen Normen, elterlicher Zuwendung, etc.)

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Schnell und sparsam: „recognition“ & „take the best“

•  recognition heuristic: » Wiedererkennen als einfachstes Prinzip » Bsp.: der „less-is-more“-Effekt (Goldstein & Gigerenzer, 1999)

– Welche Stadt hat mehr Einwohner: San Diego oder San Antonio? – Amerikanische Studierende: 62% korrekt, deutsche Studierende: 100% – Grund: Amerikaner kennen beide Städte, Deutsche nur San Diego

•  take the best (TTB), ignore the rest: » TTB-Heuristik verwendet Cue mit höchster Validität und schaut, ob der zur

Entscheidung führt - falls nicht, weiter mit dem zweitbesten Cue bis zur Entscheidung

» Bsp. „welche Stadt hat mehr Einwohner“ (Gigerenzer & Goldstein, 1999), insgesamt 83 deutsche Städte > 100.000 Einwohner, 9 Cues (geordnet nach ökolog. Validität: Hauptstadt, Messe, Bundesliga, IC-Anschluß, Landeshauptstadt, Universität, Autoschild, Ruhrgebiet, Osten)

Gigerenzer, G., & Goldstein, D. G. (1999). Betting on one good reason: The take the best heuristic. In G. Gigerenzer et al. (Eds.), Simple heuristics that make us smart (pp. 75-96). New York: Oxford University Press. Goldstein, D. G., & Gigerenzer, G. (1999). The recognition heuristic: How ignorance makes us smart. In G. Gigerenzer et al. (Eds.), Simple heuristics that make us smart (pp. 37-58). New York: Oxford University Press.

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Kritik von Bröder (2000)

• TTB: » Kann nicht den Anspruch auf ein universelles Prozessmodell

probabilistischer Inferenzen erheben, denn... »  ... in Bröders Experimenten nutzen TTB nur einige Vpn und dies auch nur

manchmal! » Offen bleibt, wer es warum in welchen Situationen anwendet!

Bröder, A. (2000). Assessing the empirical validity of the "Take The Best" heuristic as a model of human probabilistic inference. Journal of Experimental Psychology: Learning, Memory, and Cognition, 26, 1332-1346. Bröder, A., & Schiffer, S. (2006). Adaptive flexibility and maladaptive routines in selecting fast and frugal decision strategies. Journal of Experimental Psychology: Learning, Memory, & Cognition, 32, 904-918.

Page 70: Einfaches und Komplexes Problemlösen · • Bourne, Ekstrand & Dominowski (1971):! » Denken ist! – (a) ein komplexer, vielseitiger Prozeß! – (b) im wesentlichen intern ablaufend!

SS 2012 Problemlösen (Funke) - 70 -

2.6 Handlungstheoretischer Zugang

• PL als zielgerichtetes Handeln • Zentrale Elemente:

»  Intentionalität: impliziert Ziele und Absichten als Leitstrukturen » Kontrolle: impliziert Verantwortlichkeit und freien Willen » Polyvalenz: impliziert multiple Ebenen der Beschreibung (Bsp.

Klavierspielen: Schall, übendes Kind, Lärm, Ruhestörung, usw.) • Phasenmodelle:

» Zielausarbeitung » Hypothesenbildung » Planen und Entscheiden » Überwachung » Evaluation

Brandtstädter, J. (2001). Entwicklung - Intentionalität - Handeln. Stuttgart: Kohlhammer.

Page 71: Einfaches und Komplexes Problemlösen · • Bourne, Ekstrand & Dominowski (1971):! » Denken ist! – (a) ein komplexer, vielseitiger Prozeß! – (b) im wesentlichen intern ablaufend!

SS 2012 Problemlösen (Funke) - 71 -

Theorie geplanten Verhaltens (Ajzen, 1991)

•  Verhalten ist von Intentionen abhängig, die ihrerseits wiederum von Einstellungen, Normen und Kontrollüberzeugungen abhängen

•  wahrgenommene Verhaltenskontrolle spielt ���eine Schlüsselrolle, da sie in Kombination mit der Intention eine Vorhersage des Verhaltens ermöglicht

•  Kritik Greve (2001): »  Pseudo-Empirie »  Sprachlogisches Apriori

Einstellung gegenüberdem Verhalten

subjektive Norm

WahrgenommeneVerhaltenskontrolle

Intention Verhalten

Ajzen, I. (1991). The theory of planned behavior. Organizational Behavior and Human Decision Processes, 50, 179-211. Greve, W. (2001). Traps and gaps in action explanation. Theoretical problems of a psychology of human action. Psychological Review, 108, 435-451.

Page 72: Einfaches und Komplexes Problemlösen · • Bourne, Ekstrand & Dominowski (1971):! » Denken ist! – (a) ein komplexer, vielseitiger Prozeß! – (b) im wesentlichen intern ablaufend!

SS 2012 Problemlösen (Funke) - 72 -

3 Einfaches Problemlösen���(nach Funke, 2003, Kap. 3)

•  3.1 Untersuchungsparadigmen •  3.2 Problem versus Aufgabe •  3.3 Typologie von Problemen •  3.4 Grundbegriffe des Problemlösens sensu Dörner •  3.5 Kritik der Klassischen Problemlöseforschung

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 73 -

3.1 Untersuchungsparadigmen

•  je nach theoretischer Herkunft Präferenz für unterschiedliche Problemstellungen [siehe Abb. auf nächstem Dia]

» Probleme mit “Trick“ – Alles-oder-Nichts-Lösung –  z.B. “Streichholzproblem“, “Neun-Punkte-Problem“

» Sequentielle Probleme –  schrittweise Annäherung an den Zielzustand –  genaue Analyse des Suchraums möglich –  z.B. “Kannibalen und Missionare“ –  z.B. “Turm von Hanoi“

• mit den Aufgaben sind jeweils nur bestimmte Erkenntnisse zu erzielen!

Hussy, W. (1984). Denkpsychologie. Ein Lehrbuch. Band 1: Geschichte, Begriffs- und Problemlöseforschung, Intelligenz. Stuttgart: Kohlhammer.

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 74 -

unterschiedliche Problemstellungen

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 75 -

Kannibalen und Missionare

•  5 Missionare und 5 Kannibalen sind am linken Flußufer; Boot faßt 3 Personen; Kannibalen dürfen nicht in der Überzahl sein

•  Zustandsnotation: »  z5,4,r bedeutet: 5 M, 4 K, Boot rechts

•  Veränderungsnotation: »  01 bedeutet: 0 M, 1 K im Boot

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 76 -

Turm von Hanoi

minimale Zugzahl: 2n-1

Klix, F. & Rautenstrauch-Goede, K. (1967). Struktur- und Komponentenanalyse von Problemlösungsprozessen. Zeitschrift für Psychologie, 174, 167-193.

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 77 -

Methodische Zugänge

» Verhaltensdaten (Eingriffs-Sequenzen) » Blickbewegung » Verbalprotokoll

» z.B. “krypto-arithmetisches Problem“

Ericsson, K.A. & Simon, H.A. (1980). Verbal reports as data. Psychological Review, 87, 215-251. Ericsson, K.A. & Simon, H.A. (1993). Protocol analysis: Verbal reports as data (2nd ed.). Cambridge, MA: MIT Press. Funke, J., & Spering, M. (2006). Methoden der Denk- und Problemlöseforschung. In J. Funke (Ed.), Denken und Problemlösen (=Enzyklopädie der Psychologie, Themenbereich C: Theorie und Forschung, Serie II: Kognition, Band 8) (pp. 647-744). Göttingen: Hogrefe.

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 78 -

kryptarithmetisches Problem

C R O S S +R O A D S ---------------- D A N G E R Analyse von Blickbewegungen Analyse der Verbaldaten Analyse der Lösungssequenz

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 79 -

Blickbewegungsmessung

ATP Eye Tracking Lab http://atp.uni-hd.de/forschun/eyes/eyetracking.html

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 80 -

3.2 Problem versus Aufgabe

• Problem » Spannung zwischen Ist- und Soll-Wert; Barriere, die eine Transformation

erforderlich macht; produktiv • Aufgabe

» geistige Anforderung, für deren Bewältigung Methoden bekannt sind; reproduktiv

• wichtig hierbei: Vorwissensabhängigkeit » Unterschied zwischen Problem und Aufgabe ist vom Vorwissen abhängig,

somit keine absolute Eigenschaft des Problems selbst

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 81 -

3.3 Typologie von Problemen

•  Ill-defined vs. well-defined problems » analog zur Unterscheidung offener und geschlossener Probleme » ausschließlich in Hinblick auf die Zielsituation definiert

• Konzept der “Barrieren” nach Dörner (1976) » aus den beiden zweistufigen Dimensionen “Klarheit der Zielkriterien“ und “Bekanntheitsgrad der Mittel“ lassen sich vier Barrieren bestimmen:

– K+ B+: Interpolation; Bsp. Kursbuchproblem, Schach – K+ B-: Synthese; Bsp. Denksportaufgaben, Alchimistenproblem – K- B+: dialektisch – K- B-: dialektisch & Synthese; Bsp. “mache Wohnung schöner“, komplexe

Probleme

Dörner, D. (1976). Problemlösen als Informationsverarbeitung. Stuttgart: Kohlhammer.

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 82 -

3.4 Grundbegriffe des Problemlösens sensu Dörner

•  jedes Problem ist in einen Realitätsbereich eingebettet, der besteht aus

» Sachverhalten, z.B. Zustände eines Autos, Schachpositionen » Operatoren, z.B. Werkzeuge, Schachzüge

• Operation vs. Operator » Operator: allgemeine Form einer Handlung, Handlungsprogramm » Operation: konkrete Anwendung eines Operators

• Problemlösen » Prozess des Auffindens eines zielführenden Wegs in einem Labyrinth von

möglichen Wegen (=Änderungen von Sachverhalten mittels Operatoren)

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 83 -

Eigenschaften eines Sachverhalts

•  (1) Komplexität •  (2) Dynamik •  (3) Vernetztheit •  (4) Intransparenz •  (5) Vorliegen freier Komponenten

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 84 -

(1) Komplexität

» abhängig von der Anzahl der Elemente und der Vielfalt der Verknüpfungen im jeweiligen Realitätsbereich

» ab einem gewissen Komplexitätsgrad sind komplexitätsreduzierende Maßnahmen erforderlich (wegen begrenzter Ressourcen!)

– Abstraktion: Ausklammerung bestimmter Merkmale – Komplexbildung: Zusammenfassung einzelner Komponenten zu einem Block

  z.B. Haufen von Sternen —> Sternzeichen   ermöglicht unterschiedliches Auflösungsniveau, Bsp. Auto:

»  Ebene 0: etwas vs. nichts; Ebene 1: Materialklumpen mit bestimmten Eigenschaften; Ebene 2: Karosserie – Chassis – Motor; Ebene 3: Einzelteile davon; ....; Ebene ∞: Atomstruktur

»  Wahl des richtigen Auflösungsniveaus bestimmt Problemlöseverhalten: bei defektem Motor auf Ebene 1: wegschmeißen, auf E2: neuer Motor, auf E3: neuer Anlasser, etc.

– Reduktion auf einen Begriff:   z.B. Beschreibung der politischen/ökonomischen Situation der 50er/60er-Jahre als

„Adenauer-Ära“

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 85 -

(2) Dynamik bzw. Eigendynamik

•  (autonome) Veränderungen der Situation über die Zeit hinweg, ohne Zutun des Problemlösers

•  erzeugt Zeitdruck •  verlangt Abschätzen von Entwicklungen • Bsp.

» Waldsterben » AIDS-Fallzahlen

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 86 -

(3) Vernetztheit

• Eingriffe an einer Stelle des Systems erzeugen Effekte an weit entfernten Systempunkten

•  keine isolierte Beeinflussung einzelner Variablen möglich! • Notwendigkeit von Nebenwirkungsanalysen • Bsp.:

» Grundwasser-Entnahmen » komplexe Ökosysteme

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 87 -

Ein Beispiel

Quelle: http://www.uni-giessen.de/fbr09/nutr-ecol/forsc_honig.php

Gesundheit

Umwelt

Wirtschaft

Gesellschaft

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 88 -

(4) Intransparenz

• weder sind alle beteiligten Variablen bekannt noch sind von allen bekannten Variablen deren Ausprägungen bekannt

•  keine direkte Feststellung beteiligter Merkmale • Rückschluss vom Symptom auf latente Variable erforderlich • Bsp.:

» Arbeitszufriedenheit von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eines Betriebs » Gesundheitszustand einer Person

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 89 -

(5) Vorliegen freier Komponenten

• Unterschied zwischen einer Reparaturwerkstatt mit und ohne Ersatzteillager: bestimmt den möglichen (bzw. nötigen) Auflösungsgrad der Problemanalyse

• Bsp.: » Autoschaden in einer Stadt bzw. in der Sahara

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 90 -

Eigenschaften eines Operators 1/2

• Operator ≈ Transformator ≈ Handlungsprogramm »  (1) Wirkungsbreite

– Anzahl der Merkmale eines Sachverhalts, auf die der Operator verändernd wirkt   Umgang mit Breitband-Operatoren ist schwieriger wegen eventueller

Nebenwirkungen;   Bsp. Antibiotika

»  (2) Reversibilität – wenn sie gegeben ist, kann spielerisches Probierverhalten gezeigt werden und

damit der Effekt verschiedener Alternativen getestet werden   Bsp. Vereinbarung beim Schach, daß ein Zug wieder zurückgenommen werden kann

»  (3) Größe des Anwendungsbereichs –  Frage nach Anwendungsbedingungen, von denen Operator-Einsatz abhängig ist

  Bsp. Rochade im Schachspiel

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 91 -

Eigenschaften eines Operators 2/2

»  (4) Wirkungssicherheit – Wahrscheinlichkeit, mit der ein Operator-Einsatz ein bestimmtes Ergebnis

produziert   Bsp. Schachspiel; blutdrucksenkendes Medikament

»  (5) Kosten – Durchführung einer Kosten-Nutzen-Rechnung, z.B. bei teurem AIDS-

Medikament   materielle Kosten   zeitliche Kosten

»  (6) Form – Anfüge-, Trenn-, Tausch-, Wandlungs-Operator

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 92 -

3.5 Kritik der Klassischen Problemlöseforschung 1/2

• Fachimmanente Ursachen » Simplizität der Problemstellungen

– Denksportaufgaben – Rätsel

» Krise der Intelligenzforschung – mangelnde Prognoseleistung für wichtige Bereiche (Arbeit, Politik) –  Schulnoten-Bezug zu alltagsfremd –  Faktorenanalyse als Methode diskreditiert –  hypothesentestende vs. -generierende Verfahren

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 93 -

Kritik der Klassischen Problemlöseforschung 2/2

• Gesellschaftliche Randbedingungen » Schock durch “Ölkrise” 1972 » zunehmend sichtbar werdende Umweltkatastrophen » unübersehbar: Hungersnöte, Armut, Kriegsgefahren,

Bevölkerungswachstum, Klimakatastrophe » keine Antwort der Problemlöseforschung auf die anthropologische Frage:

–  Ist der Mensch unfähig zum Umgang mit einer immer komplexer werdenden Umwelt?

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 94 -

4 Komplexes Problemlösen���(nach Funke, 2003, Kap. 4 & 5)

•  4.1 Entstehungsgeschichte •  4.2 Definition •  4.3 Szenarien als Reizmaterial •  4.4 Forschungstraditionen •  4.5 Taxonomie •  4.6 Empirische Befunde •  4.7 Methodische Probleme •  4.8 Verknüpfungen zu anderen Disziplinen •  4.9 Kritik der KPL-Forschung

Funke, J. (2003). Problemlösendes Denken. Stuttgart: Kohlhammer.

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 95 -

4.1 Entstehungsgeschichte

» Entstanden als Reaktion auf das seit Anfang der 70er Jahre spürbare

Unbehagen mit klassischem Problemlösen: zu simpel, zu wenig realitätsnah » Vorschlag von Dietrich Dörner (Bamberg): Verwendung von

computersimulierten Szenarien als neuartiges Reizmaterial für denkpsychologische Forschung

» Verfügbarkeit von Großrechnern zunächst in Rechenzentren, später (als Kleinrechner) in psychologischen Laboratorien

Gigerenzer, G. (1991). From tools to theories: A heuristic of discovery in Cognitive Psychology. Psychological Review, 98, 254-267.

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 96 -

“Diagnostik der operativen Intelligenz” (Dörner, 1986)

• Kritik an klassischer Intelligenzforschung » nur geringe Varianzaufklärung » “quantificatio praecox” » nur auf Genauigkeit und Geschwindigkeit gerichtet

•  breites Verständnis von “Denken” » “eine mehr oder minder gut aufgebaute Struktur” » zeitliche Abfolge der Verarbeitungsschritte »  inhaltlicher Bezug der Schritte aufeinander » mehr oder minder schnell und genau » plastischer Prozess, abhängig von Situationsmerkmalen und von Emotionen

Dörner, D. (1986). Diagnostik der operativen Intelligenz. Diagnostica, 32, 290-308.

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 97 -

operative Intelligenz ff.

• Forderung » neben Genauigkeit und Geschwindigkeit Erfassung eines operativen/

strategischen Moments – Umsicht (Antizipation von Neben- und Fernwirkungen) –  Steuerungsfähigkeit der kognitiven Operationen – Verfügbarkeit von Heurismen – “Weisheit”

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 98 -

operative Intelligenz ff.

• Eigenschaften komplexer, dynamischer Probleme »  trotz aller Unterschiede gemeinsam, dass ein System in einen besseren

Zustand gebracht werden soll »  liegen als Computerprogramme vor und verhalten sich damit dynamisch » meist nur mittelbare Beeinflussung “kritischer” Variablen möglich » Entscheidungen haben Neben- und Fernwirkungen

• Anforderungen an den Akteur »  Informationsgewinnung und -integration (-> Fragen) » Zielausarbeitung und -balancierung » Maßnahmenplanung und Entscheidung (in “Bündeln” und “Ketten”) » Selbstmanagement (wg. Zeitdruck, Stress, Frustration)

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operative Intelligenz ff.

•  allgemeines Ziel der KPL-Forschung: » Ermittlung von Regularitäten der Interaktion verschiedener Prozesse »  Interaktion von kognitiven, emotionalen und motivationalen Prozessen

•  ableitbare Parameter in komplexen Szenarien » Systemveränderung

–  Trendfeststellung (Endzustand minus Anfangszustand) – Über- bzw. Unterwölbung (Abweichung vom linearen Trend) – Verlaufsruhe (absolute Abweichungen vom Trend)

» Ablauf kognitiver Prozesse –  Frageverhalten: Art (Zustand, Dependenz, Effektanz, Komponenten,

Subordination, Superordination) und Ort –  Entscheidungsverhalten: Ort und Dosierung

» Veränderungen über die Zeit hinweg: Innovation bzw. Stabilität von Fragen und Entscheidungen

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 100 -

4.2 Definition KPL 1/2

•  nach Dörner et al. (1983, p. 26): » “Ein Akteur soll den Zustand eines Realitätsausschnitts hinsichtlich

mehrerer Kriterien optimieren (Polytelie).” »  “Dabei ist z.T. offen, hinsichtlich welcher Kriterien diese Optimierung

erfolgen soll.” » “Außerdem herrscht beim Akteur Unkenntnis über Teile des

Realitätsausschnitts und selbst die bekannten Merkmale sind nicht alle auch feststellbar; es sind intransparente Teile vorhanden.”

» “Der Realitätsausschnitt ist komplex, d.h. der Akteur kann in der ihm zur Verfügung gestellten Entscheidungszeit selbst diejenigen Merkmale des Realitätsausschnitts nicht feststellen und verarbeiten, die an sich feststellbar sind, da deren Zahl zu groß ist.”

Dörner, D., Kreuzig, H.W., Reither, F. & Stäudel, T. (Eds.). (1983). Lohhausen. Vom Umgang mit Unbestimmtheit und Komplexität. Bern: Huber.

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 101 -

4.2 Definition KPL 2/2

» nach Frensch und Funke (1995, p. 18) – “CPS occurs to overcome barriers between a given state and a desired goal state

by means of behavioral and/or cognitive, multi-step activities.” – “The given state, goal state, and barriers between given state and goal state are

complex, change dynamically during problem solving, and are intransparent.” – “The exact properties of the given state, goal state, and barriers are unknown to

the solver at the outset.” – “CPS implies the efficient interaction between a solver and the situational

requirements of the task, and involves a solver’s cognitive, emotional, personal, and social abilities and knowledge.”

Frensch, P.A. & Funke, J. (1995). Definitions, traditions, and a general framework for understanding complex problem solving. In P.A. Frensch & J. Funke (Eds.), Complex problem solving: The European perspective (pp. 3-25). Hillsdale, NJ: Lawrence Erlbaum Associates.

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 102 -

4.3 Innovatives: Szenarien als Reizmaterial

• Bsp. TAILORSHOP (Wiebke Putz-Osterloh) » System mit 24 Variablen; Ziel: über simulierten Zeitraum von z.B. 12

Monaten kleine Firma gewinnbringend führen [Abb. nächste Seite] » Transparenz als Moderatorvariable?

–  unter Transparenz (=Vorliegen des Variablengefüges) korreliert Test-Intelligenz und PL-Leistung positiv, unter Intransparenz dagegen nicht!

» dagegen Funke (1983): bei sauberer Selektion der Pbn aus einem breiten IQ-Range zeigt sich ein signifikanter Prädiktionswert der Test-Intelligenz, aber kein Transparenz-Effekt!

» Problem der Operationalisierung von Lösungsqualität (Anzahl Monate mit Kapitalanstieg – Flüssigkapital vs. Gesamtkapital)!

Putz-Osterloh, W. (1981). Über die Beziehung zwischen Testintelligenz und Problemlöseerfolg. Zeitschrift für Psychologie, 189, 79-100. Funke, J. (1983). Einige Bemerkungen zu Problemen der Problemlöseforschung oder: Ist Testintelligenz doch ein Prädiktor? Diagnostica, 29, 283-302. Danner, D., Hagemann, D., Holt, D. V., Hager, M., Schankin, A., Wüstenberg, S., & Funke, J. (2011). Measuring performance in a complex problem solving task: Reliability and validity of the Tailorshop simulation. Journal of Individual Differences, 32, 225-233.

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 103 -

Tailorshop: Das (alte) Interface

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 104 -

Tailorshop: Die Systemstruktur

Lieferwagen Verkauf Lagerkosten Guthaben-zinsen

Kapital

Geschäftslage NachfrageHemdenlager

Schulden-zinsen

Werbung Preis

Produktion Lager fürRohmaterial

Preis fürRohmaterial

LagerkostenZufriedenheit

Sozial-ausgaben

Lohn AnzahlArbeiter

AnzahlMaschinen

Zustand derMaschinen

Abschreibung

Reparaturkosten

Anzahl umgerüsteterMaschinen

+ -

+

-

-

+

-

-+

-

-+-

+

+

-

-

-

++

+

+ +

+

+ -

+ +

-

+

+

+

-

+

-

+

Die fett markierten Variablen können direkt beeinflusst werden.

MOATCoPS — Part B1.A STATE OF THE ART AND OBJECTIVES Page 2 of 15

In addition, properties of the mathematical model such as stability, sensitivity, and existence of multiple localoptima are of interest. While successful approaches for each property have been developed in both psychologyand optimization, a comprehensive integration of multiple properties is still in its infancy.We investigate a multitude of CPS microworlds with different combinations of properties and different fram-ings. One microworld that comprises all of the properties of Table 2 in an economical framing is the Tailorshop.

maximizeoverall balance

shirtsin stock

reputation

priceper shirt

demandsales

+

+

- -

+

+

+(shirts)

production

distributionsites

employees advertising

wages

shirtquality

+

+

++

+

+

Figure 2: Schematic representations of the Tailorshop microworld. Left: full model. Inputs are indicated with adiamond. Arrows show positive and negative influence of variables. The maximization task applies to the last of a fixednumber of turns. Right: a simplification of the representation as used for decomposition approaches.

Participants have to make economic decisions to maximize the overall balance of a small company specializedin the production and sales of shirts. Figure 2 gives a visual idea of the CPS task. The Tailorshop is sometimesreferred to as the “drosophila” for CPS researchers [16] and is thus a prominent example for a computer-basedmicroworld. It has been used in a large number of studies. Comprehensive reviews of studies with Tailorshophave been published, e.g., in [16]. In this proposal we use the Tailorshop to illustrate ideas and concepts.However, we stress that it is only one of many microworlds we investigate.Measuring performance. The calculation of indicator functions to measure the performance of CPS partici-pants is by no means trivial. Hussy [22, p. 62] writes in 1985 (own translation from German)

“Only when it is possible, e.g., by means of mathematical optimization methods, to deter-mine the objectively optimal solution process and to compare it with the process chosenby the participant, will this severe problem be overcome.”

The non-availability of an objective performance indicator is an obstacle for analysis and it has often beenargued that inconsistent findings are due to the fact that

“. . . it is impossible to derive valid indicators of problem solving performance for tasksthat are not formally tractable and thus do not possess a mathematically optimal solution.Indeed, when different dependent measures are used in studies using the same scenario(i.e., Tailorshop), then the conclusions frequently differ.”

as stated by Wenke and Frensch [43, p.95]. To measure performance within the Tailorshop microworld, differ-ent indicator functions have been proposed, see [10] for a recent review. They all have shortcomings: they arenot objective, as results depend on other participants, they do not yield insight into the temporal process, andthey do not indicate which decisions were important. None of the questions of Table 1 can be answered.Empirical work. The main intention of CPS is the desire to understand how certain variables influence a solu-tion process. In general, personal and situational variables are distinguished. The most typical and frequentlyanalyzed personal variable is intelligence. How intelligence influences CPS is an ongoing debate [44]. Otherinteresting personal variables are working memory [33], amount of knowledge [25], and emotion regulation[31]. Situational variables such as the impact of goal specificity and observation [30], feedback [4], and timeconstraints [17] have attracted less attention. Psychologists have been researching into CPS for decades. Oneof the groundbreaking works by Ewert and Lambert in 1932 was based on the Tower of Hanoi. Since the 1970scomputer-based test scenarios have also been in use, e.g., Tailorshop, LEARN, Moro, or FSYS 2.0. Allmicroworlds try to reflect the characteristics of real life problems and to incorporate properties from Table 2.Despite the importance of learning and training to solve complex problems, little to nothing (in terms of sys-

Sager, S., Barth, C., Diedam, H., Engelhart, M., & Funke, J. (2011). Optimization as an analysis tool for human complex decision making. SIAM Journal of Optimization, 21(3), 936-959.

A New Test-scenario for Optimization-basedAnalysis and Training of Human Decision MakingM. Engelhart, J. Funke, S. SagerHeidelberg University, Germany — Contact information at http://mathopt.de

Introduction• Computer-based test scenarios are widely

spread in Complex Problem Solving• Need objective indicator for participant’s per-

formance �! use optimization! Compareparticipant’s performance to optimal solu-tion [1]

• Tailorshop [2, 3, 4]: one of the most famoustest scenarios in CPS, economic simulation in12 rounds

• Developed in the 1980s by Dörner et al.• Participants need to take decisions, such as

investment, advertising, hiring, prices• Implementation of Tailorshop uses mathe-

matical model implicitly �! can extract aMINLP model, use this model for optimiza-tion

MINLP Model• Model extracted from Tailorshop implementation in GW-Basic, but: implementation from early

1980s contained model errors (service bug, van bug)• Dynamic model with discrete time k = 0, . . . , N with some integer decisions• mathematical optimization problem for participant and month 0 ns < N: xk

maxx,u,s

F(xN) = xOBN

s.t. xk+1 = G(xk, uk, sk, p), k = ns . . . N � 1,0 H(xk, xk+1, uk, sk, p), k = ns . . . N � 1,uk 2 W, k = ns . . . N � 1,xns = xp

ns .

(1)

• Goal: find decisions uk to maximize overall balance at end time• Series of optimal objective function values F⇤(xN ; ns) for ns = 0, . . . , N � 1• Compare F⇤(xN ; ns = k) with F⇤(xN ; ns = k + 1) �! obtain exact value of how much less the

participant is still able to obtain, optimal decisions assumed (How much is still possible–function)

Implementation• implementation with web-based frontend

(AJAX, PHP, and MySQL)

• allows for a larger number of participants

• will use AMPL interfaces for optimization —allows, e.g., for usage of COIN-OR solvers

• use of optimization for both feedback andanalysis of the participant’s performance

New Tailorshop Web Interface

References[1] S. Sager, C. Barth, H. Diedam, M. Engelhart, and J. Funke, “Optimization to measure performance in the Tailorshop test scenario — structured MINLPs and beyond”, in Proceedings EWMINLP10, CIRM,

Marseille, April 12–16 2010, pp. 261–269.[2] J. Funke, “Einige Bemerkungen zu Problemen der Problemlöseforschung oder: Ist Testintelligenz doch ein Prädiktor?”, Diagnostica, vol. 29, pp. 283–302, 1983.[3] H.-M. Süß, K. Oberauer, and M. Kersting, “Intellektuelle Fähigkeiten und die Steuerung komplexer Systeme”, Sprache & Kognition, vol. 12, pp. 83–97, 1993.[4] W. Putz-Osterloh, “Über die Beziehung zwischen Testintelligenz und Problemlöseerfolg”, Zeitschrift für Psychologie, vol. 189, pp. 79–100, 1981.

New Tailorshop Test-Scenario

Tailorshop concept with dependencies and positive/negative influences.Diamonds show participants’ control possibilities.

Feedback and Training• How much is still possible–function yields feed-

back when decisions were bad• But can also determine which decisions were

bad using Lagrange multipliers• With fast optimization: compute feedback

based on optimal solutions while participant issolving the problems

• How does feedback influence learning?• How should this feedback be represented?• Use test scenario with feedback for training Old Tailorshop-GUI

Outlook• Include parameter estimation and optimum

experimental design• First phase: participant has to estimate cer-

tain parameter, has to decide when to mea-sure

• End of first phase: compare estimatedvalue to parameter estimation, compareparticipant’s experiment to optimum ex-primental design result

• Second phase: participant has to optimize

• extend to scenarios with continuous time

1

Page 105: Einfaches und Komplexes Problemlösen · • Bourne, Ekstrand & Dominowski (1971):! » Denken ist! – (a) ein komplexer, vielseitiger Prozeß! – (b) im wesentlichen intern ablaufend!

SS 2012 Problemlösen (Funke) - 105 -

Eigenschaften eines komplexen Problems 1/2

• Komplexität » Die Systeme bestehen aus sehr vielen verschiedenen Variablen » Konsequenz: Die Verarbeitungskapazität des Problemlösers wird

überschritten, daher besteht die Notwendigkeit der Informationsreduzierung • Vernetztheit

» Diese Variablen sind untereinander stark vernetzt » Konsequenz: Der Problemlöser muss die (wechselseitigen) Abhängigkeiten

zwischen den beteiligten Variablen berücksichtigen, daher besteht die Notwendigkeit zur Modellbildung und Informationsstrukturierung

• Eigendynamik » Das System entwickelt sich auch ohne Zutun des Akteurs weiter » Konsequenz: Es steht nur begrenzt Zeit zum Nachdenken zur Verfügung,

daher besteht die Notwendigkeit rascher Entscheidungen aufgrund oberflächlicher Informationsverarbeitung

Page 106: Einfaches und Komplexes Problemlösen · • Bourne, Ekstrand & Dominowski (1971):! » Denken ist! – (a) ein komplexer, vielseitiger Prozeß! – (b) im wesentlichen intern ablaufend!

SS 2012 Problemlösen (Funke) - 106 -

Eigenschaften eines komplexen Problems 2/2

•  Intransparenz » Die Informationen, die der Akteur für seine Entscheidungen braucht, sind

nicht vollständig zugänglich (z.T. aus prinzipiellen Gründen, z.T. aus Zeitgründen)

» Konsequenz: Es besteht die Notwendigkeit aktiver Informationsbeschaffung

• Polytelie » Es ist nicht nur ein Kriterium zu optimieren, sondern es müssen viele,

gelegentlich einander widersprechende Bedingungen beachtet werden » Konsequenz: Der Problemlöser muss eine differenzierte Zielstruktur mit

Regeln zur Konfliktlösung aufbauen und es besteht die Notwendigkeit mehrdimensionaler Informationsbewertung

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 107 -

LOHHAUSEN-Studie (Dörner et al., 1983)

• Simulationssystem: » ca. 2000 Variablen simulieren

Vorgänge in einer Kleinstadt; Pb soll Rolle eines Bürgermeisters für 10 simulierte Jahre einnehmen, verteilt auf mehrere Sitzungen von insgesamt 8 Stunden Dauer; keine direkte Interaktion mit dem System möglich; 48 studentische Pbn, Datenanalyse beruht im wesentlichen auf dem Vergleich der 12 besten mit den 12 schlechtesten Pbn [Abb. nächste Seite]

Dörner, D., Kreuzig, H.W., Reither, F. & Stäudel, T. (Eds.). (1983). Lohhausen. Vom Umgang mit Unbestimmtheit und Komplexität. Bern: Huber.

Stadtplan von Lohhausen an der Lohe

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 108 -

Lohhausen: Grobstruktur & Ergebnisse

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 109 -

LOHHAUSEN: zentraler Befund

• Testintelligenz ist kein Prädiktor für die Leistung im Bürgermeister-Spiel!

•  ebenfalls nicht prädiktiv: Motivation, Testkreativität, Geschlecht, Alter, Studienfach, Vorbildung

• Erfolgs-Prädiktoren: » Selbstsicherheit; Extraversion; Streben nach sinnvoller Informationssuche

(“kontrollierte diversive Exploration“); Umschalten zwischen fluktuierendem und fokussierendem Denken (“Steuerungsfähigkeit der Divergenz-Konvergenz-Hemmschwelle“)

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 110 -

Primärfehler beim Umgang mit dem komplexen System

• Primärfehler: »  (1) mangelnde Berücksichtigung zeitlicher Abläufe, Schwierigkeiten bei

exponentiellen Entwicklungsverläufen »  (2) Denken in Kausalketten statt in Kausalnetzen »  (3) Überwertigkeit des aktuellen Motivs

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 111 -

Effekte der intellektuellen Notfallsituation

• Senkung des intellektuellen Niveaus »  (1) Absinken der Selbstreflexionen »  (2) Absinken von Absichten und Vornahmen »  (3) Stereotypisierung »  (4) Absinken realisierter Absichten

• Tendenz zu schnellem Handeln »  (5) Erhöhung der Risikobereitschaft »  (6) erhöhte Regelverstöße »  (7) erhöhte Fluchttendenzen

• Degeneration der Hypothesenbildung »  (8) globalere Hypothesenbildung und deformiertere Prüfung »  (9) Verschanzungstendenz (keine Falsifikation mehr) »  (10) Entkonkretisierung von Zielen

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Kritische Bewertung von LOHHAUSEN

• Positiv: » Aufbruch in ein neues Zeitalter der PL-Forschung » Kreative Theorieelemente »  Interessantes Fallmaterial

• Negativ: » Geringe Reliabilität der abhängigen Variablen » Unklare Validität der abhängigen Variablen » Mangelnde Prüfbarkeit theoretischer Aussagen

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 113 -

4.4 Zwei grundlegende Zugänge (nach Buchner, 1995)

• Suche nach individuellen Unterschieden »  Intelligenz, Lernfähigkeit, Motivation » Experten vs. Novizenvergleich » Selbstreflexion, heuristische Kompetenz und Kontrollstreben

• Formale Aufgabenanalyse » Lineare Strukturgleichungssysteme » Finite Automaten

Buchner, A. (1995). Basic topics and approaches to the study of complex problem solving. In P.A. Frensch & J. Funke (Eds.), Complex problem solving: The European perspective (pp. 27-63). Hillsdale, NJ: Lawrence Erlbaum Associates.

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 114 -

Zugang 1: Suche nach individuellen Unterschieden���(vgl. Funke, 2003, Kap. 5.1)

• Ausgangspunkt: » bisherige Problemlöseforschung hat sich nicht mit realistischen

Problemstellungen beschäftigt » simulierte Szenarien bieten völlig neue Forschungsmöglichkeiten »  Interaktion von Emotion und Kognition beobachtbar

Dörner, D. (1981). Über die Schwierigkeiten menschlichen Umgangs mit Komplexität. Psychologische Rundschau, 32, 163-179. Dörner, D., Schaub, H., Stäudel, T. & Strohschneider, S. (1988). Ein System zur Handlungsregulation oder - Die Interaktion von Emotion, Kognition und Motivation. Sprache & Kognition, 7, 217-232.

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 115 -

Beobachtete Fehlleistungen

– mangelnde Konkretisierung des Handlungsziels   Bsp.: Führungskräfte verwenden bei MORO im Schnitt 31 Minuten für die

Zielausarbeitung, Studierende ca. 16 Minuten (vgl. Schaub & Strohschneider, 1992) – mangelnde Balancierung gegenläufiger Ziele

  kann nur durch Reduktion des Anspruchsniveaus für mind. eines dieser Ziele bewältigt werden

–  reduktive Hypothesenbildung, d.h. komplex bedingte Wirkungen werden auf eine Ursache reduziert   Bsp.: wovon hängt Zufriedenheit der Bevölkerung ab?

– mangelnde Hintergrundkontrolle, d.h. Vernachlässigung von Neben- und Fernwirkungen   Bsp.: Übergänge zwischen verschiedenen Aktivitäten bei guten und schlechten

Problemlösern   Unzulänglichkeiten beim Erfassen von zeitlichen Abläufen   Bsp.: AIDS-Fallzahlen   Bsp.: nicht-linearer Verlauf

Schaub, H. & Strohschneider, S. (1992). Die Auswirkungen unterschiedlicher Problemlöseerfahrung auf den Umgang mit einem unbekannten komplexen Problem. Zeitschrift für Arbeits- und Organisationspsychologie, 36, 117-126.

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 116 -

Fehlleistungen ff.

–  lineares Denken in Ursache-Wirkungsketten, d.h. Wechselwirkungen werden nicht berücksichtigt   Bsp.: Art der Modellbildung

[Fig. 3.11, 3.13 aus Dörner & Wearing, 1995]

–  ballistisches Handeln, d.h. Effekte von Handlungen werden nicht kontrolliert

– mangelnde Selbstreflexion

Dörner, D. (1989). Die Logik des Mißlingens. Strategisches Denken in komplexen Situationen. Hamburg: Rowohlt.

Vp mit komplexem Modell, enthält Wechselwirkungen

Vp mit linearem Modell, ohne Schleifen

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 117 -

Vier Ursachen für Fehlleistungen (nach Dörner, 1989)

– Ökonomietendenzen   Die Begrenztheit der Ressource „bewusstes Denken“ in komplexen Situationen führt

unweigerlich zu einer Reduktion der verfügbaren Informationen. Diese Reduktion wird durch vereinfachte Kausalmodelle, Verzicht auf die Betrachtung von Fern- und Nebenwirkungen sowie die Linearisierung von zeitlichen Entwicklungen erreicht.

– Überwertigkeit des aktuellen Motivs   Obwohl sich aus den Ökonomietendenzen unmittelbar eine Überbewertung der

aktuellen Motivlage ergeben sollte, wird dies als eigenständige Ursache von Fehlleistungen im Sinne reduzierter Informationsverarbeitung benannt.

–  Schutz des eigenen Kompetenzempfindens   Für kognitionspsychologische Modelle zum Problemlösen neu ist die Annahme, dass

der Schutz des eigenen Kompetenzempfindens das Suchen und Berücksichtigen von Informationen beeinträchtigt, die die Vorstellung über die Realität und damit die Grundlage der Handlungsfähigkeit falsifizieren könnten

– Vergessen   Vor allem emotional positiv oder negativ gefärbte Ereignisse bleiben erinnerbar,

emotional neutrale Ereignisse jedoch weniger. Da in komplexen dynamischen Umwelten häufig die neutralen Ereignisse bedeutsame Informationsträger sind, führt das dazu, dass Informationen über wichtige Zusammenhänge häufig gar nicht verfügbar sind.

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 118 -

idealisiertes Prozessmodell

» Modellbildung: –  Theorie des Komplexen

Problemlösens ist im wesentlichen eine Theorie der Absichtsregulation

–  Ziele bestimmen Absichten, Absichten führen zu Entscheidungen

–  das ganze hängt ab von äußeren Faktoren (Dringlichkeit, Wichtigkeit) und inneren Faktoren (Kompetenz, Wissen)

–  Zentraler Bestandteil: Intention

Dörner, D. & Wearing, A. (1995). Complex problem solving: Toward a (computersimulated) theory. In P.A. Frensch & J. Funke (Eds.), Complex problem solving: The European perspective (pp. 65-99). Hillsdale, NJ: Lawrence Erlbaum Associates.

Zielausarbeitung

Modellbildung und Informationssammlung

Prognose und Extrapolation

Planung von Aktionen;Entscheidung und Durchführung der Aktionen

Effektkontrolle und Revision der Handlungsstrategien

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 119 -

Zugang 2: Formale Aufgabenanalyse��� (vgl. Funke, 2003, Kap. 5.2)

» Fragestellung – Wie sehen Wissenserwerb und Wissensanwendung beim Umgang mit einem

unbekannten dynamischen System aus? » Untersuchungsansatz für Systeme mit kontinuierlichen Variablen

–  Pb soll als Forscher die Zusammenhänge zwischen den Variablen eines ihm unbekannten Systems explorieren

– Bsp: Planet SINUS » System besteht aus zwei Variablentypen

–  exogene Variablen (Maßnahmen): können beeinflusst werden –  endogene Variablen (Zustände): sollen gesteuert werden

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 120 -

SINUS: Oberfläche

SINUS Durchgang 1Woche... 1 2 3 4 5Zustand:Gaseln..... 1600 1700 1800 1900 2000Schmorken.. 900 957 1013 1055 1096Sisen...... 300 293 286 281 306

Maßnahmen:Olschen.... 10 10 10 10Mukern..... 12 11 13 28Raskeln.... -1 -1 -5 -5

Durch Drücken der Leertaste eine der Maßnahmen auswählen,evtl. einen neuen Wert eingeben und dann „return” drücken

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 121 -

SINUS: Kausalstruktur

Olschen"

Mukern"

Raskeln"

Schmorken"

Sisen"

10"

2"

3"

0.5"

1"0.2"

0.9"

Gaseln"1"

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 122 -

Formale Aufgabenanalyse ff.

» zweiphasiger Ablauf –  Experimentier-Phase

  dient der Identifikation des Systems   Feststellung der Leistung durch Kausal-Diagramm-Diagnostik

–  Zielerreichungs-Phase   dient der Kontrolle des Systems   Feststellung der Leistung durch Bestimmung von Abweichungsmaßen

» Befunde –  starke Effekte von Systemeigenschaften

  Beobachten vs. Steuern   Anzahl der Nebenwirkungen   Ausmaß der Eigendynamik   semantische Einkleidung (ALTÖL)   Präsentationsformat (numerisch vs. grafisch)

Funke, J. (1993). Microworlds based on linear equation systems: A new approach to complex problem solving and experimental results. In G. Strube & K.-F. Wender (Eds.), The cognitive psychology of knowledge (pp. 313-330). Amsterdam: Elsevier Science Publishers.

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Untersuchungsansatz für Systeme mit diskreten Variablen

» Pb soll als Forscher die Zustandsübergänge eines unbekannten finiten Automaten erkunden

» System wird als finiter Automat konzipiert [Tabelle 1, Abbildung 1] –  finite Menge von Eingabezeichen –  finite Menge von Ausgabezeichen –  finite Menge von Zuständen – Übergangsfunktion: nächster Zustand als Konsequenz des Eingabezeichens –  Ergebnisfunktion: Ausgabezeichen als Konsequenz des Eingabezeichens

» Pbn entwickeln subjektive Repräsentation der Zustandsübergänge [Fig. 2] » Tripel-Repräsentation als Basis-Element

–  Zustand S(t) –  Intervention I(t) –  Zustand S(t+1)

Buchner, A. (1999). Komplexes Problemlösen vor dem Hintergrund der Theorie finiter Automaten. Psychologische Rundschau, 50, 206-212.

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 124 -

Bsp: Finiter Automat

Zustände / Eingaben

Ausgaben x1 x2

s0 / y1

s1 / y2

s2 / y3

s1

s2

s0

s0

s2

s2

SSS0 1 2

x

x x x

xx

1

21

2 1

2

yyy1 2 3

I t

F 3 F 4

F 1 F 2

B 1

B 3 B 4

B 2

I t+1S t+1S t

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 125 -

diagnostische Möglichkeiten

» Prognostische Frage: –  gegeben Zustand S(t) und Intervention I(t), welcher Zustand S(t+1) wird

kommen? »  Interpolations-Frage:

–  gegeben Zustand S(t) und Zustand S(t+1), welche Intervention I(t) ist erfolgt? » Retrognostische Frage:

–  gegeben Zustand S(t+1) und Intervention I(t), welcher Zustand S(t) stand am Anfang?

» Bsp.: –  SUGAR FACTORY von Donald Broadbent in der Re-Analyse von Buchner,

Funke & Berry (1995)

Buchner, A. & Funke, J. (1993). Finite state automata: Dynamic task environments in problem solving research. Quarterly Journal of Experimental Psychology, 46A, 83-118. Buchner, A., Funke, J. & Berry, D.C. (1995). Negative correlations between control performance and verbalizable knowledge: Indicators for implicit learning in process control tasks? Quarterly Journal of Experimental Psychology, 48A, 166-187.

Page 126: Einfaches und Komplexes Problemlösen · • Bourne, Ekstrand & Dominowski (1971):! » Denken ist! – (a) ein komplexer, vielseitiger Prozeß! – (b) im wesentlichen intern ablaufend!

SS 2012 Problemlösen (Funke) - 126 -

Neue Idee zur Erfassung:���“Minimal Complex Systems”

» classic assessment approach –  to realize complex, dynamic environments for interactions with problem solvers,

some researchers have proposed to use highly complex scenarios and and simulations

» new assessment approach –  search for minimal complex systems which can be used for an assessment of

participants’ interactions   allows short testing time (5 min per item)   allows construction of multiple independent items   allows assessment of sub-dimensions

» use of two formalisms for item construction –  systems with continuous variables: linear structural equation systems

(MicroDYN) –  systems with discrete variables: finite state automata (MicroFIN)

Greiff, S., & Funke, J. (2010). Systematische Erforschung komplexer Problemlösefähigkeit anhand minimal komplexer Systeme. Zeitschrift für Pädagogische Psychologie, 56 (Beiheft), 216-227. OECD (2011). PISA 2012 problem solving framework: Draft for field trial. Paris: OECD.

Page 127: Einfaches und Komplexes Problemlösen · • Bourne, Ekstrand & Dominowski (1971):! » Denken ist! – (a) ein komplexer, vielseitiger Prozeß! – (b) im wesentlichen intern ablaufend!

SS 2012 Problemlösen (Funke) - 127 -

The MicroDYN approach

127

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 128 -

!

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 129 -

The MicroDYN approach: Three facets of DPS

»  Information retrieval –  Task: „Explore the system“ (180 seconds)

»  (B) Model building –  Task: „Draw the connections between variables as you suppose“ (Simultaneously

to A) »  (C) Forecasting

–  Task: „Reach given target values by correctly regulating the system.“ (90 seconds)

» à All three facets derived from Dörners Theory of Operational Intelligence (1989)

129

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Psychologisches Institut der Universität Fribourg

- 130 - Joachim Funke Educational Assessment Conference, April 29th 2011

130

Page 131: Einfaches und Komplexes Problemlösen · • Bourne, Ekstrand & Dominowski (1971):! » Denken ist! – (a) ein komplexer, vielseitiger Prozeß! – (b) im wesentlichen intern ablaufend!

Psychologisches Institut der Universität Fribourg

- 131 - Joachim Funke Educational Assessment Conference, April 29th 2011

131

Page 132: Einfaches und Komplexes Problemlösen · • Bourne, Ekstrand & Dominowski (1971):! » Denken ist! – (a) ein komplexer, vielseitiger Prozeß! – (b) im wesentlichen intern ablaufend!

SS 2012 Problemlösen (Funke) - 132 -

MicroDYN Examples

•  Several authentic items developed, e.g. items with the semantics –  “refueling a moped”, ”playing in a handball team”,

“mixing a perfume”, “feeding cats”, “mixing elements in a chemistry lab” etc.

132

Page 133: Einfaches und Komplexes Problemlösen · • Bourne, Ekstrand & Dominowski (1971):! » Denken ist! – (a) ein komplexer, vielseitiger Prozeß! – (b) im wesentlichen intern ablaufend!

SS 2012 Problemlösen (Funke) - 133 -

MicroFIN: Examples

133

Page 134: Einfaches und Komplexes Problemlösen · • Bourne, Ekstrand & Dominowski (1971):! » Denken ist! – (a) ein komplexer, vielseitiger Prozeß! – (b) im wesentlichen intern ablaufend!

SS 2012 Problemlösen (Funke) - 134 -

Funke, J. (1990). Systemmerkmale als Determinanten des Umgangs mit dynamischen Systemen. Sprache & Kognition, 9, 143-153.

4.5 Taxonomie von KPL-Einflußfaktoren

» Wozu Taxonomien? » Taxonomien dienen der Ordnung eines Gegenstandsbereichs

– Bsp: System von Lenné in der Biologie zur Klassifikation » Taxonomie für Komplexes Problemlösen von Funke (1990) » Ziel: Beschreibbarkeit möglichst aller in diesem Feld durchgeführten

Arbeiten – Aufdecken von Forschungsschwerpunkten wie auch von Forschungslücken – Vorgabe von Unabhängigen Variablen im Rahmen experimenteller

Untersuchungen

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Taxonomie von Funke (1990)

» Personmerkmale –  kognitive Merkmale –  emotionale und motivationale Merkmale –  Persönlichkeitsmerkmale im engeren Sinn

» Situationsmerkmale –  Transparenz des Systems

  Grad der Zugänglichkeit zu Systemvariablen und ihren Zuständen   direkte Zugänglichkeit vs. Vl-vermittelte Infos

– Aufgabenstellung   z.B. Identifizieren vs. Steuern

» Aufgabenmerkmale –  formale Aspekte

  bestimmen Schwierigkeit des Systems unabhängig von seiner semantischen Einkleidung

–  inhaltliche Aspekte   Vorwissensaktivierende Elemente wie Variablen-Etiketten, Rahmengeschichte, etc.

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Reaktion von Strohschneider (1991): » Untrennbarkeit von “Aufgabe” und “Situation”

–  aus subjektiver Sicht gibt es nicht “Aufgabe” und “Situation”, sondern nur einen integralen Eindruck

–  aber: die Unterscheidung von subjektiver und objektiver Sicht macht m.E. großen Sinn!

–  denn: objektive Systemgrößen sind selbst dann verhaltensbestimmend, wenn ein Pb deren Existenz nicht wahrnimmt

» mangelnder Wert taxonomischer Bemühungen –  Pbn-Wahrnehmung eines Systems unterscheidet nicht die von mir genannten

Facetten –  aber: auch ein naiver Betrachter einer Sommerwiese “sieht” nicht die

taxonomischen Kategorien des Biologen » unzureichende Abgrenzung verschiedener Arten von Systemwirkungen

–  z.B. exogene vs. endogene Effekte: nur in artifiziellen Systemen möglich, nicht aber in “natürlichen” Systemen wie MORO

–  aber: auch MORO ist ein artifizielles System! Strohschneider, S. (1991). Kein System von Systemen! Kommentar zu dem Aufsatz "Systemmerkmale als Determinanten des Umgangs mit dynamischen Systemen" von Joachim Funke. Sprache & Kognition, 10, 109-113.

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Modell von Frensch & Funke (1995)

» Person (“Problem Solver”) – Kognitive Aspekte

  Gedächtnisinhalte (statisch): bereichsspezifische und bereichsübergreifende   Verarbeitungsmerkmale (dynamisch): Strategien, monitoring   Bewertung

– Nicht-kognitive Aspekte   Motivation   Selbstsicherheit   Ausdauer

» Situation (“Environment”) –  verfügbare Ressourcen –  Störungen (z.B. Zeitdruck)

» System (“Task”) – Barrieren zwischen Ist- und Soll-Zustand – Mittel zur Überwindung von Barrieren

Problem Solver Task

Complex Problem Solving Situation

Environment

MEMORYCONTENTS(static)

INFORMATIONPROCESSING(dynamic)

GIVENS GOALS

TOOLS

BarriersKnowledge:

domain-general

domain-specific

StrategiesMonitoringEvaluation

Additional information, resources,disturbances, etc.

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4.6 Empirische Befunde

» 4.6.1 Person-Merkmale   Intelligenz (Dörner et al., 1983; Putz-Osterloh, 1981; Süß, Kersting & Oberauer, 1991,

1993)   Motivation (Hesse, Spies & Lüer, 1983)

» 4.6.2 Situations-Merkmale   Transparenz (Funke, 1983; Putz-Osterloh & Lüer, 1981)   Beobachten vs. Eingreifen (Berry, 1991; Funke & Müller, 1988)   Ausmaß des Trainings (Heineken et al., 1992)   Semantische Einkleidung (Hesse, 1982)   Streß (Dörner & Pfeifer, 1992)

» 4.6.3 System-Merkmale   Art des Feedback (Brehmer, 1995)   Grad der Eigendynamik (Funke, 1992)   Anzahl der Nebenwirkungen (Funke, 1992)

Details nachzulesen in: Funke, J. (1995). Experimental research on complex problem solving. In P.A. Frensch & J. Funke (Eds.), Complex problem solving: The European perspective (pp. 243-268). Hillsdale, NJ: Lawrence Erlbaum Associates.

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4.6.1 Person-Merkmale

•  Intelligenz (Dörner et al., 1983) •  Intelligenz (Putz-Osterloh, 1981) •  Intelligenz (Süß, Kersting & Oberauer, 1991, 1993) • Motivation (Hesse, Spies & Lüer, 1983)

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Intelligenz (Dörner et al., 1983)

» LOHHAUSEN –  In LOHHAUSEN bei N=48 Studierenden keine signifikanten Korrelationen zw.

CFT3-Score und insgesamt 7 verschiedenen Gütekriterien –  aber:

  bei 37 der 48 Vpn ist IQ >110, IQ(mean)=120; dh. geringe Varianz des Prädiktors!   unbekannte Reliabilität des Kriteriums!

Dörner, D., Kreuzig, H.W., Reither, F. & Stäudel, T. (Eds.). (1983). Lohhausen. Vom Umgang mit Unbestimmtheit und Komplexität. Bern: Huber.

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Intelligenz (Putz-Osterloh, 1981)

» Untersuchung   TAILORSHOP mit N=83 Pbn, davon aufgrund technischer Probleme 48 verwertbare

Pbn [Abb. 4.1]   24 simulierte Monate, Gütemaß: Anzahl der Monate mit Flüssigkapital-Anstieg

(=Trend-PO)   drei Bedingungen

»  (1) intransparent ohne Zielvorgabe »  (2) intransparent mit Zielvorgabe »  (3) transparent mit Zielvorgabe

  Gruppen (1+2) werden zusammengefasst (N=35) und mit Gruppe (3, N=13) verglichen

– Befund   Tau-Rangkorrelation zwischen Raven APM-Score und Trend-PO liegen für (1+2) bei

-0.22 (n.s.), für (3) bei -0.01 (n.s.) –  Folgerung

  komplexes Problemlösen wird durch IQ-Werte nicht bzw. negativ vorhergesagt!

Putz-Osterloh, W. (1981). Über die Beziehung zwischen Testintelligenz und Problemlöseerfolg. Zeitschrift für Psychologie, 189, 79-100.

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Intelligenz (Süß, Kersting & Oberauer, 1991, 1993)

–  KPL erfasst mit TAILORSHOP –  IQ erfasst mit Berliner

Intelligenzstrukturmodell (BIS) [Abbildung 1]

  operative Komponenten »  Verarbeitungskapazität »  Bearbeitungsgeschwindigkeit »  Einfallsreichtum »  Merkfähigkeit

  inhaltsgebundene Komponenten »  verbal »  numerisch »  figural

Süß, H.-M., Kersting, M. & Oberauer, K. (1991). Intelligenz und Wissen als Prädiktoren für Leistungen bei computersimulierten komplexen Problemen. Diagnostica, 37, 334-352. Süß, H.-M., Kersting, M. & Oberauer, K. (1993). Zur Vorhersage von Steuerungsleistungen an computersimulierten Systemen durch Wissen und Intelligenz. Zeitschrift für Differentielle und Diagnostische Psychologie, 14, 189-203.

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Intelligenz ff.

– Untersuchung mit N=249 Schülerinnen und Schülern der 12. Klasse; viele Zusatzdaten   neben Gesamtkapital und Trend-FU auch neues Maß “Gewinnspanne pro verkauftem

Hemd” bestimmt; wiederholte Bearbeitung des Problems mit unterschiedlichen Startwerten; ausführliche Wissensdiagnostik

– Befund   bei klassischer Auswertung kein Zusammenhang zwischen IQ-Maßen und KPL-

Leistung!   Reliabilität der alten KPL-Leistungsmaße: 0.37 bis 0.53   bei Auswertung mit neuen Maßen substantielle Zusammenhänge zwischen KPL-

Leistung und Verarbeitungskapazität (0.25-0.43, p<0.05), numerischen Fähigkeiten (0.32, p<0.05) und allgemeiner Intelligenz (0.26, p<0.05)! [Tabelle 6]

  Reliabilität der neuen KPL-Leistungsmaße: 0.52 bis 0.61 –  Folgerung

  Gütekriterien für KPL-Leistung müssen reliabel und valide sein (Nachweis erforderlich!)

  bei differenzierter Messung der Intelligenz substantielle Vorhersage der KPL-Leistung möglich, selbst unter Intransparenz!

  Bedingung der Symmetrie zwischen Prädiktor und Kriterium zu beachten!

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Motivation (Hesse, Spies & Lüer, 1983)

–  Erwartung   durch persönliche Betroffenheit kann leistungsförderliche Motivation geschaffen

werden – Untersuchung

  System EPIDEMIE (auf TI59): Vp ist Leiter der örtlichen Gesundheitsbehörde »  Version 1: ungefährliche Grippe-Epidemie »  Version 2: lebensbedrohliche Pocken-Epidemie

  20 simulierte Wochen   N=60 Pbn, 30 pro Bedingung

– Befund   Leistung bei Pocken besser als bei Grippe   Zeitverbrauch bei Pocken wesentlich höher als bei Grippe   keine Unterschiede bei Gesamtzahl gestellter Fragen   bei starker Betroffenheit zeigt sich höhere Lösungsgüte [Abb. 3]

–  Folgerung   persönliche Betroffenheit wirkt sich aus auf Ergebnis der Problembearbeitung und auf   die Vorgehensweise (Frageverhalten, Aufzeichnungen, Maßnahmen, Bearbeitungszeit)

Hesse, F.W., Spies, K. & Lüer, G. (1983). Einfluß motivationaler Faktoren auf das Problemlöseverhalten im Umgang mit komplexen Problemen. Zeitschrift für Experimentelle und Angewandte Psychologie, 30, 400-424.

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4.6.2 Situations-Merkmale

• Transparenz (Putz-Osterloh & Lüer, 1981) • Transparenz (Funke, 1983) • Beobachten vs. Eingreifen (Funke & Müller, 1988) • Beobachten vs. Eingreifen (Berry, 1991) • Ausmaß des Trainings (Heineken et al., 1992) • Semantische Einkleidung (Hesse, 1982) • Stress (Dörner & Pfeifer, 1992)

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Transparenz (Putz-Osterloh & Lüer, 1981)

–  als Replikationsstudie zu Putz-Osterloh (1981)   N=70 Vpn unter Transparenz und Intransparenzbedingung   15 simulierte Monate

– Befund   Tau-Rangkorrelation zwischen Raven APM-Score und Trend-PO liegen für

Transparenz bei 0.31 (p<0.05), für Intransparenz bei 0.01 (n.s.) –  Folgerung

  Transparenz ist Moderator-Variable; wenn vorhanden, ist das komplexe Problem ähnlich wie eine IQ-Aufgabe

Putz-Osterloh, W. & Lüer, G. (1981). Über die Vorhersagbarkeit komplexer Problemlöseleistungen durch Ergebnisse in einem Intelligenztest. Zeitschrift für Experimentelle und Angewandte Psychologie, 28, 309-334.

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Transparenz (Funke, 1983)

– Replikation der Arbeit von Putz-Osterloh mit einer Computerversion von TAILORSHOP [Abb. 3, 4]

–  Experiment mit zwei Faktoren   Testintelligenz: hoch vs. niedrig-intelligente Vpn   Transparenz: mit vs. ohne Systemgrafik   insgesamt 48 Pbn aus 105 IQ-getesteten Studierenden ausgewählt (low vs. high)   N=14 Pbn nach zwei Wochen erneut mit TAILORSHOP konfrontiert

– Befund   deutlicher IQ-Effekt bei Trend-FU, nicht aber bei Trend-PO!   kein Transparenz-Effekt!   Retest-Korrelation bei Trend-PO: 0.20, bei Trend-FU: 0.80!

–  Folgerung   Indikatoren müssen reliabel sein, bevor Schlüsse gezogen werden   bei breitem IQ-Spektrum auch starke IQ-Effekte feststellbar   hinsichtlich Transparenz durch Computerversion evtl. transparentere

Grundbedingungen geschaffen?

Funke, J. (1983). Einige Bemerkungen zu Problemen der Problemlöseforschung oder: Ist Testintelligenz doch ein Prädiktor? Diagnostica, 29, 283-302.

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Beobachten vs. Eingreifen (Funke & Müller, 1988)

–  Erwartung   bloßes Beobachten eines Systems (wie z.B. bei passiver Prozeßkontrolle) führt zu

anderem Wissen als aktives Eingreifen – Untersuchung

  System SINUS, zwei Faktoren »  mit und ohne Eingriffsmöglichkeit (yoked control design, “experimentelle Zwillinge”) »  mit und ohne Prognoseforderung

  N=32 studentische Vpn   gemessen wurde Wissenserwerb, Vorhersageleistung und Steuerungsleistung

– Befund   Eingreifer haben schlechteres Wissen, Prognostiker zeigen bessere Vorhersageleistung   Beobachter und Nicht-Prognostiker erzielen besseres Wissen

–  Folgerung   Pbn orientieren ihre Bearbeitung an den jeweils vorgegebenen Zielen: Eingreifer

greifen besser ein, Prognostiker prognostizieren besser   Beobachter und Nicht-Prognostiker haben keine andere Aufgabe als den

Wissenserwerb, der immer wieder abgefragt wird

Funke, J. & Müller, H. (1988). Eingreifen und Prognostizieren als Determinanten von Systemidentifikation und Systemsteuerung. Sprache & Kognition, 7, 176-186.

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Beobachten versus Eingreifen (Berry, 1991)

  Fragestellung »  lässt sich durch bloße Beobachtung Wissen über ein komplexes Problem erwerben? »  wie sehen die Effekte für explizit bzw. implizit erworbenes Wissen aus?

  Untersuchung »  SUGAR FACTORY bzw. PERSON INTERACTION entweder Beobachtung des

Experimentators oder aktive Gestaltung des Eingriffs »  30 Durchgänge Beobachtung, 30 Durchgänge Steuerung; Serie von 5 Experimenten »  AV: Steuerungsgüte -> implizites Wissen, Fragebogenleistung -> explizites Wissen

  Befund »  bloße Beobachtung führt zu keinem nennenswerten Wissenserwerb, selbst bei ausgedehnteren

Beobachtungsphasen (60 Beobachtungstakte) nicht »  macht man die Aufgabe “salient” (dh. aktueller Wert vom direkt vorhergehenden abhängig,

anstatt von dem Wert, der zwei Takte zurück liegt), gelingt dies wohl »  aktives Eingreifen führt zu guter Kontrolle; Eintippen von Vl-Entscheidungen (Vp ist nur “typist”) vs. Entscheidungen werden vom Vl eingetippt (Vp ist nur “decider”): kein Unterschied, beide schlechter als KG -> dh. Entscheidungen und Aktionen müssen verknüpft sein!

  Folgerung »  aktives Eingreifen spielt bedeutende Rolle, wenn man lernen will komplexe Systeme zu

steuern »  zumindest in frühen Phasen des Lernens müssen Entscheidungen an eigene Aktionen

geknüpft sein, um maximal effektiv zu sein

Berry, D. C. (1991). The role of action in implicit learning. Quarterly Journal of Experimental Psychology, 43A, 881-906.

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Ausmaß des Trainings (Heineken et al., 1992)

–  Erwartung   Befunde zum Versagen von Menschen bei der Regulierung komplexer Systeme

beruhen auf zu kurzen Expositionszeiten   Untersuchung des Problemlösens sollte sich an technischen Regelkreisen orientieren

– Untersuchung   System zur Temperaturregulierung

»  Temp T(i)=T(i-1) + (Stellwert S(i-Totzeit)-50) * 0.15 »  Faktor “Totzeit” (0, 2, 8 Takte), Faktor “Hinweis auf Totzeit” (mit, ohne)

  6 Vpn pro Zelle, dh. insgesamt 36 Vpn; sechs Durchgänge mit jeweils 200 Eingaben – Befund

  Güte der Regelung verbessert sich mit dem Training, Länge der Totzeit erschwert die Regelung, Latenzzeiten werden kürzer; kein Effekt des Hinweises

–  Folgerung   Totzeit stellt wesentlich erschwerendes Merkmal dar, lange Exposition macht aber

auch hier Lernen möglich   Konstanthalten einer gewählten Einstellung fällt unter langen Totzeit-Bedingungen

schwerer, obwohl dies gerade dort am wichtigsten ist

Heineken, E., Arnold, H.-J., Kopp, A. & Soltysiak, R. (1992). Strategien des Denkens bei der Regelung eines einfachen dynamischen Systems unter verschiedenen Totzeitbedingungen. Sprache & Kognition, 11, 136-148.

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Semantische Einkleidung (Hesse, 1982)

– Untersuchung   System DORI: Vp soll Lebensbedingungen eines Nomadenstamms verbessern, 20

Eingriffsperioden, vier Gruppen mit jeweils N=30:   Faktor Semantik: formal identische Version mit und ohne Semantik

»  “Der Bau von Tiefwasserbrunnen kann zum Absinken des Grundwassers führen” »  “Eine Erhöhung von T kann sich negativ auf G auswirken”

  Faktor Transparenz: Mit oder ohne Vernetzungsgrafik – Befund

  hinsichtlich Gütekriterien Haupteffekt “Semantik” (abstrakt ist deutlich schlechter), kein Transparenzeffekt; ähnliches gilt für Häufigkeit gestellter Fragen nach Systemzuständen: nur unter abstrakter Bedingung deutlich erhöht

  unter abstrakter Bedingung erhöht sich insbesondere zu Spielbeginn die Bearbeitungszeit und es steigt die Verwendung von Aufzeichnungen

  Korrelation zw. Raven-APM und Lösungsgüte unter Semantik annähernd Null, unter abstrakter Bedingung dagegen um 0.40

–  Folgerung   starker Einfluss von Vorwissen auf Leistung, Frageverhalten, Vorgehensweise

Hesse, F.W. (1982). Effekte des semantischen Kontexts auf die Bearbeitung komplexer Probleme. Zeitschrift für Experimentelle und Angewandte Psychologie, 29, 62-91.

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Stress (Dörner & Pfeifer, 1992)

–  Fragestellung   wie sieht die “Kunst des Handelns unter den schwierigsten Bedingungen” (Moltke)

aus? – Untersuchung

  System FEUER, Faktor “Stress” (sehr störendes Rauschen vs. Ruhe)   jeweils N=20 Vpn, 5 Spielwiederholungen (1=leicht, 5=1, 3=sehr schwer, 4=schwer)   jeweils 150 Zeittakte Dauer

– Befund   Stress scheint ohne Einfluss auf Erfolg/Mißerfolg; Spieler lernen etwas (Vergleich

Spiel 1 mit 5); unter Stress werden mehr Befehle gegeben, mehr Patrouillenbefehle gegeben, sind Latenzzeiten kürzer

  es werden jeweils andere Fehler gemacht –  Folgerung

  geringfügige Änderungen der Situation führen zu großen Verhaltensänderungen   rein kognitive Theorien reichen zur Erklärung nicht aus   integratives Modell

Dörner, D. & Pfeifer, E. (1992). Strategisches Denken, Strategische Fehler, Streß und Intelligenz. Sprache & Kognition, 11, 75-90.

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 153 -

4.6.3 System-Merkmale

• Art des Feedback (Brehmer, 1995) • Grad der Eigendynamik (Funke, 1992) • Anzahl der Nebenwirkungen (Funke, 1992)

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Art des Feedback (Brehmer, 1995)

–  Fragestellung   Auswirkungen von Zeitverzögerungen

»  Totzeit (“dead time”): wie lange dauert es, bis ein Befehl wirksam wird »  Zeitkonstante: wie lange braucht eine Kontrollaktion, um das System zu verändern »  “information delay”: Verzögerung der Ergebnis-Mitteilung

– Untersuchung   Szenario FIRE FIGHTING   kurz nach Beginn eines Feuers wird ein zweites erzeugt   abhängige Variablen: verlorene Basen, verbrannte Fläche, Einsatz der Ressourcen   unterschiedliche Versuchsbedingungen mit verschiedenen Delay-Beträgen,

Information der Vpn über Delays, Art der Simulation (event driven vs. time driven) – Befunde und Folgerungen

  in allen Fällen starke negative Effekte von Delays; gilt allerdings nur für die Delays, die inferiert werden, gilt nicht für Delays, die “gesehen” werden können

  Information der Vpn über Delays bleibt weitgehend folgenlos, Zweitfeuer erzielen nicht die nötige Aufmerksamkeit der Vpn

  evtl. “misperception of feedback” Brehmer, B. (1995). Feedback delays in complex dynamic decision tasks. In P.A. Frensch & J. Funke (Eds.), Complex problem solving: The European perspective (pp. 103-130). Hillsdale, NJ: Lawrence Erlbaum.

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Grad der Eigendynamik (Funke, 1992)

–  Fragestellung   wie wirkt sich das Systemattribut “Eigendynamik” auf Wissenserwerb und

Systemkontrolle aus? – Untersuchung

  System SINUS in drei Varianten mit unterschiedlicher Eigendynamik   4 Explorationsdurchgänge, 1 Steuerdurchgang   N=8 Vpn pro Bedingung, insgesamt N=24   gemessen wird Wissenserwerb (GdK, über Kausaldiagramme) und Steuerungsgüte

(GdS, als Abweichungsmaß) – Befund

  geringer Effekt von ED auf GdK oder GdS nachweisbar   GdK bedeutsamer Prädiktor für GdS

–  Folgerung   Eigendynamik hat sich nicht stark ausgewirkt   Wissenserwerb ist Voraussetzung für Steuerung

Funke, J. (1992). Dealing with dynamic systems: Research strategy, diagnostic approach and experimental results. German Journal of Psychology, 16, 24-43.

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Anzahl der Nebenwirkungen (Funke, 1992)

–  Fragestellung   wie wirkt sich das Systemattribut “Nebenwirkung” auf Wissenserwerb und

Systemkontrolle aus? – Untersuchung

  System SINUS in drei Varianten mit unterschiedlichen Nebenwirkungen   4 Explorationsdurchgänge, 1 Steuerdurchgang   N=8 Vpn pro Bedingung, insgesamt N=24   gemessen wird Wissenserwerb (GdK, über Kausaldiagramme) und Steuerungsgüte

(GdS, als Abweichungsmaß) – Befund

  deutlicher Effekt von NW auf GdK nachweisbar   GdK bedeutsamer Prädiktor für GdS

–  Folgerung   ED möglicherweise leichter zu erkennen als NW   bei NW verstärkt Kompensationsannahmen

Funke, J. (1993). Microworlds based on linear equation systems: A new approach to complex problem solving and experimental results. In G. Strube & K.-F. Wender (Eds.), The cognitive psychology of knowledge (pp. 313-330). Amsterdam: Elsevier Science Publishers.

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4.6.4 Wechselwirkungen

– Obwohl in den theoretischen Modellen ständig von Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Einflussgrößen geredet wird, sind sie kaum untersucht worden

–  Taxonomie macht deutlich, dass vielfältige Wechselwirkungen auftreten können –  Forschungsgruppen sind oft nur an bestimmten Einzelphänomenen interessiert

  Analyse von Person-Unterschieden bei konstanten Systembedingungen   Analyse von Systemeffekten bei gleichzeitigem Ignorieren von Personeffekten

– Grenzen der bedingungsanalytischen Methodik?

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4.7 Methodische Probleme

• Einzelfall-Methodik • Experimentelle Vorgehensweise • Wissensdiagnostik

•  (wird übersprungen)

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Einzelfall-Methodik

» Forschungsprozedur –  aus empirischen Daten (knowledge level) werden Hypothesen über zugrunde

liegende Datenstrukturen und Prozessen gebildet (symbol level) –  es wird ein dementsprechendes lauffähiges Programm konstruiert –  das Programm generiert synthetische Daten –  diese synthetischen Daten werden mit empirischen Daten verglichen

(Modellgeltungstest) » Probleme

–  Falsifikation   ein Einzelfall kann eine universelle Hypothese nicht bestätigen, wohl aber falsifizieren   allerdings sollte man aufgrund eines Einzelfalls nicht voreilig eine gute universelle

Hypothese verwerfen – Generalisierung

  Schluss vom Einzelindividuum auf Gruppe von Menschen sehr problematisch (Induktionsproblem!)

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Einzelfall-Methodik ff.

» alternative Vorgehensweise (Westmeyer, 1989) –  Etablierung einer allgemeinen Hypothese

  “Wenn zwei Probleme ähnlich sind, erleichtert die Bearbeitung des ersten Problems die des zweiten”

–  bilde eine singuläre Hypothese daraus   “Die Leistung von Person A bei der Bearbeitung des zweiten Problems wird durch die

Bearbeitung des ersten Problems gefördert” –  sammle Daten aus den Einzelfällen – wenn die Daten die singuläre Hypothese stützen, stützen sie auch die allgemeine

Hypothese

Kluwe, R.H. (1995). Single case studies and models of complex problem solving. In P.A. Frensch & J. Funke (Eds.), Complex problem solving: The European perspective (pp. 269-291). Hillsdale, NJ: Lawrence Erlbaum Associates.

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Experimentelle Vorgehensweise

–  steht nicht zur Einzelfall-Prozedur in Widerspruch, sondern kann als Ergänzung gesehen werden

– Bestreben ist die möglichst faire Prüfung einer speziellen Hypothese –  Ziel einer experimentellen Prüfprozedur ist nicht Generalisierung auf den Alltag

oder ökologische Validität –  geprüfte und bewährte Hypothesen können versuchsweise in Alltagssituationen

überführt werden –  ausgereifte Methodologie des Experiments steht zur Verfügung –  auch mit komplexen Szenarien kann experimentiert werden

–  Lamiell (1981):   Anstatt Kluft zwischen idiografischer und nomothetischer Vorgehensweise

auszubauen, sollte man besser die Vorteile beider Varianten kombinieren und idiothetisch vorgehen

Lamiell, J. T. (1981). Toward an idiothetic psychology of personality. American Psychologist, 36, 276–289.

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 162 -

Wissensdiagnostik

• Grundsätzliches • Lautes Denken • Befragung in Form von Fragebogen • Befragung in Form von Kausaldiagrammen • Probleme bei der Erhebung subjektiver Kausaldiagramme • Teaching back • Reaktionszeitmessung

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Wissensdiagnostik: Grundsätzliches

• Wissensdiagnostik .... »  ... ist nicht nur Thema für Komplexes Problemlösen, sondern z.B. auch für

Entwickler von Expertensystemen (“knowledge engineering”)

» rule-based reasoning –  Entscheiden aufgrund von Regeln – Nutzung semantischen Wissens – Bsp.: juristische Probleme

» case-based reasoning –  Entscheiden aufgrund von konfiguraler Information eines Einzelfalls – Nutzung episodischen Wissens – Bsp.: medizinische Diagnostik

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Wissensdiagnostik: Lautes Denken, Befragung

» Lautes Denken (Ericsson & Simon, 1980, 1993) –  Festlegung von Bedingungen, unter denen LD akzeptabel ist

  LD ist Bestandteil verschiedener Sorten von Prozessbeobachtungen [Figure 14.1] –  konkurrente Verbalisierung (talk aloud = Vokalisierung stillen Sprechens, think

aloud = Mitteilung, was durch den Kopf geht) –  Erfassung von Augenbewegungen –  externalisierte Denkakte (z.B. Zwischenstände bei Puzzles) –  talk aloud:

  beeinflusst weder Geschwindigkeit noch Genauigkeit –  think aloud:

  beeinflusst nicht Genauigkeit, wohl aber Geschwindigkeit   Probleme treten dann auf, wenn beim LD Gründe oder Motive angegeben werden

sollen » Befragung in Form von Fragebogen

–  Fragebogen zu spezifischen Systembeziehungen – Bsp. TAILORSHOP: es wird eine Reihe existenter wie auch nicht-existenter

Wirkrelationen zur Beurteilung vorgelegt

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 165 -

Befragung in Form von Kausaldiagrammen

» grafische Darstellung von Ursache-Wirkungsbeziehungen, Eigendynamiken, etc.

» verschiedene Darstellungsmöglichkeiten: Pfeile, mit Vorzeichen, sowie auch mit numerischen Gewichten (vgl. Eckert, 1998)

» Repräsentationsannahmen nach Funke (1992): – Relationswissen – Vorzeichenwissen –  numerisches Wissen

» Repräsentationsannahmen nach Plötzner & Spada (1993): –  qualitativ: Relationswissen –  semi-quantitativ: Monotoniebeziehung –  quantitativ: Proportionen –  funktional: algebraische Gleichung

Eckert, A. (1998). Die "Netzwerk Elaborations Technik (NET)". Ein computerunterstütztes wissensdiagnostisches Instrumentarium. Diagnostica, 44, 220-224.

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 166 -

Probleme bei der Erhebung subjektiver Kausaldiagramme

– Antworttendenzen: wer viel rät, “weiß” mehr   Ausweg: signalentdeckungstheoretische Auswertung der Treffer- und Falsche-Alarm-

Rate –  Funktionalität: auch falsche Modelle können nützlich sein

  Bewertung darf sich nicht nur auf Übereinstimmung mit objektivem Kausaldiagramm beziehen, sondern muss auch zielbezogene Leistungsfähigkeit einbeziehen

– Auflösungsniveau: Wissen kann unterschiedlich präzise sein   wird berücksichtigt durch unterschiedliche Darstellungsmöglichkeiten für die Vpn

–  Selbstverständlichkeiten: nicht alle relevanten Wissensbestände werden mitgeteilt   Problem des impliziten Wissens

– Hypothesenraum: verfolgt eine Person immer nur ein Modell exklusiv oder mehrere Modelle simultan?   kaum lösbar mit diagnostischen Instrumenten

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 167 -

Sonstige wissensdiagnostische Verfahren

» Teaching back –  von Kluwe et al. eingesetzt: Pb muss am Ende einer Explorier- und Steuerphase

sein erworbenes Wissen an einen Nachfolger weitergeben –  Problem: keine impliziten Wissensbestandteile vermittelbar

» Reaktionszeitmessung –  bislang kaum verwendet – Müller (1993) hat einzelne (richtige und falsche) Relationen eines komplexen

Kleinsystems beurteilen lassen –  damit lassen sich Hypothesen über die Repräsentation von Systembeziehungen

prüfen

Kluwe, R.H. (1988). Methoden der Psychologie zur Gewinnung von Daten über menschliches Wissen. In H. Mandl & H. Spada (Eds.), Wissenspsychologie (pp. 359-385). München: Psychologie Verlags Union.

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 168 -

4.8 Verknüpfungen zu anderen Forschungstraditionen

•  4.8.1 Sprachpsychologie •  4.8.2 Sozialpsychologie •  4.8.3 Entscheidungsforschung

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 169 -

4.8.1. Sprachpsychologie

• Roth (1985) » Analyse von Laut-Denk-Protokollen “guter” und “schlechter” Problemlöser

beim TAILORSHOP hinsichtlich Merkmalen des sprachlichen Stils » + DOTA-Verfahren von Ertel (“Dogmatismustextauswertung”)

–  lexikalisches Zählverfahren zur Bestimmung einer offenen bzw. geschlossenen kognitiven Struktur anhand eines Kodier-Lexikons

– Bestimmung eines Dogmatismus-Quotienten DQ » gefunden werden detaillierte Unterschiede in einzelnen Indikatoren » diese konnten in späteren Analysen (Roth, Meyer & Lampe, 1991) jedoch

nicht repliziert werden » dennoch klar, daß sich im Sprachgebrauch Denkweisen manifestieren!

Roth, T. (1985) . Sprachstatistisch objektivierbare Denkstilunterschiede zwischen „guten“ und „schlechten“ Bearbeitern komplexer Probleme. Sprache & Kognition, 4, 178-191. Roth, T., Meyer, H. A., & Lampe, K. (1991). Sprachgebrauch, Informationsstrukturierung und Verhalten in einer komplexen Problemsituation. Sprache & Kognition, 10, 28-38.

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 170 -

DOTA-Verfahren nach Ertel (1972)

Kategorie dogmatoid nicht-dogmatoid

1 Häufigkeit, Dauer und Verbreitung

beständig, immer, jederzeit, jedesmal, nie, niemals, ständig, stets, überall

ausnahmsweise, gelegentlich, häufig meistens, oft, selten, vielfach

2 Anzahl und Menge alle(), ausnahmslos, einzige(), ganz, jede(), jegliche(), niemand()

einige(), einzelne(),etwas, gewisse(), mehrere(), teilweise, verschiedene()

3 Grad und Maß absolut, grundlegend, prinzipiell, restlos, total, vollauf, vollständig

besonders, einigermaßen, höchst, kaum, relativ, vorwiegend, weitgehend,

4 Gewißheit ausgeschlossen, eindeutig, fraglos, gewiß, natürlich, unerläßlich

denkbar, fraglich, möglich, offenbar vermutlich, wahrscheinlich

5 Ausschluß, Einbeziehung u. Geltungsbereich

allein, ausschließlich, entweder, lediglich, nur, uneingeschränkt

andererseits, auch, außerdem, ebenfalls, einschließlich, gegebenenfalls

6 Notwendigkeit u. Möglichkeit müssen, nicht dürfen, nicht können, nicht imstande sein

dürfen, können, nicht brauchen, nicht müssen

Ertel, S. (1972). Erkenntnis und Dogmatismus. Psychologische Rundschau, 23, 241-269.

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 171 -

4.8.2. Sozialpsychologie

– Köller, Dauenheimer & Strauß (1993)   Suche nach Leistungsunterschieden

zwischen Einzelpersonen und Dyaden   Verwendung der Systeme “Heizölhandel”

und “Textilfabrik“   Zusammenstellung von Dyaden aufgrund

ihrer Ausgangsfähigkeit   schlechte Dyaden werden deutlich besser   Dyaden brauchen unter allen

Bedingungen mehr Zeit

Köller, O., Dauenheimer, D.G. & Strauß, B. (1993). Unterschiede zwischen Einzelpersonen und Dyaden beim Lösen komplexer Probleme in Abhängigkeit von der Ausgangsfähigkeit. Zeitschrift für Experimentelle und Angewandte Psychologie, 40, 194-221.

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 172 -

KPL und soziales Faulenzen 1: Theorie

» Ausgangspunkt: –  „collective effort model“ (CEM) von Karau & Williams (1993, 1995) –  Instrumentalität in kollektiven Situationen geringer als in koaktiven Gruppen

»  paradoxe Befunde von Jackson & Williams (1985): –  soziales Faulenzen wirkt sich positiv auf das Lösen komplexer Probleme aus –  Gruppen, die sich weniger anstrengen, erzielen bessere Leistungen

»  Experiment von Feuchter (2001): –  „Fire Fighting“-Szenario von Mary Omodei & Alex Wearing (Melbourne) –  2x2 Design:

  Schwierigkeit des Problems: „einfach“ (Löschgeräte benötigen nur Wasser) versus „hoch“ (Löschgeräte benötigen zusätzlich Benzin)

  Art der Gruppe: „koaktiv“ (=nominale Gruppe, Individualleistung zählt) versus „kollektiv“ (=Real-Gruppe, Gruppenleistung zählt)

–  Meßgrößen:   Aufwand (in terminis von Eingriffen)   Leistung (in terminis von geretteter Fläche; auf Einzel- wie auf Gruppenebene)

–  Exp. 1: N=60 Studierende (38 Frauen), zufällig aufgeteilt in 20 3er Gruppen, Eingriff auf eigenes Drittel beschränkt

–  zusätzl. Exp. 2: N=60 Studierende (52 Frauen), zufällig aufgeteilt in 20 3er Gruppen, Eingriffe auf gesamter Fläche möglich

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KPL und soziales Faulenzen 2: Networked Fire Chief

Denkpsychologie (Funke) - 82 -

KPL und soziales Faulenzen 2: Networked Fire Chief

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KPL und soziales Faulenzen 3: Ergebnisse

–  soziales Faulenzen liegt vor: kollektiver Aufwand geringer –  Komplexitätssteigerung senkt Leistung –  soziale Faulenzer sind am effizientesten (besonders bei komplexer Situation) –  Ergebnisse von Exp. 2 ganz ähnlich, bei insgesamt reduzierter Zahl von Eingriffen

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Aufwand

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Leistung

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Effizienz (=Leistung/Aufwand)

kollektiv

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Feuchter, A. (2001). Lob des sozialen Faulenzens. Motivation und Leistung beim Lösen komplexer Probleme in sozialen Situationen. Lengerich: Pabst Science Publishers.

Denkpsychologie (Funke) - 83 -

KPL und soziales Faulenzen 3: Ergebnisse

– soziales Faulenzen liegt vor: kollektiver Aufwand geringer

– Komplexitätssteigerung senkt Leistung

– soziale Faulenzer sind am effizientesten (besonders bei komplexer Situation)

– Ergebnisse von Exp. 2 ganz ähnlich, bei insgesamt reduzierter Zahl von Eingriffen

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Aufwand

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einfach komplex

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Leistung

kollektiv

koaktiv

einfach komplex

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70

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80

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Effizienz (=Leistung/Aufwand)

kollektiv

koaktiv

Feuchter, A., & Funke, J. (2004). Positive Effekte sozialen Faulenzens beim Lösen komplexer Probleme.Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, 56, 304-325.

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 175 -

4.8.3. Entscheidungsforschung

» Huber (1995) –  Erweiterung der Entscheidungsforschung durch Verwendung mehrstufiger

Entscheidungsprobleme – Bsp. BREEDING LIZARDS TASK

  Vpn sollen eine aussterbende Eidechsen-Art retten, von der nur noch eine begrenzte Ausgangsmenge (=Kapital) vorhanden ist

  gute Brut-Stätte (mit entsprechender Vermehrungs-Wahrscheinlichkeit) liegt in Vulkan-Nähe mit gefährlichen Gasen (mit entsprechender Auftritts-Wahrscheinlichkeit)

  wie hoch ist der Einsatz der Vp in wiederholten, voneinander abhängigen Durchgängen?

  experimentelle Manipulationen an Gewinn-Rate, Cover-Story, Anzahl der Wiederholungen, Einführung negativer Feedback-Schleifen etc.

Huber, O. (1995). Complex problem solving as multistage decision making. In P.A. Frensch & J. Funke (Eds.), Complex problem solving: The European perspective (pp. 151-173). Hillsdale, NJ: Lawrence Erlbaum Associates.

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Entscheidungsforschung ff.

– Unterschiede zu KPL-Szenarios   es gibt keine Eigendynamik, sondern das System wartet auf den Entscheider   es gibt keite Zeitverzögerung, sondern sofortiges Feedback   es gibt keine Intransparenz, sondern der Entscheider hat alle Daten zur Hand   der Entscheider muss nur 1 Größe beeinflussen, nicht eine Vielzahl von Variablen

– Vorteile mehrstufiger Entscheidungsprobleme   Aufgabenstellung ist dem Untersucher völlig transparent   optimale Strategie kann angegeben werden (sowohl analytisch als auch durch

Simulation)   leichtere Hypothesenbildung über die Auswirkung bestimmter Größen auf Verhalten   leichte Einbettung in variierende Kontexte, Herstellung von isomorphen

Problemvarianten   leichte Einführung von Erschwernissen erlaubt es, die Effekte erhöhter Komplexität zu

untersuchen

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 177 -

4.9 Kritik des Komplexen Problemlösens

•  nach den Ausführungen von Funke (1984), jeweils ergänzt um die heutige Sicht

» These 1: Theoriearmut –  viel Daten, wenig Theorie

  Bsp. LOHHAUSEN: pro Vp ca. 100.000 Datenpunkte   Komplexität nicht nur für Vp, sondern vor allem für Forscher

– wo Theorie-Elemente auftauchen, kann deren Gültigkeit schon aufgrund rein logischer Überlegungen bestritten werden   Bsp. Theorie der Absichtsbehandlung (Dörner, 1982)

»  Auswahldruck einer Absicht =: Wichtigkeit mal Dringlichkeit mal Erfolgswahrscheinlichkeit mal Erledigungswert plus Aktualitätsgewicht

  selbst wenn es Operationalisierungen gäbe, würde beim Wert Null für nur einen der vier Produktterme ausschließlich das Aktualitätsgewicht den Auswahldruck determinieren

–  aus heutiger Sicht nach wie vor zutreffend!

Funke, J. (1984). Diagnose der westdeutschen Problemlöseforschung in Form einiger Thesen. Sprache & Kognition, 3, 159-172.

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 178 -

Thesen ff.

» These 2: Mangelnde Integration anderer psychologischer Teildisziplinen – Vorwurf der Ignoranz von Befunden aus verschiedenen Bereichen wie z.B.

  Metakognition, Stressforschung, Sprachpsychologie, Methodologie und Methodik –  aus heutiger Sicht nicht mehr ganz zutreffend

» These 3: Fehlende fachübergreifende Kooperationen –  damals gemeint:

  aus allgemeiner Sicht: Operations Research, Mathematik, Informatik, Systemwissenschaft, etc.

  aber auch: BWL, VWL, usw. entsprechend dem jeweiligen Simulationsgegenstand –  aus heutiger Sicht nach nicht mehr zutreffend!

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 179 -

Thesen ff.

» These 4: Unzureichende Nutzung systemtheoretischer Ansätze

–  oberflächliches Verständnis der Begriffe “Komplexität”, “Vernetztheit” und “Stabilität”

– Bsp. Komplexität   Unterscheidung statische, dynamische, Kontroll-Komplexität

– Bsp. Stabilität   verschiedene Arten von Stabilität [Abbildung 2]

»  asymptotische (=Konvergenz) vs. nicht-asymptotische S. »  Niveau- vs. Evolutions-S. »  monotone vs. oszillatorische S. »  lokale vs. globale S.

  Stabilität nicht prinzipiell gut!   Störung nicht prinzipiell schlecht!   Katastrophentheorie (vgl. Thom, 1972; Zeeman, 1976; Casti,

1979) beschreibt spezielle Entwicklungsverläufe –  aus heutiger Sicht noch bedingt zutreffend!

Casti, J. (1979). Connectivity, complexity, and catastrophe in large-scale systems. New York: Wiley.

(aus Funke, 1984, p. 165)

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 180 -

Thesen ff.

» These 5: Fehlen einer Taxonomie von Problem- bzw. Systemtypen –  damals: Fixierung auf Persönlichkeitsmerkmale bei Konstanthaltung von

Problem bzw. Systemanforderungen –  daher überwiegend Aufdecken interindividueller Unterschiede (als dem einzigen,

das in Untersuchungen variieren konnte!) –  keine gezielte Variation von Systemmerkmalen –  aus heutiger Sicht nicht mehr zutreffend!

» These 6: Mangelnde Beachtung des Messfehlers und der Maßbestimmung –  insbesondere in der Intelligenz-Kontroverse festzustellen: Fehlende korrelative

Bezüge könnten auch durch unreliable Indikatoren bedingt sein –  unzureichende Bestimmung der Lösungsgüte

  Probleme der Gütemaße inzwischen deutlich   Bsp. TAILORSHOP: Flüssigkapital vs. Gesamtkapital

–  aus heutiger Sicht insofern nur noch bedingt zutreffend, da Problembewusstsein geschärft!

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Thesen ff.

» These 7: Auch nicht-signifikante Befunde veröffentlichen! –  gilt für alle Gebiete der psychologischen Forschung –  nicht auf die Jagd nach “Sternchen” gehen –  unter kontrollierten Bedingungen (Alpha- und Beta-Fehler!) haben auch nicht-

signifikante Befunde fundamentale Bedeutung –  deduktivistische Theorie des Experiments (vgl. Bredenkamp, 1980)

» These 8: Bessere Versuchsplanung und -auswertung –  in der Anfangszeit fast keine experimentelle Untersuchung –  generell: Ablehnung des Experimentierens mit komplexen Problemen (gilt nur

für bestimmte Schulen wie z.B. Dörner) –  aus heutiger Sicht nur noch bedingt zutreffend!

Bredenkamp, J. (1980). Theorie und Planung psychologischer Experimente. Darmstadt: Steinkopff.

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 182 -

5. Kreatives Problemlösen

•  5.1 Was bedeutet kreatives Problemlösen? •  5.2 Welche Untersuchungsmethoden stehen bereit? •  5.3 Was können wir zur Förderung beitragen?

Amabile, T. M. (1996). Creativity in context. Boulder, CO: Westview. Boden, M. A. (1991). The creative mind: Myths & mechanisms. New York: Basic Books. Csikszentmihalyi, M. (1997). Creativity: Flow and the psychology of discovery and invention. New York: Harper Collins. Holm-Hadulla, R. M. (Ed.). (2000). Kreativität. Heidelberg: Springer. Meusburger, P., Funke, J., & Wunder, E. (Eds.). (2009). Milieus of creativity. Dordrecht, NL: Springer Science. Smith, S. M., Ward, T. B., & Finke, R. A. (Eds.). (1995). The creative cognition approach. Cambridge, MA: MIT Press. Sternberg, R. J., & Lubart, T. I. (1995). Defying the crowd: Cultivating creativity in a culture of conformity. New York: Free Press.

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Definitorisches

• Kreativität als eine spezielle Variante des Problemlösens: offene anstelle von geschlossenen Problemen (vgl. Taxonomie der Probleme sensu Dörner)

•  zusätzliche Kriterien: »  (1) Lösungsvorschlag ist neu bzw. ungewöhnlich »  (2) Lösungsvorschlag ist (potentiell) nützlich

•  statt von „Kreativität“ sollte man besser von „kreativen Prozessen“ sprechen!

Funke, J. (2009). On the psychology of creativity. In P. Meusburger, J. Funke & E. Wunder (Eds.), Milieus of creativity (pp. 1-23). Dordrecht: Springer.

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5.1 Was bedeutet kreatives Problemlösen?

» Kreatives Problemlösen bedeutet das Hervorbringen eines neuen, individuell oder gesellschaftlich nützlichen Produkts, das nicht durch Anwendung von Routineverfahren zu erzeugen ist

» „Big C“ versus „little c“ » zu unterscheiden sind:

–  a) die kreative Person (z.B. ein Schriftsteller, eine Wissenschaftlerin) –  b) der kreative Prozess (z.B. das Schreiben, Komponieren, Experimentieren) –  c) das kreative Produkt (z.B. ein Roman, eine Theorie, eine Erfindung)

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a) Die kreative Person: Überblick

»  intellektuelle Fähigkeiten » Wissen »  Persönlichkeit » Motivation

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Die kreative Person: intellektuelle Fähigkeiten

» Entdecken und Definieren eines Problems –  John Dewey: „A problem well put is half solved“

» Problem-Repräsentation –  z.B. durch visuelle Vorstellungen

» Strategie-Auswahl –  heuristische Suche, divergentes Denken (im Unterschied zu konvergentem

Denken) » effektive Bewertungen

–  z.B. bei Schriftstellern, die ihre Texte überarbeiten

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Strukturmodell der Intelligenz von Guilford

» Würfelmodell unterscheidet Inhalte, Operationen und Produkte [aus Hussy, 1986, Abb. 1.18]

–  Inhalte: figural, semantisch, symbolisch – Operationen: konvergentes Denken

(Schlußfolgern), divergentes Denken (Kreativität), Gedächtnisnutzung, Bewertung, Kognition

–  Produkte: Transformationen, Implikationen, Systeme, Beziehungen, Klassen, Einheiten

» Die 120 daraus bildbaren Zellen des Würfels beschreiben jeweils eine ganz bestimmte Anforderungsstruktur

» Kreativität hier als eine spezifische Art der gedanklichen Operation

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 188 -

Robert Sternberg (1998): „ Erfolgsintelligenz“

•  drei Intelligenzarten für den Lebenserfolg („Erfolgsintelligenz“) nötig:

» kreative Intelligenz, –  um die wirklich wichtigen Probleme im Leben aufzuspüren

» analytische Intelligenz, –  um diese Probleme zu lösen

» praktische Intelligenz, –  um die gefundenen Problemlösungen auch im eigenen Leben anzuwenden und

im sozialen Kontext durchzusetzen

Sternberg, R.J. (1998). Erfolgsintelligenz. Warum wir mehr brauchen als EQ+IQ. München: Lichtenberg.

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Die kreative Person: Wissen

• Hayes (1989): » von 500 bedeutenden musikalischen Kompositionen (produziert von 76

„großen“ Komponisten) sind nur 3 kreiert worden vor dem 10. Karrierejahr; bei Malern ähnlich (allerdings dort nur 6 Jahre Vorbereitung)

• warum ist Wissen so wichtig? » ohne Wissen ist ein Problem kaum zu verstehen » Wissen verhindert Wiederentdeckung alter Ideen » Wissen stellt einen Bezugspunkt her, von dem man bewußt abweichen kann » Wissen erzeugt Produkte von hoher Qualität » Wissen erlaubt, Zufälle zu erkennen und zu nutzen » Wissen hilft, sich auf die kognitiven Ressourcen zu konzentrieren

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Die kreative Person: Persönlichkeit

»  folgende Persönlichkeitszüge helfen, „vorbeiziehende Ideen“ in reale Produkte zu wandeln:

–  Ambiguitätstolerenz: Aushaltenkönnen von Unsicherheit angesichts noch nicht vorhandener Lösungen

–  Ausdauer: Biographien kreativer Personen zeigen fast durchgängig Ausdauer gegenüber Widerständen; Analyse von 710 Erfindern durch Rossmann (1931) zeigt Ausdauer als häufigst genannte Bedingung für Erfolg

– Offenheit für neue Erfahrungen –  Risikobereitschaft: die meisten Menschen sind allerdings relativ risiko-aversiv – Glaube an die eigene Person: Experimente zur Gruppenkonformität zeigen für

Kreative eine höhere Bereitschaft, von der Gruppenmeinung abzuweichen

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Die kreative Person: Motivation

» Triebkraft, die die kognitiven Ressourcen zu kreativen Tätigkeiten bringt »  intrinsische versus extrinsische Motivation

–  extrinsische Motivation dann sinnvoll, wenn schon genügend intrinsische M. vorhanden ist!

–  problem-fokussierende Anreize: richten die Aufmerksamkeit auf das Problem (Arbeitsfortschritt ist Belohnung)

–  ziel-fokussierende Anreize: richten die Aufmerksamkeit auf das Ziel (etwa die materielle Belohnung) zulasten der Problemlösung

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b) Der kreative Prozess

» Vorbereitung –  ohne intensive Vorbereitung keine Kreativität –  Expertise gefordert (ab 10.000 Stunden Beschäftigung mit einem Thema),

Kenntnis wichtiger Prinzipien der Domäne »  Inkubation

–  Phase der Nicht-Befassung mit einem Problem (führt vermutlich zu Veränderungen der assoziativen Verbindungen im Gehirn)

» Einsicht –  „Aha-Effekt“, Bewusstwerden des schöpferischen Augenblicks

» Bewertung –  kritische Zensur, Einfluss von Normen und Werten

» Ausarbeitung –  „Genie bedeutet 1% Inspiration und 99% Transpiration“ (Thomas Edison)

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Aspekte eines kreativen Prozesses

•  ein kreativer Prozess ist durch folgende Aspekte gekennzeichnet: »  (1) Ichferne

– Gefühl des Unbeteiligtseins, der Passivität »  (2) Ideenfluss

– Häufigkeit und Leichtigkeit der Ideenproduktion »  (3) Imagination

–  stark bildhafte, wahrnehmungsnahe Vorstellungen »  (4) Neuheitseindruck

–  Erlebnis zählt, nicht faktische Neuheit »  (5) emotionale Erregung

–  Zufriedenheit, Stolz, Glück

• wichtig: » Ein kreativer Einfall kommt nicht „mystisch“ zustande („plötzlicher

Einfall“), sondern ist Ergebnis oft langjähriger Vorarbeit!

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Assoziationistische Modellvorstellungen (Mednick, 1962)

•  Assoziationistisches Modell von Mednick (1962)

»  entscheidendes Konstrukt: Steilheit des Assoziationsgradienten innerhalb der Reaktionshierarchie [aus Hussy, 1986, Abb. 1.16]

»  hoch kreative Personen weisen flachen Gradienten auf, d.h. viele Reaktionen stehen fast gleichberechtigt nebeneinander

» wenig kreative Personen weisen steilen Gradienten auf, der neben einer starken „dominanten“ Reaktion nur noch wenig schwache Alternativen hat

Mednick, S.A. (1962). The associative basis of the creative process. Psychological Review, 69, 220-232.

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Lubart, T. I. (1994). Creativity. In R. J. Sternberg (Ed.), Thinking and problem solving (pp. 290-323). San Diego, CA: Academic Press.

c) Das kreative Produkt

•  zwei Haupt-Kriterien bedeutsam: » Neuigkeit » Angemessenheit/Nützlichkeit im Sinne der Problemstellung

• Nebenkriterien: » Qualität » Bedeutung » Entstehungsgeschichte

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 196 -

5.2 Welche Untersuchungsmethoden stehen bereit?

» nicht gerade einfach zu untersuchen! » Klassischer Zugang zu kreativem Denken

und Problemlösen: –  Introspektion –  lautes Denken

» Nachteil: –  nicht intersubjektiv prüfbar –  anfällig für Vergessen –  nur bewußte Prozesse im Fokus –  Störung des Denkens möglich

» Ausweg: –  objektive Tests – Konzentration auf Handlungen und

Entscheidungen

Auguste Rodin (1840-1917): „Der Denker“

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Messmethoden zur Erfassung kreativer Prozesse

•  sprachorientierte Verfahren » „Remote Associations Test“ (RAT; Mednick, 1962): drei vorgegebene

Stimulus-Wörter mit untereinander geringer Assoziationsstärke sollen assoziativ verbunden werden (nicht kategorial oder klassifikatorisch)

– Bsp.: Ratte – blau – Hütte; gesuchte Verbindung: Käse – Bsp.: Humor – Pech – Nacht; gesuchte Verbindung: schwarz

» „Divergent Production Test“, „Unusual Uses Test“ (nach Guilford): – möglichst viele Verwendungsmöglichkeiten für ein bekanntes Objekt (z.B.

„Ziegelstein“ als Baumaterial, Wärme-/Nässespeicher, Kofferraum-Beschwerer usw.) nennen;

– Kriterien: Anzahl der Antworten (Produktivität), Anzahl verschiedener Klassen (Flexibilität), Seltenheit der Antwort (Originalität)

•  nicht-sprachorientierte Verfahren » „Torrance Test of Creative Thinking“ (Torrance, 1966): wie eben Erfassung

von Produktivität, Flexibilität und Originalität [Abb. nächste Seite]

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sprachfreie Messverfahren

»  „Torrance Test of Creative Thinking“ (Torrance, 1966)

»  Anforderungen: –  Vervollständigen: Ergänzen

der Vorlage zu einem Alltagsgegenstand

–  Kombinieren (unabhängig von der Größe): ein definierter Gegenstand („Gesicht“) ist zu erzeugen unter Verwendung der angebotenen Formen

–  Produzieren (unabhängig von der Größe): möglichst viele verschiedene Objekte

»  erfaßt werden –  Flüssigkeit –  Flexibilität –  Originalität –  Elaboration

Beispiel-Items aus einem sprachfreien Kreativitätstest:

(aus Hussy, 1986, p. 76)

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andere Erhebungsverfahren

» Persönlichkeitsinventare » biographische Inventare » Einstellungs- und Interessen-Skalen » Urteile durch Lehrer, Peers, Supervisoren

– Vorsicht: starke Halo-Effekte (=Überstrahlung durch ein Merkmal) » Eminenz-Bewertungen

–  z.B. Preise, Zitationen, Mitgliedschaft in elitären Vereinen, Länge der biographischen Angaben im Who‘s Who

» Selbstauskünfte über kreative Leistungen –  interessant, aber problematisch

» Beurteilungen von Arbeitsproben (am sinnvollsten von allen)

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moderne Meßverfahren: Komplexes Problemlösen

» Versuchsperson übernimmt Steuerung eines ihr unbekannten, komplexen, computersimulierten Systems

–  z.B. in der Rolle des Bürgermeisters einer simulierten Kleinstadt –  z.B. in der Rolle des Managers einer simulierten Hemdenfabrik

» Eigenschaften dieser Szenarien: – Komplexität und Vernetztheit: zwingt zu reduzierten Modellen –  Intransparenz: zwingt zur Suche nach Symptomen –  Eigendynamik: verlangt Abschätzung zeitlicher Entwicklungen – Vielzieligkeit: zwingt zu Kompromissen bei widerstrebenden Zielen

» zahlreiche Fehler bei der Lösung beobachtbar: –  Separation eines zusammengehörenden Systems in unabhängige Komponenten –  „Reparaturdienstverhalten“ – Überplanung, Tendenz zum „Methodismus“

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Kritik der Kreativitätsmessung

• Kritik der Messmethoden » Problem der inhaltlichen Erfassung! Phase der Problemfindung z.B.

ausgespart; nur bestimmte Aspekte (Flexibilität, Originalität) berücksichtigt » Reliabilitätsproblem z.B. bei Originalitätsbewertung: selten mehr als 40%

Übereinstimmung zwischen verschiedenen Auswertern » mangelnde Validität: z.B. geringe Korrelation zwischen Testkreativität und

Expertenurteilen sowie zwischen verschiedenen Kreativitätstest

Krampen, G. (1993). Diagnostik der Kreativität. In G. Trost, K. Ingenkamp, & R. S. Jäger (Eds.), Tests und Trends. 10. Jahrbuch der Pädagogischen Diagnostik (pp. 11-39). Weinheim: Beltz.

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5.3 Was können wir zur Förderung beitragen?

» Empfehlungen von Teresa Amabile (1996): –  zu schaffen sind folgende Bedingungen:

  Entscheidungsfreiheit   unerwartete Bekräftigungen   positives Innovationsklima   stimulierendes Milieu

–  zu vermeiden sind:   Druck von Kollegen/Vorgesetzten   Druck durch Supervision   Druck durch erwartete Evaluation

Amabile, T. M. (1996). Creativity in context. Boulder, CO: Westview.

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Acht Empfehlungen von Sternberg und Lubart (1995)

1.  hohe intrinsische Motivation wichtig – Geld kann korrumpieren! 2.  ein gewisses Maß an Nonkonformismus – allerdings: nicht alle Regeln und

Gewohnheiten sind schädlich. 3.  völlige Überzeugung von Wert und Bedeutung der kreativen Tätigkeit 4.  Gegenstände und Personen sorgfältig aussuchen, auf die sich die kreative

Aufmerksamkeit konzentriert 5.  Benutzung von Analogien und divergentem Denken, wo immer möglich 6.  Suche nach Mitstreitern, die gegen die Konvention angehen und neue

Ideen ausprobieren und die zum Risiko ermutigen. 7.  Sammeln von soviel Wissen über den Bereich wie möglich 8.  strenge Verpflichtung zu den kreativen Unternehmungen

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Trainingsverfahren 1

» Vermittlung einer positiven Einstellung zu kreativem Denken bei Kindern durch Geschichten (Feldhusen & Clinkenbeard, 1987)

» Vermittlung der Struktur des Problemlöseprozesses (Creative Problem Solving; Parnes, Noller & Biondi, 1977):

–  erzielte gute Trainingserfolge, aber fördert eher das konvergente als das divergente, kreative Denken (Rose & Lin, 1984).

» Förderung der Problemwahrnehmung: – Viele Menschen passen sich unnötig ihrer Umwelt an, anstatt sie zu verändern.

Kein großer Erfolg (Stein, 1974) » Förderung der Generierung von Lösungsvorschlägen („laterales Denken“, de

Bono, 1973; „Brainstorming“, Osborn, 1963): – möglichst viele Ideen für Probleme finden, ohne sie gleich zu bewerten. Bewährt

sich besonders bei Arbeitsgruppen, die an einem gemeinsamen Problem knabbern.

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Trainingsverfahren 2

» Dem Problemlöser helfen, sein eigenes Wissen zu aktivieren: –  berühmtes Synectics-Programm von Gordon (1961), bei dem die Teilnehmer

aufgefordert wurden, verschiedenartige Analogien zu dem behandelten Problem zu bilden und damit auf anderen Gebieten nach Lösungen zu suchen.

– Ansatz scheint aber die Teilnehmer nicht kreativer zu machen, sondern sie einfach zu motivieren, härter als andere zu arbeiten

» Einsatz von Techniken, um Probleme genauer kennenzulernen und durch Hervorheben und Kombinieren von Teilaspekten schließlich zu einer Lösung zu kommen (Allen, 1962):

– Methode fördert vor allem das analytische Denken und weniger die Kreativität

Hany, E.A. (1992). Kreativitätstraining: Positionen, Probleme, Perspektiven. In K.J. Klauer (Ed.), Kognitives Training (pp. 181-216). Göttingen: Hogrefe.

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Kreativitätsförderung durch „brainstorming“

– Osborn (1963) hat die Technik des „brainstorming“ vorgeschlagen, die vier Regeln für eine kreative Gruppe vorgibt:   (1) Ausschalten vorzeitiger Kritik   (2) Produzieren von möglichst vielen Vorschlägen   (3) Produzieren ausgefallener Vorschläge   (4) Aufgreifen und Weiterentwickeln bereits genannter Vorschläge

– Also zunächst Produktionsphase: kleine Gruppe von Personen soll zu einem Thema Ideen generieren - Kritik und Diskussion in dieser Phase verboten

–  dann Bewertungsphase zur Prüfung der generierten Ideen: Läßt sich die Idee sofort umsetzen? Wie weit muß die Idee noch ausgebaut werden? Kann die Idee überhaupt umgesetzt werden?

–  neue Entwicklung:   „electronic brainstorming“, d.h. via Computerinteraktion

– Ansatz verzichtet zwar auf eine theoretische Fundierung, greift aber intuitiv wesentliche Komponenten auf!

Osborn, A.F. (1953). Applied imagination. New York: Scribner's.

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Trainingsverfahren: Abschließende Bewertung

» Warnung: –  viele Methoden des Kreativitätstrainings halten nicht das, was sie versprechen! –  Problem ist oft der Transfer von den Trainingsbeispielen in den Alltag

» Einsicht: –  je komplexer und schwieriger ein Problem ist, umso weniger wird eine

Allzweckstrategie weiterhelfen – Versuch der systematischen Aufzucht kreativer Kinder ist nicht sinnvoll –  das bedeutet aber nicht, dass wir auf kreativitätsfördernde Maßnahmen

verzichten sollten! Im Gegenteil!

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Notwendigkeit kreativen Problemlösens

» Notwendigkeit kreativen Problemlösens für den Fortbestand der Menschheit angesichts vehementer Zukunftsprobleme

– Versorgung mit Wasser, Nahrung, Energie; Arzneien, Information – Gefahren durch kriegerisches Zerstörungspotential (reicht zur mehrfachen

Vernichtung des Globus) – Gefahr durch anthropogene Emissionen (Abgase) und die dadurch stattfindende

Zerstörung natürlicher Ressourcen

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Was ist zu tun?

» kreatives Potential der Menschheit als Hoffnungsschimmer! » Fördermaßnahmen:

–  nicht ein einzelner Faktor verantwortlich! –  stattdessen: Schnüren von Maßnahmen-Bündeln

» was wir brauchen: –  kreative Persönlichkeiten

  tiefes Wissen   Nonkonformismus   intrinsische Motivation

–  kreativitätsförderliche Umwelten   Stimulierung intellektueller Austauschprozesse   Zusammenarbeit über Fächergrenzen hinweg   Zeit zum Nachdenken   Zurückstellung von Bewertungen

Bsp. Solarzelle

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Abschluß mit Mihalyi Csikszentmihalyi (1985)

»  Erkenntnis: kreativen Zeitgenossen macht ihre Arbeit Spaß! »  neun Merkmale dafür, daß Arbeit Spaß macht und „flow“-Gefühle

entstehen: –  Es gibt klare Ziele für jeden Schritt –  Es gibt direkte Rückmeldung für jede Handlung – Herausforderungen und Fähigkeiten sind im Gleichgewicht –  Tun und Aufmerksamkeit stimmen zusammen – Ablenkungen werden vom Bewußtsein ferngehalten – Man macht sich keine Sorgen über Fehlschläge – Man denkt nicht mehr an sich selbst – Das Gefühl für die Zeit verändert sich – Die Arbeit an sich wird einem wichtig

» Aufforderung an uns alle: dafür zu sorgen, daß Arbeit Spaß macht!

Csikszentmihalyi, M. (1985). Das Flow-Erlebnis. Jenseits von Angst und Langeweile. Stuttgart: Klett-Cotta.

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6 Denken & Sprache

Über Sprache: „Der Besitz der Sprache unterscheidet den Menschen vom Tier. In der Sprache liegen alle Möglichkeiten des Menschseins beschlossen. Wahrheit gibt es nur in ihr oder jedenfalls nur auf dem Weg über sie. Nur in der Sprache kann man lügen.“

[Hans Hörmann, 1977, „Psychologie der Sprache“]

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Denken und Sprache

» Denken: –  ein Mittel, die Welt um uns herum verständlich zu machen und bei der Lösung

von Problemen zu helfen » Sprache:

–  ein Mittel, um mit anderen über diese Welt zu kommunizieren » Gemeinsamkeit:

– Werkzeug-Charakter » Unterschied liegt im Adressaten:

– während Denken das innere Gespräch der Seele mit sich selbst ist (nach Platon), richtet sich Sprache auf Mitmenschen als Kommunikationspartner, die man verstehen und denen man sich verständlich machen möchte

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Sprache als Werkzeug

» Werkzeugcharakter von Sprache nach Karl Bühler (1934): –  einer (Sender) teilt dem anderen (Empfänger) etwas über die Dinge (Nachricht)

mit

Bühler, K. (1934). Sprachtheorie: Die Darstellungsfunktion der Sprache. Jena: Fischer.

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Sprache bei Schimpansen 1

» Premack (1971): – Künstliche Sprache für Schimpansin „Sarah“ in Form von Plastik-Figuren;

gelernt wurden:   Negation („Quadrat ist nicht Form der Banane“);   Gleichheit/Unterschiedlichkeit;   Wörter für Form/Größe/Farbe von Objekten;   das Konzept „ist ein“;   bestimmte räumliche Relationen („in“, „auf“)

–  aber:   „Sarah“ benutzte diese Sprache nicht spontan, um eigene Sätze zu produzieren!

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Sprache bei Schimpansen 2

» Gardner & Gardner (1969, 1971, 1975): –  Schimpanse „Washoe“ (1 Jahr alt) lernt „American Sign Language“ (Ameslan)

mit 4 Jahren: kann 130 verschiedene Zeichen produzieren, noch mehr verstehen; erst Einwort-Sätze, später längere Sätze; wichtige Erkenntnisse:   ihre Sprache macht Sinn; paradigmatische Gruppen werden gebildet: mehr A, mehr

B, ....   in 3-Wort-Sätzen dient Satzstellung zur Unterscheidung von Subjekt/Objekt (S-V-O)   Markierung des Satzendes durch Zeichen für Punkt   Äußerungen sind dem Kontext angemessen

–  natürliche Sprache scheint auf einem Kontinuum mit anderen Formen der Kommunikation zu liegen

[Clark & Clark 1977, 520f.]

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Phylogenese

» Entwicklung der Kommunikationsformen: –  (a) lautlich:

  Lautbildung wg. Sichtbeschränkung (z.B. Gestrüpp in der Savanne) –  (b) lautlos:

  Gebärden, taktile Kommunikation, Duftmarkierung

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lautliche Signalbildung

–  ursprünglich Begleitphonomene in bestimmtem Situations- und Aktionskontext, affektiv-emotionale Bewertung

– Unterschied zu Mimik & Gestik:   große Variationsbreite   geringer Energieaufwand (verglichen zur Gebärde)   wirkt auch auf Distanz   parallel zur Körperaktivität verfügbar   zeitlich nicht begrenzte Verfügbarkeit (nachts!)   beliebige Kombinierbarkeit, Konstruierbarkeit

–  Semantisierung der Kommunikationsmittel: aus Verhaltens-Weise wird Verhaltens-Anweisung!

[Klix, 1985, 3. Aufl., p. 80]

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Phylogenese 1

– Kennzeichen von Primitivmerkmalen einer genetisch frühen Sprachform (zit. n. Klix 1985, 103):   (1) teilweise Einbindung einer Lautäußerung in Gestik & Gebärde, zeitweilige

Abhängigkeit von Zeigen/Vormachen als Verdeutlichung   (2) Vorherrschen von Schnalzlauten, ejektiven gepressten Vokalen und semantischer

Tongebung   (3) Reduplikation: z.B. bei den Buschmännern: tu = Mensch, tutu= mehrere

Menschen, tututu = sehr viele Menschen   (4) Mangel an Zahlwörtern   (5) Gebundenheit der Lautbildung an die Situation, an Emotionen, an anschauliche

Eigenschaften der Szenerie, Reihung statt hierarchische Struktur   (6) relative Vieldeutigkeit   (7) Mehrfache Funktion einzelner Wörter: /na = geben, /na = Dativ-Artikel   (8) Mangel an Gattungsnamen/Oberbegriffen: viele Früchte, aber kein Oberbegriff

„Frucht“   (9) Übertragung anschaulicher Analogien in Wortbedeutung: Elefant = “das den-

Baum-Zerschmetterer-Tier”

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Phylogenese 2

» Kennzeichen der Entwicklung zu einer Hochsprache: –  (1) Abnahme des Energieaufwands in der Sprechsituation, leichtere Lautabfolge –  (2) höhere Präzision statt globaler, ungenauer Symbolisation –  (3) stärker affektneutrale Mitteilungsformen –  (4) phonetisch: kleinere Einheiten mit feineren, stärker diskreten und distinktiven

Merkmalen –  (5) Neubildung von Wörtern nach diesen Kriterien

» Erhöhung des Darstellbaren bei Senkung des Aufwands!

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Merkmale sprachlicher Kommunikationssysteme

•  nach Hockett (1960) 13 Gemeinsamkeiten zwischen Sprache und anderen Kommunikationssystemen

»  (1) Sprechen und Hören: Signale werden durch Schall vom Mund zum Gehör übertragen

»  (2) Rundsendung und gerichteter Empfang: Ein Signal kann in Hörweite überall gehört werden, die Quelle ausfindig gemacht werden

»  (3) Vergänglichkeit des Signals: akustische Signale sind äußerst kurzlebig, spätere Auswertung ist unmöglich (im Unterschied zu Tierfährten)

»  (4) Austauschbarkeit: jeder Sprecher einer Sprache kann eine verstandene sprachliche Mitteilung reproduzieren (im Unterschied zu Signalen, die nur Männchen oder Weibchen senden können)

»  (5) Rückkoppelung: Wer spricht, hört sich selbst und kann das Gesprochene bedenken (im Unterschied zu Balzsignalen, die für das sendende Tier unsichtbar sind)

»  (6) Spezialisierung: Schallwellen haben ausschließlich Signalfunktion (im Unterschied zum Hecheln des Hundes, das physiologische Funktion hat)

Hockett, C. F. (1960). The origin of speech. Scientific American, 203(September), 88-96.

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Merkmale ff.

»  (7) Bedeutungsgehalt: Signale tragen Bedeutung durch stabile Bezüge auf die reale Welt

»  (8) Willkürlichkeit: Signalelemente sind nicht vom Wesen der Realität abhängig, auf die sie sich beziehen (im Unterschied zum Bienentanz)

»  (9) Isolierbare Elemente: Nutzung eines begrenzten Sortiments von Lauten (im Unterschied zum Knurren)

»  (10) Transfer: Mensch kann beim Sprechen auf räumlich/zeitlich entferntes beziehen (Tiere nicht)

»  (11) Produktivität: Ausdruck und Verständnis von Bedeutung sind grenzenlos (beliebig neue Sätze versus begrenztes Repertoire an Lauten)

»  (12) Überlieferung: Sprache wird durch Unterricht und Lernen erworben (im Unterschied zu genetischer Übertragung)

»  (13) Strukturelle Dualität: Sprachlaute tragen keine eigene Bedeutung, sondern werden zu bedeutungstragenden Elementen kombiniert

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Hockett 1960

[aus Crystal, 1998, p. 397]

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Sprechakte nach Searle (1969)

–  (1) Repräsentativa   Sprecher teilt Hörer mit, dass er eine Proposition für wahr hält (Aussage)

–  (2) Direktiva   Sprecher versucht Hörer zu etwas zu bringen (Frage, Aufforderung)

–  (3) Commisiva   Sprecher verpflichtet sich zu etwas (versprechen)

–  (4) Expressiva   Sprecher verleiht seinem psychischen Zustand angesichts eines Sachverhaltes

Ausdruck (Danksagung, Gratulation) –  (5) Deklarativa

  Sprecher verändert durch seine Worte einen gegebenen Sachverhalt (Gericht, Kirche, Regierung, etc.)

Searle, J. R. (1969). Speech acts. Cambridge: Cambridge University Press.

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Andere Sprachsysteme: Tadoma

[aus Crystal, 1998, p. 401]

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Andere Sprachsysteme: Gebärdensprache

[aus Crystal, 1998, p. 220]

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Andere Sprachsysteme: Schimpansensprache

[aus Crystal, 1998, p. 398] Premack, D., & Premack, A. J. (1983). The mind of an ape. New York: Norton.

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 227 -

Literatur 1

–  „Grundlagen“   Baron, J. (2008). Thinking and deciding (4th ed.). New York: Cambridge University Press.   Betsch, T., Funke, J., & Plessner, H. (2011). Denken - Urteilen, Entscheiden, Problemlösen.

Heidelberg: Springer.   Davidson, J. E., & Sternberg, R. J. (Eds.). (2003). The psychology of problem solving. Cambridge:

Cambridge University Press.   Dörner, D. (1976). Problemlösen als Informationsverarbeitung. Stuttgart: Kohlhammer.   Ericsson, K.A. & Simon, H.A. (1993). Protocol analysis: Verbal reports as data (2nd ed.).

Cambridge, MA: MIT Press.   Evans, J. S. B. T. (2007). Hypothetical thinking. Dual processes in reasoning and judgement.

Hove: Psychology Press.   Funke, J. (2003). Problemlösendes Denken. Stuttgart: Kohlhammer.   Funke, J. (Ed.). (2006). Denken und Problemlöen (=Enzyklopädie der Psychologie, Themenbereich

C: Theorie und Forschung, Serie II: Kognition, Band 8). Göttingen: Hogrefe.   Gigerenzer, G., Todd, P. M., & the ABC Research Group (Eds.). (1999). Simple heuristics that

make us smart. New York: Oxford University Press.   Gilhooly, K.J. (1996). Thinking. Directed, undirected and creative. Third edition. London:

Academic Press.   Hoffrage, U., & Vitouch, O. (2007). Evolutionäre Psychologie des Denkens und Problemlösens. In

J. Müsseler (Ed.), Allgemeine Psychologie (2. Auflage, pp. 631-679). Heidelberg: Spektrum Akademischer Verlag.

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Literatur 2

–  „Grundlagen“ ff   Holyoak, K. J., & Morrison, R. G. (Eds.). (2005). The Cambridge handbook of thinking and

reasoning. Cambridge: Cambridge University Press.   Johnson-Laird, P. N. (2008). How we reason. Oxford: Oxford University Press.   Jungermann, H., Pfister, H.-R., & Fischer, K. (1998). Die Psychologie der Entscheidung. Eine

Einführung. Heidelberg: Spektrum Akademischer Verlag.   Kahneman, D. (2011). Thinking, fast and slow. New York: Farrar, Straus and Giroux.   Klix, F. (1992). Die Natur des Verstandes. Göttingen: Hogrefe.   Knoblich, G. (2002). Problemlösen und logisches Schließen. In J. Müsseler & W. Prinz (Eds.),

Allgemeine Psychologie (pp. 644-701). Heidelberg: Spektrum Akademischer Verlag.   Markman, A. B., & Gentner, D. (2001). Thinking. Annual Review of Psychology, 52, 223-247.   Manktelow, K. (1999). Reasoning and thinking. Hove, East Sussex: Psychology Press.   Mayer, R.E. (1992). Thinking, problem solving, cognition. Second edition. New York: W.H.

Freeman and Company.   Pohl, R. F. (Ed.). (2004). Cognitive illusions. A handbook on fallacies and biases in thinking,

judgement and memory. Hove: Psychology Press.   Sternberg, R. J. (2006). Thinking styles. New York: Cambridge University Press..   Waldmann, M. R. (2010). Causal thinking. In B. M. Glatzeder, V. Goel & A. von Müller (Eds.),

Towards a theory of thinking. Building blocks for a conceptual frameword (pp. 123-134). Berlin: Springer.

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Literatur 3

–  „Komplexes Problemlösen“   Danner, D., Hagemann, D., Schankin, A., Hager, M., & Funke, J. (2011). Beyond IQ. A latent

state-trait analysis of general intelligence, dynamic decision making, and implicit learning. Intelligence, 39, 323-334.

  Dörner, D., Kreuzig, H.W., Reither, F. & Stäudel, T. (Eds.). (1983). Lohhausen. Vom Umgang mit Unbestimmtheit und Komplexität. Bern: Huber.

  Funke, J. (2010). Complex problem solving: A case for complex cognition? Cognitive Processing, 11, 133-142.

  Funke, J. (2012). Complex problem solving. In N. M. Seel (Ed.), Encyclopedia of the sciences of learning (pp. 682-685). Heidelberg: Springer.

  Frensch, P.A. & Funke, J. (Eds.). (1995). Complex problem solving: The European perspective. Hillsdale, NJ: Lawrence Erlbaum Associates.

  Sternberg, R.J. & Frensch, P.A. (Eds.). (1991). Complex problem solving: Principles and mechanisms. Hillsdale, NJ: Lawrence Erlbaum.

  Wenke, D., Frensch, P. A., & Funke, J. (2005). Complex problem solving and intelligence: Empirical relation and causal direction. In R. J. Sternberg & J. E. Pretz (Eds.), Cognition and intelligence: Identifying the mechanisms of the mind (pp. 160-187). New York: Cambridge University Press.

  Wüstenberg, S., Greiff, S., & Funke, J. (2012). Complex problem solving: More than reasoning? Intelligence, 40, 1-14.

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Literatur 4

–  „Planen und Handeln“   Dörner, D. (1997). The logic of failure. Recognizing and avoiding error in complex situations. New

York: Basic Books.   Funke, J. & Fritz, A. (Eds.). (1995). Neue Konzepte und Instrumente zur Planungsdiagnostik.

Bonn: Deutscher Psychologen Verlag.   Gollwitzer, P. M., & Schaal, B. (2001). How goals and plans affect action. In J. M. Collis & S.

Messick (Eds.), Intelligence and personality: Bridging the gap in theory and measurement (pp. 139-161). Hillsdale, NJ: Erlbaum.

  Morris, R., & Ward, G. (Eds.). (2005). The cognitive psychology of planning. Hove, GB: Psychology Press.

  Norman, D. & Shallice, T. (1986). Attention to action: Willed and automatic control of behavior. In R.J. Davidson, G.E. Schwartz, & D. Shapiro (Eds.), Consciousness and self-regulation. Volume 4 (pp. 1-18). New York: Plenum PSchaub, H. (1993). Modellierung der Handlungsorganisation. Bern: Huber.

  ress.   Strohschneider, S. & von der Weth, R. (Eds.). (1993). Ja, mach nur einen Plan. Pannen und

Fehlschläge – Ursachen, Beispiele, Lösungen. Bern: Hans Huber.   Ward, G., & Morris, R. (2005). Introduction to the psychology of planning. In R. Morris & G.

Ward (Eds.), The cognitive psychology of planning (pp. 1-34). Hove: Psychology Press.   Wühr, P. (2011). Planen und Handeln. In A. Schütz, M. Brand, H. Selg & S. Lautenbacher (Eds.),

Psychologie. Eine Einführung in ihre Grundlagen und Anwendungsfelder (4. Auflage) (pp. 139-154). Stuttgart: Kohlhammer.

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Literatur 5

–  „Kreativität“   Amabile, T. M. (1996). Creativity in context. Boulder, CO: Westview.   Cropley, D. H., Cropley, A. J., Kaufman, J. C., & Runco, M. A. (Eds.). (2010). The dark side of

creativity. New York, NY: Cambridge University Press.   Csikszentmihalyi, M. (1997). Creativity: Flow and the psychology of discovery and invention. New

York: Harper Collins.   Dietrich, A., & Kanso, R. (2010). A review of EEG, ERP, and neuroimaging studies of creativity

and insight. Psychological Bulletin, 136, 822-848.   Funke, J. (2009). On the psychology of creativity. In P. Meusburger, J. Funke & E. Wunder (Eds.),

Milieus of creativity (pp. 11-23). Dordrecht: Springer.   Hennessey, B. A., & Amabile, T. M. (2010). Creativity. Annual Review of Psychology, 61,

569-598.   Holm-Hadulla, R. M. (Ed.). (2000). Kreativität. Heidelberg: Springer.   Meusburger, P., Funke, J., & Wunder, E. (Eds.). (2009). Milieus of creativity. Dordrecht, NL:

Springer Science.   Smith, S. M., Ward, T. B., & Finke, R. A. (Eds.). (1995). The creative cognition approach.

Cambridge, MA: MIT Press.   Sternberg, R. J., & Lubart, T. I. (1995). Defying the crowd: Cultivating creativity in a culture of

conformity. New York: Free Press.

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Literatur 6

–  „Klassiker“   Ach, N. (1935). Analyse des Willens. Berlin: Urban & Schwarzenberg.   Aebli, H. (1980/1981). Denken: das Ordnen des Tuns. Band I: Kognitive Aspekte der

Handlungstheorie. Band II: Denkprozesse. Stuttgart: Klett-Cotta.   Bruner, J.S., Goodnow, J.J. & Austin, G.A. (1956). A study of thinking. New York: Wiley.   Duncker, K. (1935). Zur Psychologie des produktiven Denkens. Berlin: Julius Springer.   Graumann, C.F. (Ed.). (1965). Denken. Köln: Kiepenheuer & Witsch.   Lindsay, P.H. & Norman, D.A. (1972). Human information processing. An introduction to

psychology. New York: Academic Press.   Miller, G.A., Galanter, E. & Pribram, K.H. (1960). Plans and the structure of behavior. New York:

Holt, Rinehart & Winston.   Newell, A. & Simon, H.A. (1972). Human information processing. Englewood Cliffs, NJ:

Prentice-Hall.!

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Literatur zu „Denken und Sprache“

•  Call, J., & Tomasello, M. (2005). Reasoning and thinking in nonhuman primates. In K. J. Holyoak & R. G. Morrison (Eds.), The Cambridge handbook of thinking and reasoning (pp. 607-632). Cambridge: Cambridge University Press.

•  Dörner, D. (2006). Sprache und Denken. In J. Funke (Ed.), Denken und Problemlösen (=Enzyklopädie der Psychologie, Themenbereich C: Theorie und Forschung, Serie II: Kognition, Band 8) (pp. 619-646). Göttingen: Hogrefe.

•  Funke, J. (2011). Denken und Sprache. In A. Schütz, H. Selg, M. Brand & S. Lautenbacher (Eds.), Psychologie. Einführung in ihre Grundlagen und Anwendungsfelder (4., überarbeitete und erweiterte Auflage) (pp. 120-138). Stuttgart: Kohlhammer.

•  Gleitman, L., & Papfragou, A. (2005). Language and thought. In K. J. Holyoak & R. G. Morrison (Eds.), The Cambridge handbook of thinking and reasoning (pp. 633-662). Cambridge: Cambridge University Press.

•  Gould, J. L., & Gould, C. G. (1997). Bewusstsein bei Tieren. Ursprünge von Denken, Lernen und Sprechen. Heidelberg: Spektrum Akademischer Verlag.

•  Hauser, M. D. (2001). Wilde Intelligenz. Was Tiere wirklich denken. München: C.H. Beck. •  Kainz, F. (1964). Das Denken und die Sprache. In R. Bergius (Ed.), Allgemeine Psychologie. I. Der

Aufbau des Erkennens. 2. Halbband: Lernen und Denken (pp. 566-615). Göttingen: Hogrefe. •  Schweizer, K., & Erdfelder, E. (2005). Sprache und Denken: Neue Argumente und Befunde zu einem

alten Thema. Zeitschrift für Psychologie, 213, 127-132. •  Zimmer, D. E. (2008). So kommt der Mensch zur Sprache. Über Spracherwerb, Sprachentstehung und

Sprache & Denken. München: Heyne Verlag (Erstauflage 1986 bei Haffmanns, Zürich).

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Internet-Ressourcen

» Links zur Allgemeinen Psychologie"–  http://www.zpid.de/redact/category.php?cat=20

» Komplexes Problemlösen –  http://www.psychologie.uni-heidelberg.de/ae/allg/forschun/probleml.html

» Kognitive Modellierung via ACT (Pittsburgh):"–  http://act-r.psy.cmu.edu/

» Kognitive Modellierung via SOAR: "–  http://sitemaker.umich.edu/soar/home"

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SS 2012 Problemlösen (Funke) - 235 -

Skriptbewertung Angaben zu meiner Person: ❏ weiblich Alter: ____ Jahre Hauptfach: ❏ Psychologie ❏ anderes Fach: ❏ Gasthörer

❏ männlich Fachsemester: ___ Teilnahme an der Vorlesung: ❏ regelmäßig ❏ unregelmäßig Angaben zur Nutzung des Skripts: 1. Ich habe das Skript komplett bearbeitet.

stimmt 1 - 2 - 3 - 4 - 5 - 6 - 7 stimmt nicht 2. Ich habe das Skript während der Vorlesung durch Bemerkungen ergänzt.

stimmt 1 - 2 - 3 - 4 - 5 - 6 - 7 stimmt nicht 3. Ich bearbeite das Skript auch außerhalb der Vorlesung.

stimmt 1 - 2 - 3 - 4 - 5 - 6 - 7 stimmt nicht Bewertung: 4. Das Skript erleichtert das Verfolgen der Vorlesung.

stimmt 1 - 2 - 3 - 4 - 5 - 6 - 7 stimmt nicht 5. Das Skript ist übersichtlich gestaltet.

stimmt 1 - 2 - 3 - 4 - 5 - 6 - 7 stimmt nicht 6. Das Skript enthält die entsprechenden Inhalte der Vorlesung.

stimmt 1 - 2 - 3 - 4 - 5 - 6 - 7 stimmt nicht 7. Das Skript ist auch ohne Besuch der Vorlesung nützlich.

stimmt 1 - 2 - 3 - 4 - 5 - 6 - 7 stimmt nicht 8. Die im Skript enthaltenen Texte sind verständlich.

stimmt 1 - 2 - 3 - 4 - 5 - 6 - 7 stimmt nicht 9. Die im Skript enthaltenen Abbildungen sind verständlich.

stimmt 1 - 2 - 3 - 4 - 5 - 6 - 7 stimmt nicht 10. Ich werde das Skript zur Prüfungsvorbereitung nutzen.

stimmt 1 - 2 - 3 - 4 - 5 - 6 - 7 stimmt nicht 11. Das Skript sollte (in jeweils aktueller Version) im Internet liegen.

stimmt 1 - 2 - 3 - 4 - 5 - 6 - 7 stimmt nicht

Verbesserungsvorschläge: Fehler, die ich meine entdeckt zu haben (bitte Seitenangabe):

Bitte bei Frau Rumo abgeben!