Einfamilienhäuser mit regenerativer Strom- und ... · Heizwärmebedarf der Gebäude decken...
Transcript of Einfamilienhäuser mit regenerativer Strom- und ... · Heizwärmebedarf der Gebäude decken...
Kurztitel:EAHplus-Monitoring: Entwicklung einer neuen Generation energieautarker Häuser - messtechnische Überwachung -
Laufzeit:08/2012 bis 01/2018
Themen:
Neubau von Einzelgebäuden, Heizen, Lüften, Kühlen, Dezentrale Energieerzeugung, Energiespeicherung, Betriebsführung &
Energiemanagement, Solare Wärme, Solarstrom, Biomasse, Wärme aus Erdreich, Grundwasser, Abwasser
Schlagworte:
Quintessenz
In Freiberg wird die Performance zweier als energieautark konzipierter Einfamilienhäuser wissenschaftlich untersucht. Den sehr geringenHeizwärmebedarf der Gebäude decken großzügig dimensionierte Solarkollektoren und Wärmespeicher, ergänzt durch einen holzbefeuerten,wassergekühlten Kaminofen. Eine Photovoltaik-Anlage sorgt in Verbindung mit einem Batteriespeicher für eine nahezu vollständig solare
En er gieau tar k Wo h n en
Einfamilienhäuser mit regenerativer Strom- und Wärmeversorgung
Die beiden baugleichen Einfamilienhäuser in Freiberg setzen auf eine vollständig regenerative Versorgung mit
Strom und Wärme. Foto aus dem Sommer 2014.
0325995A
Stromspeicherung Plusenergie Wohngebäude
Solarenergienutzung für Strom und Wärme kombiniert mit großen Speicherkapazitäten soll Autarkie ermöglichen
Über 70% der Wärmeversorgung solar gedeckt, ergänzt durch Kaminofen
Unabhängigkeit vom Stromnetz im Betrieb noch nicht erreicht
Elektromobil erhöht die Eigenverbrauchsquote um etwa ein Drittel
Nutzung als Einfamilienhaus oder Büro macht keinen Unterschied in der Energiebilanz
Stromversorgung.
Eine möglichst vollständige Unabhängigkeit vom öffentlichen Stromnetz und auch von fossilen Brennstoffen ist das erklärte Ziel für die beidenenergieautarken Häuser. Das Gebäudekonzept basiert auf dem sogenannten Sonnenhaus, das über Solarthermie-Kollektoren und Wärmespeicherüber 50 Prozent seines Wärmebedarfs solar deckt. Zusätzlich wird wie bei Plusenergiehäusern mit einer großen Photovoltaik-Anlage Solarstromerzeugt. Im Unterschied zu diesen wird der augenblicklich nicht genutzte Solarstrom nicht ins öffentliche Stromnetz eingespeist, sondern in Batterienoder mit Elektromobilen gespeichert. Dieses Konzept kann an sonnenreichen Tagen dazu beitragen, den in öffentlichen Stromnetzen durch hoheSolarstrom-Kapazitäten entstehenden „Stress“ zu vermeiden.
Zwei solcher Gebäude wurden in Freiberg (Sachsen) im Oktober 2013 fertiggestellt und bezogen – das eine Gebäude wird von einer fünfköpfigenFamilie bewohnt, das andere wird als Büro genutzt.
Forschungsfokus
Die fast baugleichen Häuser unterscheiden sich hinsichtlich ihres Nutzungsprofils als Wohn- und Bürogebäude. Seit 2014 werden im Zuge derwissenschaftlichen Evaluierung umfangreiche Messdaten zur Wärme- und Stromversorgung sowie zu den Raum- und Umgebungsbedingungenerfasst und unter Berücksichtigung weiterer Daten wie beispielsweise Solarstrahlung und Wetter ausgewertet. Damit sollen eine detaillierteGebäudeenergiebilanz ermittelt und gegebenenfalls notwendige Optimierungsmaßnahmen in Gebäudekonzept, Gebäudetechnik oderBetriebsführung identifiziert werden.
Hierfür wurde in beiden Gebäuden umfangreiche Messtechnik installiert. Zur Bilanzierung der Wärmeversorgung sind zahlreicheWärmemengenzähler (Schwingstrahlprinzip) sowie Feuchte- und Temperatursensoren verbaut. Zusätzlich angebrachte Widerstandsthermometer(PT100) ermöglichen eine detaillierte Auswertung der Wärmeströme. Für die Strombilanzierung des Inselnetzes sind zahlreiche Elektroenergiezählervorhanden, welche zeitlich hoch aufgelöst den Strombedarf erfassen – teilweise von einzelnen Endverbrauchern. Dadurch ist eine genaue Erfassungnach Anlagen- und Verbrauchsgruppen und eine Einschätzung der Nutzereinflüsse möglich.
Weiterhin sollte auch der Effekt der Elektromobilität auf die Energiebilanz, auf die Erhöhung der Eigenverbrauchsquote und für eine Entlastung desöffentlichen Stromnetzes untersucht werden.
Konzept
Gebäudekonzept
Projektkontext
Hydraulikschema der Wärmeversorgung für das energieautarke Wohngebäude
Die Gebäude basieren auf dem Bau- und Heizkonzept des Sonnenhaus-Instituts e.V. mit einer Hausausrichtung und großen Fensterflächen nachSüden. Sie sind in Massivbauweise errichtet, wobei die Hauswände aus monolithischen Ziegeln mit Innen- und Außenputz, jedoch ohne weitere außenangebrachte Dämmung bestehen. Zur Wärmeübergabe an die Räume dienen thermoaktive Bauteilsysteme (TABS). Diese können im Sommer optionalüber eine Erdwärmesonde auch zu Kühlzwecken eingesetzt werden, um ein behagliches Raumklima zu gewährleisten. Dabei wird das Erdreich alsWärmesenke genutzt.
Energiekonzept
Die Gebäude haben eine Solarthermie-Anlage (46 m²) mit einem im Haus installierten Langzeitwärmespeicher (9,12 m³). Die Anlage wird mit einemwassergekühlten Stückholzofen als Zusatzheizsystem kombiniert. Damit soll ein solarer Deckungsgrad von mindestens 65 Prozent und ein jährlicherPrimärenergiebedarf von höchstens 7 kWh/m² erreicht werden, was den gesamten Primärenergiebedarf von typischen Passivhäusern um etwa 70Prozent unterschreitet.
Die Stromversorgung wird über eine Photovoltaik-Anlage (8,4 kWp) und einen Batteriespeicher (Blei-Gel-Akku, 58 kWh) gewährleistet. Der gesamteHausenergie-Strombedarf beträgt für beide Nutzungsarten jährlich etwa 2.000 kWh (ohne Elektromobilität). Zusätzlich zu dem dargestelltenEnergieversorgungskonzept wird seit Oktober 2014 der Einfluss einer Elektromobilnutzung auf das elektrische Inselnetz untersucht. Das Gebäude istzwar grundsätzlich unabhängig vom öffentlichen Stromnetz, ist jedoch an dieses angeschlossen, um bei längeren sonnenarmen Perioden dieStromversorgung zu gewährleisten.
Schema zeigt das Gebäude mit a) dachintegrierten Solarkollektoren, b) Solarstrommodule, c) Langzeit-Wärmespeicher und d) Batteriespeicheraußerhalb des Gebäudes
Weitere Abbildungen
Der langzeit
Wärmespeicher
wird ins Gebäude
gesetzt
Das Richtfest kann gefeiert
werden
Der
Batteriespeicher
mit Blei-Gel-
Akkus befindet
sich hinter dem
Haus und liefert
insgesamt 58
kWh
Elektrizität
Die komplette Technik im
Hauswirtschaftsraum des
energieautarken
Wohngebäudes.
Der Kamin als
Zusatzheizung mit
Holz als
regenerativer
Energie für
sonnenarme Zeiten
Man sieht dem Haus die
nahezu vollständige
Energieautonomie
kaum an. Blick aus
Wohnzimmer in die
offene Küche.
Wärmebilanz für das Wohngebäude und thermischer solarer Deckungsgrad für den Zeitraum 2014 und 2015. Bilanziert werden die Einlagerung undEntnahme von Wärme in den Wärmespeicher, differenziert nach Quelle und Nutzung. Deutlich wird der Beitrag der Zusatzheizung in denWintermonaten.
Performance und Optimierung
Die Datenauswertung zeigt über den Verlauf von zwei Jahren sehr hohe solare Deckungsgrade. Bei der Stromversorgung betrug diese für beideNutzungsprofile etwa 92% (2014) und 97-98% (2015), womit die Zielstellung der Unabhängigkeit vom öffentlichen Stromnetz nicht vollständig erreichtwurde. Bei der Wärmeversorgung betrugen der solare Anteil an der Wärmeversorgung etwa 71% (2014) und 72-73% (2015). Damit wurde dieZielstellung von mehr als 65% sogar deutlich übertroffen.
Die Außentemperaturen lagen in den für die Energieversorgung kritischen Wintermonaten bis auf einen Monat überwiegend oberhalb deslangjährigen Mittelwerts des Deutschen Wetterdienstes für den nahegelegenen Standort Chemnitz. Im Gegensatz dazu lag die kumulierte Anzahl anSonnenstunden in beiden Jahren unter dem langjährigen Mittel. Ferner wurde im Jahr 2014 der Langzeitmittelwert der einfallenden Strahlung in denWintermonaten deutlich unterschritten, weshalb vermehrt zusätzliche Wärme über den Kaminofen bereitgestellt werden musste. Auch die 100-prozentige Stromautarkie wurde aus diesem Grund knapp verfehlt. Die Ursachen sind in einer sehr geringen solaren Einstrahlung in denWintermonaten 2014/2015 zu sehen, wo die für die Planung verwendeten Langzeitmittelwerte für die solare Einstrahlung nicht erreicht wurden. Dergeplante Gesamtstrombedarf von 2.000 kWh/a konnte mit einem Stromverbrauch von maximal 2.144 kWh/a in etwa erreicht werden. Es zeigte sichweiterhin, dass mit zusätzlichen Verbrauchern wie beispielsweise einem Elektromobil von Frühjahr bis Herbst höhere Eigenverbrauchsquoten erzieltwerden. Die Unterschiede im Nutzerprofil von Wohn- und Büronutzung sind vorhanden, beeinflussen die gesamte Energiebilanz jedoch nur wenig.
Infolge des geringen Gesamtstromverbrauchs von ca. 2.100 kWh ist von Frühjahr bis Herbst zusätzlich der Einsatz eines Elektromobils denkbar, ohnedie Autarkie zu gefährden. Seit Oktober 2014 wird dies mit einem Fahrzeug vom Typ iMieV getestet. Erste Untersuchungen zeigen, dass hierdurch dieEigenverbrauchsquote im Jahr 2015 um etwa 36% gesteigert werden konnte. Zudem reduzieren sich die Kosten für Mobilität in einerLangfristbetrachtung. Zur weiteren Erhöhung des Eigenverbrauchs werden derzeit eine intelligente Ladestrategie sowie die Speicherung und Nutzungvon Netzüberschüssen untersucht.
In beiden Gebäuden wurde für den Sommer eine regenerative Kühlung über eine Geothermie-Sonde integriert. Die Regelungsparameter werdenkontinuierlich weiterentwickelt und mit realen Messdaten abgeglichen.
Das Autarkiekonzept soll auf Mehrfamilienhäuser übertragen werden. Hierbei werden die Projektpartner mit dem Sonnenhaus Institut e.V.zusammenarbeiten.
Wirtschaftlichkeit
Eine Wirtschaftlichkeitsanalyse zeigt, dass sich die Mehrkosten des Autarkiepaketes des Energieautarken Hauses nach ca. 24,7 a (statisch) bzw. 34,1 a(dynamisch) amortisieren sollte. Die Daten sind als exemplarisch zu betrachten, denn sie sind von den gegeben Rahmenbedingungen wieEnergiepreise (für fossile Energieträger und Strom) und Standort (Einstrahlung und Heizwärmebedarf) abhängig.
Für die Wirtschaftlichkeitsanalyse wurde die dynamische Amortisationsrechnung verwendet und hierbei angenommen: Ein Kalkulationszinssatz von4,36%, Betrachtungszeitraum 20 Jahre, Energiepreise 2014 (Strom 29,14 Ct/kWh, Gas 6,81 Ct/kWh), baugleiches EFH mit Gasbrennwerttechnik als
Strombilanz für das Wohngebäude und elektrischer solarer Deckungsgrad für den Zeitraum 2014 und 2015. Im August 2015 erfolgt ein Strombezugaus dem Netz aufgrund von Wartungsarbeiten am Akku (B).
Referenzszenario, Energiepreissteigerung von 5% p.a.
Das Gebäudekonzept wurde von dem Fertigbau-Anbieter HELMA Eigenheimbau AG mitentwickelt und wird inzwischen schlüsselfertig als„Energieautarkes Haus“ vermarktet.
Projektkenndaten
Konstellation: Who is who?
Bauherr Timo Leukefeld, Stephan Riedel
Nutzer Timo Leukefeld
Gebäudetyp Einfamilienhaus / Büro
Zeitangaben
Baujahr des Gebäudes 2013
Planungsbeginn 2011
Fertigstellung 10/2013
Inbetriebnahme 11/2013
Flächengrößen/Maße
Bruttogrundfläche (nach DIN 277) 279 m²
Arbeitsplätze (oder Schüler oder vergleichbare Personenangaben) 5 Personen
Beheizte Wohnfläche (für Wohngebäude, nach 2. Berechnungsverordnung) 206 m²
A/V-Verhältnis (ggf. vor / nach Sanierung) 0,72 m²/m³
Gebäudekenndaten
Energiekenndaten
Energiekennwerte Bedarf
Neubau / nach … vor Sanierung
Heizwärmebedarf (Nutzenergiebedarf Wärme) 40,10 kWh/m²a
Primärenergie Wärme 7,10 kWh/m²a
Primärenergie Gesamt 7,10 kWh/m²a
Energiekennwerte gemessen (Verbrauch)
Neubau / nach … vor Sanierung
Endenergie Wärme 68,90 kWh/m²a
Primärenergie Gesamt 7,4 kWh/m²a
weitere spezifische Verbrauchsdaten für Beleuchtung, Klima, Lüftung etc.
Neubau / nach … vor Sanierung
Strom für Gebäudetechnik 2,83 kWh/m²a
Strom für Beleuchtung 0,48 kWh/m²a
Strom für Haushaltsgeräte 4,00 kWh/m²a
Strom für Kommunikation 0,98 kWh/m²a
Strom für Bürotätigkeit 0,49 kWh/m²a
Rest. Steckdosen 1,25 kWh/m²a
Kostenkenndaten
Baukosten bzw. Sanierungskosten
Kosten für die (Sanierung der) Baukonstruktion [KG 300] 844 EUR/m²
Kosten für die (Sanierung der) Technischen Anlagen [KG 400] 637 EUR/m²
Nutzungskosten
Zeitraum von... bis...
Nach Inbetriebnahme 01.2015 12.2015
Neubau / nach … vor Sanierung
Energiekosten gesamt 1,13 EUR/m²a
Heizenergie gesamt 1,07 EUR/m²a
Strom gesamt 0,06 EUR/m²a
Links zum Projekt
HELMA Eigenheimbau AG
Timo Leukefeld
Website des Anbieters mit Informationen zum Gebäude
Beschreibung des Bauvorhabens durch Bauherrn
Infotipp zum Projekt
BINE-Projektinfo 09/2016
Sonnenhäuser energetisch und ökonomisch bewertet
Forschungsförderung
Das Informationssystem EnArgus bietet Angaben zur Forschungsförderung, so auch zu diesem Projekt
Kontakte zum Projekt
Monitoring
TU Bergakademie Freiberg, Institut für Wärmetechnik und Thermodynamik (IWTT)i
Downloads zum Projekt
Artikel Autonomes Hauskonzept - Ergebnisse aus 2 Jahren Realität
Poster Autonomes Hauskonzept - Ergebnisse aus 2 Jahren Realität
(PDF, 2 MB)w
Letzte Aktualisierung: 21. März 2017
Poster Sommerliche Überhitzung im autonomen Einfamilienhaus?
Poster Potenzialanalyse zur Eigenverbrauchssteigerung
(PDF, 2 MB)w
(PDF, 1 MB)w
(PDF, 925 KB)w