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Einführung in die Algebra Vorlesung Sommersemester 2005 Prof. Dr. Heinz Spindler Fachbereich Mathematik/Informatik der Universität Osnabrück Dies ist das Vorlesungsskript zur Vorlesung. Es gibt in knapper Form die Definitionen, Sätze, Beweise und Beispiele wieder. Ausführlicheres findet man in der Literatur. Insbesondere sei das Buch von M. Artin [1] als zusätzliche Lektüre empfohlen. Literatur Lehrbücher [1] Artin, M.: Algebra, Birkhäuser Advanced Texts, Birkhäuser Verlag Basel 1993 [2] Van der Waerden, B. L.: Algebra, Erster Teil, Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York 1966 [3] Reiffen/Scheja/Vetter: Algebra, BI Mannheim 1969 [4] Lang, S.: Undergraduate Algebra, (Undergraduate Texts in Mathematics), 3rd edition, Springer 2005 [5] Schafmeister/Wiebe: Grundzüge der Algebra, B.G.Teubner Stuttgart 1978 [6] Kostrikin, A.I.: Introduction to Algebra, universitext, Springer 1982 [7] Hungerford, Thomas W.: Algebra, GTM 73, Springer 1974 [8] Hornfeck, B.: Algebra, de Gruyter 1976 [9] Scheja/Storch: Lehrbuch der Algebra, Teil1 und Teil 2, Teubner Stuttgart 1988 [10] Wüstholz, G.: Algebra, vieweg 2004 [11] Bosch, S.: Algebra, Springer Verlag Vorlesungsskripten [12] Bruns, W.: Einführung in die Algebra, Osnabrück SS 2001 [13] Römer, T.: Einführung in die Algebra, Osnabrück SS 2003 [14] Vogt, R.: Einführung in die Algebra, Osnabrück SS 2000 Fachbereich Mathematik/Informatik

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Einführung in die AlgebraVorlesung Sommersemester 2005

Prof. Dr. Heinz SpindlerFachbereich Mathematik/Informatik der Universität Osnabrück

Dies ist das Vorlesungsskript zur Vorlesung. Es gibt in knapper Form die Definitionen, Sätze, Beweise und Beispiele wieder. Ausführlicheres findet man in der Literatur. Insbesondere sei das Buch von M. Artin [1] als zusätzliche Lektüre empfohlen. à Literaturü Lehrbücher

[1] Artin, M.: Algebra, Birkhäuser Advanced Texts, Birkhäuser Verlag Basel1993

[2] Van der Waerden, B. L.: Algebra, Erster Teil, Springer-Verlag BerlinHeidelberg New York 1966

[3] Reiffen/Scheja/Vetter: Algebra, BI Mannheim 1969

[4] Lang, S.: Undergraduate Algebra, (Undergraduate Texts in Mathematics),3rd edition, Springer 2005

[5] Schafmeister/Wiebe: Grundzüge der Algebra, B.G.Teubner Stuttgart 1978

[6] Kostrikin, A.I.: Introduction to Algebra, universitext, Springer 1982

[7] Hungerford, Thomas W.: Algebra, GTM 73, Springer 1974

[8] Hornfeck, B.: Algebra, de Gruyter 1976

[9] Scheja/Storch: Lehrbuch der Algebra, Teil1 und Teil 2, Teubner Stuttgart1988

[10] Wüstholz, G.: Algebra, vieweg 2004

[11] Bosch, S.: Algebra, Springer Verlag ü Vorlesungsskripten

[12] Bruns, W.: Einführung in die Algebra, Osnabrück SS 2001

[13] Römer, T.: Einführung in die Algebra, Osnabrück SS 2003

[14] Vogt, R.: Einführung in die Algebra, Osnabrück SS 2000

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ü Weiterführende und spezielle Literatur

[15] Shafarevich, I. R.: Basic Notions in Algebra, Springer-Verlag Heidelberg1997

[16] Ledermann, W.: Einführung in die Gruppentheorie, vieweg 1977

[17] Lidl/Niederreiter: Finite Fields, Encyclopedia of Mathematics 20, Addison-Wesley 1983

[18] Artin, E.: Galoissche Theorie, Verlag Harri Deutsch, Thun 1988

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Gruppen

1 Grundbegriffe und Beispiele

Inhalt: Definition der Begriffe Monoid, Gruppe, erste Beispiele von Gruppen: die allgemeine lineare Gruppe GLnHKL, die volle symmetrische Gruppe einer Menge. Der Begriff der Untergruppe, Untergruppen von �, zyklische Gruppen, Erzeugendensystem einer Gruppe, Beispiel: Zwei Erzeugende von SL2H�L. Definition der Begriffe Isomorphismus, Homomorphismus, Automorphismus, Kern und Bild eines Homomorphismus, Ordnung eines Gruppenelements, Beispiel: Unterguppen von S1, Einheitswurzeln, Permutationen und ihre Zykeldarstellung, Permutationsmatrizen, die alternierende Gruppe.ü Definition 1.1

Es sei M eine Menge und

ÿ : MµMöM, Hx, yL# x ÿy

eine zweistellige Verknüpfung auf M. Wir schreiben wie üblich auch kurz x y anStelle von x ÿy.

(1.1.1) Die Verknüpfung heißt assoziativ, wenn

xHy zL = Hx yL z

für alle x, y, z œ M gilt.

(1.1.2) Die Verknüpfung heißt kommutativ, wenn

x y = y x

für alle x, y œM gilt.

(1.1.3) Ein Element e œ M heißt neutrales Element der Verknüpfung, wenn

e x = x e = x

für alle x œM gilt. Es gibt höchstens ein neutrales Element, denn ist e£ ein weiteres neutralesElement, so gilt e = e e£ = e£.

1 Grundbegriffe und Beispiele 3

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ü Definition 1.2

(1.2.1) Ein Monoid ist eine Menge M mit einer assoziativen Verknüpfung, die einneutrales Element besitzt. Man schreibt auch ausführlich HM, ÿ , eL für ein MonoidM.

Es sei HM, ÿ , eL ein Monoid.

(1.2.2) Sind x, y œM und gilt x y = e = y x, so heißt y ein Inverses von x.

Jedes Element x besitzt höchstens ein Inverses, denn sind y, y£ Inverse von x, sogilt y = y e = yHx y£L = Hy xL y£ = e y£ = y£.(1.2.3) x œM heißt invertierbar, wenn es ein Inverses y œM von x gibt. Dieses wirdmit x-1 bezeichnet. Die Menge der invertierbaren Elemente in M wird mit Mäbezeichnet.

(1.2.4) Es gelten die Kürzungsregeln: Sind x, y, z œM und ist z invertierbar, so gilt:

(1.2.4.1) Aus x z = y z folgt x = y,

(1.2.4.2) Aus z x = z y folgt x = y.

Der Beweis von (1.2.4.1) ergibt sich durch Multiplikation mit z-1 von rechts:x z = y zïx = x ÿ1 = xHz z-1L = Hx zL z-1 = Hy zL z-1 = yH z z-1L = y ÿ 1 = y. Analog folgt(1.2.4.2) durch Multiplikation mit z-1 von links.

(1.2.5) Ist x œ M, so kann man die Potenzen xn für n œ � induktiv definieren:

x0 = e, xn = x xn-1

für n > 0. Ist x invertierbar, so kann man auch die negativen Potenzen xn definierendurch

xn := Hx-1L-n

für n < 0. Es gelten die bekannten Potenzregeln

xn+m = xn xm, xn m = HxnLmfür alle x œ M, n, m œ �. Ist x œMä, so gelten die Regeln sogar für alle n, m œ �.ü Definition 1.3

(1.3.1) Eine Gruppe ist ein Monoid HG, ÿ , eL, in dem jedes Element invertierbar ist.

(1.3.2) Eine Gruppe heißt abelsch, wenn ihre Verknüpfung kommutativ ist.Oft wird eine abelsche Gruppe A additiv geschrieben:+ : AµAöA, Hx, yL# x+ y ist die Verknüpfung. Das neutrale Element wird dann

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mit 0 bezeichnet und heißt auch das Nullelement von A. Das Inverse von x œ A wirdmit -x bezeichnet und heißt auch das Negative von x.ü Lemma 1.4

Es sei HG, ÿ , eL eine Gruppe. (1.4.1) Für alle x, y œG gilt: Hx yL-1 = y-1 x-1.(1.4.2) Für alle a, b œ G besitzt die Gleichung a x = b genau eine Lösung x œG,nämlich x = a-1 b.

Beweis. Zu (1.4.1): Hx yL Hy-1 x-1L = HHx y L y-1L x-1 = HxHy y-1LL x-1 = Hx e L x-1 = x x-1 = e.Genauso folgt Hy-1 x-1L Hx yL = e. Zu (1.4.2): a x = bóx = a-1 b. áIn einem Monoid, also auch in einer Gruppe, kann man endliche Produkte bildenohne auf die Klammerung zu achten. Man darf im allgemeinen jedoch nicht dieReihenfolge der Faktoren ändern.ü Beispiele 1.5

(1.5.1) Aus der linearen Algebra sind uns schon eine Reihe von Gruppen bekannt:Die allgemeine lineare Gruppe GLnHKL der nµn-Matrizen mit Einträgen in einemKörper K, die orthogonale Gruppe OHnL der reellen orthogonalen nµn-Matrizen.

(1.5.2) H�, +, 0L ist ein kommutatives Monoid, aber keine Gruppe.

(1.5.3) H�, +, 0L ist eine abelsche Gruppe.

(1.5.4) Ist X irgendeine nicht-leere Menge, so ist die Menge M derSelbstabbildungen f : XöX mit der Komposition als Verknüpfung ein Monoid. Dasneutrale Element ist die identische Abbildung idX .

(1.5.5) Ist X irgendeine nicht-leere Menge, so ist die Menge SHXL der bijektivenSelbstabbildungen f : XöX mit der Komposition als Verknüpfung eine Gruppe.Das neutrale Element ist die identische Abbildung idX . Diese Gruppe heißt dievolle symmetrische Gruppe der Menge X . Eine besondere Rolle spielt die GruppeSn = SHXL, wobei X = 81, 2, ..., n<. Sn heißt die symmetrische Gruppe n-ten Grades.Ihre Element heißen auch Permutationen. Ein Element p œ Sn wird durch seineWertetabelle

ikjj 1 2 3 ∫ npH1L pH2L pH3L ∫ pHnL y{zz vollständig beschrieben. Für n ¥ 3 ist Sn nicht abelsch. Das sieht man so: Es seip œ Sn die Permutation

1 Grundbegriffe und Beispiele 5

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ikjj1 2 3 4 ∫ n

3 1 2 4 ∫ ny{zz

und s œ Sn die Permutation

ikjj1 2 3 4 ∫ n

2 1 3 4 ∫ ny{zz.

Dann ist pësH1L = pH2L = 1 und sëpH1L = sH3L = 3. Also ist pës ∫ sëp.ü Definition 1.6

Es sei HG, ÿ , eL eine Gruppe. Eine Teilmenge H von G heißt Untergruppe von G,wenn gilt:(1.6.1) Für alle x, y œ H ist x y œ H,(1.6.2) e œ H,(1.6.3) Ist x œ H, so ist auch x-1 œ H.

Ist G endlich, so folgt (1.6.3) aus (1.6.1) und (1.6.2), denn für x œ H die AbbildungHöH, y# x y injektiv und da H endlich ist, auch automatisch bijektiv und somit istinsbesondere e im Bild dieser Abbildung, d.h. es gibt ein y œ H mit x y = e. Damit istx-1 œ H.ü Lemma 1.7

Eine nicht-leere Teilmenge H einer Gruppe G ist genau dann eine Untergruppe,wenn gilt:(1.7.1) Für alle x, y œ H ist x y-1 œ H.

Beweis. Übung! áü Beispiele 1.8

(1.8.1) SOHnL Õ OHnL Õ GLnH�L sind Untergruppen (ØLineare Algebra).

(1.8.2) H = :ikjj 1 2 3

2 1 3y{zz, ikjj 1 2 3

1 2 3y{zz> ist eine Untergruppe von S3. Allgemeiner: Ist X

eine nicht-leere Menge und a œ X ein festes Element, so ist H = 8f œ SHXL » f HaL = a<eine Untergruppe der symmetrischen Gruppe SHXL. Dies folgt sofort mit Lemma 1.7.

(1.8.3) Für m œ� ist H =�m := 8n m » n œ�<, also die Menge der ganzzahligenVielfachen von m, eine Untergruppe von �. Dies sind die einzigen Untergruppenvon H�, +L. Die letzte Aussage beweist man so: Ist H Õ � irgendeine Untergruppeund ist H ∫ 80<, so gibt es eine von Null verschiedene Zahl k œ H. Da H eineUntergruppe von � ist, ist auch -k œ H. Damit gibt es auf jeden Fall eine positiveZahl in H. Es sei nun m die kleinste positive Zahl in H. Dann gilt natürlich �m Õ H.

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Wir zeigen, dass auch H Õ�m gilt. Zum Beweis wählen wir eine beliebige Zahlk œ H. Dividieren wir k durch m so erhalten wir k = q m+ r mit q œ � und einem Restr œ� mit 0 § r < m. Da k, m œ H, ist auch r = k - q m œ H. Da r < m und da nachDefinition m die kleinste positive Zahl in H ist, muss r § 0, also (wegen r ¥ 0) sogarr = 0 gelten. Damit ist k = q m œ�m. Damit ist H Õ�m bewiesen. Es gilt wiebehauptet H =�m.

(1.8.4) Es sei K ein Körper und V ein K-Vektorraum. Dann ist H = 8f œ SHVL » $ A œ GLHVL, b œ V " v œ V : f HvL = A HvL+ b< eine Untergruppe von SHVL, die sogenannte affine Gruppe von V, die man auch mitAffHVL bezeichnet. (Beweis: Übung)

(1.8.5) Es sei HM, ÿ , eL ein Monoid. Dann ist Mä mit der Multiplikation eine Gruppe.Dazu muss man sich nur überlegen, dass mit x, y œ Mä auch x y œ Mä, vgl (1.4.1).ü Proposition 1.9

Es sei G eine Gruppe und M eine Teilmenge von G. Es sei M-1 := 8x-1 » x œ M<.(1.9.1) Die Menge aller endlichen Produkte x1 ÿ ... ÿ xn von Elementenxj œ M ‹ M-1 ‹ 8e< ist eine Untergruppe XM\ von G. (1.9.2) Ist H eine Untergruppe von G mit M Õ H, so gilt XM\ Õ H.

Beweis. zu (1.9.1): Offensichtlich sind die Bedingungen (1.6.1) - (1.6.3) erfüllt.zu (1.9.2): Ist M Õ H, so ist auch M ‹ M-1 ‹ 8e< Õ H und somit gilt auch XM\ Õ H. áü Definition 1.10

Es sei G eine Gruppe und M eine Teilmenge von G. (1.10.1) XM\ heißt die von M erzeugte Untergruppe.

(1.10.2) M heißt ein Erzeugendensystem von G, wenn XM\ = G.

(1.10.3) G heißt endlich erzeugt, wenn G ein endliches Erzeugendensystembesitzt.

(1.10.4) G heißt zyklisch, wenn G von einem Element erzeugt wird, wenn also einElement x œ G existiert, so dass

G = Xx\ = 8xn » n œ�<. x heißt dann ein Erzeuger von G.ü Beispiele 1.11

(1.11.1) H�, +L ist zyklische Gruppe mit 1 als Erzeuger. -1 ist ebenfalls einErzeuger.

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(1.11.2) Jedes Element x einer Gruppe G erzeugt eine zyklische Untergruppe Xx\von G.

(1.11.3) (Die Hilbertsche Modulgruppe) Zum Beispiel erzeugt die Matrix

S = ikjj 1 1

0 1y{zz

die unendliche zyklische Untergruppe XS\ = :ikjj 1 n

0 1y{zz ƒƒƒƒƒƒƒƒ n œ �> von SL2H�L. Dagegen

erzeugt die Matrix

D = ikjj 0 1-1 0y{zz

eine zyklische Untergruppe mit vier Elementen, denn

D0 = ikjj 1 0

0 1y{zz, D1 = ikjj 0 1-1 0

y{zz, D2 = ikjj -1 0

0 -1y{zz, D3 = ikjj 0 -1

1 0y{zz, D4 = ikjj 1 0

0 1y{zz

und somit ist Dn = Dr für n œ � mit n = 4 q+ r, 0 § r < 4, alsoXD\ = 8E, D, D2, D3<.Wir bemerken: Ist A = ikjj a b

c dy{zz eine beliebige Matrix in SL2H�L, so kann man A durch

wiederholte elementare Spaltenumformungen vom Typ

ikjj a b

c dy{zz# ikjj a b

c dy{zz ikjj 1 n

0 1y{zz = ikjj a b+ a n

c d + c ny{zz

und vom Typ

ikjj a b

c dy{zz# ikjj a b

c dy{zz ikjj 0 1-1 0

y{zz = ikjj -b a-d cy{zz

auf die Form ikjj 1 0

0 1y{zz bringen. Den Beweis lassen wir dem Leser als Übung.

Hinweis: Wegen a d - b c = 1 sind c, d teilerfremd. Durch wiederholtes Anwendender Operation

ikjj a b

c dy{zz# ikjj a b

c dy{zz ikjj 1 -q

0 1y{zz ikjj 0 1-1 0

y{zz = ikjj a b- q a

c d - q cy{zz ikjj 0 1-1 0

y{zz = ikjj q a- b a

q c - d cy{zz

kommt man daher (Euklidischer Algorithmus) in der zweiten Zeile schließlich aufH0, ≤1L, also auf eine Matrix der Form ikjj 1 n

0 1y{zz = Sn oder

ikjj -1 n

0 -1y{zz = S-n D2.

Damit ist gezeigt, dass die Gruppe SL2H�L von den beiden Matrizen S und Derzeugt wird. Man erkennt sofort, dass die folgende Relation zwischen denErzeugern besteht:

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D2 S = S D2.

Es ist aber

D S-S D = ikjj 1 0

0 -1y{zz,

denn D S = ikjj 0 1-1 0y{zz ikjj 1 1

0 1y{zz = ikjj 0 1-1 -1

y{zz, S D = ikjj -1 1-1 0y{zz. SL2H�L ist also nicht

abelsch. Diese Gruppe heißt die Hilbertsche Modulgruppe oder elliptischeModulgruppe. Sie spielt eine wichtige Rolle in der Theorie der elliptischen Kurvenund der Modulformen. Literatur: Freitag / Busam: Funktionentheorie 1, Kapitel 5, 3.Auflage, Springer 2000 ü Definition 1.12

Es seien M = HM, ÿ , eL, M£ = HM£, ÿ , e£L Monoide. Ein Monoidhomomorphismus(kurz: Homomorphismus) von M nach M£ ist eine Abbildung j : MöM£, so dassgilt:(1.12.1) jHx yL = jHxL jHyL für alle x, y œM,(1.12.2) jHeL = e£.(1.12.3) Ein Isomorphismus ist ein bijektiver Homomorphismus.

(1.12.4) Sind M, M£ Gruppen, so nennt man einen Monoidhomomorphismus bzw.Monoidisomorphismus auch Gruppenhomomorphismus bzw. Gruppenisomorphismus. Die Eigenschaft (1.12.2) ist in diesem Fall eine Folgerung aus (1.12.1) und derKürzungsregel (1.2.4.2), denn jHeL jHxL = jHe xL = jHxL = e£ jHxLïjHeL = e£.ü Lemma 1.13

Es sei j : MöM£ ein Monoidhomomorphismus. Dann gilt(1.13.1) Ist x œ M invertierbar, so ist jHxL invertierbar in M£ und es gilt

jHxL-1 = jHx-1L.(1.13.2) Ist H eine Untergruppe von Mµ, so ist jHHL eine Untergruppe von M£µ.

Beweis. zu (1.13.1): Aus e = x x-1 = x-1 x folgt wegen (1.12.1) und (1.12.2) soforte£ = jHeL = jHx L jHx-1L = jHx-1L jHxL und damit die Behauptung.zu (1.13.2): jHHL ist nicht-leer und die Bedingung (1.7.1) ist für jHHL erfüllt, dennnach (1.13.1) gilt für x, y œ H: jHxL jHyL-1 = jHxL jHy-1L = jHx y-1L œ jHHL, weilx y-1 œ H. á

1 Grundbegriffe und Beispiele 9

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ü Lemma 1.14

(1.14.1) Ist j : GöG£ ein Gruppenhomomorphismus, H£ ÕG£ eine Untergruppe, soist j-1HH£L eine Untergruppe von G.Insbesondere ist der Kern von j, das ist die Menge kerj := 8x œ G » jHxL = e£< eineUntergruppe von G.

(1.14.2) Ist j : GöG£ ein Gruppenhomomorphismus, H ÕG eine Untergruppe, soist jHHL eine Untergruppe von G£.Insbesondere ist das Bild von j, das ist die Menge imj := 8jHxL » x œG< eineUntergruppe von G£.(1.14.3) Ein Gruppenhomorphismus j : GöG£ ist genau dann injektiv, wennkerj = 8e<. Beweis. zu (1.14.1): Da e œ j-1HH£L, ist j-1HH£L ∫ « und es ist nur (1.7.1) zuverifizieren: x, y œ j-1HH£LïjHxL, jHyL œ H£ïjHx y-1L = jHxL jHyL-1 œ H£ïx y-1 œ j-1HH£L.zu (1.14.2): Für u, v œ imj gibt es x, y œG, so dass u = jHxL, v = jHyL und somit giltu v-1 = jHxL jHyL-1 = jHxL jHy-1L = jHx y-1L œ imj. zu (1.14.3): Das Argument ist aus der linearen Algebra bekannt: Sei kerj = 8e< . Istnun jHxL = jHyL, so gilt e£ = jHxL jHy-1L = jHx y-1L, also x y-1 œ kerj, d. h. x = y. j istsomit injektiv. áü Lemma 1.15

(1.15.1) Ist G eine Gruppe, so ist idG : GöG ein Homomorphismus.

(1.15.2) Sind j : GöG£, y : G£öG≥ Gruppenhomomorphismus, so ist auchyëj : GöG≥ ein Gruppenhomomorphismus.

(1.15.3) Ein Gruppenhomomorphismus j : GöG£ ist genau dann einIsomorphismus, wenn es einen Gruppenhomomorphismus y : G£öG gibt, so dassjëy = idG£ und yëj = idG.

(1.15.4) Die Menge Aut G := 8j : GöG » j Isomorphismus< ist eine Untergruppe vonSHGL, die sogenannte Automorphismengruppe von G.

Beweis. leichte Übung. á

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ü Lemma 1.16

Es sei G = Xx\ eine zyklische Gruppe mit Erzeuger x. Es sei j :�öG dieAbbildung jHnL := xn. Dann gilt:(1.16.1) Die Abbildung j ist ein surjektiver Gruppenhomomorphismus.(1.16.2) j ist Isomorphismus oder †G§ =m < ¶. Im letzteren Fall ist kerj = �m undG = 8e, x, x2, ..., xm-1<. Es gilt also: xk = eóm ist Teiler von k.(1.16.3) Zwei zyklische Gruppen mit gleicher Anzahl von Elementen sind isomorph.

Beweis. Zu (1.16.1): Offensichtlich gilt jHn+mL = xn+m = xn xm = jHnL jHmL. Damit istj ein Homomorphismus. Da x Erzeuger von G ist, ist j surjektiv. zu (1.16.2): j sei nicht isomorph. Dann gibt es Zahlen k, n œ�, k < n, so dassjHkL = jHnL, also jHn- kL = jHnL jHkL-1 = jHkL jHkL-1 = e. Für m = n- k gilt somitjHmL = e. Es sei nun m > 0 die kleinste positive natürliche Zahl mit jHmL = e. Ist nunn œ�, so schreiben wir n =m q+ r mit q œ �, 0 § r <m und erhalten jHnL = xn = xm q xr = HxmLq xr = e xr = xr . Damit besteht also G aus den Potenzen xk mit Exponenten k = 0, 1, ..., m- 1. Wirzeigen jetzt, dass die Potenzen xk für k = 0, 1, ..., m- 1 paarweise verschiedensind: Sind k, l œ 80, 1, ..., m- 1<, k < l, so ist 0 < l - k <m und nach Definition vonm also jHl - kL ∫ e, und somit jHkL ∫ jHlL, d. h. xk ∫ xl. Weiter ist offensichtlich�m Õ kerj. Sei umgekehrt n œ kerj. Wir schreiben n =m q+ r mit q œ�, 0 § r <mund erhalten e = jHnL = xn = xm q xr = HxmLq xr = e xr = xr . Wegen 0 § r <m folgt r = 0, alson =m q œ�m.zu (1.16.3): Es seien G = Xx\, H = Xy\ zyklische Gruppen mit m Elementen. Dann isty : GöH mit yHxkL = ykHk = 0, 1, ..., m- 1L eine Bijektion und weiter gilt fürk, l œ 80, 1, ..., m- 1<, k + l = q m+ r mit 0 § r <m die Relation xk xl = xr und somityHxk xlL = yHxr L = yr = yk yl = yHxkL yHxlL. y ist also ein Isomorphismus. áü Definition 1.17

Es sei G eine Gruppe und x œ G. Dann heißt ordHxL := †Xx\§ = inf 8k > 0 » xk = 0< dieOrdnung von x. Es gilt 1 § ordHxL §¶. x heißt Element endlicher Ordnung, wennordHxL < ¶. Die Anzahl †G§ der Elemente der Gruppe G heißt die Ordnung von G.ü Beispiele 1.18

(1.18.1) Es sei S1 die multiplikative Gruppe der komplexen Zahlen vomAbsolutbetrag 1.

mn := 8z œ � » zn = 1<

1 Grundbegriffe und Beispiele 11

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ist eine zyklische Untergruppe der Ordnung n von S1. Beweis: Da ein komplexesPolynom vom Grad n höchstens n komplexe Nullstellen hat, gilt †mn§ § n.Offensichtlich ist mn eine Untergruppe von S1. Wir zeigen, dass

z = e2 p iÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅn

ein Element der Ordnung n in mn ist. Dann ist klar, dass †mn§ = n ist und dass mn vonz erzeugt wird und somit zyklisch ist. Es gilt

zn = e2 p i = cosH2 pL+ i sinH2 pL = 1.

Ist 0 § k § n- 1, so ist zk ∫ 1, denn bekanntlich gilt ei x = 1 genau dann, wennx œ 2 p�. Die Erzeuger von mn heißen primitive n-te Einheitswurzeln.

(1.18.2) Ist x œ � \�, so ist u = e2 p i x ein Element der Ordnung ¶ in S1, denn nachVoraussetzung ist n x – � für alle n œ �. Die von u erzeugte zyklische GruppeXu\ Õ S1 ist also unendlich, n# un ist ein Isomorphismus �öXu\.(1.18.3) Weiter gilt für u = e2 p i x, x œ � \� sogar: Die Gruppe Xu\ liegt dicht in S1.Jede Zahl z œ S1 ist also Grenzwert einer Folge von Potenzen von u. Wie kannman das beweisen? (ØArnold: Gewöhnliche Differentialgleichungen, 2. AuflageSpringer 2001, Seite 222) So: Es sei ¶ > 0. Wir wählen n œ �, n > 0, so dass 2 pÅÅÅÅÅÅÅÅn < ¶und unterteilen S1 in n Kreissegmente

Xk = 8e2 p i t » k-1ÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅn

§ t < kÅÅÅÅÅn

<, k = 1, ..., n,

der Bogenlänge 2 pÅÅÅÅÅÅÅÅn

. Nach dem Dirichletschen Schubfächerprinzip müssen zwei

der n+ 1 Elemente 1, u, u2, ..., un , sagen wir up, uq, p ∫ q, im selben Segment Xk

liegen, die Bogenlänge von up bis uq ist also kleiner als 2 pÅÅÅÅÅÅÅÅn

und somit gilt für us,

wobei s = q- p ist, dass die Bogenlänge von 1 bis us kleiner als 2 pÅÅÅÅÅÅÅÅn ist. Dann istnatürlich in der Folge us m , m = 0, 1, 2, ... die Bogenlänge zwischen zweibenachbarten Gliedern ebenfalls kleiner als 2 pÅÅÅÅÅÅÅÅ

n, also kleiner als ¶ . Ist nun z œ S1,

so wähle man ein m œ�, so dass z auf dem Kreissegment zwischen den Gliedernus m und us Hm+1L liegt. Dann ist die Bogenlänge zwischen z und us m kleiner als ¶.Damit ist die Behauptung bewiesen.

(1.18.4) Die Permutation p = ikjj1 2 3 ∫ n- 1 n

2 3 4 ∫ n 1y{zz œ Sn hat die Ordnung n, erzeugt

also eine zyklische Untergruppe der Ordnung n.

(1.18.5) Die Abbildung j : SnöGLnH�L mit

jHpL := HepH1L, ..., epHnLL = Hdi pH jLL,wobei e j = @d1 j, ..., dn jD den j-ten Spalteneinheitsvektor bezeichnet, ist einGruppenhomomorphismus. Beweis: jHpL jHsL = Hdi pH jLL Hd j sHkLL = H⁄ j=1

n di pH jL d j sHkLL = Hdi i dp-1HiLsHkLL = Hdi ,HpësL HkLL = jHpësL, denn in der Summe wird nur über j mit i = pH jL, also j = p-1HiL summiert und es gilt

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natürlich dn m = dpHnL pHmL. j ist injektiv, denn ist jHpL = Hdi pH jLL = E = Hdi jL dieEinheitsmatrix, so muss pH jL = j, also p die identische Permutation sein. DieserHomomorphismus ist die Darstellung der Permutationen in Sn durchPermutationsmatrizen. Die Permutationsmatrizen bilden eine zu Sn isomorpheUntergruppe von GLnH�L, Beispiel: p = ikjj 1 2 3 4

2 3 4 1y{zz, hat die Darstellung jHpL = ikjjjjjjjjjjjjj 0 0 0 1

1 0 0 0

0 1 0 0

0 0 1 0

y{zzzzzzzzzzzzz.(1.18.6) Nach dem Determinatenmultiplikationssatz ist die Abbildung

sign : Snö 8≤1<, signHpL := detHepH1L, ..., epHnLL ein Homomorphismus. Der Kern An = kerHsignL heißt die alternierende Gruppe n-tenGrades. Die Elemente aus An heißen gerade Permutationen. Nach der RegeldetH…, v, …, w, …L = -detH…, w, …, v, …L der Determinantenrechnung folgt

sign p = H-1Lk ,

wobei k eine Anzahl von Vertauschungen in der Liste HpH1L, …, pHnLL ist, die dieseListe in die natürliche Reihenfolge H1, 2, …, nL bringt.ü Beispiel 1.19

Wir wollen die Darstellung von Permutationen als Produkt elementfremder Zyklenerklären.

Wir beginnen mit einigen expliziten Beispielen: Es sei

s = ikjj 1 2 3 4 5 6

1 3 6 2 5 4y{zz œ S6

Diese Permutation ist ein sogenannter 4-Zyklus, denn beschreibt man s durch einPfeildiagramm, so ergibt sich ein geschlossener Weg mit den vier Ecken 2, 3, 6, 4und die nicht vorkommenden Elemente 1 und 5 bleiben unter s fest.

2 Øøø 3Æ ∞4 ô 6

Wir schreiben kurz: s = H 2 3 6 4 L für diesen 4-Zyklus. Das ist die sogenannteZykelschreibweise.

Das folgende Diagramm beschreibt den 6-Zyklus p = ikjj 1 2 3 4 5 6

2 3 5 6 4 1y{zz œ S6.

1 Grundbegriffe und Beispiele 13

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1 ö 2â ä6 3à á

4 ô 5

Hier schreiben wir

p = H 1 2 3 5 4 6 L. Diese Schreibweise ist natürlich nicht eindeutig. Mit H 2 3 5 4 6 1 L wirdoffensichtlich derselbe Zyklus beschrieben. In der Standardform steht das kleinsteElement des Zyklus an der ersten Stelle. So ist zum Beispiel H 2 3 6 4 L dieStandardform von H 6 4 2 3 L.Die allgemeine Definition eines m-Zyklus ist nun wohl klar: Es sei z œ Sn. Es seiM = 81, 2, ..., n<. Dann ist also z : MöM eine bijektive Abbildung von M in sich. zheißt m-Zyklus, wenn es eine Teilmenge A von M mit genau m Elementen gibt, sodass zHiL = i für alle i œ M \ A und für ein k œ A gilt:

A = 8k, zHkL, z2HkL, ..., zm-1HkL<

k ö zHkLâ äzm-1HkL ªà ázm-2HkL ô ∫A heißt der Wirkungsbereich von z. Es gilt dann natürlich

zmHkL = k, zm+1HkL = zHkL, ....

Die Ordnung eines m-Zyklus ist also m. z erzeugt eine zyklische Untergruppe Hder Ordnung m von Sn. Sind alle Elemente von H Zyklen? Offensichtlich nicht! ZumBeispiel ist

H 2 3 6 4 L2 = H 2 6 LëH 3 4 L das Produkt zweier elementfremder 2-Zyklen.

Es sei jetzt s œ Sn. Wir wollen s als Produkt (=Komposition) elementfremder Zyklenschreiben. Wir beginnen mit k = 1. Durch sukzessives Anwenden von s auf kerhalten wir den m-Zyklus z = Hk, sHkL, s2HkL, ..., sm-1HkLL,

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wobei m die erste positive Zahl mit smHkL = k ist. Bleiben noch Elemente inM \ 8k, sHkL, s2HkL, ..., sm-1HkL< übrig, so findet man weitere Zyklen. Man wählt etwadas minimale l in M \ 8k, sHkL, s2HkL, ..., sm-1HkL< und erhält einen weiteren Zyklus h = Hl, sHlL, s2HlL, ..., ss-1HlLL,wobei s die erste positive Zahl mit ssHlL = l ist. Die Zyklen z und h sindelementfremd, das soll heißen

8k, sHkL, s2HkL, ..., sm-1HkL< › 8l, sHlL, s2HlL, ..., ss-1HlL< = «.

Wäre nämlich siHkL = s jHlL für gewisse i, j, so wäre l = si- jHkL œ 8k, sHkL, s2HkL, ..., sm-1HkL< im Widerspruch zur Wahl von l.

Man iteriert dies Verfahren solange, bis keine Elemente in M mehr übrig sind. Dieso erhaltenen elementfremdem Zyklen ergeben die Zykeldarstellung von s.

Die vollständige Zykeldarstellung einer Permutation kann man folgendermaßenbestimmen. † Input: s œ Sn † Initialisierung: M = 81, 2, ..., n<, Z = «.† Solange M ∫ «, wählt man k = MinHML und bildet z = Hk, sHkL, s2HkL, ..., sm-1HkLL, wobei m der erste positive Exponent mit smHkL = k. Dann setzt man M :=M \ 8s jHkL » j = 0, ..., m- 1< und Z := Z ‹ 8z<. † Output: Z, die Liste der Zyklen. Man kann die Einerzyklen weglassen, da sie dieIdentität beschreiben.

Wir illustrieren dies an einem konkretem Beispiel:

n = 12, s = ikjj1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12

3 4 1 6 8 5 7 9 2 10 12 11y{zz.

Die Zykleldarstellung von s ist s = H 1 3 LëH 2 4 6 5 8 9 Lë H7Lë H10LëH 11 12 L. Die 1-Zyklen kann man weglassen, weil diese die Identität beschreiben:

s = H 1 3 LëH 2 4 6 5 8 9 Lë H 11 12 L. Jede Permutation s œ Sn lässt sich bis auf Reihenfolge der Faktoren eindeutig alsProdukt elementfremder Zyklen schreiben: s = z1ëz2ë ...ëzs mit zi ëz j = z j ëzi undXi › X j = « für i ∫ j, wobei Xi der Wirkungsbereich von zi ist. Wir nennen dieseDarstellung die Zykeldarstellung von s. Es ist klar, dass elementfremde Zyklenvertauschbar sind, weil die Identität mit allem vertauschbar ist. Ist d die Ordnungvon s und di die Länge von zi, so ist wegen e = sd = z1

d ë ...ëzsd und weil Xi › X j = « für i ∫ j auch zi

d = e, also d Vielfaches

1 Grundbegriffe und Beispiele 15

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von di. Die Ordnung von s ist also das kleinste gemeinsame Vielfache der in derZykeldarstellung von s auftretenden Zykellängen.à Übungen 1

(1.1) Zeigen Sie, dass man den Gruppenbegriff auch folgendermaßen einführenkann:Eine nicht-leere Menge G zusammen mit einer Verknüpfung ÿ : GµGöG undeinem ausgezeichneten Element e œG ist eine Gruppe, wenn gilt:(a) Es gilt das Assoziativgesetz.(b) e ist linksneutral, d. h.: e x = x für alle x œG.(c) Zu jedem x œG gibt es mindestens ein linksseitiges Inverses, d. h. ein y œG mity x = e.

(1.2) Es sei K = �5 = 80, 1, 2, 3, 4< der Körper mit fünf Elementen. Welche derfolgenden Teilmengen von G = GL2HKL ist eine Untergruppe? Bestimmegegebenenfalls die Ordnung der Untergruppe.(a) H1 = 8A œ G » detHAL œ 81, 4<<, (b) H2 = 8A œG » detHAL = 1<, (c) H3 = :ikjj a b

0 cy{zz ƒƒƒƒƒƒƒƒ a c ∫ 0>, (d) H4 = :ikjj 1 0

0 1y{zz, ikjj 4 0

0 4y{zz>,

(e) H5 = :ikjj 1 0

0 1y{zz, ikjj 3 0

0 4y{zz>, (f) H6 = 8A œG » SpurHAL = 1<.

(1.3) Es seien x = H1, 2, 3L, y = H1, 2L œ S3. Zeigen Sie, dass x, y die Gruppe S3

erzeugen, genauer, dass S3 = 8e, x, x2, y, y x, y x2< gilt und dass die "Relationen"x3 = e, y2 = e, x2 y = y x gelten. Stellen Sie allein mit Hilfe dieser Relationen und derGruppenaxiome die "Gruppentafel" (Cayley-Tafel) von S3 auf. Beispiel:x ÿy x 2 = x Hy xL x = xHx2 yL x = x3 y x = y x usw.

(1.4) Es sei G eine Gruppe und x, y œG seien vertauschbare Elemente endlicherOrdnung und es gelte Xx\› Xy\ = 8e<. Zeigen Sie: Dann giltordHx yL = kgVHordHxL, ordHyLL. Gilt das auch, wenn die Elemente nicht vertauschbarsind? (Betrachte etwa geeignete Elemente der Gruppe SL2H�5L oder S3.)

(1.5) Es sei K ein Körper. Es sei X := �1HKL die Menge der eindimensionalenUntervektorräume von K2. X heißt die projektive Gerade über K. G sei die Mengeder bijektiven Abbildungen f : XöX , die von Matrizen A œ GL2HKL induziertwerden, für die also gilt: f HK uL = KHA uL für alle Spaltenvektoren u œ K2, u ∫ 0.Zeige: (a) G ist eine Untergruppe von SHXL, (b) Die Abbildung A# f ist einsurjektiver Gruppenhomomorphismus GL2HKLöG. Welche Ordnung hat G im FallK = �p, wobei p eine Primzahl ist?

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(1.6) Es sei K ein Körper. Zeigen Sie: Es gibt einen injektiven

Homomorphismus j : S3öGL2HKL, der x = H1, 2, 3L auf A = ikjj 0 1-1 -1y{zz und

y = H1, 2L auf S = ikjj 0 1

1 0y{zz abbildet. (Hinweis: Benutzen Sie Aufgabe (1.3). )

(1.7) Es sei G eine Gruppe und x, y seien zwei Elemente in G mit der Eigenschaftx7 = e, x4 y = y x4. Dann sind x und y vertauschbar.

(1.8) Zeigen Sie: (a) Die symmetrische Gruppe Sn wird von den TranspositionenH1, 2L, H2, 3L, ..., Hn- 1, nL erzeugt. (b) Die symmetrische Gruppe wird von H1, 2L und H1, 2, 3, ..., nL erzeugt.

(1.9) Zeigen Sie: Für n ¥ 3 wird die alternierende Gruppe An von den DreierzyklenH1, 2, kL, k = 3, ..., n erzeugt.

(1.10) Zerlegen Sie die folgenden Permutationen in elementfremde Zyklen undbestimmen Sie die Ordnung:

(a) ikjj 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

3 1 4 7 10 5 8 9 2 6y{zz,

(b) ikjj 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

3 5 4 1 2 7 8 9 10 6y{zz,

(c) ikjj 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

10 9 8 7 6 1 2 3 4 5y{zz.

Welches ist die maximale Ordnung von Elementen in S10?

(1.11) Mit �n werde 'die' zyklische Gruppe n-ter Ordnung bezeichnet. BestimmenSie die Automorphismengruppe von �n für n = 2, 3, 4, 5. Kann man eine allgemeineAussage über AutH�nL machen?

(1.12) Es sei G eine Gruppe. j : GöG sei ein Automorphismus. Zeigen Sie:(a) Für x œG gilt ordHxL = ordHjHxLL(b) Für x, y œG gilt ordHx yL = ordHy xL(1.13) Zeigen Sie: H = 8H1L, H12L H34L, H13L H24L, H14L H23L< ist eine abelscheUntergruppe von S4 und es gilt AutHHL @ S3.

(1.15) Zeigen Sie: Untergruppen zyklischer Gruppen sind wieder zyklisch.

(1.16) Finden Sie eine Gruppe, in der es Elemente der Ordnung 2 gibt, derenProdukt von unendlicher Ordnung ist.

(1.17) Schreiben Sie A = ikjj 23 32

5 7y{zz als Produkt der in (1.11.3) definierten Erzeuger

S, D œ SL2H�L.

1 Grundbegriffe und Beispiele 17

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2 Gruppenoperationen

Inhalt: Die grundlegenden Begriffe über Gruppenoperationen: G-Menge, Linksoperation, Rechtsoperation, treue Operation, Beispiele: Operation von SHX L auf X , die Diedergruppe, Linksoperationen auf X als Homomorphismen F : GöAutHSHX LL, äquivariante und invariante Abbildungen, der Begriff der Kategorie, die Kategorie der G-Mengen, der Begriff des Isomorphismus.Bahnen, der Bahnenraum, Standgruppen, Beispiele: Die Operation einer zyklischen Untergruppe Xs\ von Sn auf X = 81, 2, 3, ..., n<.Die Bahnen von SOH2L in �2. Die Bahnen der 1-Parametergruppe eines Vektorfelds.Der Begriff des G-Moduls, d. h. der linearen Darstellung.Linksnebenklassen einer Untergruppe H einer Gruppe G. Die Menge G ê H der Linksnebenklassen als G-Menge. konjugierte Untergruppen als Standgruppen verschiedener Bahnelemente, die Indexformel und die Bahnformel, homogene G-Mengen, freie G-Mengen, Beispiele: das Hopfbündel S3öS2, Sn als homogener SOHn+ 1L-Raum, die orthogonale Darstellung SUH2LöSOH3L von SUH2L.ü Definition 2.1

Es sei G eine Gruppe und X eine Menge. Eine (Links-)Operation von G auf X isteine Abbildung ÿ : GµXöX , Hg, xL# g x mit den Eigenschaften(2.1.1) e x = x für alle x œ X ,(2.2.2) Hg hL x = gHh xL für alle x œ X , g, h œ G .

Eine Menge mit der Operation einer Gruppe G nennt man auch eine G-Menge.

Analog führt man den Begriff der Rechtsoperation ÿ : X µGöX , Hg, xL# x g . Siehat folgende Eigenschaften(2.1.3) x e = x für alle x œ X ,(2.2.4) xHg hL = Hx gL h für alle x œ X , g, h œG .

(2.1.5) Die Operation ÿ : GµXöX, Hg, xL# g x heißt treu, wenn ausschließlichdas neutrale Element von G identisch auf Xoperiert, wenn also gilt: Ist g x = x füralle x œ X , so ist g = e.

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ü Beipiele 2.2

(2.2.1) Es sei X eine Menge und G sei die volle Symmetriegruppe SHXL von X .Dann operiert G in natürlicher Weise auf X durch j x := jHxL für j œG, x œ X .Dieses ist sozusagen der Prototyp einer Operation. Untergruppen von G operierendann ebenfalls auf X . Untergruppen von G erhält man zum Beispiel, wenn X Struktur besitzt und man dieElemente von G betrachtet, die diese Struktur respektieren oder wenn man nur dieTranformationen aus G betrachtet, die eine gegebene Teilmenge von X invariantlassen. Die folgenden Beispiele sind von dieser Natur.

(2.2.2) Es sei V ein n-dimensionaler euklidischer Vektorraum, G =OHVL dieorthogonale Gruppe von V (ØLineare Algebra). Dann operiert G auf V und zwarwie in (2.2.1) durch g x := gHxL.(2.2.3) Es sei X Õ �2 die Menge der Ecken

Pk = Hcos 2 p kÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅn

, sin 2 p kÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅn

L, k = 0, 1, ..., n- 1

eines regelmäßigen n-Ecks mit Mittelpunkt Null. Es sei G die von der Drehung

D = ikjjjjj cos 2 pÅÅÅÅÅÅÅÅn

-sin 2 pÅÅÅÅÅÅÅÅn

sin 2 pÅÅÅÅÅÅÅÅn

cos 2 pÅÅÅÅÅÅÅÅn

y{zzzzz und der Spiegelung

S = ikjj 1 0

0 -1y{zz

erzeugte Untergruppe von OH2L. Jedes Element A von G permutiert die Ecken Pk .Man erhält somit eine Operation GµXöX . Die Ecke Pk werde einfach mit ihrer Nummer k + 1 notiert. Dann entspricht D diePermutation

d = ikjj1 2 3 ∫ n

2 3 4 ∫ 1y{zz = H 1 2 3 ∫ n L

und S entspricht die Permutation

(2.2.3.1) s = ikjj 1 2 3 4 ∫ k k + 1 ∫ n- 1 n

1 n n- 1 n- 2 ∫ k + 2 k + 1 ∫ 3 2y{zz,

falls n = 2 k gerade ist und die Permutation

(2.2.3.2) s = ikjj 1 2 3 4 ∫ k k +1 ∫ n- 1 n

1 n n- 1 n- 2 ∫ k + 1 k ∫ 3 2y{zz,

2 Gruppenoperationen 19

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falls n = 2 k - 1 ungerade ist. Die Zykeldarstellung von s enthält die elementfremden TranspositionenH2, nL, H3, n- 1L, H4, n- 2L, ....

Die Gruppe G ist die Symmetriegruppe des regelmäßigen n-Ecks. Sie heißtDiedergruppe n-ter Ordnung und wird auch mit �n bezeichnet. Wir fassen�n = Xs, d\ als Untergruppe von Sn auf. Sie enthält stets die zyklische Gruppe�n = Xd\ als Untergruppe. ü Lemma 2.3

Es sei G eine Gruppe, X eine Menge und ÿ : GµXöX , Hg, xL# g x eine Operationvon G auf X . Für g œG ist dann Fg : X Ø X mit FgHxL := g x eine Bijektion und es gilt:g# Fg ist ein Homomorphismus F : GöSHXL, also

(2.3.1) Fe = idX ,

(2.3.2) Fg h = Fg ëFh,

(2.3.3) Fg-1 = HFgL-1.

Linksoperationen ÿ : GµXöX von G auf X und GruppenhomomorphismenF : GöSHXL von G in die volle symmetrische Gruppe von X entsprechen sich aufdiese Weise eineindeutig. Die treuen Operationen entsprechen den injektivenGruppenhomomorphismen F : GöSHXL.(2.3.4) Die triviale Operation von G auf einer Menge X ist durch g x = x gegeben.Sie entspricht dem trivialen Homomorphismus g# Fg = idX von G in SHXL.Beweis. (2.3.1) ist klar. zu (2.3.2): Fg hHxL = Hg hL x = gHh xL = FgHh xL = FgHFhHxLL = HFg ëFhL HxL.Die weiteren Aussagen folgen hieraus. áü Definition 2.4

Es sei G eine Gruppe. X , Y seien G-Mengen.

(2.4.1) Eine Abbildung f : XöY heißt G-Abbildung oder G-äquivariant, wenn f dieOperationen von G respektiert, d. h. wenn f Hg xL = g f HxL für alle x œ X , g œ G gilt.

(2.4.2) Es sei Z eine Menge. Eine Abbildung f : XöZ heißt G-invariant, wenn feine G-Abbildung ist bezüglich der trivialen Operation von G auf Z, wenn alsof Hg xL = f HxL für alle x œ X , g œG gilt.

(2.4.3) Eine Teilmenge A Õ X heißt G-invariant, wenn g x œ A für alle x œ A, g œ G.

20 Gruppen

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ü Lemma 2.5

Es sei G eine Gruppe. Die identische Abbildung einer G-Menge ist eineG-Abbildung. Die Komposition von G-Abbildungen ist eine G-Abbildung. DieUmkehrabbildung einer bijektiven G-Abbildung ist eine G-Abbildung.

Beweis. Wir zeigen nur die letzte Aussage. Sei also f : XöY eine bijektiveG-Abbildung. Ist y = f HxL, so ist g y = f Hg xL und somit g f-1HyL = g x = f-1Hg yL. áü Bemerkung 2.6

Wir erläutern hier kurz ein sehr abstraktes Konzept, den Begriff der Kategorie.Zunächst ein Beispiel: Es sei G eine Gruppe. Die G-Mengen zusammen mit denG-Abbildungen bilden eine Kategorie. Der Begriff der Kategorie beschreibt eine Struktur, die allen mathematischenTheorien zugrunde liegt, in denen es um eine bestimmte Klasse mathematischerObjekte und die Frage nach ihrer strukturellen Gleichheit (Isomorphie) geht. Wirgeben die Definition und einige Beispiele. (Wir kümmern uns hier nicht um dieProblematik der präzisen Begründung der Mengenlehre.)

(2.6.1) Eine Kategorie � besteht aus

(2.6.1.1) einer Menge ObH�L von Objekten,

(2.6.1.2) einer Menge von Morphismen: für jedes Paar HX , YL von Objekten ist eineMenge hom�HX , YL von Morphismen mit Start X und Ziel Y gegeben.

(2.6.1.3) einer Komposition von Morphismen: für jedes Tripel HX , Y, ZL vonObjekten ist eine zweistellige Verknüpfung hom�HY, ZLµhom�HX , YLöhom�HX , ZL, Hf , gL# f ëg, gegeben, so dass folgende Axiome erfüllt sind:

(2.6.1.4) Hf ëgLëh = f ë HgëhLfür alle h œ hom�HX , YL, g œ hom�HY, ZL, f œ hom�HZ, W L.(2.6.1.5) für jedes Objekt X gibt es einem Morphismus idX œ hom�HX , XL,so dass hë idX = idY ëh = h für alle h œ hom�HX , YL.Hierdurch ist idX eindeutig bestimmt, denn hat man id

èX mit hë id

èX = id

èY ëh = h für

alle h œ hom�HX, YL, so gilt für h = idX : idX = idX ë idè

X = idè

X .

Wir bemerken, dass für jedes Objekt X die Menge end�HXL = hom�HX , XL derEndomorphismen von X ein Monoid ist.

2 Gruppenoperationen 21

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(2.6.2) Die Kategorie ���� der Mengen. Objekte sind die Mengen. Morphismensind die Abbildungen. Die Komposition ist die übliche Komposition vonAbbildungen.

(2.6.3) Die Kategorie ����K der K-Vektorräume. Objekte sind die K-Vektorräume. Morphismen sind die K-linearen Abbildungen. Die Komposition ist die übliche Komposition von Abbildungen.

(2.6.4) Die Kategorie �� � der Gruppen. Objekte sind die Gruppen. Morphismen sind die Gruppenhomorphismen. Die Komposition ist die übliche Komposition von Abbildungen.

(2.6.5) Die Kategorie G-���� der G-Mengen. Objekte sind die G-Mengen. Morphismen sind die G-Abbildungen. Die Komposition ist die übliche Komposition von Abbildungen.

(2.6.6) Ein Beispiel einer 'kleinen' Kategorie: Es sei HM, ÿ , eL ein Monoid: Man kanndann eine Kategorie � definieren, deren einziges Objekt e ist und derenMorphismen f : eöe die Elemente aus M sind. Hier sind die Morphismen keineAbbildungen, sondern einfach abstrakte Elemente, die man multiplizieren kann. DieKomposition von Morphismen ist hier die Multiplikation. Die Axiome sind dannerfüllt, wobei ide = e ist. Ein Monoid M ist also im wesentlichen nichts anderes alseine Kategorie � mit nur einem einzigen Objekt X . Die Menge hom�HX , XL istdann mit der Komposition das Monoid M.

Der Begriff des Isomorphismus in einer Kategorie � ist folgendermaßen erklärt: EinMorphismus f œ hom�HX , YL heißt Isomorphismus, wenn es ein g œ hom�HY, XLgibt, so dass f ëg = idY , gë f = idX gilt.Eine Kategorie, in der alle Morphismen Isomorphismen sind, heißt ein Gruppoid.Das ist eine Verallgemeinerung des Gruppenbegriffs, denn eine Gruppe ist nichtsanderes als ein Gruppoid mit genau einem Objekt.ü Definition und Lemma 2.7

Es sei G eine Gruppe und X eine G-Menge.

(2.7.1) Für x, y œ X definiert man: x ~G

yó$ g œG : y = g x. Dadurch wird eine

Äquivalenzrelation auf X definiert. Ist x ~G

y, so sagen wir auch, dass y mittels G

von x aus erreichbar ist. Die Äquivalenzklasse von x heißt die Bahn (oder Orbit)von x (genauer G-Bahn von x) und wird mit G x oder auch oft mit BahnGHxL

22 Gruppen

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bezeichnet. Es gilt G x = 8g x » g œ G< = 8FgHxL » g œG<. Es gilt also genau dann x ~G

y,

wenn y in der Bahn von x liegt.

(2.7.2) Die Menge aller G-Bahnen in X heißt der Bahnenraum (auch Orbitraum)von X und wird mit X êG bezeichnet. Dazu gehört die kanonische Projektionp : X Ø X êG, die jedem Element x œ X seine Bahn G x œ X êG zuordnet. DieAbbildung p ist offensichtlich G-invariant und erfüllt die folgende universelleEigenschaft: Zu jeder G-invarianten Abbildung f : XöZ von X in eine Menge Zgibt es genau eine Abbildung f

ê: X êGöZ mit f

êëp = f .

(2.7.3) Für x œ X ist Gx := 8g œG » g x = x< eine Untergruppe von G. Gx heißt dieStandgruppe (oder Isotropiegruppe) von x. Sie besteht aus allenGruppenelementen g, die das Element x festlassen, für die also x ein Fixpunkt derBijektion Fg ist.

Beweis. zu (2.7.1): Es gilt x ~G

x, weil x = e x. Also ist die Relation ~G

reflexiv.

Ist x ~G

y, etwa y = g x, so ist x = Hg-1 gL x = g-1Hg xL = g-1 y, also y ~G

x. Die Relation ~G

ist also symmetrisch. Ist x ~G

y und y ~G

z, etwa y = g x, z = h y, so folgt

z = hHg xL = Hh gL x und somit ist x ~G

z. Die Relation ~G

ist also transitiv.

zu (2.7.2): Wegen der Invarianz von f haben alle Elemente einer Bahn dasselbeBild. Man kann also f

êHG xL œ Z als f HxL definieren. Es gilt dann fêHpHxLL = f

êHG xL = f HxL, also fêëp = f .

zu (2.7.3): g, h œ Gxïg x = x, h x = xïh-1 x = x, Hg h-1L x = gHh-1 xL = g x = x. Also ist g h-1 œ Gx. áü Beispiele 2.8

(2.8.1) Die symmetrische Gruppe Sn operiert auf X = 81, 2, 3, ..., n<. Ist s œ Sn undG = Xs\ die von s erzeugte zyklische Untergruppe, so operiert auch G auf X . DieG-Bahnen bilden eine Zerlegung der Menge X . Die Elemente k œ X mit sHkL = k,also die Fixpunkte von s bestimmen einelementige Bahnen: G k = 8k<. DieStandgruppe eines Fixpunktes ist die volle Gruppe Gk =G.Ist k œ X kein Fixpunkt von s, so erhält man die Bahn von k durch sukzessivesAnwenden von s auf k. Es gilt:

G k = 8k, sHkL, s2HkL, ..., sm-1HkL<, wobei m die kleinste positive Zahl mit smHkL = k ist. Die Bahn G k ist also nichtsanderes der Wirkungsbereich des Zyklus z = Hk, sHkL, s2HkL, ..., sm-1HkLL

2 Gruppenoperationen 23

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von s (vgl. Beispiel 1.19). Die kleinste positive Potenz von s in der StandgruppeGk von k ist gerade sm. Ist a œ�, a = q m+ r , 0 § r <m, und sa œGk , alsosaHkL = k, so ist auch sr HkL = sr Hsq mHkLL = sr+q mHkL = saHkL = k und nach Wahl vonm ist somit r = 0. Damit ist gezeigt, dass Gk = Xsm\ die von sm erzeugte zyklischeGruppe ist. Die Ordnung d von s ist ein Vielfaches von m, denn wegen sd = id istnatürlich auch sdHkL = k. Demzufolge ist die Länge der Bahn, das ist ja m, einTeiler der Ordnung von s:

d = m �, d = †G§, m = †BahnGHkL§. Da Gk aus den Elementen sm, s2 m, ..., sd besteht, ist � = †Gk §. Die Formel

†G§ = †Gk § †BahnGHkL§ gilt ganz allgemein für Operationen, wie wir zeigen werden. Zu jeder Bahn G kgehört ein Zyklus z, dessen Wirkungsbereich G k ist. s ist das Produkt der sogewonnenen Zykeln. Dies ergibt die in Beispiel 1.19 eingeführte Zykeldarstellung von s.

(2.8.2) Die Drehgruppe SOH2L operiert auf �2. Der Nullpunkt ist Fixpunkt derOperation und die Bahnen der anderen Punkte sind Kreise. Die Abbildungf :�2ö@0, ¶L, f Hx, yL :=è!!!!!!!!!!!!!!!

x2 + y2 ist SOH2L-invariant und induziert sogar eineBijektion des Bahnenraums �2 êSOH2L auf das Intervall @0, ¶L. (2.8.3) Dynamische Systeme (das sind Systeme gewöhnlicher Differentialgleichungen) erzeugen sogenannte 1-Parametergruppen. Das wollen wir kurz erläutern: Es seietwa X eine kompakte glatte Fläche (um nicht zu allgemein zu werden, etwa eineSphäre oder ein Torus). Auf der Fläche sei ein differenzierbares Vektorfeld vgegeben. In jedem Punkt x der Fläche ist also ein Tangentialvektor vHxL an dieFläche gegeben, der differnzierbar von x abhängt. Man kann nun zu jedem Punkt xgenau eine differenzierbare Kurve c :�öX finden, deren Geschwindigkeitsvektord cÅÅÅÅÅÅÅÅd t HtL mit dem vorgegebenem Vektor vHcHtLL übereinstimmt und die zur Zeit Null

durch x geht, für die also cH0L = x gilt. Wir schreiben genauer cHtL = jHt, xL. Mankann nun zeigen, dass j :�µXöX eine Linksoperation der additiven GruppeH�, +L auf X ist. Zum Beweis braucht man den Existenz- und Eindeutigkeitssatz fürDifferentialgleichungssysteme. Man nennt j eine 1-Parametergruppe auf X . DieKurven 8jHt, xL » t œ �< auf der Fläche sind die Bahnen. Man nennt sie auch dieIntegralkurven des Vektorfeldes v. Die Abbildungen Ft : XöX , FtHxL = jHt, xLbilden den globalen Fluss des Vektorfeldes. Die Punkte von X 'fließen': FtHxL ist derOrt von x zur Zeit t.

Ein konkretes Beispiel wird durch folgene Abbildung j :�µS2öS2gegeben, wobei S2 = 8x œ �3 » ∞x¥ = 1< die Einheitssphäre ist

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jHt, xL = ikjjjjjjjj cos t -sin t 0

sin t cos t 0

0 0 1

y{zzzzzzzz x.

Das zugehörige Vektorfeld ist offensichtlich

vikjjjjjjjj x1

x2

x3

y{zzzzzzzz = ikjjjjjjjj 0 -1 0

1 0 0

0 0 0

y{zzzzzzzz ikjjjjjjjj x1

x2

x3

y{zzzzzzzz = ikjjjjjjjj -x2

x1

0

y{zzzzzzzz.(2.8.4) Ein wichtiges Beispiel von G-Mengen sind die G-Moduln. Es sei ein KörperK fest gegeben. Ein G-Modul (über K) ist ein K-Vektorraum V zusammen mit einerlinearen Linksoperation GµVöV von G auf V, das soll heißen, einerLinksoperation, bei der alle Abbildungen Fg : VöV linear sind. Dazu äquivalentist, dass das Bild des Homomorphismus F : GöSHVL eine Untergruppe von GLHVList. Man nennt GµVöV oder F : GöGLHVL dann auch eine lineare Darstellungvon G. Zwei G-Moduln V, W heißen isomorph (als G-Moduln), wenn es einenG-äquivarianten Vektorraumisomorphismus j : VöW gibt. Eine zentrale Aufgabeder Darstellungstheorie ist es, für eine gegebene Gruppe G die möglichen linearenDarstellungen von G bis auf Isomorphie zu klassifizieren. Wir betrachten den FallG = S3 ausführlich im Übungsprogramm (Aufgabe (2.6)-(2.8)).ü Definition und Satz 2.9

Es sei H eine Untergruppe der Gruppe G. Die Einschränkung der MultiplikationGµGöG auf GµH definiert eine Rechtsoperation von H auf G. Die Bahnen in Gsind die sogenannten Linkssnebenklassen

g H = 8g h » h œ H< von H (g wird von links an H multipliziert). Der Bahnenraum G êH derRechtsoperation GµHöG ist die Menge aller Linksnebenklassen K = g H, g œG.Die Anzahl der Linksnebenklassen von H in G heißt der Index von H in G und wirdmit @G : HD bezeichnet.

(2.9.1) Man erhält eine Linksoperation von G auf G êH durch Hg, KL# g K. DieStandgruppe von K = s H Hs œGL ist die Untergruppe s H s-1 = 8s h s-1 » h œ H< vonG. s H s-1 heißt zu H konjugierte Untergruppe.

(2.9.2) Für s œG ist h# s h eine Bijektion von H auf s H.

(2.9.3) (Indexformel) Es gilt †G§ = †H§@G : HD. (2.9.4) Ist G endlich, so teilt die Ordnung von H die Ordnung von G (Satz vonLagrange).

(2.9.5) Für s, g œ G gilt s H = g H genau dann, wenn s œ g H.

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Beweis. zu (2.9.1): Ist K = s H eine Linksnebenklasse von H, g œG, so ist auchg K = Hg sL H eine Linksnebenklasse von H. Die Eigenschaften (2.1.1), (2.1.2) einerOperation sind offensichtlich erfüllt. Es gilt weiter g œGKóg K = Kóg s H = s Hós-1 g s H = Hós-1 g s œ Hóg œ s H s-1. zu (2.9.2): Hös H, h# s h besitzt offensichtlich die Abbildung s HöH, g# s-1 gals Umkehrabbildung, denn sHs-1 gL = Hs s-1L g = e g = g unds-1Hs gL = Hs-1 sL g = e g = g.zu (2.9.3): Die surjektive Abbildung p : GöG êH hat nach Definition als Fasern dieLinksnebenklassen. Nach (2.9.2) sind diese alle gleichmächtig. Damit gilt †G§ = †H§ †G êH§. zu (2.9.4): Das folgt unmittelbar aus (2.9.3). zu (2.9.5): Das ist klar, weil die Linksnebenklassen von H die Äquivalenzklassender Äquivalenzrelation s ~

Hgó$ h œ H : s = g h sind. (vgl. (2.7.1)) áü Lemma 2.10

Es sei G eine Gruppe und X eine G-Menge. Es sei x œ X ein Punkt in X undY := BahnGHxL sei die Bahn von x. Schließlich sei H = Gx die Standgruppe von x.

(2.10.1) Die Abbildung p : GöY, pHgL = g x von G auf die Bahn Y ist surjektiv undH-invariant (bezüglich der Rechtsmultiplikation von H auf G) und induziert einebijektive Abbildung pêê : G êHöY von der Menge aller Linksnebenklassen von H aufdie Bahn Y.

(2.10.2) Versieht man die Menge G êH der Linksnebenklassen mit der kanonischenG-Linksoperation, so ist pêê : G êHöY G-äquivariant, also ein Isomorphismus vonG-Mengen.

(2.10.3) (Bahnformel) †G§ = †Gx§ †BahnGHxL§Beweis. zu (2.10.1): Es sei g œG, h œ H. Dann gilt also h x = x und somitpHg hL = Hg hL x = gHh xL = g x. Damit ist p H-invariant. pêê : G êHöY mit pêêHg HL := g x istoffensichtlich surjektiv. Wir zeigen die Injektivität von pêê. Seien s, g œG und seipêêHs HL = pêêHg HL. Dann gilt s x = g x und somit g-1 s x = x, also g-1 s œ H und folglichs œ g H. Nach (2.9.5) gilt somit s H = g H.zu (2.10.2): Es sei K = s H œG êH, g œ G. Dann gilt pêêHg KL = pêêHg s HL = g s x = g pêêHs HL = g pêêHKL. zu (2.10.3): Die Bahnformel folgt aus (2.10.1) und der Indexformel (2.9.3). áü Definition 2.11

Es sei G eine Gruppe und X eine G-Menge.

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(2.11.1) X heißt freie G-Menge, wenn alle Standgruppen Gx trivial sind, wenn alsoalle Elemente g œG \ e fixpunktfrei auf X wirken (g x ∫ x für alle x œ X). Man kanndiese Eigenschaft auch so ausdrücken: Es gilt die Kürzungsregel:

" g, h œG, x œ X : g x = h xïg = h.

(2.11.2) G operiert transitiv auf X, wenn für alle x, y œ X ein g œ G existiert, sodass y = g x, wenn also †X êG§ = 1 gilt. X heißt dann eine homogene G-Menge.

(2.11.3) x œ X heißt Fixpunkt der G-Menge X , wenn g x = x für alle g œ G gilt. MitFixGHXLwird die Menge aller G-Fixpunkte von X bezeichnet.

Die Bahnen G x einer G-Menge sind homogene G-Mengen und die Fasern dersurjektiven Abbildung p : GöG x, g# g x sind die sämtlichen zu H := Gx = p-1HxLkonjugierten Untergruppen Gg x = g H g-1 = p-1Hg xL (Übung!). Die Standgruppenändern sich also längs einer Bahn nicht wesentlich (nur durch Konjugation).Wechselt man jedoch in eine andere Bahn, so kann sich der Isomorphietyp derStandgruppe sehr wohl ändern.Wenn der extreme Fall einer freien Operation vorliegt, sind alle Standgruppentrivial und alle Bahnen sind gleichmächtig: GöG x, g# g x ist für alle x œ Xbijektiv. Damit hat man die folgende Bahnformel für freie Operationen.ü Lemma 2.12

Es sei G eine Gruppe und X eine freie G-Menge. Dann gilt†X § = †G§ †X êG§. Beweis. áEine Bemerkung am Rande: Freie G-Mengen sind wichtig in der Topologie und derDifferentialgeometrie. Die Mengen und auch die Gruppe haben dann natürlich nochzusätzlich eine topologische bzw. eine differenzierbare Struktur. DieQuotientenabbildung p : X Ø B = X êG einer freien G-Menge X ist ein sogenanntesG-Prinzipalbündel (Es müssen noch einige weitere Eigenschaften erfüllt sein.). Einkonkretes Beispiel werden wir in (2.13.1) kennenlernen.

Weiter bemerken wir: Die Aussage (2.10.2) besagt, dass jede homogene G-MengeX zur Menge G êH der Linksnebenklassen einer Untergruppe H Õ G mit dernatürlichen Linksoperation von G auf G êH isomorph ist. Für H kann man dieStandgruppe irgendeines Elementes von X wählen.

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ü Beispiele 2.13

(2.13.1) Es sei S3 die dreidimensionale Einheitssphäre in �2, S3 = 8Hz, wL œ �2 » z zêê +w wêêê = 1<. Man kann sich S3 als die sogenannteEinpunktkompaktifizierung des Zahlenraums �3 vorstellen: S3 @ �3 ‹8¶<(Stichwort: Stereografische Projektion S3 \ 8H0, 1L<ö�3). Die skalare Multiplikation �µ�2ö�2 lässt sich zu einer Abbildung

S1µS3öS3, Hu, Hz, wLL# uHz, wL = Hu z, u wL. einschränken . Offensichtlich ist dies eine freie Linksoperation von S1 auf S3. Damitist S3 eine freie S1-Menge. Wir bestimmen den Bahnenraum S3 êS1. Dazubetrachten wir die Riemannsche Zahlenkugel S2 = �‹8¶< und definieren

j : S3öS2

durch jHHz, wLL = zÅÅÅÅÅÅw

, wobei zÅÅÅÅ0

:= ¶, falls z ∫ 0. Offensichtlich ist diese Abbildung

S1-invariant und induziert daher eine Abbildung

jêê : S3 êS1öS2

Man kann leicht zeigen, dass jêê bijektiv ist. Der Bahnenraum S3 êS1 ist alsoisomorph zur Riemannschen Zahlenkugel. Die kanonische Projektionp : S3öS3 êS1 ist das berühmte Hopfbündel der Topologen, das wichtigsteS1-Prinzipalbündel über S2.

(2.13.2) Die n-Sphäre Sn = 8x œ �n+1 » ∞x¥ = 1< ist ein homogenerSOHn+ 1L-Raum, nämlich die Bahn des Einheitsspaltenvektors e1 = @1, 0, ..., 0D œ �n+1 unter der Standardoperation von SOHn+ 1L auf �n+1. DieStandgruppe von e1 ist die Untergruppe 81<µSOHnL von SOHn+ 1L, die aus allen

Blockmatrizen ikjj 1 0

0 Ay{zz mit A œ SOHnL besteht. Man kann daher Sn auch als Menge

der Linksnebenklassen der Untergruppe 81<µSOHnL Õ SOHn+ 1L auffassen:

Sn = SOHn+ 1L ê 81<µSOHnL. (2.13.3) Die spezielle unitäre Gruppe SUH2L = 9U œGL2H�L … U U

êêêt = E, det U = 1=operiert in natürlicher Weise auf �2. SUH2L hat die Gestalt einer dreidimensionalenSphäre S3, denn wie aus der linearen Algebra bekannt ist, gilt

SUH2L = :ikjjj a b-bêê

aêêy{zzz ƒƒƒƒƒƒƒƒƒ a aêê + b bêê = 1>.

Die Abbildung Ha, bL# ikjjj a b-bêê

aêê y{zzz ist eine Bijektion von S3 auf SUH2L. Man zeige,

dass die Operation SUH2Lµ�2ö�2 den Nullpunkt in �2 als Fixpunkt hat und auf

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dem Komplement �2 \ 80< frei operiert. Die Norm eines Punktes in �2 \ 80< istinvariant unter der Operation von SUH2L.(2.13.4) Wir wollen hier aber eine andere interessante Operation untersuchen,durch die ein tiefer Zusammenhang zwischen SUH2L und der Drehgruppe SOH3Lerhellt wird. Dazu betrachten wir den folgenden dreidimensionalen reellenVektorraum Y. Y bestehe aus allen Matrizen A œM2H�L, die reelle Linearkombination derschiefhermiteschen Matrizen

I = ikjj 0 i

i 0y{zz, J = ikjj 0 -1

1 0y{zz, K = ikjj i 0

0 -iy{zz

mit Spur Null sind. Bemerkung: Durch Multiplikation mit i erhält man einen Isomorphismus desvierdimensionalen �-Vektorraums ���2 der hermitischen 2µ2-Matrizen auf den�-Vektorraums der schiefhermiteschen 2µ2-Matrizen.

s1 = ikjj 0 1

1 0y{zz, s2 = ikjj 0 -i

i 0y{zz, s3 = ikjj 1 0

0 -1y{zz

sind die sogenannten Pauli-Matrizen. Sie erzeugen den dreidimensionalenUntervektorraum � der hermiteschen Matrizen mit Spur Null von ���2. i ÿ :�öYist ein Isomorphismus. I = is1, J = is2, K = is3.

Y := 9A œ M2H�L … A+Aêêêt = 0, SpurHAL = 0= = :ikjj a i -b+ i c

b+ i c -a iy{zz ƒƒƒƒƒƒƒƒ a, b, c œ �>.

Die Operation von SUH2L auf Y wird wie folgt erklärt: für U œ SUH2L, A œ Y sei

FUHAL := U A U-1.

Wir zeigen, dass U A U-1 œ Y. Beweis: Da U-1 = Uêêêt

und A +Aêêêt = 0, gilt HU A U-1L+ HU A U-1

êêêêêêêêêêêêLt = U A U-1 +U Aêêêt

Uêêêt = U IA +A

êêêt M U-1 = 0. Da die Spur eine Invariante bezüglich Konjugation mit GL2H�L ist, giltSpurHU A U-1L = SpurHAL = 0. Also gilt U A U-1 œ Y. Offensichtlich (Übung!) ist somit F : SUH2LöGLHYL ein Gruppenhomomorphismus. Y ist also ein reeller SUH2L-Modul (unter derKonjugation von SUH2L auf Y).Wir definieren für A, B œ Y

(1) XA, B\ := - 1ÅÅÅÅ2 SpurHA BL

Dies ist offensichtlich eine symmetrische reelle Bilinearform auf Y.

Außerdem ist sie positiv-definit, denn für A = ikjj a i -b+ i c

b+ i c -a iy{zz ∫ 0 ergibt sich

2 Gruppenoperationen 29

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XA, A\ = - 1ÅÅÅÅ2 SpurHA2L = a2 + b2 + c2 > 0. Damit ist Y mit dem Skalarprodukt (1) ein euklidischer Raum. Wir notieren nochdie Formel

(2) XA, A\ = det A.

Wir zeigen nun, dass die Operation von SUH2L auf Y orthogonal ist, dass also füralle U œ SUH2L, A, B œ Y gilt

(3) XFUHAL, FUHBL\ = XA, B\.Beweis. Das ist ganz einfach:

XFUHAL, FUHBL\ =XU A U-1, U B U-1\ = - 1ÅÅÅÅ2 SpurHU A U-1 U B U-1L = - 1ÅÅÅÅ2 SpurHA BL = XA, B\.Damit ist FU Element von OHYL, der orthogonalen Gruppe des euklidischenRaumes HY, X, \L. Wir wollen weiter sehen, dass die orthogonale Abbildung FU für alle U œ SUH2L dieDeterminante 1 hat. Dazu benutzen wir ein Stetigkeitsargument: Da SUH2L = S3

zusammenhängend ist, die Determinante einer orthogonalen Abbildung nur dieWerte ±1 annehmen kann und detHFEL = detHidYL = 1, gilt aus StetigkeitsgründendetHFUL = 1 für alle U œ SUH2L. Damit liegt das Bild von SUH2L in der speziellenorthogonalen Gruppe SOHYL. Schließlich wollen wir zeigen, dass die Abbildung F : SUH2LöSOHYL surjektiv ist,was nicht offensichtlich ist.

Behauptung. F : SUH2LöSOHYL ist surjektiv.

Beweis. Man sieht leicht, dass die Matrizen

I = ikjj 0 i

i 0y{zz, J = ikjj 0 -1

1 0y{zz, K = ikjj i 0

0 -iy{zz

eine Orthonormalbasis von Y bilden. Damit erhält man einen Isomorphismus� : SOHYLö@ SOH3L, indem man F œ SOHYL die Matrix A =�HFL bezüglich der BasisHI, J, KL zuordnet. Es sei D = ikjjjj ei q 0

0 e-i q y{zzzz œ SUH2L. Die Matrix von FD : YöY

bezüglich der Basis HI, J, KL ist dann die Drehmatrix

ikjjjjjjjj cos 2 q -sin 2 q 0

sin 2 q cos 2 q 0

0 0 1

y{zzzzzzzz, wie man direkt nachrechnet:

D I D-1 = ikjjjj ei q 0

0 e-i q y{zzzz ikjj 0 i

i 0y{zz ikjjjj e-i q 0

0 ei q y{zzzz = ikjjjj 0 i e2 i qi e-2 i q 0

y{zzzz = cosH2 qL I+ sinH2 qL J,

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D J D-1 = ikjjjj ei q 0

0 e-i q y{zzzz ikjj 0 -1

1 0y{zz ikjjjj e-i q 0

0 ei q y{zzzz = ikjjjj 0 - e2 i qe-2 i q 0

y{zzzz = -sinH2 qL I+ cosH2 qL J,

D K D-1 = ikjjjj ei q 0

0 e-i q y{zzzz ikjj i 0

0 -iy{zz ikjjjj e-i q 0

0 ei q y{zzzz = ikjj i 0

0 -iy{zz = K.�HFHTLL = H @ SOH2Lµ 81< Õ SOH3L entspricht also der Untergruppe der Drehungen

um die Achse �K Õ Y, wobei T Õ SUH2L die Untergruppe aller Diagonalmatrizender Form

ikjjj l 0

0 lêê y{zzz = ikjjjj ei q 0

0 e-i q y{zzzz bezeichnet. Die Einschränkung von �ëF auf T ist die 2:1 Überlagerung TöH, die von ei q # e2 i q induziert wird. Es sei nun F œ SOHYL, F ∫ idY . Dann istker HF - idYL Õ Y die Drehachse von F. Man wähle nun einen normiertenEigenvektor v œ Y von F zum Eigenwert 1. Dann hat v die Form

v = ikjjj a b-bêê

aêê y{zzz mit a+ aêê = 0 und Xv, v\ = - 1ÅÅÅÅ2 SpurHv vL = a aêê + b bêê = 1. Wir können also v alsElement in SUH2L mit Spur Null auffassen. Es gilt FvHvL = v v v-1 = v = FHvL. Damitsind Fv und F Drehungen in Y um dieselbe Achse � v. Das charakteristischePolynom von v als Element in SUH2L ist

pHtL = detikjjj t - a -b

bêê

t - aêê y{zzz = t2 + 1.

v hat also die Eigenwerte ≤ i. Daher (ØLineare Algebra: Die unitäre Gruppe) gibt es

eine Matrix U œ SUH2L, so dass v = Uikjj i 0

0 -iy{zz U-1 = U K U-1. Es folgt:

FHU T U-1L = FU FHT LFU-1 ist die Menge aller Drehungen mit Drehachse � v, dennFHT L ist die Menge der Drehungen um die Achse �K . Insbesondere gibt es ein l ,

so dass F = FUikjjj l 0

0 lêê y{zzzFU-1. Damit ist die Surjektivität von F : SUH2LöSOHYL

bewiesen. Wir zeigen noch:

Behauptung. kerF = ≤E.

Beweis. Es sei U = ikjjj a b-bêê

aêê y{zzz œ kerF. Dann gilt: U I = I U, U J = J U. Das sind zwei

Gleichungen für a, b, die sofort b = bêê = -b und a = aêê implizieren, was aber wegen

det U = 1 die Behauptung b = 0, a = ≤1 zur Folge hat.

2 Gruppenoperationen 31

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Man kann zeigen (Übung): Drei Matrizen A, B, C œ Y bilden genau dann eineOrthonormalbasis von Y, wenn gilt

A B = -B A, A C = -C A, B C = -C B, A2 = -E, B2 = -E, C2 = -E.

Die Matrizen I, J, K sind ein Beispiel dafür.

Das Kreuzprodukt auf Y kann man mithilfe der Matrizenmulziplikation einführen.Für A, B œ Y setze

(4)AµB := - 1ÅÅÅÅ2 HA B -B ALIn der Tat ist AµB œ Y, denn SpurHA B-B AL = SpurHA BL-SpurH B AL = 0 undHA B -B AL+ HHA B-B ALêêêêêêêêêêêêêêêêLt =

A B-B A+Bêêêt Aêêêt -A

êêêt Bêêêt = A B-B A+ H-BL H-AL- H-AL H-BL = 0.Weiter gilt

(5)XA, AµB\ = 0

Beweis. XA, AµB\ =- 1ÅÅÅÅ2 SpurHAHAµBLL = 1ÅÅÅÅ4 SpurHAHA B-B ALL = 1ÅÅÅÅ4 HSpurHA A BL-SpurHA B ALL = 0.

Schließlich untersuchen wir die Norm von AµB. Es gilt die bekannte Formel

(6)∞AµB¥ = "#######################################∞A¥2 ∞B¥2 - XA, B\2 = ∞A¥ ∞B¥ sina Beweis.XAµB, AµB\ = - 1ÅÅÅÅ

8 SpurHHA B-B AL HA B-B ALL =- 1ÅÅÅÅ

8 HSpurHA B A BL+SpurHB A B AL- HSpurHB A A BL+SpurHA B B ALLL =- 1ÅÅÅÅ4 ISpurIHA BL2M-SpurHA2 B2LM =H÷L - 1ÅÅÅÅ

4 IHSpurHA BLL2 - SpurHA2L SpurHB2LM = detikjj XA, A\ XA, B\XB, A\ XB, B\ y{zz.

Die Verifikation der Gleichung (÷) lassen wir als Übung. à Übungen 2

(2.1) (a) Ist G eine additiv geschriebene abelsche Gruppe und H eine Untergruppevon G, so kann man die Menge G êH der Nebenklassen g+H, g œG, in genaueiner Weise mit einer Gruppenstruktur versehen, so dass die kanonischeQuotientenabbildung p : GöG êH

ein Gruppenhomomorphismus ist.

32 Gruppen

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(b) Untersuche den Fall G = H�, +L, H = X1, a+ b i\, wobei a, b œ �, b > 0.

(c) Zeige, dass die Gruppe � êm� zyklisch ist.

(d) Ist K ein Körper, V ein K-Vektorraum und U ein Untervektorraum von V. Dannträgt die abelsche Gruppe V êU = 8x+U » x œ V< auch die Strukur einesK-Vektorraums und zwar in der Weise, dass die Quotientenabbildung p : VöV êUlinear ist. V êU heißt der Quotientenvektorraum. Es gilt ker p = U.

(2.2) Es sei p eine Primzahl. Dann gibt es bis auf Isomorphie genau eine Gruppeder Ordnung p.

(2.3) Zeigen Sie: Die Menge der Matrizen A = ikjjja -bêê

b aêê y{zzz mit a, b œ �, Ha, bL ∫ 0, d.h.

A ∫ 0 ist mit der Matrizenmultiplikation eine Gruppe, die wir mit �µ bezeichnen.Bestimmen Sie Bild und Kern der Determinante det :�µö�µ. Stellen Sie dieMultiplikationstafel für die Menge Q8 = 8≤E, ≤ I, ≤J, ≤K< auf (siehe: (2.13.4)). Q8

heißt die Quaternionengruppe.

(2.4) Es sei G eine Untergruppe von Sn, X = 81, 2, ..., n<. Die OperationGµXöX , Hg, kL# gHkL, heißt zweifach transitiv, wenn es zu je zwei PaarenHi, jL, Hk, lL œ X µXmit i ∫ j, k ∫ l eine Permutation g œG gibt mitHk, lL = HgHiL, gH jLL. Wie wird man den Begriff k-fach transitiv für 2 § k < n einführen? (a) Zeigen Sie: Sn operiert Hn- 1L-fach transitiv auf X . (n ¥ 2)(b) Zeigen Sie: G operiert genau dann zweifach transitiv auf X , wenn G transitivauf X operiert und wenn für jedes k œ X die Standgruppe Gk transitiv auf derMenge X \ 8k< operiert.(c) Zeigen Sie: An operiert Hn- 2L-fach transitiv auf X . (n ¥ 3)

(2.5) X , Y seien G-Mengen. Zeigen Sie: Es gibt eine G-Menge Z zusammen mitG-Abbildungen p1 : ZöX , p2 : ZöY, so dass für alle G-Mengen W undG-Abbildungen q1 : WöX , q2 : WöY genau eine G-Abbildung f : WöZ existiertmit pi ëf = qi Hi = 1, 2L.(2.6) Es sei V ein n-dimensionaler K-Vektorraum und � = Hv1, ..., vnL sei eine Basisvon V. a) Zeigen Sie: Die natürliche Operation von Sn auf 81, ..., n< induziert eineLinksoperation von Sn auf V. Für v = x1 v1 + ...+ xn vn und p œ Sn istp v := xp-1H1L v1 + ...+ xp-1HnL vn. Die Abbildung Fp : VöV, v # p v ist linear.Bestimmen Sie die Matrix von Fp bezüglich der Basis �. Finden Sie einenHn- 1L-dimensionalen Sn-invarianten Untervektorraum von V. b) Beschreiben Sie die natürliche Operation von S3 auf �3. Geben Sie pHz1, z2, z3Lan. Zeigen Sie , dass der Untervektorraum V von �3 mit der Basis � = Hv1, v2L mitv1 = Hw, 1, w2L, v2 = H1, w, w2L S3-invariant ist. Dabei ist w = e

2 p iÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅ3 = 1ÅÅÅÅ2 I-1+è!!!!3 iM

2 Gruppenoperationen 33

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primitive dritte Einheitswurzel, es gilt also 1+w+w2 = 0. Geben Sie die Matrix vonFp » V bezüglich der Basis � an für p = H123L und für p = H12L.(2.7) Es seien x = H123L, y = H12L œ S3 wie in Übung (1.3). Nun sei eineLinksoperation S3µWöW auf einem endlich-dimensionalen �-Vektorraumgegeben und zwar in der Weise, dass die Abildungen Fp : WöW , v# p v linearsind. Kurz: Es sei ein endlich-dimensionaler S3-Modul W über � gegeben. Diefolgenden Aufgaben sollen klären, wie solch eine komplexe lineare Darstellung vonS3 aufgebaut ist (öFulton/Harris: Representation Theory, A First Course, GTMRIM 129, Springer 1996). Zeigen Sie: a) Die Eigenwerte von Fx sind dritte Einheitswurzeln, also Potenzen vonw = e

2 p iÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅ3 = 1ÅÅÅÅ2 I-1+è!!!!3 iM.

b) Ist V Õ W ein minimaler Fx-invarianter nichttrivialer Untervektorraum, so istdimV = 1. (Hinweis: Betrachte Fx - l idV : VöV für einen Eigenwert l von Fx » Vund zeige, dass kerHFx - l idVL = V gelten muss. Folgere dann dim V = 1.)c) Ist V Õ W ein Fx-invarianter Untervektorraum, so gibt es einen zu Vkomplementären Fx-invarianten Untervektorraum U Õ W , d. h. W = V ∆U.(Hinweis: Es sei h ein unitäres Skalarprodukt auf W . Bilde das neue Skalarprodukth£ mit h£Hv, wL = hHv, wL+ hHFx v, Fx wL+ hHFx2 v, Fx2 wL. Man kann dann U alsorthogonales Komplement von V bezüglich h£ wählen. Beachte, dass jetzt Fx

orthogonale Abbildung bezüglich h£ ist.)d) Fxi ist diagonalisierbar für alle i œ �. Man kann also eine Basis Hv1, ..., vmL von Wwählen, so dass FxHviL = wai vi mit gewissen ai œ 80, 1, 2<. Damit ist dann klar wieA3 = Xx\ operiert. e) Es gilt die Relation x y = y x2. Ist v œ W ein Eigenvektor von Fx mit Eigenwert wi,so ist FyHvL Eigenvektor von Fx mit Eigenwert w2 i und SpanHv, FyHvLL ist einS3-invarianter Untervektorraum.f) W ist eine direkte Summe von höchstens zweidimensionalen S3-invariantenUntervektorräumen.

(2.8) Man nennt einen G-Modul irreduzibel, wenn er keine echten G-invariantenUntervektorräume besitzt. Die einzigen irreduziblen S3-Moduln über � sind diefolgenden drei Beispiele: a) V1 = H�1, p z = zL .b) V2 = H�1, p z = signHpL zL.c) V3 = 8Hz1, z2, z3L œ �3 » z1 + z2 + z3 = 0< mit der natürlichen Operation von S3.

(2.9) a) Betrachte die Operation GL2H�LµM2H�LöM2H�L, HA, BL# A B. Wie sehen

die Bahnen dieser Operation aus? Liegen ikjj1 a

0 0y{zz und ikjj1 b

0 0y{zz in derselben Bahn?

b) Betrachte die Operation GL2H�LµM2H�LöM2H�L, HA, BL# A B A-1. Wie sehen

die Bahnen dieser Operation aus? Liegen ikjja 1

0 ay{zz und ikjja 0

0 ay{zz in derselben Bahn?

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(2.10) a) Es sei K ein Körper und L ein Erweiterungskörper von K. Dann bilden dieKörperautomorphismen j : LöL, die auf K Õ L die Identität induzieren eineGruppe, die mit AutHL êKL bezeichnet wird. Genauer: AutHL êKL ist eineUntergruppe von GLHLL, wobei L in natürlicher Weise als K-Vektorraum aufgefasstwird.b) Bestimmen Sie AutH� ê�L.c) Bestimmen Sie AutHK ê�L, wobei K = 9a+b è!!!!

2 … a, b œ �=.(2.11) Zeigen Sie: a) Die Standarddarstellung von SOHnL auf �n ist irreduzibel (siehe Übung (2.8))b) Der SUH2L-Modul Y aus Beispiel 2.13.4 ist irreduzibel.

(2.12) Eine Gruppe G operiere treu auf einer Menge X mit fünf Elementen undbesitze eine Bahn A mit drei und eine weitere Bahn B mit zwei Elementen.Beweisen Sie, dass G zu einer Untergruppe von 8p œ SHXL » pHAL = A< isomorph ist.Welche Möglichkeiten gibt es für G?

(2.13) Es seien X , Y G-Mengen. a) Erklären Sie eine natürliche Operation von Gauf X µY. Beschreiben Sie die Standgruppen. b) Erklären Sie eine natürlicheOperation von G auf der Potenzmenge �HXL. Welche Elemente von �HXL sindG-Fixpunkte?

3 Normalteiler, Faktorgruppen und Produkte von Gruppen

Inhalt: Normalteiler, Faktorgruppe, universelle Eigenschaft der Faktorgruppe, Homomorphiesatz, Beispiele: An 0 Sn, SLnHKL 0GLnHKL, S1 @� ê 2 p�, die Kleinsche Vierergruppe als Normalteiler in S4. Konjugationsklassen, innere Automorphismen, Beispiel: Konjugation in Sn. konkrete Beschreibung der Konjugationsklassen in S5 und A5. direkte Produkte, Produktsatz, semidirekte Produkte, Beispiel: AffHV L = V µFGLHV L.ü Definition 3.1

Es sei G eine Gruppe. Eine Untergruppe N von G heißt Normalteiler in G, inZeichen: N 0G, wenn jede Linksnebenklasse g N mit der entsprechendenRechtsnebenklasse N g übereinstimmt, wenn also gilt:(3.1.1) Für alle g œG gilt g N = N g.

2 Gruppenoperationen 35

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ü Bemerkung 3.2‹ Achtung: Die Gleichung g N = N g soll natürlich nicht bedeuten, dass g n = n g füralle n œ N gilt, sonderen vielmehr folgendes:Zu jedem n œ N gibt es ein m œ N, so dass g n =m g gilt, und umgekehrt: Zu jedemn œ N gibt es ein m œ N, so dass n g = g m gilt.ü Einführung 3.3

Wir kommen zum wichtigen Begriff der Faktorgruppe. Das Ziel ist es, die Mengeder Linksnebenklassen eines Normalteilers zu einer Gruppe zu machen und zwarin der Weise, dass die kanonische Quotientenabbildung einGruppenhomorphismus ist. Es sei also G eine Gruppe und N ein Normalteiler in G,N 0G. Die Linksoperation von G auf der Menge der Linksnebenklassen G êN,Hx, g NL# FxHg NL = x g N, die ja für jede Untergruppe, also auch für N erklärt ist, hatin diesem Fall eine besondere Eigenschaft. Liegen nämlich x, y œG in derselbenLinksnebenklasse von N, gilt also y = x n für ein n œ N, so gibt es zu g œ G, weil Nein Normalteiler ist, auch ein m œ N, so dass n g = g m. Es folgt daherFyHg NL = y g N = x n g N = x g m N = x g N = FxHg NL. x und y operieren also identisch auf G êN, d.h. Fx = Fy. Die LinksoperationGµG êNöG êN induziert somit eine Multiplikation * : G êNµG êNöG êN, Hx N, g NL# x g N. Bezeichnet man mit p : GöG êN die Quotientenabbildung, so gilt also für allex, g œ G: pHx gL = x g N = FxHg NL = FxHpHgLL = pHxL*pHgL. Hieraus kann man sofortableiten, dass die Multplikation * assoziativ ist, dass pHeL das neutrale Element vonG êN ist und dass jedes Element in G êN invertierbar ist, G êN somit eine Gruppeist! Dies ist die Faktorgruppe von G nach dem Normalteiler N. Wir wollen dieseKonstruktion nocheinmal mithilfe des Komplexproduktes ausführlich erklären.ü Definition 3.4

Es sei G eine Gruppe. Für beliebige Teilmengen A, B von G wird das Produkt(auch Komplexprodukt genannt) A B in naheliegender Weise definiert als dieMenge aller Produkte x y mit x œ A, y œ B, also

A B := 8x y » x œ A, y œ B<.Ist A = 8x< einelementig, so gilt offensichtlich x B = A B.

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ü Lemma 3.5

Es sei G eine Gruppe. Es gilt:(3.5.1) Das Komplexprodukt ist assoziativ: Für alle Teilmengen A, B, C Õ G gilt

HA BL C = AHB CL.(3.5.2) Ist H eine Untergruppe von G, so gilt H H = H.(3.5.3) Ist N ein Normalteiler von G, so gilt für alle x, y œG: Hx NL Hy NL = x y N. DasProdukt zweier Nebenklassen von N ist also wieder eine Nebenklasse von N.

Beweis. (3.5.1) folgt aus dem Assoziativgesetz für die Multiplikation in G. zu (3.5.2): Da e œ H, ist H = H e Õ H H. Da mit a, b œ H auch a b œ H, gilt auchH H Õ H.zu (3.5.3): Hx NL Hy NL = x N N y = x N y = x y N. áü Satz und Definition 3.6

Es sei G eine Gruppe und N ein Normalteiler von G. Dann ist durch dasKomplexprodukt Hx NL Hy NL = x y N eine Gruppenstruktur auf der Menge G êN derLinksnebenklassen von N in G definiert. Die Quotientenabbildung p : GöG êN istein surjektiver Gruppenhomomorpismus mit N als Kern. G êN heißt die Faktorgruppe von G nach N. p : GöG êN heißt auch derkanonische Homomorphismus. Er besitzt die folgende universelle Eigenschaft:

(3.6.1) Zu jedem Gruppenhomomorphismus j : GöG£ mit N Õ ker j gibt es genaueinen Homomorphismus jêê : G êNöG£ mit j = jêê ëp. Man nennt jêê den von jinduzierten Homomorphismus.

Beweis. Nach (3.5.3) gilt Hx NL Hy NL = x y N. Wir haben also durch dasKomplexprodukt eine Multiplikation auf G êN. Nach (3.5.1) ist diese Multiplikationassoziativ. Weiter gilt g N e N = g N N = N g N = e N g N. Damit ist N = e N dasneutrale Element in G êN. Da g N g-1 N = g g-1 N = e N = g-1 g N, ist g-1 N dasInverse von g N. Damit ist G êN eine Gruppe. ker p = 8g œG » g N = N< = N, denn esgilt ja bekanntlich für zwei Restklassen g N = h N genau dann, wenn g œ h N.Zu (3.6.1): Wir setzen jêêHg NL := jHgL. Dies ist wohldefiniert, denn ist g N = h N, so isth-1 g N = N, also h-1 g œ N Õ kerj und somit jHh-1 gL = e, woraus jHgL = jHhL folgt. jêêhat die gewünschten Eigenschaften und ist offensichtlich durch die Eigenschaftj = jêê ëp eindeutig bestimmt. á

3 Normalteiler, Faktorgruppen und Produkte von Gruppen 37

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ü Korollar 3.7 (Homomorphiesatz)

Es sei j : GöG£ein surjektiver Gruppenhomorphismus. Dann ist der induzierteHomomorphismus jêê : G êkerjöG£ ein Isomorphismus.

Beweis. Wir müssen nur noch zeigen, dass jêê injektiv ist, also der Kern von jêê nurdas neutrale Element von G êkerj enthält. Es gilt aber nach KonstruktionjêêHg kerjL = eóg œ ker j. áü Bemerkung 3.8

Man kann die Normalteiler einer Gruppe G auch folgendermaßen charakterisieren:Es sei N ÕG eine Untergruppe. Dann sind folgene Aussagen äquivalent.(3.8.1) N ist Normalteiler in G.(3.8.2) Für alle g œ G, x œ N gilt g x g-1 œ N. Also: Mit x enthält N auch alle zu xkonjugierten Elemente g x g-1.(3.8.3) Es gibt einen Gruppenhomorphismus j : GöG£ mit N = kerj.(3.8.4) Alle zu N konjugierten Untergruppen stimmen mit N überein: N = g N g-1 füralle g œ N.

Beweis. Wir zeigen nur (3.8.3)ï(3.8.2): Es sei j : GöG£ Homomorphismus undN = kerj. Ist nun g œG, x œ N, so giltjHg x g-1L = jHgL jHxL jH g-1L = jHgL e jH g-1L = jHgL jH g-1L = jHg g-1L = jHeL = e, alsog x g-1 œ N. Damit ist N ein Normalteiler. áEs ist nicht einfach, die Normalteiler in einer Gruppe G aufzuspüren. Es läuftdarauf hinaus, Homomorphismen von G in eine andere Gruppe zu beschreiben.Gruppen, die überhaupt keine nicht-trivialen Normalteiler enthalten, für die alsojede nichtkonstante Gruppenhomomorphismus in eine andere Gruppe automatischinjektiv ist, heißen einfache Gruppen. Das Suchen nach den einfachen endlichenGruppen war eine abenteuerliche Geschichte! (öG. Hiss: Die SporadischenGruppen, in: Jahresbericht der DMV 4-2003) Das geht weit über diese Vorlesunghinaus. Es folgen einige Besipiele:ü Beispiele 3.9

(3.9.1) Die alternierende Gruppe An ist der Kern des Homomorphismussign : Snö8≤1<, An ist also ein Normalteiler in Sn und nach dem Homomorphiesatzgilt Sn êAn @ 8≤1<.(3.9.2) SLnHKL ist der Kern der Determinante det : GLnHKLØ Kµ, und es giltGLnHKL êSLnHKL @ Kµ.

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(3.9.3) SOHnL ist eine Untergruppe aber kein Normalteiler in SLnH�L, falls n ¥ 1,

denn es gilt zum Beispiel ikjj 1 1

0 1y{zz ikjj 0 1-1 0

y{zz ikjj 1 -1

0 1y{zz = ikjj -1 2-1 1

y{zz – SOH2L.(3.9.3) S1 @ � ê2 p�, denn t# ei t ist ein surjektiver Gruppenhomomorphismus deradditiven Gruppe H�, +L auf die multiplikative Gruppe S1 Õ �µ mit Kern 2 p�.(3.9.4) �µ êS1 @ �>0, induziert von z# †z§.(3.9.5) Es sei H = 8H1L, H12L H34L, H13L H24L, H14L H23L<(siehe Übung (1.13)). H ist einNormalteiler in S4, denn wir können zeigen, dass die TeilmengeM = 8H12L H34L, H13L H24L, H14L H23L< eine volle Klasse konjugierter Elemente in S4 ist.Nach (3.8.2) ist somit H ein Normalteiler. Die Menge M besteht offensichtlich ausallen Permutationen deren Zykeldarstellung das Produkt zweier elementfremderTranspositionen ist. Nach dem folgenden Lemma 3.11 ist daher M -wie behauptet-eine volle Konjugationsklasse. H heißt die Kleinsche Vierergruppe.

(3.9.6) Die zyklische Gruppe Cn mit Erzeuger x ist isomorph zu der (additiven)Faktorgruppe � ên�, denn j :�öCn, k # xk ist surjektiv und hat den Kern n�.Wir schreiben üblicherweise, wenn der 'Modul' n festgelegt ist, die Elemente von� ên� als Reste 0, 1, 2, 3, ..., n- 1 und rechnen modulo n. Legen wir zum Beispieln = 13 fest, so gilt in � ên�: 4+ 10 = 1, 9+ 9 = 5. Klassischerweise schreibt mandafür nach Gauss auch

4+ 10 ª 1 mod 13, 9+ 9 ª 5 mod 13.

a ª b mod n

ist die von Gauss eingeführte Kongruenzschreibweise für die Tatsache 'n teilt b- a'.Wir gehen einen Schritt weiter und erlauben uns einfach a = b (eventuell mit demZusatz 'in � ên�') zu schreiben. Wichtig dabei ist, dass man sich klar macht inwelchem Kontext man sich befindet, dass also hier zum Beispiel 9 als Symbol fürein Element in der Faktorgruppe � ê13� zu verstehen ist, nämlich als dieRestklasse 9+ 13 �. In diesem Kontext ist also 9+ 9 = 5 vollkommen ok.

(3.9.7) Es gilt SUH2L ê 8≤E< @ SOH3L. ü Lemma und Definition 3.10

Es sei G eine Gruppe. Dann operiert G durch Konjugation auf sich selbst:GµGöG, Hg, xL# IgHxL := g x g-1. Die Bahn von x unter dieser Operation heißt die(volle) Konjugationsklasse von x und wird mit CGHxL oder kürzer mit CHxLbezeichnet: CHxL = 8y œG » $ g œG : y = g x g-1< = 8g x g-1 » g œ G<. x, y œ G heißenkonjugiert, wenn es ein g œ G gibt, so dass y = g x g-1. Ig : GöG ist einAutomorphismus und heißt der von g definierte innere Automorphismus die Mengealler inneren Automorphismen ist eine Untergruppe von AutHGL.

3 Normalteiler, Faktorgruppen und Produkte von Gruppen 39

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Beweis. Die Eigenschaften einer Linksoperation sind erfüllt: IeHgL = e g e-1 = g,Ig hHxL = Hg hL x Hg hL-1 = g h x h-1 g-1 = IgHIhHxLL.Ig ist ein Automorphismus, denn: IgHx yL = g x y g-1 = g x g-1 g y g-1 = IgHxL IgHyL. áü Lemma 3.11

Es sei p = z1ë ...ëzs die Zykeldarstellung der Permutation p œ Sn (einschließlich derEinerzyklen). Es sei di die Ordnung von zi. Es gelte d1 ¥ d2 ¥ ... ¥ ds. Dann istHd1, ..., dsL eine Partition von n, d.h. ⁄ j=1

s d j = n. Diese Partition heißt der Zykeltypvon p. Es gilt nun:

(3.11.1) Ist s œ Sn, z = Ha1, ..., adL œ Sn Zykel der Länge d, so ist sëz ës-1 Zykel derLänge d: sëz ës-1 = HsHa1L, ..., sHadLL.(3.11.2) sëp ës-1 = Hsëz1 ës-1Lë Hsëz2ës-1Lë ...ë Hsëzd ës-1L ist die Zykeldarstellung von sëpës-1.

(3.11.3) Zwei Permutationen in Sn sind genau dann zueinander konjugiert in Sn,wenn sie denselben Zykeltyp besitzen.

Beweis. Zu (3.11.1): sëz ës-1HsHa jLL = sHzHa jLL = sHa j+1L, sëz ës-1HsHkLL = sHzHkLL = sHkL, falls k – 8a1, ..., ad<. Zu (3.11.2): Das ist klar wegen (3.11.1).Zu (3.11.3): Sind p = Ha1, ..., ak1

L Hak1, ..., ak2

L ... Haks-1, ..., aks

L und g = Hb1, ..., bk1L Hbk1

, ..., bk2L ... Hbks-1

, ..., bksL gegeben, so ist sHa jL = b j eine

Permutation in Sn, so dass g = s ps-1. Das ist klar wegen (3.11.1). á

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ü Beispiel 3.12

Die Anzahl der Klassen konjugierter Elemente in S5 ist die Anzahl der Partitionenvon 5. Man erhält durch Probieren die Partitionen H1, 1, 1, 1, 1L, H2, 1, 1, 1L, H3, 1, 1L, H4, 1L, H5L, H2, 2, 1L, H3, 2L. Die zugehörigen Konjugationsklassen sind CHH1LL, CHH12LL, CHH123LL, CHH1234LL, CHH12345LL, CHH12L H34LL, CHH123L H45LL.Da die Konjugationsklassen Bahnen einer S5-Operation sind, sind ihre OrdnungenTeiler von 120. Nach der Bahnformel (2.10.3) gilt †CHsL§ = 120 ê †H§, wobei H dieStandgruppe von s ist, also H = 8p œ S5 » ps = sp<. Für s = H12L gilt p s = s p genaudann, wenn in der Zykeldarstellung von p entweder die Einerzyklen H1L, H2Lvorkommen oder aber die Transposition s selbst (Beweis als Übung). Dafür gibt es2 ÿ H3 !L = 12 Möglichkeiten. Also ist †CHH12LL§ = 10. Das ist -wie es nach (3.11.3) sein

muss- die Anzahl der möglichen Transpositionen Hi jL, 1 § i < j § 5, nämlichikjj5

2y{zz = 10. Analog bekommt man durch Abzählen der Dreierzyklen

†CHH123LL§ = 3!ÅÅÅÅÅÅ3 ikjj5

3y{zz = 20, und durch Abzählen der Viererzyklen

†CHH1234LL§ = 4!ÅÅÅÅÅÅ4 ikjj5

4y{zz = 3! 5 = 30, weiter †CHH12345LL§ = 5!ÅÅÅÅÅÅ

5= 4 ! = 24,

†CHH12L H34LL§ = ikjj5

3y{zz ikjj3

2y{zz 1ÅÅÅÅ

2= 15,†CHH123L H45LL§ = 20. Man erhält die Zerlegung

120 = †CHH1LL§+ †CHH12LL§+ †CHH123LL§+ †CHH1234LL§+ †CHH12345LL§+†CHH12L H34LL§+ †CHH123L H45LL§ = 1+ 10+ 20+ 30+ 24+ 15+ 20.

Ein Normalteiler N 0 S5 der Ordnung 60 muss somit (!) je eine Klasse konjugierterElemente mit 1, 24, 15, 20 Elementen enthalten. Also ist CHH12L H34LL Õ N. Für dieKlasse mit 20 Elementen gibt es zwei Möglichkeiten. Wäre CHH123L H45LL Õ N , sowäre auch H123L H45L H45L H12L = H123L H12L = H13L œ N, also wären alle Transpositionen in N. Dadie Transpositionen S5 erzeugen, wäre dann N = S5. Also ergibt sich N = A5. Mankann sich leicht überlegen, dass es keine weiteren Normalteiler in S5 gibt. Wiesteht es aber mit Normalteilern in A5? Die Klasse K = CHH12345LL mit 24 Elementenist in A5 enthalten. K besteht aus den Elementen der Ordnung 5. Da nun 24 keinTeiler von 60 ist, kann K keine Konjugationsklasse von A5 sein. Ist z œ K, so ist dieStandgruppe H von z in S5 von der Ordung 5, also zyklisch mit einemerzeugenden Element der Ordnung 5. Da Fünferzyklen gerade Permutationen sind,gilt also H Õ A5 und somit zerfällt K in zwei A5-Konjugationsklassen der Ordnung60ÅÅÅÅÅÅÅ5= 12. Repräsentanten dieser zwei Klassen sind zum BeispielH12345L, H12354L = H45L H12345L H45L. (Begründung! Wird in (4.5.2) ausgeführt.)

Die anderen Klassen, nämlich CHH1LL, CHH123LL, CHH12L H34LL sind auchA5-Konjugationsklassen (Begründung mit Hilfe von Standgruppen! Wird in (4.5.2)

3 Normalteiler, Faktorgruppen und Produkte von Gruppen 41

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ausgeführt.)ü Definition und Satz 3.13

Es seien G1, G2 Gruppen. Auf dem cartesischen Produkt G = G1µG2 werde diefolgende Verknüpfung eingeführt: Hx1, x2L Hy1, y2L := Hx1 y1, x2 y2L. Dann gilt:

(3.13.1) G ist eine Gruppe. Die Projektionen p j : GöG j, Hx1, x2L# x j sind Gruppenhomomorphismen.

(3.13.2) (universelle Eigenschaft) Für jedes Paar Hj1, j2L von Gruppenhomomorphismen j j : HöG j gibt es genaueinen Gruppenhomorphismus j : HöG, so dass j j = p j ëj gilt.

(3.13.3) i1 : G1öG, i2 : G2öG mit i1HxL = Hx, eL, i2HxL = He, xL sind injektive Gruppenhomomorphismen und es gilt H1 := im i1 = ker p2, H2 := im i2 = ker p1. Insbesondere sind H1 und H2 Normalteiler in G.

(3.13.4) G = H1 H2 (als Komplexprodukt)

(3.13.5) Für alle x1 œ H1, x2 œ H2 gilt x1 x2 = x2 x1 .Die Gruppe G (zusammen mit den Projektionen p j) heißt das (direkte) Produkt vonG1 und G2.

Beweis. Zu (3.13.1): Solche Beweise sind aus der linearen Algebra bekannt. Essteckt kein Tiefsinn dahinter. Man muss sich nur vergewissern, dass diegewünschten Regeln gelten. Zum Beispiel ist He, eL das neutrale Element in G undHx, yL-1 = Hx-1, y-1L das Inverse zu Hx, yL. Zu (3.13.2): Man setzt jHhL := Hj1HhL, j2HhLL. Es gilt j : HöG ist Homomorphismusund j j = p j ëj. Offensichtlich ist j auch eindeutig durch j j = p j ëj bestimmt. Zu (3.13.3): Es gilt Hx, eL Hy, eL = Hx y, eL also ist i1 ein Homomorphismus. Dasselbegilt für i2. Weiter ist Hx, yL œ im i1óy = eó Hx, yL œ ker p2. Genauso klar istim i2 = ker p1.Zu (3.13.4): Hx, yL = Hx, eL He, yL.Zu (3.13.5): Hx, eL He, yL = He, yL Hx, eL. áü Beispiele 3.14

(3.14.1) Die Kleinsche Vierergruppe (3.9.5) ist isomorph zu C2µC2.

(3.14.2) Die zyklische Gruppe Cn m der Ordnung n m mit teilerfremden Zahlen m, nist isomorph zu dem direkten Produkt CnµCm. Diese Aussage ist äquivalent zudem bekannten 'Chinesischen Restsatz' der elementaren Zahlentheorie. Der

42 Gruppen

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Beweis ist ganz einfach: Es seien x, y Erzeuger von Cn beziehungsweise Cm und zsei ein Erzeuger von Cn m. Man erhält wohldefinierte Homomorphismenj1 : Cn möCn, j2 : Cn möCm mit j1HzkL = xk , j2HzkL = yk und somit einenHomomorphismus j : Cn möCnµCm mit jHzkL = Hxk , ykL. Dieser Homomorphismusist injektiv, denn jHzkL = eó Hxk = e und yk = eL ók ist gemeinsames Vielfachesvon n und m ó k ist Vielfaches von n mózk = e. Da Cn m und CnµCm diegleiche Anzahl von Elementen haben, ist j ein Isomorphismus.

Ein konkretes Beispiel: Der Isomorphismus j :� ê12 �ö� ê4 �µ� ê3 � hat dieWertetabelle

0 H0, 0L1 H1, 1L2 H2, 2L3 H3, 0L4 H0, 1L5 H1, 2L6 H2, 0L7 H3, 1L8 H0, 2L9 H1, 0L

10 H2, 1L11 H3, 2L

Bemerkung: Es gibt einen Algorithmus zur Berechnung der Umkehrabbildungj-1 : CnµCmöCn m. Man bestimmt mit Hilfe des erweiterten euklidischenAlgorithmus zwei ganze Zahlen a, b mit

a m ª 1 mod n, b n ª 1 mod m

und setzt

e = a m , f = b n .

Für x, y œ� gilt dann

e x+ f y = a m x+ b n y ª x mod n e x+ f y = a m x+ b n y ª y mod m.

Damit wird durch y :�µ�ö�, yHx, yL := e x+ f y

die Umkehrabbildung von j induziert. Für n = 4, m = 3 kann man a = -1, b = 1wählen, also e = -3, f = 4.

3 Normalteiler, Faktorgruppen und Produkte von Gruppen 43

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Es gilt also j-1Hx, yL = -3 x+ 4 y mod 12, zum Beispiel: j-1H3, 2L = -3 ÿ3+ 4 ÿ2 = 11 in � ê12 �.

(3.14.3) Die Gruppe S3 ist nicht isomorph zu einem direkten Produkt nichttrivialerGruppen, denn dies müssten ja die Gruppen C2 und C3 sein und S3 wäre dannabelsch. Man kann auch zeigen (ØÜbung (4.7)), dass Sn nicht zu einem direktenProdukt nichttrivialer Gruppen isomorph ist.ü Satz 3.15

Es sei G eine Gruppe und H, K seien Untergruppen. Die surjektive Abbildung

j : HµKöH K, Hh, kL# h k

hat die folgenden Eigenschaften:

(3.15.1) j ist genau dann injektiv, wenn H › K = 8e<. (3.15.2) Ist K ein Normalteiler von G, so gilt H K = K H und H K ist eineUntergruppe von G der Ordnung †H§ †K § ê †H › K §.(3.15.3) Gilt H › K = 8e< und gilt h k = k h für alle h œ H, k œ K, so ist H K eineUntergruppe und j ein Isomorphismus, wobei HµK die direkteProduktgruppenstruktur trägt.

(3.15.4) Sind H, K beide Normalteiler in G und gilt H › K = 8e<, so ist j einIsomorphismus, wobei HµK die direkte Produktgruppenstruktur trägt.

Beweis. Zu (3.15.1): 'ï ': Ist x œ H › K, so ist auch x-1 œ H › K, also Hx, x-1L œ HµK undjHx, x-1L = e = jHe, eL. Wegen der Injektivität von j folgt somit x = e. 'ì ':jHh, kL = jHx, yLïh k = x yï x-1 h = y k-1 œ H › K = 8e<ïh = x, k = y.

Zu (3.15.2): Es sei k œ K, h œ H. Da K Normalteiler ist, ist somit m := h k h-1 œ K undsomit h k =m h, also H K Õ K H. Natürlich ist auch n := h-1 k h œ K, also k h = h nund somit K H Õ H K. Wir zeigen, dass L = H K eine Untergruppe von G ist: Dazumüssen wir nur zeigen, dass mit x, y œ L auch x y-1 œ L. Sei dazu x = h k, y = a bmit h, a œ H, k, b œ K. Dann gilt k b-1 œ K, also k b-1 a-1 œ K H und wegenK H = H K gibt es somit c œ H, d œ K, so dass k b-1 a-1 = c d. Es folgtx y-1 = h k b-1 a-1 = h c d œ H K.Die Formel für die Ordnung von H K ergibt sich durch Untersuchung der Fasern derAbbildung j : HµKöH K. Für x = h£ k£ œ H K istj-1HxL = 8Hh, kL œ HµK » h k = h£ k£< = 8Hh£ k£ k-1, kL » k œ HK › HL k£< von derselben Mächtigkeit wie H › K.

44 Gruppen

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Zu (3.15.3): Es gilt offensichtlich jHHh, kL Hx, yLL = jHh x, k yL = h x k y = h k x y = jHh, kL jHx, yL. Damit ist j : HµKöH K ein Isomorphismus.Zu (3.15.4): Wegen (3.15.3) genügt es zu zeigen, dass h k = k h für alleh œ H, k œ K gilt. Es gilt h kHk hL-1 = Hh k h-1L k-1 œ K, weil K Normalteiler ist. Daauch H Normalteiler ist, gilt auch h kHk hL-1 = h Hk h-1 k-1L œ H. Damit isth kHk hL-1 œ H › K = 8e<, also h k = k h.ü Beispiel 3.16

(3.16.1) Ist G eine endliche Gruppe, so kann man versuchen die Struktur von G zuergründen, indem man einen nichttrivialen Normalteiler N 0 G aufspürt undeventuell eine Untergruppe H ÕG, so dass N › H = 8e< und †G§ = †N§ †H§. Dann istG = N H (nach (3.15.2)). Aber N H ist im allgemeinen kein direktes Produkt. JedesElement g œG hat zwar eine eindeutig bestimmte Zerlegung g = n h mitn œ N, h œ H. Die bijektive Abbildung Hn, hL# n h ist kein Homomorphismusj : NµHöG. Es ist vielmehr so: H operiert auf N durch Konjugation: IhHnL = h n h-1.Es gilt dann für n, m œ N, h, k œ H:Hn hL Hm kL = n h m k = n Hh m h-1L h k = n IhHmL h k.

Definiert man nun auf dem cartesischen Produkt NµH eine Multiplikation *I durchHn, hL*I Hm, kL := Hn IhHmL, h kL, so wird j : NµHöG ein Isomorphismus. Durch N, Hund die Operation von H auf N ist damit G vollständig beschrieben. Für G = S3

kann man N = A3 = Xx\, x = H123L und H = Xy\, y = H12L wählen. Die KonjugationIy : NöN ist dann der Automorphismus mit x = H123L# H213L = x2. Es giltS3 = N H @ NµH, wobei auf NµH die Multiplikation wie folgt zu definieren ist: Hxk , yiL* Hxm, y jL = Hxk Iyi HxmL, yi+ jL = Ixk+2i m, yi+ jM = : Hxk+m, yi+ jL, falls i = 0Hxk+2 m, yi+ jL, falls i = 1

(3.16.2) Es sei V ein endlich-dimensionaler K-Vektorraum und G = AffHVL dieaffine Gruppe von V. N = TransHVL Õ G sei die zur additiven Gruppe HV, +Lisomorphe Untergruppe der Translationen. Weiter sei H =GLHVL Õ G dieallgemeine lineare Gruppe. Offensichtlich ist N › H = 8idV < und N ist einNormalteiler in G. Abstrakt sieht man das so ein: Die Abbildung D : GöH, dieeiner Affinität f : VöV ihre Ableitung D f im Punkt 0 œ V zuordnet, ist nach derKettenregel ein Gruppenhomomorphismus, der auf der Untergruppe H die Identitätist und als Kern die Gruppe N der Translationen (das sind die Affinitäten, derenAbleitung die Identität auf V ist) hat. Es gilt G = N H . Aber wieder ist dieses keinedirekte Produktzerlegung von G, sondern H operiert durch Konjugation auf N. IstA œ H, a œ V, Ta œ N die zugehörige Translation TaHxL = x+ a, so ist AëTaëA-1HxL = AHA-1HxL+ aL = x+AHaL = TAHaLHxL. Erklärt man auf V µGLHVL die Multiplikation * durch

3 Normalteiler, Faktorgruppen und Produkte von Gruppen 45

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Ha, AL* Hb, BL := Ha+AHbL, A BL, so erhält man eine zu AffHVL isomorphe GruppeHV µGLHVL, *L. Dies ist (wie auch schon (3.16.1)) ein Beispiel eines sogenanntensemidirekten Produktes. Das wollen wir jetzt erklären:ü Definition und Satz 3.17

Es seien N, H Gruppen und F : HöAutHNL, h# Fh, sei ein Homomorphismus. Aufdem kartesischen Produkt NµH definiere man die Multiplikation *F durch Hn, hL*F Hm, kL := HnFhHmL, h kL. (3.17.1) Dann ist G := HNµH, *FL eine Gruppe. Sie heißt das semidirekte Produktvon N und H bezüglich der Operation F und wird auch mit NµF H bezeichnet.(3.17.2) Die Projektion auf den zweiten Faktor p2 : NµHöH, Hn, hL# h ist einGruppenhomomorphismus mit Kern N£ = Nµ 8e< @ N. Die Einschränkung von p2 aufdie Untergruppe H£ = 8e<µH ist ein Isomorphismus von H£ auf H. (3.17.3) Es gilt G = N£ H£, N£ ist Normalteiler in G, N£ › H£ = 8He, eL< und dieKonjugation IHe,hL : N£öN£ stimmt mit Fh überein in folgendem Sinne:IHe,hLHn, eL = HFhHnL, eL. Beweis. Zu (3.17.1): Man verifiziert leicht die Gruppenaxiome. a) Der Nachweisdes Assoziativgesetzes sei als Übung empfohlen: b) Das neutrale Element ist e = He, eL. c) Das Inverse von Hn, hL ist HFh-1Hn-1L, h-1L.Zu (3.17.3): IHe,hLHn, eL = He, hL* Hn, eL* He, h-1L = HFhHnL, hL* He, h-1L =HFhHnL FhHeL, h h-1L = HFhHnL, eL. áWir bemerken, dass das semidirekte Produkt direkt ist, wenn der HomomorphismusF trivial ist, d. h. wenn Fh = idN für alle h œ H. Das direkte Produkt abelscher Gruppen ist wieder abelsch. Dagegen ist dassemidirekte Produkt abelscher Gruppe im allgemeinen nicht abelsch, wie dasBeispiel S3 zeigt (3.16.1).à Übungen 3

(3.1) Es sei N = 8H1L, H12L H34L, H13L H24L, H14L H23L<, H = 8H1L, H12L, H13L, H23L, H123L, H132L<. a) Zeigen Sie, dass N Normalteiler und H eine Untergruppe von S4 ist. b) Zeigen Sie, dass S4 = N H gilt und beschreiben Sie die Konjugationsoperation von H auf N. c) Versuchen Sie S4 irgendwie als 'semidirektes' Produkt von drei Exemplaren C2

und C3 zu beschreiben. Dabei bezeichnet Cn eine zyklische Gruppe der Ordnung n.

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(3.2) Es sei G eine endliche abelsche Gruppe der Ordnung n und p sei einPrimteiler von n. Durch Induktion nach m = nÅÅÅÅ

p zeige man, dass G ein Element der

Ordnung p besitzt.

(3.3) Es sei G eine endliche abelsche Gruppe der Ordnung n . Durch Induktionnach n zeige man, dass es zu jedem Teiler m von n eine Untergruppe der Ordnungm von G gibt. Hinweis: Benutze Aufgabe (3.2).

(3.4) Es seien H, K Untergruppen einer Gruppe G. Zeigen Sie: DasKomplexprodukt H K ist genau dann eine Untergruppe von G, wenn G H = H G gilt.

(3.5) Zeigen Sie: Konjugierte Elemente haben dieselbe Ordnung.

(3.6) Es sei G die Menge der oberen Dreiecksmatrizen A = Hai jL, ai i ∫ 0, ai j = 0,falls i > j in GLnHKL. Zeigen Sie , dass N =8A = Hai jL œ G » ai i = 1 für I = 1, ..., n< einNormalteiler in G ist. Finden Sie eine Untergruppe H von G, so dass G ›N = 8E<und H N = G. Zeigen Sie weiter, dass G êN @ H gilt.

(3.7) Finden Sie Untergruppen H, K der Diedergruppe D4, so dass H 0 K 0 D4 aberH kein Normalteiler von D4 ist. (Die Folge H 0 K 0 D4 nennt man dann übrigenseine Kompositionsreihe von D4.)

(3.8) Es sei N ein abelscher Normalteiler einer Gruppe G. Ist dann jedeUntergruppe von N auch ein Normalteiler von G? Gegenbeispiel: G = S4.Behandeln Sie dieselbe Frage für zyklische Normalteiler.

(3.9) Es sei G eine Gruppe. Beweisen Sie: Bis auf Isomorphie gibt es genau eineabelsche Gruppe G

è zusammen mit einem surjektiven Homomorphismus p : GöG

èderart, dass die folgende universelle Eigenschaft erfüllt ist: Zu jedemHomomorphismus j : GöA von G in eine abelsche Gruppe A gibt es genau einenHomomorphismus jè : G

è öA mit j = jè p. (Hinweis: kerj enthält notwendig alleElemente der Form k = x y x-1 y-1Hx, y œ GL, das sind die sogenanntenKommutatoren. Konjugierte Elemente g k g-1von Kommutatoren k sind wiederKommutatoren. Das Inverse eines Kommutators ist wieder ein Kommutator. Damitfolgt, dass die Menge aller endlichen Produkte von Kommutatoren ein Normalteilerin G ist. Dieser Normalteiler heißt die Kommutatoruntergruppe von G. DieFaktorgruppe dieses Normalteilers ist die gesuchte Gruppe G

è. )

(3.10) Jede Untergruppe vom Index 2 ist ein Normalteiler.

(3.11) Bestimmen Sie alle Normalteiler in Dn.

(3.12) Kann man aus G1µH @ G2µH auf G1 @ G2 schließen?

(3.13) Es sei N 0G. Kann man schließen, dass G isomorph zu einem semidirektemProdukt NµF HG êNL ist? Falls nicht, welche Hindernisse treten auf?

3 Normalteiler, Faktorgruppen und Produkte von Gruppen 47

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(3.14) Es sei G eine Gruppe mit einem abelschen Normalteiler A. Die Konjugationvon G auf A induziert dann eine Linksoperation der Faktorgruppe G êA auf A undsomit einen Homomorphismus F : G êAöAutHAL. Führen sie dies explizit aus für a) G = S3, A = A3. b) G = S4, A = 8H1L, H12L H34L, H13L H24L, H14L H23L<.(3.15) Die Quaternionengruppe Q8 ist nicht das Produkt einer Untergruppe derOrdnung 2 und einer Untergruppe der Ordnung 4.

(3.16) Beweisen Sie den 'Zweiten Isomorphiesatz': Es sei H eine Untergruppe vonG. Es seien M, N 0G Normalteiler in G und M Õ N Dann gilt HG êML ê HM êNL @ G êN.

(3.17) Beweisen Sie den 'Dritten Isomorphiesatz': Es sei H eine Untergruppe vonG. Weiter sei N 0G. Dann gilt H N êN @ N êN › H.

(3.18) Es sei M =HomH� ên�, � êm�L die Menge der Homomorphismen zwischenj :� ên�ö� êm�. Zeigen Sie, dass man M in natürlicher Weise zu eineradditiven abelschen Gruppe machen kann. Bestimmen Sie M.

4 Operationen von Gruppen auf sich, die Sylow-Sätze

Inhalt: Satz von Cayley, Konjugation, Zentrum, Klassengleichung, Beispiel: A5. p-Gruppen, die drei Sylow-Sätze, welche sich mit den den p-Untergruppen einer endlichen Gruppe befassen. Anwendungen: Gruppen der Ordnung p q. Gruppen der Ordnung 12ü Satz 4.1 (Cayley)

Jede Gruppe ist isomorph zu einer Transformationsgruppe, d.h. zu einerUntergruppe einer symmetrischen Gruppe SHXL. Insbesondere ist jede endlicheGruppe isomorph zu einer Untergruppe von Sn für geeignetes n.

Beweis. Es sei G eine Gruppe. Die Multiplikation GµGöG kann man als einetreue Linksoperation von G auf sich auffassen. Man erhält einen injektivenGruppenhomorphismus F : GöSHGL, g# Fg = Ha# g aL. áWichtig für das Studium nicht-abelscher Gruppen ist die Konjugation (vgl(3.10),(3.11),(3.12)). Wir wiederholen einige Definitionen und untersuchen dieKonjugation hier etwas genauer.

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ü Definition 4.2

Es sei G eine Gruppe. Die Konjugation definiert eine Linksoperation von G auf sich:

GµGöG, Hg, aL# IgHaL = g a g-1.

(4.2.1) Die Bahnen dieser Operation heißen Konjugationsklassen oder Klassenkonjugierter Elemente. Mit CHaL (oder genauer CGHaL) wird dieKonjugationsklasse von a œG bezeichnet.

(4.2.2) Die Standgruppen der Konjugationsoperation heißen Zentralisatoren. DerZentralisator von a in G ist die Untergruppe

ZHaL = ZGHaL := 8g œG » a g = g a<.(4.2.3) Im allgemeinen ist die Konjugation I keine treue Operation. Der Kern vonI : GØ AutHGL heißt das Zentrum von G und wird mit ZHGL bezeichnet. Es gilt

ZHGL = 8g œG » " a œG : a g = g a< =›aœG ZHaL .ü Lemma 4.3

Es sei G eine Gruppe. Die Elemente des Zentrums von G sind folgendermaßencharakterisiert: g œ ZHGLóZHgL = GóCHgL = 8g<. áü Lemma 4.4

Es sei G eine endliche Gruppe.(4.4.1) Es gilt †G§ = †ZHaL§ †CHaL§ für alle a œ G.(4.4.2) Es seien K1, ..., Km die verschiedenen Klassen konjugierter Elemente in G.Dann gilt die sogenannte Klassengleichung †G§ = †K1§+ ...+ †Km§.Die Anzahl der Einsen in der Klassengleichung ist die Ordnung des Zentrums vonG.

Beweis. (4.4.1) folgt aus der Bahnformel.(4.4.2) gilt, weil K1, ..., Km die Bahnen der Konjugationsoperation auf G sind. á

4 Operationen von Gruppen auf sich, die Sylow-Sätze 49

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ü Beispiele 4.5

(4.5.1) Die Klassengleichung von S4 ist 24 = 1+ 6+ 3+ 8+ 6, denn (siehe Lemma3.11): ZHS4L = CHH1LL = 8e< hat ein Element, K1 = CHH12LL hat 6 Elemente, weil es 6zweielementige Teilmengen von 81, 2, 3, 4< gibt. K2 = CHH12L H34LL hat 3 Elemente,K3 = CHH123LL hat 8 Elemente, denn es gibt genau 8 Dreierzyklen. K4 = CHH1234LLhat 6 Elemente, nämlich

(1234),(1243),(1324),(1343),(1423),(1432).

Daraus entnimmt man (siehe (3.8.2), dass die einzig möglichen Ordnungen vonNormalteileren in S4 die Zahlen 1,4,12,24 sind, denn nur diese Teiler von 24lassen sich aus den Konjugationsklassenordnungen 1,6,3,8,6 kombinieren, wobei 1dazugehören muss. In der Tat sind die Mengen 8e< ‹ K2 (siehe Übung (3.1)) undA4 = 8e< ‹ K2 ‹ K3 die einzigen echten Normalteiler in S4.

(4.5.2) Die Klassengleichung von A5 ist

60 = 1+ 15+ 20+ 12+ 12.

Die Klassen sind:K1 = 8H1L<, K2 = CHH12L H34LL, K3 = CHH123LL, K4 = CHH12345LL, K5 = CHH21345LL. Manbeachte, dass H12345L, H21345L zwar in S5 konjugiert sind, denn es gilt ja (siehe(3.11.2) und Beispiel 3.12) H21345L = H12L H12345L H12L. Aber in A5 sind sie nichtkonjugiert! Wie zeigt man das? So! Annahme: H21345L = sH12345L s-1 für einegerade Permutation s. Dann ist also H12L H12345L H12L = sH12345L s-1, und folglichist s-1H12L ein Element der Standgruppe von H12345L in S5, d.h. s-1H12L liegt imZentralisator ZHpL von p = H12345L in S5. Diesen Zentralisator kann man aberberechnen. Es ergibt sich ZHpL = Xp\ Õ A5, wie wir gleich zeigen werden.Insbesondere ist somit s-1H12L gerade und folglich ist auch H12L gerade, einWiderspruch! Die Annahme ist also falsch.Wir berechnen ZHpL: Nach der Formel (4.3.1) ist ZHpL von der Ordnung 5 = 120ÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅ24 , alsoist, da natürlich p œ ZHpL und p die Ordnung 5 hat, ZHpL die von p erzeugte zyklischeGruppe. Da p œ A5, ist ZHpL Õ A5, ZHpL also auch die Standgruppe von p unter derKonjugation auf A5. Damit ist K4 von der Ordnung 12 = 60ÅÅÅÅÅÅÅ

5. Dasselbe gilt für K5.

Die anderen Zentralisatoren kann man auch berechnen. Für p = H123L ist ZHpL eineUntergruppe der Ordnung 120ÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅ

20= 6. Da H45L, H123L œ ZHpL ist ZHpL › A5 = XH123L\, also

von der Ordnung 3 und folglich hat K3 die Ordnung 60ÅÅÅÅÅÅÅ3= 20, stimmt also mit der

Konjugationsklasse von H123L in S5 überein. Schließlich kann man auch denZentralisator ZHpL für p = H12L H34L berechnen. Er hat die Ordnung 120ÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅ15 = 8 undenthält offensichtlich die Elemente H12L, H34L, H13L H24L, welche eine Gruppe derOrdnung 8, also ZHpL, erzeugen. Damit istZHpL ›A5 = 8H1L, H12L H34L, H13L H24L, H14L H23L< von der Ordnung 4 und folglich hat

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K2die Ordnung 60ÅÅÅÅÅÅÅ4 = 15. Damit ist die Klassengleichung von A5 vollständigbewiesen.

Aus der Klassengleichung sieht man nun sofort, dass A5 keine echten Normalteilerbesitzt, also eine einfache Gruppe ist. Bemerkung: Diese Gruppe ist isomorph zu der zum Beispiel von Felix Kleinausführlich untersuchten Ikosaedergruppe, das ist die Untergruppe von SOH3L, dieaus allen Drehungen besteht, die ein fest gegebenes Ikosaeder (mit Mittelpunkt 0)invariant lassen. Man schaue in das Algebra-Buch von Artin.

(4.5.3) Die Diedergruppe �8 hat die Ordnung 16 und wird von zwei Elementen d, serzeugt mit

d8 = s2 = e, d s = s d-1.

Dass �8 genau 16 Elemente hat kann man daran sehen, dass die Teilmenge

8e, d, d2, ..., d7, s, s d, s d2, ..., s d7< abgeschlossen gegenüber der Multiplikation ist, denn es gilt ja dkHs dmL = s dm-k

und Hs dkL Hs dmL = dm-k .

Konjugieren wir dk mit s dm:

s dm dkHs dmL-1 = s dm dk d-m s-1 = s dk s = d-k = d8-k . Das liefert die Klassen K1 = 8e<, K2 = 8d4<, K3 = 8d, d-1<, K4 = 8d2, d-2<, K5 = 8d3, d-3<,Die Klasse von s ist K6 = 8s, s d2, s d4, s d6<, denn dk s d-k = s d-2 k . Das Elements d kommt noch nicht vor. Es hat die Klasse K7 = 8 s d, s d3, s d5, s d7<, denndkHs dL d-k = s d1-2 k .Somit hat �8 die Klassengleichung

16 = 1+ 1+ 2+ 2+ 2+ 4+ 4.

Insbesondere ist das Zentrum von �8 nicht trivial: ZH�8L = 8e, d4<. Man siehtunmittelbar, dass �8 êZH�8L eine Gruppe der Ordnung 8 ist, die von zweiElementen d

êê, sêê erzeugt wird mit den Relationen

dêê4 = sêê2 = e, d

êê sêê = sêê dêê-1.

Damit gilt �8 êZH�8L @�4.ü Definition 4.6

Es sei p eine Primzahl. Eine endliche Gruppe G heißt eine p-Gruppe, wenn dieOrdnung von G eine Potenz von p ist, †G§ = pn mit n ¥ 1.

Die Diedergruppe �8 ist eine 2-Gruppe und wir haben gesehen, dass ihr Zentrumnicht-trivial ist. Das ist ein allgemeines Phänomen bei p-Gruppen: Aus Lemma 4.4

4 Operationen von Gruppen auf sich, die Sylow-Sätze 51

Fachbereich Mathematik/Informatik

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folgt sofort, dass das Zentrums ZHGL einer p-Gruppe G nicht-trivial ist, alsoebenfalls eine p-Gruppe ist, denn: Sind K1, ..., Km die verschiedenenKonjugationsklassen mit mindestens zwei Elementen, so gilt nach (4.4.1)†K j§ = pnj , n j > 0 und nach (4.4.2) gilt somit pn = †G§ = †ZHGL§+ pn1 + ...+ pnm unddaher ist p ein Teiler von †ZHGL§. Wir haben alsoü Satz 4.7

Es sei G eine p-Gruppe. Dann ist das Zentrum von G nicht-trivial. áEs sei G eine endliche Gruppe. Dann operiert G in natürlicher Weise von links aufder Potenzmenge �HGL durch Linksmultiplikation. Ist A œ �HGL, so operiert dieStandgruppe H =GA = 8g œG » g A = A< selbst durch Linksmultiplikation auf derMenge A. Diese Operation HµAöA ist frei. Folglich ist †H§ ein Teiler von †A§.Damit haben wir gezeigtü Lemma 4.8

Es sei G eine endliche Gruppe. Ist A œ �HGL, H =GA = 8g œ G » g A = A< dieStandgruppe von A, so ist †H§ ein gemeinsamer Teiler von †A§ und †G§. Sind †A§ und†G§ teilerfremd, so ist H = 8e<. áNeben der Linksmultiplikation spielt auch die Konjugation von G auf Teilmengenvon G eine sehr wichtige Rolle. Ist A œ �HGL, g œ G, so heißt g A g-1 zu Akonjugierte Teilmenge von G. G operiert insbesondere durch Konjugation auf derMenge �HGL aller Untergruppen von G.ü Lemma und Definition 4.9.

Es sei G eine Gruppe und H sei eine Untergruppe von G.

(4.9.1) Die Bahn von H unter der Konjugation von G ist die Klasse�HHL = 8g H g-1 » g œG< der zu H konjugierten Untergruppen. H ist genau dann ein'Fixpunkt' (d. h. �HHL = 8H<), wenn H ein Normalteiler in G ist.

(4.9.2) Die Standgruppe von H in G ist der sogenannte NormalisatorNGHHL = 8g œG » g H = H g< von H in G. H ist Normalteiler in NGHHL. (4.9.3) Nach der Bahnformel gilt: Der Index @G : NGHHLD ist die Anzahl †�HHL§ der zuH konjugierten Untergruppen. á

52 Gruppen

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ü Satz 4.10 (Erster Satz von Sylow)

Es sei G eine endliche Gruppe der Ordnung n = pe m, wobei p eine Primzahl ist,e ¥ 0 und p kein Teiler von m. Dann gibt es eine Untergruppe der Ordnung pe.

Beweis. Es sei � die Menge aller Teilmengen A Õ G mit pe Elementen. Dann ist†�§ = ikjj n

pey{zz. Wir zeigen im nachfolgenden Lemma, dass ikjj n

pey{zz nicht durch p teilbar ist.

Damit gibt es auch mindestens eine Bahn G A = 8g A » g œ G< Õ�, deren Ordnung†G A§ nicht durch p teilbar ist. Da nun aber nach der Bahnformelpe m = †G§ = †GA§ †G A§, ist pe ein Teiler der Ordnung †GA§ der Standgruppe von A.Andererseits ist nach Lemma 4.8 †GA§ ein Teiler von †A§ = pe. GA ist also eineUntergruppe der Ordnung pe. á

Im Beweis haben wir die folgende einfache Tatsache der elementarenZahlentheorie benutzt.ü Lemma 4.11

Es sei n eine positive natürliche Zahl, p eine Primzahl und e die größte natürliche

Zahl, so dass pe ein Teiler von n ist. Dann gilt: ikjj n

pey{zz ist nicht durch p teilbar.

Beweis. Nach Definition gilt

ikjj n

pey{zz = ¤

k=0

pe-1 n-kÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅpe-k

= ¤k=0

pe-1 m pe-kÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅpe-k

= m ¤k=1

pe-1 m pe-kÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅpe-k

.

Es sei nun vp :�äö� die p-adische Bewertung, die einer von Null verschiedenenrationalen Zahl r = aÅÅÅÅb die Vielfachheit vpHrL = vpHaL- vpHbL zuordnet, wobeivpHnL :=max 8e ¥ 0 » pe teilt n< für n œ �, n ∫ 0. Dann gilt vpI m pe-kÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅ

pe-kM = vpHkL- vpHkL = 0

für 1 § k § pe - 1 (Zeige dies! Hinweis: vpHa+ bL = vpHaL, falls vpHaL < vpHbL). Folglich gilt vp ikjj n

pey{zz = vpHmL+ ⁄

k=1

pe-1 vpI m pe-kÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅpe-k

M = vpHmL = 0 nach Wahl von e. áü Korollar 4.12 (Satz von Cauchy)

Es sei G eine endliche Gruppe und p ein Primteiler der Ordnung von G. Dann gibtes ein Element der Ordnung p in G.

Beweis. Nach dem ersten Satz von Sylow findet man ein Element x mit ordHxL = pm

mit m > 0. Dann ist y = xpm-1 ein Element der Ordnung p. á

4 Operationen von Gruppen auf sich, die Sylow-Sätze 53

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ü Definition 4.13

Eine Untergruppe H einer endlichen Gruppe G heißt p-Sylowuntergruppe von G,wenn p ein Primteiler der Ordnung von G ist und wenn †H§ = pe, wobei e = vpH†G§L.Folgende Erweiterung ist nützlich, um Fallunterscheidungen zu vermeiden: Ist peine Primzahl, aber kein Teiler der Ordnung von G, so soll 8e< als diep-Sylowuntergruppe von G gelten.ü Satz 4.14 (Zweiter Satz von Sylow)

Es sei G eine endliche Gruppe, K sei eine Untergruppe der Ordnung k und p einPrimteiler von k. Weiter sei H eine p-Sylowuntergruppe von G. Dann gibt es einezu H konjugierte Untergruppe H£ in G, so dass H£ › K eine p-Sylowuntergruppe vonK ist.

Beweis. Wir betrachten die homogene G-Menge

X :=G êH

der Linksnebenklassen von H. Die Standgruppe von g H œ X ist die zu Hkonjugierte Untergruppe g H g-1(siehe (2.9.1)). Nach der Indexformel ist †G§ = †H§ †X §und somit ist p kein Teiler von †X §. Wir schränken die Operation von G auf X zueiner Operation der Untergruppe K auf X ein. Da X in die K-Bahnen zerlegt wird,und †X § nicht durch p teilbar ist, ist die Länge mindestens einer K-Bahn Y Õ X nichtdurch p teilbar. Es sei y = g H œ Y. Die Standgruppe von y in K ist offensichtlichKy = g H g-1 › K und somit als Untergruppe der p-Gruppe g H g-1 selbst einep-Gruppe. Nach der Bahnformel ist k = †K § = †Ky§ †Y § und da †Y § nicht durch p teilbarist, ist Ky nicht nur eine p-Gruppe, sondern sogar eine p-Sylowuntergruppe von K.Der Satz ist bewiesen. Eine Zusammemfassung der Beweisidee: Zunächst sei erinnert: DieLinksmultiplikation von G auf der Menge X der Linksnebenklassen von H in G isttransitiv und hat als Standgruppen gerade die zu H konjugiertenp-Sylowuntergruppen (das sind alle, wie gleich folgt). Die Linksmultiplikation von Kauf der Menge X der Linksnebenklassen von H in G besitzt die Standgruppeng H g-1 › K, welche somit als Untergruppen einer p-Gruppe selbst p-Gruppen sind.Nun gibt es einen 'zu p teilerfremdem' K-Orbit. Die Standgruppe eines solchenOrbits ist folglich nach der Bahnformel eine p-Sylowuntergruppe von K. á

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ü Korollar 4.15

Es sei G eine endliche Gruppe der Ordnung n und p sei ein Primteiler von n. Danngilt:(4.15.1) Ist K Untergruppe von G und eine p-Gruppe (man sagt eine p-Untergruppevon G), so ist K Untergruppe einer p-Sylowuntergruppe von G.(4.15.2) Alle p-Sylowuntergruppen von G sind zueinander konjugiert. (4.15.3) Ist H eine p-Sylowuntergruppe von G, so ist H die einzigep-Sylowuntergruppe des Normalisators NGHHL.Beweis. Zu (4.15.1): K ist die einzige p-Sylowuntergruppe von K. Für die nach 4.14existierende p-Sylowgruppe H£ gilt dann also H£ › K = K, d.h. K Õ H£.Zu (4.15.2): Sind K, H zwei p-Sylowuntergruppen von G, so gibt es eine zu Hkonjugierte Gruppe H£, so dass H£ › K eine p-Sylowuntergruppe von K ist, alsoH£ › K = K gilt. Da K und H£ dieselbe Ordnung haben, folgt H£ = K. zu (4.15.3): H ist natürlich auch p-Sylowuntergruppe von NGHHL. Da H auchNormalteiler in NGHHL ist, ist nach (4.15.2) H die einzige p-Sylowuntergruppe vonNGHHL. áü Satz 4.16 (Dritter Satz von Sylow)

Es sei G eine endliche Gruppe der Ordnung n = pe m, m T 0 mod p, e > 0, pPrimzahl. s sei die Anzahl der p-Sylowuntergruppen von G . Dann gilt:

(4.16.1) m ª 0 mod s.

(4.16.2) s ª 1 mod p.

Beweis. Es sei H eine p-Sylowuntergruppe von G. Zu (4.16.1): s ist nach (4.15.2) die Anzahl der zu H konjugierten Untergruppen undsomit nach (4.9.3) gleich dem Index @G : NGHHLD. Wegen H Õ NGHHL ÕG giltm = @G : HD = @G : NGHHLD@NGHHL : HD = s @NGHHL : HD, also ist s ein Teiler von m. Zu (4.16.2): Es sei CHHL = 8H1, ..., Hs< die Klasse der zu H konjugiertenUntergruppen, H1 = H. Die Konjugationsoperation von G auf CHHL schränken wirnun zu einer Operation von H auf CHHL ein. Es sei t die Anzahl der 'Fixpunkte'dieser Operation. Da nach der Bahnformel die Länge der H-Bahnen stets Teilervon †H§ = pe sind, sind die Bahnlängen, die nicht zu Fixpunkten gehören, durch pteilbar und somit gilt s = t +Vielfaches von p, also s ª t mod p. Wir müssen nur nochzeigen, dass t = 1 gilt, dass also H1 = H der einzige Fixpunkt von CHHL unter derKonjugation von H ist. Es sei K œ CHHL ein Fixpunkt, d. h. " h eH : h K h-1 = K unddies besagt, dass H eine Untergruppe des Normalisators NGHKL ist. Damit sind K, Hzwei p-Sylowuntergruppen des Normalisators NGHKL. Nach Korollar (4.15.3) giltsomit H = K. á

4 Operationen von Gruppen auf sich, die Sylow-Sätze 55

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Es folgen nun einige Anwendungen der Sylowschen Sätze. Zunächst untersuchenwir Gruppen der Ordnung p q, wobei p, q verschiedene Primzahlen sind. Man erhältin diesem Fall eine vollständige Klassifikation! Danach behandeln wir exemplarischden Fall der Ordnung p2 q. ü Lemma 4.17

Es seien p, q Primzahlen mit p < q. G sei eine Gruppe der Ordnung p q.

(4.17.1) Dann gibt es genau eine q-Sylowuntergruppe N in G. N ist Normalteilervon G. Es sei H eine p-Sylowuntergruppe von G. Dann ist G = N H. Wir bezeichnenmit F : HöAutHNL die Einschränkung der Konjugation, also FhHnL = h n h-1 fürh œ H, n œ N. Dann ist G @ NµF H. Weiter gilt:

(4.17.2) N, H sind zyklische Gruppen der Ordnung q bzw. p.

(4.17.3) Ist F : HöAutHNL trivial, also h n = n h für alle h œ H, n œ N, so istG = N H @ NµH und G ist zyklisch.

Ist q- 1 T 0 mod p , so ist F trivial. In diesem Fall gibt es also bis auf Isomorphie nureine Gruppe der Ordnung p q.

(4.17.4) Es sei jetzt q- 1 ª 0 mod p und F sei nicht-trivial. Dann ist G nicht abelschund der Isomorphietyp von G kann wie folgt beschrieben werden. Es seiN = Xy\, yq = e, H = Xx\, xp = e. Es gibt ein k œ 82, ..., q- 1< mit

kp ª 1 mod q,

so dass

FxHyL = x y x-1 = yk .

(4.17.5) Es gelte weiter q- 1 ª 0 mod p. Dann ist U = 8k œ �qä » kp = 1< eine

zyklische Gruppe der Ordnung p. Verschiedene Zahlen k1, k2 œ 82, ..., q- 1< mitk1

p = k2p ª 1 mod q liefern zueinander isomorphe Gruppen.

Zusammenfassend kann man sagen: Ist q T 1 mod p, so gibt es bis auf Isomorphienur eine Gruppe der Ordnung p q, nämlich die zyklische Gruppe Cp q der Ordnungp q.Ist q ª 1 mod p, so gibt es bis auf Isomorphie genau zwei Gruppen der Ordnung p q,nämlich die zyklische Gruppe Cp q der Ordnung p q und das semidirekte ProduktCqµF Cp mit den Erzeugern x, y und den Relationenyq = e, xp = e, FxHyL = x y x-1 = yk , wobei kp ª 1 mod q, k T 1 mod q.

Beweis. Zu (4.17.1): Nach dem dritten Sylowschen Satz gilt für die Anzahl t derq-Sylowuntergruppen

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p ª 0 mod t, t ª 1 mod q.

Da p < q können diese beiden Kongruenzen nur für t = 1 gelten. Damit ist (4.17.1)bewiesen.Zu (4.17.2): Das ist klar, weil p, q Primzahlen sind. Zu (4.17.3): Ist q- 1 nicht durch p teilbar, so muss F der triviale Homomorphismussein, also FxHyL = x y x-1 = y und somit

x y = y x

für alle x œ H, y œ N gelten. Nach dem Satz über Produkte (3.15.3) ist G dasdirekte Produkt von N und H. Ist x Erzeuger von H, y Erzeuger von N, so ist x y einElement der Ordnung p q, also ein Erzeuger von G.Zu (4.17.4): Es sei N = Xy\, yq = e, H = Xx\, xp = e, es gibt dann ein k œ 81, ..., q- 1<,so dass FxHyL = x y x-1 = yk . k unterliegt weiteren Begingungen: Da F nicht trivialsein soll, ist k > 1. Da xp = e, ist HFxLp = id, d. h. y = Fxp HyL = ykp

und somitkp ª 1 mod q.

Zu (4.17.5): U = 8k e �qä » kp = 1< ist eine Untergruppe von �q

ä. Da �q ein Körper istund die Polynomgleichung xp- 1 = 0 höchstens p Elemente aus �q als Lösungenhat, ist die Ordnung von U kleiner oder gleich p. Nach dem Satz von Cauchybesitzt �q

ä ein Element k der Ordnung p dieses erzeugt eine Untergruppe derOrdnung p von U. Damit ist U = Xk\ zyklisch von der Ordnung p. Seien nunverschiedene Zahlen k1, k2 œ 82, ..., q- 1< mit k1

p = k2p ª 1 mod q gegeben. Sie

definieren Gruppen Gi mit Erzeugern xi, yi mit den Relationenyi

q = e, xip = e, xi yi xi

-1 = yiki (i = 1, 2). Wir wollen einen Isomorphismus j : G1öG2

konstruieren. j muss die Sylowgruppen respektieren, also Xy1\ in Xy2\ abbilden.Ohne Einschränkung kann man daher jHy1L = y2 annehmen. Wir versuchen es mitdem Ansatz jHx1L = x2

b. Wendet man j auf die Gleichung x1 y1 = y1k1 x1 an, so

erhält man die Beziehung x2b y2 = y2

k1 x2b, also x2

b y2 x2-b = y2

k1 und dies istäquivalent zu y2

k2b = y2

k1. Somit muss k2b ª k1 mod q gelten. Nun ist aber

U = 8k œ �qä » kp = 1< eine zyklische Untergruppe der Ordnung p und somit kann

man in der Tat einen Exponenten b finden, so dass k2b ª k1 mod q. Nach Wahl von

k1, k2 muss b T 0 mod p gelten. Wählt man c œ � mit b c ª 1 mod p, so erhält man dieUmkehrabbildung von j durch x2# x1

c, y2# y1. áü Beispiele 4.18

(4.18.1) Die Gruppen der Ordnung p, p2 sind abelsch (ØÜbung 4.2)). Es sind dies:Cp, Cp2, CpµCp.(4.18.2) Die Gruppen der Ordnung n = p q, n < 40 führen wir in einer Tabelle auf:

4 Operationen von Gruppen auf sich, die Sylow-Sätze 57

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6 10 14 15 21 22 26 33 34 35 38

C6 C10 C14 C15 C21 C22 C26 C33 C34 C35 C38

S3 D5 D7 C7,3 D11 D13 D17 D19

(4.18.3) Die nicht-abelsche Gruppe G = C7,3 der Ordnung 21 hat die Erzeuger x, ymit den Relationen

x3 = e = y7, x y x-1 = y2.

Beachte, dass 23 ª 1 mod 7. G hat eine 7-Sylowuntergruppe, nämlich Xy\ und nachdem dritten Sylowschen Satz hat sie sieben 3-Sylowuntergruppen, nämlich die zuH = Xx\ konjugierten Untergruppen von G. Das sind die Gruppenyi H y-i, i = 0, 1, ..., 6.

(4.18.4) Da 11- 1 durch 5 teilbar ist, gibt es eine nicht-abelsche Gruppe G derOrdnung 55. Sie hat Erzeuger x, y mit den Relationen y11 = e = x5, x y x-1 = yk miteiner fest gewählten Zahl k, die die Kongruenz k5 ª 1 mod 11erfüllt. Man kann zumBeispiel k = 4 wählen, denn 45 = 4 ÿ16 ÿ16 ª 4 ÿ5 ÿ5 = 100 ª 1 mod 11.ü Lemma 4.19

Es seien p, q Primzahlen, p < q. G sei eine Gruppe der Ordnung n = p2 q.

(4.19.1) Ist q T 1 mod p, so ist G abelsch und zwar entweder zyklisch oder isomorphzu CpµCp q.

(4.19.2) Es sei p = 2 und q = 3, G also eine Gruppe der Ordnung 12. Es gilt dann:

(4.19.2.1) G @ C12 oder G @ C2µC6 oder

(4.19.2.2) G @ A4 oder

(4.19.2.3) G @ D6 @ S3µC2 = Xx, y, z\ mit x2 = y2 = e, x y = y x, z3 = e, x z x-1 = z2, y z = z y oder

(4.19.2.4) G @ Xx, y\ mit x4 = y3 = e, x y x-1 = y2.

Beweis. Nach dem dritten Sylowschen Satz gilt für die Anzahl t derq-Sylowuntergruppen p2 ª 0 mod t, t ª 1 mod q und für die Anzahl s derp-Sylowuntergruppen gilt q ª 0 mod s, s ª 1 mod p. Da p < q ist t ∫ p, also t = 1 odert = p2. Für s kommen nur die Werte 1 und q in Betracht. s = q kann allerdings nurgelten, wenn p ein Teiler von q- 1 ist. Zu (4.19.1): q T 1 mod p. Dann ist s = 1. Es sei N die Untergruppe der Ordnung p2.Da s = 1, ist N ein Normalteiler und die Konjugation auf G induziert die OperationF : H Ø AutHNL, h# Hn# h n h-1L, einer q-Sylowuntergruppe H von G auf N. Es folgtG = NµFH. Ist N zyklisch, so hat die Automorphismengruppe von N die OrdnungjHp2L = †8k » 1 § k § p2, k T 0 mod p<§ = pHp- 1L. Da p < q ist q sicher kein Teiler von

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pHp- 1L und folglich muss der Homomorphismus F trivial sein. Es folgt somit, dassG das direkte Produkt von N und H, also zyklisch ist. Ist N nicht zyklisch, so istN @ CpµCp und die Automorphismengruppe von N ist isomorph zur GruppeGL2H�pL und somit von der Ordnung Hp2 - 1L pHp- 1L = Hp+ 1L pHp- 1L2. In diesemFall muss F nicht notwendig trivial sein. Ist jedoch q kein Teiler von p+ 1, so mussF trivial sein. Da q > p, tritt der Fall, dass q ein Teiler von p+ 1 ist nur fürp = 2, q = 3 ein. Damit gilt im Fall q ∫ 3: G @ CpµCpµCq @ CpµCp q. Wir behandeln jetzt den Fall p = 2, q = 3:Zu (4.19.2): Im Fall s = 1 ergibt sich dieselbe Schlusskette wie in (4.19.1). Derjedoch hier mögliche Ausnahmefall, dass F : HöN nichttrivial ist, ergibt dieGruppe G @ A4 mit Erzeugern x, y, z von der Ordnung 2, 2 bzw. 3 und den weiteren

Relationen: x y = y x, Fz = ikjj 1 1

1 0y{zz, d.h. : z x z-1 = x y, z y z-1 = x.

Die alternierende Gruppe A4 mit den Erzeugern x = H12L H34L, y = H13L H24L, z = H123L hat diesen Isomorphietyp, wie man leicht durchPrüfen der Relationen sieht. Es bleibt der Fall s = 3 zu untersuchen: 1. Fall: t = 1. Wir erhalten einen Normalteiler N, der zyklisch von der Ordnung 3 ist,nämlich die (wegen t = 1) eindeutig bestimmte 3-Sylowuntergruppe von G. Wirwählen eine 2-Sylowuntergruppe H von G. Diese hat die Ordnung 4 und operiertnicht-trivial durch Konjugation auf N. F : HöAutHNL ist somit surjektiv. Fall 1a: H ist zyklisch, H = Xx\, x4 = e. N = Xy\ mit y3 = e. Dann istFxHyL = x y x-1 = y2. G ist die Gruppe mit Erzeugern x, y und den Relationen

x4 = e, y3 = e, x y x-1 = y2.

Fall 1b: H = Xx, z\ mit x2 = e = z2, x z = z x. N = Xy\ mit y3 = e.FxHyL = x y x-1 = y2,FzHyL = z y z-1 = y. Dies ergibt die Isomorphie G @ S3µC2@D6 .Der Isomorphismus j : GöS3µC2 wird durchx# HH12L, eL, y# HH123L, eL, z# He, zL definiert und der Isomorphismus j : GöD6

durch x# ikjj 1 0

0 -1y{zz y# ikjjjjj cos 2 pÅÅÅÅÅÅÅÅ

3-sin 2 pÅÅÅÅÅÅÅÅ

3

sin 2 pÅÅÅÅÅÅÅÅ3 cos 2 pÅÅÅÅÅÅÅÅ3

y{zzzzz, z# ikjj -1 0

0 1y{zz.

2. Fall: t = 4. In diesem Fall wären die Sylowgruppen keine Normalteiler. Wir wollenzeigen, dass dieser Fall nicht auftritt: Es sei H eine Untergruppe der Ordnung 3und N eine Untergruppe der Ordnung 4. Da t = 4 ist, gibt es 4 zu H konjugierteUntergruppen H = H1, H2, H3, H4. Wie man leicht überlegt, besteht ihre Vereinigungaus 1+ 4 ÿ2 = 9 Elementen. Gäbe es nun 3 Sylowgruppen der Ordnung 4, so würdejede dieser Untergruppen die Vereinigung H1 ‹ H2 ‹H3 ‹ H4 nur in e schneiden.Im Komplement dieser Vereingung liegen aber nur 3 Elemente. Also kann es nureine Sylowgruppe der Ordnung 4 geben: Wir sind damit im Fall s = 1. Der Fallt = 4, s = 3 ist damit ausgeschlossen. Die Klassifikation der Gruppen der Odnung12 ist vollständig. Wir haben zwei abelsche Gruppen der Ordnung 12 und dreinicht-abelsche, nämlich A4, D6 und schließlich das semidirekte Produkt C3µF C4

4 Operationen von Gruppen auf sich, die Sylow-Sätze 59

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mit C3 = Xy\, C4 = Xx\, FxHyL = y2, alsoHyi, x jL Hyk , xmL =Hyi Fx j HykL, xj+mL = Iyi+2 j k , x j+mM. à Übungen 4

(4.1) Zeigen Sie: Eine p-Gruppe, die auf einer endlichen Menge X operiert, derenOrdnung †X § nicht durch p teilbar ist, hat mindestens einen Fixpunkt in X .

(4.2) Es sei p eine Primzahl und sei G eine Gruppe der Ordnung p2. Zeigen Sie: a) G ist abelsch und b) G ist entweder zyklisch oder isomorph zu dem direkten Produkt zweierzyklischer Gruppen der Ordnung p. Hinweis zu a): Für das Zentrum ZHGL kommen nach Satz 4.7 die Ordnungen p undp2 in Betracht. Wir müssen nur p als Ordnung von ZHGL ausschließen: Wie sähedenn ZHxL � ZHGL für ein x œ G \ ZHGLaus? Hinweis zu b): Ist G nicht zyklisch, sohaben alle Elemente x ∫ e die Ordnung p. Wähle y œ G \ Xx\ und beweise G = Xx\ Xy\.(4.3) Den ersten Sylowschen Satz kann man auch anderes beweisen. Man benutzedie Übung (3.2) und (3.3) und führe den Beweis durch Induktion nach der Ordnungvon G (Ø[4] Reiffen/Scheja/Vetter: Algebra, Seiten 58-60).

(4.4) Bestimmen Sie die Klassen konjugierter Elemente in der nicht abelschenGruppe der Ordnung 21.

(4.5) Klassifizieren Sie alle Gruppen der Ordnung 8 (Es gibt drei abelsche und zweinicht-abelsche Gruppen der Ordnung 8: die Diedergruppe D4 und dieQuaternionengruppe Q8 aus Übung (2.3))

(4.6) Ist G eine nicht-abelsche Gruppe der Ordnung p3(p Primzahl). Dann ist dasZentrum ZHGL die Kommutatoruntergruppe (ØÜbung (3.9)) von G.

(4.7) Die alternierende Gruppe An ist für n > 4 einfach (Ø[7] Theorem 6.10, [2] § 55,[4] Seiten 65-68). Dazu zeige man folgendes:a) An wird (ØÜbung (1.9)) von den Dreierzyklen H123L, H124L, ..., H12 nL erzeugt(n ¥ 3).b) Ist N ein Normalteiler von An, der mindestens einen Dreierzyklus enthält, so istN = An(n ¥ 3). c) Ist N ein Normalteiler von An, der eine Permutation s enthält, derenZykeldarstellung einen Zyklus z = Hi1 i2 i3 ... ir L der Länge r > 3 enthält, so betrachted = Hi1 i2 i3L und zeige, dass p := s-1 d s d-1 ein Dreierzyklus ist, der in N liegt.d) Ist N ein Normalteiler von An, der eine Permutation s enthält, derenZykeldarstellung zwei Dreierzyklen Hi j kL, Hl m pLenthält, so betrachte d = Hi j lL undzeige dass p := s-1 d s d-1ein Zyklus der Länge 5 ist.e) Ist N ein Normalteiler von An, der eine Permutation s = Hi j kL Hl mL enthält, so

60 Gruppen

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enthält N auch einen Dreierzyklus.f) Ist N ein Normalteiler von An, der eine Permutation s enthält, derenZykeldarstellung ausschließlich aus Transpositionen besteht, so ist enthält N aucheinen Dreierzyklus.

(4.8) Was bedeuten bedeuten die Sylow-Sätze für die endlichen abelschenGruppen?

(4.9) Es sei G eine Gruppe der Ordnung n und m sei ein Teiler von n. Gibt es stetseine Untergruppe der Ordnung m von G? Hinweis: Untersuche S4.Untersuchen Sie dieselbe Frage für endliche abelsche Gruppen.

(4.10) Es seien p, q Primzahlen, p > q und q sei kein Teiler von p2 - 1. Zeigen sie:Jede Gruppe der Ordnung p2 q ist abelsch. Welche Isomorphietypen kommen vor?

(4.11) Es gibt keine einfachen nicht-abelschen Gruppen der Ordnung n < 60.

(4.12) Bestimmen sie alle Sylowuntergruppen von S4.

(4.13) Es sei H eine Sylowuntergruppe von G. Weiter sei N 0 G. Zeigen Sie:a) N › H ist Sylowuntergruppe von N. b) H N êN ist eine Sylowuntergruppe von G êN.

(4.14) Welche Ordnungen kommen bei Untergruppen von A5 vor?

(4.15) Es sei p eine Primzahl. Bestimmen Sie die Ordnung und das Zentrum von

G = :ikjjjjjjjj 1 a b

0 1 c

0 0 1

y{zzzzzzzz ƒƒƒƒƒƒƒƒƒƒƒƒƒ a, b, c œ �p>.(4.16) Es sei G = SL2H�3L. Zeigen Sie: a) N = [:ikjj 1 1

1 2y{zz, ikjj 2 1

1 1y{zz>_ ist die einzige

2-Sylowuntergruppe von G. b) Die 2-Sylowuntergruppe von G ist isomorph zurQuaternionengruppe Q8. c) G = S4. d) Ist G êZHGL @ A4?

5 Endlich erzeugte abelsche Gruppen, Elementarteiler

Inhalt: In diesem Abschnitt behandeln wir endlich erzeugte abelsche Gruppen. Es gibt Verbindungen zur linearen Algebra. Das Gaußsche Eliminationsverfahren in Kombination mit dem euklidischen Algorithmus tritt hier als wichtiges Hilfsmittel auf. Es werden allgemein die freien abelschen Gruppen eingeführt, Torsionsgruppen, endlich erzeugte abelsche Gruppen als Faktorgruppen von �n, als Kokerne von Matrizen A œ�n,m. Normalformen dieser Matrizen, Determinantenteiler und Elementarteiler. Der Hauptsatz.

4 Operationen von Gruppen auf sich, die Sylow-Sätze 61

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ü Einleitung

In diesem Abschnitt werden nur abelsche Gruppen behandelt und wie üblichwerden abelsche Gruppen additiv geschrieben. Das neutrale Element wird mit 0bezeichnet, das Inverse von x mit -x. Ist M eine solche additiv geschriebeneabelsche Gruppe, so gibt es eine Multiplikation mit ganzzahligen Skalaren�µMöM, die Hn, xL das Element n x zuordnet. Es gilt:

0 x = 0, Hn+ 1L x = n x+ x für n ¥ 0, n x = -HH-nL xL für n < 0.

Es gelten dieselben Regeln wie bei einem K-Vektorraum, nur, dass die Skalare nureinen kommutativen Ring und keinen Körper bilden, was strukturelleKonsequenzen hat: Man kann nicht mehr aus n x = 0, n ∫ 0 auf x = 0 schließen, wieja schon die zyklische Gruppe M =� êm� (m ∫ 0) zeigt, in der zum Beispiel m x = 0für alle x œ M gilt. Wir nennen additiv geschriebene abelsche Gruppen auch� -Moduln. Untergruppen eines �-Moduls nennt man auch Untermoduln. ü Definition 5.1

Es sei M ein �-Modul. (5.1.1) Ein Element x œ M heißt Torsionselement von M, wenn es ein n œ �, n ∫ 0mit n x = 0 gibt. Mit Mtor wird die Menge aller Torsionselemente von M bezeichnet.Dies ist also die Menge aller Gruppenelemente endlicher Ordnung. Mtor istoffensichtlich eine Untergruppe von M.M heißt torsionsfrei, wenn Mtor = 0 gilt. (5.1.2) Ein Tupel Hx1, ..., xnL von Elementen xi œ M heißt �-linear unabhängig, wennfür k1, ..., kn œ� gilt: Ist ⁄i=1

n ki xi = 0, so ist k1 = 0, ..., kn = 0. Eine Familie HxiLiœI von Elementen xi œ M heißt �-linear unabhängig, wenn jedeendliche Teilfamilie HxiLiœJ, J Õ I endlich, es ist.(5.1.3) Eine Familie HxiLiœI von Elementen xi œ M heißt �-Basis von M, wenn HxiLiœI

ein �-linear unabhängiges Erzeugendensystem von M ist. Wie aus der linearenAlgebra bekannt, lässt sich dann jedes Element x œ Meindeutig als endlicheganzzahlige Linearkombination von Basiselementen schreiben. (5.1.4) Gibt es eine (endliche) �-Basis von M, so heißt M ein (endlich erzeugter)freier �-Modul, auch (endliche erzeugte) freie abelsche Gruppe.

62 Gruppen

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ü Satz 5.2

(5.2.1) Es sei X eine beliebige Menge. Es sei FHXL die Menge aller Funktionenf : Xö� mit der Eigenschaft: suppHf L := 8x œ X » f HxL ∫ 0< ist endlich. Die Additionauf FHXL sei die gewöhnliche Addition von Funktionen. Dann gilt: FHXL ist eine freieabelsche Gruppe und die charakteristischen Funktionen cx (cxHxL = 1, cxHyL = 0 füry ∫ x) der Elemente x œ X bilden eine �-Basis von FHXL. FHXL heißt die freieabelsche Gruppe über der Menge X . (5.2.2) Eine abelsche Gruppe M ist genau dann eine freie abelsche Gruppe, wennes eine Menge X gibt, so dass M @ FHXL. Beweis. Zu (5.2.1): Offensichtlich ist FHXL eine abelsche Gruppe (Untergruppe vonHAbbHX , �L, +L). Wir müssen nur zeigen, dass die Famile HcxLxœX eine �-Basis vonFHXL ist. a) Ist f œ FHXL und suppHf L = 8x1, ..., xn<, so ist f HxL =⁄k=1

n f HxkL cxkHxL für alle x œ X ,

also f =⁄k=1n f HxkL cxk

. Damit ist HcxLxœX ein Erzeugendensystem von FHXL. b) Sei nun ⁄k=1

n ak cxk= 0. Dann ist ai =⁄k=1

n ak cxkHaiL = 0. Damit ist HcxLxœX eine�-linear unabhängige Familie.

Zu (5.2.2) Ist M frei und X eine �-Basis von M, so ist F : FHXLöM mitFH⁄k=1n ak cxk

L =⁄k=1n ak xk (ak œ�, xk œ X) offensichtlich ein Isomorphismus. á

Aus den freien abelschen Gruppen werden durch Bilden von Faktorgruppen alleabelschen Gruppen gewonnen. Jede abelsche Gruppe M ist isomorph zu derFaktorgruppe einer freien abelschen Gruppe. Man kann ja einfach den von derInklusion i : XöM eines Erzeugendensystems X von M induzierten surjektivenHomomophismus

FHXLöM, ⁄k=1n ak cxk

#⁄k=1n ak xk Hak œ �, xk œ XL

betrachten. Natürlich gibt es viele Möglichkeiten eine gegebene abelsche Gruppeals Faktorgruppe einer freien abelschen Gruppe zu realisieren. Dies soll jetztgenauer ausgeführt werden. Im folgenden wollen wir nur endlich erzeugte abelscheGruppen betrachten, also Faktorgruppen von �n. Wir werden eine vollständigeKlassifikation dieser Gruppen erreichen. Das ist der sogenannte Hauptsatz überendlich erzeugte abelsche Gruppen.Wir beginnen mit endlich erzeugten freien abelschen Gruppen.ü Satz 5.3

Es sei M ein endlich erzeugter freier �-Modul. Dann gilt:

(5.3.1) M @ �n =�µ ...µ� Hn-malL für ein n ¥ 0. Diese Zahl n ist eindeutig durch Mbestimmt und heißt der Rang rg M von M.

5 Endlich erzeugte abelsche Gruppen, Elementarteiler 63

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(5.3.2) Alle �-Basen von M haben dieselbe Länge n = rg M.

Beweis. Zu (5.3.1): Es sei � = Hx1, ..., xnL ein �-Basis von M. Wie in der linearenAlgebra zeigt man, dassF� :�nöM, Hk1, ..., knL#⁄i=1

n ki xi

ein Isomorphismus ist. Ist nun j :�nö�m ein Isomorphismus, so muss n = mgelten, denn j induziert eine �-lineare Abildung F :�nö�m mit FH 1ÅÅÅÅa vL = 1ÅÅÅÅa jHvL fürv œ�n, a œ�, a ∫ 0. Da j injektiv ist, ist auch F injektiv und da j surjektiv ist, istauch F surjektiv. Aus der linearen Algebra folgt daher n =m. Zu (5.3.2): Das folgt sofort aus (5.3.1). áü Satz 5.4

Jeder Untermodul N von �n ist endlich erzeugt und die minimale Anzahl vonErzeugern von N ist § n.

Beweis durch Induktion nach n. Für n = 1 ist das klar, weil alle Untergruppen von �von der Form m� sind. Induktionsschluss n- 1Ø n : Wir betrachten N Õ�n und eine Projektionp :�nö�n-1, Hx1, ..., xnL# Hx1, ..., xn-1L. Es gilt ker p @ �. Das Bild pHNL wird nachInduktionsvoraussetzung von r § n- 1 Elementen erzeugt. Wir wählen r Urbilderz1, ..., zr dieser Erzeuger in N. Diese erzeugen einen Untermodul U Õ N. Wirwählen weiter einen Erzeuger zr+1 von N› ker p. Wir zeigen nun, dassHz1, ..., zr+1L ein Erzeugendensystem von N ist. Sei dazu z œ N, pHzL =⁄i=1

r ai pHziL.Setze w :=⁄i=1

r ai zi. Dann gilt pHz-wL = 0, also z-w œ N› ker p und somitz-w = ar+1 zr+1, also z =⁄i=1

r+1 ai zi. áü Satz 5.5

(5.5.1) Zu jedem endlich erzeugten �-Modul M gibt es eine ganzzahligenµm-Matrix A = Hai, jL œ�n,mund einen surjektiven Homomorphismus p :�nöM, sodass

�möA �nöp Mö0

exakt ist. Dabei bedeutet A die �-lineare Abbildung w # z = A w, d. h.zi =⁄ j=1

m ai j w j. wobei z, w Spalten mit den Einträgen zi bzw. w j sind. Die Exaktheit

bedeutet, dass imA = ker p, imp = M und p surjektiv ist. Nach demHomomorphiesatz gilt dann M @ �n ê im A. Die Faktorgruppe �n ê im A heißt auchder Kokern von A und wird mit coker A bezeichnet.

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Man sagt dann, dass M durch die Matrix A präsentiert sei. Die exakte Sequenz�möA �nöp Mö0 heißt Präsentation von M. A heißt eine M präsentierendeMatrix.

(5.5.2) Ist �möA �nöp Mö0 eine Präsentation von M und ist B = S A T mit

T œGLmH�L, S œGLnH�L, so ist auch �möB �n öøp S-1

Mö0 eine Präsentation von M.

Beweis. Zu (5.5.1): Es sei Hx1, ..., xnL ein Erzeugendensystem von M. Dann istp :�nöM mit pikjjjjjjjjz1ªzn

y{zzzzzzzz = z1 x1 + ...+ zn xn ein surjektiver Homomorphismus. N = ker pist eine Untergruppe von �n und somit nach 5.4 endlich erzeugt. Seien dieSpaltenvektoren a1, ..., am œ �n Erzeuger von ker p. Dann istA := Ha1, ..., amL œ�n,m mit imA = ker p. áZu (5.5.2): Es gelte B = S A T mit T œ GLmH�L, S œ GLnH�L. Wir zeigen, dass auch�möB �n öøp S-1

Mö0 eine Präsentation von M ist. Beweis. Aus pS-1 B = pS-1 S A T = pA T = 0 T = 0 folgt im B Õ ker pS-1. Istumgekehrt z£ œ ker pS-1, also pS-1 z£ = 0, so setze z = S-1 z£, Dann ist also p z = 0und somit z = A w mit w œ �m. Es sei w = T w£. Dann folgtB w£ = S A T w£ = S A w = S z = z£, also z£ œ im B und somit ist ker pS-1 Õ im B. áDas Ziel ist es nun, eine Normalform für M zu finden. Dies soll durch einenRechenalgorithmus geschehen, der es praktisch erlaubt, die Normalform, diesogenannte Elementarteilermatrix, einer ganzzahligen Matrix zu bestimmen. Dazu

startet man mit irgendeiner Präsentation �möA �nöp Mö0 von M und führtelementare Spalten- und Zeilenumformungen an der Matrix A durch, die Rechts-bzw Linksmultiplikation mit einer Elementarmatrix in GLH�L bedeuten, bis man eineNormalform B = S A T mit T œ GLmH�L, S œ GLnH�L erhält. B wird aus einerquadratischen Diagonalmatrix und Nullmatrizen bestehen. Nach (5.5.2)repräsentiert B ebenfalls den Modul M. Dieses Ergebnis, natürlich noch genauer zuformulieren, ist der sogenannte Elementarteilersatz.

Bevor wir den Elementarteilersatz beweisen können, müssen wir zunächst an deneuklidischen Algorithmus zur Bestimmung des größten gemeinsamen Teilerszweier ganzer Zahlen erinnern. Sind a, b zwei ganze Zahlen, die nicht beide Nullsind, so gibt es eine eindeutig bestimmte positive ganze Zahl d, so dassXa, b\ = Xd\. d heißt der größte gemeinsame Teiler (ggT) von a und b.

Zur Bestimmung des größten gemeinsamen Teilers verwendet man deneuklidischen Algorithmus, der auf den folgenden offensichtlichen Regeln beruht: Xa, b\ = Xa, b- q a\, Xa, b\ = Xb, a\, Xa, 0\ = Xa\.

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Ein Beispiel: X12, 15\ = X12, 15- 12\ = X12, 3\ = X3, 12\ = X3, 12- 4 ÿ3\ = X3, 0\ = X3\. Wir bezeichnen mit Mod@a, bD den Rest r mit 0 § r = a- q b < b. Damit haben wirdann folgendes Programm zur Bestimmung des größten gemeinsamem Teilerzweier Zahlen: Input : Ha, bL mit a > 0.Initialisierung : Hx, yL = Ha, bLProgramm( While-Schleife) : Solange x > 0 setze Hx, yL = HMod@y, xD, xL.Output : d = y.Da bei jedem Schritt der erste Eintrag des Paares Hx, yL kleiner wird, kommt dasProgramm nach endlich vielen Schritten zum Stillstand, d.h. zum Wert x = 0.Man kann natürlich induktiv den ggT von n Zahlen a1, ..., an berechnen, denn, ist dder ggT von a1 und a2, so ist Xa1, a2, ..., an\ = Xd, a3, ..., an\.Wir kommen nun zum Elementarteilersatz. Wir beginnen mit einigen Beispielen:ü Beispiele 5.6

(5.6.1) Mit der aus der linearen Algebra bekannten Methode wird die Matrix

A = ikjj 6 9

10 13y{zz umgeformt. Allerdings dürfen nur Transformationen in GL2H�L benutzt

werden. Das macht das Verfahren komplizierter als das gewöhnliche Gausssche

Eliminationsverfahren. Ziel ist es, eine Diagonalmatrix ikjja 0

0 by{zz zu erreichen, so dass

a ein Teiler von b ist. Es soll also nicht nur eine Diagonalmatrix hergestellt werden!Es wird sich ergeben, dass a = ggTH6, 9, 10, 13L = 1, b = †detHAL§ = 12.

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Zeilenoperationenikjj1 0

0 1y{zz ikjj 6 9

10 13y{zz ikjj1 0

0 1y{zz Spaltenoperationenikjj 6 3

10 3y{zz ikjj1 -1

0 1y{zz S2,1H-1Likjj3 6

3 10y{zz ikjj -1 1

1 0y{zz S T1,2ikjj3 0

3 4y{zz ikjj -1 3

1 -2y{zz S2,1H-2L

Z2,1H-1L ikjj 1 0-1 1y{zz ikjj 3 0

0 4y{zz

Z1,2H1L ikjj 0 1-1 1y{zz ikjj 3 4

0 4y{zzikjj3 1

0 4y{zz ikjj-1 4

1 -3y{zz S2,1H-1Likjj1 3

4 0y{zz ikjj 4 -1-3 1

y{zz S T1,2ikjj1 0

4 -12y{zz ikjj 4 -13-3 10

y{zz S2,1H-3LZ2,1H-4L ikjj 0 1-1 -3

y{zz ikjj 1 0

0 -12y{zzikjj 1 0

0 12y{zz ikjj 4 13-3 -10

y{zz S2H-1L

Für A = ikjj 6 9

10 13y{zz haben wir S A T = ikjj 1 0

0 12y{zz erhalten, wobei

S = ikjj 0 1-1 -3y{zz, T = ikjj 4 13-3 -10

y{zz œ GL2H�L. Damit ist die Faktorgruppe �2 ì[ikjj 6

10y{zz, ikjj 9

13y{zz_ von �2 nach der von den Spaltenikjj 6

10y{zz, ikjj 9

13y{zz œ�2 erzeugten Untergruppe isomorph zu �2 ì[ikjj10y{zz, ikjj 0

12y{zz_ und diese

Gruppe ist isomorph zur zyklischen Gruppe � ê12 �.

(5.6.2) Die Matrix A = ikjjjjjjjj 3 9

6 18

30 90

y{zzzzzzzz kann mit demselben Verfahren auf die Matrix ikjjjjjjjj3 0

0 0

0 0

y{zzzzzzzztransformiert werden und somit ist coker A @�2µ H� ê3 �L.

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Zeilenoperationenikjjjjjjjj 1 0 0

0 1 0

0 0 1

y{zzzzzzzz ikjjjjjjjj 3 9

6 18

30 90

y{zzzzzzzz ikjj 1 0

0 1y{zz Spaltenoperationen

Z2,1H-2L, Z3,1H-10L ikjjjjjjjj 1 0 0-2 1 0-10 0 1

y{zzzzzzzz ikjjjjjjjj 3 9

0 0

0 0

y{zzzzzzzzikjjjjjjjj 3 0

0 0

0 0

y{zzzzzzzz ikjj 1 -3

0 1y{zz S2,1H-3L

(5.6.3) A = ikjjjjjjjj 2 4 5

1 0 3

3 30 1

y{zzzzzzzz hat die Normalform ikjjjjjjjj 1 0 0

0 1 0

0 0 2

y{zzzzzzzz, also als Kokern die zyklische

Gruppe � ê2 �. Wir geben die Unformungen an:ikjjjjjjjj 2 4 5

1 0 3

3 30 1

y{zzzzzzzzØ ikjjjjjjjj 1 0 3

2 4 5

3 30 1

y{zzzzzzzzØ ikjjjjjjjj 1 0 3

0 4 -1

0 30 -8

y{zzzzzzzzØ ikjjjjjjjj 1 0 0

0 4 -1

0 30 -8

y{zzzzzzzz,ikjj 4 -1

30 -8y{zz Ø ikjj 1 4

8 30y{zz Ø ikjj 1 4

0 -2y{zzØ ikjj 1 0

0 2y{zz

(5.6.4) Etwas komplizierter ist das folgende Beispiel

A = ikjjjjjjjj 2 4 6

2 3 5

8 7 6

y{zzzzzzzzØ ikjjjjjjjj 2 4 6

0 -1 -1

0 -9 -18

y{zzzzzzzzØ ikjjjjjjjj 2 0 0

0 -1 -1

0 -9 -18

y{zzzzzzzzØikjjjjjjjj 2 0 0

0 1 1

0 9 18

y{zzzzzzzzØ ikjjjjjjjj 0 1 1

2 0 0

0 9 18

y{zzzzzzzzØ ikjjjjjjjj 1 0 1

0 2 0

9 0 18

y{zzzzzzzzØ ikjjjjjjjj 1 0 0

0 2 0

9 0 9

y{zzzzzzzzØ ikjjjjjjjj 1 0 0

0 2 0

0 0 9

y{zzzzzzzz

weiter ikjj 2 0

0 9y{zzØ ikjj 2 2

0 9y{zzØ ikjj 2 2-8 1

y{zzØ ikjj -8 1

2 2y{zzØ ikjj 1 -8

2 2y{zzØ ikjj 1 0

2 18y{zzØ ikjj 1 0

0 18y{zz.

Die Normalform ist also ikjjjjjjjj 1 0 0

0 1 0

0 0 18

y{zzzzzzzz. Es folgt coker A @� ê18 �.

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(5.6.5) Wie geht man bei der folgenden Matrix vor? A = ikjjjjjjjj 2022 644 -3954

2790 1090 -4860-24338 -6466 51396

y{zzzzzzzz.Die Normalform von A ist

ikjjjjjjjj 2 0 0

0 10 0

0 0 60

y{zzzzzzzz. Man sollte einen allgemeinen Algorithmus

entwickeln! Das führt zum Elemenarteilersatz für Matrizen.ü Satz 5.7 (Elementarteilersatz für Matrizen)

Es sei A = Hai, jL œ �n,m eine Matrix vom Rang r . Dann gibt es eindeutig bestimmtepositive ganze Zahlen g1, g2, ..., gr mit der Teilbarkeitsrelation gi teilt gi+1 für allei = 1, ..., r - 1, so dass für geeignete unimodulare Matrizen T œ GLmH�L, S œ GLnH�Lgilt:

(7)S A T = ikjjjjjjjjjjjjjj g1 ∫ 0ª ∏ ª0 ∫ gr

0

0 0

y{zzzzzzzzzzzzzzEs gilt: dk := g1 ... gk ist der sogenannte k-te Determinantenteiler von A, d.h. dergrößte gemeinsame Teiler aller k-reihigen Unterdeterminanten von A. Die Zahlen g1, ..., gr heißen die Elementarteiler von A.

Beweis. I. Existenz : Der Beweis wird durch Beschreibung eines Algorithmuserbracht. Dieser Algorithmus ist eine Kombination des euklidischen Algorithmusund des Gaußschen Eliminationsverfahrens: Wir geben ihn als ein Programm in'Pseudocode' an:Input : Eine Matrix A œ�n,m . Initialisierung : Man startet mit M := A und der leeren Liste L = «. Die Einträge in Mseien mit xi j bezeichnet. Output : Die Liste L = 8g1, ..., gr < der Elementarteiler.Programm: While-Schleife : Solange M ∫ 0 tue man folgendes: 1. Man wähle ein Paar Hi, jL, so dass xi j ∫ 0 (etwa mit †xi j§ = min 8†xk l§ » xk l ∫ 0<).Jetzt vertausche man die erste und die i-te Zeile und dann die erste und die j-teSpalte und multipliziere die neue erste Zeile mit dem Vorzeichen von x11. DasErgebnis setze man als neues M. Dann hat M an die Stelle H1, 1L den positivenWert x11. 2. Auf die erste Zeile der Matrix M wende man nun den euklidischen Algorithmusan. Das geht so: Man teile x12 mit Rest durch x11: x12 = q x11 + r. Jetzt subtrahiereman das q-fache der ersten Spalte von der zweiten Spalte. An der Stelle H1, 2Lsteht jetzt x12 = r . Ist x12 > 0 so vertausche man erste und zweite Spalte. DasErgebnis nenne man wieder M. An der Stelle H1, 1L steht jetzt x11 = r , welches

5 Endlich erzeugte abelsche Gruppen, Elementarteiler 69

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kleiner ist als das alte x11 ist. Daher hat die Matrix M nach endlich vielen Schrittenan der Stelle H1, 1L den ggT von den ursprünglichen Werten x11 und x12 und an derStelle H1, 2L den Wert 0. Genauso verfahre man mit jetzt mit x11 und x13 usw. Manerhält schließlich eine Matrix der Form

M = ikjj d 0* M£ y{zz. Bei diesen Spaltenoperationen hat sich der ggT der Elemente in der

ersten Zeile nicht geändert. d ist also dieser ggT. Auch der ggT allerMatrixelemente hat sich nicht geändert.

3. Ist d Teiler aller Einträge der ersten Spalte, so kann man durch

Zeilenoperationen M auf die Form ikjj d 0

0 M£ y{zz bringen. Ist das nicht der Fall, so kann

man mit entsprechenden Zeilenoperationen die Matrix auf die Form M = ikjj d *0 M£ y{zz

bringen, wobei jetzt d der ggT aller Einträge in der ersten Zeile ist und außerdemkleiner als das alte d ist. Da man eventuell wieder Einträge in der ersten Zeileproduziert hat, gehe man zurück zum 2. Schritt. Jedes Mal wenn man den 2. und 3.Schritt durchlaufen ist, hat sich d verkleinert. Da d > 0 ist, hat man nach endlich

vielen Durchläufen dieser beiden Schritte M in die Form M = ikjj d 0

0 M£ y{zz transformiert.

4. Falls d alle Einträge der Matrix M£ teilt, d also der ggT aller Koeffizienten vonM ist, so ist d ein Elementarteiler und man füge d zur Liste L hinzu, d. h. man setzeL := L ‹ 8d< und mache nun weiter mit der Untermatrix M := M£. (Zurück zum Anfangder While-Schleife! Ist M£ leer, so soll auch M = 0 gesetzt werden, so dass dieWhile-Schleife also in diesem Fall stoppt.)Ist noch ein Eintrag in M£ vorhanden, der nicht von d geteilt wird, so kann man einPaar Hi, jL wählen, so dass xi j = q d + r mit 0 < r < d. Dann addiere man die i-teZeile zur ersten Zeile und subtrahiere dann das q-fache der ersten von der j-ten

Spalte. Das ist die Operation ikjjj d 0

0 xi j

y{zzzØ ikjjj d xi j

0 xi j

y{zzzØ ikjjj d r

0 xi j

y{zzz. Durch

Spaltenvertauschung bringe man r von der Position H1, jL an die Stelle H1, 1L. M hatjetzt r an der Stelle H1, 1L, welches kleiner als d ist. Es sind nun eventuell wiederweitere von Null verschiedene Elemente in der ersten Zeile und Spalte! (Zurückzum Anfang der While-Schleife!)

Nach endlich vielen Durchläufen der While-Schleife hat die Matrix M den Wert Null(M = Nullmatrixœ�n-r ,m-r ) und die Liste L ist aufgefüllt zu L = 8g1, ..., gr <. Man hat Ain eine Matrix

70 Gruppen

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S A T = ikjjjjjjjjjjjjjj g1 ∫ 0ª ∏ ª0 ∫ gs

0

0 0

y{zzzzzzzzzzzzzztransformiert. Der Algorithmus zeigt auch, dass gilt: gi teilt gi+1 für allei = 1, ..., r - 1. Die unimodularen Matrizen S, T haben wir hier außer Achtgelassen. Man könnte sie natürlich mit berechnen.

II. Eindeutigkeit : Offensichtlich ist dk = g1 ... gk der ggT aller k-reihigen

Unterdeterminanten von S A T = ikjjjjjjjjjjjjjj g1 ∫ 0ª ∏ ª0 ∫ gr

0

0 0

y{zzzzzzzzzzzzzz und somit auch von A, wie das

nachfolgende Lemma (5.9.4) zeigt. Die dk sind also durch A festgelegt und damitauch gk = dkÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅdk-1

. áü Lemma 5.9 (Determinantenteiler)

Es sei A = Hai jL œ�n,m. Für k = 1, ..., minHn, mL sei dkHAL der ggT aller k-reihigenUnterdeterminanten von A. Weiter sei (man denke sich die Matrix A nach links undunten durch Nullen fortgesetzt) dkHAL = 0 für k > minHn, mL und dkHAL := 1 für k § 0.Dann gilt:

(5.9.1) dkHAL ist ein Teiler von dk+1HAL für alle k œ �.

(5.9.2) Ist B œ�p,n, so gilt dkHB AL ist ein Vielfaches von dkHB L dkHAL für alle k.

(5.9.3) Ist A œ GLnH�L, so ist dkHAL = 1 für alle k § n.

(5.9.4) Ist B = S A T mit unimodularen Matrizen S, T , so gilt dkHAL = dkHBL für alle k.

Beweis. Zu (5.9.1): Dies gilt nach dem Laplaceschen Entwicklungssatz, nach demjede Hk + 1L-reihige Unterdeterminante eine Linearkombination von k-reihigenUnterdeterminanten ist (1 § k < minHn, mL).Zu (5.9.2): Ohne Einschränkung sei p = m = k. Wir berechnen detHB AL. Es sei Ai

die k-reihige Untermatrix von A aus den Zeilen i1, ..., ik füri = Hi1, ..., ikL, 1 § i1 < ... < ik § n. Analog sei Bi die k-reihige Untermatrix von B ausden Spalten i1, ..., ik . Dann kann man (mit einer kleinen Indexschlacht, Übung!)direkt verifizieren, dass detHB AL =⁄i detHBiL detHAiL gilt und folglich detHB AL einVielfaches von dkHB L dkHAL ist.Zu (5.9.3): Es sei E die Einheitsmatrix. Dann ist nach (5.9.2) 1 = dkHEL einVielfaches von dkHA-1 L dkHAL, also ist dkHAL = 1, weil ja beide dkHA-1 L und dkHAL in �

5 Endlich erzeugte abelsche Gruppen, Elementarteiler 71

Fachbereich Mathematik/Informatik

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liegen. Zu (5.9.4): Das folgt jetzt aus (5.9.3). áü Satz 5.10 (Hauptsatz über endlich erzeugte abelsche Gr uppen)

Es sei M ein endlich erzeugter �-Modul. Dann gibt es eindeutig bestimmte Zahlenr , s ¥ 0 und ein s-Tupel ganzer Zahlen Hg1, ..., gsL, so dass gi ¥ 2 und gi Teiler vongi+1 ist für alle i = 1, ..., s- 1 und so dass

M @�r µ H� êg1 �Lµ ...µ H� êgs �L.Die Zahl r heißt der Rang von M und wird mit rgHML bezeichnet. Die Zahleng1, ..., gs heißen die Elementarteiler von M.

Beweis. 1. Existenz : Die Existenz folgt leicht aus dem Elementarteilersatz: Es sei Aeine Präsentationsmatrix von M, rg A = t. Nach dem Elementarteilersatz kann man

A transformieren zu

ikjjjjjjjjjjjjjj g1 ∫ 0ª ∏ ª0 ∫ gt

0

0 0

y{zzzzzzzzzzzzzz. Zur Kokernberechnung kann man sowohl die

vollständigen Nullspalten weglassen als auch die Zeilen mit gi = 1, denn � ê1 � = 0.

Somit erhält man M als Kokern einer Matrix

ikjjjjjjjjjjjjjjjjjjjjjjjjj g1 ∫ 0ª ∏ ª0 ∫ gs

0ª0

y{zzzzzzzzzzzzzzzzzzzzzzzzz :�sö�s+r mit g1 ¥ 2,gi » gi+1 für i = 1, ..., s -1. Dies ist die gesuchte Darstellung.2. Eindeutigkeit : Offensichtlich reicht es nach 5.7 aus, zu beweisen, dass für zwei

Präsentationen �möA �nöp Mö0, �pöB �qös Mö0 von M die von 1verschiedenen Determinantenteiler übereinstimmen, genauer

dn-kHAL = dq-kHBL für alle k œ �.

Beweis. Die Schwierigkeit besteht darin, dass n ∫ q gelten kann. Wir gehen inmehreren Schritten vor: 1. Schritt: Es sei zunächst q = n und p = s. Es gilt dann imA = im B .Man findet dann eine Matrix C œ�p,m, so dass A = B C. Dazu wähle man c j œ�p

mit B c j = A e j. Dabei ist e j der j -te Einheitsspaltenvektor in �m. Nach (5.9.2) istdann (beachte n = q) dn-kHAL ein Vielfaches von dq-kHBL für alle k œ �. Man findetnatürlich genauso eine Matrix D œ�m,p, so dass B = A D und somit gilt auch dn-kHBLein Vielfaches von dq-kHAL für alle k œ �. In diesem Fall ist also die Behauptungbewiesen.

72 Gruppen

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2. Schritt: Es sei �möA �nöp Mö0 gegeben und x œM beliebig aber fest. Dann

ist s :�n+1öM mit sikjjk

ty{zz = pHkL+ t x, Hk œ �n, t œ�L ebenfalls surjektiv. Wähle

r œ�n mit pHrL = x. Dann ist kers = :ikjj k

ty{zz œ�nµ� ƒƒƒƒƒƒƒƒ pHkL+ t pHrL = 0> =:ikjjk

ty{zz œ �nµ� ƒƒƒƒƒƒƒƒ pHk + t rL = 0> = [ikjjA e1

0y{zz, ... ikjj A em

0y{zz, ikjj -r

1y{zz_ Õ�n+1. Damit gilt für

B = ikjjA -r

0 1y{zz :�m+1ö�n+1: coker B =M. Entwickeln nach der letzten Zeile von B

zeigt sofort: detHBL = ≤detHAL, also dn+1HBL = dnHAL. Man sieht auch: Die k-reihigenUnterdeterminanten von A sind Hk + 1L-reihige Unterdeterminanten von B, also istdkHAL ein Vielfaches von dk+1HBL. Die Hk + 1L-reihige Unterdeterminanten von B sindentweder Hk + 1L-reihige Unterdeterminanten von A oder k-reihigeUnterdeterminanten von A oder ganzzahlige Linearkombinationen von k-reihigenUnterdeterminanten von A, also in jedem Fall ganzzahlige Linearkombinationenvon k-reihigen Unterdeterminanten von A, also ist dk+1HBL ein Vielfaches von dkHAL.Damit folgt dk+1HBL = dkHAL für alle k, d.h. dn+1-kHBL = dn-kHAL für alle k. Nach dem 1.Schritt darf man an Stelle von B irgendeine Matrix C :�pö�n+1 mit im C = kerswählen. 3. Schritt: Iteriert man den zweiten Schritt, so kann man p :�nöM zu einerSurjektion t :�nµ�qöM, tHk, 0L = pHkL fortsetzen und erhält für eine beliebige

Präsentation �söC �nµ�qöt Mö0: dn+q-kHCL = dn-kHAL für alle k. Sind nun zwei

Präsentationen �möA �nöp Mö0, �pöB �qös Mö0 von M gegeben, so erhält

man eine Präsentation �söC �nµ�qöt Mö0 mit tHk, lL := pHkL+sHlL und somitnach dem schon bewiesenem dq-kHBL = dn+q-kHCL = dn-kHAL für alle k. á

Wir erhalten dieses Ergebnis als Satz fest.ü Satz 5.11 (Determinantenteiler)

Es sei M ein endlich erzeugter �-Modul. Es seien zwei Präsentationen�möA �nöp Mö0, �pöB �qös Mö0 von M gegeben Dann giltdq-kHBL = dn-kHAL für alle k. áü Korollar 5.12

Es sei M ein endlich erzeugter �-Modul. Dann gilt:

(5.12.1) M êMtor @�r ist freie abelsche Gruppe vom Rang r = rg M.

(5.12.2) Mtor ist eine endliche Untergruppe von M und isomoph zu ¤i=1s � êgi �,

wobei g1, ..., gs die Elementarteiler von M sind.

(5.12.3) Ist M torsionfrei vom Rang r , so ist M frei vom Rang r:

5 Endlich erzeugte abelsche Gruppen, Elementarteiler 73

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M @�r . áü Bemerkung 5.13

In der Literatur ist die Terminologie nicht ganz einheitlich. Manchmal werden dieElementarteiler einer endlichen abelschen Gruppe auch invariante Faktorengenannt, während der Begriff Elementarteiler den Primzahlpotenzen in derPrimfaktorzerlegung der invarianten Faktoren vorbehalten bleibt [6]. DieseTerminologie ist die ursprünglich von Weierstraß vorgeschlagene. Wir wollen aberhier bei unserer Definition bleiben.ü Beispiel 5.14

(5.14.1) Wieviele endliche abelsche Gruppen der Ordnung pn (p Primzahl) gibt es?Nach dem Hauptsatz gibt es soviele, wie es monotone Folgen Hn1, n2, ..., nsL gibtmit n1 + n2 + ...+ ns = n, und 1 § n1 § ... § ns. Damit ist die Anzahl pHnL derPartitionen von n auch die Anzahl der verschiedenen abelschen Gruppen derOrdnung pn. Es gibt also 3 abelsche Gruppen der Ordnung 23 = 8, entsprechendden Partitionen 111,12,3 der Zahl 3. Weiter gibt es 7 Gruppen der Ordnung25 = 32, entsprechend den Partitionen

11111, 1112, 113, 14, 5, 122, 23

der Zahl 5. (Fakt: Es gibt insgesamt 51 Gruppen der Ordnung 32)

(5.14.2) Die endliche Gruppe G = C5µC15µC25µC36µC54 hat die Präsentationsdiagonalmatrix mit den Diagonaleinträgen H5, 15, 25, 36, 54L = H5, 3 ÿ5, 52, 22 32, 2 ÿ33L. Die Determinantenteiler dieser Matrix sind H1, 1, 3 ÿ5, 2 ÿ33 52, 23 ÿ36 54L. Die Elementarteiler sind somit H1, 1, 3 ÿ5, 2 ÿ32 ÿ5, 22 ÿ33 ÿ52L = H1, 1, 15, 90, 2700L. Die Normalform von G ist also G @ C15µC90µC2700.Eine andere Möglichkeit die Normalform aufzuspüren benutzt den ChinesischenRestsatz und die Primfaktorzerlegung: G = C5µ HC3µC5LµC52 µ HC22 µC32Lµ HC2µC33L. Wir sammeln verschiedene Potenzen (immer von 2,3,5) zusammen, mit dengrößten Exponenten beginnend: g3 = 22 ÿ33 ÿ52, g2 = 2 ÿ32 ÿ5, g1 = 3 ÿ5 und erhaltendie Elementarteiler in absteigender Reihenfolge! Für praktische Berechnungen istdiese Methode nicht geeignet, weil sie auf der Primfaktorzerlegung beruht. Besserist es den Elementarteileralgorithmus (5.7) auf eine Präsentationsmatrixanzuwenden. Alternativ kann man auch zunächst die Determinantenteilerbestimmen, da man Determinanten mit dem Gaußschen Eliminationsverfahren undggT's mit dem euklidischen Algorithmus effektiv berechnen kann.

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à Übungen 5

(5.1) Es sei M eine freie abelsche Gruppe vom Rang r und N sei eine Untergruppevon M. Beweisen Sie: Es gibt eine �-Basis Hx1, ..., xr L von M und ein s § r undZahlen g1, ..., gsmit gi teilt gi+1 für alle i = 1, ..., s- 1, so dass Hg1 x1, ..., gs xsL eine�-Basis von N ist.

(5.2) Zeigen Sie:a) Eine endlich erzeugte, torsionsfreie abelsche Gruppe ist eine freie abelscheGruppe.b) H�, +L ist eine torsionsfreie abelsche Gruppe. Aber � besitzt keine �-Basis undist demzufolge nicht endlich erzeugte abelsche Gruppe. Hinweis: Zwei rationaleZahlen sind stets �-linear abhängig.

(5.3) Ist G eine endliche abelsche Gruppe der Ordnung n und ist m ein Teiler vonn, so gibt es eine Untergruppe der Ordnung m von G. Zeige durch einGegenbeispiel, dass diese Aussage für endliche nicht-abelsche Gruppen imallgemeinen nicht gilt.

(5.4) Zeigen Sie: Die Menge � der Isomorphieklassen endlicher abelscherGruppen bildet mit der Verknüpfung @AD+ @BD := @AµBD, wobei A, B endlicheabelsche Gruppen sind und @AD die Isomorphieklasse von A bezeichnet(@AD = @BDóA @ B), ein kommutatives Monoid mit der Kürzungsregel' x+ y = x+ zïy = z '. Mit @nD œ� bezeichne man die Isomorphieklasse von� ên�. Gilt a) @2D+ @3D = @6D, b) @12D+ @72D = @18D+ @48D c) @4D = @2D+ @2D in �?

(5.5) Zeigen Sie: Das direkte Produkt zweier freier abelscher Gruppen ist eine freieabelsche Gruppe.

(5.6) Ist die multiplikative Gruppe H� \0, ÿL eine freie abelsche Gruppe?

(5.7) Die additive Gruppe H�@xD, +L ist isomorph zur Untergruppe H�+, ÿL vonH� \0, ÿL. Dabei bezeichnet �@xD die Menge der Polynome in der Unbestimmten xmit ganzzahligen Koeffizienten und �+ die Menge der positiven rationalen Zahlen.

(5.8) Es sei G die von A = ikjj 2 0

0 1y{zz und B = ikjj 1 1

0 1y{zz erzeugte Untegruppe von GL2H�L.

Berechnen Sie An B A-n für n œ�. Es sei H =G ›:ikjj 1 a

0 1y{zz ƒƒƒƒƒƒƒƒ a œ�>. Zeigen Sie: H ist

eine nicht endlich erzeugte abelsche Gruppe.

(5.9) Es seien x1, ..., xn �-linear unabhängig in �n. Ist dann Hx1, ..., xnL eine�-Basis von �n?

5 Endlich erzeugte abelsche Gruppen, Elementarteiler 75

Fachbereich Mathematik/Informatik

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(5.10) Zeigen Sie: Eine endliche abelsche Gruppe, die nicht zyklisch ist, enthälteine Untergruppe, die isomorph zu CpµCp ist, wobei p eine geeignete Primzahl ist.

(5.11) Berechnen Sie die Elementarteiler von

a) ikjj 28 50 78

0 -2 2y{zz, b)

ikjj 90 141 231-21 -33 -54y{zz, c)

ikjjjjjjjj 2 3 5

1 2 3

5 -4 2

y{zzzzzzzz,d)ikjjjjjjjj 128 190 100

76 116 62

62 16 -14

y{zzzzzzzz.(5.12) Ist H Untergruppe einer endlichen abelschen Gruppe G, so gibt es eineUntergruppe von G, die zu G êH isomorph ist.

Ringe und Körper

6 Grundlegende Konstruktionen und Beispiele

Inhalt: Ringe, Unterringe, ganze Gaußsche Zahlen, der Ring � ê m�, der Polynomenring, Ideale, Restklassenringe, Beispiele von Restklassenringen, Integritätsbereiche, der Quotientenkörper eines Integritäsbereichsü Vorbemerkung

Der Begriff des Körpers wurde schon in der Vorlesung 'Lineare Algebra' eingeführt,ebenso der Begriff des Ringes. Wir wollen jetzt Ringe und Körper etwasausführlicher behandeln. Grundlegende Aussagen über Restklassenringe undErweiterungen von Ringen und Körpern sollen behandelt werden. Zunächstwiederholen wir die Definition des Rings.

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ü Definition 6.1

Es sei R eine Menge und +, ÿ : RµRöR seien zweistellige Verknüpfungen auf R(Addition und Multiplikation). Dann heißt HR, +, ÿL oder kurz R ein Ring genaudann, wenn gilt

(6.1.1) HR, +L ist eine abelsche Gruppe.

(6.1.2) HR, ÿL ist ein Monoid.

(6.1.3) Es gelten die Distributivgesetze: " a, b, c œ R : Ha+ bL c = a c + b c, aHb+ cL = a b+ a c.

Das neutrale Element bezüglich der Addition heißt Nullelement und wird mit 0 oder0R bezeichnet. Das neutrale Element bezüglich der Multiplikation heißtEinselement und wird mit 1 oder 1R bezeichnet. Wir betrachten nur Ringe mitEinselement.

(6.1.4) Die invertierbaren Elemente des Monoids HR, ÿL werden Einheiten von Rgenannt. Sie bilden eine Gruppe bezüglich der Multiplikation, die wir mit Räbezeichnen wollen. Rä heißt die Einheitengruppe von R.

(6.1.5) Ein Ring heißt kommutativ, wenn die Multiplikation kommutativ ist. ü Beispiel 6.2

(6.2.1) Das trivialste Beispiel ist der Nullring, der nur aus einem Element 0 = 1besteht.

(6.2.2) Der einfachste wichtige kommutative Ring ist der Ring � der ganzenZahlen. Es gilt �ä = 8≤1<.(6.2.3) Ist R ein kommutativer Ring, X eine Unbestimmte, so kann man denPolynomenring R@XD definieren (vgl. Vorlesung: 'Lineare Algebra' Abschnitt 14).Dieser Ring wird noch ausführlich untersucht.

(6.2.4) Ist R ein kommutativer Ring, n ¥ 2, so ist die Menge MnHRL dernµn-Matrizen mit Koeffizienten in R ein Ring. Dieser Ring ist nicht kommutativ (vgl.Vorlesung: 'Lineare Algebra' Abschnitt 14). MnHRLä ist die Gruppe GLnHRL. (6.2.5) Ist R ein Ring, X eine Menge, so ist die Menge AbbHX , RL der Funktionenf : XöR mit den bekannten VerknüpfungenHf + gL HxL = f HxL+ gHxL, Hf gL HxL = f HxL gHxL ein Ring. Das Nullelement ist die konstante Funktion x# 0. Das Einselement ist diekonstante Funktion x# 1.

6 Grundlegende Konstruktionen und Beispiele 77

Fachbereich Mathematik/Informatik

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ü Definition 6.3

Es sei R ein Ring. Eine Teilmenge S Õ R heißt Unterring von R, wenn gilt:

(6.3.1) 1 œ S,(6.3.2) a, b œ Sïa- b œ S,(6.3.3) a, b œ Sïa b œ S.

S ist dann selbst ein Ring.ü Beispiel 6.4

Offensichtlich ist der Durchschnitt von Unterringen von R wieder ein Unterring vonR. Ist M Õ R eine beliebige Teilmenge, so ist

›SÕR Unterring mit MÕS

S

der kleinste Unterring von R, der die Menge M enthält. Eine Teilmenge R Õ � ist ein Unterring von �, wenn sie 1 enthält undabgeschlossen gegenüber der Addition und Multiplikation und der Bildung desNegativen ist. So ist etwa � ein Unterring von �. Dagegen sind zum Beispiel 2 � ,� und S1 keine Unterringe. Jeder Unterring von � enthält offensichtlich den Ring �der ganzen Zahlen. Ist M Õ �, so können wir den kleinsten Unterring von �betrachten, der M enthält. Er wird üblicherweise mit �@MD bezeichnet. AlleAusdrücke der Form ⁄i1=0,...,ik=0

n ai1... ik x1i1 ... xk

ik ,

wobei n, k e�, ai1... ik e� , x1, ..., xk eM liegen offensichtlich in �@MD. Man nennt siepolynomiale Ausdrücke in den Elementen von M mit Koeffizienten in �. DasProdukt und die Differenz zweier polynomialer Ausdrücke in den Elementen von Msind wieder polynomiale Ausdrücke in den Elementen von M. Damit ist �@MD genaudie Menge aller dieser Ausdrücke. Man nennt �@MD auch den von M erzeugtenUnterring von �. Besteht M nur aus einer komplexen Zahl a, so ist �@MD = �@aD = 8⁄k=0

n ak ak » n e�, ak e�<.Ein bekanntes Beispiel ist der Ring der ganzen Gaußschen Zahlen �@iD. Da i2 = -1,besteht �@iD aus den ganzzahligen Linearkombinationen a+ b i von 1 und i. Es giltja i2 k = ≤1, i2 k+1 = ≤ i und somit ist⁄k=0

n ak ik = ⁄H≤a2 kL+⁄H≤a2 k+1L i. Die Elemente aus �@iD bilden ein quadratisches Gitter in der komplexen Ebene.Man sieht leicht, dass die Zahlen ≤1, ≤ i Einheiten in �@iD sind. Da

78 Ringe und Körper

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1ÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅa+b i

= a-b iÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅa2+b2 ,

ist 1ÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅa+b i œ�@iD genau dann, wenn a2 + b2 = 1, also sind ≤1, ≤ i die einzigen

Einheiten in �@iD.ü Beispiel 6.5

Es sei I = 8x œ � » 0 § x § 1< = @0, 1D das abgeschlossene Einheitsintervall in �. Dannenthält der Ring � = AbbHI, �L der reellwertigen Funktionen auf I eine ganze Reiheinteressanter Unterringe: 8konstante Funktionen< Õ 8Polynomfunktionen< Õ�¶HIL = 8beliebig oft differenzierbareFunktionen< Õ�HIL = 8stetige Funkionen< Õ � .ü Beispiel 6.6

Es sei m œ�. Die Faktorgruppe � êm� ist eine abelsche Gruppe mit derAdditionHa+m�L+ Hb+m�L = Ha+ bL+m�, wie wir schon wissen. Die Addition kann alsKomplexsumme gelesen werden. Es gilt: Ha+m�L+ Hb+m�L = 8a+m k + b+m l » k, l œ�< = 8a+ b+m k » k œ �<.Man definiert nun die Multiplikation von Restklassen wie folgt: Ha+m�L Hb+m�L := Ha bL+m�. Wir müssen zeigen, dass dies wohldefiniert ist. Dazu sei

a£ = a+m k, b£ = b+m l mit k, l œ�.

Dann gilt

a£ b£ = a b+mHa l + b k +m k lL œ a b+m�und somit gilt

a£ b£ +m� = a b+m�.

Die Multiplikation ist somit wohldefiniert, d. h. unabhängig von der Wahl derRepräsentanten der Restklassen. Man zeigt nun sehr leicht, dass H� êm�, +, ÿL ein kommutativer Ring mitEinselement 1+m� ist.

Bemerkung. Man beachte, dass das Produkt der Klassen a+m� und b+m� nichtdas Komplexprodukt 8Ha+m kL Hb+m lL » k, l œ�< ist! Beispiel: H2+ 8 kL H2+ 8 lL = 4+ 16 k + 16 l + 64 k l œ 4+ 16 �. Also ist das Komplexprodukt der Restklassen 2+ 8 � und 2+ 8 � in der Menge4+ 16 � enthalten, während das Produkt als 4+ 8 � definiert ist.

6 Grundlegende Konstruktionen und Beispiele 79

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Notation: Wenn m fixiert ist, schreiben wir kurz � êm� = 80, 1, 2, ..., m- 1<.Gerechnet wird 'modulo m'. Ein Beispiel: Sei m = 12. In � ê12 � gilt 5 ÿ3 = 3, 6 ÿ2 = 0, 4 ÿ4 = 4, 5 ÿ5 = 1. Die Konstruktion der Multiplikation auf � êm� soll nun verallgemeinert werden aufFaktorgruppen R ê I der additiven Gruppen HR, +L eines Ringes R nach gewissenadditiven Untergruppen I. Damit man die Multiplkation auf R ê I definieren kann,muss I weitere Eigenschaften erfüllen.ü Definition 6.7

Es seien R, S Ringe. Ein Ringhomomorphismus j von R nach S ist eine Abbildungj : RöS mit den Eigenschaften:(6.7.1) jH1L = 1,(6.7.2) " a, b œ R : jHa+ bL = jHaL+jHbL,(6.7.3)" a, b œ R : jHa bL = jHaLjHbL.Ein Ringisomorphismus ist ein bijektiver Ringhomomorphismus.ü Definition 6.8

(6.8.1) Es sei j : RöS ein Ringhomomorphismus. Dann heißt kerj = 8a eR » jHaL = 0< der Kern von j. (6.8.2) Eine Teilmenge I Õ R heißt (zweiseitiges) Ideal in R, wenn gilt:(6.8.2.1) I ist additive Untergruppe und(6.8.2.2) " a eR, b e I : a b e I, b a e I.

(6.8.3) R sei ein kommutativer Ring. Für jede Teilmenge M Õ R erhält man danndas kleinste Ideal I Õ R mit M Õ I als Menge aller R-Linearkombinationen vonElementen in M. Dieses Ideal wird mit XM\ bezeichnet und heißt das von Merzeugte Ideal in R. XM\ = 8⁄k=0

n ak xk » ak œ R, xk œ M<.ü Lemma 6.9

Es sei j : RöS ein Ringhomomorphismus. Dann ist kerj ein Ideal in R.

Beweis. Es sei a œ R und b œ kerj. Dann gilt jHa bL = jHaL jHbL = jHaL 0 = 0 undgenauso folgt jH b aL = jHbL jHaL = 0 jHaL = 0. áü Satz und Definition 6.10

Es sei R ein Ring und I ein Ideal in R. Dann ist auf der additiven Faktorgruppe R ê Ialler Restklassen a+ I, a œ R, durch die Definition

80 Ringe und Körper

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Ha+ IL Hb+ IL := a b+ I

eine Multiplikation definiert. Es gilt dann:R ê I ist eine Ring. Die Restklassenabbildung p : RöR ê I ist ein surjektiverRinghomomorphismus und besitzt die folgende universelle Eigenschaft:

(6.10.1) Ist j : RöS ein Ringhomomorphismus mit I Õ kerj, so gibt es genaueinen Ringhomomorphismus jêê : R ê IöS mit jêêëp = j.R ê I heißt der Restklassenring von R nach I.

Beweis. Die Multiplikation ist wohldefiniert: Ist a£ = a+ k, b£ = b+ l mit k, l œ I, so gilta£ b£ = a b+ Hk b+ a lL und da I ein zweiseitiges Ideal ist, ist k b+ a l œ I und somita£ b£ + I = a b+ I. Die Rechenregeln übertragen sich mühelos von R auf R ê I. Wirdemonstrieren dies am Distributivgesetz: Ha+ IL HHb+ IL+ Hc + ILL = Ha+ IL Hb+ c+ IL = aHb+ cL+ I =@Regel in RD a b+ a c + I= Ha b+ IL+ Ha c + IL = Ha+ IL Hb+ IL+ Ha+ IL Hc+ IL. Klar ist: 0+ I ist das Nullelement, 1+ I ist das Einelement. Ebenso ist nach Definition klar, dass die Restklassenabbildung pHaL = a+ I einsurjektiver Ringhomomorphismus ist.Zur universellen Eigenschaft. Für die additive Gruppe von R ê I ist uns dieuniverselle Eigenschaft schon bekannt. Wir haben also zu j : RöS schon dieAbbildung jêê : R ê IöS mit jêêëp = j. Diese Abbildung ist auch ein Ringhomomorphismus, denn jêêHHa+ IL Hb+ ILL = jêêHa b+ IL = jêêHpHa bLL = jHa bL = jHaL jHbL = jêêHa+ IL jêêHb+ IL und jêêH1+ IL = jH1L = 1. áü Satz 6.11 (Homomorphiesatz)

Jeder surjektive Ringhomomorphismusj : RöS

induziert einen Isomorphismus j_ : R êkerjöS.

Beweis. Nach der universellen Eigenschaft wird ein Homomorphismus j_ : R êkerjöS induziert, der hier offensichtlich ein Isomorphismus ist. áü Satz 6.12 (Entsprechungssatz)

Es sei j : RöS ein surjektiver Ringhomomorphismus. I0 = kerj. Dann gilt:

(6.12.1) Ist I Õ R ein Ideal, so ist auch jHIL ein Ideal in S.

(6.12.2) Ist J Õ S ein Ideal, so ist auch j-1HJL ein Ideal in R.

6 Grundlegende Konstruktionen und Beispiele 81

Fachbereich Mathematik/Informatik

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(6.12.3) Die Zuordnung J # j-1HJL ist eine Bijektion von der Menge aller Ideale inS auf die Menge aller Ideale in R, die das Ideal I0 enthalten. Die Umkehrabbildungist durch I# jHIL gegeben.

(6.12.4) Ist J ein Ideal in S, so induziert j einen Isomorphismus R êj-1HJLöS êJ.

Beweis. Zu (6.12.1): jHIL ist eine additive Untergruppe. Ist nun y œ S, a œ I, b = jHaL, so gibt es ein x œ R mit jHxL = y, und es gilt a x, x a œ I, y b = y jHaL = jHx aL œ jHIL, b y = jHaL y = jH a xL œ j HIL. Damit ist jHIL ein Ideal in S. Zu (6.12.2): Das ist noch einfacher als (6.12.1): Wir beweisen die Eigenschaft:a œ j-1HJL, x œ Rïa x œ j-1HJL. Das geht so: a œ j-1HJL, x œ RïjHaL œ J, jHxL œ SïjHa xL = jHaL jHxL œ Jïa x œ j-1HJL . Zu (6.12.3): Da j surjektiv ist, gilt j j-1HJL = J. Weiter gilt trivialerweise I Õ j-1 jHIL.Es bleibt nur die umgekehrte Inklusion zu zeigen: Sei also a e j-1 jHIL. Dann istjHaL œ jHIL, also gilt jHaL = jHbL für ein b œ I. Es folgt jHa- bL = 0 , alsoa- b œ kerj Õ I und somit a = Ha- bL+ b œ I. Damit ist I = j-1 jHIL.Zu (6.12.4): Die Komposition p ëj : RöS êJ von j mit der Restklassenabbildung p : SöS êJ induziert nach dem Homomorphiesatz einenIsomorphimus R êkerHp ëjLöS êJ. Da aber kerHpëjL = j-1Hker pL = j-1HJL, ist dieBehauptung bewiesen. á ü Beispiele 6.13

(6.13.1) Alle Ideale in � sind von der Form m�. Ist nun n� Õm�, so heißt das: mist ein Teiler von n. Nach (6.12.4) gilt für das Ideal J :=m H� ên�L = 8m k + n� » k œ �< =m� ên� in � ên� die Isomorphie � êm� @ H� ên�L êJ = H� ên�L ê Hm� ên�L.(6.13.2) Wir betrachten den Restklassenring R =�@iD ê I, wobei I = H1+ 3 iL R. DieElemente von R schreiben wir in der Form @a+ b iD := Ha+ b iL+ I. Wir untersuchenden Ringhomomorphismus j :�öR. (Es gibt nur einen!). Behauptung: j istsurjektiv. Sei dazu @a+ b iD œ R. Da i - 3 = i H1+ 3 iL œ I, ist @i - 3D = @0D, also gilt imRing R @iD = @3Dund somit erhalten wir@a+b iD = @aD+ @bD@iD = @aD+ @bD@3D = @a+ 3 bD = jHa+ 3 bL. Damit ist @a+ b iD das Bild der ganzen Zahl a+ 3 b unter demHomomorphismus j. j ist also surjektiv. Nach dem Homomorphiesatz istR @� êkerj. Wir berechnen kerj. Es gilt: n e kerjó@nD = @0Dó$ a, b e� :n = Ha+ b iL H1+ 3 iL, d.h. n = a- 3 b, 0 = b+ 3 a.

82 Ringe und Körper

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Also: n e kerj ó n = a+ 9 a für ein a e�ón œ 10�. Damit ist R isomorph zu� ê10 �.

(6.13.3) Ist R ein beliebiger kommutativer Ring und a œ R, so istXa\ := a R = 8a x » x œ R< das von a erzeugte Ideal in R. Im Restklassenring R êa R ist die Restklasse von adas Nullelement: a+ a R = a R. Restklassenringe dieser Art können schon rechtkompliziert sein, selbst wenn R ein 'einfacher' Ring ist, wie die nachfolgendenBeispiele zeigen.

(6.13.4) Wir definieren zunächst den Polynomenring �@x, yD in zwei Unbestimmtenx, y durch �@x, yD = �@xD@yD. Elemente in �@x, yD sind von der Form

F =⁄k=0n Pk yk ,

wobei

Pk = ⁄ j=0n a j k x j œ �@xD

ist. Nach dem Distributivgesetz ergibt sich dann

F =⁄ j,k=0n a j k x j yk.

Dies ist ein Polynom in den Unbestimmten x, y. Es sei nun

R = �@x, yD ê Xy - p\, wobei p e�@xD und mit Xy - p\ das Ideal Hy - pL �@x, yD bezeichnet wird.

Behauptung. Die Abbildung j :�@xDöR, die von der Inklusion �@xD Õ �@x, yDinduziert wird, ist ein Isomorphismus.

Beweis. j ist injektiv, denn Xy - p\ enthält keine von Null verschiedenen Polynome, die nur von x abhängen, d. h. kerj = �@xD› Xy - p\ = 0: Ist

f = a0HxL+ a1HxL y + ...+ anHxL yn

mit b = Hy - pL f œ �@xD, so folgt nämlich

bHxL = Hy - pHxLL f = -p a0 + yHa0- p a1L+ y2Ha1 - p a2L+ ...+ ynHan-1 - p anL + an yn+1.

Koeffizientenvergleich liefert b = -p a0, 0 = a0 - p a1, ..., 0 = an-1 - p an, 0 = an, also ai = 0 für alle i und somitb = 0. j ist auch surjektiv, weil für F =⁄k=0

n Pk yk œ �@x, yD gilt:

F -⁄k=0n Pk pk =⁄k=0

n PkHyk - pkL œ Xy - p\, denn yk - pk = Hy - pL ⁄ j=0

k-1 yk-1- j p j. Also ist F + Xy - p\ = jH⁄k=0n Pk pkL.

Dieses Beispiel ist ein Spezialfall der Isomorphie R @ R@xD ê Xx- a\ für alle a œ R.

6 Grundlegende Konstruktionen und Beispiele 83

Fachbereich Mathematik/Informatik

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(6.13.5) Es sei R = �@x, yD ê Xx y\. Wir betrachten die Auswertungshomomorphismen

j1 :�@x, yDö�@xD, f # f Hx, 0L, j2 : �@x, yDö�@yD, f # f H0, yL. Diese induzieren einen Homomorphismus in den Produktringj = Hj1, j2L :�@x, yDö�@xDµ�@yDEs sollte klar sein, wie die Ringstruktur auf dem kartesischen Produkt zweier Ringeeinzuführen ist. Siehe (6.15.1). S = 8Hp, qL » pH0L = qH0L< ist ein Unterringvon�@xDµ�@yD (Übung) und S ist das Bild von j, denn: jHf L = Hf Hx, 0L, f H0, yLL e S und zu gegebenen Hp, qL eS mit pH0L = qH0L = c ist jHp+ q- cL = Hp+ qH0L- c, pH0L+ q- cL = Hp, qL. Weiter ist f genau dann im Kern von j, wenn f Hx, 0L = 0 = f H0, yL, d.h. inf =⁄i, j ai j xi y j treten nur Koeffizienten ai j mit positiven Indizes auf, also nurMonome, die durch x y teilbar sind. Damit ist kerj = Xx y\. Nach dem Homomorphiesatz ist daher R @ S.

(6.13.6) R = �@x, yD ê Xy2 - x3+ x\ ist ein algebraisch nicht so leicht zubeschreibender Ring. Man sieht, dass man �@xD als Unterring von R auffassenkann (vgl. (6.13.4)). Die Restklasse von x werde mit x bezeichnet. (�@xDöR mitx# x ist injektiv). Dann ist R = 8a+ b h » a, b e�@xD<, wobei h die Restklasse von ysei. Wir wollen dies beweisen: Es sei f = y2 - x3 + x und p :�@x, yDöR sei dieRestklassenabbildung, also pHxL = x, pHyL = h. Es gilt dann, da p ein Ringhomorphismus ist pHf L = pHy2 - x3 + xL = pHyL2 - pHxL3 +pHxL = h2 - x3 + x. Natürlich ist pHf L = 0, weilf œ ker p = Xf \. Man kann also schließen, dass h2 = x3 - x im Ring R gilt. Damit kannman jedes Element ⁄k=0

n akHxL hk umformen zu einem Ausdruck a+ b h mit a, b e�@xD. Es gilt Ha+ b hL Hc + d hL = Ha c+ b dHx3 - xLL+ Ha d + b cL h. Mehr kriegen wir zunächstnicht heraus.

y2 - x3 + x = 0

ist die Gleichung einer sogenannten elliptischen Kurve. Die Lösungsmenge dieserGleichung in �2 hat auch eine interessante topologische Gestalt, nämlich die einesgelochten Torus. Sie ist reell zweidimensional, aber komplex eindimensional, Dievollständige Kurve (Torus ohne Loch) findet man in der komplex-projektivenEbene, parametrisiert durch eine geeignete Weierstraßsche ƒ-Funktion und ihreAbleitung ƒ£. Das führt in das sehr interessante Gebiet der elliptischen Funktionenund elliptischen Kurven.

84 Ringe und Körper

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-2

-1

1

2

y=xy2=x3−xy2=x3−xLiteratur dazu:

M. Reid: Undergraduate Algebraic Geometry, Cambridge University Press 1988,

Freitag/Busam: Funktionentheorie, Springer 1993

interessant ist auch:

Silverman/ Tate: Rational Points on Elliptic Curves, Undergraduate Texts in Mathematics, Springer

1992

(6.13.7) Eine einfache aber wichtige Bemerkung: Die einzigen Ideale in einemKörper K sind I = 80< und I = K. Ist nämlich I ∫ 0, so gibt es ein a œ I mit a ∫ 0. Dannist 1 = a-1 a œ I und somit b = b 1 œ I für alle b œ I.

6 Grundlegende Konstruktionen und Beispiele 85

Fachbereich Mathematik/Informatik

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ü Definition 6.14

(6.14.1) Es sei R ein Ring. Ein Element a œ R heißt Linksnullteiler (Rechtsnullteiler),wenn es ein b œ R gibt mit b ∫ 0 und a b = 0 Hb a = 0L. In einem kommutativen Ringfallen beide Begriffe zusammen. Man spricht dann einfach von Nullteilern. a istNicht-Nullteiler, wenn gilt: Aus a b = 0 folgt stets b = 0 mit anderen Worten: a œ R istgenau dann Nichtnullteiler, wenn die Abbildung RöR, b# a b injektiv ist.

(6.14.2) Ein kommutativer Ring R heißt Integritätsbereich, wenn 0 ∫ 1 gilt und wenn0 der einzige Nullteiler in R ist, wenn also aus a b = 0 folgt, dass a = 0 oder b = 0gilt. In einem Integritätsbereich gilt die Kürzungsregel: a b = a c, a ∫ 0ïb = c.ü Beispiel 6.15

(6.15.1) Sind R, S Ringe, so wird das kartesische Produkt RµS durchHa, bL+ Hc, dL = Ha+ c, b+ dL, Ha, bL Hc, dL = Ha c, b dL ein Ring, der Produktring von Rund S. 1 = H1, 1L ist das Einselement. 0 = H0, 0L ist das Nullelement. Füra = H1, 0L, b = H0, 1L gilt: a b = b a = 0, a2 = a, b2 = b. Insbesondere sind a, bNullteiler in RµS (vorausgesetzt R ∫ 0, S ∫ 0).

(6.15.2) In R = � ê12� gilt 3 ÿ4 = 0. Die Restklassen 3 und 4 sind also Nullteiler inR. Die Abbildung j : Rö� ê3 �µ� ê4 �, jHnL = Hn mod 3, n mod 4L ist einRingisomorphismus.

(6.15.3) Der Ring �H@0, 1DL der stetigen Funktionen auf dem Intervall @0, 1D enthältviele Nullteiler! Jede stetige Funktion, die auf einem Teilintervall @a, bD Õ @0, 1Dverschwindet ist ein Nullteiler in �H@0, 1DL. (6.15.4) Ist K ein Körper, x eine Unbestimmte, so ist der Polynomenring K@xD einIntegritätsbereich.

(6.15.5) Alle Unterringe von � sind Integritätsbereiche, zum Beispiel�, �@iD, �Aè!!!!2 E. (Damit befasst sich die algebraische Zahlentheorie.) Der kleinste

Unterkörper von � ist �. Der kleinste Unterkörper von �, der den Ring �@iD enthältist �@iD = 8a+ b i » a, b œ�< = 9 xÅÅÅÅ

y… x, y œ�@iD, y ∫ 0=. Man nennt �@iD den

Quotientenkörper von �@iD, da er aus Brüchen besteht, deren Zähler und Nenner in�@iD liegen.

(6.15.6) Der Ring R = �@x, yD ê Xy2 - x3 + x\, den wir schon in (6.13.6) betrachtethaben, ist ebenfalls ein Integritätsbereich. Dazu muss man folgendes zeigen: Sindp, q œ �@x, yDPolynome, deren Produkt ein Vielfaches von y2 - x3 + x ist, so gilt diesschon für p oder q selbst. Man sagt: das Polynom y2- x3 + x ist ein Primpolynom.Zum Beweis benötigen wir den Satz von der eindeutigen Primfaktorzerlegung von

86 Ringe und Körper

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Polynomen in �@x, yD. Wir können uns jetzt schon überlegen, dass y2 - x3 + x nichtdas Produkt zweier Polynome a, b œ �@x, yD ist, die beide nicht konstant sind, mitanderen Worten, dass y2 - x3 + x irreduzibel ist. Schreiben wira =⁄k=0

n akHxL yk , b =⁄k=0m bkHxL yk mit an ∫ 0, bm ∫ 0, und nehmen an, dass

a b = y2 - x3 + x, so folgt durch Koeffizientenvergleich der Koeffizienten vor denPotenzen von y: an bm ∫ 0 ist der Koeffizient vor yn+m. es muss also n+m = 2gelten und an bm = 1. Annahme: n =m = 1. Dann ist a = a1 y + a0, b = b1 y + b0 unda1 b1 = 1 woraus folgt, dass a1, b1 konstante Polynome in x sind, also ohneEinschränkung a1 = b1 = 1. Es folgt nun a b = y2 + Ha0 + b0L y + a0 b0 und somita0+ b0 = 0, a0 b0 = -x3 + x. Damit müsste der Grad von -x3 + x gerade sein, einWiderspruch! Es muss also n = 2 oder n = 0 gelten. Es folgt jetzt leicht, dass a oderb konstant (unabhängig von x und y) sein muss. Der Satz über die eindeutigePrimfaktorzerlegung im Polynomenring �@x, yD, den wir noch beweisen werden,liefert nun, dass y2- x3 + x ein Primpolynom und der Restklassenring R folglich einIntegritätsring ist.

Wir führen jetzt die allgemeine Konstruktion durch, die einen Integritätsbereich Rzu einem Körper K erweitert, in dem alle Elemente 'Brüche' xÅÅÅÅ

y von Elementen

x, y œ R, y ∫ 0 sind.ü Satz 6.16

Es sei R ein Integritätsbereich. Dann gibt es einen Körper K, der R als Unterringenthält und für den gilt: Zu jedem r œ K gibt es Elemente x, y œ R, y ∫ 0, so dassr = x y-1 gilt. Es gilt die universelle Eigenschaft: (6.16.1) Ist j : RöL ein injektiver Ringhomomorphismus und L ein Körper, so gibtes genau eine Fortsetzung von j zu einem Körperhomomorphismus j : KöL.

Durch die universelle Eigenschaft ist K bis auf kanonische Isomorphie festgelegt. Kheißt der Quotientenkörper von R.

Beweis. Auf der Menge X = Rµ HR \ 80<L führen wir eine Äquivalenzrelation ein:Ha, bL ~ Hc, dLóa d = b c. In der Tat ist dies eine Äquivalenzrelation: a) Ha, bL ~ Ha, bL, weil a b = b a. b) Ha, bL ~ Hc, dL und Hc, dL ~ He, f L ïa d = b c, c f = d eïdHa f L = a d f = b c f =b d e = d Hb eLïa f = b eïHa, bL ~ He, f L.c) Ha, bL ~ Hc, dLïa d = b cïc b = d aïHc, dL = Ha, dL. Nun betrachten wir die Menge der Äquivalenzklassen: K := X ê ~. DieÄquivalenzklasse von Ha, bL bezeichnen wir mit aÅÅÅÅ

b. Es gilt dann also

aÅÅÅÅb= cÅÅÅÅÅ

dóa d = b c. Jetzt führen wir die Addition und Multiplikation auf K ein.

6 Grundlegende Konstruktionen und Beispiele 87

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Addition: aÅÅÅÅb+ cÅÅÅÅÅ

d:= a d+b cÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅ

b d,

Multiplikation: aÅÅÅÅb ÿ cÅÅÅÅÅd := a cÅÅÅÅÅÅÅÅb d .

Wir müssen zeigen, dass dies wohldefiniert ist: Zur Addition: Es sei aÅÅÅÅb= xÅÅÅÅ

y, cÅÅÅÅÅ

d= uÅÅÅÅ

v,

also a y = b x, c v = d u. Es folgt y vHa d + b cL = a y v d + c v y b = b x v d + d u y b = b dHx v + y uL und somit ista d+b cÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅ

b d= x v+y uÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅ

y v. Die Addition ist also wohldefiniert.

Zur Multiplikation: Es sei aÅÅÅÅb = xÅÅÅÅy , cÅÅÅÅÅd = uÅÅÅÅv , also a y = b x, c v = d u. Dann gilt

y v a c = a y c v = b x d u = b d x u, also a cÅÅÅÅÅÅÅÅb d

= x uÅÅÅÅÅÅÅÅy v

. Auch die Multiplikation ist

wohldefiniert.Behauptung: K ist ein Körper. Es gilt die Körperaxiome zu verifzieren (sieheLineare Algebra, Abschnitt 6):

(K1) H aÅÅÅÅb+ cÅÅÅÅÅ

dL+ eÅÅÅÅ

f= a d+b cÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅ

b d+ eÅÅÅÅ

f= Ha d+b cL f+b d eÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅ

b d f= a d f+bHc f+d eLÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅ

b d f= aÅÅÅÅ

b+ H cÅÅÅÅÅ

d+ eÅÅÅÅ

fL

(K2) aÅÅÅÅb + cÅÅÅÅÅd := a d+b cÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅb d = c b+d aÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅd b cÅÅÅÅÅd + aÅÅÅÅb .

(K3) 0ÅÅÅÅ1+ aÅÅÅÅ

b= 0 b+1 aÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅ

1 b= aÅÅÅÅ

b.

(K4) aÅÅÅÅb + -aÅÅÅÅÅÅÅÅb = a b+bH-aLÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅb2 = 0ÅÅÅÅÅÅÅb2 = 0ÅÅÅÅ1 , weil 1 ÿ0 = b2 ÿ0.

(K5) H aÅÅÅÅb cÅÅÅÅÅ

dL eÅÅÅÅ

f= a c eÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅ

b d f= aÅÅÅÅ

b H cÅÅÅÅÅ

d eÅÅÅÅ

fL.

(K6) aÅÅÅÅb cÅÅÅÅÅÅd = a cÅÅÅÅÅÅÅÅb d = cÅÅÅÅÅd aÅÅÅÅb .

(K7) 1ÅÅÅÅ1 aÅÅÅÅ

b= 1 aÅÅÅÅÅÅÅÅ

1 b= aÅÅÅÅ

b.

(K8) aÅÅÅÅb ∫ 0ÅÅÅÅ1 ïa 1 ∫ b 0ïa ∫ 0ï bÅÅÅÅa œ K, bÅÅÅÅa aÅÅÅÅb = b aÅÅÅÅÅÅÅÅa b = 1ÅÅÅÅ1 .

(K9) aÅÅÅÅb H cÅÅÅÅÅ

d+ eÅÅÅÅ

fL = aHc f+d eLÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅ

b d f= b aHc f+d eLÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅ

b b d f= a c b f+b d a eÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅ

b d b f a cÅÅÅÅÅÅÅÅ

b d+ a eÅÅÅÅÅÅÅÅ

b f.

Die Behauptung ist bewiesen.Die Abbildung i : RöK, iHaL := aÅÅÅÅ1 ist ein injektiver Ringhomomorphismus, wie man

sehr leicht nachprüft. Wir identifizieren das Element a œ R mit dem Element aÅÅÅÅ1 in K.Auf diese Weise ist R ein Unterring von K. Wir kommen zur universellen Eigenschaft: Sei j : RöL ein injektiverRinghomomorphismus und L ein Körper. Wir setzen jH aÅÅÅÅ

bL := jHaL jHbL-1. Das ist

wohldefiniert, denn zunächst ist jHbL ∫ 0, wenn b ∫ 0, weil j nach Voraussetzunginjektiv ist. Da L ein Körper ist, kann man also jHaL jHbL-1 bilden. Ist nun aÅÅÅÅ

b= cÅÅÅÅÅ

d, so

ist a d = b c und somit auch jHaL jHdL = jHbL jHcL, also jHaL jHbL-1 = jHcL jHdL-1. Damitist die Wohldefiniertheit gezeigt. Man sieht leicht, dass j : KöL einHomomorphismus ist und zwar der einzige, der j : RöL von R nach K fortsetzt. á

88 Ringe und Körper

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ü Beispiel 6.17

(6.17.1) Der Quotientenkörper von � ist �.

(6.17.2) Es sei K ein Körper und x eine Unbestimmte. Der Quotientenkörper vonK@xD heißt Körper der rationalen Funktionen in der Unbestimmten x über demKörper K und soll mit KHxL bezeichnet werden. KHxL = 9 pÅÅÅÅÅq … p, q œ K@xD, q ∫ 0=. Ist

K = �, so kann man die rationalen Funktionen als Abbildungen der RiemannschenZahlenkugel S = �‹¶ in sich beschreiben. Wir stellen r œ �HxL in der Form r = pÅÅÅÅÅ

q

mit Polynomen p, q die keine gemeinsamen Nullstellen besitzen dar. Dann istrHzL œ � für z œ � mit qHzL ∫ 0. Ist qHzL = 0, so setzen wir pHzL =¶. Schließlichdefinieren wir auch den Wert rH¶L und zwar als 0, wenn der Grad von p kleiner alsder Grad von q ist, ¶, wenn der Grad von p größer als der Grad von q ist und alsanÅÅÅÅÅÅÅbn

, wenn p und q beide den Grad n haben mit Leitkoeffizienten an bzw. bn.

(6.17.3) Ist R ein Unterring von �, so ist der Quotientenkörper K von R nach deruniversellen Eigenschaft ein Unterkörper von � und zwar der kleinste Unterkörpervon �, der R enthält. Ist M Õ � eine beliebige Teilmenge, so ist der kleinsteUnterkörper von �, der die Menge M enthält, der Quotientenkörper von �@MD,besteht also aus den rationalen Audrücken in M mit Koeffizienten in �, das sindBrüche pÅÅÅÅÅ

q von Elementen p, q œ�@MD, welche ja polynomiale Ausdrück in

Elementen von M sind. Wir bezeichnen diesen Körper auch mit �HML. ZumBeispiel ist für d œ�, d quadratfrei, �Iè!!!!

d M =�Aè!!!!d E = 9a+ b è!!!!

d … a, b œ�= einesogenannte quadratische Erweiterung von �. �Aè!!!!

d E ist der Quotientenkörper von�Aè!!!!d E = 9a+ b è!!!!

d … a, b œ �=. Man muss sich hier überlegen, dass die Termea+ b è!!!!

d … a, b œ � wirklich einen Unterkörper von � bilden (Übung!)

6 Grundlegende Konstruktionen und Beispiele 89

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ü Beispiel 6.18

Ein weiteres für die Frage der Konstruierbarkeit mit Zirkel und Lineal wichtigesBeispiel ist die Menge � der aus 0 un 1 konstruierbaren komplexen Zahlen. Esstellt sich heraus, dass � ein Unterkörper von � ist. Um � zu definieren, denken wiruns � als die komplexe Zahlenebene. Eine Teilmenge M von � denken wir unsdemzufolge als Punktmenge in der Ebene. Es sei nun M Õ � mit 0, 1 œ M. Mit �M

bezeichnen wir die Menge aller Geraden in der Ebene, die durch mindestens zweiPunkte von M gehen. Dies ist die Menge der allein mit einem Lineal aus M'konstruierbaren' Geraden. Ist M = 80, 1<, so besteht �M nur aus einem Element,der Verbindungsgeraden von 0 und 1 (das ist die reelle Achse in �). Weiterbezeichne �M die Menge aller Kreise C in der Ebene, deren Mittelpunkt ein Punktvon M ist und deren Radius der Abstand zweier Punkt aus M ist. Dies ist dieMenge der allein mit dem Zirkel aus M konstruierbaren Kreise. Man nimmt denAbstand zweier Punkte aus M in den Zirkel und zieht den Kreis mit diesem Radiusum einen weiteren Punkt aus M. Ist M = 80, 1<, so sind nur zwei Kreise in �M,nämlich die Kreise um 0 und 1 mit dem Radius 1. Wir definieren nun: z œ � istelementar aus M konstruierbar, wenn gilt:i) z ist der Schnittpunkt zweier Geraden L1, L2 œ �Moderii) z ein Schnittpunkt einer Geraden L œ �M und eines Kreises C œ�M oderiii) z ist ein Schnittpunkt zweier Kreise C1, C2 œ�M. Offensichtlich sind genau die sechs Zahlen 0, 1, -1, 2, 1ÅÅÅÅ

2 I1+è!!!!

3 iM, 1ÅÅÅÅ2 I1-è!!!!

3 iMelementar aus 80, 1< konstruierbar. Wie man sieht ist die Menge dieser sechsPunkte invariant unter der Konjugation, d.h. der Spiegelung an der reellen Achse.

Aus dieser Menge M = 90, 1, -1, 2, 1ÅÅÅÅ2 I1+è!!!!

3 iM, 1ÅÅÅÅ2 I1-è!!!!

3 iM= sind zum Beispiel

folgende Punkte elementar konstruierbar: 1ÅÅÅÅ2 als Schnittpunkt der Gerade durch 0

und 1 mit der Geraden durch 1ÅÅÅÅ2 I1+è!!!!3 M, 1ÅÅÅÅ2 I1-è!!!!

3 M. Wir definieren nun:Eine Zahl z œ � ist (mit Hilfe von Zirkel und Lineal) aus 0 und 1 konstruierbar, wennes eine endliche Kette Mk von Teilmengen von � gibt, so dass80, 1< = M0 Õ M1 Õ ... Mn gilt mit z œ Mn und so dass für i = 1, ..., n gilt: Alle Zahlenaus Mi sind elementar aus Mi-1 konstruierbar. Mit � wollen wir die Menge aller aus

90 Ringe und Körper

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0 und 1 konstruierbaren Zahlen bezeichnen.Es gilt nun:� ist ein Unterkörper von �. � ist invariant unter der komplexen Konjugation z# zêê.Beweis. 1) 0, 1 œ �,2) Sind z, w œ �, so ist auch z+w œ �. Dazu sei r = †z§, s = †w§. Dies sind dieAbstände von z und w zu 0. Der Kreis vom Radius r um w schneidet den Kreis vomRadius s um z im Punkt z+w wie man analytisch verifizieren kann: x = z+w erfülltoffensichtlich die Gleichungen †x- z§ = s, †x-w§ = r . 3) mit z ist auch -z konstruierbar, den -z ist ein Schnittpunkt des Kreises vomRadius r = †z§ um 0 mit der Verbindungsgeraden von 0 und z. 4) Ist z œ �, so ist auch †z§ œ �, denn dies ist ja ein Schnittpunkt derVerbindungsgerade von 0 und 1 mit dem Kreis vom Radius †z§ um den Nullpunkt.5) Ist z œ �, z ∫ 0, so ist auch zÅÅÅÅÅņz§ œ �, denn dies ist ein Schnittpunkt des

Einheitskreises um 0 mit der Verbindungsgeraden von 0 und z. 6) Sind z, w œ �, so ist auch z w œ �. Beweis. a) Sind z, w reell, so ist z wkonstruierbar: i und i z sind konstruierbar. Die Parallele zur Verbindungsgeradenvon i und w durch den Punkt i z (ist konstruierbar!) schneidet die reelle Achse inz w. b) Sind nun z, w œ � beliebig, so sind zÅÅÅÅÅņz§ , wÅÅÅÅÅÅÅņw § konstruierbar und offensichtlich auch

zÅÅÅÅÅņz§ wÅÅÅÅÅÅÅņw § (wie?) und somit auch z w = H†z§ †w§L I zÅÅÅÅÅņz§ wÅÅÅÅÅÅÅņw § M (wie?).

7) Ist z œ �, so ist auch zêê œ �. (warum?)8) Ist z œ � \0, so ist 1ÅÅÅÅÅņz§ œ � (Begründe!), also gilt auch z-1 = 1ÅÅÅÅÅÅÅÅņz§2 zêê œ �.

Wir werden im folgenden die Struktur von � noch genauer untersuchen und aufdiese Weise Antworten auf klassische Konstruierbarkeitsfragen erhalten (sieheÜbungen zu Abschnitt 9).à Übungen 6

(6.1) Führen Sie die Beweisschritte 6)-8) in Beispiel 6.18 genau aus.

(6.2) Es seien m, n teilerfremde natürliche Zahlen. Zeigen Sie, dass die Ringe� êm n� und H� êm�Lµ H� ên�L zueinander isomorph sind.

(6.3) Es sei p eine Primzahl und R ein kommutativer Ring, so dass p x = 0 für allex œ R. Zeigen Sie: Für alle x, y œ R, n œ � : xpn + ypn = Hx+ yLpn

(6.4) Ist der Ring �@x, yD ê Xx y\ nullteilerfrei?

(6.5) Zeigen Sie: S = :ikjj a b

0 cy{zz ƒƒƒƒƒƒƒƒ a, b, c œ �> ist ein Unterring von M2H�L.

I = :ikjj 0 d

0 0y{zz ƒƒƒƒƒƒƒƒ d œ�> ist ein zweiseitiges Ideal in S und der Restklassenring S ê I ist

isomorph zum Produktring �µ�.

6 Grundlegende Konstruktionen und Beispiele 91

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(6.6) Ein Element x eines Rings R heißt nilpotent, wenn es einen Exponenten n > 0gibt, so dass xn = 0. Zeigen Sie: Ist x œ R nilpotent, so ist 1- x eine Einheit in R.

(6.7) Schreibe r = x3ÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅx2+1

œ �HxL in der Form p+ aÅÅÅÅÅÅÅÅÅx+i

+ bÅÅÅÅÅÅÅÅÅx-i

mit einem Polynom p œ �@xD.Untersuche die zugehörige Abbildung auf der Riemannschen ZahlenkugelS = �‹¶. Wieviele Urbildpunkte hat w œ S?

(6.8) a) Es seien R, S Ringe. Beweisen Sie: Die Einheitengruppe von RµS ist dasdirekte Produkt der Einheitengruppen Rä und Sä. b) Bestimmen Sie die Elementarteiler der Gruppen H� ê12 �Lä, H� ê8�Lä, H� ê7 �Lä .(6.8) Beweisen Sie: �@xD ê Xx2 + 1\ @ �, �@xD ê Xx+ 1\ @ �.

(6.9) Es sei R ein kommutativer Ring. x sei eine Unbestimmte. Eine unendlicheFolge HakLkœ� von Elementen ak œ R definiert eine sogenannte formale Potenzreihep = a0 + a1 x+ a2 x2 + ... = ⁄k=0

¶ ak xk . Mit R@@xDD werde die Menge aller formalenPotenzreihen in x mit Koeffizienten in R bezeichnet. a) Man führe Summe und Produkt formaler Potenzreihen ein (analog zuPolynomen) und zeige, dass R@@xDD ein Ring ist, der den Polynomenring als echtenUnterring enthält.b) Zeigen Sie: p = a0+ a1 x+ a2 x2 + ... ist Einheit in R@@xDD, wenn a0 Einheit in R ist.

(6.10) Es sei R ein kommutativer Ring und e œ R \ 80, 1< mit e2 = e. Es sei e£ = 1- e.Dann gilt auch e£2 = e£, e e£ = e£ e, R1 = e R, R2 = e£ R sind echte Unterringe von Rund es gilt R ist isomorph zum Produktring R1µR2.

7 Polynome und Ringerweiterungen

Inhalt: Erweiterungen von Ringen, Algebren, der Polynomenring R@xD, der kovarinte Funktor S# VSHML, der einer R-Algebra die Nullstellen in S eines fest gegebenen Systems M von Polynomen in R@xD zuordnet. Einfache Erweiterungen R@aD mit Relationen, Beispiel R@xD ê Xp\, p normiertes Polynom in R@xD, Divisionsalgorithmus, K@xD ist Hauptidealring, das Minimalpolynom einer einfachen Ringerweiterung K@aD. Polynome in n Unbestimmtem. Homogene Polynome, symmetrische Polynome.ü Definition 7.1

(7.1.1) Es seien R, S kommutative Ringe. Ist R Unterring von S, so heißt S einErweiterungsring von R. Ist ein Ringhomorphismusg : RöS

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gegeben, so heißt HS, gL eine R-Algebra. g heißt der Strukturhomomorphismus vonS. Ist R Õ S eine Ringerweiterung, so ist S zusammen mit der Inklusionsabbildungi : RöS als Strukturhomomorphismus eine R-Algebra. Im allgemeinen brauchtaber der Strukturhomomorphismus g : RöS einer R-Algebra S nicht injektiv zusein. In jedem Fall ist aber S ein Erweiterungsring von R

êêê = gHRL Õ S.

(7.1.2) Es seien S, T zwei Erweiterungsringe von R. Dann heißt einRinghomomorphismus j : SöT ein R-Homomorphismus, wenn j den Unterring Rfestlässt, was gleichbedeutend ist zu jHa xL = ajHxL für a eR, x eS. Sind HS, gL, HT , dL zwei R-Algebren, so heißt ein Ringhomomorphismus j : SöTein R-Homomorphismus, wenn gilt dëj = g.Mit HomRHS, T L wird die Menge der R-Homomorphismen von S nach T bezeichnet.Die R-Algebren bilden zusammen mit den R-Homomorphismen eine Kategorie, diewir mit ���R bezeichnen wollen.

(7.1.3) Eine Ringerweiterung R Õ S heißt einfach, wenn es ein Element a œ S gibt,so dass S = R@aD = 8⁄k=0

n ak ak » ak œ R<. a heißt dann primitives Element von S überR.Entsprechend heißt eine R-Algebra HS, gL einfach, wenn es ein Element a œ S gibt,so dass S = R@aD = 8⁄k=0

n gHakL ak » ak œ R<. Auch hier heißt a primitives Element vonS über R.ü Beispiel 7.2

(7.2.1) Der Polynomenring R@xD in einer Unbestimmten x ist ein einfacherErweiterungsring von R. Die Elemente aus R werden als Polynome vom Grad Nullaufgefasst. Der Strukturhomomorphismus ist die Abbildung a# a x0.

(7.2.2) Es sei HS, gL eine R-Algebra und sei a œ S. Dann kann man die einfacheR-Algebra R@aD = 8⁄k=0

n gHakL ak » ak œ R< mit Strukturhomomorphismus g : RöR@aDbilden. Die Inklusion R@aD Õ S ist ein R-Homomorphismus. Nach der universellenEigenschaft des Polynomenrings gilt: Es gibt genau einen Ringhomomorphismusj : R@xDöR@aD mit jHaL = gHaL für a eR und jHxL = a. Für ein Polynomp =⁄k=0

n ak xk œ R@xD ist jHpL =⁄k=0n jHakL jHxLk =⁄k=0

n gHakL ak , wofür wir auch pHaLschreiben. jHpL =⁄k=0

n jHakL jHxLk =⁄k=0n gHakL ak = pHaL.j heißt auch Einsetzungsabbildung. Die Unbekannte x wird durch das Ringelementa ersetzt und auf die Koeffizienten aus R wird der Strukturhomomorphismus

angewendet. (siehe: Lineare Algebra, Abschnitt 14, Satz 14.15). Der Kern derEinsetzungsabbildung I = kerj besteht somit aus allen Polynomen p eR@xD, für diepHaL = 0 gilt, die also a als Nullstelle besitzen. Man nennt die Elemente p œ I auch

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algebraische Relationen für a. Nach Konstruktion ist I0 := ker g = I › R. Nach demHomomorphiesatz ist R ê I0 @ R

êêê = gHRL und Rêêê Õ R@xD ê I @ R@aD. Der Isomorphismus

identifiziert a mit der Restklasse x+ I von x.

Diese Überlegungen führen zu folgender Konstruktion:ü Definition 7.3

Es sei R ein kommutativer Ring mit Eins. Weiter sei M Õ R@xD eine Menge vonPolynomen.

(7.3.1) Für eine R-Algebra HS, gL definiert man

VSHML := 8a œ S » " p œ M : pHaL = 0<.(7.3.2) Ist weiter j : SöT ein R-Homomorphismus (also jëg = d), so erhält maneine Abbildung j* : VSHMLöVT HMLmit j*HaL = jHaL, denn für p =⁄k=0

n ak xk œ R@xD gilt: pHaL = 0ï⁄k=0n gHakL ak = 0ï⁄k=0

n dHakL jHaLk = jH⁄k=0n gHakL akL = 0ïpHjHaLL = 0.ü Lemma 7.4

Die in Definition 7.3 definierte Zuordnung S# VSHML, j# j* ist ein kovarianterFunktor von der Kategorie ���R der R-Algebren in die Kategorie ���� der Mengen,d. h. es gelten die sogenannten funktoriellen Eigenschaften

(i) Für R-Homomorphismen j : SöT , y : TöU gilt: HyëjL* = y* ëj*.(ii) Für alle R-Algebren S gilt: HidSL* = idVSHML.Beweis. Der Beweis ist evident. áü Satz 7.5

Es sei R ein kommutativer Ring mit Eins. M Õ R@xD sei eine Menge von Polynomenund I = XM\ das von M erzeugte Ideal in R@xD. Es sei weiter

S = R@xD ê I

und g : RöS sei die Komposition der natürlichen Inklusion RöR@xD mit derRestklassenabbildung p : R@xDöS. Weiter seia = pHxL.

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Dann ist a œ VSHML und für HS, aL gilt die folgende universelle Eigenschaft:(7.5.1) Für jede R-Algebra T und jedes b œ VT HML gibt es genau einenR-Homomorphismus j : SöT mit jHaL = b, mit anderen Worten: die Abbildung FT : HomRHS, TLØ VT HML, j# j*HaList bijektiv.HS, aL heißt die von a erzeugte R-Algebra mit Relationen in M. Es gilt S = R@aD, Sbesteht aus den polynomialen Ausdrücken ⁄k=0

n gHakL ak mit ak œ R und es giltpHaL = 0 für alle p e I.Man sagt auch: S ist durch Adjunktion eines Elementes a mit den RelationenpHaL = 0, p œM entstanden.

(7.5.2) Man kann S genau dann als einfache Ringerweiterung von R auffassen,wenn g : RöS injektiv ist, wenn also das von den 'Relationen' p œM erzeugteIdeal I keine von Null verschiedenen 'Konstanten' enthält, d.h. wenn I ›R = 0 gilt.Ist R ein Körper, so ist die Strukturabbildung g : RöS stets injektiv.

Beweis. Wir zeigen zunächst, dass a œ VSHML. Es sei dazu p =⁄k=0n ak xk œM.

Dann ist p œ I und nach Definition von p gilt folglich pHpL = 0. Nun gilt aber

pHaL =⁄k=0n gHakL ak = ⁄

k=0

n pHakL pHxLk = pH⁄k=0n ak xkL = pHpL und somit pHaL = 0, alsoa œ VSHML.

Zu (7.5.1): Sei HT , dL irgendeine R-Algebra. Wir betrachten die Abbildung FT : HomRHS, T LöVT HML, j# j*HaL, von der Menge aller R-Abbildungen j : SöTin die Menge derjenigen Elemente b œ T , die Nullstellen von M sind. Da zweiR-Homomorphismen SöT durch ihre Werte von a bestimmt sind, ist dieAbbildung FT injektiv. Zur Surjektivität von FT : Sei b œ VT HML. Dann gibt eszunächst nach der universellen Eigenschaft des Polynomenrings genau einenR-Homomorphismus j : R@xDöT mit jHxL = b. Dann ist jHpL = pHbL = 0 für p eM. DaI das von M erzeugte Ideal ist, ist auch jHpL = pHbL = 0 für p e I, denn:p =⁄k=1

n fi pi, pi œMïjHpL =⁄k=1n jHfiL jHpiL = 0. Also folgt I Õ ker j. Nach der

universellen Eigenschaft des Restklassenrings induziert j somit einenR-Homomorphismus j : S = R@xD ê IöT mit jëp = j, also jHaL = jHpHxLL = jHxL = b. Damit ist die universelle Eigenschaft für HS, aL bewiesen. Der Beweis von (7.5.2) ist evident. áWir wollen sehen, dass HS, aL durch die universelle Eigenschaft (7.5.1) bis aufkanonische Isomorphie eindeutig bestimmt ist (Dies ist ein abstraktes Argument,das generell bei universellen Konstruktionen anwendbar ist).Es sei HS£, a£L eine weitere R-Algebra mit ausgezeichnetem Element a£ œ VS£HML,so dass die universelle Eigenschaft für HS£, a£L gilt:Für jede R-Algebra T ist die Abbildung HomRHS£, T LöVT HML, y# y*Ha£L eine

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Bijektion. Wir finden insbesondere nach der universellen Eigenschaft für S bzw. S£Homomorphismen j : SöS£ mit j*HaL = a£ und y : S£öS mit y*Ha£L = a. Da HjëyL* Ha£L = j*Hy*Ha£LL = a£ = id*Ha£L, HyëjL* HaL = a = id*HaL folgt nach der Eindeutigkeitsaussage in den universellen Eigenschaftenjëy = id, yëj = id. j ist also Isomorphismus mit j-1 = y. áü Beispiel 7.6

(7.6.1) Ist R Õ S eine Ringerweiterung, a œ S, so ist die in (7.2.2) betrachteteErweiterung R@aD Õ S zusammen mit dem Element a die von a erzeugteErweiterung von R mit Relationen in I := 8p œ R@xD » pHaL = 0<. Nach demHomomorphisatz ist ja R@aD = R@xD ê I.(7.6.2) Es sei M = 8x2 + 1< Õ�@xD. Das von M erzeugte Ideal I = Hx2 + 1L �@xDschneidet � nur in 0. Die einfache Erweiterung von � mit der Relation x2 + 1 istnach dem Satz 7.5 der Restklassenring �@xD ê Hx2+ 1L �@xD mit demausgezeichneten Element a = x modHx2 + 1L = x+ Hx2 + 1L �@xD. Aber auch derUnterring �@iD Õ � mit dem ausgezeichneten Element i erfüllt die universelleEigenschaft (7.5.1). Dazu muss man zeigen, dass der Kern desEinsetzungshomomorphismus �@xDö�@iD, x# i aus den Vielfachen von x2 + 1besteht. Es gilt daher nach dem Homomorphiesatz �@xD ê Hx2 + 1L �@xD @ �@iD, a ¨ i.

(7.6.3) Die einfache Erweiterung von R mit Relationen in der Menge M = 80< (alsosozusagen ohne Relationen) ist der Polynomenring R@xD in einer Unbestimmten x,denn R@xD ê X0\ = [email protected] behandeln einen wichtigen Spezialfall von 7.5.ü Satz 7.7

Es sei R ein kommutativer Ring mit Eins. Ist p = xn + an-1 xn-1 + ...+ a0 einnormiertes Polynom in R@xD vom Grad n > 0, so ist R›Xp\ = 0 und es gibt eineeinfache Erweiterung von R mit Relation p, nämlich R@aD = R@xD êp R@xD, wobeia := x mod p. Es gilt weiter:

(7.7.1) Jedes Element in R@aD besitzt eine eindeutig bestimmte Darstellung alsLinearkombination von 1, a, ... an-1 mit Koeffizienten in R. Wir schreiben dafür

R@aD = R∆Ra∆Ra2∆ ...∆Ran-1.

(7.7.2) Für jede R-Algebra S ist die Menge HomRHR@aD, SL der R-Homomorphismen von R@aD nach S in natürlicher eineindeutiger Beziehung zurMenge VSHPL der S-wertigen Nullstellen des Polynoms p.

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Beweis. Zu (7.7.1): Da p normiert ist und gradHpL = n > 0, gilt für a eR@xD :a p œ Rïa = 0. Also ist R ›Xp\ = 0. Damit haben wir R Õ R@aD = R@xD ê Xp\, wobeia = x mod p und a œ R mit der Restklasse aa0 œ R@aD identifiziert wird. Es seiV = R+Ra+ ...+Ran-1 die Menge aller polynomialen Ausdrückeb0+ b1 a + ...+ bn-1 an-1 œ R@aD, wobei bk œ R. Da pHaL = 0, ist an = -Han-1 an-1.+ ...+ a0L eV. Durch Induktion folgt, dass ak œ V für alle k ¥ n. Istnämlich schon ak = b0 + b1 a + ...+ bn-1 an-1 œ V gezeigt, so gilt

ak+1 = aHb0 + b1 a + ...+ bn-1 an-1L = b0 a + b1 a2 + ...+ bn-1 an =b0 a + b1 a2 + ... bn-2 an-1 - bn-1Han-1 an-1.+ ...+ a0L œ V.

Daraus folgt nun leicht: R@aD = V. Jedes Element aus R@aD ist also eineR-Linearkombination von 1, a, ..., an-1. Wir zeigen, dass 1, a, ..., an-1 R-linearunabhängig sind: Ist bn-1 an-1 + ...+ b0 = 0, so ist q := bn-1 xn-1 + ...+ b0 e Xp\ = kerHp : R@xDöR@aDL im Kern der Restklassenabbildung, denn pHqL = qHaL = 0. Damit folgt ausGradgründen q = 0, denn ein Polynom vom Grad < n kann nur Vielfaches von psein, wenn es Null ist (beachte gradH0L = -¶). Die Elemente 1, a, ... an-1sind alsoR-linear unabhängig. Folglich kann man jedes Element in R@aD eindeutig alsR-Linearkombination von 1, a, ... an-1 darstellen. Zu (7.7.2): Das ist wegen (7.5.1) klar. áü Korollar 7.8

Es sei K ein Körper, p œ K@xD ein normiertes Polynom vom Grad n > 0. Dann istK@aD = K@xD ê Xp\, wobei a = x mod p, ein n-dimensionaler K-Vektorraum und dieAbbildung

KnöK@aD, Hb0, b1, ..., bn-1L# b0 + b1 a ...+ bn-1 an-1

ist ein K-Vektorraumisomorphismus. Die Vektorraumstruktur von K@aD hängt nurvon n ab. Die Ringstruktur auf K@aD ist dagegen komplizierter! ü Beispiele 7.9

(7.9.1) S =�@aD =�@xD ê Xx3 + 3 x+ 1\, a = x mod Hx3 + 3 x+ 1L. Ist b eS, so gibt eseindeutig bestimmte Zahlen a, b, c e� mit b = a+ b a+ ca2. Es gilt die Relationa3 = -3 a - 1. Also ist zum Beispiel: H2+a-a2L H1+aL = 2+ 3 a - a3 = 3+ 6 a. Wenn man so will, hat man auf �3 eine Ringstruktur:Ha, b, cL ÿ Hd, e, f L = Hx, y, zL, wenn Ha+ ba+ c a2L Hd + e a+ f a2L = x+ y a+ za2.

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(7.9.2) S = �5@aD = �5@xD ê Xx2 - 3\. Man adjungiert hier also eine formaleQuadratwurzel von 3 e �5 zu �5. In �5 gilt

x 0 1 2 3 4

x2 0 1 4 4 1.

Also hat die Zahl 3 keine Quadratwurzel in �5.Daher kann man das Polynom x2 - 3 über dem Körper �5 nicht in Linearfaktorenzerlegen. Als Konsequenz ergibt sich, dass der Ring S ein Erweiterungskörper von�5 ist. Dazu ist zu beweisen, dass jedes von Null verschiedene Element in S eineEinheit ist. Wir werden später ein allgemeines Argument kennenlernen. Versuchenwir jedoch hier dies ad hoc zu beweisen. Es sei Ha, bL œ �5

2 \ 8H0, 0L< gegeben. Wirsuchen x, y œ �5, so dass Ha+ b aL Hx + y aL = 1, d.h. wegen a2 = 3

a x+ 3 b y = 1

b x+ a y = 0.

A = ikjja 3 bb a

y{zz ist die Matrix dieses inhomogenen linearen Gleichungssystems. Es gilt

det A = a2 - 3 b2 ∫ 0 in �5., denn es gibt ja keine Quadratwurzel von 3 in �5. Damitgibt es eine Lösung Hx, yL, d.h. a+b a ist eine Einheit S. Man erhält auch soforteine Formel für das Inverse: Ha+ b aL-1 = a-b aÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅ

a2-3 b2 .

Wir haben damit insbesondere einen Körper mit 25 Elementen gefunden.

(7.9.3) Wir wiederholen die Betrachtung mit der Primzahl 11 an Stelle von 5. (Bemerkung: Nach Gauß ist es ganz einfach zu prüfen, ob 3 Quadratzahl moduloeiner Primzahl p ist: Die Gleichung x2 = 3 ist im Körper �p genau dann lösbar, wennp ª ≤1 mod 12 gilt. Das ist ein einfacher Spezialfall des sogenanntenQuadratischen Reziprozitätsgesetzes, welches Gauß im Alter von 19 Jahrenbewiesen hat.)3 ist eine Quadratzahl in �11 und zwar ist H≤5L2 = 3 in �11. Jetzt istx2 - 3 = Hx- 5L Hx+ 5L in �11@xD und somit folgtS := �11@aD = �11@xD ê Xx2 - 3\ = �11@xD ê XHx- 5L Hx+ 5L\ und somit sind a- 5 und a+ 5Nullteiler, denn Ha+ 5L Ha- 5L = 0, S ist insbesondere kein Körper. S bestehtsozusagen aus zwei Kopien von �11. Gemeint ist folgendes: Die Diagonalabbildung SöS ê Xa- 5\µS ê Xa+ 5\, b# Hbmod Ha- 5L, bmodHa+ 5LLdefiniert einen Isomorphismus von S in den Produktring, denn erstens ist dieseAbbildung injektiv und zweitens ist jeder Faktor S ê Xa≤ 5\ @ �11@xD ê Xx≤ 5\ @ �11 isomorph zu �11. Da ba+ a = bHa≤ 5L+ H¡5 b+ aL, ist der Isomorphismusj : Sö�11µ�11 durch jHa+ b aL = Ha+ 5 b, a- 5 bL gegeben.

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(7.9.4) Für die Primzahl p = 2 tritt ein neues Phänomen auf. S = �2@xD ê Xx2 + 1\ = �2@xD ê XHx+ 1L2\ ist weder ein Körper noch das Produkt zweierKörper, sondern von der Form S = 8a+ b a » a, b œ �2<, a2 = 0. a ist ein nilpotentesElement von S.

Wir beweisen jetzt die folgende allgemeine Variante der 'Polynomdivision mit Rest'.ü Satz 7.10 (Divisionsalgorithmus)

Es sei R ein kommutativer Ring. Es sei g = an xn + an-1 xn-1 + ...+ a0 œ R@xD und an

sei Einheit in R. Dann gilt: Zu jedem f œ R@xD gibt es eindeutig bestimmte Polynomeq, r œ R@xD, so dass f = q g+ r und gradHrL < n.

Beweis. Der Beweis geht genauso wie im Fall, dass R ein Körper ist, weil wir an alsEinheit vorausgesetzt haben (siehe: Vorlesung 'Lineare Algebra'). Wir führen denBeweis durch:Es sei f = bm xm + ... b0, bm ∫ 0. Wir beweisen die Aussage durch Induktion nach m. 1) m = 0: Ist n > 0, so kann man q = 0 und r = f wählen. Ist n = 0 so wähle manq = b0 a0

-1, r = 0.2) m- 1Øm: Ohne Einschränkung sei m ¥ n. Es folgt: f := f - an bm

-1 xm-n g ist vomGrad kleiner als m. Nach Induktionsvoraussetzung gibt es also q, r mit f = q g+ rund gradHrL < n. Mit q = q+an bm

-1 xm-n, r = r haben wir dann f = q g+ r undgradHrL < n.Zur Eindeutigkeit der Darstellung führen wir wieder Gradgründe wie im Beweis von7.7 ins Feld. áWir können den Divisionsalgorithmus verwenden, um den RestklassenringR@aD = R@xD ê Xg\ zu untersuchen. g soll dabei normiert sein. Es ergibt sich ein neuerBeweis für Satz 7.7. Aufgrund des Divisionsalgorithmus ist nämlich dieEinschränkung der Restklassenabbildung p : R@xDöR@xD ê Xg\ auf die additiveUntergruppe aller Polynome r œ R@xD vom Grad kleiner als n eine Bijektion, wasbedeutet, dass das Element pHf L œ R@xD ê Xg\ eindeutig durch den Rest r beim Teilenvon f durch g beschrieben ist. Der Rest r kann durch den Divisionsalgorithmusermittelt werden.ü Beispiel 7.11

Es sei R =�@aD =�@xD ê Xx3 - x+ 1\. Jedes Element b œ R lässt sich als ganzzahligeLinearkombination von 1, a, a2 schreiben. Beispiel b = 7 a4 - 3. Um b alsganzzahlige Linearkombination von 1, a, a2 zu bekommen, teilt man das Polynomf = 7 x4 - 3 (mit f HaL = b) mit Rest durch g = x3 - x+ 1:

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7 x4 - 3 : x3 - x+ 1 = 7 x Rest = 7 x2 - 7 x- 3

7 x4 - 7 x2 + 7 x7 x2 - 7 x- 3

Damit gilt b = 7 a2 - 7 a - 3 ist die gesuchte Darstellung von b alsLinearkombination von 1, a, a2ü Definition 7.12

Es sei R ein kommutativer Ring. Ein Ideal I in R heißt Hauptideal, wenn I = Xa\ fürein a œ R. Ein Integritätsbereich, in dem jedes Ideal ein Hauptideal ist, heißtHauptidealring.

Aus dem Divisionsalgorithmus folgtü Lemma 7.13

Es sei K ein Körper und x eine Unbestimmte. Dann ist K@xD ein Hauptidealring. Fürjedes Ideal I Õ K@xD gibt es ein eindeutig bestimmtes normiertes Polynom g œ K@xDmit I = Xg\.Beweis. Es sei I Õ K@xD ein von Null verschiedenes Ideal. Es sei g œ I \0 einPolynom minimalen Grades. Da K ein Körper ist, können wir g als normiertannehmen. Dann gilt I = Xg\. Ist nämlich f œ I, so schreiben wir f = q g+ r mitgradHrL < gradHgL. Es folgt r = f - q g œ I und nach Wahl von g ist somit r = 0 unddamit f œ Xg\. áü Korollar und Definition 7.14

Es sei K ein Körper und A eine K-Algebra (A darf hier auch nicht-kommutativ sein).Es sei a œ A und S = K@aD. Dann ist entweder K@aD @ K@xD oder es gibt genau einnormiertes Polynom kleinsten Grades g œ K@xD, so dass gHaL = 0. Es gilt dannK@xD ê Xg\ @ S. g heißt das Minimalpolynom von a. Das Element a heißt in diesemFall algebraisch über K.

Beweis. Die Einsetzungsabbildung p : K@xDöS, x# a, die auf K die Identität ist,ist surjektiv und hat nach 7.9 ein Hauptideal, sagen wir Xg\, als Kern. Nach demHomomorphiesatz wird also die Isomorphie K@xD ê Xg\ @ S induziert. Ist g = 0, so istK@aD isomorph zum Polynomenring K@xD. Ist g ∫ 0, so können wir g normiert wählen,g ist dann eindeutig bestimmt und hat natürlich den kleinsten Grad unter allenPolynomen mit Nullstelle a. á

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ü Satz und Definition 7.15

Es sei R ein Integritätsbereich. Es sei f œ R@xD \0, a œ R. Dann gilt:

(7.15.1) Ist f HaL = 0, so ist x- a ein Teiler von f in R@xD. (7.15.2) a heißt k-fache Nullstelle von f , wenn Hx- aLkein Teiler von f ist, aberHx- aLk+1 nicht, d.h. wenn f = Hx- aLk q mit q œ R@xD und qHaL ∫ 0 gilt. Man schreibtauch vaHf L = k, wenn a eine k-fache Nullstelle von f ist.

(7.15.3) Es seien a1, ..., ar Nullstellen von f mit den Vielfachheiten vaiHf L = ki. Dann

gibt es ein q œ R@xD mit f = Hx- a1Lk1 ... Hx- ar Lkr q und qHaiL ∫ 0 für i = 1, ..., r .Insbesondere ist k1 + ...+ kr § gradHf L. (7.15.4) Ein Polynom f vom Grad n mit Koeffizienten in einem Integritätsbereich Rbesitzt mit Vielfachheiten gezählt höchstens n Nullstellen in R.

Beweis. Zu (7.15.1): Nach dem Divisionsalgorithmus kann man schreiben:f = q ÿ Hx- aL+ r , gradHrL < 1. Es folgt: 0 = f HaL = qHaL Ha- aL + r , also r = 0.Zu (7.15.2): Nach Voraussetzung können wir schreiben: Hx- aLk q = f = Hx- aLk+1 q1 + r , gradHrL § k, q, q1, r œ R@xD, r ∫ 0. Da r = Hx- aLk Hq- Hx- aL q1L, ist also s := q- Hx- aL q1 ein von Null verschiedeneskonstantes Polynom. Damit folgt qHaL = s ∫ 0.Zu (7.15.3): Induktion nach r : Für r = 1 ist die Aussage in (7.13.2) gezeigt worden.Wir führen den Induktionsschluss r - 1 Ø r durch: Nach Induktionsvoraussetzungist f = Hx- a1Lk1 ... Hx- ar-1Lkr-1 g und gHaiL ∫ 0 für i = 1, ..., r - 1.Behauptung: g hat ar als kr -fache Nullstelle. Beweis: Da f Har L = 0 und ai ∫ ar für i = 1, ..., r - 1, gilt gHar L = 0. Es gilt dannf = Hx- ar L fè und auch g = Hx- ar L gè . Da der Polynomenring R@xD nullteilerfrei ist,folgt durch Kürzen aus der Gleichung f = Hx- a1Lk1 ... Hx- ar-1Lkr-1 g die Gleichungfè = Hx- a1Lk1 ... Hx- ar-1Lkr-1 gè .Induktiv ergibt sich die Behauptung. Also ist g = Hx- ar Lkr q und qHar L ∫ 0. (7.15.3) istbewiesen. áü Bemerkung 7.16

(7.16.1) Im Beweis der Aussage (7.15.3) wurde wesentlich benutzt, dass Rnullteilerfrei ist, wie Beispiel (7.16.2) zeigt. Es wurde aber nicht der Satz von dereindeutigen Primfaktorzerlegung in R@xD benutzt, der ja auch gar nicht gilt, wenn ernicht in R gilt, der aber stets in K@xD gilt, wobei K Quotientenkörper von R. Dieswird im nächsten Abschnitt untersucht.(7.16.2) Es sei R = � ê8 �. R ist nicht nullteilerfrei, denn 2 ÿ4 ª 0 mod 8. DasPolynom x3 œ R@xD hat mehr als drei Nullstellen in R, nämlich 0, 2, 4, 6.

7 Polynome und Ringerweiterungen 101

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a 0 1 2 3 4 5 6 7

a3 mod 8 0 1 0 3 0 5 0 7

In R@xD gilt Hx- 2L Hx- 4L = x2 - 6 x+ 8 = xHx- 6L, x3 = xHx- 4L2 = Hx- 6L2 Hx- 2L. Die Aussage (7.15.3) ist hier falsch! (7.15.1) gilt aber,wie die Gleichungen zeigen.

Die Gleichheit von Polynomen über einem Integritätsbereich kann man, wenn derRing genügend viele Elemente enthält auch folgendermaßen testen.ü Korollar 7.17

Es sei R ein Integritätsbereich. Es sei f , g œ R@xD seien Polynome vom Grad § n.Es gebe n+ 1 verschiedene Elemente a1, ..., an+1 in R, so dass f HaiL = gHaiL füri = 1, ..., n+ 1. Dann gilt f = g. áDieser Satz bedeutet folgendes: Ist †R§ = n, so kann man Polynome p œ R@xD vomGrad kleiner als n mit den von ihnen definierten PolynomfunktionenRöR, a# pHaL identifizieren. Insbesondere sind im Falle unendlicherIntegritätsbereiche Polynome und Polynomfunktionen im wesentlichen dasselbe.

Wir kommen nun zu Polynomenringen in mehreren Unbestimmten. ü Definition 7.18

Es sei R ein kommutativer Ring, x1, ..., xn seien Unbestimmte. Dann definieren wirden Polynomenring R@x1, ..., xnD in n Unbestimmtem rekursiv durchR@x1, x2D := R@x1D@x2D, R@x1, x2, x3D = R@x1, x2D@x3D, ...,R@x1, ..., xnD = R@x1, ..., xn-1D@xnD.(7.18.1) Man kann ein Polynom

f =⁄k=0d fk xn

k

mit fk œ R@x1, ..., xn-1D auch als R-Linearkombination von Monomen xi := x1i1 ... xn

in

schreiben. Ist etwa

fk =⁄i1,...,in-1=0m ai1,...,in-1,k x1

i1 ... xn-1in-1,

so folgt

f =⁄k=0d ⁄i1,...,in-1=0

m ai1,...,in-1,k x1i1 ... xn-1

in-1 xnk =⁄i ai xi,

wobei in der letzten Summe über die Multiindizes i = Hi1, ..., inL summiert wird undxi = x1

i1 ... xnin gesetzt wird.

(7.18.2) Ein Polynom f œ R@x1, ..., xnD ist eindeutig durch seine sogenannteKoeffizientenfolge HaiLiœ�n beschrieben. Dabei sind nur solche Koeffizientenfolgen

102 Ringe und Körper

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zulässig, für die ai ∫ 0 nur für endlich viele Multiindizes i gilt. Es ergibt sich mit den obigen Bezeichnungen durch Induktion nach n: f = 0óH" k : fk = 0Ló H" k " i œ �n-1 : ai,k = 0Ló H" i œ �n : ai = 0L.(7.18.3) Der Totalgrad eines Monoms xi = x1

i1 ... xnin wird definiert als †i§ := i1 + ...+ in.

Man kann damit die Terme eines Polynoms auch nach dem Totalgrad ordnen:f = f0 + f1 + ...+ fd, wobei fk :=⁄†i§=k ai xi. Ist fd ∫ 0, so heißt d der Grad gradHf L von f .Man setzt gradH0L := -¶. Die Terme fk heißen die homogenen Bestandteile von f.Ein Polynom heißt homogen vom Grad k, wenn alle seine Monome denselbenTotalgrad k haben. Die homogenen Polynome vom Grad 0 sind die Elemente in R.R@x1, ..., xnD ist ein Erweiterungring von R. Homogene Polynome vom Grad 1 nenntman auch Linearformen. Homogene Polynome vom Grad 2 heißen quadratischeFormen (vgl Vorlesung 'Lineare Algebra'). Homogene Polynome vom Grad 3 nenntman auch kubische Formen.ü Lemma 7.19

Ist R ein Integritätsbereich, so ist auch R@x1, ..., xnD ein Integritätsbereich. Für f , g œ R@x1, ..., xnD gilt: gradHf gL = gradHf L+ gradHgL.Beweis. Induktion nach n. Für n = 1 haben wir das schon in der Vorlesung 'LineareAlgebra' Abschnitt 14 bewiesen. Der Induktionsschluss ist damit wegen derrekursiven Definition R@x1, ..., xnD = R@x1, ..., xn-1D@xnD klar. Die Formel für den Graderhält man folgendermaßen: Wir zerlegen f und g in ihre homogenen Bestandteile:f = f0 + f1 + ...+ fd, g = g0 + ...+ ge, fd ∫ 0, ge ∫ 0. Dann ist offensichtlichhk =⁄i+ j=k fi g j der homogene Bestandteil vom Grad k von g f . Der höchsteauftretende Bestandteil ist hd+e = fd ge. Da R@x1, ..., xnD nullteilerfrei ist, ist hd+e ∫ 0,also gradHf gL = d + e = gradHf L+ gradHgL. áü Lemma 7.20 (universelle Eigenschaft von R@x1, ..., xnD)Es seien R, S kommutative Ringe. x1, ..., xn seien Unbestimmte. Weiter seiens1, ..., sn irgendwelche Elemente aus S. j : RöS sei ein Ringhomomorphismus.Dann gibt es genau einen Ringhomomorphismus j : R@x1, ..., xnDöS, derj : RöS fortsetzt und der xi auf siabbildet.

Beweis. Für n = 1 ist der Satz bekannt (Einsetzungshomomorphismus). DuchInduktion folgt leicht die allgemeine Aussage. Man kann die Aussage des Lemmas auch so formulieren: Ist S eine R-Algebra, sogibt es eine kanonische Bijektion

HomRHR@x1, ..., xnD, SLöSn, j# HjHx1L, ..., jHxnLL.á

7 Polynome und Ringerweiterungen 103

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ü Korollar 7.21

Es sei R ein kommutativer Ring. x1, ..., xn seien Unbestimmte. Die R-Homomorphismen (also Ringhomomorphismen, die auf R die Identität sind) vonR@x1, ..., xnD in sich entsprechen eineindeutig den n-Tupeln Hf1, ..., fnL vonPolynomen fi œ R@x1, ..., xnD. Hf1, ..., fnL definiert den Homomorphismus jHf L = f Hf1, ..., fnL (Einsetzungshomomorphismus: für xi wird fi eingesetzt). áü Definition 7.22

Die symmetrische Gruppe Sn operiert von links auf R@x1, ..., xnD durch

Hs f L Hx1, ..., xnL = f Hxs-1H1L, ..., xs-1HnLL. Es gilt nämlich HHsëtL f L Hx1, ..., xnL = f Hxt-1Hs-1H1LL, ..., xt-1Hs-1HnLLL =Ht f L Hxs-1H1L, ..., xs-1HnLL = HsHt f LL Hx1, ..., xnL.Dabei ist Fs : f # s f ein Ringisomorphismus, der auf R die Identität ist. Nach deruniversellen Eigenschaft ist Fs durch die Bedingung

xi # xs-1HiL vollständig bestimmt. Die Invarianten (d. h. die 'Fixpunkte') unter dieser Operationheißen symmetrische Polynome in x1, ..., xn.

Die elementarsymmetrischen Polynome siHx1, ..., xnL sind durch die Identität

tn +s1 tn-1 +s2 tn-2 + ...+sn-1 t +sn = Ht + x1L Ht + x2L ... Ht + xnL definiert. Es gilt also s1 =⁄k=1

n xks2 =⁄k<m xk xmªsn = x1 x2 ... xn

Wir zitieren ohne Beweis den schönen und wichtigen Satz (für einen Beweis siehevan der Waerden [2])

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ü Satz 7.23 (Hauptsatz über symmetrische Polynome)

Die Menge S der symmetrischen Polynome ist ein Unterring von R@x1, ..., xnD mitR Õ S. Dieser Unterring wird von R und den elementarsymmetrischen Polynomens1, ..., sn erzeugt: S = R@s1, ..., snD. à Übungen 7

(7.1) Es sei R =�@xD ê Xx3 + 5 x2 - 7\, a := x modHx3 + 5 x2 - 7L œ R die Restklasse vonx. Stellen sie die folgenden Elemente als �-Linearkombination von 1, a, a2 dar.

a) a5 -a4 -a+ 2, b) a6, c) Ha4 - 1L2.

(7.2) Es sei R =�@xD ê X2, x2 + x+ 1\. Zeigen Sie, dass R ein Körper mit vierElementen ist. Hinweis: Benutzen Sie den Entsprechungssatz 6.12 mitI0 = X2\ Õ I = X2, x2 + x+ 1\ und dann Satz 7.5.

(7.3) Untersuche, ob der Ring �3@xD ê Xx3 + x2 + 1\ Nullteiler besitzt.

(7.4) Zeigen Sie �@x, yD ê Xx2 + y2, y - 1\ @ �µ�. Wie steht es mit�@x, yD ê Xx2 + y2, y - 1\?(7.5) Bestimmen sie den Restklassenring R@x1, ..., xnD ê Xx1, ..., xk\.(7.6) Konstruieren sie einen Erweiterungsring von �, in dem ein Element a liegt mitder Relation a3 + 2 = 0. Gibt es mehrere? Hinweis: Studieren Sie die universelleEigenschaft in Satz 5.5.

(7.7) Zeigen Sie: Xx, y\ ist kein Hauptideal in �@x, yD.b) Y3, 1-è!!!!!!!-5 ] ist kein Hauptideal in �Aè!!!!!!!-5 E.(7.8) Bestimmen Sie die Nullstellen von x5 - x3in R =� ê8 �. Teilen Sie x5 - x3

durch x- a, wobei a eine Nullstelle von x5 - x3 sei.

(7.9) Erarbeiten Sie einen Beweis (siehe [2]) des Hauptsatzes über symmetrischePolynome.

(7.10) Es sei an die Anzahl der möglichen Klammerungen eines Produktes aus nFaktoren in jeweils zwei Faktoren: a1 = 1, a2 = 1, a3 = 2, a4 = 5,...

a

x = a a

y = aHa aL z = Ha aL aa y = aHaHa aLL a z = aHHa aL aL x x = Ha aL Ha aL y a = HaHa aLL a z a = HHa aL aL a

7 Polynome und Ringerweiterungen 105

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a) Beweisen Sie die Rekursionsformel an = a1 an-1 + a2 an-2 + ...+ an-1 a1. b) Folgern Sie für die formale Potenzreihe p := ⁄k=1

¶ ak tk œ�@@tDD die Relationp2 = p- t. p heißt die erzeugende Funktion der Folge HanL.c) Zeigen Sie, dass p die Taylorreihe von f HtL = 1ÅÅÅÅ

2 I1-è!!!!!!!!!!!!!!

1- 4 t M um den Nullpunkt

ist.

d) Mit der Binomialentwicklung von H1- 4 tL 1ÅÅÅÅ2 (siehe etwa: Forster, Analysis 1)

schließe man an = 1ÅÅÅÅn ikjj2 n- 2

n- 1y{zz.

(7.11) a) Bestimmen sie das Minimalpolynom von a = è!!!!2 +è!!!!

3 œ � über �.

b) Es sei A = ikjjjjjjjj 1 1 0

0 1 0

0 0 2

y{zzzzzzzz œ M3H�L. Bestimmen sie das Minimalpolynom von A über �.

8 Faktorielle Ringe

Inhalt: Teilbarkeit, irreduzibele Elemente in Integritätsbereichen, Primelemente, faktorielle Ringe. Gauß-Lemma, Satz: Hauptidealringe sind faktoriell, Satz: Ist R faktoriell, so ist auch R@xD faktoriell, Irreduzibilitätskriterium von Eisenstein. Beispiele für faktorielle und nicht faktorielle Ringe.

In diesem Abschnitt sei R stets ein Integritätsbereich, es sei denn, es wirdausdrücklich etwas anderes gesagt.ü Definition 8.1

Es seien a, b eR.

(8.1.1) a teilt b (kurz: a » b), wenn ein c œ R existiert, so dass b = a c. kurz: wennb e Xa\, d.h. wenn Xb\ Õ Xa\.(8.1.2) a ist assoziiert zu b, wenn Xb\ = Xa\, wenn also eine Einheit u œ R existiertmit b = u a.

(8.1.3) a ist echter Teiler von b, wenn Xb\ Õ∫ Xa\ ∫ X1\, wenn also a Nichteinheit ist

und eine Nichteinheit c existiert, so dass b = a c.

(8.1.4) a heißt irreduzibel in R, wenn a ∫ 0, Xa\ ∫ R und wenn a keine echten Teilerbesitzt, wenn also a eine von Null verschiedene Nichteinheit ist und nicht alsProdukt zweier Nichteinheiten b, c œ R geschreiben werden kann.

Es sei a ∫ 0 eine Nichteinheit in R. a sei nicht irreduzibel, also reduzibel. Ist nun b1

ein echter Teiler von a, so gibt es eine Nichteinheit a1, so dass a = b1 a1. Ist a1 oder

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b1 nicht irreduzibel, so kann man a weiter zerlegen. Sei etwa a1 reduzibel. Manfindet dann Nichteinheiten a2, b2 so dass a1 = b2 a2. Es gilt dann a = b1 b2 a2. EinTupel Ha1, ..., akL von Nichteinheiten ai in R heißt eine Zerlegung von a, wenna = a1 ... ak gilt. Diese Zerlegung ist zum Beispiel eine Verfeinerung vonHa1, ..., ak-2, ak-1 ÿakL. Zwei Zerlegungen Ha1, ..., akL, Hb1, ..., bkL von a heißenäquivalent, wenn es ein Permutation p œ Sk und Einheiten ei œ R gibt, so dassbpHiL = ei ai für i = 1, ..., k gilt. Äquivalente Zerlegungen unterschieden sich nur inder Reihenfolge der Faktoren und sich entsprechende Faktoren unterscheiden sichnur um eine Einheit. Wir betrachten die Menge �HaL der (Äquivalenzklassen von)Zerlegungen von a. Diese Menge ist geordnet. Die Ordnung wird von derfolgenden Relation erzeugt: Die Zerlegung Ha1, ..., akL ist einfache Verfeinerungder Zerlegung Hb1, ..., bk-1L , wenn Ha1, ..., akL aus Hb1, ..., bk-1L dadurch entsteht,dass ein Faktor bi in zwei Nichteinheiten zerlegt wird. Die Zerlegungz2 = Ha1, ..., akL ist feiner als Zerlegung z1 = Hb1, ..., bmL, (in Zeichen: z1 ÷ z2) wennHa1, ..., akL durch eine Kette von k -m einfachen Verfeinerungen aus Hb1, ..., bmLentsteht. Ziel ist es nun durch sukzessives Zerlegen von a zu einer Zerlegunga = a1 ... ak in irreduzible Faktoren ai zu gelangen. Die Klasse von Ha1, ..., akL istdann minimal in der Menge �HaL. Wir sagen: Eine absteigende Folge Hz1 ÷ z2 ÷ ...Lvon Zerlegungen zi = Hai,1, ..., ai,iL von a wird stationär, wenn sie bei einerZerlegung zk abbricht. Ist zk minimal in �HaL, so ist �k eine Zerlegung von a inirreduzible Faktoren. Ist die Folge nicht stationär, so kann man die Zerlegung von aad infinitum fortsetzen. Man muss beachten, dass es eventuell viele verschiedeneminimale Elemente in �HaL gibt oder vielleicht überhaupt keine. Denkbar ist auch,dass eine absteigende Kette von Zerlegungen von a stationär ist, eine andere abernicht!Bekanntlich kann das im Ring � der ganzen Zahlen nicht passieren. Es gilt derSatz von der eindeutigen Primfaktorzerlegung, den wir im folgenden allgemein fürHauptidealringe beweisen werden.

Beispiel: a) Man kann auf verschiedene Weise zur Primfaktorzerlegung von 120kommen: 120 ÷ H24, 5L ÷ H12, 2, 5L ÷ H6, 2, 2, 5L ÷ H3, 2, 2, 2, 5L oder 120 ÷ H10, 12L ÷ H2, 5, 12L ÷ H2, 5, 4, 3L ÷ H2, 5, 2, 2, 3L.b) Die Menge M = 1+ 4 � = 81, 5, 9, 13, ...< ist ein Untermonoid von H�, ÿL. DieZahlen 5, 9, 13, 17, 21, 29, 33, 37, 41, 49, 53, ... sind irreduzibel in M. (DieZerlegung 21 = 3 ÿ7 ist keine Zerlegung in M, weil 3, 7 –M.) 25 = 5 ÿ5, 45 = 5 ÿ9sind reduzibel in M. Auch 441 ist reduzibel in M. Es gibt hier zwei wesentlichverschiedene Zerlegungen in irreduzible Faktoren:

441 = 21 ÿ21 = 9 ÿ49.

Dies zeigt, dass die Eindeutigkeit von Primfaktorzerlegungen keineSelbstverständlichkeit ist (Dieses einfache Beispiel stammt von Hilbert).

8 Faktorielle Ringe 107

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ü Satz 8.2

Die folgenden Bedingungen sind äquivalent:(8.2.1) Für jede von Null verschiedene Nichteinheit a œ R gilt: Jede absteigendeZerlegungsfolge von a wird stationär, führt also zu einer Zerlegung a = q1 ... qk in ein endliches Produkt von irreduziblen Elementen q j œ R.(8.2.2) Jede aufsteigende Folge von Hauptidealen in R wird stationär, d.h. Sinda1, a2, ... Elemente in R mit Xa1\ Õ Xa2\ Õ Xa3\ Õ ..., so gibt es ein n0, so dassXan\ = Xan0

\ für alle n > n0.

Beweis. (8.2.1)ï(8.2.2): Angenommen, es gibt eine nicht stationäreHaupidealkette Xa1\ Õ Xa2\ Õ Xa3\ Õ ... in R. Dann gibt es für jedes n > 1 eineNichteinheit bn mit an-1 = an bn. Also ist a1 = b2 a2 = b2 b3 a3 = ... = b2 b3 ... bn an usw.. Die absteigende Zerlegungsfolgezk = Hb2, ..., bk , akL, k > 1 von a1 ist also nicht stationär.(8.2.2)ï(8.2.1): Ist Hz1 ÷ z2 ÷ ...L eine Folge von Zerlegungen zi = Hai,1, ..., ai,iL vona mit jeweils elementaren Verfeinerungen, so ergibt sich nach Umnummerieren undMultiplikation mit Einheiten: z1 = Ha1L, z2 = Hb2, a2L, ..., zk = Hb2, ..., bk , akL, ..., mit an-1 = an bn und man erhält dieaufsteigende Hauptidealkette Xa1\ Õ Xa2\ Õ Xa3\ Õ ... Da diese stationär wird, gilt dasauch für die Zerlegungsfolge .áü Definition 8.3 (Faktorieller Ring)

Ein Integritäsbereich R heißt faktoriell :ó(8.3.1) " a œ R \ Rä, a ∫ 0 $ q1, ..., qk œ R irreduzibel (nicht notwendigverschieden), u œ Rä, so dass

a = u q1 ÿ ... ÿqk .

und

(8.3.2) Sind q1, ..., qk , q1, ..., qm œ R irreduzibel u, u Einheiten in R und gilt

u q1 ÿ ... ÿqk = u q1 ÿ ... ÿ qm,

so ist k = m und es gibt eine Permutation p e�k , so dass Xq j\ = XqpH jL\ für alle j, alsoqj, qpH jL zueinander assoziiert sind , d.h. bis auf Multiplikation mit einer Einheitübereinstimmen.Man nennt dann a = u q1 ÿ ... ÿqk die eindeutige Zerlegung in irreduzible Faktoren.(Man darf die Reihenfolge der Faktoren vertauschen und die Faktoren mitEinheiten multiplizieren.) Die Hauptideale Xqi\sind eindeutig durch a bestimmt.

108 Ringe und Körper

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ü Beispiel 8.5

R =�Aè!!!!!!!-5 E ist nicht faktoriell, denn 6 = 2 ÿ3 = I1+è!!!!!!!-5 M I1-è!!!!!!!-5 M sind zweiwesentlich verschiedene Zerlegungen in irreduzible Elemente (Beweis als Übung).In der algebraischen Zahlentheorie wird das Problem der eindeutigenPrimfaktorzerlegung durch weiteres Verfeineren der Zerlegungen mithilfe 'idealer'Faktoren gelöst. Man erhält tatsächlich eine eindeutige Zerlegung in 'idealePrimzahlen' . Dabei werden die Ideale in R als 'ideale' Zahlen aufgefasst. DieElemente von R selbst entsprechen den Hauptidealen. Die Multiplikation von Rkann auf die Menge der Ideale forgesetzt werden: Sind I, J Õ R Ideale, so definiertman

I ÿJ = Xa b » a œ I, b œ J\. Wir illustrieren dies an unserem Beispiel:Das Ideal I =Y2, 1+è!!!!!!!-5 ] ist ein 'idealer Faktor' sowohl von 2 als auch von1+è!!!!!!!-5 , d.h. X2\, Y1+è!!!!!!!-5 ] Õ I. Es gilt

I2 = Z4, 2+ 2 è!!!!!!!-5 , I1+è!!!!!!!-5 M2^ = Y4, 2+ 2 è!!!!!!!-5 , -4+ 2 è!!!!!!!-5 ] =Y4, 2+ 2 è!!!!!!!-5 , 2 è!!!!!!!-5 ] = Y4, 2, 2 è!!!!!!!-5 ] = X2\. Betrachtet man also neben dengewöhnlichen Zahlen (d. h. Hauptidealen) auch noch Ideale ( ideale Zahlen), so ist2 nicht mehr irreduzibel, sondern das Quadrat von I. Wir sehen auch, dass I zusich selbst konjugiert ist: Iê = Y2, 1-è!!!!!!!-5 ] = Y2, -1-è!!!!!!!-5 ] = Y2, 1+è!!!!!!!-5 ] = I.

Das ist nicht so für J = Y3, 1+è!!!!!!!-5 ]. Es gilt wieder (das Produkt von Idealen wirderzeugt von den Produkten der Erzeuger): J ÿ Jêê = Y9, 3- 3 è!!!!!!!-5 , 3+ 3 è!!!!!!!-5 , 6] = X3\ und außerdem:

I ÿJ = Z6, 2+ 2 è!!!!!!!-5 , 3+ 3 è!!!!!!!-5 , I1+è!!!!!!!-5 M2^ = Y1+è!!!!!!!-5 ],I ÿ Jêê = Y6, 2 I1-è!!!!!!!-5 M, 3+ 3 è!!!!!!!-5 , 6] = Y6, 2 I1-è!!!!!!!-5 M, -3+ 3 è!!!!!!!-5 ] =Y1-è!!!!!!!-5 ].Damit haben wir die 'eindeutige Primfaktorzerlegung' X6\ = I2 ÿJ ÿ Jêê, die einegemeinsame Verfeinerung der Zerlegungen 2 ÿ3, I1+è!!!!!!!-5 M I1-è!!!!!!!-5 M darstellt.Dies muss natürlich noch näher begründet werden!ü Definition 8.6

Es sei R ein beliebiger kommutativer Ring.

(8.6.1) Eine von Null verschiedene Nichteinheit p œ R heißt Primelement ó" a, b œ R : p » a bïp » a oder p » b.

8 Faktorielle Ringe 109

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Offensichtlich ist p œ R \ 80< genau dann ein Primelement, wenn der RestklassenringR ê Xp\ nullteilerfrei ist, denn Hp » a bïp » a oder p » bL bedeutet ja dasselbe wieHHa mod pL Hb mod pL = 0ïa mod p = 0 oder b mod p = 0L.(8.6.2) Ein Ideal P Õ R heißt Primideal, wenn R êP ein Integritätsbereich ist.Offensichtlich erzeugen Primelemente von Null verschiedene Primideale. Manbeachte, dass in einem Integritätsbereich das Nullideal ein Primideal ist. Jedochwird das Nullelement nicht als Primelement betrachtet.

Es sei nun wieder R ein Integritätsbereich. Man sieht leicht, dass jedesPrimelement irreduzibel ist. Denn ist p œ R Primelement und gilt p = a b, so teilt ja pinsbesondere a b und damit auch ohne Einschränkung a. Es gilt also a = p c für einc œ R. Einsetzen in die Gleichung p = a b ergibt p = p c b und da wir in einemIntegritätsbereich sind folgt 1 = c b. Damit ist b eine Einheit in R und p irreduzibel.Die Umkehrung ist dagegen im allgemeinen falsch. Zum Beispiel ist 2 keinPrimelement in �Aè!!!!!!!-5 E, denn 2 teilt 6 aber weder 1+è!!!!!!!-5 noch 1-è!!!!!!!-5 .ü Satz 8.7

Folgende Aussagen sind äquivalent:(8.7.1) R ist faktoriell.(8.7.2) Es gilt: (i) Jedes irreduzible Element in R ist ein Primelement und (ii) Jede aufsteigende Hauptidealkette in R wird stationär,

Beweis: (8.7.1)ï(8.7.2): Zu (i): Es sei q irreduzibel. Sind nun a, b œ R mit q » a b, so gibt es ein c œ R, so dass a b = c q. Da q irreduzibel ist, folgt jetzt aus derEindeutigkeit der Primfaktorzerlegung ohne Mühe, dass q einer der Primfaktorenvon a oder b ist, also a oder b teilt.Zu (ii): Es sei Xa1\ Õ Xa2\ Õ Xa3\ Õ ... eine aufsteigende Hauptidealkette. Es seia1 = q1 ... qs1

die Primfaktorzerlegung von a1. Wegen der Eindeutigkeit derPrimfaktorzerlegung sind dann etwa q1, ..., qs2

, s2 § s1 die Primfaktoren von a2,q1, ..., qs3

, s3 § s2 die Primfaktoren von a3 usw. Es kann nur endlich oft si < si-1

auftreten, d. h. die Kette Xai\ wird stationär.(8.7.2)ï(8.7.1): Wir müssen die Eindeutigkeit der Zerlegung in irreduzibleFaktoren beweisen. Seien dazu q1, ..., qk , q1, ..., qm œ R irreduzibel und es gelteq1 ÿ ... ÿqk = q1 ÿ ... ÿ qm. Da q1 ein Primelement ist, teilt q1 einen der Faktoren qj.Ohne Einschränkung sei dies q1.Da q1 irreduzibel ist, sind somit q1 und q1

zueinander assoziiert. Ohne Einschränkung gilt q1 = q1 und folglichq2 ÿ ... ÿqk = q2 ÿ ... ÿ qm. Was haben wir damit erreicht? Klar! Man kann dieEindeutigkeit durch Induktion nach m beweisen. Den Induktionsschluss haben wirgerade durchgeführt. Der Induktionsanfang ist einfach (überlege dies!). á

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ü Korollar 8.8

In einem faktoriellen Ring besitzen zwei Elemente a, b, die nicht beide Null sind,einen größten gemeinsamen Teiler (ggT) d, der bis auf Multiplikation mit Einheitendurch folgende Bedingungen charakterisiert ist:(1) d » a und d » b.(2) Ist x œ R mit x » a und x » b, so gilt x » d. áMan beachte aber, dass man d im allgemeinen nicht als Linearkombination von aund b darstellen kann, wie man das für den ggT ganzer Zahlen kennt. Wir werdenzeigen, dass der Polynomenring K@x, yD faktoriell ist. Der ggT von x und y ist 1 und1 ist keine Linearkombination von x und y. Anders verhält es sich in einemHauptidealring. Hier kann man den ggT d zweier Elemente a, b einfach durch dieGleichung Xd\ = Xa, b\ definieren. In diesem Fall ist d Linearkombination von a und b. In den Ring � derganzen Zahlen und im Polynomenring K@xD über einem Körper K kann man denggT durch den euklidischen Algorithmus, der aus einer Iteration der SchritteXa, b\Ø Xr , a\, r = b- q a = Rest beim Teilen von b durch a, besteht, gewinnen.ü Satz 8.9

In einem Hauptidealring ist jedes irreduzible Element ein Primelement.

Beweis. Wir beweisen zunächst den folgenden nützlichen Trick: In einem Hauptidealring gilt:(*) Sind a, b, d œ R und sind a, d teilerfremd (d. h. Xa, d\ = R ) und ist d Teiler vona b, so ist d Teiler von b.Beweis: a, d teilerfremd ïXa, d\ = X1\ï $ x, y œ R :

1 = a x+ d y.

Multipliziert man diese Gleichung mit b, so erhält man

b = a b x+ b d y.

Nun ist nach Voraussetzung a b = c d für ein c œ R. Setzt man dies ein, so ergibtsich b = c d x+ b d y = Hc x+ b yL d, also d » b. áSei jetzt q irreduzibel. Um zu sehen, dass q ein Primelement ist, nehmen wir an,dass q das Produkt a b teilt, nicht aber a. Da q irreduzibel ist, also keine echtenTeiler besitzt, sind somit a und q teilerfremd. Nach obigem Trick (*) teilt daher qden Faktor b. á

8 Faktorielle Ringe 111

Fachbereich Mathematik/Informatik

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ü Satz 8.10

Ein Hauptidealring ist faktoriell.

Beweis. Das ist nun nicht mehr schwierig! Nach Satz 8.9 und Satz 8.7 ist nur nochzu zeigen, dass jede aufsteigende Kette Xa1\ Õ Xa2\ Õ Xa3\ Õ ... von Hauptidealen ineinem Hauptidealring stationär wird, was ganz einfach ist: I :=‹ j Xa j\ ist ein Ideal,wie man leicht sieht, also ein Hauptideal Xa\. Für alle j gilt Xa j\ Õ Xa\ und nachDefinition von I gilt a œ Xa j0\ für ein j0, also Xa\ Õ Xa j0\. Damit folgt: Xa j\ = Xa j0\ für allej > j0. áü Korollar 8.11

(8.11.1) Der Ring � der ganzen Zahlen ist faktoriell.(8.11.2) Der Polynomenring K@xD in einer Unbestimmten x über einem Körper K istfaktoriell. áü Definition 8.12

Es sei R ein faktorieller Ring. Ein Polynom f = an xn + an-1 xn-1+ ...+ a0 œ R@xD heißtprimitiv über R, wenn die Koeffizienten in R teilerfremd sind.ü Lemma 8.13

Es sei R ein faktorieller Ring und K sein Quotientenkörper. Jedes Polynom f œ K@xDlässt sich eindeutig bis auf Multiplikation mit Einheiten in R als Produkt f = c f0schreiben mit einer Konstante c œ K und einem primitiven Polynom f0 œ R@xD. Wirnennen f0 den primitiven Faktor und c den Inhalt von f .

Beweis. Sei f = anÅÅÅÅÅÅÅbn xn + an-1ÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅ

bn-1 xn-1 + ...+ a0ÅÅÅÅÅÅÅ

b0œ K@xD mit a j, b j œ R, b j ∫ 0. Es sei dann b

ein kleinstes gemeinsames Vielfaches von b0, ..., bn. Dann ist b f œ R@xD. Weiter seia ein größter gemeinsamer Teiler von b a0ÅÅÅÅÅÅÅ

b0, ..., b anÅÅÅÅÅÅÅ

bn. Dann ist f0 = bÅÅÅÅ

a f primitiv in

R@xD und mit c = aÅÅÅÅb erhalten wir die gewünschte Darstellung f = c f0. Wir müssennoch die Eindeutigleit beweisen: Sei c f0 = d g0 mit primitiven Polynomen f0, g0 undKonstanten c, d œ K. Es folgt n f0 = m g0 , wobei c = nÅÅÅÅ

h, d = mÅÅÅÅÅÅ

h, m, n, h eR. Da

f0, g0 primitiv sind, folgt durch Koeffizientenvergleich, dass n und m in R assoziiertsind. áü Lemma 8.14 (Gaußsches Lemma)

Es sei R faktoriell. Ein Produkt primitiver Polynome in R@xD ist wieder primitiv.

112 Ringe und Körper

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Beweis. Es seien f , g œ R@xD primitiv und h = f g. Um zu sehen, dass h primitiv istmüssen wir nur zeigen, dass kein Primelement p œ R ein Teiler von h ist. d.h. DieReduktion ppHhL œ R ê Xp\@xD von h, die man erhält, indem man die Koeffizienten vonh durch ihre Restklassen modulo p ersetzt, ist von Null verschieden. Nun ist aberoffensichtlich pp : R@xDöR ê Xp\@xD ein Ringhomomorphismus. Der RestklassenringR ê Xp\ ist ein Integritätsbereich, weil p Primelement ist und damit ist auch R ê Xp\@xDein Integritätsbereich. Aus ppHf L ∫ 0, ppHgL ∫ 0 folgt dann ppHhL = ppHf L ppHgL ∫ 0. áü Satz 8.15

Die Voraussetzungen seien wie in Lemma 8.13. Dann gilt:(8.15.1) Es seien f , g œ K@xD, f0, g0 œ R@xD ihre primitiven Faktoren. Gilt f » g in K@xD,so gilt auch f0 » g0 in R@xD.(8.15.2) Es seien f , g œ R@xD und f sei primitiv. Gilt f » g in K@xD, so gilt auch f » g inR@xD.(8.15.3) Es seien f , g œ R@xD und d œ K@xD sei ein gemeinsamer Teiler von f und g inK@xD. Dann ist der primitive Faktor von d ein gemeinsamer Teiler von f und g inR@xD. (8.15.4) Es sei f œ R@xD. Dann gilt: Ist f in R@xD irreduzibel, so auch in K@xD. Beweis. Zu (8.15.1): Sei g = q f . (Primitive Faktoren werden durch den Index Nullgekennzeichnet.) Nach dem Gaußschen Lemma ist q0 f0 primitiv. Nach 8.13 istg0 = q0 f0 (bis auf Multiplikation von Einheiten in R).Zu (8.15.2): Sei g = q f mit q œ K@xD. Dann ist g0 = q0 f , also g = Hc q0L f , wobei c œ Rder Inhalt von g sei. Da c q0 œ R@xD, teilt also f das Polynom g in R@xD. Zu (8.15.3): Wenn d die Polynome f , g œ R@xD in K@xD teilt, so gilt dies natürlichauch für jedes konstante Vielfache von d , also insbesondere für den primitivenFaktor d0. Jetzt können wir (8.15.2) anwenden. Zu (8.15.4): f œ R@xD, f = p q, p, q eK@xDïf = f0 = p0 q0ïp0 oder q0 ist Einheit inR@xDïfoder g ist Einheit in K@xD. áü Satz 8.16

Es sei R faktoriell mit Quotientenkörper K. Es sei f œ R@xD, f ∫ 0, f – Rä Dann sindfolgende Aussagen äquivalent: (8.16.1) f ist irreduzibel in R@xD.(8.16.2) gradHf L = 0 und f ist Primelement in R oder gradHf L > 0 und f ist primitiv über R und irreduzibel in K@xD.(8.16.3) f ist Primelement in R@xD. Beweis. (8.16.1)ï(8.16.2): Dies folgt aus (8.15.4).(8.16.2)ï(8.16.1): Es sei gradHf L > 0 und f ist primitiv über R und irreduzibel inK@xD. Ist nun f = g h mit g, h œ R@xD, so ist g oder h eine Einheit in K@xD, also

8 Faktorielle Ringe 113

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konstant. Da f primitiv ist, muß g oder h eine Einheit in R sein.(8.16.2)ï(8.16.3): Es seien g, h œ R@xD und f sei ein Teiler von g h in R@xD, alsog h = q f mit q œ R@xD. Ist gradHf L = 0 und f ist Primelement in R folgt: f teilt dasProdukt c d, wobei c der Inhalt von g und d der Inhalt von h ist. Da f einPrimelement in R ist, teilt f wenigstens einen der beiden Faktoren c, d und damitauch g oder h. Im Fall gradHf L > 0 und f ist primitiv über R und irreduzibel in K@xDfolgt: f teilt g oder h in K@xD und nach (8.15.2) auch in R@xD. áü Satz 8.17

Ist R faktoriell, so ist auch R@xD faktoriell.

Beweis. Wir müssen nur noch die aufsteigende Kettenbedingung fürHauptidealketten in R@xD beweisen. Es sei 0 ∫ Xf1\ Õ Xf2\ Õ Xf3\ Õ ... eine Kette,f j œ R@xD. Dann ist gradHf jL § gradHf j-1L, also wird der Grad stationär. Es folgtf j = a j f j0 mit a j eR \ 0 für alle j > j0 ( j0 geeignet). Da R faktoriell ist, wird die KetteXa j0\ Õ Xa j0+1\ Õ Xa j0+3\ Õ ... stationär und somit auch Xf1\ Õ Xf2\ Õ Xf3\ Õ ... áü Korollar 8.18

(8.18.1) Ist K ein Körper, so ist K@x1, ..., xnD faktoriell.(8.18.2) �@x1, ..., xnD ist faktoriell. áü Beispiel 8.19 (Primfaktorzerlegung in �@xD nach Kronecker)

Es ist bisher nur die Existenz von Primfaktorzerlegungen in �@xD bewiesen worden.Wie aber kann man die Primfaktorzerlegung eines vorgelegten Polynomsbestimmen? (siehe [2] van der Waerden: Algebra I, § 32).Es sei f = an xn + an-1 xn-1 + ... a0 œ�@xD, an ∫ 0. Wir können f als primitiv anehmen.Ist nun f nicht irreduzibel, so muß es einen Faktor vom Grad m § k := @ nÅÅÅÅ

2D geben.

Solch einen Faktor setzen wir an als g = bk xk + ...+ b0. Weiter wählen wir k + 1verschiedene ganze Zahlen x0, ..., xk . Ist g Faktor von f so ist auch gHx jL Faktorvon f Hx jL. Für gHxjL gibt es also nur endlich viele Möglichkeiten, da f Hx jL nur endlichviele Teiler besitzt. Damit hat man nur endlich viele Wertelisten HgHx0L, ..., gHxkLL inBetracht zu ziehen. Da g den Grad § k hat, liegt g durch die Werteliste fest undman kann jeweils die Teilbarkeit von f durch g mit dem Divisionsalgorithmusprüfen. Finden wir auf diese Weise keinen Teiler, so ist f irreduzibel. Ansonstenwiederhole man das Verfahren mit den Faktoren, bis man bei einerPrimfaktorzerlegung angekommen ist. Dies ist natürlich nicht das schnellsteVerfahren! Aber es ist ein konstruktives Verfahren!

114 Ringe und Körper

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ü Satz 8.20

Es sei f = ⁄k=0n ak xk œ�@xD und p œ � eine Primzahl, die an nicht teilt. Dann ist die

Reduktion fê =⁄k=0

n Hak mod pL xk œ �p@xD ein Polynom vom Grad n und es gilt: Ist fê

irreduzibel in �p@xD, so ist f irreduzibel in �@xD. Beweis. Die koeffizientenweise Reduktion modulo p definiert einenRinghomomorphismus j :�@xDö�p@xD liefert. Ein einfache Gradbetrachtung gibtuns den Beweis. Dabei ist natürlich die Voraussetzung an T 0 mod p wichtig! áü Beispiel 8.21

(8.21.1) Die irreduziblen Polynome in �p@xD, deren Grad kleiner als einevorgegebene Schranke n ist, kann man mit dem Sieb des Eratosthenes finden:Man listet zunächst alle nichtkonstanten normierten Polynome vom Grad § n nachdem Grad geordnet auf (es sind ja nur endlich viele!). Die linearen Polynome sindx, x+ 1, ..., x+ p- 1. Man wählt x aus. Man streicht aus dem Rest alle Polynome,die Vielfache von x sind. Aus dieser Menge wählt man x+ 1 aus und streicht ausdem Rest alle Polynome, die Vielfache von x+ 1 sind. Nachdem die linearenPolynome aufgebraucht sind, sind quadratischen Polynome in der Restlisteirreduzibel. Man fährt jetzt mit den quadratischen Polynomen fort!

Wir illustrieren das Verfahren an �2@xD: Die normierten nichtkonstanten Polynomevom Grad § n entsprechen den 2n+1 - 2 von Null und H1, 0, ..., 0L verschiedenenHn+ 1L-Tupeln Ha0, ..., anL von Koeffizienten ai œ 80, 1<. Für n = 4 erhalten wir diefolgende Tabelle. Die irreduziblen Elemente sind eingerahmt.

1

x , x+ 1

x2, x2 + x, x2 + 1, x2 + x+ 1

x3, x3+ 1, x3 + x, x3 + x+ 1 ,

x3 + x2, x3 + x2 + x, x3 + x2 + 1 , x3 + x2 + x+ 1

x4, x4 + 1, x4 + x, x4 + x+ 1 , x4 + x2,

x4+ x2 + x, x4 + x2 + 1, x4 + x2+ x+ 1,

x4 + x3, x4 + x3 + 1 , x4 + x3 + x, x4 + x3 + x+ 1,

x4 + x3 + x2, x4 + x3 + x2 + x, x4 + x3 + x2 + 1, x4 + x3 + x2 + x+ 1

Wir können nun Satz 8.20 etwa auf das irreduzible Polynom x4+ x3 + 1 œ �2@xDanwenden, um eine ganze Reihe irreduzibler Polynome in �@xD anzugeben: Das

8 Faktorielle Ringe 115

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Polynom 3 x4 - 5 x3 + 4 x2 + 12 x+ 13 ist zum Beispiel irreduzibel in �@xD, da seineReduktion modulo 2 es ist.

(8.21.2) Das Polynom x4- 10 x2 + 1 ist ebenfalls irreduzibel in �@xD, obwohl dieReduktion bezüglich jeder beliebigen Primzahl reduzibel ist, was wir hier nichtbeweisen wollen. Man kann also die Methode der Reduktion modulo p nicht immeranwenden. Wir führen den Nachweis der Irreduzibilität von q = x4 - 10 x2 + 1indirekt: Annahme: q = Hx2 + a x+ bL Hx2 + c x+ dL. Koeffizientenvergleich liefert:

c = -a, d = 1ÅÅÅÅb

, aH1- b2L = 0, b+ 1ÅÅÅÅb- a2 = -10,

also gilt 1. Fall: a = 0, b2 + 10 b+ 1 = 0. b kann dann nicht rational sein.2. Fall: b = ≤1. a2 = 10≤ 2, a kann dann nicht rational sein. Also gibt es keine Zerlegung von q in Polynome vom Grad 2 mit Koeffizienten in �.Da q auch keine rationalen Nullstellen besitzt, ist q irreduzibel. ü Satz 8.22 (Eisensteinsches Irreduzibilitätskriterium)

Es sei R ein faktorieller Ring, K sein Quotientenkörper. Es sei p œ R einPrimelement und f = an xn + ...+ a1 x+ a0 œ R@xD ein Polynom vom Grad n. Es gelte:(i) an T 0 mod p,(ii) ai ª 0 mod p für i = 0, ..., n- 1,(iii) a0 T 0 mod p2.Dann ist f irreduzibel in K@xD. Ist f primitiv, so ist f auch irreduzibel in [email protected]. Da p Primelement ist, ist der Restklassenring S = R ê Xp\ ein Integritätsbereich. Mit L bezeichnen wir den Quotientenkörper von S. Es sei nuneine Zerlegung von f in K@xD gegeben. Das führt zu einer Gleichung

(8)b f = g h

mit b œ R \ 80<, g, h œ R@xD. Wir müssen zeigen, dass g oder h konstant ist.Auf (8) wenden wir den Reduktionshomomorphismus redp : R@xDöS@xD an underhalten wegen unserer Voraussetzungen

(9)Hb an mod pL xn = redpHb f L = redpHgL redpHhL.Ist nun etwa b ª 0 mod p, so gilt redpHgL = 0 oder redpHhL = 0, es gilt also 1ÅÅÅÅ

p g œ R@xD

oder 1ÅÅÅÅp h œ R@xD. Man kann somit in der Gleichung (8) durch p teilen. Dies kann

man solange wiederholen, bis b T 0 mod p. Aus der Gleichung (9) folgt dann (weilL@xD ein faktorieller Ring ist) redpHgL = aÅÅÅÅÅb xm, redpHhL = gÅÅÅÅd xl wobei a, b, g, d eS \ 80< , m+ l = n.

Wir müssen nur noch zeigen, dass m = 0 oder l = 0.

116 Ringe und Körper

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Annahme: m, l > 0. Dann haben redpHgL und redpHhL keinen konstanten Term, d.h.der konstante Term von g und von h ist durch p teilbar. Nach (8) ist somitb a0 = b f H0L = gH0L hH0L durch p2 teilbar. Da b nicht durch p teilbar ist, ist also a0

durch p2 teilbar entgegen der Voraussetzung (iii). Damit ist der Satz bewiesen. áü Beispiele 8.23

(8.23.1) In �@xD ist xn + p für jede Primzahl p und jeden Grad n > 0 irreduzibel.

(8.23.2) Das Polynom 10 x5+ 6 x4 - 9 x2 - 3 x+ 15 ist irreduzibel in �@xD nach demEisensteinschen Kriterium für p = 3.

(8.23.3) Interessant ist auch der Ring �@x, yD. Ein irreduzibles Polynom f œ �@x, yDbesitzt als Nullstellengebilde eine irreduzible ebene algebraische Kurve

C = VHf L = 8Hx, yL œ �2 » f Hx, yL = 0<. Es sei bemerkt, dass man die 'Gleichung' f von C aus der Punktmenge Czurückgewinnen kann. Es gilt nämlich:

Xf \ = IHCL, wobei IHCL := 8g œ �@x, yD » g » C = 0< das Ideal aller Polynome, die auf C verschwinden, bezeichnet. Der schwierigePunkt ist dabei, zu zeigen, dass ein Polynom g, das auf C verschwindet, einVielfaches von f ist. Das ist ein Spezialfall des Hilbertschen Nullstellensatzes. Eineelementare Begründung findet man in dem schönen Buch von Fulton (Fulton:Algebraic Curves, Chap. 1.7.). Mit dem Eisensteinschen Kriterium kann man bisweilen auch die Irreduzibilität vonf œ �@x, yD nachweisen: Zum Beispiel ist yn -pHxL irreduzibel in �@x, yD, wenn dasPolynom p e �@xD eine einfache Nullstelle besitzt. Die kubische Kurvey2- Hx- aL Hx- bL Hx- cL, wobei a, b, c komplexe Zahlen sind, von denenmindestens zwei verschieden sind, ist also irreduzibel.Etwas allgemeiner sei f = anHxL yn + ...+ a1HxL y + a0HxL mit ai e�@xD. Es gelte aiH0L = 0,für i = 0, 1, ... n- 1, anH0L ∫ 0. Aber x = 0 sei nur eine einfache Nullstelle von a0.Weiter mögen a0, ..., an keine gemeinsame Nullstelle besitzen. Nach demEisensteinschen Kriterium ist dann f irreduzibel in �@x, yD. (8.23.4) Ist p Primzahl, so ist xp-1 + ..+ x2+ x+ 1 irreduzibel in �@xD. DasEisensteinkriterium ist nicht direkt anwenbar, aber nachdem wir die SubstitutionxØ t + 1 durchgeführt haben:

‚k=0

p-1 Ht + 1Lk = Ht+1Lp-1ÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅt

=„k=1

p ikjjpky{zz tk-1 = p+ ikjjp2y{zz t + ...+ tp-1.

8 Faktorielle Ringe 117

Fachbereich Mathematik/Informatik

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à Übungen 8

(8.1) Prüfen Sie, ob die folgenden Elemente irreduzibel in �@x, yD sind.a) y4 + 3 x2 y2 + 4 x7 y + 2 x, b) y6+ 3 x y4 + 3 x2 y2 + x3.

(8.2) a) Zeigen Sie, dass �@iD ein Hauptidealring ist. Hinweis: Zeigen Sie zunächst:Sind a, b œ �@iD, b ∫ 0, so gibt es eindeutig bestimmte q, r œ�@iD, so dass a = q b+ rund †r § < †b§. b) Zeigen Sie, dass x3 - 6 x2 + 4 i x+ 1+ 3 i irreduzibel in �@iD@xD ist.c) Finden Sie die Primfaktorzerlegungen von 2,3,5,7 in �@iD.(8.3) Geben Sie alle irreduziblen normierten Polynome vom Grad 2 in �7@xDan.

(8.4) Geben Sie die Primfaktorzerlegung von x3 +2 in �@xD, �@xD und in �@xD an.

(8.5) Zeigen Sie: Den ggT zweier normierter Polynome p, q œ �@xD kann man alsLinearkombination a p+ b q mit Polynomen a, b œ �@xD schreiben, so dassgradHaL < gradHqL, gradHbL < gradHpL.(8.6) Welcher der folgenden Ringe ist faktoriell?a) �Aè!!!!!!!-3 E, b) �@xD ê X8\, c) �@x, yD ê Xy2 - x3 + x\.(8.7) Es sei K ein Körper, x eine Unbestimmte. Zeigen Sie, dass K@@xDD faktoriell ist.Hinweis: Bis auf Multiplikation mit Einheiten ist x das einzige Primelement in K@@xDD.(8.8) Es sei R = �@xi j, i, j = 1, ..., nD der Polynomenring über � in den n2

Unbestimmten. Zeigen Sie: detHxi jL ist irreduzibles homogenes Polynom vom Gradn in R.

(8.9) Zeige, dass x5 - x2 + 1, x5 - x- 1 irreduzibel in �@xD sind. Hinweis: Reduktionmodulo p.

(8.10) Es sei K ein Körper und f œ K@xD ein normiertes Polynom vom Grad n ¥ 1. Essei L = K@xD ê Xf \ . Zeigen sie, dass folgende Aussagen äquivalent sind:(i) f ist irreduzibel,(ii) L ist ein Integritätsbereich,(iii) L ist ein Körper.

118 Ringe und Körper

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9 Algebraische Körpererweiterungen

Inhalt: algebraische Elemente, algebraische Erweiterungen, endliche Erweiterungen, Minimalpolynom, Körpergrad, Gradformel, Beispiele: �Aè!!!!

2 ,è!!!!

3 E, �Aè!!!!2

3 E, Zerfällungskörper, Existenz und Eindeutigkeit des Zerfällungskörpers, Galois-Gruppeü Definition 9.1

Es sei K ein Körper und L sei ein Erweiterungskörper von K.

(9.1.1) Ein Element a œ L heißt algebraisch über K, wenn es ein Polynom p œ K@xDvom Grad n ¥ 1 gibt, so dass pHaL = 0.

(9.1.2) a œ L heißt algebraisch über K vom Grad n, wenn das Minimalpolynom vona, d.h. das normierte Polynom p œ K@xD kleinsten Grades mit pHaL = 0 den Grad nhat.

(9.1.3) L heißt algebraische Erweiterung von K, wenn alle Elemente von Lalgebraisch über K sind.ü Satz 9.2

Es sei K ein Körper und L sei ein Erweiterungskörper von K. a œ L sei algebraischüber K. Dann gilt

(9.2.1) Der Einsetzungshomomorphismus j : K@xDöK@aD ist surjektiv aber nichtinjektiv und das Minimalpolynom von a über K ist irreduzibel.

(9.2.2) Ist a vom Grad n über K, so ist H1, a, a2, ..., an-1L eine K-Vektorraumbasisvon K@aD. Insbesondere ist K@aD ein n-dimensionaler K-Vektorraum.

(9.2.3) KHaL = K@aD, d.h. K@aD ist der kleinste Unterkörper von L, der K und aenthält.

Beweis. Zu (9.2.1): Wir müssen nur noch zeigen, dass das Minimalpolynomq œ K@xD von a irreduzibel ist. Da K@xD ê Xq\ @ K@aD und K@aD als Unterring einesKörpers nullteilerfrei ist, ist q ein Primelement, also irreduzibel.

Zu (9.2.2): Das haben wir schon in Abschnitt 7 bewiesen.

Zu (9.2.3): Wir müssen zeigen, dass K@aD ein Körper ist, dass also jedes Elementb œ K@aD \0 invertierbar ist. Es sei b =⁄k=0n-1 ak ak mit ak œ K , also b = pHaL mit

p œ K@xD, grad p < n = grad q. Da q irreduzibel ist, folgt, dass p und q teilerfremd

9 Algebraische Körpererweiterungen 119

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sind und somit Polynome r , s œ K@xD existieren, so dass1 = r p+ s q gilt. Dann ist

1 = rHaL b + sHaL qHaL = rHaL b. Damit ist b-1 = rHaL œ K@aD. áü Definition 9.3

Es sei K ein Körper und L sei ein Erweiterungskörper von K. L heißt endlicheErweiterung von K, wenn folgende äquivalente Bedingungen erfüllt sind:(9.3.1) L ist endlich-dimensional als K-Vektorraum.(9.3.2) Es gibt endlich viele über K algebraische Elemente a1, ..., am œ L, so dassL = KHa1, ..., am L.Die Dimension von L als K-Vektorraum heißt der Körpergrad von L über K und wirdmit @L : KD bezeichnet.

Die Äquivalenz von (9.3.1) und (9.3.2) ist einfach zu sehen mit der folgendenGradformel: ü Satz 9.4 (Gradformel)

Es sei K ein Körper, L sei ein Erweiterungskörper von K und M sei einErweiterungskörper von L. Dann ist M Erweiterung von K vom Grad@M : KD = @M : LD@L : KD.Beweis. Ohne Einschränkung seien @M : LD, @L : KD <¶. Es sei Hx1, ..., xnL Basis vonL über K und Hy1, ..., ymL Basis von M über L. Dann ist offensichtlich8xi y j » i = 1, ..., n; j = 1, ..., m < eine Basis von M über K (Beweisdetails als Übung).áJetzt sieht man leicht, dass für algebraische Elemente a1, ..., am der KörperL = KHa1, ..., am L als Kette endlicher Erweiterungen K Õ K@a1D Õ K@a1D@a2D =

K@a1, a2D Õ K@a1, a2D@a3D Õ ... Õ K@a1, ..., amD = KHa1, ..., amL = Lendlich über K ist. Das beweist (9.3.2)ï(9.3.1). Ungekehrt ist natürlich auch jedeendliche Erweiterung L von K von endlich vielen über K algebraischen Elementenerzeugt: Ist nämlich @L : KD = n < ¶, so ist jedes Element a œ L algebraisch vomGrad § n, denn 1, a, a2, ..., ansind ja K-linear abhängig. Man kann also einfachirgendeine K-Vektorraumbasis von L nehmen. Das beweist (9.3.1)ï(9.3.2). á

120 Ringe und Körper

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ü Beispiel 9.5

(9.5.1) L =�Aè!!!!2 ,

è!!!!3 E Õ � ist endlicher Erweiterungskörper von � vom Grad 4,

denn K =�Aè!!!!2 E ist vom Grad 2 über � und L = KAè!!!!

3 E ist vom Grad 2 über K dennx2 - 3 ist irreduzibel in K@xD, also das Minimalpolynom von

è!!!!3 über K. (Es giltè!!!!

3 – K. Wäre è!!!!

3 = a+ b è!!!!2 mit a, b œ�, so wäre (quadriere!), weil 1,

è!!!!2 linear

unabhängig über � sind, 3 = a2 + 2 b2, 0 = a b, also 3 = a2 oder 3 = 2 b2,Widerspruch!). Es sei a :=è!!!!

2 +è!!!!3 . Wir wollen zeigen, dass

L =�@aD. Offensichtlich ist �@aD Õ L. Wir müssen nur noch zeigen, dass dasMinimalpolynom von a über � vom Grad 4 ist. Dazu suchen wir nach einer Relationvon a: Das Verfahren kennen wir aus der Schule:a2 = Iè!!!!

2 +è!!!!3 M2 = 5+ 2 è!!!!

6 ïa2 - 5 = 2 è!!!!6 ïHa2 - 5L2 = 24. Damit ist a Nullstelle

von x4 - 10 x2 + 1 und dieses Polynom ist irreduzibel in �@xD, wie wir schon inAbschnitt 8 gezeigt haben.

Damit haben wir gezeigt, dass x4 - 10 x2 + 1 das Minimalpolynom von è!!!!

2 +è!!!!3 ist.

Damit ist A�Aè!!!!2 +è!!!!

3 E :�E = 4 und folglich ist a =è!!!!2 +è!!!!

3 ein Erzeuger des vonè!!!!2 und

è!!!!3 erzeugten Erweiterungskörpers L von �. Wir folgern weiter, dass81, a, a2, a3< eine Basis von L über � ist. Genauso ist aber auch nach der

Gradformel 91,è!!!!

2 ,è!!!!

3 ,è!!!!

6 = eine Basis von L über �. Der Basiswechsel lässt sichleicht angeben. Es gilt nämlich: 1 = 1, a =è!!!!

2 +è!!!!3 , a2 = 5+ 2 è!!!!

6 , a3 = aI5+ 2 è!!!!6 M = Iè!!!!

2 +è!!!!3 M I5+ 2 è!!!!

2 è!!!!3 M = 11 è!!!!

2 + 9 è!!!!3 .

Damit ist der Basiswechsel durch die Matrix

A = ikjjjjjjjjjjjjj 1 0 5 0

0 1 0 11

0 1 0 9

0 0 2 0

y{zzzzzzzzzzzzz gegeben. Es gilt detHAL = 4 ∫ 0. Das ergibt einen weiteren Beweis, dass 1, a, a2, a3

linear unabhängig über � sind und als Konsequenz, dass q = x4- 10 x2 + 1 in�@xD irreduzibel ist.

(9.5.2) �@wD Õ �,wobei w = - 1ÅÅÅÅ2 + 1ÅÅÅÅ2 è!!!!3 i eine primitive dritte Einheitswurzel ist, ist

Erweiterung vom Grad 2, denn bekanntlich ist x2 + x+ 1 das Minimalpolynom.Etwas allgemeiner: Nach (8.23.4) ist xp-1 + ...+ x+ 1 irreduzibel in �@xD, wenn peine Primzahl ist. Damit ist K :=�@zpD eine Erweiterung vom Grad p- 1 von �, wobei zp eine primitive p-te Einheitswurzel in � ist. xp - 1 = Hx- 1L Hxp-1 + ...+ x+ 1L. InK@xD zerfällt das Minimalpolynom xp-1 + ...+ x+ 1 von zpüber � in Linearfaktoren:xp-1 + ...+ x+ 1 =¤ j=1

p-1 Hx- zpjL.

Bisher sind wir von einer Körpererweiterung K Õ L ausgegangen und habengesehen, welche Struktur der von einem über K algebraischen Element a œ L

9 Algebraische Körpererweiterungen 121

Fachbereich Mathematik/Informatik

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erzeugte Erweiterung K@aD hat. Es gilt K@aD @ K@xD ê Xq\, wobeiq ein normiertes irreduziblesPolynomvomGrad n = @K@aD : KD ist.Jetzt starten wir mit einem Körper K und einem beliebigen normierten irreduziblenPolynom q œ K@XD vom Grad n ¥ 1. Der Restklassenring K@xD ê Xq\ ist dann einIntegritätsbereich und wie wir schon in 7.7 gezeigt haben, ein n-dimensionalerK-Vektorraum mit der Basis 81, a, a2, ..., an-1<, wobei a die Restklasse derUnbestimmtem x ist. Mit derselben Argumentation wie in (9.2.3) folgt, dassK@xD ê Xq\ ein Körper ist (Übung) K@xD ê Xq\ = K@aD ist somit ein endlicherErweiterungskörper und q ist das Minimalpolynom von a über K. Es gilt qHaL = 0.Damit haben wir insbesondere bewiesen:ü Satz 9.6

Es sei K Körper und q œ K@XD ein irreduzibles normiertes Polynom vom Grad n ¥ 1.Dann gibt es eine endlichen Erweiterungskörper L von K, in dem q eine Nullstelle abesitzt.

Man kann L = K@xD ê Xq\ wählen. a = x mod q ist dann Nullstelle von q.ü Beispiel 9.7

(9.7.1) Ein Körper mit 16 Elementen ist nun leicht zu konstruieren. Wie wir inAbschnitt 8 mit dem Sieb des Eratosthenes gesehen haben, ist x4 + x+ 1irreduzibel in �2@xD. Folglich ist K = �2@xD ê Xx4 + x+ 1\ = �2@aD mit a4 = a+ 1 einKörper mit @K : �2D = 4. K hat somit die 16 Elemente. Die von Null verschiedenenElemente bilden die multiplikative Gruppe der Ordnung 15. Es gilt somit b15 = 1 füralle b œ Kä. Somit ist b16 - b = 0 für alle b œ K. Mit anderen Worten: Das Polynomf = x16 - x œ �2@xD hat im Erweiterungskörper K von �2 genau 16 verschiedeneNullstellen, zerfällt also über K in Linearfaktoren f =¤bœK Hx- bL. Das ist keinZufall: Ist K ein Erweiterungskörper vom Grad n von �p, so zerfällt das Polynomxpn - x über K in Linearfaktoren. Wir kommen darauf in Abschnitt 10 zurück.

(9.7.2) Nach dem Eisensteinschen Irreduzibilitätskriterium ist x3 - 2 irreduzibel in�@xD. Man erhält eine Erweiterung K =�@xD ê Xx3 - 2\ @�Aè!!!!2

3 E Õ �. Sei a := è!!!!2

3. In

K spaltet x3 - 2 = x3 -a3 einen linearen Faktor ab:

x3 - 2 = Hx-aL Hx2 +a x+a2L. Das quadratische Polynom x2 +a x+a2 ist aber irreduzibel in K@xD Õ �@xD, denn dieNullstellen von x2 +a x+a2 sind nicht reell. Damit kann man denErweiterungskörper L = K@xD ê Xx2 +a x+a2\ betrachten. Es gilt @L : KD = 2 und somitnach der Gradformel @L :�D = 6. Es sei b die Restklasse von x in L. Es gilt alsob2 +a b +a2 = 0.

122 Ringe und Körper

Universität Osnabrück

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Nach dem Gradsatz ist 81, a, a2, b, a b, a2 b< ein Basis von L über �. Es giltL =�@a, bD und über L zerfällt das Polynom x3 - 2 in Linearfaktoren:

x3- 2 = Hx-aL Hx- bL Hx- gL, wobei sich g = a2ÅÅÅÅÅÅÅb = a2 b2 aÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅb b2 a = b2ÅÅÅÅÅÅÅa ergibt. Man nennt daher L einen Zerfällungskörper

des Polynoms x3 - 2. Was ist sonst noch interessant an L? Zum Beispiel diesogenannte Galois-Gruppe G = AutHL ê�L aller �-Isomorphismen j : LöL.Offensichtlich ist G eine Untergruppe von S3, der symmetrischen Gruppe der dreiNullstellen a, b, g von x3 - 2, denn jeder Automorphismus hat keine andere Wahlals diese drei Lösungen der Gleichung x3 = 2 untereinander zu permutieren unddurch die Werte von a und b liegt ein Automorphismus fest, da a und b den KörperL erzeugen. Tatsächlich führen hier alle sechs Permutationen zu Automorphismenvon L. Beispielsweise definiert die Transposition HabL œ S3 den AutomorphismusjHaL = b, jHbL = a, jHgL = jI a2ÅÅÅÅÅÅÅb M = b2ÅÅÅÅÅÅÅa = g. Es ist jedoch nicht ganz klar, dass dadurch

wirklich ein Automorphismen von L definiert wird. Wir wollen die Gruppe G aufandere Weise bestimmen: Wir können b konkret als komplexe Zahl angeben:w := bÅÅÅÅÅa . Dies ist eine primitive dritte Einheitswurzel. Mitq := a- b = a-aw = aH1-wL erhält man ein Element von L, das L über � erzeugt.Es gilt nämlich q6 = a6 H1-wL6 = 4 H1-wL6 =

4 H1- 6 w + 15 w2 - 20+ 15 w - 6 w2 + 1L = 4 H-18+ 9 Hw+w2LL = -4 ÿ27.

Wir behaupten: q = x6 + 108 ist das Minimalpolynom von q. Dazu Schreiben wir diePotenzen 1, q, q2, ..., q5 als rationale Linearkombinationen der Basiselemente1, a, a2, b, a b, a2 b und berechnen die Determinante der Koeffizientenmatrix A: q = a- bq2 = a2 - 2 a b + b2 = a2- 2 a b - a2-a b = -3 a bq3 = -3 a bHa- bL = -3 a2 b + 3 aH-a2 -a bL = -6- 6 a2 bq4 = 9 a2 b2 = -9 a4 - 9 a3 b = -18 a - 18 bq5 = -18 a2 + 18 b2 = -32 a2 - 18 a b

Damit ist die Übergangsmatrix A von der Form

A = ikjjjjjjjjjjjjjjjjjjjjjjj 1 0 0 -6 0 0

0 1 0 0 -18 0

0 0 0 0 0 -32

0 -1 0 0 -18 0

0 0 -3 0 0 -18

0 0 0 -6 0 0

y{zzzzzzzzzzzzzzzzzzzzzzz.

9 Algebraische Körpererweiterungen 123

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Es gilt detHAL = -28 34 ∫ 0. Damit sind die Potenzen qk , k = 0, ..., 5 linearunabhängig über �, also ist q das Minimalpolynom von q. q zerfällt in L@xD inLinearfaktoren. Es seien q1, ..., q6 œ L die Nullstellen von x6 + 4 ÿ27, qk+1 = qH1+wLkfür k = 0, ..., 5. Dabei ist 1+w eine primitive sechste Einheitswurzel. Nach Satz 7.5gibt es zu jedem i = 1, ..., 6 genau einen �-Homomorphismus ji : LöL mitjiHqL = qi. Diese Homomorphismen sind Isomorphismen, weil auch HL, qiL dieuniverselle Eigenschaft aus (7.5.1) erfüllt. Damit haben wir die Galois-Gruppe Gvon L ê� bestimmt. Es gilt G@S3. Die Transposition HabL bestimmt den Automorphismus q# -q = qH1+wL3 = q4. DerDreierzyklus HabgL bestimmt den Automorphismus q = a- b# b - g = b - b2ÅÅÅÅÅÅÅa = q bÅÅÅÅÅa = qw = qH1+wL2 = q3.

Der Isomorphismus S3öG ist durch die folgende Tabelle dargestellt.

1 q# q1HabL q# q4HabgL q# q3HagL q# q6HagbL q# q5HbgL q# q2

ü Definition 9.8

Es sei K ein Körper und f œ K@xD sei ein normiertes (aber nicht notwendigirreduzibles) Polynom vom Grad n ¥ 1. Ein Erweiterungskörper L von K heißt einZerfällungskörper von f , wenn gilt: Es gibt Elemente c1, ..., cn œ L, so dass(9.8.1) f = Hx- c1L ... Hx- cnL,(9.8.2) L = KHc1, ..., cnL.Offensichtlich ist K selbst schon ein Zerfällungskörper von f , wenn f über K inLinearfaktoren zerfällt. Interessant ist natürlich der Fall, wenn f in K@xD irreduzibleKomponenten vom Grad größer als 1 besitzt. ü Satz 9.9 (Existenz eines Zerfällungskörper)

Es sei K ein Körper und f œ K@xD sei ein normiertes (aber nicht notwendigirreduzibles) Polynom vom Grad n ¥ 1. Dann gibt es einen Zerfällungskörper L vonf . Es gilt @L : KD § n !Beweis. Wir zerlegen f in K@xD in seine normierten irreduziblen Faktoren.

f = f1 ÿ ... ÿ fm,

124 Ringe und Körper

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fk œ K@xD irreduzibel. Nach Satz 9.6 gibt es einen Erweiterungskörper K1 von K, indem f1 eine Nullstelle c1 besitzt. Hat man nun schon einen Erweiterungskörper Kk

von K und Elemente c1, ..., ck œ Kk konstruiert, so dass

f = Hx- c1L ... Hx- ckL g1 ... gr

mit irreduziblen Polynomen g j œ Kk@xD, so kann man, falls r ¥ 1 ist, einenErweiterungskörper Kk+1 von Kk finden, in dem g1 eine Nullstelle ck+1 œ Kk+1

besitzt. In Kk+1@xD ist

f = Hx- c1L ... Hx- ckL Hx- ck+1L gè1 g2 ... gr ,

wobei gè 1 œ Kk+1@xD. Nach n Schritten hat man einen Erweiterungskörper Kn von Kerhalten, über dem f in Linearfaktoren zerfällt:

f = Hx- c1L ... Hx- cnL. L = KHc1, ..., cnL ist ein Zerfällungskörper von K. Die Gradabschätzung istoffensichtlich. áü Satz 9.10 (Eindeutigkeit des Zerfällungskörpers)

Es seien K, Kè

Körper und j : KöKè

sei ein Isomorphismus. x sei eineUnbestimmte. Mit j werde auch die eindeutig bestimmte Fortsetzungj : K@xDöK

è @xD von j : KöKè

mit jHxL = x bezeichnet. f œ K@xD sei ein normiertes(aber nicht notwendig irreduzibles) Polynom vom Grad n ¥ 1. Es sei f

è:= jHf L. Es sei

nun L ein Zerfällungskörper von f und Lè sei ein Zerfällungskörper von f

è. Dann gibt

es k § ALè : KE verschiedene Fortsetzungen von j zu einem Isomorphismusy : LöLè. Sind die Nullstellen von f

è in L

è paarweise verschieden, so ist k = ALè : KE.

Beweis. Induktion nach @L : KD. 1. @L : KD = 1. Dann ist L = K und offensichtlich auch L

è = Kè.

2. Induktionsschluss: Es sei @L : KD = d > 0 und für Zerfällungskörper vom Gradkleiner als d sei die Behauptung bewiesen. Schritt I: Es sei L = KHc1, ..., cnL, f = Hx- c1L ... Hx- cnL und Lè = K

è Hcè1, ..., cènL, fè = Hx- cè1L ... Hx- cènL. Da d > 1, ist ohne Einschränkung c1 vom

Grad d1 ¥ 2 über K. Dann ist K@c1D Erweiterung von K mit Minimalpolynomq1 œ K@xD vom Grad d1, f = q1 f1. Es folgt f

è = qè1 fè1. q1, qè1 = jHq1L sind irreduzibel undg1 : K@xD ê Xq1\ö@ K@c1D, x# c1 ist ein K-Isomorphismus. Weiter induziert j einenIsomorphismus d1 : K@xD ë Xq1\öK

è @xDë Xqè1\, der j : KöKè

fortsetzt und dieRestklasse von x auf die Restklasse von x abbildet. Es seien nun genau k1

verschiedene Elemente aus 8cè1, ..., cèn< Nullstellen des Faktors qè1. Seien dies ohneEinschränkung cè1, ..., cèk1

. Für jedes j = 1, ..., k1 erhalten wir nach (7.5.1) einenIsomorphismus yè j : K

è @xD ë Xqè1\öKè @cè jD, der K

è festlässt und die Restklasse von x auf

9 Algebraische Körpererweiterungen 125

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cè j abbildet. Man erhält so für jedes j = 1, ..., k1 einen Isomorphismus j1 j = yè j ë d1 ë g1-1 : K@c1DöK

è @cè jD, der j : KöK

è fortsetzt und c1 in cè j abbildet. Sind die Nullstellen von qè1 paarweise

verschieden, so ist k1 = d1.Schritt II: Wir können nun L auch als Zerfällungskörper von f über K@c1D auffassen und L

è als

Zerfällungskörper von fè

über Kè @cè jD. Es gilt @L : K@c1 DD < d. Nach

Induktionsvoraussetzung gibt es dann � § @L : K@c1 DD verschiedene Fortsetzungendes Isomorphismus j1 j : K@c1DöK

è @cè jD zu einem Isomorphismus LöLè. Damit

erhält man insgesamt k1 � § d1@L : K@c1 DD = @L : KD mögliche Fortsetzungen von j zueinem Isomorphismus LöL

è. Sind die Nullstellen cè1, ..., cèn paarweise verschieden,

so gibt es genau @L : KD verschiedene Fortsetzungen von j zu einemIsomorphismus LöL

è.

Schritt III: Ist y : LöL

è irgendeine Fortsetzung von j, so ist y » K@c1D einer der Isomorphismenj1, j und somit ist y eine der beschriebenen Fortsetzungen. áü Korollar 9.11

Bis auf Isomorphie besitzt ein Polynom f œ K@xD genau einen Zerfällungskörper. ü Korollar 9.12

Ist L der Zerfällungskörper eines Polynoms f œ K@xD, so ist die Galois-GruppeAutHL êKL eine endliche Gruppe der Ordnung d § @L : KD. Ist f =¤k=1

n Hx- ckL mitck œ L, ck ∫ c j für k ∫ j, so ist †AutHL êKL§ = @L : KD. ü Beispiel 9.13

Der Kreisteilungskörper L =�@zpD = �@xD ê Xxp-1 + ...+ x+ 1\, p Primzahl, ist derZerfällungskörper von f = xp - 1 œ�@xD. Die Galois-Gruppe ist eine Gruppe derOrdnung p- 1 = @L :�D. Wegen zp# zp

m# HzpkLm = zp

m k ist AutHL ê�L @ �pä. Wir

werden sehen, dass diese Gruppe zyklisch von der Ordnung p- 1 ist.ü Beispiel 9.14

Wir betrachten noch einmal das Beispiel

K =�Aè!!!!2 +è!!!!

3 E =�@xD ê Xx4 - 10 x2 + 1\. Hier ist schon K der Zerfällungskörper von x4 - 10 x2 + 1, denn die vier Nullstellen≤è!!!!

2 ≤è!!!!3 liegen in K. Die Galois-Gruppe G = AutHK ê�L ist hier offensichtlich die

126 Ringe und Körper

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Kleinsche Vierergruppe! Die Untergruppen von G entsprechen eineindeutig denUnterkörpern von K. G hat die folgenden Untergruppen:j++Xj+-\ Xj--\ Xj-+\

G

Dabei ist j++ :è!!!!

2 +è!!!!3 #è!!!!

2 +è!!!!3 , j+- :

è!!!!2 +è!!!!

3 #è!!!!2 -è!!!!

3 usw.Eine Untergruppe H Õ G bestimmt den Zwischenkörper F, � Õ F Õ K mitF = KH = 8b œ K » " j œ H : jHbL = b<. Man erhält: KXj+-\ = 8b œ K » j+-HbL = b< = �Aè!!!!

2 E, KXj--\ = 8b œ K » j--HbL = b< = �Aè!!!!

6 E, KXj-+\ = 8b œ K » j+-HbL = b< = �Aè!!!!

3 E und damit das Diagramm der Unterkörper

K�Aè!!!!2 E �Aè!!!!

6 E �Aè!!!!3 E�à Übungen 9

(9.1) Bestimmen Sie das Minimalpolynom q von è!!!!

2 +è!!!!5 über � und konstruieren

Sie den Zerfällungskörper von q über �.

(9.2) Es sei K =�Aè!!!!2 ,

è!!!!2

3 E.a) Welchen Grad hat der Körper K über �? Geben Sie eine Basis von K über �an. b) Zeigen Sie: Für q :=è!!!!

2 +è!!!!2

3 gilt K =�@qD. Hinweis: Prüfen Sie die lineare

Unabhängigkeit der Potenzen 1, q, q2, ..., q5.c) Bestimmen Sie das Minimalpolynom q von q über �. (Antwort:q = -4- 24 x+ 12 x2 - 4 x3 - 6 x4 + x6 ). d) Bestimmen Sie den Grad des Zerfällungskörpers L von q über �. (Antwort:@L :�D = 12 )

(9.3) Gibt es einen �-Homomorphismus j : KöL?a) K =�@iD, L =�Aè!!!!

2 iE,b) K =�@iD, L =�@aD, wobei a3 +a+ 1 = 0,c) K =�Aè!!!!

2 E, L =�Aè!!!!3 E.

(9.4) Zeigen Sie: �Aè!!!!2

m,è!!!!

3n E = �Aè!!!!

2m è!!!!

3n E, falls ggTHn, mL = 1. Bestimmen Sie das

Minimalpolynom von è!!!!

2m è!!!!

3n

über � .

9 Algebraische Körpererweiterungen 127

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(9.5) Es sei a œ � mit a3 + 2 a - 1 = 0 . Bestimmen Sie die Minimalpolynome von aund von a2 +a über �.

(9.6) Gibt es einen Isomorphismus �2@xD ê Xx3 + x2 + 1\ö�2@xD ê Xx3 + x+ 1\?(9.7) Bestimmen Sie das Minimalpolynom von

è!!!!3 +è!!!!

5 über dem Körper K.a) K =�, b) K =�Aè!!!!

5 E, c), K = �Aè!!!!!!!10 E d) K =�Aè!!!!!!!

15 E.(9.8) Es sei @K@aD : KD = 5. Zeigen Sie dass K@a2D = K@aD gilt.

(9.9) a) Zeigen Sie: Ist a œ �, also aus 0 und 1 konstruierbar (Beispiel (6.18)), so ista algebraisch über � und ihr Grad ist eine Zweierpotenz. b) Zeigen Sie: 'Die Würfelverdopplung ist unmöglich'. Gemeint ist damit: DieSeitenlänge eines Würfels mit dem Volumen 2 ist nicht konstruierbar.

(9.10) a) Zeigen Sie: Ist p eine Primzahl, derart, dass p- 1 keine Zweierpotenz ist,

so ist die primitive p-te Einheitswurzel zp = e2 p iÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅp nicht konstruierbar, der Winkel

360ÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅp

Grad ist also nicht konstruierbar.

b) Zeigen Sie: Primzahlen der Form 2n + 1 haben sogar die Form 22m + 1. Sieheißen Fermat-Primzahlen.

c)* Zeigen Sie: Ist p eine Fermat-Primzahl, so ist zp = e2 p iÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅp konstruierbar. Gauss hat

diese Aufgabe im Alter von 19 Jahren gelöst!

10 Anwendungen: Der Fundamentalsatz der Algebra, endliche Körper

Inhalt: Es werden drei elementare Beweise des Fundamentalsatzes der Algebra gegeben. Einer dieser Beweise ist eine Anwendung von Zerfällungskörpern. Als weitere Anwendung von Zerfällungskörpern werden die endlichen Körper klassifiziert. Eine Formel für die Anzahl der normierten irreduziblen Polynome vom Grad m in �q@xD wird hergeleitet. ü Definition 10.1

Es sei K ein Körper. K heißt algebraisch abgeschlossen, wenn jedesnicht-konstante Polynom f œ K@xD eine Nullstelle in K besitzt und somit über K inLinearfaktoren zerfällt.

128 Ringe und Körper

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ü Bemerkung 10.2

Jeder Körper besitzt einen algebraisch abgeschlossenen Erweiterungskörper. Daswollen wir hier nicht beweisen (siehe [1]). Vielmehr wollen wir uns mit demHauptsatz der Algebra beschäftigen und drei verschiedene Beweise vorstellen.Weitere Beweise werden in der Funktionentheorie behandelt (siehe:Freitag/Busam: Funktionentheorie 1 oder Fischer/Lieb: Funktionentheorie).Natürlich kommt man, bedingt durch die Konstruktion der reellen Zahlen, nichtganz ohne Analysis, beziehungsweise Topologie (Stetigkeitsüberlegungen) aus.ü Satz 10.3 (Fundamentalsatz der Algebra)

Der Körper der komplexen Zahlen ist algebraisch abgeschlossen.ü Bemerkung 10.4

Wir wollen den drei Beweisen einige Bemerkungen vorausschicken. Für dasVerständnis ist es wichtig, die richtge geometrische Vorstellung in der komplexenZahlenebene zu entwickeln: Ein komplexes nicht-konstantes Polynom definiert einestetige Abbildung F der komplexen Ebene in sich. Die geometrischenEigenschaften dieser Abbildung sollen untersucht werden. Wie werden Kreise

Kr = 8z œ � » †z§ = r< abgebildet, welche Gestalt hat also die Bildkurve

FHKr L, t # FHr e2 p i tLder einmal durchlaufenen Kreislinie

Kr , t # r e2 p i t, 0 § t § 1?

Ist zum Beispiel GHzL = z3 - 2, so wird GHKr L ein dreimal durchlaufener Kreis vomRadius r3 mit Mittelpunkt -2 sein. Ist r klein (r < è!!!!

23

), so wird der Nullpunktaußerhalb dieses Bildkreises sein. Ist r jedoch groß (r > è!!!!

23

), so wird der Nullpunktim Inneren des Kreises liegen. Nach dem Zwischenwertsatz für stetige Funktionenmuss es somit einen Radius r geben, so dass der Nullpunkt auf dem Bildkreis liegt.In diesem Beispiel kennen wir das Ergebnis: r = è!!!!

23

. Der Bildkreis des Kreises vomRadius r = è!!!!

23

durchläuft dreimal den Nullpunkt. G hat drei komplexe Nullstellen.Betrachtet man nun eine 'kleine' Störung FHzL = GHzL+ a z = z3 + a z- 2, a œ �, vonG, etwa mit †a§ < 1ÅÅÅÅ

4, so sieht man, dass der 'Störterm' a z die alte Bildkurve in jedem

Punkt GHr e2 p i tL = r e6 p i t - 2 um den Punkt a r e2 p i t verschiebt. Es gilt†FHzL-GHzL§ = †a§ r für alle †z§ = r . Damit verläuft die Bildkurve FHKr L ganz in demKreisring mit Mittelpunkt -2 zwischen den Randkreisen mit den Radien r3 + †a§ r und

10 Anwendungen: Der Fundamentalsatz der Algebra, endliche Körper 129

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r3 - †a§ r , wobei r2 > †a§ gelten muss. FHKr L ist jedoch kein Kreis, sondern einegeschlossene Kurve, die den Punkt -2 dreimal umläuft. Natürlich werden auch allePunkte, die einen Abstand kleiner als r3 - †a§ r von -2 haben von FHKr L dreimalumlaufen. Ist nun r2 > †a§, r3 + †a§ r < 2, so liegt der Nullpunkt 'außerhalb' derBildkurve FHKr L. Ist jedoch r3 - †a§ r > 2, so liegt der Nullpunkt 'innerhalb' derBildkurve. Lässt man den Radius zwischen diesen beiden Extremen laufen, somuss aus Stetigkeitsgründen irgendwann der Nullpunkt auf der Bildkurve liegen,d.h. F muss eine Nullstelle besitzen.

w=FHzL=z3- 1ÅÅÅÅÅ5

z-2, †z§= r, r= 1.26

w=0 w=FHzL=z3- 1ÅÅÅÅÅ5

z-2, †z§= r, r= 1.36

w=0w=FHzL=z3- 1ÅÅÅÅÅ

5z-2, †z§= r, r= 1.06

w=0 w=FHzL=z3- 1ÅÅÅÅÅ5

z-2, †z§= r, r= 1.16

w=0Diese Idee kann man verallgemeinern: Man startet mit einem beliebigen normiertenPolynom

FHzL = zn + an-1 zn-1 + ...+ a0.

Ist a0 = 0, so ist z = 0 eine Nullstelle. Wir setzen also voraus, dass FH0L = a0 ∫ 0 gilt.Wir denken uns FHzL als Störung des einfachen Polynoms

GHzL = zn + a0,

dessen n verschiedene Nullstellen wir ja schon kennen: Es sindck = a e

2 p i kÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅn , k = 0, ..., n- 1, wobei a eine n-te Wurzel von -a0 ist. Die BildkurveGHKr L ist ein n-mal durchlaufener Kreis vom Radius rn mit Mittelpunkt a0. Da a0 ∫ 0,wird für sehr kleine Radien r der Nullpunkt außerhalb des Bildkreises GHKr L liegen.Man muss sich überlegen, dass dies auch für die Bildkurve FHKr L gilt, wenn r sehrklein ist. Ist hingegen r sehr groß, so liegt sicher der Nullpunkt im Inneren des

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Kreises GHKr L. Der Nullpunkt wird dann also n-mal von dem Bildkreis GHKr L'umlaufen' Wieder muss man sich überlegen, dass dies dann auch für die BildkurveFHKr L gilt, sofern man r nur groß genug gewählt hat. Aus Stetigkeitsgründen mussdann für ein gewisses r die Bildkurve durch den Nullpunkt laufen, also F eineNullstelle besitzen. Wir werden dies unten etwas genauer ausführen (dritterBeweis, siehe auch: Artin [1], Seite 606 und Fulton: Algebraic Topology, A FirstCourse, Seiten 41 und 48). Insbesondere muss man präzisieren, was es bedeutensoll, dass eine geschlossene Kurve einen Punkt n-mal umläuft. Das führt zumBegriff der Umlaufzahl (winding number).

Man kann den Fundamentalsatz der Algebra auch so formulieren. Ist F :�ö� diedurch ein nicht-konstantes Polynom definierte Abbildung der komplexenZahlenebene in sich, so ist F surjektiv.

Wir beginnen mit Vorbereitungen aus der Analysis.ü Satz 10.5

Es sei f = an xn + an-1 xn-1 ...+ a0 œ �@xD ein Polynom vom Grad n > 0 . Zu jeder ZahlC > 0 gibt es ein r > 0, so dass für alle z œ � mit †z§ > r gilt:†an zn§ > C †an-1 zn-1 + ...+ a0§.Beweis. Es sei A := C maxi<n †ai§. r := AÅÅÅÅÅÅÅÅņan§ + 1, also A = †an§ Hr - 1L. Es sei nun †z§ > r ,

also insbesondere †z§ > 1 und †an§ H†z§- 1L > †an§ Hr - 1L = A, also

†an§ > AÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅņz§-1

und somit

C †an-1 zn-1 + ...+ a0§ § CH†a0§+ †a1§ †z§+ ...+ †an-1§ †z§n-1L § AH1+ †z§+ ...+ †z§n-1L =A †z§n-1ÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅņz§-1

< A †z§nÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅņz§-1< †an zn§. áü Korollar 10.6

(10.6.1) Es sei f = an xn + an-1 xn-1 ...+ a0 œ �@xD ein reelles Polynom vom Gradn > 0 . Dann gibt es ein r > 0, so dass für alle x œ � mit †x§ > r der Leitterm an xn undf HxL dasselbe Vorzeichen besitzen.

(10.6.2) Es sei f = an xn + an-1 xn-1 ...+ a0 œ �@xD ein Polynom vom Grad n > 0 . Zujedem s > 0 gibt es ein r > 0 so dass †f HzL§ > s für alle z œ � mit †z§ > r gilt. (Bemerkung: Setzt man f H¶L =¶, so wird f eine stetige Abbildung derRiemannschen Zahlenkugel �‹8¶< in sich, wobei die MengenUr = 8¶< ‹ 8z œ � » †z§ > r<, r > 0, offene Umgebungen von ¶ sind.)

10 Anwendungen: Der Fundamentalsatz der Algebra, endliche Körper 131

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Beweis. Zu (10.6.1): Nach Satz 10.5 gibt es ein r > 0, so dass †f HxL- an xn§ = †an-1 xn-1 + ...+ a0§ < †an xn§ für alle x œ � mit †x§ > r . Es gilt also

an xn - †an xn§ < f HxL < an xn + †an xn§, falls †x§ > r . Daraus folgt die Behauptung: Ist an xn negativ, so istf HxL < an xn + †an xn§ = 0, also f HxL negativ. Ist an xn positiv, so ist0 = an xn - †an xn§ < f HxL, also f HxL positiv.

Zu (10.6.2): Nach Satz 10.5 gibt es ein r > 0, so dass 1ÅÅÅÅ2 †an zn§ > †f HzL- an zn§ für †z§ > r .

Es folgt †f HzL§ ¥ †an zn§- †f HzL- an zn§ > †an zn§- 1ÅÅÅÅ2 †an zn§ > 1ÅÅÅÅ2 †an§ rn für †z§ > r . Darausfolgt leicht die Behauptung. áAus (10.6.1) folgt nun sehr leicht mit dem Nullstellensatz für stetige Funktionen,dass ein reelles Polynom ungeraden Grades eine reelle Nullstelle besitzt. Der Nullstellensatz für stetige Funktionen besagt: Eine reellwertige stetige Funktionauf einem Intervall @a, bD, die in a und b Werte mit verschiedenen Vorzeichen hat,besitzt zwischen a und b eine Nullstelle.ü Satz 10.7

Jedes reelle Polynom ungeraden Grades besitzt eine reelle Nullstelle. áMit diesem Satz wird es uns gelingen den Fundamentalsatz mit Hilfe vonZerfällungskörpern zu beweisen. Das wird unser zweiter Beweis sein.

Für einen ersten Beweis des Fundamentalsatzes brauchen wir die folgendeFolgerung aus (10.6.2). ü Satz 10.8

Es sei f = an xn + an-1 xn-1 ...+ a0 œ �@xD ein Polynom vom Grad n > 0 . Dann gibt eseine komplexe Zahl z0, so dass †f Hz0L§ § †f HzL§ für alle z œ �. Man sagt: Die Funktion†f § nimmt ihr Minimum an.

Beweis. Es sei s irgendein Wert der Funktion †f §. Dann gibt es nach (10.6.2) einr > 0, so dass †f HzL§ > s für alle †z§ > r. Wir brauchen nach dem Minimum von †f § nurin dem abgeschlossenen Kreis K = 8z œ � » †z§ § r< zu suchen. Aus der Analysis istbekannt, dass jede stetige Funktion h : Kö� ihr Minimum in K annimmt (sieheetwa Forster: Analysis 1, Seite 67, §11 Satz 2 bzw. Analysis 2, Seite 22, §3, Satz7). áAus diesem Satz und dem folgenden Satz ergibt sich nun verblüffend schnell unsererster Beweis des Fundamentalsatzes.

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ü Satz 10.9

Es sei f = an xn + an-1 xn-1 ...+ a0 œ �@xD ein Polynom vom Grad n > 0 . Zu jederkomplexen Zahl z0 mit f Hz0L ∫ 0 gibt es eine komplexe Zahl z1 mit †f Hz1L§ < †f Hz0L§. Beweis. Ohne Einschränkung sei z0 = 0, also f H0L = a0 ∫ 0. Ansonsten ersetze manf durch hHxL = f Hx+ z0L. Wir können f in folgender Form darstellenf = an xn + an-1 xn-1 ...+ ak xk + a0 = xk+1 gHxL+ ak xk + a0 mit 1 § k § n, ak ∫ 0 und g œ �@xD. Wähle jetzt b œ � mit †b§ = 1 so, dass a0 und ak bk

reell linear abhängig sind und entgegengesetzte Richtung haben (durchMultiplikation mit bk muss also ak in die engegengesetzte Richtung von a0 'gedreht'werden, was natürlich möglich ist).

Dann gilt für alle t œ � mit 0 < t § I †a0§ÅÅÅÅÅÅÅÅņak § M 1ÅÅÅÅk : †ak bk tk +a0§ = -†ak § tk + †a0§ und somit †f Ht bL§ § tk+1 †gHt bL§+ †ak bk tk + a0§ = tk+1 †gHt bL§- †ak § tk + †a0§ = †a0§- tkH†ak §- t †gHt bL§L. Wenn man nun t > 0 klein genug wählt, so ist †ak §- t †gHt bL§ > 0, also gilt dann fürz1 = t b die gewünschte Ungleichung †f Hz1L§ < †a0§. ü Erster Beweis des Fundamentalssatzes

Aus 10.8 folgt, dass der minimale Wert von †f § angenommen wird, und nach 10.9muss dieser Wert dann Null sein, f besitzt also eine Nullstelle. áIm zweiten Beweis kommen wir mit dem Satz 10.7 aus, der einfacher ist als Satz10.8. Dieser Beweis ist mehr algebraisch. Wesentlich wird der Zerfällungskörpereines Polynoms benutzt.

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ü Zweiter Beweis des Fundamentalssatzes

Wir gehen in mehreren Schritten vor.Schritt I: Es sei f ein reelles normiertes Polynom vom Grad n > 0. Behauptung: f hat eine Nullstelle z œ �. Wir führen den Beweis dieser Behauptung durch Induktion nach der Vielfachheitm = v2HnL der Primzahl 2 in n. Induktionsanfang: m = 0. Das bedeutet n = 20 k, k ungerade. Nach Satz 10.7 besitztf sogar eine reelle Nullstelle. Damit ist der Induktionsanfang bewiesen.Induktionsschluss: Es sei m > 0 und f sei Polynom vom Grad n = 2m k, k ungerade.Für Polynome vom Grad 2m£ k£, m£ < m, k£ ungerade, sei die Behauptung schonbewiesen. Es sei L ein Zerfällungskörper von f über �. Insbesondere zerfällt f überL in Linearfaktoren und es gilt � Õ L. Es seien c1, ..., cn œ L, so dass

f =¤ j=1n Hx- c jL.

Wir wählen nun einen reellen Parameter a, über den wir später noch weiteresfordern. a wird als konstant angesehen. Es sei nun

yi j = ci c j + aHci + c jL für 1 § i < j § n. Die Anzahl dieser Elemente yi j œ L ist d := ikjjn2y{zz = nHn-1LÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅ2 = 2m-1 k£,wobei k£ = kHn- 1L ungerade ist, weil k und n- 1 es sind. Nach Induktionsvoraussetzung haben alle reellen Polynome vom Grad d einekomplexe Nullstelle. Das Polynom

h = ha :=¤i< j Hx- yi jL = xd - s1 xd-1 + ...+ H-1Ld sd

hat den Grad d, ist allerdings nach Definition ein Polynom mit Koeffizienten in demErweiterungskörper L von �. Wir werden jedoch zeigen, dass die Koeffizienten snin � liegen! Die Koeffizienten sn sind nach Definition die elementarsymmetrischenPolynome in den Nullstellen yi j von h. Bei festem a hängen die sn nur von denNullstellen c1, ..., cn ab. Wir schreiben

hnHc1, ..., cnL = snHyi j, 1 § i < j § nL. Es gilt sn œ �@yi jD und da a œ � folgt

hn œ �@c1, ..., cnD. Man sieht nun sehr leicht ein, dass hn symmetrisch in den Nullstellen c1, ..., cn vonf ist, denn vertauscht man die Nullstellen c1, ..., cn mit einer Permutation p œ Sn, sowerden die 'Variablen' yi j von sn ebenfalls nur vertauscht mit der PermutationHi jL# Hp i, p jL. Da sn symmetrisch in den yi j ist, ist auch hn symmetrisch in den ci.

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Nach dem Hauptsatz über symmetrische Polynome (7.20) gibt es Polynomegn œ �@x1, ..., xnD, so dass

hnHc1, ..., cnL = gnHs1, ..., snL, wobei s j das j -te elementarsymmetrische Polynom von c1, ..., cn ist. Das heißt, esgilt

f =¤ j=1n Hx- c jL = xn -s1 xn-1 + ...+ H-1Ln sn.

Da nach Voraussetzung f ein reelles Polynom ist, gilt s j œ � für alle j = 1, ..., n. Esfolgt sn = hnHc1, ..., cnL = gnHs1, ..., snL œ �. Damit ist h ein reelles Polynom und hatsomit nach Induktionsvoraussetzung eine komplexe Nullstelle, mit anderen Worten:eine der Nullstellen yi j = ci c j + aHci + c jL von h muss komplex sein. Das IndexpaarHi, jL hängt dabei von a ab. Da aber nur endlich viele Indexpaare Hi, jL jedochunendlich viele Parameter a vorkommen, können wir zwei verschiedene reelleZahlen a, a£ und ein Indexpaar Hi, jL finden, so dass ci c j + aHci + c jL undci c j + a£Hci + c jL beide komplex sind! Ohne Einschränkung sei i = 1, j = 2. Es folgt,dass dann (beachte a ∫ a£) auch c1 + c2 und c1 c2 komplex sind. Die Nullstellenc1, c2 von x2 - Hc1 + c2L x+ c1 c2 œ �@xD sind dann ebenfalls komplex. f besitzt also-wie behauptet- eine komplexe Nullstelle.

Schritt II: Es sei f ein komplexes normiertes Polynom vom Grad n > 0. Behauptung: f hat eine Nullstelle z œ �. Zum Beweis betrachte man das Polynom f

ê, welches das Bild unter dem

Isomorphismus �@xDö�@xD, ⁄ j=0n a j xj #⁄ j=0

n aêê j x j ist. Dann ist f fê œ �@xD, wie man

leicht nachprüft. f fê hat also nach Schritt I eine komplexe Nullstelle c. Es folgtf HcL fêHcL = 0. Da f HcêêL = f

êHcLêêêêêê, ist somit c oder cêê Nullstelle von f . Der Fundamentalsatz

ist bewiesen. áWie versprochen, soll ein dritter Beweis, der etwas Topologie verwendet, folgen:ü Dritter Beweis des Fundamentalssatzes

Hier benutzen wir den etwas scherzhaft 'Hund an einer Leine' Theorem('Dog-on-a-Leash' Theorem) genannten Satz des berühmten französischenMathematikers Henri Poincaré (1854-1912):

Läuft ein Mann mit seinem Hund sagen wir n-mal um einen Hydranten und ist seinAbstand zum Hydranten stets größer als die Länge der Hundeleine, so läuft auchder Hund n-mal herum.

Die mathematisch präzise Formulierung benutzt den Begriff der Umlaufzahl. Es sei g : @0, 1Dö� \ 80< ein geschlossener Weg, d. h. eine stetige Abbildung mitgH0L = gH1L. Man kann genau eine stetige Abbildung j : @0, 1Dö� finden, so dass

10 Anwendungen: Der Fundamentalsatz der Algebra, endliche Körper 135

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gHtL = †gHtL§ e2 p i jHtL und jH0L = 0. (Da dies anschaulich klar ist, wollen wir das hiernicht beweisen, siehe Fulton loc. cit.) Dann heißt wHg, 0L := jH1L die Umlaufzahl vong bezüglich 0. Wichtig ist nun die sogenannte Homotopieinvarianz dieser Definition.Sind g0, g1 : @0, 1Dö� \ 80< zwei homotope geschlossene Wege, d. h. gibt es einestetige Abbildung H : @0, 1Dµ @0, 1Dö� \ 80< mit

HHt, 0L = g0HtL, HHt, 1L = g1HtL, HH0, sL = HH1, sL für alle t, s œ @0, 1D, so istwHg0, 0L = wHg1, 0L. H nennt man eine Homotopie zwischen g0 und g1. (Zum Beweissiehe Fulton loc. cit. )Das 'Hund an einer Leine' Theorem lautet nun folgendermaßen:

Satz: Es seien g0, g1 : @0, 1Dö� \ 80< zwei geschlossene Wege und für keint œ @0, 1D liege 0 auf der Verbindungstrecke von g0HtL und g1HtL. Dann istwHg0, 0L = wHg1, 0L.Beweis. HHs, tL = H1- sL g0HtL+ s g1HtL definiert eine Homotopie H : @0, 1Dµ @0, 1Dö� \ 80< zwischen g0 und g1 und somit folgt wHg0, 0L = wHg1, 0L. áDie Voraussetzungen dieses Satzes sind offenbar erfüllt, wenn die "Leine kürzer istals der Abstand des Mannes zum Hypranten". g0HtL sei der Ort des Mannes, g1HtLsei der Ort des Hundes und 0 die Position des Hydranten. Dann ist also dieBedingung des Satzes erfüllt, wenn †g0HtL- g1HtL§ < †g0HtL§ für alle t œ @0, 1D.Jetzt können wir den dritten Beweis des Fundamentalsatzes führen: Es seif = an xn + an-1 xn-1 ...+ a0 œ �@xD ein Polynom vom Grad n > 0 . Es sei r > 0. DieUmlaufzahl des Weges g0HtL = an rn e2 p i n t = an zn, 0 § t § 1, bezüglich 0 istoffensichtlich n, denn jHtL = n t und jH1L = n. Der Weg g1HtL = f Hr e2 p i tL = f HzL, 0 § t § 1 hat nach Satz 10.5 die folgendeEigenschaft, wenn man nur r hinreichend groß wählt: †g0HtL- g1HtL§ = †f HzL- an zn§ = †an-1 zn-1 + ...+ a0§ < †an zn§ = †g0HtL§ für alle t œ @0, 1D, wobei z = r e2 p i t.Nach dem 'Hund an einer Leine' Theorem gilt nun auch wHg1, 0L = n. Nehmen wir nun an, dass f keine Nullstellen hat. Dann definiert f also eineAbbildung f :�ö� \ 80< und somit ist H : @0, 1Dµ @0, 1Dö� \ 80< mitHHt, sL = f Hr s e2 p i tL eine Homotopie zwischen dem konstanten Weg d : t # f H0L,welcher natürlich die Umlaufzahl 0 hat, und dem Weg g1. Es folgt wegen derHomotopieinvarianz der Umlaufzahl wHg1, 0L = wHd, 0L = 0, womit wir einenWiderspruch zu wHg1, 0L = n > 0 erhalten haben. Die Annahme war also falsch. fhat also eine komplexe Nullstelle. Damit ist der dritte Beweis beendet. áDer zweite Beweis des Fundamentalsatzes ist eine schöne Anwendung derZerfällungskörper und des Hauptsatzes über symmetrische Funktionen.

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Eine weitere Anwendung der Zerfällungskörper ist die Klassifikation der endlichenKörper, also der Körper mit nur endlich vielen Elementen. Das wollen wir jetztuntersuchen. Die endlichen Körper spielen eine sehr wichtige Rolle in derKodierungstheorie (Stichwort: Fehlerkorrigierende Codes, error-correcting codes)ü Satz 10.10

Es sei K ein endlicher Körper und n ¥ 1. Dann gibt es bis auf K-Isomorphie genaueine endliche Erweiterung L von K vom Grad n über K. Ist q die Anzahl der Elemente von K, so ist L isomorph zum Zerfällungskörper vonf = xqn - x über K.

Beweis. Zur Eindeutigkeit: Es sei †K § = q. Ist L Erweiterung von K vom Grad n überK, so ist †L§ = qn. Damit ist die multiplikative Gruppe von L von der Ordnung qn - 1und folglich gilt für alle Elemente a œ L \0 : aqn-1 = 1 und folglich für alle Elementea œ L: aqn - a = 0. Damit zerfällt das Polynom xqn - x œ K@xD über L inLinearfaktoren. L ist also ein Zerfällungskörper von xqn - x über K und nach demSatz über die Eindeutigkeit des Zerfällungskörpers ist L also eindeutig durch denGrad n über K bestimmt.Zur Existenz: Wir müssen nur noch zeigen, dass der Zerfällungskörper L vonxqn - x über K den Grad n hat. Es ist also zu zeigen, dass L qn Elemente hat.Zunächst sieht man leicht, dass

f = xqn - x

nur einfache Nullstellen in L besitzt. Da die Ableitung f £ von f den konstanten Wert-1 hat, denn in L gilt ja qn = 0, sind nach dem folgenden Lemma 10.11 alleNullstellen von f einfach. Damit folgt, dass L mindestens qn Elemente hat. Eskönnen aber auch nicht mehr sein: Dazu zeigt man, dass die qn Nullstellen von feinen Unterkörper F von L bilden. Da L der kleinste Körper ist über dem f inLinearfaktoren zerfällt, ist L = F und wir sind fertig. Zu zeigen ist also nur noch diefolgende Behauptung: Die Menge F der qn Nullstellen von f ist ein Unterkörper von L.Beweis. 1) 0, 1 sind Nullstellen von f .2) Sind a, b Nullstellen von f , so gilt aqn = a, bqn = b und da q = pm mit einerPrimzahl p folgt Ha+ bLqn = aqn + bqn = a+ b, also ist auch a+ b Nullstelle von f .3) Aus aqn = a, bqn = b folgt Ha bLqn = aqn bqn = a b undHa-1Lqn = IaqnM-1 = a-1.Damit ist die Behauptung bewiesen. á

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ü Lemma 10.11

Es sei K ein Körper und L ein Erweiterungskörper. Ist f œ K@xD und a œ L, so gilt: aist mehrfache Nullstelle von f genau dann, wenn f HaL = f £HaL = 0.

Beweis. Die Ableitung f £ eines Polynoms f = ⁄ j=0n a j x j wird algebraisch erklärt

durch f £ =⁄ j=1n j a j x j-1. Es gelten die bekannten Rechenregeln, z. B. die

Produktregel Hf gL£ = f £ g+ f g£. Ist nun a eine mehrfache Nullstelle von f , so ist f = Hx- aL2 g, alsof £ = 2 Hx- aL g+ Hx- aL2 g£, und somit f HaL = 0, f £HaL = 0.Ist umgekehrt f HaL = 0 und f £HaL = 0, so ist f = Hx- aL h, f £ = h+ Hx- aL h£ und somit0 = f £HaL = hHaL, woraus folgt, dass f ein mehrfache Nullstelle in a besitzt. áü Definition 10.12

Es sei p eine Primzahl und q = pn. Den Zerfällungskörper von xq - x über �p

bezeichnen wir mit �q.

Nach Satz 10.10 ist @�q : �pD = n. Es ist noch unklar, wie der Körper �q im Detailaussieht. Wir wollen die wichtigsten Eigenschaften des Körpers �q vorstellen,natürlich mit Beweis! Die erste wichtige Aussage ist die auf den ersten Blickverblüffende Eigenschaft, dass die multiplikative Gruppe von �q, also �q \0, einezyklische Gruppe ist. Da wir den Hauptsatz über endliche abelsche Gruppen zurVerfügung haben, sollte der Beweis nicht schwierig sein.ü Satz 10.13

(10.13.1) Ist K ein Körper und G eine endliche Untergruppe der multiplikativenGruppe Kä, so ist G zyklisch.

(10.13.2) Die multiplikative Gruppe �qä von �q ist zyklisch von der Ordnung q- 1.

Beweis. Wir brauchen nur (10.13.1) zu beweisen. Es sei d ¥ 1 ein Teiler derOrdnung von G. Da das Polynom f = xd - 1 höchstens d Nullstellen in K hat, besitztdie Gruppe G höchstens d Elemente g mit gd = e und folglich ist G nach demfolgenden Satz 10.14 zyklisch. áü Satz 10.14

Es sei G eine endliche abelsche Gruppe der Ordnung m. Für jeden Teiler d von mgebe es höchstens d Elemente g œG mit gd = e. Dann ist G zyklisch.

Beweis. Wir können den Hauptsatz über endliche abelsche Gruppen heranziehen.G ist ein direktes Produkt zyklischer Gruppen G j der Ordnung g j mit g1 » g2 » ... » gs.

138 Ringe und Körper

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Ist G nicht zyklisch, also s > 1, so gibt es mehr als nur g1 Elemente x œG mitxg1 = e. Alle Elemente im direkten Faktor G1 haben diese Eigenschaft. Da g1 Teilervon g2 kommen im direkten Faktor G2 weitere solche Elemente vor. Da g1 dieGruppenordnung teilt, haben wir im Fall, dass G nicht zyklisch ist, einen Teiler dder Gruppenordnung gefunden, so dass die Anzahl der Elemente g œG mit derEigenschaft gd = e größer als d ist. áü Satz 10.15

Es sei p eine Primzahl und q = pn. (10.15.1) Es sei q œ �q

ä ein Erzeuger der zyklischen Gruppe �qä. Dann gilt�q = �p@qD und das Minimalpolynom f œ �p@xD von q über �p ist ein irreduzibles

Polynom vom Grad n. Es gilt

f =¤k=1

n Ix- qpk M.Insbesondere gibt es für jedes n ¥ 1 mindestens ein irreduzibles Polynom vomGrad n in �p@xD. Man nennt q ein primitives Element von �q.

(10.15.2) Die Galoisgruppe AutH�q ê�pL hat die Ordnung n.

(10.15.3) Der sogenannte Frobenius-Homomorphismus F : �qö�qmitFHaL := ap ist ein Erzeuger der Galoisgruppe AutH�q ê�pL. Insbesondere ist dieGaloisgruppe AutH�q ê�pL zyklisch.

(10.15.4) Es gibt eine bijektive Beziehung zwischen den Untergruppen vonAutH�q ê�pL und den Unterkörpern von �q. Zur Untergruppe XFd\, d » n, gehört derUnterkörper 8a œ �q » FdHaL = a< @ �pd.

Beweis. Zu (10.15.1): Aus �qä = 91, q, q2, ..., qq-2= folgt natürlich insbesondere�q = �p@qD. Da q = pn, hat das Minimalpolynom f œ �p@xD von q über �p den Grad n.

Es sei

f = ⁄k=0n ak xk .

Aus f HqL = 0 folgt f HqpL = ⁄k=0

n ak qp k = ⁄k=0

n Hak qkLp = f HqLp = 0. Damit sind q, qp, qp2, ..., qpn-1

die verschiedenen Nullstellen von f .

Zu (10.15.2): Da �q der Zerfällungskörper von xq - x über �p ist, und da dieNullstellen von xq - x einfach sind, hat die Galoisgruppe AutH�q ê�pL nach Korollar9.12 die Ordnung n.

Zu (10.15.3): Da die Charakteristik von �q gleich p ist, ist F einKörperisomorphismus. Da q ein Element der Ordnung q- 1 = pn - 1 ist, ist

10 Anwendungen: Der Fundamentalsatz der Algebra, endliche Körper 139

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FkHqL = qpk ∫ q für 1 § k < n und somit ist F von der Ordnung ¥ n, also von derOrdnung n und ein Erzeuger von AutH�q ê�pL.Zu (10.15.4): Es sei � die Menge der Untergruppen von AutH�q ê�pL und � dieMenge der Unterkörper von �q. Ist H œ�, so ist H = XFd\ für ein d > 0 mit d » n.KH := 8a œ �q » FdHaL = a< ist dann ein Unterkörper von K = �q, wie man sofort sieht.Um die Ordnung von KH zu bestimmen, schreiben wir n = d r mit r œ �. Dann istq- 1 = HpdLr - 1 = Hpd - 1L s mit s œ �. Folglich ist xq-1 - 1 = xHpd-1L s - 1 = IxHpd-1L - 1M g mit g œ �p@xD und somit xq - x = Ixpd - xM g. Da die Elemente von �q genau die Nullstellen von xq - x sind,müssen genau pd Elemente von �q Nullstellen von xpd - x sein. Das sind nachDefinition die Elemente in KH. Also ist KH @ �pd. Die Abbildung H# KH ist somitinjektiv. Sie ist aber auch surjektiv. Sei dazu F Õ K ein Unterkörper vom Grad düber �p. Nach der Gradformel ist dann d ein Teiler von n. Weiter ist F @ �pd undsomit gilt apd = a für alle a œ F. Das heißt: F = KH mit H = XFd\. áBemerkung: (10.15.4) ist ein Beispiel für den Hauptsatz der Galoistheorie, der fürsogenannte Galoiserweiterungen L êK die Untergruppen der GaloisgruppeAutHL êKL mit den Zwischenkörpern K Õ F Õ L in eineindeutige Beziehung setzt. ü Beispiel 10.16

(10.16.1) �8 = 80, 1, a2, ..., a7< ist nach Definition der Zerfällungskörper von x8- xüber �2. Es gilt x8 - x = xHx- 1L Hx-a2L ... Hx-a7L. Da �8

äzyklisch von der Ordnung 7ist und 7 eine Primzahl ist, ist jedes Element a j, j = 2, ..., 7 ein primitives Elementvon �8. Es sei a = a2. Dann ist �8 = 80, 1, a, a2, ..., a6<. Das Minimalpolynom f vona = a2 hat den Grad 3 und, wie wir gesehen haben, die Faktorisierung

(10)f = Hx-aL Hx-a2L Hx-a4L. Da f ein irreduzibles Polynom in �2@xD ist, folgt

(11)f = x3 + x2 + 1

oder

(12) f = x3 + x+ 1

(dies sind die einzigen irreduziblen Polynome vom Grad 3 in �2@xD) und durchKoeffizientenvergleich erhält man aus (10) und (11) (i) 1 = a+a2+a4, 0 = s2Ha, a2, a4L = a3 +a5 +a6, 1 = a7

und aus (10) und (12)(ii)= 0 = a+a2 +a4, 1 = s2Ha, a2, a4L = a3 +a5 +a6, 1 = a7.Man kann dies aber jeweils auch direkt aus der Relation f HaL = 0 ableiten. Wirdemonstrieren dies im Fall (i): Aus der Isomorphie �2@xD ê Xx3 + x2 + 1\ @ �8, x# a, folgt

140 Ringe und Körper

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a3 = 1+a2 und somit folgt weiter a4 = aa3 = aH1+a2L = a+a3 = 1+a+a2,a5 = aH1+a+a2L = a+a2 +a3 = 1+a, a6 = a3 +a5 = 1+a2 + 1+a = a+a2,a7 = 1.

Hat adas Minimalpolynom x3 + x2 + 1, so folgt für b = a3 die Gleichungb3 + b+ 1 = a9 +a3 + 1 = a2 +a3 + 1 = 0. b hat also das Minimalpolynom x3 + x+ 1. Es ist klar: alle irreduziblen Polynome desselben Grades n in �q@xD definieren (bisauf Isomorphie) denselben Erweiterungskörper vom Grad n von �q. Das istvollständig verschieden von der Situation in Charakteristik Null. Es gibt sehr vieleverschiedene (nicht isomorphe) Körpererweiterungen von festem Grad von � oderetwa von �HxL, dem Körper der komplexen rationalen Funktionen in einerUnbekannten. Der Fall der endlichen Erweiterungen K ê� 'ist' die algebraischeZahlentheorie und der Fall der endlichen Erweiterungen K ê�HxL ist die Theorie deralgebraischen Kurven. Das sind zwei klassische, wundervolle Gebiete der ReinenMathematik mit einer Fülle tiefliegender Theoreme.

Wir wollen zum Abschluss die Frage untersuchen, wieviele irreduzible Polynomevom Grad d es in �q@xD gibt. Etwas elementare Zahlentheorie kommt hier ins Spiel.ü Satz 10.17

Es sei p eine Primzahl, n ¥ 1, q = pn. Mit Fd werde das Produkt aller normiertenirreduziblen Polynome vom Grad d in �q@xD bezeichnet. Dann gilt:

(10.17.1) xqm - x =¤d»m Fd für alle m œ �.

Bezeichnet man mit NdHqL die Anzahl aller normierten irreduziblen Polynome vomGrad d in �q@xD, so gilt

(10.17.2) qm = ⁄d»m d NdHqL für alle m œ �.

Beweis. Der Beweis erfolgt in mehreren Schritten.1. Behauptung. Wir überlegen uns zunächst, dass jeder irreduzible Faktor vonxqm - x nur einfach vorkommt.Beweis. Für f , g œ �q@xD gilt nämlich: xqm - x = f 2 gï-1 = qm xqm-1 - 1 = 2 f f £ g+ f 2 g£ïf ist Einheit in �[email protected]. Behauptung. Ist f œ �q@xD normiertes irreduzibles Polynome vom Grad d, und istd Teiler von m, so ist f Teiler von xqm - x. Beweis. Sei K = �q@xD ê Xf \ und a = x+ Xf \ sei die Restklasse von x. Dann ist f HaL = 0und f ist das Minimalpolynom von a. Der Fall a = 0, d.h. f = x, ist trivial. Es sei alsoa ∫ 0. Da K qd Elemente hat, gilt dann aqd-1 = 1 und da d » m, gilt auchqd - 1 » qm - 1, also folgt aqm-1 = 1. Damit ist a eine Nullstelle von xqm - x. Da f dasMinimalpolynom von a ist, ist f ein Teiler von xqm - x in �q@xD.

10 Anwendungen: Der Fundamentalsatz der Algebra, endliche Körper 141

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3. Behauptung. Ist f œ �q@xD normiertes irreduzibles Polynome vom Grad d, und ist fTeiler von xqm - x, so ist d Teiler von m. Beweis. Es sei xqm - x = f g und wie oben sei K = �q@xD ê Xf \ und a = x+ Xf\ dieRestklasse von x. Aus f HaL = 0 folgt dann aqm = a. Für beliebige b =⁄ j=0

d a j a j,a j œ �q, folgt

bqm =⁄j=0

d Ha j a jLqm =⁄j=0

d a jIaqm M j =⁄j=0

d a j a j = b. Damit ist x- b und folglich auch xqd - x = ¤bœK

Hx- bL ein Teiler von xqm - x. Das geht

nur, wenn d ein Teiler von m ist, wie das nachfolgende Lemma zeigt. Damit ist(10.17.1) beweisen. (10.17.2) folgt durch Gradbilden aus (10.17.1). áü Lemma 10.18

Es sei K irgendein Körper. Für a, b œ �, a, b > 0 gilt: Ist xa - 1 Teiler von xb - 1 inK@xD, so gilt a » b. Ist q œ �, q > 1 und a = qd - 1, b = qm - 1, so folgt weiter d » m.

Beweis. Es sei b = s a+ r, 0 § r < a. Es folgt: xb - 1 = xs a+r - 1 = xr Hxs a - 1L+ xr - 1. Da xa - 1 Teiler von xb - 1 und von xs a- 1,folgt, dass x a - 1 auch Teiler von xr - 1 ist. Aus Gradgründen muss r = 0 gelten.Also ist a Teiler von b. Aus qd - 1 » qm - 1 folgt mit demselben (etwas modifizierten)Argument d » m. áMit der Möbiusschen Umkehrformel erhalten wir aus (10.17.2) ein explizite Formelfür die Anzahl NdHqL. Das wollen wir jetzt erklären.ü Definition 10.19

Die Möbiusfunktion m :�+ö� ist definiert durch mHnL := 0, wenn n eine Quadratzahlgrößer als 1 als Faktor besitzt. Ist dagegen n quadratfrei und ist k die Anzahl derPrimfaktoren, so ist mHnL := H-1Lk . Offensichtlich gilt mH1L = 1, mHn mL = mHnL mHmL, wenn n, m teilerfremd sind.

Weiter gilt für n = p1a1 ... pk

ak , wobei p1, ..., pk paarweise verschiedene Primzahlen,ai > 0 Hk > 0L und n0 := p1 ... pk, die Gleichung:

(*) ⁄d»n mHdL = ⁄

d»n0

mHdL =⁄j=0

k ikjjk

jy{zz H-1L j = H1- 1Lk = 0.ü Lemma 10.20 (Möbiussche Umkehrformel)

Es seien f , g :�+ö� Funktionen und es gelte f HmL =⁄d»m gHdL. Dann gilt:

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gHmL = ⁄d»m mH mÅÅÅÅÅÅ

dL f HdL.

Beweis. ⁄m»k mH kÅÅÅÅÅÅ

mL f HmL =⁄

m»k mH kÅÅÅÅÅÅmL ⁄

d»m gHdL =⁄d»k gHdL ⁄

d»m»k mH kÅÅÅÅÅÅmL

Nach (*) gilt für alle Teiler d von k: ⁄d»m»k mH kÅÅÅÅÅÅm L =⁄

s… kÅÅÅÅd mHsL = : 1, falls d = k

0, falls d < k.

Setzt man dies oben ein, so ergibt sich die Umkehrformel. áAus (10.17.2) folgt jetzt mithilfe der Umkehrformelü Korollar 10.21

NmHqL = 1ÅÅÅÅÅÅm ⁄d»m qd mH mÅÅÅÅÅÅ

dL. á

Man sieht, dass logq NmHqL ungefähr mit logq qmÅÅÅÅÅÅÅÅm =m- logq m übereinstimmt.

Beispiel: log2 NdH2L für d = 2, 3, ..., 20. (rote Punkte)

5 10 15 20

2.5

5

7.5

10

12.5

15

log22d�������d

≈log2HNdH2LL,d=2,...,20Die Zahlenwerte A 2dÅÅÅÅÅÅÅÅ

dE, NdH2L für d = 2, ..., 20.

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d @ 2d�����d D NdH2L2 2 13 2 24 4 35 6 66 10 97 18 188 32 309 56 5610 102 9911 186 18612 341 33513 630 63014 1170 116115 2184 218216 4096 408017 7710 771018 14563 1453219 27594 2759420 52428 52377

Obwohl es viele irreduzible Polynome von gegebenem Grad gibt, ist es in derRegel sehr schwierig für ein vorgelegtes Polynom in �q@xD zu entscheiden, ob esirreduzibel ist. à Übungen 10

(10.1) Zeigen Sie: Ist f = xn + an-1 xn-1 ...+ a0 œ �@xD ein normiertes Polynom vomGrad n > 0 und a œ � eine Nullstelle von f , so ist †a§ § 1+ 2 max0§i<n †ai§. (10.2) Welche Gestalt haben die irreduziblen Polynome in �@xD in �@xD. Welcheendlichen Körpererweiterungen besitzt �?

(10.3) * Zeigen Sie: Ist xn + x+ 1 irreduzibel in �2@xD, so ist auch xn + xn-1 + 1irreduzibel in �2@xD. (10.4) Wieviele Unterkörper hat �q a) für q = p13, b) allgemein für q = pn?

(10.5) Es sei K ein Körper und F1, F2 Õ K seien endliche Unterkörper mit gleichvielen Elementen. Zeigen Sie: F1 = F1 (d. h. F1, F2 sind als Teilmengen gleich,nicht nur isomorph).

(10.6) Es sei t eine Unbestimmte, p Primzahl. Dann ist R = �p@tpD ein Unterring vonS = �p@tD. Es sei K der Quotientenkörper von R und L der Quotientenkörper von S.

144 Ringe und Körper

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L ist dann ein Erweiterungskörper von K. Zeigen Sie:a) t ist algebraisch über K und es gilt L = [email protected]) Bestimmen Sie das Minimalpolynom f von t über K. Ist L der Zerfällungskörpervon f?c) Bestimmen Sie AutHL êKL.(10.7) Zeigen Sie cos pÅÅÅÅ

9 ist nicht mit Zirkel und Lineal aus 0, 1 konstruierbar.

(10.8) Seien F, K endliche Körper. Wann kann gibt es einen HomomorphismusFöK?

(10.9) Es sei K = �16 und q œ K mit K = �2@qD. Ist dann q ein Erzeuger dermultiplikativen Gruppe Kä?

(10.10) Es seien K, L endliche Körper, L Erweiterung von K. Bestimmen Sie dieGaloisgruppe AutHL êKL.

10 Anwendungen: Der Fundamentalsatz der Algebra, endliche Körper 145

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