Einführung in das Staatsrecht/Grundrechte: Die Berufsfreiheit (Art. 12 GG) Einführung in das...

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Einführung in das Staatsrecht/Grundrechte: Die Berufsfreiheit (Art. 12 GG) Vorlesung am Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Trier 12. Januar 2012 Prof. Dr. Arndt Schmehl

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Einführung in das Staatsrecht/Grundrechte:

Die Berufsfreiheit (Art. 12 GG)

Vorlesung am Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Trier

12. Januar 2012

Prof. Dr. Arndt Schmehl

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Programm für die Stunde

I. Überblick, Problemstellung > und begleitender Fall für die Stunde: „Apothekengesetz“

II. Schutzbereich und Regelungsstruktur der Berufsfreiheit

III. Die Eingriffsebene im Einzelnen

IV. Die Ebene der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung im Einzelnen

Falls noch Zeit ist:

V. Wiederholung und Vergewisserung > zweiter Fall: „Hufbeschlaggesetz“

VI. Ausblick auf weitere Fragen der Berufsfreiheit

Die Berufsfreiheit (Art. 12 GG)

I. Überblick, Problemstellung

II. Schutzbereich und Regelungsstruktur

III. Die Eingriffsebene im Einzelnen

IV. Die Eingriffsrechtfertigung im Einzelnen

V. Wiederholung, Vergewisserung an einem weiteren Beispiel

VI. Ausblick

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Übungsfall und klassische Leitentscheidung: Das „Apothekenurteil“ von 1958, BVerfGE 7, 377

Die Berufsfreiheit (Art. 12 GG)

I. Überblick, Problemstellung

II. Schutzbereich und Regelungsstruktur

III. Die Eingriffsebene im Einzelnen

IV. Die Eingriffsrechtfertigung im Einzelnen

V. Vergewisserung an einem weiteren Beispiel

VI. Ausblick

Art. 3 Bayerisches Apothekengesetz

(1) Für eine neuzuerrichtende Apotheke darf die Betriebserlaubnis nur erteilt werden, wenn

a) [dies] zur Sicherung der Versorgung der Bevölkerung […] im öffentlichen Interesse liegt und

b) anzunehmen ist, daß ihre wirtschaftliche Grundlage gesichert ist und durch sie die wirtschaftliche Grundlage der benachbarten Apotheken nicht soweit beeinträchtigt wird, daß die Voraussetzungen für den ordnungsgemäßen Apothekenbetrieb nicht mehr gewährleistet sind. […]

Mittel und Zweck:

Behördliche Steuerung der Zahl und Lage der Apotheken, um deren wirtschaftliche Leistungsfähigkeit für die Erfüllung ihrer gesetzlichen Verpflichtungen und eine geordnete Arzneimittelversorgung sicherzustellen.

bedeutet zugleich eine Wettbewerbsbeschränkung

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Verfassungstext

(1) 1 Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. 2 Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

Die Berufsfreiheit (Art. 12 GG)

I. Überblick, Problemstellung

II. Schutzbereich und Regelungsstruktur

III. Die Eingriffsebene im Einzelnen

IV. Die Eingriffsrechtfertigung im Einzelnen

V. Vergewisserung an einem weiteren Beispiel

VI. Ausblick„Arbeitszwang“

„Zwangsarbeit“

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Verfassungstext

(1) 1 Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen.

2 Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

Die Berufsfreiheit (Art. 12 GG)

I. Überblick, Problemstellung

II. Schutzbereich und Regelungsstruktur

III. Die Eingriffsebene im Einzelnen

IV. Die Eingriffsrechtfertigung im Einzelnen

V. Vergewisserung an einem weiteren Beispiel

VI. Ausblick

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Zentraler Schutzbereichsbegriff „Beruf“

(1) 1 Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen.

2 Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

Die Berufsfreiheit (Art. 12 GG)

I. Überblick, Problemstellung

II. Schutzbereich und Regelungsstruktur

III. Die Eingriffsebene im Einzelnen

IV. Die Eingriffsrechtfertigung im Einzelnen

V. Vergewisserung an einem weiteren Beispiel

VI. Ausblick

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Berufsbegriff:

Tätigkeit, die auf Dauer angelegt ist und der Schaffung und Erhaltung einer

Lebensgrundlage dient• Tätigkeitsbezug und „Statusbezug“?

- Im Beispiel: Ist „selbstständiger Apotheker“ ein anderer Beruf als „angestellter Apotheker“?

- relevant v.a. bei Eingriffsprüfung• Normgeprägtheit der Abgrenzung der Berufe

- aber nicht-normierte Berufsbilder sind möglich

• Briefmarkensammler, Hundezüchter als Berufe?- Abgrenzung des Erwerbsbezugs

• Drogenhändler, Taschendieb als Berufe?- „Erlaubtsein“ als Teil des Berufsbegriffs?

Insgesamt: „weiter“ Berufsbegriff – mit der Folge entsprechender Relevanz des Grundrechts

Die Berufsfreiheit (Art. 12 GG)

I. Überblick, Problemstellung

II. Schutzbereich und Regelungsstruktur

III. Die Eingriffsebene im Einzelnen

IV. Die Eingriffsrechtfertigung im Einzelnen

V. Vergewisserung an einem weiteren Beispiel

VI. Ausblick

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Praktische Relevanz: Beispiele für Fälle mit möglicher Berührung der Berufsfreiheit (1)

Personenabhängige Voraussetzungen für Berufe:

z.B. fachliche Qualifikation, persönliche und wirtschaftliche Zuverlässigkeit; Altersgrenzen für die Aufnahme oder Beendigung der Berufsausübung

Staatliche Marktzugangsregelung und -regulierung

z.B. Taxikonzessionen, GKV-Vertragsarztsitze, Regulierung von Preisen, evtl. auch wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand

Einwirkungen auf berufsbezogenes Verhaltenz.B. Ladenschluss, Werbeeinschränkungen, Informationspflichten; staatliche Warnungen vor gefährlichen Produkten; oft Gewerberecht im weiteren Sinne

Die Berufsfreiheit (Art. 12 GG)

I. Überblick, Problemstellung

II. Schutzbereich und Regelungsstruktur

III. Die Eingriffsebene im Einzelnen

IV. Die Eingriffsrechtfertigung im Einzelnen

V. Vergewisserung an einem weiteren Beispiel

VI. Ausblick

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Praktische Relevanz: Beispiele für Fälle mit möglicher Berührung der Berufsfreiheit (2)

Über die Eingriffsabwehr-Dimension hinaus:

Teilhabedimension: Rechte auf Teilhabe an öffentlichen Leistungen, soweit ausbildungs- oder berufsrelevant

Leitfall: Numerus Clausus-Urteil (BVerfGE 33, 303)

– das Recht auf freie Wahl des Berufes und der Ausbildungsstätte ergibt i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsprinzip ein Recht auf Zulassung zum Studium an öffentlichen Hochschulen, soweit die dort bereitgestellten Ausbildungskapazitäten reichen

Schutzpflichtendimension: Schutzvorkehrungen für privatrechtliche Konflikte um die Berufsfreiheit

Leitfall: Handelsvertreter-Beschluss (BVerfGE 81, 242) – gesetzlicher Ausschluss einer Entschädigung für Karenzzeit-Wettbewerbsverbote bei Handelsvertretern: in bestimmten Fällen verfassungswidrig

Die Berufsfreiheit (Art. 12 GG)

I. Überblick, Problemstellung

II. Schutzbereich und Regelungsstruktur

III. Die Eingriffsebene im Einzelnen

IV. Die Eingriffsrechtfertigung im Einzelnen

V. Vergewisserung an einem weiteren Beispiel

VI. Ausblick

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Regelungsstruktur in Abs. 1

(1) 1 Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen.

2 Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

Die Berufsfreiheit (Art. 12 GG)

I. Überblick, Problemstellung

II. Schutzbereich und Regelungsstruktur

III. Die Eingriffsebene im Einzelnen

IV. Die Eingriffsrechtfertigung im Einzelnen

V. Vergewisserung an einem weiteren Beispiel

VI. Ausblick

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Regelungsstruktur in Abs. 1

(1) 1 Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen.

2 Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

Die Berufsfreiheit (Art. 12 GG)

I. Überblick, Problemstellung

II. Schutzbereich und Regelungsstruktur

III. Die Eingriffsebene im Einzelnen

IV. Die Eingriffsrechtfertigung im Einzelnen

V. Vergewisserung an einem weiteren Beispiel

VI. Ausblick

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Regelungsstruktur in Abs. 1

(1) 1 Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen.

2 Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

Die Berufsfreiheit (Art. 12 GG)

I. Überblick, Problemstellung

II. Schutzbereich und Regelungsstruktur

III. Die Eingriffsebene im Einzelnen

IV. Die Eingriffsrechtfertigung im Einzelnen

V. Vergewisserung an einem weiteren Beispiel

VI. Ausblick„Regelungsvorbehalt“

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Regelungsstruktur in Abs. 1

(1) 1 Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen.

2 Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

??

Die Berufsfreiheit (Art. 12 GG)

I. Überblick, Problemstellung

II. Schutzbereich und Regelungsstruktur

III. Die Eingriffsebene im Einzelnen

IV. Die Eingriffsrechtfertigung im Einzelnen

V. Vergewisserung an einem weiteren Beispiel

VI. Ausblick

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Differenzierung oder Zusammenfassung?

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Auslegung der Regelungsstruktur und Drei-Stufen-Lehre: Grundaussagen des BVerfG• der Schutzbereich ist trotz des Wortlauts

einheitlich und weit gefasst; der Regelungsvorbehalt ist ein Gesetzesvorbehalt für das gesamte Grundrecht

• Jedoch ergeben sich aus dem differenzierten Wortlaut und dem personalen Bezug des Grundrechts unterschiedliche Schutzintensitäten je nach Eingriffsart:

Berufsausübungsregelungen: allgemeine Verhältnismäßigkeitsprüfung

Subjektive Berufswahl voraussetzungen höherwertiger Eingriffszweck nötig

Objektive Berufswahl voraussetzungen höchstrangiger Eingriffszweck nötig

Insbesondere: Die Erforderlichkeit fehlt, wenn auch ein Eingriff auf geringerer Stufe ausreichend wäre

Die Berufsfreiheit (Art. 12 GG)

I. Einführung, Problemstellung

II. Schutzbereich und Regelungsstruktur

III. Die Eingriffsebene im Einzelnen

IV. Die Eingriffsrechtfertigung im Einzelnen

V. Vergewisserung an einem weiteren Beispiel

VI. Ausblick

Einheitlichkeit des

Grundrechts

Strenge Drei-Stufen-Lehre

(1.): Zweck-

proportionalität anhand der

Eingriffsstufen

Strenge Drei-Stufen-Lehre

(2.): Interventions-

minimum anhand der

Eingriffstufen14

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Die Berufsfreiheit (Art. 12 GG)

I. Einführung, Problemstellung

II. Schutzbereich und Regelungsstruktur

III.Die Eingriffsebene im Einzelnen

IV. Die Eingriffsrechtfertigung im Einzelnen

V. Vergewisserung an einem weiteren Beispiel

VI. Ausblick

Eingriffsstufen: Definitionen, Abgrenzung

• Das „Ob“ der Wahrnehmung dieses Berufs wird von (objektiven) Voraussetzungen abhängig gemacht, die außerhalb der persönlichen Sphäre des Betroffenen liegen

Objektive Voraussetzungen

der Zulassung/Berufswahl

• Das „Ob“ der Wahrnehmung dieses Berufs wird an persönliche Eigenschaften und Fähigkeiten (subjektive Merkmale) geknüpft

Subjektive Voraussetzungen der Zulassung/Berufswahl

• betreffen mit berufs-regelnder Tendenz das „Wie“ der TätigkeitRegelungen der Berufsausübung

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Unterscheidung im Beispiel

des Apothekers?

im Beispiel einer

Altersgrenze?

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Die Berufsfreiheit (Art. 12 GG)

I. Einführung, Problemstellung

II. Schutzbereich und Regelungsstruktur

III.Die Eingriffsebene im Einzelnen

IV. Die Eingriffsrechtfertigung im Einzelnen

V. Vergewisserung an einem weiteren Beispiel

VI. Ausblick

Eingriffsstufen: Beispiele nach BVerfG

• Bedarfsabhängigkeit von Apotheken-eröffnungen (Apothekenurteil)

• Bedarfsabhängige Gewerbelizenzen (Taxen, Güterfernverkehr)

• Staatliche Monopole (Arbeits-vermittlung, Spielbanken)

• Integration privater Rettungsdienste in das öffentliche Rettungsdienstsystem u.v.m.

Objektive Voraussetzungen

der Zulassung/Berufswahl • Altersgrenzen in vielen Berufen

• Meisterzwang, Qualifikations-prüfungenu.v.m.

Subjektive Voraussetzungen der Zulassung/Berufswahl

• Tariftreuebedingung, Ladenschluss, Werbeverbote, Rauchverbote u.v.m.Regelungen der Berufsausübung

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Abgrenzungsfragen infolge des weiten Eingriffsbegriffs

• „Klassischer Eingriffsbegriff“ im liberalen Rechtsstaat:

Finalität, Unmittelbarkeit, Rechtswirkung und Anordnungs-/Zwangscharakter als Eingriffsmerkmale

• „Moderner Eingriffsbegriff“ im sozialen Rechtsstaat:

Eingriff als jedes staatliche Handeln, das ein Verhalten im Schutzbereich eines Grundrechts ganz oder teilweise unmöglich macht („Beeinträchtigung“)

Schwierigkeiten der Eingrenzung Kriterium der „berufsregelnden Tendenz“: Art. 12

GG „schützt nur vor solchen Beeinträchtigungen, die gerade auf die berufliche Betätigung bezogen sind“, dazu gehören aber auch bloße Rahmenbedingungen, die „infolge ihrer Gestaltung in einem engen Zusammen-hang mit der Ausübung eines Berufs stehen und objektiv eine berufsregelnde Tendenz haben“ (BVerfG) Diskutierte Beispiele: Produktwarnungen,

Steuern, Kurzberichterstattungsrecht

Die Berufsfreiheit (Art. 12 GG)

I. Einführung, Problemstellung

II. Schutzbereich und Regelungsstruktur

III.Die Eingriffsebene im Einzelnen

IV. Die Eingriffsrechtfertigung im Einzelnen

V. Vergewisserung an einem weiteren Beispiel

VI. Ausblick

§ 1  Alkopopsteuergesetz - AlkopopStG

„(1) Alkoholhaltige Süßgetränke (Alkopops) unterliegen […] einer Sondersteuer zum Schutz junger Menschen (Alkopopsteuer).“

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Die Berufsfreiheit (Art. 12 GG)

I. Einführung, Problemstellung

II. Schutzbereich und Regelungsstruktur

III. Die Eingriffsebene im Einzelnen

IV. Die Eingriffsrechtfertigung im Einzelnen

V. Vergewisserung an einem weiteren Beispiel

VI. Ausblick

Dreistufige Rechtfertigungszwecke: Definitionen

• (nur) zur „Abwehr nachweisbarer schwerer Gefahren für überragend wichtige Gemeinschaftsgüter“ zulässig

Objektive Voraussetzungen

der Zulassung/Berufswahl

• (nur) zum „Schutz bedeutsamer Gemeinschaftsgüter“ zulässig.

Subjektive Voraussetzungen der Zulassung/Berufswahl

• allgemeine Verhältnismäßig-keitsprüfung: „vernünftige Gründe des Gemeinwohls“Regelungen der Berufsausübung

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Verhältnismäßigkeit im Beispiel des

Bayerischen Apothekengesetze

s?

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II. Schutzbereich und Regelungsstruktur

III. Die Eingriffsebene im Einzelnen

IV. Die Eingriffsrechtfertigung im Einzelnen

V. Vergewisserung an einem weiteren Beispiel

VI. Ausblick

Gestufte Rechtfertigungszwecke: Rechtsprechungsbeispiele•„überragend wichtiges“ Gemeinschaftsgut z.B.:

•Leben und Gesundheit der Bevölkerung •Volksernährung •Leistungsfähige öffentliche Verkehrssysteme•Finanzstabilität der GKV•Verwaltungsaufbau in den neuen Ländern •funktionstüchtige Hochschulen•funktionstüchtige Rechtspflege; Schutz vor ungeeigneter Rechtsberatung

Objektive Voraussetzungen

der Zulassung/Berufswahl • „besonders wichtiges“ Gemeinschaftsgut

z.B.:• Energieversorgungssicherheit• Verringerung der Arbeitslosigkeit

Subjektive Voraussetzungen der Zulassung/Berufswahl

Regelungen der Berufsausübung 19

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Die Berufsfreiheit (Art. 12 GG)

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II. Schutzbereich und Regelungsstruktur

III. Die Eingriffsebene im Einzelnen

IV. Die Eingriffsrechtfertigung im Einzelnen

V. Vergewisserung an einem weiteren Beispiel

VI. Ausblick

Vom BVerfG nicht akzeptierte Eingriffe: Beispiele

•Vorsorgliche Wirtschaftlichkeitsprüfung im Apothekenfall• Verbot des Betriebs von Spielbanken nur für private Eigner• Staatliches Sportwettenmonopol ohne konsequente Ausrichtung auf SuchtpräventionObjektive

Voraussetzungen der Zulassung/

Berufswahl Subjektive

Voraussetzungen der Zulassung/Berufswahl

• Singularzulassung beim OLG• absolutes Erfolgshonorarverbot bei Anwälten• Unentgeltliches Kurzbericht-erstattungsrecht• Bedarfsabhängigkeit einer öffentlichen Bestellung zum Sachverständigen• inkonsequentes Rauchverbot („ge-tränkegeprägte Einraumgaststätten“)

Regelungen der Berufsausübung

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Kritik und Relativierung der Drei-Stufen-Lehre

Kritikpunkte: Geringe Greifbarkeit der

Rechtfertigungsanforderungen Schwierigkeit, die Lehre konsequent

durchzuhalten: - Zweiteilung der verwendeten Berufsbegriffe- Stufen entsprechen nicht immer der

Eingriffsintensität

Folgerungen: Aufteilung der Berufsausübungsregelung in zwei

Stufen Relativierung der Drei-Stufen-Lehre, indem diese

als wesentliche Hilfe fungiert, aber die Prüfung auch anhand anderer Aspekte des personalen und sozialen Bezugs von Eingriff und Rechtefertigung geprüft wird

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V. Vergewisserung an einem weiteren Beispiel

VI. Ausblick

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Ort der Ermittlung der Eingriffsstufe im Prüfungsaufbau

Möglichkeiten:• bereits bei der Ermittlung des Eingriffs

Nachteil: Kann eventuell zur Klärung von Fragen führen, die sich später als überflüssig erweisen

• oder auf der Rechtfertigungsebene dort: bei der Zweckbestimmung oder

bei der Erforderlichkeitsprüfung

Eingriffsstufe ganz offen lassen? möglich, wenn es auf sie nicht ankommt in Übungsarbeiten regelmäßig nicht

ratsam

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VI. Ausblick

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Vergewisserung an einem weiteren Beispiel: Novelle des Hufbeschlaggesetzes

• Hufbeschlag als „Gesamtheit aller Verrichtungen an einem Huf zum Zweck des Schutzes, der Gesunderhaltung, der Korrektur oder der Behandlung“

• wird ausgebildeten „Hufbeschlagschmieden“ vorbehalten (die auch den Eisenbeschlag erlernen)

= Fall einer Berufsbildfixierung; diese bedeutet aber zugleich, dass (bloße) „Huftechniker“ und „Hufpfleger“ nicht tätig werden dürfen

Eingriffsstufe? Rechtfertigung?

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VI. Ausblick

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VI. Ausblick

Beispiele für vom BVerfG nicht akzeptierte Regelungen

•Verbot des Betriebs von Spielbanken nur für private Eigner• Staatliches Sportwettenmonopol ohne konsequente Ausrichtung auf Suchtprävention

Subjektive Voraussetzungen der Zulassung/Berufswahl

Erfordernis einer Hufschmiedqualifikation auch für Hufpflege ohne Eisenbeschlag

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Zusammenfassung typischer Probleme:• Übergreifend zur Struktur des Grundrechts:

wortlautmäßig binnendifferenzierte, nach der Auslegung aber synthetische Struktur des Schutzbereichs und der Schrankenregelungen

• Schutzbereich: (weiter) Berufsbegriff

• Eingriff: berufsregelnde Tendenz ggf. Unterscheidung der Eingriffsstufen

• Verfassungsrechtliche Rechtfertigung: Unterscheidung der Anforderungen anhand

unterschiedlicher Eingriffsintensitäten: Drei-Stufen-Lehre und deren kritische Relativierung

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VI.Ausblick

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Weitere Fragen bei Art. 12 GG

• Ausbildungsbezogene Aspekte• Absätze 2 und 3 als Nebenpunkte• Teilhaberechtliche Dimension

Beispiel des Numerus-clausus-Urteils • Drittwirkung und

Schutzpflichtendimension Beispiel des Handelsvertreter-

Beschlusses• Grundrechtskonkurrenzen

im Verhältnis zu Art. 14 GG im Verhältnis zu Art. 2 Abs. 1 GG

• Anwendung bei staatsgebundenen Berufen

• Verhältnis zur allgemeinen Wirtschaftspolitik

Die Berufsfreiheit (Art. 12 GG)

I. Einführung, Problemstellung

II. Schutzbereich und Regelungsstruktur

III. Die Eingriffsebene im Einzelnen

IV. Die Eingriffsrechtfertigung im Einzelnen

V. Vergewisserung an einem weiteren Beispiel

VI.Ausblick

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Materialien unter: http://www.oefsr.uni-hamburg.de/berufsfreiheit.pdf

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