Einführung in das Umweltrecht – Ing, WiPäd, Wiwi – SS 2011

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Einführung in das Umweltrecht – Ing, WiPäd, Wiwi – SS 2011 Prof. Dr. Silke R. Laskowski

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Einführung in das Umweltrecht – Ing, WiPäd, Wiwi – SS 2011. Prof. Dr. Silke R. Laskowski. Organisatorisches. Arbeitsmaterialien. Umweltrecht. Umwelt und Umweltschutz - Grundbegriffe - PowerPoint PPT Presentation

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Einführung in das Umweltrecht– Ing, WiPäd, Wiwi –

SS 2011

Prof. Dr. Silke R. Laskowski

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Organisatorisches

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Arbeitsmaterialien

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Umweltrecht 1. Umwelt und Umweltschutz - Grundbegriffe

2. Umweltrecht als „Mehr-Ebenen-Recht“: Umweltvölkerrecht, Umwelteuroparecht, nationales Umwelt(verfassungs)recht

3. Regelungsbereiche: BImSchG und BImSchV, WHG, BNatSchG, BBodSchG, …

4. Ziele des Umweltrechts

5. Prinzipien des Umweltrechts

6. Instrumente des Umweltrechts

7. Rechtsschutz im UmweltrechtFall: Robbenklage (VG Hamburg, NVwZ 1988, 1058)

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Umwelt

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Umweltschutz• Schutz der Umwelt und des Menschen, seiner

Gesundheit und seines Wohlbefindens, generationenübergreifende Betrachtung

• Vorsorgende und dauerhafte Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen

• Sicherung der Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts, der biologischen Vielfalt

• Schutz der Umweltgüter , Pflanzen- und Tierwelt vor nachteiligen Eingriffen durch den Menschen

• Weitgehende Beseitigung bereits eingetretener Schäden oder Nachteile durch Umwelteingriffe

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Umweltschutz - Warum?• Knappheit und lebenswichtige Bedeutung der

Umweltgüter (Wasser, Luft, Klima ...), besondere Bedrohung durch Klimawandel

• Unentgeltliche Inanspruchnahme durch Verbrauch oder Gebrauch der Umweltressourcen (Verschmutzung von Wasser, Luft …)

• Überbeanspruchung der Umweltgüter• Umweltschäden (z. B. verschmutzte Luft) fallen der

Allgemeinheit zur Last – Gesundheitsbeeinträchtigung, Todesfälle;– Rückgang der Artenvielfalt /Biodiversivität;– Sanierungskosten, Wiederherstellung…

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Ausgleich zwischen ökologischen und ökonomischen Interessen

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Umweltschutz – Durch wen?• Staatliche Aufgabe: Vermeidung ökologischer

Existenzkrise durch wirtschaftliche Übernutzung der Umwelt, Ausgleich zwischen ökologischen und ökonomischen Belangen (Art. 2 II, Art. 20a GG ./. Art. 12, Art. 14, Art. 2 I GG)

• Europäische und globale Aufgabe: Grenzüberschreitende europäische/globale Umweltprobleme („Klimawandel“); Globalisierung der Wirtschaft (EU; WTO) („Wettbewerbsverzerrung“); UN-Umweltgipfel seit 1972 („Umweltgerechtigkeit“)

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Umweltrecht

• Umweltschutz durch Recht

• Völkerrecht, EU-Recht, deutsches Bundes- und Landesrecht

• Zersplittertes deutsches

Umweltrecht

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Umweltrecht – „Mehr-Ebenen-Recht“

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Deutsches Umweltrecht

• „Alle staatlichen Norme, die dem Schutz der Umwelt dienen“

• Öffentliches Umweltrecht– Umweltverfassungsrecht– Umweltverwaltungsrecht (häufig

implementiertes EU-Recht)– Umweltstrafrecht, z. B. § 324 StGB

• Umweltprivatrecht, z. B. Haftungsrecht (SEA)

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Exkurs: Teilbereiche des deutschen Rechts

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Umweltverwaltungsrecht Naturschutzrecht (BNatSchG),

Bodenschutzrecht (BBodSchG), Gewässerschutzrecht (WHG;LWG), Gewässerschutzrecht (WHG), Immissionsschutzrecht (BImSchG),… …

Umweltschützende Aufgabe und Zielrichtung Umweltmedienspezifische Ausrichtung:

Wasser, Luft, Boden, Klima, Lärm,… Medienübergreifende („integrative“) Ausrichtung

• Z. B. § 1 BImSchG; § 1 WHG (i. V. m. § 6 WHG)

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Sonstiges Umweltrecht• Umweltstrafrecht

– Straftaten gegen die Umwelt, §§ 324 ff. StGB– Bezugnahme auf Umweltverwaltungsrecht, z. B. § 324 I, §

324a I, § 325 I StGB– Bsp.: Chemieunternehmen / Kläranlage leitet Abwasser in

die Fulda, strafbar?

• Umweltprivatrecht– Nachbarbezogenes Privatrecht, §§ 906 I, 1004 BGB

• „Quakende Frösche im Nachbarteich“• Bezugnahme auf Umweltverwaltungsrecht

– Spezielles Umwelthaftungsgesetz• Anlagenhaftung bei Umwelteinwirkung, §§ 1, 19 UmweltHG• Verwaltungs- u. strafrechtliche Komponenten, § 19 IV, § 21

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Fall 1: Waldsterben und Pseudokrupp (nach Schmidt/Kahl, Umweltrecht, 8. Aufl., 2010, S. 73 f.), dazu Folien 16-28

1. Bauer K bewirtschaftet einen ihm gehörenden Hof, zu dem neben 15 ha landwirtschaftlich genutzter Fläche auch 50 ha Wald gehören. Er und seine Familie leben überwiegend vom Holzverkauf. Innerhalb der letzten Jahre sind 89 % der Bäume erkrankt und abgestorben. Der Schaden, der K durch das sog. Waldsterben entsteht, beläuft sich auf etwa 20.000 Euro pro Jahr.

2. Die einjährige Tochter T leidet an dem als „Pseudo-Krupp“ bekannten Würghusten und gefährdet das Leben des zarten Kindes.

3. Waldsterben und Pseudokrupp sind nach verbreiteter, nicht ganz unbestrittener wissenschaftlicher Ansicht, auf die primär durch Menschen verursachte Luftverschmutzung zurückzuführen. Einzelne Wirkungszusammenhänge sind unklar, ebenso wann welche Schäden eintreten.

4. K meint, „der Staat“ sei ihm / T gegenüber aufgrund der Verfassung zu strikteren Umwelt- und Gesundheitsschutzmaßnahmen, insb. zur Verringerung der Luftverschmutzung, verpflichtet, zudem zur Leistung von Schadenersatz für die kranken und toten Bäume – richtig?

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„Waldsterben“ – aktueller Stand

Bundesregierung 2009

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Anspruch des K gegen Staat auf striktere Umweltschutzmaßnahmen/-gesetzgebung ?

• Anspruchsgrundlage Art. 20a GG ?– Nur dann, wenn subj. Recht (= GR) enthalten– GR= subj. Abwehrrecht der Bürger/-innen

gegen den Staat (Eingriffsabwehrrecht)– GR= Leistungsrecht? – GR vermitteln staatl. Schutzpflichten (obj.-

rechtlicher Gehalt): Anspruch d. Bürger/-innen auf staatl. Schutz vor Eingriffen priv. Dritter

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Exkurs: Verfassungsauslegung

• Auslegungstopoi– Grammatikalische A. (Wortlaut, Wortsinn) – Systematische A. (Gesetzessystematik)– Historische A. (Gesetzesmaterialien)– Teleologische A. (Sinn und Zweck der Norm)

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Art. 20a GG• Eingefügt durch GG-Novelle 1994; 2002

ergänzt um Tierschutz• Art. 79 I S. 1, II GG: 2/3 Mehrheit BT und BR (anders nur

Art. 79 III GG:„Ewigkeitsgarantie“)

• Wortlaut?• Gesetzessystematik? Art. 1-19; Art. 20 GG• Historie? Kein „GR auf Umweltschutz“• Sinn und Zweck?• H.M.: Staatszielbestimmung, kein GR

– Umweltschutzprinzip („Optimierungsgebot“)

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Art. 20a GG – Staatsziel Umweltschutz

• Staatlicher Handlungsauftrag zur Beachtung und Förderung des Umweltschutzes durch alle staatlichen Gewalten (insb. Legislative, Exekutive)

• Kein genereller Vorrang des Umweltschutzes• Ausgleich mit anderen Verfassungsgütern• Beachtung bei der Auslegung von unbestimmten

Rechtsbegriffen (z. B. „Allgemeinwohl“) und Ermessensentscheidungen („kann“, „darf“; „soll“)– Umweltschutz als gewichtiger Allgemeinwohlbelang

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GR auf Umweltschutz an anderer Stelle im GG?

• Herleitung aus GR (Art. 1-19 GG)?– „Gesamtschau“, i.V.m. Art. 20a GG

• Art. 2 I GG (allgm. Persönlichkeitsrecht), Art. 1 I GG (Menschenwürde, physische Existenz) i.V.m. Art. 20a GG?

• Art. 2 II GG (Schutzpflicht des Staates für Leben/Gesundheit seiner Bürger/-innen), Art. 1 I i.V.m. Art. 20a GG?

• H.M.: Anspr. auf ökolog. Existenzminimum23

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Ökologisches Existenzminimum?

• Was wird von dem Begriff umfasst?

• Auf wen oder was bezieht sich das „ökologische Existenzminimum“ ?

• Leitbild: Art. 20a GG

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Leitbild Art. 20a GG

• Schutzgut „Umwelt“ (zukunftsgerichtet)– Natürliche Lebensgrundlagen = gesamte natürliche

Umwelt des Menschen– Alle Umweltmedien (Luft, Wasser/insb. Grundwasser,

Boden, Klima; Landschaftsbild), Wechselwirkung– Pflanzen, Tiere, Mikroorganismen in ihren

Lebensräumen, Ökosysteme– Generationenübergreifend ausgerichtet („Grundsatz

der nachhaltigen Entwicklung“)

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Ökologisches Minimum?• Rspr. BVerfG zu „Untermaßverbot“

– Risiken für Leben/Gesundheit; Eigentum

• Mindestschutz der GR nach Maßgabe des Untermaßverbots– Unterschreitung verfassungswidrig (BVerfG !)– GR-Verletzung nur, wenn Staat positive

Handlungspflicht trifft, deren Unterlassen einem aktiven GR-Eingriff gleichzusetzen ist

– Großer Beurteilungsspielraum des Gesetzgebers, Bsp. HIV; noch nie Verstoß gegen Untermaßverbot festgestellt

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Ökologisches Minimum?• Schutzgesetzgebung: BWaldG, BNatSchG;

BImSchG, WHG, GenTG• Aktuell: BVerfG, Urteil vom 24.11.2010 (Az.: 1

BvF 2/05), „Gentechnikgesetz“– „Angemessene staatliche Regulierung, großzügiger

Entscheidungsspielraum“– „Ausgleich grundrechtl. geschützt. Interessen“– Beachtung des „in Art. 20a GG enthaltenen Auftrags,

… auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen“

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Entschädigungsansprüche des K für immissionsbedingte Waldschäden?

• Aus Art. 14 S. 2 BImSchG? – Nein, privatrechtlicher SEA nachbarbezogen ; keine

Garantiehaftung gegen den Staat!

• Amtspflichtverletzung (§ 838 BGB,Art. 34 GG)? – Nein, keine Verletzung drittbezogener Amtspflicht

• Aus Enteignung, Aufopferung (Art. 14 GG)? – Nein, kein legislatives Unrecht, da kein unmittelbarer GR-

Eingriff durch den Staat (auch nicht durch Unterlassen mangels Schutzpflichtverletzung); nicht für Massenphänomene wie Waldsterben

• So BGH, NJW 1988, 478!

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Prinzipien des Umweltrechts

Leitprinzipienin allen

UmweltG

Vorsorge-prinzip

Nachhaltig-keitsprinzip

Verursacher-prinzip

Integrations-prinzip

Kooperations-prinzip

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Verursacherprinzip• Bedrohung der natürlichen Lebensgrundlagen• Unentgeltliche Inanspruchnahme von frei

verfügbaren Umweltgütern (z. B. Luft) führt zu „Übernutzung“ durch Wirtschaft/Gesellschaft

• Umweltkosten durch „Übernutzung“ fallen Allgemeinheit zur Last („Externalisierung“)– Sanierungskosten; Gesundheitsschäden, Todesfälle;

Rückgang der Artenvielfalt …

• Verursacherprinzip: Kosten für Umweltschäden trägt der-/diejenige, der/die sie verursacht – Auflagen (OrdnR: direkte Steuerung, Ge-/Verbote),– Abgaben (Ökonom. Instrumente: indirekte Steuerung)

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Integrationsprinzip• Bedrohung der natürlichen Lebensgrundlagen• Medienübergreifender („integrierter“) Schutz der

Umwelt• Integrationsprinzip: EU-Umweltrecht

– IVU-RL/EG 1996/2008– BImSchG, WHG …

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Verursacherprinzip• Bedrohung der natürlichen Lebensgrundlagen• Unentgeltliche Inanspruchnahme von frei

verfügbaren Umweltgütern (z. B. Luft) führt zu „Übernutzung“ durch Wirtschaft/Gesellschaft

• Umweltkosten durch „Übernutzung“ fallen Allgemeinheit zur Last („Externalisierung“)– Sanierungskosten; Gesundheitsschäden, Todesfälle;

Rückgang der Artenvielfalt …

• Verursacherprinzip: Kosten für Umweltschäden trägt der-/diejenige, der/die sie verursacht – Auflagen (OrdnR: direkte Steuerung, Ge-/Verbote),– Abgaben (Ökonom. Instrumente: indirekte Steuerung)

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Vorsorgeprinzip• Bedrohung der natürlichen Lebensgrundlagen• Umweltschäden durch „Übernutzung“ vielfach

nur langfristig oder gar nicht reversibel• Umweltschäden aufgrund summativer Prozesse,

oft emittentenfern– Relevante Risikoschwelle kann nicht präzise

angegeben werden

• Vorsorgeprinzip: vorausschauendes, vorsorgendes Handeln (Völker-/EU-/nat. Recht)– Vorfeld der Gefahrenabwehr– Umweltqualitätsziele, Emissionsstandards,

Risikokalkulation33

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Nachhaltigkeitsprinzip• UN World Commission on Environment and

Development (1983-1987), Abschlussbericht 1987 „Our Common Future“ (Brundtland-Bericht)– „Eine nachhaltige Entwicklung befriedigt die Bedürf-

nisse der Gegenwart ohne die Fähigkeit künftiger Generationen zur Erfüllung ihrer eigenen Bedürfnisse zu beeinträchtigen“

• 1992 UN-Weltgipfel „Rio-Deklaration“– Grds. d. gemeinsamen aber verschiedenen

Verantwortung der Völker für den Umweltschutz

• Leitidee Nachhaltigkeit: „sustainable development“– Intra- und intergenerationelle Gerechtigkeit

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Nachhaltigkeitsprinzip• Intragenerationelle Gerechtigkeit

– Ausgleich zwischen den Entwicklungsländern und den wohlhabenden Industrieländern

– Grds. der gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortung der Völker für den Umweltschutz

• Intergenerationelle Gerechtigkeit– Maßstab „constant capital rule“ (Naturkapital,

anthropogenes Kapital), hier str.,– ob Naturkapital ohne substantielle Minderung an die

nachfolgenden Generationen weitergegeben werden muss (Konzept starker Nachhaltigkeit) oder

– ob Naturkapital mehr oder minder durch anthropo-genes Kapital ersetzt werden darf (Konzept schwacher Nachhaltigkeit).

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Nachhaltigkeitsprinzip• Intergenerationelle Gerechtigkeit

– Naturkapital muss ohne substantielle Minderung an die nachfolgenden Generationen weitergegeben werden (Konzept starker Nachhaltigkeit) !

– Arg.: Schwaches Nachhaltigkeitskonzept präjudiziert künftige Generationen in ihrer Bedürfnisbefriedigung, daher nur Konzept starker Nachhaltigkeit angemessen zur Sicherung intergenerationeller Gerechtigkeit

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Kooperationsprinzip (?)• BVerfGE 98, 106 („Kommunale

Verpackungssteuer“), BVerfGE 98, 83 („Landesabfallabgaben“)

• „Kooperationsstaat“: – Verantwortungsteilung zw. Staat und Gesellschaft– Staatliche Aufgabenerfüllung durch Verhandlungen

(„Überwindung des Obrigkeitsstaats“)– Statt verbindlicher ordnungsrechtlicher Vorgaben

(z.B. BImSchG) informale Absprachen, Verträge, Selbstverpflichtungen der Wirtschaft, Eigenüberwachung der Wirtschaft

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Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen

• Kfz-Rennstrecke / Teststrecke – Z. B. Nürburgring

• Welche Umwelteinwirkungen?

• Welches Gesetz?• Welche gesetzlichen

(Schutz-) Instrumente?

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Umwelteinwirkungen?

• Luftverunreinigungen

• Lärm

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Welches Gesetz?

• Bundes-ImmissionsschutzG (BImSchG)

• § 1 BImSchG (Zweck)

• § 2 BImSchG (Geltungsbereich)

• § 3 BImSchG (Begriffsbestimmungen)

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Welche (Schutz-)Instrumente?

• § 4 I BImSchG: Genehmigungserfordernis– Errichtung und Betrieb von (gewerblichen)

Anlagen– i.V.m. 4. BImSchV !!– Präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt =

grds. erwünschtes Verhalten muss den gesetzlichen Vorgaben entsprechen

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Genehmigungsvoraussetzungen, § 6 I BImSchG (formell)

• § 10 BImSchG i.V.m. 4. BImSchV, 1. Spalte– Besonderes förmliches

Genehmigungsverfahren mit Behörden- (§ 10 V) und Öffentlichkeitsbeteiligung (§ 10 III, IV; Präklusion: III S. 5)

– 9. BImSchV: Einzelheiten des Verfahrens, enthält UVP-Prüfung UVPG (unselbst. Teil)

• § 19 BImSchG i.V.m. 4 BImSchV, 2.Spalte

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Genehmigungsvoraussetzungen, § 6 I BImSchG (materiell)

• Erfüllung immissionsschutzrechtlicher Pflichten, § 6 I Nr. 1

und

• Kein Verstoß gegen andere öffentliche-rechtliche Vorschriften, § 6 I Nr. 2

und

• Kein Verstoß gegen Belange des Arbeitsschutzes, § 6 I Nr. 2

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Genehmigungsvoraussetzungen gem. § 6 BImSchG (materiell)

• Sicherstellung der Betreiberpflichten gem. § 5 I, III BImSchG

• Beachtung von RVO (§ 7) und VwVorschr. (§ 48), insb. TA Luft, TA Lärm

• Vereinbarkeit mit anderen ör Vorschriften (z. B. Baurecht/BauGB)

• Anspruch auf Erlaubniserteilung, falls Voraussetzungen erfüllt („gebundene Entscheidung“, kein Ermessen)

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Betreiberpflichten, § 5 BImSchG

• Schutzgrundsatz, § 5 I 1 Nr. 1!– „Nachbarschaft“– Drittschützende Norm (Klagebefugnis, § 42 II

VwGO)!

• Vorsorgegrundsatz, § 5 I 1 Nr. 2

• Abfallvermeidungsgrundsatz, § I 1 Nr. 3

• Energienutzungsgrundsatz, § 5 I Nr. 4

• Nachsorgegrundsatz, § 5 III

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Genehmigungsvoraussetzungen, § 6 I BImSchG (materiell)

Immissionsschutzrechtliche Pflichten

• Grundpflichten gem. § 5– Schutzgrds., § 5 I S. 1 Nr.

1– Vorsorgegeb., § 5I S.1 Nr.2 – Abfallrechtl. Zieltrias, § 5 I

S. 1 Nr. 3– Energieeffizienz, § 5 I S. 1

Nr. 4– Nachsorgepflicht, § 5 III

• VOen gem. § 7– 12. , 13., 17., 20 BImSchV

Andere ör Vorschriften, Belange d. Arbeitsschutzes

• Ö Baurecht: „Standort“• KrW-/AbfG• Bodenschutzrecht• Naturschutzrecht ( z. B. §§ 13,

14; 33, 34, „Natura 2000“ BNatSchG)

• Wasserrecht (§§ 8, 9 WHG)• Straßen- u. Wegerecht• Arbeitsschutz (z. B. ArbSchG,

ChemieG u. GefahrstoffVO)

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Wirkung der Genehmigung

§ 13 BImSchG

• Konzentrationswirkung („schließt andere die Anlage betreffenden behördlichen Entscheidungen … ein“)

• Z.B. Baugenehmigung

Ausnahmen

• Gesetzl. Ausnahmen von Konzentrationswirkung

• Planfeststellungen („großräumige Verfahren“, Bsp. Flughafen)

• Berg-, atomrechtliche Zulassungen

• Wasserrechtliche Gestat-tungen (§§ 8,12 WHG)

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Fall 2 (Schweinezucht - BImSchG)Landwirt L beantragt für seinen geplanten neuen Stall für die groß angelegte Schweinezucht eine Genehmigung. Sachbearbeiter S meint, der Stall stinke und die Schweine machten Lärm. Daher lägen nach seiner Einschätzung schädliche Umwelteinwirkungen i. S. v. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG vor. Er lehnt daher den Antrag des L ab. Kann L dagegen mit Erfolg gerichtlich vorgehen, indem er sich darauf beruft, dass er – tatsächlich – die Vorgaben der TA Luft und der TA Lärm einhält?

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Lösung Fall 2

Vorfrage: Genehmigungsbedürftigkeit nach BImSchG (oder nur Baugenehmigung)?•Nr. 7.1 der 4. BImSchV

Genehmigungsvoraussetzungen gem. § 6 BImSchG?•§ 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 5 BImSchG, i.V.m. RVO aufgrund § 7 BImSchG•§ 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG i.V.m. ör Vorschriften, ArbeitsschutzbelangenProblem hier: § 5 Abs. 1 BImSchG •Schädliche Umwelteinwirkungen gem. § 3 Abs. 1 BImSchG?•Begriff wird durch die TA Lärm und die TA Luft interpretiert („konkretisiert“), hier Nr. 4 TA Luft: allgemein für die Verwaltung (Behörden) verbindliche Konkretisierung des Begriffs der schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, vornehmlich durch Immissionswerte für verschiedene Luftschadstoffe•Nr. 6 TA Lärm: allgemein für die Verwaltung verbindliche Konkretisierung des Begriffs der schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche durch Immissionsrichtwerte•Problem hier: Kann L sich darauf berufen?Bei Bestimmungen der TA handelt es sich um (bloße) Verwaltungsvorschriften (VV) , die zunächst nur (verwaltungsinterne) Innenwirkung habenAber: Nr. 4 TA Luft und Nr. 6 TA Lärm werden jeweils als norminterpretierende /normkonkretisierende VV betrachtet, die drei besondere Voraussetzungen erfüllen (1. Auftrag zum Erlass von VV, 2. hoher technisch-wissenschaftlicher Sachverstand, 3. Zuständigkeit und Verfahren lassen auf besondere Richtigkeitsgewähr schließen, §§ 48, 51 BImSchG)Konsequenz => L kann deren Beachtung und Einhaltung (durch die Verwaltung ) gerichtlich erzwingen, solange keine der beiden Grenzen (1.veraltet, 2. atypischer Sachverhalt) greift

Ergebnis: L kann erfolgreich gegen die Versagung der Erlaubnis vor Gericht (VG) vorgehen (hier keine Anzeichen für atypischen Sachverhalt oder veraltete Werte)

Zur Vertiefung: Schmidt/Kahl, Umweltrecht, 8 Aufl. 2010, § 4; Erbguth/Schlacke, Umweltrecht, 3. Aufl. 2010, § 949

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Gewässerschutz

• Bsp. Donau

• Länge 2.857 km

• 5 EU-Staaten

• Internationales / europäisches / deutsches Fließgewässer (Oberflächengewässer)

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Nutzungsinteressen

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Auswirkungen des Klimawandels Wasser- und Naturhaushalt

• Global

• Regional

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WRRL 2000/60/EGWRRL 2000/60/EG

• Ziel: Erreichung / Erhaltung eines „guten Zustands“ des Grundwassers und des oberirdischen Gewässer in den MS der EU- Grundwasser „guter chemischer“ und „guter

mengenmäßiger Zustand“- Oberflächengewässer „guter chemischer“ und

„guter ökologischer Zustand“

• Frist: bis 2015

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Wasserhaushaltsgesetz - WHG(WRRL 2000/60/EG)

• Zweistufige Gewässerbewirtschaftung - 1.Planung: §§ 27, 44, 47 WHG „Guter Zustand“, spezifische B-Ziele, insb. Verschlechterungsverbot“; §§ 82, 83 B.-Pläne, Maßnahmenprogramme; §§ 1, 6 „nachhaltige Bewirtschaftung“

- 2. Gestattung: Gewässerbenutzungen im Einzelfall gem. § 12 Abs. 1, Abs. 2, §§ 8, 9 WHG („repressives Verbot mit Befreiungsvorbehalt“, BVerfGE 58, 300)

• Bewirtschaftungsermessen (Gestattung)!– § 12 Abs. 2 WHG– Ermessenlenkend: §§ 1, 6; 27, 44, 47; 83 WHG– Grds. der Verhältnismäßigkeit (geeignet, erforderlich,

angemessen: Interessenabwägung, öff. ./. private Interessen)

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Planerisches Bewirtschaftungsermessen

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Gestattungsbewirtschaftungsermessen Fall 3: Wasserkraftwerk

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Fall 3: Wasserkraftwerk

• A betreibt seit 1990 rechtm. e. Wasserkraftwerk, das Wasser aus dem A-Fluß entnimmt, durch Turbinen leitet und erwärmt wieder in den A-Fluss einleitet.

• B will 2010 ein Wasserkraftwerk an einer anderen Stelle des A-Flusses errichten und beantragt e. wasserrechtliche Erlaubnis.

• Die Behörde versagt Erlaubnis, Arg.:- Bereits große Gewässerbelastung durch vorhandenes

Kraftwerk - Weitere Belastungen zu erwarten, auch infolge des

Klimawandels- Rechtmäßig?

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