Einführung in die Allgemeine Sprachwissenschaft

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Einführung in die Allgemeine Sprachwissenschaft PD Dr. Manana Tandaschwili

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Einführung in die Allgemeine Sprachwissenschaft. PD Dr. Manana Tandaschwili. Themen. Allgemeine Sprachwissenschaft Forschungsobjekt Definition der Sprache Sprache „an sich“ vs. Sprache als System Funktionalität der Sprache ;. Theoretische und methodologische Voraussetzungen. - PowerPoint PPT Presentation

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Einführung in die Allgemeine Sprachwissenschaft

PD Dr. Manana Tandaschwili

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Themen

• Allgemeine Sprachwissenschaft– Forschungsobjekt

• Definition der Sprache– Sprache „an sich“ vs. Sprache als

System

• Funktionalität der Sprache;

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Theoretische und methodologische

Voraussetzungen Jedes natürliches Objekt lässt sich indreierlei Hinsicht unterscheiden:• Als bestimmte Gesamtheit von Elementen;• Als bestimmte Gesamtheit von Beziehungen zwischen diesen Elementen;• Als zusammenhängendes Ganzes, d.h. als bestimmte Gesamtheit von

Elementen und Beziehungen, eine Gesamtheit, die dadurch existiert, dass die Elemente in einer bestimmten Substanz verkörpert sind.

Beispiel 1:• flowergarden „Blumenbeet“ vs. gardenflower „Gartenblume“;• grammar school “ein besonderer Schultyp” vs. school grammar

„Schulgrammatik“;• bird-cage „Vogelbaum“ vs. cage-bird „Käfigvogel“.

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Weitere Beispiele

Beispiel 2

Wortstellung: SVO (Mary, to love, Tom)

Mary loves Tom

Tom loves Mary

Beispiel 3

a) Vokale: a, e; Konsonante: l, n, d;

Laden vs. Nadel

b) Vokale: a, e; Konsonante: l, r, g;

Lager vs. Regal

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Bon Soir, Rio-Snob!(Spart Straps!)

•Die Rede - ist sie der Eid? -die nie sage, wie sei Wega, sei Neid,die liebt im Sinne Tiefret noch: Conterfei-Tennis mit Beileid.Die Liebe, Naivapostel, lebt! (Bellet so, Paviane! Beileid ...) Die Lehenebene ist geil, liegt sie neben Eheleid; wo du reist, siehe, ist sie: Rudow,Ennepe, Bottrop ... Paradies sei da, Rapport tobe, penne!(Stiere baden rege, gerne da bereits.)Falte die Nixe - Doktor h.c. sei sie (Schrotkodex!) - in Ei, Detlaf; Oskar, onaniere! (Sei fieser ein Anorak so!)Olli, mach Eis beilblau! Qual blieb: sieh Camillo!O dreckig, Olga, trieft Fei'rtaglogik ("Credo") ... Eine - äh - Pyroklammer ahne den Harem, Malkoryphäe, nie? Sie sah ein Tonregal mit Folie, weil oft im Lager Not, nie Hase is'.Sie legte die Werra-Tiger hin; ihre Gitarre weidet Geleis.Gin ohne `i'? Alles nähre Bier treu: Quertreiber, Hänsel, Laien, Honig ... Nie, Brennessel, laß' alles Sennerbein, Nie reihe, Traktorei, die Rotkarte hier ein.Edgar, am seid'nen Horte thronen die Smaragde ...Die Niere bot Komik: nass sank im Oktober ein Eid.

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Definition der Sprache

Das Sprachsystem als System (als Organisation und Beschaffenheit eines Objekts) ist ein in sich geschlossenes und geordnetes Gebilde, das auf Grund der besonderen Art der hierarchischen Übereinstimmung einer bestimmten Substanz mit einer bestimmten Struktur zur Erfüllung einer bestimmten Funktion dient.

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Definition der Sprache

• Sprache, in eigentlichem Sinne die menschliche Sprache, ist eine zentrale, komplexe und vielseitige Erscheinung;– als angeborene artspezifische Fähigkeit des Menschen; – als strukturiertes System von Zeichen;– als internalisiertes System von Regeln, das Laut und Bedeutung in

Beziehung setzt; – als Ausdruck von Gedanken durch Laute;– als Werkzeug und prägendes Element des Denkens;– als Form menschlichen Erfahrung und Welterfassung; – als Kommunikations- und Verständigungsmittel;– als Menge von erlernten Gewohnheiten, auf Reize der Umwelt

angemessen zu reagieren;– als soziale Institution;– als System von Mustern oder Regeln sozialen Handelns;– als Voraussetzung und Form von Geschichte, Kultur und Kunst.

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Sprache vs. Sprache

A) Sprache „an sich“, die Bezeichnung der menschlichen Sprachbegabung als solcher

B) Sprache als Einzelsprache, d.h. die Konkretisierung von (A) in einer bestimmten Sprachgemeinschaft, zu einer bestimmten Zeit und in einem Bestimmten geographischen Raum und deren Ausdruck in konkreten Kommunikationsereignissen.“

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Die Funktionen von Sprache

• Kommunikativ (soziale Interaktion);

• Abbild der Wirklichkeit;

• Kognitiv (Sprache und Denken);

• Affektiv (emotionaler Ausdruck);

• Identität.

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Kommunikation

Kommunikationsmodell: Interaktion

Information

Sender ------------------------------------------------------- Empfänger

Informationskanal

EnkodierungDekodierung

X YIst Frank anwesend?

Y XEr ist Krank

Sprachliches Handeln vs. Kompetenz (kommunikative, kontextuelle)

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Unterschiede zwischen den Sprachen in der

Abbildung der Realitäten Inwieweit ist das reale Welt in der Sprache segmentiert? Vgl.

• Fr. bois (mit Bäumen bepflanzter Ort, die Materie Holz allgemein, Bau- und Brennholz);

• Russ. Лес, дерево, дрова;

• Dt. Wald, Forst, Hain, Gehölz, Holz;

• It. Bosco, legno, legna, legname.

Vgl.

• Swanisch: muxwbe Bruder für Bruder vs. ӡəmil Bruder für Schwester

• Türkisch: kardeş Geschwister (Älterer Bruder vs. jüngerer Bruder)

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Jeder Sprache entspricht eine besondere Organisation dessen, was in der Erfahrung gegeben ist:

• z.B. Zahlreiche Wörter für Pferd oder Kamel im Arabischen, oder für Schnee in der Eskimosprache, oder für Loch oder Sand in den australischen Sprachen.

Pintupi-Wörter für Loch: • Yarla: ein Loch in einem Gegenstand;• Pirti: ein Loch im Boden;• Kartalpa: ein kleines Loch im Boden;• Pirnki: ein durch eine Felsplatte gebildetes Loch;• Yulpilpa: ein flaches, von Ameisen bewohntes Loch;• Mutara: ein spezielles Loch in einem Speer;• Nyarrkalpa: der Bau kleiner Tiere;• Pulpa: ein Kaninchenbau;• Makarnpa: der Bau eines Goanna;• Katarta: das Loch, das ein Goanna hinterlässt, wenn es nach der

Überwinterung den Boden durchbricht.

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Kognitive Funktion

Relationale, gerichtete, logische vs. referentielle, propositionale Denkvorgänge

Kontradiktion:a) „Peter ist ledig“ vs. „Peter ist verheiratet“

b) „Peter ist nicht ledig“ = “Peter ist verheiratet”

Komplementarität:„Heinz ist anwesend“ vs. „Heinz ist abwesend“

Konversion: AB ≡ BA „X ist der Mann von Y“ vs. „Y ist die Frau von X“

kaufen (x,y,z) ≡ verkaufen (z,y,x)

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Affektive Funktion(emotionaler Ausdruck)

– Hans schließt jetzt schön das Fenster!

– Schließen Sie bitte das Fenster!

– Ich darf Sie bitten, das Fenster zu schließen!

– Darf ich Sie bitten, das Fenster zu schließen?

– Dürfte ich Sie bitten, das Fenster zu schließen?

– Hier ist es heiß!

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Identität

• Physische Identität (Alter, Geschlecht, weibliche und männliche Sprache im Japanischen);

• Psychische Identität;• Geographische Identität (Sprache oder Dialekt?);• Ethnische und nationale Identität;• Soziale Identität (Soziale Schichtung, Kasten, Respekt);• Kontextuelle Identität (Eingeschränkte Sprachen,

Geheimsprachen, Sprachspielereien);• Stilistische Identität und Literatur.

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Hänsel und Gretel auf neuhochdeutsch

Murat und Aische gehen dursch Wald, auf Suche nachkorrekte Feuerholz.Aische fragt Murat: „Hast du Kettensäge, Murat?“Murat: „Normal! Hab isch in meine Tasche, oder was?!“Auf der Suche nach korrekte Baum, verirrten sie sischkrass in de Wald.Murat: „Ey scheisse, oder was?! Hast du konkrete Plan, wowir sind, oder was?!“Aische: „Ne scheisse, aber isch rische Dönerbude!“Murat: „Ja fäääääääääätt!“Aische: „Normal, da vorn an den Ecke!“So fanden schließlich dursch Aisches korrekte siebteDöner-Such-Sinn den Dönerbude.

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Objektsprache vs. Metasprache

Die beschriebene Sprache ist die Objektsprache und die Sprache, die dazu gebraucht wird, die Metasprache

a) Boston hat sechs Buchstaben

b) Boston ist ein Substantiv

c) Boston ist zweisilbig

d) Boston hat eine große Einwohnerzahl

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Sprachfamilie

Sprachfamilie – Elternsprache, Tochtersprache, Schwestersprache (auch Unterfamilie, Zweige); z.B. Indoeuropäische Sprachfamilie: Proto-Indoeuropäisch – Tochtersprachen (Latein, Griechisch, Sanskrit).

Die Stammbaumtheorie – August Schleicher (1821-1868) Sprache als ein Organismus, der wie ein Baum wachsen und wieder vergehen kann.

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Klassifikationen von Sprachen

• Genetische (genealogische) Klassifikation: geschichtlich orientierte Klassifikation;

• Typologische Klassifikation: An formalen Ähnlichkeiten orientierte Klassifikation (Formaler Vergleich von Phonologie, Grammatik und Wortschatz: Zahl und Typus der Vokale, feste oder freie Wortstellung, morphologische Aspekte);

• Areale Klassifikation.

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Kaukasische Sprachen• Südkaukasische Sprachen

– Georgischʒmam čika da-lec-a (lec@ va zerbrechen)

S: erg. O:nom. V akt.

čika da-i-lec-aS:nom. V pass.

• Ostkaukasische Sprachen– Avarisch

vac�-as� šiša b-ekana (bekize zerbrechen)

S: erg. O:abs. V tran.

šiša b-ekana S:abs. V int.

– Udischviče-n sṭakan-ax xaxa-ne-pe (xaxapesun zerbrechen)S: erg. O:dat. V akt.

sṭakan xaxa-ne-ce (xaxaesun zerbrochen werden)

S:abs. V pass.

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Typologische Klassifikation

– Isolierender Sprachbau • Analytische oder Wurzelsprachen

Hochchinesisch: Wŏ măi juzi chī

Ich kaufen Orange essen

Ich habe Orangen zum Essen gekauft

– Flektierender Sprachbau • Synthetisch oder fusionierend

Georgisch: am gogo-m lamaz-i qvavil-eb-i mo-m-i-tan-a.

Dieses Mädchen schöne Blumen gebracht hat

Dieses Mädchen hat mir die schöne Blumen gebracht.

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– Agglutinierender Sprachbau;Swahili: mimi ni-na-ku-penda wewe

ich ich-Präs-Du-lieben Dich

„Ich liebe Dich“

– Inkorporierender Sprachbau • Polysynthetisch

Abchasisch: jəsxasc'ojṭ  jə  -  s  -   xa  -  s  -  c'a  -  wa - jt'

3.Sg.Dt  1.Sg.    Obj.   1.Sg. Vbwz.    Präs.    finit  

es    mein    Kopf    ich    anziehen    jetzt    tue  

"Ich setze es mir auf den Kopf."

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Areale Klassifikation

Balkansprachbund • Slavische Sprachen

– Bulgarisch (und Makedonisch)– Serbisch

• Romanische Sprache– Rumänisch (und Moldauisch)

Aber auch – Albanisch – Neugriechisch

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– Lebend (als Muttersprache gesprochen) vs. tot (ausgestorben, nach der Cambridge Enzyklopädie der Sprache etwa 143 Sprachen)

• Hethitisch• Tocharisch• Sumerisch• Etruskisch

Staatsprache Irlands Irisch-Gälisch vs. Freiwillige Kommunikationssprache Kurdisch.

Revitalisierte Sprachen: Hebräisch (Hamito-Semitisch), Kornisch (Keltisch) .

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Bedrohung

Innerhalb nur einer Generation können alle Spuren einer Sprache verschwunden sein• politische Gründe (Fortzug oder Spaltung),• wirtschaftliche Gründe (Landflucht), • Naturkatastrophen• Krankheiten

– z. B. Grippeepidemie bei Sprecher der Trumai, (Venezuela, 1962.)

– 1000 Indianersprachen in Brasilien im 19. Jh. vs. weniger als 200 heute