Einkehr, Konzentration und Besinnung - ahmadiyya.de · FASTENMONAT RAMADAN Ein Besuch in der...

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Usingen 12 Usinger Anzeiger Dienstag, 6. August 2013 USINGEN. „In diesem Jahr ist es hart.“ Ein Satz von Nasir Ahmad, den man in diesen Tagen sehr oft hört. Nicht nur von den etwa 170 Gläubigen der islamischen Reformgemeinde Ah- madiyya Muslim Jamaat aus dem Usin- ger Land, deren Moschee im Usinger Gewerbegebiet steht. Die Muslime in aller Welt und in den unterschiedlichsten Glaubensrichtun- gen (Sunniten, Schiiten, Aleviten) stel- len sich der Anstrengung, suchen Selbstbeherrschung und Konzentra- tion. Der islamische Fastenmonat Ra- madan wird seinem arabischen Begriff gerade in diesem Jahr in Deutschland sehr gerecht: („Große Hitze“ oder „der heiße Monat“). Vor allem aber fällt die muslimische Fastenzeit 2013 in die Monate Juli und August, in denen die Tage bei uns im Jahresvergleich zwi- schen Sonnenaufgang und Sonnen- untergang eine lange Zeit messen. Denn zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang darf weder gegessen noch getrunken werden: Es bleiben für das Fastenbrechen nur die wenigen Stunden. Liegt der Ramadan weit im Herbst oder früh im Frühjahr, ist die wirkliche „Fastenzeit“ um Stunden kürzer. Gebetsplan Für die Ahmadiyya Muslime hat der Ramadan am 11. Juli begonnen; er en- det am 9. August. Wegweiser durch die- se Zeit ist ein Gebetsplan, der je nach Region und den entsprechenden Son- nenzeiten festgelegt wird. Der gläubige Muslim betet fünf Mal am Tage (vor Sonnenaufgang, am Sonnenhöchst- stand, nachmittags, nach Sonnenunter- gang und nachts). Der Fastenbeginn lag im Rhein-Main-Gebiet am 11. Juli bei 3.58 Uhr. Die Sonne ging dann um 5.28 Uhr auf. Das Mittagsgebet war für 13.45 Uhr festgesetzt, das Nachmittags- gebet um 17.46 Uhr. Zum Sonnen- untergang und Fastenende gab es um 21.35 Uhr das Abendgebet und beim Einbruch der Nacht um 22.55 Uhr das Nachtgebet. Es bleibt nur wenig Zeit und das Frühstück ist allzu früh: Ab 3.59 am 12. Juli war schon wieder Ver- zicht geboten. Bis 9. August verschie- ben sich die Zeiten, die tägliche Fasten- strecke wird kürzer. Fastenbeginn ist dann gegenüber dem Auftakt eine hal- be Stunde später um 4.35 Uhr; ebenso ist das Fastenende bereits am 20.58 Uhr. Für den Gläubigen bedeutet das Fas- ten, den eigenen Körper zu optimieren, erklärt Nasir Ahmad dem Besucher in der Usinger Moschee. Diese Zeit zeige, dass man auch mit weniger auskom- men kann. Physis und Psyche sollen in eine ausgeglichene Waage kommen, um Gott zu dienen. Die Fastenzeit hat besondere Regeln. Es ist nicht erlaubt, Schlechtes zu sa- gen, denn man solle sich auf Gott, nicht die anderen Menschen konzent- rieren. Es ist aufgegeben, noch mehr als sonst armen Menschen in dieser Zeit zu helfen. Außer Essen und Trin- ken sind alle Genussmittel verboten: Alkohol sowieso, aber auch Sex und andere sinnliche Genüsse. „Die Sinne sollen so rein wie das Wasser sein“, be- schreibt Nasir Ahmad diese bewusste Enthaltsamkeit. Und der Prophet habe klar gesagt: „Jeder wird nach seinem Handeln gerichtet.“ Ausnahmen Geregelt ist aber auch, wer fasten muss und wer nicht fasten darf. Für al- le gesunden Personen ist der Ramadan vorgeschrieben. Schwangere und stil- lende Frauen sind ausgenommen; ebenso Frauen in der Menstruation, da das Fasten sie zu sehr schwächen könnte. Kinder sollen durch schrittwei- sen Verzicht in die Fastenzeit rein- wachsen. Wer auf Reisen ist oder krank, muss nicht fasten, muss aber versäumte Tage nachholen. Der Fastenmonat ist eine innige Zeit der Familien und der Freunde. Denn man trifft sich früh abends, bereitet er- wartungsvoll das Essen gemeinsam vor, isst, wenn die Zeit gekommen ist, entspannt und sitzt zusammen. Gerade in diesem Jahr wird es dann nachts spät – und der Morgen beginnt ja ent- sprechend früh. Traditionell beginnt das Essen abends damit, dass alle als Erstes eine Dattel essen. Das habe der Prophet auch so gemacht. Dann kommt auf den Tisch, was da ist und schmeckt. Warmes Es- sen, Üppiges, Leichtes, Nachtisch. Es gibt nichts Spezielles. „Man trifft sich auch bei McDonalds“, berichtet Nasir Ahmad, übrigens der „Integrationsbe- auftragte“ der Gemeinde. In der Usinger Moschee verschmel- zen Abend- und Nachtgebet. Aus prag- matischen Gründen schaut man nicht auf den Minutenzeiger. Während des Fastenmonats kommen die Gläubigen abends nach dem Essen daheim regel- mäßig um 22.30 Uhr in der Moschee zum Gebet zusammen. Hier gibt es we- nig Schmuck, keine Bilder, keine Mu- sik. Die Frauen treffen sich im eigenen Gebetsraum unten. Eigener Imam Wenn Imam Kamran Ahmad, der ei- gens zum Ramadan nach Usingen ent- sandt worden ist, die Gebete im ersten Stock anstimmt, kommen hier regel- mäßig zwei Dutzend Männer zusam- men.. Sie kommen rein, ziehen die Schuhe aus, waschen sich; man be- grüßt sich kurz, nimmt seinen Platz in der Reihe ein. Eine gute halbe Stunde wird in Arabisch, der Sprache des Ko- rans, gebetet, immer mit Wiederholun- gen, umgesetzt in Gesten, Verneigun- gen, Niederknien und der Niederwer- fung. Jeder sucht in diesem Rhythmus seine Konzentration und seinen eige- nen Dialog mit Gott, der sich dann in Offenbarungen und Wahrträumen wi- derspiegelt.. „Wie ein Pendel in Ein- klang kommen“, beschreibt Nasir Ah- mad. Wenige kommen später, einige gehen früher. Schnell löst sich nach dem En- de die Runde auf; nicht wenige werden bald schon nach nur einigen Stunden Schlaf den nächsten Fastentag mit dem gemeinsamen Morgengebet in der Mo- schee beginnen, um dann direkt zur Arbeit zu fahren. Alles weitgehend eine Sache der Männer. Besondere Einkehr Die letzten zehn Tage des Fastenmo- nats sind Tage der besonderen Einkehr. Es gibt Gläubige, die sich dann kom- plett in die Moschee zurückziehen, die Familien verlassen, das Gebet suchen und mit Gott sprechen. „Man fühlt sich als Nichts vor Gott und in der entschei- denden Nacht kommt das Licht“, er- klärt Nasir Ahmad den Idealzustand in der Nacht der Bestimmung, in der der Prophet Mohammed den Koran ent- gegennahm. Der Fastenmonat endet mit dem Zu- ckerfest, das drei Tage gefeiert werden soll. Nach der Entsagung und der Ein- kehr beginnt am 10. August eine neue Zeit. Frisch geduscht, mit neuen Klei- dern kommt alles zum gemeinsamen Morgengebet in die Moschee, wobei Männer und Frauen getrennte Räume haben. Dann folgt ein großes Fest der Familien, die sich aus diesem Anlass besuchen, feiern und Geschenke aus- tauschen. Aber bis dahin ist noch eine harte Zeit. Gerade in diesem Jahr. Einkehr, Konzentration und Besinnung FASTENMONAT RAMADAN Ein Besuch in der Usinger Bait-ul-Huda Moschee der Ahmadiyya Muslim Jamaat Die Usinger Moschee. Das gemeinsame Nachtgebet im Fastenmonat Ramadan in der Usinger Moschee: Der Gebetsritus kennt mehrere Abschnitte, wozu auch die Niederwerfung gehört. . Die Ahmadiyya Muslim Jamaat ist als einer der größten Islamverbände, mit aktuell über 35000 Mitgliedern, seit über sechs Jahrzehnten in Deutschland vertreten. Bundesweit unterhält sie 39 Moscheen mit Minarett und Kuppel. Das Land Hessen hat der Gemeinde den Status einer Körperschaft des öf- fentlichen Rechts verliehen. Sie hat als muslimische Religionsgemeinschaft den gleichen Rechtsstatus wie die christlichen Kirchen. Ab dem Schuljahr 2013/14 werden die Religionsgemein- schaften DİTİB (Türkei) Landesverband Hessen und Ahmadiyya Muslim Jamaat in Hessen gemäß Artikel 7 Absatz 3 des Grundgesetzes den bekenntnisorien- tierten Islamunterricht an öffentlichen Schulen anbieten. . Die Gemeinde im Usinger Land zählt 170 Mitglieder. Die meisten Gläubigen stammen aus Pakistan oder haben in zweiter oder dritter Generation ihre Wurzeln in Pakistan, wo die Ahmadiyya Muslime aber verfolgt werden. Viele Gemeindemitglieder sind hier geboren, zur Schule gegangen und sprechen sehr gut Deutsch. In der im September 2004 im Usinger Gewerbegebiet eröff- neten Bait-ul-Huda Moschee kommen eine Kindergruppe und eine Jugend- gruppe (Alter: 14 bis 40 Jahre) zusam- men. Männer und Frauen beten ge- trennt, wobei Ehepaare auch gemein- sam beten dürfen. Das wichtige Frei- tagsgebet ist um 13.30 Uhr. Die Ge- meinde und ihre Einrichtungen leben von Spenden der Gemeindemitglieder. . Nach einem Einbruch in die Moschee am 22. Dezember 2004 wurde im Ge- bäude Feuer gelegt. Es entstand ein Schaden von rund 50000 Euro. Das Motiv der Tat ist ebenso wie sie selbst bis heute ungeklärt; es gibt auch keine Verdächtigen. In Usingen zeigte sich eine große Solidarität für die Gemein- de; die Tat wurde breit verurteilt. . Die islamische Reformgemeinde gibt sich offen. Unter anderem informierte sie im Dezember mit einer Wanderaus- stellung über ihren Glauben und ihre Arbeit. Fest im Jahreskalender steht ein Tag der offenen Tür in der Moschee ebenso wie die Reinigungsaktion in der Stadt nach der Silvesterknallerei. Viel zu erfahren gibt es über die Facebook- Seite oder das Internet (www.ahma- diyya.de/gebetsstaette/mo- scheen/usingen), wo man mit einem Klick einen Termin für einen Besuch in der Moschee vereinbaren kann. . Im Rahmen des Koordinierungsrates der Muslime in Deutschland haben sich die Verbände in Deutschland für das Jahr 2008 erstmals auf eine einheitli- che Berechnungsmethode für den Fas- tenmonat Ramadan geeinigt. Der Ra- madan 2013 begann am 9. Juli 2013 und endet am 7. August 2013. Es fol- gen drei Festtage. Dies gilt nicht für die Ahmadiyya Muslim Jamaat. Tahir Mah- mood als Präsident des Komitees für Mondsichtung erläutert: „Basierend auf mehreren Möglichkeiten der Be- rechnung können wir folgende Termine für Deutschland festlegen: Beginn des Fastenmonats Ramadhan: 11. Juli 2013; Datum für das Id-ul-Fitr (Tür- kisch: Zuckerfest): 10. August 2013. DIE GEMEINDE Diszipliniert stellen sich die Betenden in eine Reihe und folgen dem Vorbeter. Fotos: Bugge Von Frank Bugge

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Usingen12 Usinger AnzeigerDienstag, 6. August 2013

USINGEN. „In diesem Jahr ist eshart.“ Ein Satz von Nasir Ahmad, denman in diesen Tagen sehr oft hört.Nicht nur von den etwa 170 Gläubigender islamischen Reformgemeinde Ah-madiyya Muslim Jamaat aus dem Usin-ger Land, deren Moschee im UsingerGewerbegebiet steht.

Die Muslime in aller Welt und in denunterschiedlichsten Glaubensrichtun-gen (Sunniten, Schiiten, Aleviten) stel-len sich der Anstrengung, suchenSelbstbeherrschung und Konzentra-tion. Der islamische Fastenmonat Ra-madan wird seinem arabischen Begriffgerade in diesem Jahr in Deutschlandsehr gerecht: („Große Hitze“ oder „derheiße Monat“). Vor allem aber fällt diemuslimische Fastenzeit 2013 in dieMonate Juli und August, in denen dieTage bei uns im Jahresvergleich zwi-schen Sonnenaufgang und Sonnen-untergang eine lange Zeit messen.Denn zwischen Sonnenaufgang undSonnenuntergang darf weder gegessennoch getrunken werden: Es bleiben fürdas Fastenbrechen nur die wenigenStunden. Liegt der Ramadan weit imHerbst oder früh im Frühjahr, ist diewirkliche „Fastenzeit“ um Stundenkürzer.

Gebetsplan

Für die Ahmadiyya Muslime hat derRamadan am 11. Juli begonnen; er en-det am 9. August. Wegweiser durch die-se Zeit ist ein Gebetsplan, der je nachRegion und den entsprechenden Son-nenzeiten festgelegt wird. Der gläubigeMuslim betet fünf Mal am Tage (vorSonnenaufgang, am Sonnenhöchst-stand, nachmittags, nach Sonnenunter-gang und nachts). Der Fastenbeginnlag im Rhein-Main-Gebiet am 11. Julibei 3.58 Uhr. Die Sonne ging dann um5.28 Uhr auf. Das Mittagsgebet war für13.45 Uhr festgesetzt, das Nachmittags-gebet um 17.46 Uhr. Zum Sonnen-untergang und Fastenende gab es um21.35 Uhr das Abendgebet und beimEinbruch der Nacht um 22.55 Uhr dasNachtgebet. Es bleibt nur wenig Zeitund das Frühstück ist allzu früh: Ab3.59 am 12. Juli war schon wieder Ver-zicht geboten. Bis 9. August verschie-ben sich die Zeiten, die tägliche Fasten-strecke wird kürzer. Fastenbeginn istdann gegenüber dem Auftakt eine hal-be Stunde später um 4.35 Uhr; ebensoist das Fastenende bereits am 20.58Uhr.

Für den Gläubigen bedeutet das Fas-ten, den eigenen Körper zu optimieren,erklärt Nasir Ahmad dem Besucher inder Usinger Moschee. Diese Zeit zeige,dass man auch mit weniger auskom-

men kann. Physis und Psyche sollen ineine ausgeglichene Waage kommen,um Gott zu dienen.

Die Fastenzeit hat besondere Regeln.Es ist nicht erlaubt, Schlechtes zu sa-gen, denn man solle sich auf Gott,nicht die anderen Menschen konzent-

rieren. Es ist aufgegeben, noch mehrals sonst armen Menschen in dieserZeit zu helfen. Außer Essen und Trin-ken sind alle Genussmittel verboten:Alkohol sowieso, aber auch Sex undandere sinnliche Genüsse. „Die Sinnesollen so rein wie das Wasser sein“, be-schreibt Nasir Ahmad diese bewussteEnthaltsamkeit. Und der Prophet habeklar gesagt: „Jeder wird nach seinemHandeln gerichtet.“

Ausnahmen

Geregelt ist aber auch, wer fastenmuss und wer nicht fasten darf. Für al-le gesunden Personen ist der Ramadanvorgeschrieben. Schwangere und stil-lende Frauen sind ausgenommen;ebenso Frauen in der Menstruation, da

das Fasten sie zu sehr schwächenkönnte. Kinder sollen durch schrittwei-sen Verzicht in die Fastenzeit rein-wachsen. Wer auf Reisen ist oderkrank, muss nicht fasten, muss aberversäumte Tage nachholen.

Der Fastenmonat ist eine innige Zeit

der Familien und der Freunde. Dennman trifft sich früh abends, bereitet er-wartungsvoll das Essen gemeinsamvor, isst, wenn die Zeit gekommen ist,entspannt und sitzt zusammen. Geradein diesem Jahr wird es dann nachtsspät – und der Morgen beginnt ja ent-sprechend früh.

Traditionell beginnt das Essen abendsdamit, dass alle als Erstes eine Dattelessen. Das habe der Prophet auch sogemacht. Dann kommt auf den Tisch,was da ist und schmeckt. Warmes Es-sen, Üppiges, Leichtes, Nachtisch. Esgibt nichts Spezielles. „Man trifft sichauch bei McDonalds“, berichtet NasirAhmad, übrigens der „Integrationsbe-auftragte“ der Gemeinde.

In der Usinger Moschee verschmel-zen Abend- und Nachtgebet. Aus prag-matischen Gründen schaut man nicht

auf den Minutenzeiger. Während desFastenmonats kommen die Gläubigenabends nach dem Essen daheim regel-mäßig um 22.30 Uhr in der Moscheezum Gebet zusammen. Hier gibt es we-nig Schmuck, keine Bilder, keine Mu-sik. Die Frauen treffen sich im eigenenGebetsraum unten.

Eigener Imam

Wenn Imam Kamran Ahmad, der ei-gens zum Ramadan nach Usingen ent-sandt worden ist, die Gebete im erstenStock anstimmt, kommen hier regel-mäßig zwei Dutzend Männer zusam-men.. Sie kommen rein, ziehen dieSchuhe aus, waschen sich; man be-grüßt sich kurz, nimmt seinen Platz inder Reihe ein. Eine gute halbe Stundewird in Arabisch, der Sprache des Ko-rans, gebetet, immer mit Wiederholun-gen, umgesetzt in Gesten, Verneigun-gen, Niederknien und der Niederwer-fung. Jeder sucht in diesem Rhythmusseine Konzentration und seinen eige-nen Dialog mit Gott, der sich dann inOffenbarungen und Wahrträumen wi-derspiegelt.. „Wie ein Pendel in Ein-klang kommen“, beschreibt Nasir Ah-mad.

Wenige kommen später, einige gehenfrüher. Schnell löst sich nach dem En-de die Runde auf; nicht wenige werdenbald schon nach nur einigen StundenSchlaf den nächsten Fastentag mit demgemeinsamen Morgengebet in der Mo-schee beginnen, um dann direkt zurArbeit zu fahren. Alles weitgehend eineSache der Männer.

Besondere Einkehr

Die letzten zehn Tage des Fastenmo-nats sind Tage der besonderen Einkehr.Es gibt Gläubige, die sich dann kom-plett in die Moschee zurückziehen, dieFamilien verlassen, das Gebet suchenund mit Gott sprechen. „Man fühlt sichals Nichts vor Gott und in der entschei-denden Nacht kommt das Licht“, er-klärt Nasir Ahmad den Idealzustand inder Nacht der Bestimmung, in der derProphet Mohammed den Koran ent-gegennahm.

Der Fastenmonat endet mit dem Zu-ckerfest, das drei Tage gefeiert werdensoll. Nach der Entsagung und der Ein-kehr beginnt am 10. August eine neueZeit. Frisch geduscht, mit neuen Klei-dern kommt alles zum gemeinsamenMorgengebet in die Moschee, wobeiMänner und Frauen getrennte Räumehaben. Dann folgt ein großes Fest derFamilien, die sich aus diesem Anlassbesuchen, feiern und Geschenke aus-tauschen. Aber bis dahin ist noch eineharte Zeit. Gerade in diesem Jahr.

Einkehr, Konzentration und BesinnungFASTENMONAT RAMADAN Ein Besuch in der Usinger Bait-ul-Huda Moschee der Ahmadiyya Muslim Jamaat

Die Usinger Moschee.

Das gemeinsame Nachtgebet im Fastenmonat Ramadan in der Usinger Moschee: Der Gebetsritus kennt mehrere Abschnitte, wozu auch die Niederwerfung gehört.

. Die Ahmadiyya Muslim Jamaat ist alseiner der größten Islamverbände, mitaktuell über 35000 Mitgliedern, seitüber sechs Jahrzehnten in Deutschlandvertreten. Bundesweit unterhält sie 39Moscheen mit Minarett und Kuppel.Das Land Hessen hat der Gemeindeden Status einer Körperschaft des öf-fentlichen Rechts verliehen. Sie hat alsmuslimische Religionsgemeinschaftden gleichen Rechtsstatus wie diechristlichen Kirchen. Ab dem Schuljahr2013/14 werden die Religionsgemein-schaften DİTİB (Türkei) LandesverbandHessen und Ahmadiyya Muslim Jamaatin Hessen gemäß Artikel 7 Absatz 3 desGrundgesetzes den bekenntnisorien-tierten Islamunterricht an öffentlichenSchulen anbieten.. Die Gemeinde im Usinger Land zählt170 Mitglieder. Die meisten Gläubigenstammen aus Pakistan oder haben inzweiter oder dritter Generation ihreWurzeln in Pakistan, wo die AhmadiyyaMuslime aber verfolgt werden. VieleGemeindemitglieder sind hier geboren,zur Schule gegangen und sprechensehr gut Deutsch. In der im September2004 im Usinger Gewerbegebiet eröff-neten Bait-ul-Huda Moschee kommeneine Kindergruppe und eine Jugend-gruppe (Alter: 14 bis 40 Jahre) zusam-men. Männer und Frauen beten ge-trennt, wobei Ehepaare auch gemein-sam beten dürfen. Das wichtige Frei-tagsgebet ist um 13.30 Uhr. Die Ge-meinde und ihre Einrichtungen lebenvon Spenden der Gemeindemitglieder.. Nach einem Einbruch in die Moscheeam 22. Dezember 2004 wurde im Ge-bäude Feuer gelegt. Es entstand einSchaden von rund 50000 Euro. DasMotiv der Tat ist ebenso wie sie selbstbis heute ungeklärt; es gibt auch keineVerdächtigen. In Usingen zeigte sicheine große Solidarität für die Gemein-de; die Tat wurde breit verurteilt.. Die islamische Reformgemeinde gibtsich offen. Unter anderem informiertesie im Dezember mit einer Wanderaus-stellung über ihren Glauben und ihreArbeit. Fest im Jahreskalender steht einTag der offenen Tür in der Moscheeebenso wie die Reinigungsaktion in derStadt nach der Silvesterknallerei. Vielzu erfahren gibt es über die Facebook-Seite oder das Internet (www.ahma-diyya.de/gebetsstaette/mo-scheen/usingen), wo man mit einemKlick einen Termin für einen Besuch inder Moschee vereinbaren kann.. Im Rahmen des Koordinierungsratesder Muslime in Deutschland haben sichdie Verbände in Deutschland für dasJahr 2008 erstmals auf eine einheitli-che Berechnungsmethode für den Fas-tenmonat Ramadan geeinigt. Der Ra-madan 2013 begann am 9. Juli 2013und endet am 7. August 2013. Es fol-gen drei Festtage. Dies gilt nicht für dieAhmadiyya Muslim Jamaat. Tahir Mah-mood als Präsident des Komitees fürMondsichtung erläutert: „Basierendauf mehreren Möglichkeiten der Be-rechnung können wir folgende Terminefür Deutschland festlegen: Beginn desFastenmonats Ramadhan: 11. Juli2013; Datum für das Id-ul-Fitr (Tür-kisch: Zuckerfest): 10. August 2013.

DIE GEMEINDE

Diszipliniert stellen sich die Betenden in eine Reihe und folgen dem Vorbeter. Fotos: Bugge

Von Frank Bugge