Einsatz einer Motorbaureihe in verschiedenen Fahrzeugtypen am Beispiel des BMW-Reihensechszylinders

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8 ATZ Automobiltechnische Zeitschrift 103 (2001) 1 Titelthema Motorintegration 1 Einleitung Das BMW-Motorenprogramm umfasst die gängigen Zylinderzahlen vom 1,6-l-Reihen- vierzylinder bis zum exklusiven V12-Trieb- werk mit 5,4 l Hubraum. Bild 1 zeigt die Zu- ordnung der verschiedenen Motorfamilien zum aktuellen BMW-Fahrzeugprogramm. Der Reihensechszylinder ist als BMW-Kern- motorisierung in allen Fahrzeugbaureihen vertreten. Daher wird beispielhaft an den BMW-Produkte werden entscheidend vom Antrieb geprägt. Das Sechszylindertriebwerk stellt mit seiner unübertroffenen Laufkultur die Kernmotorisierung in allen Fahrzeugtypen dar. Am Beispiel des neu überarbeiteten Reihensechszylindermotors wird aufgezeigt, wie die Bayerischen Motoren Werke AG die „Freude am Fahren“ durch kon- sequente Nutzung der fahrzeugspezifischen Anpassungsumfänge ge- stalten. Der Motor wird sowohl zur Differenzierung gegenüber dem Wettbewerb, als auch zur unterschiedlichen Positionierung der ver- schiedenen Fahrzeugbaureihen im Hause BMW eingesetzt. Einsatz einer Motorbaureihe in verschiedenen Fahrzeugtypen am Beispiel des BMW-Reihensechszylinders Entwicklungsschwerpunkten des neu überarbeiteten Reihensechszylindertrieb- werks die Philosophie der Motorenentwick- lung bei BMW vorgestellt. Aufgezeigt wer- den sowohl die Entwicklungsziele des Ba- sistriebwerks als auch die Anpassung an die verschiedenen Fahrzeugbaureihen. Da- bei gilt es, den Motor nicht nur zur Diffe- renzierung gegenüber dem Wettbewerb, sondern auch zur unterschiedlichen Posi- tionierung der verschiedenen Fahrzeuge im eigenen Hause einzusetzen. 2 Der neue BMW-Sechszylinder Im Jahr 1999 waren mit 437.000 produzier- ten Einheiten 58 % der verkauften BMW- Fahrzeuge mit einem Reihensechszylinder ausgerüstet. Der Anteil der Reihensechszy- linder ist in den letzten Jahren kontinuier- lich gestiegen, Bild 2. Diese überproportio- nale Steigerung wurde durch die Tatsache ermöglicht, dass der Reihensechszylinder nicht nur in den beiden neuen BMW-Fahr- zeugsegmenten Roadster und „Sports Ac- tivity Vehicle“ (SAV) die Kernmotorisierung darstellt, sondern auch die 7er-Baureihe als Johannes Liebl ist Leiter der Funktionen Ottomotoren in der Entwicklung Antrieb bei der BMW Group, München. Norbert Klauer ist Abtei- lungsleiter Otto-DI-Motoren in der Entwicklung Antrieb bei der BMW Group, München. Claus Otto Griebel ist Abteilungsleiter Akustik, Schwingungen Ottomoto- ren in der Entwicklung Antrieb bei der BMW Group, München. Andreas Müller ist Ab- teilungsleiter MPI-Motoren in der Entwicklung Antrieb bei der BMW Group, München. Die Verfasser 4-Zyl. 6-Zyl. 8-Zyl. 12-Zyl. 3er 5er 7er Roadster SAV BMW BMW BMW BMW BMW BMW BMW BMW BMW BMW BMW BMW BMW BMW BMW BMW BMW BMW BMW BMW BMW BMW BMW BMW Bild 1: Matrix des Fahrzeug-Motoren-Programms Figure 1: Matrix of the vehicle engine program

Transcript of Einsatz einer Motorbaureihe in verschiedenen Fahrzeugtypen am Beispiel des BMW-Reihensechszylinders

Page 1: Einsatz einer Motorbaureihe in verschiedenen Fahrzeugtypen am Beispiel des BMW-Reihensechszylinders

8 ATZ Automobiltechnische Zeitschrift 103 (2001) 1

Titelthema Motorintegration

1 Einleitung

Das BMW-Motorenprogramm umfasst diegängigen Zylinderzahlen vom 1,6-l-Reihen-vierzylinder bis zum exklusiven V12-Trieb-werk mit 5,4 l Hubraum. Bild 1 zeigt die Zu-ordnung der verschiedenen Motorfamilienzum aktuellen BMW-Fahrzeugprogramm.Der Reihensechszylinder ist als BMW-Kern-motorisierung in allen Fahrzeugbaureihenvertreten. Daher wird beispielhaft an den

BMW-Produkte werden entscheidend vom Antrieb geprägt. DasSechszylindertriebwerk stellt mit seiner unübertroffenen Laufkulturdie Kernmotorisierung in allen Fahrzeugtypen dar. Am Beispiel des neuüberarbeiteten Reihensechszylindermotors wird aufgezeigt, wie dieBayerischen Motoren Werke AG die „Freude am Fahren“ durch kon-sequente Nutzung der fahrzeugspezifischen Anpassungsumfänge ge-stalten. Der Motor wird sowohl zur Differenzierung gegenüber demWettbewerb, als auch zur unterschiedlichen Positionierung der ver-schiedenen Fahrzeugbaureihen im Hause BMW eingesetzt.

Einsatz einer Motorbaureihe in verschiedenen Fahrzeugtypenam Beispiel des BMW-Reihensechszylinders

Entwicklungsschwerpunkten des neuüberarbeiteten Reihensechszylindertrieb-werks die Philosophie der Motorenentwick-lung bei BMW vorgestellt. Aufgezeigt wer-den sowohl die Entwicklungsziele des Ba-sistriebwerks als auch die Anpassung andie verschiedenen Fahrzeugbaureihen. Da-bei gilt es, den Motor nicht nur zur Diffe-renzierung gegenüber dem Wettbewerb,sondern auch zur unterschiedlichen Posi-tionierung der verschiedenen Fahrzeuge imeigenen Hause einzusetzen.

2 Der neue BMW-Sechszylinder

Im Jahr 1999 waren mit 437.000 produzier-ten Einheiten 58 % der verkauften BMW-Fahrzeuge mit einem Reihensechszylinderausgerüstet. Der Anteil der Reihensechszy-linder ist in den letzten Jahren kontinuier-lich gestiegen, Bild 2. Diese überproportio-nale Steigerung wurde durch die Tatsacheermöglicht, dass der Reihensechszylindernicht nur in den beiden neuen BMW-Fahr-zeugsegmenten Roadster und „Sports Ac-tivity Vehicle“ (SAV) die Kernmotorisierungdarstellt, sondern auch die 7er-Baureihe als

Johannes Liebl ist Leiterder Funktionen Ottomotorenin der Entwicklung Antriebbei der BMW Group,München.

Norbert Klauer ist Abtei-lungsleiter Otto-DI-Motorenin der Entwicklung Antriebbei der BMW Group,München.

Claus Otto Griebel istAbteilungsleiter Akustik,Schwingungen Ottomoto-ren in der EntwicklungAntrieb bei der BMWGroup, München.

Andreas Müller ist Ab-teilungsleiter MPI-Motorenin der Entwicklung Antriebbei der BMW Group,München.

Die Verfasser

4-Zyl. 6-Zyl. 8-Zyl. 12-Zyl.

3er

5er

7er

Roadster

SAV

BMWBMW

BMWBMW

BMWBMW

BMWBMW

BMWBMW

BMWBMW

BMWBMW

BMWBMW

BMWBMW

BMWBMW

BMWBMW

BMWBMW

Bild 1: Matrix des Fahrzeug-Motoren-Programms

Figure 1: Matrix of the vehicle engine program

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Einstiegsmotorisierung ergänzt. Im nach-folgenden Abschnitt werden die Motor-grundfunktionen dargestellt sowie der er-zielte Entwicklungsfortschritt seit der Erst-einführung 1990 aufgezeigt.

2.1 Laufkultur

Der Ruf des Reihensechszylindermotors alsTriebwerk mit legendärer Laufkultur wur-de schon früh geprägt und ist im Lauf derlangen Reifezeit des Verbrennungsmotorsimmer weiter bestärkt worden. Dies, ob-

TitelthemaMotorintegration

wohl moderne Motorentechnik durch leis-tungsfähige Entwicklungsmethoden, neueKomponenten und Materialien sehr tiefge-hend optimiert werden kann. Der Grundliegt im inneren Ausgleich der mechani-schen Kräfte und Momente des Grundtrieb-werks. Der Motor ruht sozusagen in sichselbst, Bild 3.

Im bei BMW durch den Reihensechszylin-der abgedeckten Hubraumsegment von 2,2bis 3,0 l werden auf dem Markt unter-schiedliche Motorbauarten eingesetzt. Der

Vergleich verschiedener Konzepte ist durcheine Umrechnung aller freien Kräfte undMomente auf ihre resultierende Wirkungam Motorlager möglich. Die Berücksichti-gung der Reaktionen aus dem Ventiltriebvervollständigt dabei das GesamtsystemMotor. Die Relationen zwischen den wich-tigsten Bauformen veranschaulichen inBild 4 eindrucksvoll den physikalischenVorteil des Reihensechszylindermotors.

2.2 Leistung und Drehmoment

Durch die folgenden Entwicklungsmaß-nahmen seit seiner Ersteinführung im Jahr1990,– Resonanzsauganlage und Doppelvanos

seit 1998,– zweiflutige Abgasanlage in der letzten

Überarbeitungsstufe samt Entdrosse-lungsmaßnahmen der gesamten Frisch-luftansaugung,

konnte der Reihensechszylinder seine Spit-zenposition bezüglich der hubraumbezoge-nen Leistungs- und Drehmomentwerteweiter ausbauen. Sie ermöglichen eingleichmäßig hohes Spitzendrehmomentvon 100 Nm/l zwischen 3.500 und4.500/min sowie eine maximale Literlei-stung von 57 kW/l.

Mindestens 90 % des maximalen Drehmo-ments stehen im Drehzahlbereich zwi-schen 1.500 und 6.000/min zur Verfügung,womit eindrucksvoll die Spitzenstellungdes neuen BMW-Sechszylinders dokumen-tiert wird, Bild 5. Gepaart mit der außerge-wöhnlichen Laufkultur eines Reihensechs-zylindertriebwerks wird eine turbinenarti-ge Leistungsentfaltung im gesamten, über-durchschnittlich breiten Drehzahlband er-reicht.

2.3 Fahrleistung undKraftstoffverbrauch

Bild 6 zeigt die Entwicklung der Fahrleis-tung, dargestellt als Beschleunigungswertbei 0 bis 100 km/h sowie die Entwicklungdes Kraftstoffverbrauchs über die letztenzehn Jahre. Sowohl in den Fahrleistungen,als auch im Kraftstoffverbrauch erzielt dasaktuelle Spitzenmodell der 3er-Baureihe,der BMW 330i, deutliche Verbesserungengegenüber der Topmotorisierung von 1990,dem BMW 325i. Der Beschleunigungswertbei 0 auf 100 km/h von 6,5 s für die Hand-schaltvariante markiert einen Spitzenwertfür eine Limousine der gehobenen Mittel-klasse. Die erzielten Fahrleistungen verdie-nen besondere Beachtung, wenn sie zu-sammen mit den erreichten Kraftstoffver-brauchswerten bewertet werden.

160

Prozent

140

120

100

80

60

01990

40

20

1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999

6-Zylinder

4-Zylinder

8-Zylinder/ (6-Zyl. über 3,0 l)

6-Zylinder

4-Zylinder

8-Zylinder/ (6-Zyl. über 3,0 l)

Der Sechszylinder – wichtigster Motor für BMWDer Sechszylinder – wichtigster Motor für BMW

Bild 2: Prozentuale Volumenentwicklung der Vier-, Sechs- und Achtzylindermotoren seit 1990

Figure 2: Development of four, six and eight cylinder engine production volumes in percent since 1990

800

Hochrichtung [Nm]

400

0

-400

-800

-1200-1000

Querrichtung [Nm]-500 0 500 1000

R6

V6 60 °V6 90 °

R6

V6 60 °V6 90 °

Bild 3: Freie Massenmomente von Reihensechszylindermotor und V6-Motoren im Vergleich

Figure 3: Comparison of free moments of inertia in an inline six cylinder engine and V6 engines

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Bei Verbrauchswerten, die denen der unte-ren Mittelklasse entsprechen, erzielt derBMW 330i Fahrleistungen, die ihn in denBereich der Sportwagen heben. Gleichzeitigwerden die schärfsten derzeit gültigen Ab-gaswerte für ULEV weit unterschritten. Dieneue Reihensechszylindergeneration doku-mentiert somit eindrucksvoll die BMW-Zie-le in der Motorenentwicklung. Ohne Kom-promisse werden Spitzenwerte in sämtli-chen Motorfunktionen angestrebt, die denBenchmark bezüglich Leistung, Verbrauch,Emission und Akustik gleichzeitig darstel-

len. Diese bilden eine hervorragende Aus-gangsbasis für eine erfolgreiche Integrati-on in verschiedene Fahrzeugkonzepte.

3 Ein Motor – verschiedeneFahrzeugausprägungen

Wie bereits in Abschnitt 2 aufgezeigt, setztBMW den Reihensechszylinder bei allengängigen Fahrzeugbaureihen ein. Dabeisoll der Antrieb bei gleichen Kerneigen-schaften des Motors nicht nur den spezifi-

schen Fahrzeuganforderungen gerechtwerden, sondern diese als wichtiger Be-standteil des Gesamtfahrzeugs auch prä-gen. So unterstreicht die neue 3,0-l-Varian-te im BMW Z3 Roadster kompromisslos denDynamikanspruch, während das gleicheTriebwerk durch seine einzigartige Laufkul-tur den BMW 530i zur komfortablen Reise-limousine im Segment der oberen Mittel-klasse macht.

Als Spitzenmotorisierung der 3er-Reihe un-terstreicht er die besondere Sportlichkeit ei-nes 3er-Coupés mit der Synthese aus Dyna-mik, Laufkultur und einem umfassendenSounddesign. Als Basismotorisierung desneuen BMW X5 demonstriert die bereits inAbschnitt 2.2 erwähnte besondere Drehmo-mentcharakteristik der neuen 3,0-l-Varian-te souveräne Stärke in allen Fahrsituatio-nen, Bild 7.

4 Differenzierungsmaßnahmen

Einen Überblick über die dem Entwick-lungsingenieur zur optimalen Adaptiondes Motors an die jeweiligen Fahrzeugbe-lange zur Verfügung stehenden Bauteilezeigt Bild 8. Dabei stellt die Anpassung desAntriebsstrangs an die jeweiligen Fahr-zeugbelange wie Fahrwiderstand, Fahr-zeuggewicht oder abzudeckender Ge-schwindigkeitsbereich die herkömmliche,seit jeher genutzte Fahrzeuganpassung dar.Neu dagegen ist, die fahrzeugspezifischenBauteile Abgasanlage und Ansaugluft-führung nicht nur auf einen möglichstgleichmäßigen Einfluss auf die Motor-grundfunktionen über die verschiedenenFahrzeugbaureihen hinweg zu entwickeln,sondern gezielt zum Sounddesign des Fahr-zeugs mit einzusetzen.

Durch die Freiheiten einer motorisch, ohnemechanische Verbindung zum Gaspedal,betätigten Drosselklappe sowie einer im-mer leistungsfähiger werdenden Motor-steuerung stehen dem Entwicklungsinge-nieur weitere wichtige Bausteine zur Diffe-renzierung der Fahrzeuge zur Verfügung.Im Nachfolgenden werden an verschiede-nen Beispielen die Potenziale der einzelnenBausteine aufgezeigt.

4.1 Antriebsstrang

Der Antriebsstrang mit Getriebe, Gelenk-welle, Achsgetriebe und Abtriebswellen istder klassische Fahrzeuganpassungsum-fang. Dabei wird die Achsübersetzung inder Regel an jede Fahrzeugvariante sowiean die marktabhängig unterschiedlichen

Titelthema Motorintegration

105

Spez. Drehmoment [Nm/l]

95

85

651000

Drehzahl [1/min]2000 3000 4000 5000 6000 7000

75

Wettbewerber

BMW 3,0 l 6-Zyl.

Wettbewerber

BMW 3,0 l 6-Zyl.

Bild 5: Spezifisches Drehmoment im Wettbewerbsvergleich

Figure 5: Specific torque compared with competitors

0,12

Schwingweg [mm]

0,10

0,08

0,06

0,04

0,02

00,5

Motorordnung11,522,533,544,55

Bezugspunkt: rechtes Motorlager,Motordrehzahl 6000 [1/min]

R 6-ZylinderV 6-ZylinderR 4-ZylinderR 4-Zylinder mitAusgleichswelle

Bezugspunkt: rechtes Motorlager,Motordrehzahl 6000 [1/min]

R 6-ZylinderV 6-ZylinderR 4-ZylinderR 4-Zylinder mitAusgleichswelle

Bild 4: Schwingweg am Motorlager

Figure 4: Engine mount vibration amplitude

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Geschwindigkeitsbereiche individuell an-gepasst. Für Sondermodelle beziehungs-weise Sondermärkte wird im Einzelfallauch die Gesamtspreizung des Getriebesund die Kennlinie des Drehmomentwand-lers gesondert abgestimmt.

Bild 9 zeigt beispielhaft die Bandbreite desZugkraftunterschieds im ersten Gang in-nerhalb der verschiedenen Fahrzeugan-wendungen des neuen 3,0-l-Motors. Fürden X5 wird somit bei gleichem Motormo-ment eine um rund 50 % höhere Anfahr-zugkraft gegenüber der 330i-Limousine zurVerfügung gestellt.

4.2 Abgasanlage

Die zweiflutige Abgasanlage des CoupésBMW 330i hat durch die motornahe Anord-nung der Katalysatoren neben der sehr gut-en Basis für den Ladungswechsel einesHochleistungsmotors auch ein ausreichen-des Konzeptpotenzial zur Akustikoptimie-rung innerhalb des Package einer kompak-ten Sportlimousine. Als weitere Besonder-heit im technischen Konzept ist die Abgas-klappe zu erwähnen, die von der elektroni-schen Motorsteuerung kennfeldgesteuertwird. Mit ihr werden zwei verschieden aus-gelegte Dämpfungssysteme im Nach-schalldämpfer gesteuert. An der Volllastkann so im niedrigen Drehzahlbereich dietieffrequente Dämpfung stärker ausge-führt werden, wodurch das Komfortkriteri-um für die Abgasanlage auf dem Niveauvon Limousinen der gehobenen Klasse beigleichzeitig sonorem Motorsound erreichtwird, Bild 10. Im mittleren Drehzahlbereichist es möglich, die für ein sportliches Klang-bild wichtigen Motorordnungen im Mün-dungsgeräusch entsprechend zu akzentu-ieren und so dem Fahrer ein der Leistungs-fähigkeit des Motors entsprechendes Last-feedback zu geben. Im Hochdrehzahlbe-reich können niedrige Strömungsgeräu-sche und vor allem ein niedriger Abgasge-gendruck realisiert werden – eine wichtigeVoraussetzung für eine hohe spezifischeMotorleistung. Insgesamt konnte so ein De-sign für den Sound realisiert werden, dasden Charakter dieser sehr sportlichen Li-mousine stark mitgestaltet.

Der Freiheitsgrad einer vollvariabel ansteu-erbaren Abgasklappe weist einen weiterenKonzeptvorteil auf. So kann für die ver-schiedenen Fahrzeugvarianten mit unter-schiedlichen Akustikeigenschaften und/oder Anforderungen wie Coupé, Limousine,Touring und Cabrio die Abgasanlage alsGleichteil ausgeführt werden. Durch einegangabhängig differenzierte Schaltphiloso-phie der Abgasklappe, Bild 11, kann zusätz-lich bei den Fahrzeugvarianten der Soundan die über den Geschwindigkeitsbereichunterschiedlichen Komfortanforderungenangepasst werden. Durch unterschiedlicheApplikation der Schaltkennlinien für dieAbgasanlage wird die jeweils erforderlicheMündungsschallcharakteristik erreicht.

4.3 Führung der Ansaugluft

In der Ansaugluftführung besteht ein wei-teres Potenzial zum Sounddesign. Aller-dings erfordern die Berücksichtigung dergesetzlichen Anforderungen und der Pack-ageverhältnisse sowie der Umgang mit ei-

TitelthemaMotorintegration

Bild 7: Vergleich der Fahrzeugausprägungen für den BMW Z3 Roadster, BMW 330i, BMW 530i undBMW X5

Figure 7: Comparison between BMW Z3 Roadster, BMW 330i, BMW 530i and BMW X5

13

KV01 [l/100 km]

11

10

9

85

Beschleunigung 0 -100 km/h [s]6 7 8 9 10

12

325iMJ 90

330iMJ 2000

325iMJ 90

330iMJ 2000

Luxusklasse

UntereMittelklasseUntereMittelklasse

MittelklasseMittelklasse

Luxusklasse

Sport-wagenSport-wagen

Bild 6: Fahrleistung und Kraftstoffverbrauch – zeitliche Entwicklung beim BMW 325i (Modelljahr 1990)und BMW 330i (Modelljahr 2000)

Figure 6: Comparison of performance and fuel consumption of the BMW 325i (1990 model year) and theBMW 330i (2000 model year)

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ner zusätzlichen, dominanten Geräusch-quelle spezielle Auslegungen, die eine Um-setzung nur für bestimmte Fahrzeugvari-anten sinnvoll erscheinen lässt.

4.4 Drosselklappe

Bild 12 zeigt die fahrzeugspezifische Ausle-gung der Drosselklappenprogression im er-sten Gang für den BMW Z3 3.0 Roadster undden BMW X5 3.0. Zur Erfüllung des kompro-misslosen Dynamikanspruchs beim BMWZ3 wurde dort eine steile Auslegung ge-wählt. Beim BMW X5 steht im ersten Gangdie Dosierbarkeit im Gelände im Vorder-grund; die Progressionsauslegung ist des-halb hier deutlich flacher, das heißt derFahrer hat mehr Pedalweg zum feinfühli-geren Drehmomentaufbau zur Verfügung.

Darüber hinaus wird bei allen Fahrzeugty-pen die Progression zu höheren Gängen hinsteiler, Bild 13. Dadurch kann der Dynamik-

Titelthema Motorintegration

Motorlast [%]

0Drehzahl [1/min]2000 3000 4000 5000 6000 7000

100

80

60

40

20

01000

Abgasklappe offenAbgasklappe offen2. Gang

3. Gang3. Gang

Abgasklappegeschlossen

4. Gang5. Gang4. Gang5. Gang

Abgasklappegeschlossen

Bild 11: Schaltkennlinie der Abgasklappe für das BMW-330i-Coupé

Figure 11: Switching characteristic of the exhaust gas flap on the BMW 330i Coupé

Drehmoment [%]

Fahrpedalwinkel

100

80

60

20

0

40

Z3 3.0

X5 3.0

Z3 3.0

X5 3.0

Bild 12: Vergleich der Drosselklappenprogression für den BMW Z3 3.0 Roadster und den BMW X5 3.0

Figure 12: Comparison of throttle butterfly progression on the BMW Z3 3.0Roadster and the BMW X5 3.0

16

Zugkraft [kN]

14

12

10

60

Geschwindigkeit [km/h]20 30 40 50 60 70

8

10

X5

330i

X5

330i≈ 50%≈ 50%

Bild 9: Vergleich der Zugkraft im ersten Gang bei BMW X5 und BMW 330i

Figure 9: Pulling power comparison in the first gear of BMW X5 and BMW 330i

M ündungsger äusch Abgasklappe [dB(A)]

1000Drehzahl [1/min]

2000 3000 4000 5000 6000 7000

10

DifferentierungspotentialAbgasschaltklappeDifferentierungspotentialAbgasschaltklappe

Bild 10: Vergleich des Schalldämpfer-Mündungsgeräuschs für den BMW 330ibei geöffneter und geschlossener Abgasklappe

Figure 10: Comparison of the sound at the tailpipe of the BMW 330i withexhaust gas flap open and closed

Antriebsstrang Abgasanlage

Ansaugluftf ührung Drosselklappe Motorsteuerung

Bild 8: Maßnahmen zur Fahrzeugdifferenzierung

Figure 8: Vehicle differentiation measures

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eindruck auch bei abnehmendem Zug-kraftüberschuss in den höheren Gängen er-halten werden.

4.5 Motorsteuerung

Durch die Applikation der Motorsteue-rungsparameter kann ein deutlicher Ein-fluss auf den Dynamik- bzw. Komfortein-druck für das Instationärverhalten erzieltwerden, wie in Bild 14 für den BMW 330iund den BMW Z3 3.0 dargestellt ist.Während des Beschleunigungsvorgangskann durch schnelleres Aufregeln der Dros-

selklappe und des Zündwinkels beim BMWZ3 eine kurzzeitige Überhöhung der an derFahrersitzschiene gemessenen Beschleuni-gung erzielt werden, was – bei leichterKomforteinbuße – den Dynamikeindruckdieses Fahrzeugs steigert.

Beim BMW 330i wurde die Auslegung sogewählt, dass sich gleichmäßig und ohneÜberschwinger ein guter Kompromiss zwi-schen Komfort und Sportlichkeit einstellt.Die gleiche Auslegungsstrategie wird auchfür Verzögerungsvorgänge durch eineschnellere Abregelung des Zündwinkels

und ein schnelleres Schließen der Drossel-klappe beim BMW Z3 im Vergleich mit demBMW 330i verwirklicht.

5 Resümee

Der Reihensechszylindermotor ist für dieBayerischen Motoren Werke AG das Kern-element ihrer verschiedenen Fahrzeugbau-reihen. Die wichtigsten Markenmerkmalewie Fahrleistung, Fahrdynamik, Fahrkom-fort oder Fahrfreude werden maßgeblichdurch dieses Antriebsaggregat geprägt.Auch die markenunabhängigen, perma-nent steigenden Marktforderungen nachgeringem Kraftstoffverbrauch sowie nied-riger Abgas- und Geräuschemission sindnur mit hochentwickelten Antrieben dar-stellbar.

Durch eine gezielte Entwicklung der fahr-zeugspezifischen Anpassungsumfänge istes möglich, das gesamte BMW-Fahrzeug-programm von der 3er-Baureihe über denZ3, den 5er und X5 bis hin zur 7er-Baureihezu bedienen und dabei jeder Fahrzeugkate-gorie eigenständige Charaktereigenschaf-ten zu verleihen.

Literaturhinweise

[1] Müller, A.; Riedl, W.; Griebel, C.O.: Neue Abgas-anlagen für den BMW Z3 Roadster, Potentialezur Ausprägung eines typischen Roadster-Sounds. In: ATZ 101 (1999), Nr. 6, S. 464–469

[2] Liebl, J.; Müller, A.; Griebel, C.O.: Soundgestal-tung in der Antriebsentwicklung für den BMWRoadster. Vortrag auf dem 8. Aachener Kollo-quium Fahrzeug- und Motorentechnik, Aachen1999

[3] Schmidt, G.; Liebl, J.; Müller, A.: Laufkultur –eine Domäne der BMW Antriebstechnik. In:MTZ 61 (2000), Nr. 5, S. 300–306

[4] Albrecht, F.; Fischer, H. D.; Kiefer, W.; Mertl, R.;Otto, E.; Griebel, C. O.: Die Technik der neuenBMW Sechszylindermotoren. In: MTZ 61(2000), Nr. 9, S. 563–548

[5] Klauer, N.; Griebel, C. O.; Otto, E.; Burger, A.: Derneue BMW 330i. In: ATZ 102 (2000), Nr. 7/8,S. 558–564

[6] Liebl, J.; Klauer, N.; Müller, A.; Griebel, C.O.: DerMotor – Ein entscheidendes Differenzierungs-merkmal bei BMW. Vortrag auf der AVL-Ta-gung Motor und Umwelt 2000

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Drehmoment [%]

Fahrpedalwinkel

100

80

60

20

0

40

5. Gang

3. Gang

1. Gang

5. Gang

3. Gang

1. Gang

Bild 13: Drosselklappenprogression in den verschiedenen Getriebegangstufen

Figure 13: Throttle butterfly progression in different gears

Zeit

Beschleunigung

Zündwinkel

Drosselklappe

Fahrpedal

Beschleunigung

Zündwinkel

Drosselklappe

Fahrpedal

330iZ3330iZ3

Bild 14: Zündwinkel- und Progressionseinfluss auf das Instationärverhalten

Figure 14: Influence of ignition angle and progression on the transient behaviour