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Evonik-Innovationspreis 2010 „And the winner is…“ Gesundheit & Ernährung Tablette statt Spritze Designing with Polymers PEEK erobert den Medizintechnikmarkt elements34 Quarterly Science Newsletter Ausgabe 1| 2011

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Evonik-Innovationspreis 2010

„And the winner is…“

Gesundheit & Ernährung

Tablette statt Spritze

Designing with Polymers

PEEK erobert den Medizintechnikmarkt

elements34Quarterly Science Newsletter Ausgabe 1| 2011

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02  Inhalt

elements34 Ausgabe 1|2011

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20

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   nEWS

04   Kapazitätserweiterung in der Isophoronchemie geplant 04   Absichtserklärung zum Bau neuer Produktionsanlagen für Wasserstoffperoxid und Propylenoxid unterzeichnet  05  Erfolgreiche Kapazitätserweiterung für Laurinlactam  05  Korea: Joint Venture zur Herstellung von Wasserstoffperoxid

  EvonIk-InnovatIonSprEIS 2010 06  „And the winner is...“ katEgorIE nEuE odEr vErbESSErtE vErfahrEn 08   Ein neuer Weg zu hochreinem Isobuten katEgorIE nEuE produktE/nEuE SyStEmlöSungEn

14   Bringt verbrauchte Energie zurück: CreAMINO® für die Tierernährung

     nEWS

18   Energieeffizienz im flachen Design 18   Technik in 3D: PPA für dreidimensionale Schaltungsträger 

  19  Evonik und AU Optronics beschließen strategische Partnerschaft   19  Schutz für hochwertige Oberflächen

gESundhEIt & Ernährung

20   Neue Technologieplattformen machen Wirkstoffe in Tabletten besser bioverfügbar: Tablette statt Spritze    nEWS

28   ROHACELL® bewährt sich im Kabinendruckschott-Prototyp für chinesischen Passagierjet 28   Umweltschonende Produktion von Natriumcyanid in Russland: Evonik vergibt Lizenzen an EPC Engineering Consulting 29   Elektroschrott macht erfinderisch   dESIgnIng WIth polymErS

30   Konkurrenz für Titan: PEEK erobert den Medizintechnikmarkt    nEWS

35   Bleifrei – auch auf dem Dach 35   Impressum

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 EdItorIal  03

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Aus- und Umbau

patrik WohlhauserVorsitzender der Geschäftsführung der Evonik Degussa GmbH

Tablette oder Spritze? Nicht immer hat ein Patient die Wahl. Insulin zum Beispiel würde als einfache Tablette im Magen-Darm-Trakt sofort abgebaut werden, bevor es seine Wirkung entfalten kann, und muss deshalb gespritzt werden. Andere Wirk-stoffe wie Fenofibrat zur Senkung des Cholesterinspiegels wiederum lösen sich nur schlecht und gelangen nicht ins Blut, wenn sie als Tablette verabreicht werden. Und das Problem nimmt zu: In Zukunft werden 95 Prozent aller Wirkstoffe oral schlecht bioverfügbar sein – weil sie sich entweder schlecht lösen oder weil es sich um so genannte Biologika auf Basis von Proteinen und Peptiden handelt, die als Tabletten im Magen-Darm-Trakt zerstört würden.

Evonik ist dafür gut gerüstet. Unser Geschäftsgebiet Pharma Polymers, das über unsere Produktreihe EUDRAGIT® über langjährige Erfahrung mit der Formulierung von Tabletten und der kontrollierten Freisetzung von Wirkstoffen verfügt, bringt derzeit neue Technologien auf den Markt, die vielen Patienten die ungeliebte Spritze ersparen könnten – weil sie es erlauben werden, Wirkstoffe oral zu verabreichen, die heute noch gespritzt werden müssen. Sie machen einen Wirkstoff löslicher, ver-bessern seine Aufnahme in die Blutbahn und schützen vor Zersetzung etwa durch Enzyme. Und mit der Übernahme des Resomer®-Geschäfts von Boehringer Ingelheim verfügen wir nun über eine ergänzende Technologieplattform für parenterale For-mulierungen, wie sie in Spritzen, Infusionen und Langzeitdepots zum Einsatz kom-men. Mehr über unsere Entwicklungen bei Pharmapolymeren erfahren Sie ab S. 20.

Ein weiterer Schwerpunkt dieser Ausgabe sind die Gewinner unseres Innovati-onspreises 2010 – ein Preis, mit dem wir unsere Forscher für herausragende Ent-wicklungen in der Chemie auszeichnen. Dass sie tatsächlich herausragen, zeigt ein Preisträger aus dem Jahr 2004: das HPPO-Verfahren, eine gemeinsame Entwicklung von Evonik und Uhde. Es erzeugt besonders wirtschaftlich und umweltfreundlich Propylenoxid aus Propylen und Wasserstoffperoxid. Die Idee: Als zweitgrößter Her-steller von Wasserstoffperoxid schaffen wir uns einen völlig neuen Markt, indem wir für das HPPO-Verfahren Lizenzen vergeben und das dafür benötigte Wasser-stoffperoxid liefern. Ein Plan, der voll aufgegangen ist. Nach der koreanischen SKC, die seit gut zwei Jahren nach dem HPPO-Verfahren sehr erfolgreich 100.000 Tonnen Propylenoxid pro Jahr produziert, will nun auch das indische Chemieunternehmen Gujarat Alkalies and Chemicals Limited eine Lizenz erwerben, eine Anlage errichten und das Wasserstoffperoxid von uns beziehen. Darüber hinaus verhandeln wir mit einer Reihe weiterer Unternehmen über die Lizensierung von HPPO.

HPPO und Pharmapolymere stehen exemplarisch für unser gesamtes Portfolio: Sie zielen auf völlig unterschiedliche Märkte, denen wir uns auf völlig unterschied-lichen Wegen nähern. Das Ergebnis ist jedoch das Gleiche: ein nachhaltiger Ausbau unseres Geschäfts – nicht zuletzt auch deshalb, weil sie die globalen Megatrends Gesundheit und Ernährung sowie Ressourceneffizienz bedienen. Der Ausbau ist eine wichtige Voraussetzung für unseren Umbau zu einem weltweit führenden Spezial-chemieunternehmen. Den ersten Schritt dahin haben wir jetzt vollzogen mit dem Verkauf von 51 Prozent unserer Anteile an der Evonik Steag GmbH, in der die Energie-aktivitäten von Evonik gebündelt sind.

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Absichtserklärung zum Bau neuer Produktionsanlagen für Wasserstoffperoxid und Propylenoxid unterzeichnet Evonik Industries und das indische Chemie-Unternehmen Gujarat Alkalies and Chemicals Limited (GACL) treiben Pläne für ein neues Millionenprojekt voran. Kernstücke sind da-bei der Bau einer neuen Anlage für Wasser-stoffperoxid durch Evonik sowie die Errich-tung einer neuen Anlage für Propylenoxid durch GACL. Ziel ist es, Propylenoxid nach dem von Evonik und Uhde gemeinsam ent-wickelten, umweltfreundlichen HPPO-Ver-fahren (Hydrogen Peroxide to Propylene Oxide) herzustellen. Vertreter von Evonik und GACL unterzeichneten für das ange-strebte Projekt in Dahej im indischen Bun-des staat Gujarat eine entsprechende Ab-

sichtserklärung (Memorandum of Under-standing). Das geplante Projekt steht unter dem Vorbehalt der Zustimmung des Vor stan-des der Evonik Industries AG und des Auf-sichtsrates.

Mit der Absichtserklärung soll eine län-gerfristige enge Zusammenarbeit von Evonik und GACL auf den Weg gebracht werden: Das indische Unternehmen beabsichtigt, von Uhde und Evonik eine Lizenz für die Her-stellung von Propy lenoxid nach dem HPPO-Verfahren zu erwerben. In unmittelbarer Nähe zu der geplanten neuen Propylenoxid-Anlage wird Evonik das für die Produktion nötige Wasserstoffperoxid erzeugen und GACL damit „über den Zaun“ beliefern. Fachleute rechnen für die kommenden Jahre mit einer weltweit deutlich steigenden Nach-frage nach Propylenoxid.

Vorbild für die Kooperation in Indien ist die weltweit erste großtechnische Anlage zur Herstellung von Propylenoxid nach dem HPPO-Verfahren: 2008 hatte sie das korea-nische Unternehmen SKC mit einer Jahres-kapazität von 100.000 Tonnen in Ulsan

(Korea) in Betrieb genommen. Seither läuft die Anlage kontinuierlich und mit maximaler Aus lastung.

„Das neue Projekt in Indien zeigt einmal mehr, dass wir mit der innovativen und um-weltfreundlichen HPPO-Technologie auf dem richtigen Weg sind, Wasserstoffperoxid ne-ben den klassischen Anwendungen neue Märkte zu erschließen“, so Dr. Thomas Haeberle, Mit glied der Geschäftsführung der Evonik Degus sa GmbH.

Klassischer Abnehmer für Wasser stoff-peroxid ist die Papier- und Zellstoffindustrie. Evonik ist mit einer Jahreska pazität von rund 600.000 Tonnen und Standorten in Europa, Nordamerika, Südamerika, Neuseeland, Asien, Südafrika und Indonesien der weltweit zweitgrößte Hersteller des umweltfreundli-chen Bleich- und Oxidationsmittels. Das mit Uhde entwickelte HPPO-Verfahren eröffnet einen innovativen Weg, um mit Wasserstoff-peroxid Propylenoxid zu erzeugen.

Im Vergleich zu herkömmlichen Pro-duktionsverfahren für Propylenoxid gibt es dabei klare Vorteile. Das HPPO-Ver fahren

Kapazitätserweiterung in der Isophoronchemie geplant

Evonik Industries beabsichtigt, eine neue Anlage zur Herstellung von Isophoron und Isophorondiamin zu bauen. Die Wahl des Standorts wird derzeit geprüft. Bei der Entscheidung, an welchem Standort die neue Produktionsanlage gebaut werden soll, spie-len sowohl wirtschaftliche als auch markt-strategische Faktoren eine wichtige Rolle. Die Geschäftsführung der Evonik Degussa GmbH hat jetzt der Planung der Anlage zu-gestimmt, die 2013 in Betrieb gehen soll.

„Die Isophoronchemie zählt zum Kern-geschäft von Evonik. Der Markt für Isophoron und die Folgeprodukte wächst beständig und hat sich auch in der Wirtschafts krise als robust erwiesen. Deshalb wollen wir mit der Kapa-zitätserweiterung unsere Markt- und Tech-nologieführerschaft nachhaltig stärken“, er-klärte Dr. Klaus Engel, Vorsitzender des Vor-stands von Evonik Industries.

Mit dem geplanten Bau der World-Scale-Anlage, die dem neuesten Stand der Technik entsprechen wird, reagiert Evonik auf die steigende Nachfrage seiner Kunden aus zahl-reichen Anwenderindustrien. Darüber hinaus schafft das Unternehmen durch die Investition die Voraussetzung für einen später möglichen, weiteren Ausbau im Bereich der Isopho ron-chemie.

„Wir wollen den Erwartungen unserer Kunden hinsichtlich Kosten und geo gra-phischer Nähe bestmöglich gerecht werden“, so Gerd Brand, Leiter des Geschäftsgebiets Crosslinkers. „Daher werden insbesondere attraktive Investitionsbedingungen in Südost-asien und China geprüft und finden Be-rücksichtigung in unseren Plänen.“ Derzeit produziert Evonik an den Standorten Herne und Marl (Deutschland), Antwerpen (Bel-

gien) sowie Mobile (Alabama, USA). Evonik ist weltweit das einzige Unter nehmen, das die gesamte Kette der Iso phoronchemie produ-ziert und vermarktet: Isophoron, Isopho ron-diamin, Isophoron di isocyanat und De ri va te. Diese Produkte werden als wichtiger Be-standteil zum Beispiel für die Herstellung von Industriefußböden, Kunstleder oder La cken und Farben sowie im Wachstumsbereich leis-tungsfähiger Verbund werkstoffe eingesetzt.

Die Isophoronanlage von Evonik in Herne

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Korea: Joint Venture zur Herstellung von Wasserstoffperoxid

benötigt ein deutlich niedrigeres Inves ti tions-volumen und bringt so eine höhere Wirt-schaftlichkeit mit sich. Darüber hinaus ist es äußerst umweltfreundlich: Es erzielt eine hohe Ausbeute, und außer Wasser entstehen keine Nebenprodukte in nennenswerter Menge. „So gelingt es, die Umwelt zu ent-lasten und gleichzeitig nachhaltig wirtschaft-lich zu produzieren. Wir bringen auf diese

Weise Ressourceneffizienz in die Pra xis“, er-läuterte Jan Van den Bergh, Leiter des Geschäftsbereichs Industrial Chemicals von Evonik. Dies unterstütze zudem das Ziel von GACL, grüne Technologie voranzubringen.

Evonik ist das einzige Unternehmen, das die Prozesstechnologie für das HPPO-Ver-fahren, den dafür nötigen Katalysator und auch den Ausgangsstoff Wasserstoffperoxid

aus einer Hand liefern kann. Das auf diese Weise erzeugte Propylenoxid ist ein Vor-produkt für Polyurethanschäume, mit denen zum Beispiel Kühlschränke und Häuser iso-liert werden, um Energie zu sparen. In Autos senken die Schäume in Sitzpolstern, Arma-turenbrettern und Stoßstangen das Gewicht und tragen so dazu bei, den Kraftstoff ver-brauch zu verringern.

Mit der Vertragsunterzeichnung Ende 2010 in Essen hat die koreanische SKC (Seoul) 45 Prozent der Anteile an Evonik Degussa Peroxide Korea Co., Ltd. (Ulsan), einem Tochterunternehmen der Evonik Degussa GmbH, übernommen. Evonik Degussa Peroxide Korea ist der größte Produzent von Wasserstoffperoxid in Korea und dort seit 2006 aktiv.

„Die Beteiligung der SKC an Evonik Degussa Peroxide Korea wird die be-währte Zusammenarbeit unserer beiden Unternehmen stärken und uns für das zukünftige Wachstum optimal aufstellen“, so Jan Van den Bergh, Geschäfts-bereichsleiter Industrial Chemicals, bei der Vertragsunterzeichnung. „Für unse-ren Partner SKC bedeutet die Kooperation darüber hinaus hohe Liefersicherheit und größere Unabhängigkeit von aktuellen Marktpreisen für das Rohmaterial Wasserstoffperoxid.“

SKC hatte 2008 die weltweit erste kommerzielle Anlage für Propylenoxid nach dem HPPO-Verfahren in Betrieb genommen. Die Produktion mit einer Kapazität von 100.000 Tonnen jährlich läuft seit Inbetriebnahme kontinuierlich mit maximaler Auslastung. Evonik und das Engineering-Unternehmen Uhde hat-ten das HPPO-Verfahren gemeinsam entwickelt und an SKC lizenziert. Es erzeugt mit Hilfe eines von Evonik entwickelten Kataly sators Propylenoxid aus Propylen und Wasserstoffperoxid. Dieses Verfahren ist besonders wirtschaftlich und umweltfreundlich. Außer Wasser entstehen keine Nebenprodukte in nen-nenswerter Menge.

Vertragsunterzeichnung: Jang Suk Park (links), CEO der korea-nischen SKC, Jan Van den Bergh (Mitte), Geschäftsbereichsleiter Industrial Chemicals, und Dr. Thomas Haeberle, Mitglied der Geschäftsführung der Evonik Degussa GmbH

Erfolgreiche Kapazitätserweiterung für LaurinlactamEvonik hat die im Mai 2010 für das 4. Quartal angekündigte Erweiterung seiner Laurin-lactamkapazität in Marl erfolg reich in Betrieb genommen. Lau rinlactam ist Aus gangsstoff für Polyamid 12, das der Konzern als Kon-struk tionswerkstoff unter dem Mar ken-namen VES TAMID® sowie als Pulver unter dem Namen VESTOSINT® vermarktet.

Um die Versorgungssituation bei den Poly amid 12 basierten Formmassen zu ent-spannen, wird Evonik, wie im November bereits angekündigt, seine Laurinlactam- ka pazität weiter ausbauen. Mit dieser Maß-nah me stärkt Evonik seine weltweit führende Marktposition bei Polyamid 12 und bietet als verlässlicher Partner seinen Kunden auch in Zukunft Liefersicherheit. Evonik produziert

Laurinlactam ausgehend von Butadien in ei-nem mehrstu figen Prozess und polymerisiert und com poundiert anschließend zu einer umfang reichen Palette an Polyamid-12-Pro-dukten. Diese sind exakt auf die Anf or de -rungen von Verarbeitern und Endver-brauchern abgestimmt. Aufgrund seiner Eigenschaften reicht der Anwendungsbereich von VESTAMID® von anspruchsvollen Lei-

Eine Anwendung für das aus Laurinlactam her gestellte Polyamid sind Gasrohre, wie sie beispiels weise in städtischen Verteiler-netzen im Druckbereich zwischen 10 und 20 bar zum Ein satz kommen

tungs systemen für Kraftfahrzeuge über groß-volumige Rohre beispielsweise für die Roh öl-förderung, Aderisolierungen in der Kabel in-dustrie und Kathetern in der Medizintechnik bis zu Präzisionsspritzgussteilen wie Pum-pen räder und Schaltventilgehäuse im Maschi-nen- und Apparatebau. VESTOSINT® wird für die Beschichtung von Metallteilen und Draht-waren wie Spülmaschinenkörben verwendet.

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Kategorie neue oder verbesserte Verfahren: Ein neuer Weg zu hochreinem Isobuten

Dr. Christian Böing, Reiner Bukohl, Helmut Kamps, Dr. Dietrich Maschmeyer, Peter Nothhaft, Dr. Udo Peters, Dr. Dirk Röttger, Arnd Schade, Dr. Markus Winterberg Geschäftsgebiet C4 Chemistry

Dr. Torsten Balduf, Dr. Wilfried SchmidtGeschäftsgebiet Acrylic Monomers

Dr. Thomas Quandt Geschäftsgebiet Catalysts

Walter Luh, Dr. Armin Rix, Dr. Horst-Werner Zanthoff Servicebereich Verfahrenstechnik & Engineering

Kategorie neue Produkte/neue Systemlösungen:Bringt verbrauchte Energie zurück: CreAMINO® für die Tierernährung

Dr. Ernst Krämer, Ricardo Gobbi, Dr. Andreas Lemme, Dr. Michael Binder, Dr. Alfred Petri, Dr. Thomas Kaufmann Geschäftsbereich Health & Nutrition

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Patrik Wohlhauser

Evonik-Innovationspreis 2010CreAMINO®, eIN Neues Futtermitteladditiv, sowie ein Verfah-ren zur Herstellung von Isobuten aus MTBE sind die Gewinner des Evonik-Innovationspreises 2010. Als Patrik Wohlhauser, Vor-sitzender der Geschäftsführung der Evonik Degussa GmbH, beim letztjährigen Weihnachtskolloquium in Essen am Abend des 14. Dezember mit den Worten „and the winner is…“ zum Umschlag griff, stieg die Spannung bei den rund 200 Gästen fühlbar an. Denn sechs Teams – jeweils drei in den Kategorien neue Pro-dukte und neue Verfahren – hatten den Einzug ins Finale ge-schafft und damit gute Chancen, den Innovationspreis zu gewin-nen. Mit dem mit jeweils 30.000 € dotierten Preis würdigt Evo-nik einmal im Jahr herausragende Entwicklungsarbeiten in der Chemie.

Das Rennen in der Kategorie neue Produkte machte ein Team des Geschäftsbereichs Health & Nutrition mit CreAMINO®, einem neuen Baustein für eine nachhaltige Tierernährung. In der Kategorie neue Verfahren gewann ein gemischtes Team aus den Geschäftsgebieten C4 Chemistry, Acrylic Monomers und Catalysts sowie dem Servicebereich Verfahrenstechnik & En-gineering. Es hat innerhalb kürzester Zeit ein neues Verfahren zur Herstellung von Isobuten aus MTBE (Methyl-tertiär-butyl-ether) entwickelt und in die großtechnische Produktion sowohl in Schanghai als auch in Antwerpen überführt.

Wohlhauser bedankte sich bei den Teams für ihre heraus-ragende Leistung, betonte aber zugleich, der Sieg der einen sei keine Niederlage der anderen: „Auch wenn heute in jeder Kategorie nur ein Team aufs Siegertreppchen passt, so sind doch alle sechs Teams Gewinner, die mit ihren guten Ideen und exzellenten Arbeiten spürbar zum Erfolg von Evonik beitra-gen.“

20 Teams hatten sich diesmal um den Preis beworben – elf in der Kategorie neue Produkte und neun in der Kategorie neue Verfahren. Ende Oktober hatte eine Jury die sechs Finalisten an-hand von Kriterien wie wirtschaftlicher Bedeutung, ökologi-schen Vorteilen und gesellschaftlichem Nutzen ausgewählt. In einer abschließenden Sitzung am Tag der Preisverleihung wählte eine zweite Jury, der neben Wohlhauser und Dr. Peter Nagler, Leiter Innovation Management Chemicals & Creavis, drei Ge-schäftsbereichsleiter sowie drei Professoren angehörten, die Gewinner aus. Zuvor hatten die nominierten Teams noch einmal die Gelegenheit, der Jury ihr Projekt zu präsentieren und sie im persönlichen Gespräch vom Nutzen und wirtschaftlichen Poten-zial ihrer Entwicklung zu überzeugen. „Denn“, so Wohlhauser, „eine neue Entwicklung ist nur dann eine Innovation, wenn sie am Markt Erfolg hat. Und dazu gehört auch die kaufmännische Seite: gutes Marketing und professioneller Vertrieb.“ 777

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Ein neuer Weg zu hochreinem Isobuten

Forschung kann sehr praxisnah sein. Experten aus vier Geschäfts- und Servicebereichen von Evonik bündelten ihre Expertise und realisierten innerhalb kurzer Zeit ein neues Verfahren für die großtechnische Herstellung von hochreinem Isobuten. Ein Vorzeigebeispiel dafür, wie sich moderne Simulation und Experimentalwissen, Kosten- und Ökoeffizienz, Grundlagenforschung und Praxis auf ideale Weise miteinander verzahnen lassen.

[ text Dr. Thomas Quandt, Dr. Dirk Röttger, Dr. Wilfried Schmidt, Dr. Markus Winterberg, Dr. Horst-Werner Zanthoff ]

Gemeinsam als Erste durchs Ziel

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CheMIsChe FOrsChuNg FINdet häufig weit ab vom harten Pro-duktionsalltag statt – in Labors, im Technikum und immer häu-figer am Computer in online-Datenbanken und -Bibliotheken. Eine empirische Regel lautet, dass die Umsetzung von For-schungsergebnissen in die Praxis ein schwieriger und langwie-riger Weg ist und nicht selten auf halber Strecke scheitert.

Experten aus vier Geschäfts- und Servicebereichen von Evonik haben jetzt bewiesen, dass es auch anders geht. Innerhalb nur weniger Jahre gelang es dem Team aus vielen Spezialisten, ein neues Verfahren zur Produktion von hochreinem Isobuten zu entwickeln, zu testen und in zwei Großanlagen in Antwerpen und Schanghai zur Anwendung zu bringen. Der Schlüssel zum Erfolg: Chemiker, Verfahrenstechniker, Katalysatorentwickler, Anlagenplaner und Marketingexperten haben ihr Know-how ge-bündelt, und Forschung, Entwicklung, Planung und Produktmar-keting erfolgten weitgehend parallel. Durch die enge Verzahnung der einzelnen Schritte – von der ersten Idee bis hin zum Bau der Großanlagen – konnten sie ein preiswertes und effizientes Pro-duktionsverfahren realisieren, das nicht nur ein hochreines Iso-buten liefert, sondern zudem weniger Abfall erzeugt und weni-ger Energie verbraucht als herkömmliche Verfahren.

Das Geschäftsgebiet C4 Chemistry betreibt in Marl und in Ant-werpen einen Produktionsverbund, der aus dem sogenannten Crack-C4 verschiedene Chemikalien gewinnt, darunter auch Methyl-tertiär-butylether, kurz MTBE. MTBE, den Autofahrern als Antiklopfmittel in bleifreiem Benzin bekannt, ist die zentrale Komponente im neuen Prozess. Die Substanz ist volumenmäßig eines der großen Produkte von Evonik und wird in Mengen von über 500.000 Jahrestonnen hergestellt.

Das Ausgangsmaterial für den C4-Verbund, Crack-C4, ist ein Kohlenwasserstoffgemisch, das bei der Produktion von Ethylen und Propylen als Nebenprodukt anfällt. Es besteht typischer-weise aus 20 bis 28 Prozent Isobuten, 14 bis 20 Prozent 1-Buten und anderen vermarktbaren C4-Kohlenwasserstoffen wie Buta-dien, 2-Butenen, Isobutan und n-Butan. Da 1-Buten und Isobuten nahezu identische physikalische Eigenschaften haben, lassen sie sich weder durch Destillation noch durch Extraktion voneinan-der trennen. Also greifen die Chemiker zu einem Trick: Sie ver-wandeln Isobuten in einen Ether, der sich aufgrund des deutlich höheren Siedepunktes von den anderen Kohlenwasserstoffen leicht durch Destillation abtrennen lässt. Erfolgt diese Umset-zung mit Methanol, entsteht MTBE.

Seit Oktober 2010 ist das neue Verfahren zur

Herstellung von Isobuten in Antwerpen in Betrieb

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im Reaktor optimal zu gestalten. Entscheidend für den Erfolg des Verfahrens ist aber ein maßgeschneiderter und hoch selek-tiver Katalysator. Für das neue Verfahren zur Isobutenherstel-lung musste das Team daher auch einen neuen Katalysator fin-den, denn bekannte Formulierungen erwiesen sich als zu wenig selektiv und produzierten zu viele Nebenprodukte. Außerdem alterten sie zu schnell.

Evonik profitierte dabei von seinem umfangreichen Know-how in Katalysatorentwicklung und kinetischem Screening. Für das Screening wurde eine große Anzahl von katalytisch aktiven Substanzen hergestellt und in miniaturisierten und parallel be-triebenen Laborreaktoren computergestützt getestet. Innerhalb von nur neun Monaten untersuchten die Spezialisten 90 Varian-ten mit unterschiedlichen Trägern, Promotermengen und Prä-parationsmethoden. 1.500 Experimente waren notwendig, um die Parameter Temperatur, Druck, Verweilzeit und MTBE-Zu-sammensetzung zu variieren. Am Ende dieses High Throughput Screening stand ein Katalysator aus unterschiedlichen anor-ganischen Oxiden, der das MTBE sehr selektiv spaltet und sich durch hohe Lebensdauer, hohe Aktivität und geringe Nebenpro-duktbildung auszeichnet.

Mit Simulationen schnell zum ZielExperimente sind bei der Entwicklung neuer Verfahren jedoch nur ein Teil des Weges. Vielmehr begleitet die Computersimu-lation die gesamte Entwicklung – von der Idee über die Kataly-satorsuche und Prozesssynthese bis zur Planung der großtech-nischen Anlagen. Simulationen haben vielerlei Vorteile. Sie füh-ren zu wichtigen Fragestellungen für die weitere Laborarbeit, zum Beispiel, ob die Reaktion auch bei einem bestimmten Druck durchgeführt werden kann, der eine Aufarbeitung deutlich ver-einfacht. Erzeugt der Katalysator Nebenprodukte, die bei der

Höhere Wertschöpfung durch hochreines IsobutenDie Umsetzung von Isobuten mit Methanol zu MTBE ist eine Gleichgewichtsreaktion und kann daher auch in umgekehrter Richtung ablaufen. Hier setzte das Team an: Wie sieht ein Ver-fahren aus, das aus dem MTBE das chemisch gebundene Isobu-ten zurückgewinnt? Wie muss der dafür notwendige Katalysator beschaffen sein? Wie gelingt es, entstehende Nebenprodukte im Prozess sauber abzutrennen, um hochreines Isobuten zu er-zeugen?

Der Grund für diese Überlegungen: Isobuten ist eine Subs-tanz mit hoher Wertschöpfung und einem wachsenden Markt. Die Chemikalie ist unter anderem ein wichtiger Rohstoff für Methylmethacrylat, kurz MMA. MMA wiederum ist ein begehr-tes Produkt, aus dem zum Beispiel PLEXIGLAS® für hoch-moderne LED-Flachbildschirme entsteht, umweltfreundliche Lacke oder auch leichte und damit Kraftstoff sparende Kunst-stoffteile für die Automobilproduktion. Der globale Markt für MMA wächst jährlich um fünf Prozent, in Asien ist es noch deut-lich mehr. Außerdem ist Isobuten Ausgangsprodukt für andere chemische Erzeugnisse wie Butylkautschuk (Reifen), Klebstoffe und pharmazeutische Produkte.

Katalysator entscheidend für ErfolgDie Umsetzung von MTBE ist eine heterogen katalysierte Reak-tion, die bevorzugt in der Gasphase bei hohen Temperaturen erfolgt. Damit der Umsatz möglichst hoch ist, verwendeten die Experten viel Zeit darauf, Wärmezufuhr und Strömung der Gase

Abbildung 1

Typische Zusammensetzung von sogenanntem Crack-C4, einem C4-Kohlen -wasserstoffgemisch aus Steam-Crackern. Die physikalischen Eigen schaften von 1-Buten und Isobuten sind so ähnlich, dass diese Komponenten weder durch Destillation noch durch Extraktion voneinander getrennt werden können

Abbildung 2

Spaltung von MTBE in Isobuten und Methanol: Gleichgewichtsumsätze in der Flüssig- und in der Gasphase. Durch eine Umsetzung in der Gasphase bei hohen Temperaturen lässt sich das Gleichgewicht weiter in Richtung Isobuten und Methanol verschieben

Flüssigphase Gasphase

MTBE-Umsatz [%]

Komponente

Isobutan

Isobuten

1-Buten

1,3-Butadien

n-Butan

trans-2-Buten

cis-2-Buten

Siedepunkt [°C]

–11,7

–6,9

–6,3

–4,6

–0,5

0,9

3,6

Chemische Struktur Gehalt im Crack-C4 [Mass-%]

1–3

20–28

14–20

40–45

4–8

4–6

2–5

MeOH+O

MTBE Isobuten Methanol

100

80

60

40

20

0

Temperatur [°C]

50 100100 150 200 250 300

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High Throughput ScreeningAuf der Suche nach dem optimalen Katalysator für die MTBE-Spaltung führten die Forscher etwa 1.500 Experimente an 90 Katalysatoren in miniaturisierten und parallel betrie benen Laborreaktoren durch

Abtrennung möglicherweise Probleme bereiten, können die Forscher dies bei der Verfahrensentwicklung durch Simula-tionsrechnungen voraussagen und rechtzeitig berücksichtigen.

Umgekehrt wird mit Erkenntnissen aus den Experimenten die Simulation verfeinert. Moderne Software ist nicht zuletzt unverzichtbar, um die Wirtschaftlichkeit neuer Prozesse konti-nuierlich zu überprüfen und auf diese Weise das Risiko von Fehl-investitionen zu minimieren.

Dieser Iterationsprozess aus Simulation, Experiment und Be-wertung bildete auch das Gerüst bei der Entwicklung des neuen Isobutenverfahrens. Die permanente Rückkopplung zwischen Theorie und Praxis erlaubte innerhalb kurzer Zeit die Realisie-rung eines komplexen Produktionsprozesses, an dessen Ende Isobuten mit einer Reinheit von über 99,9 Prozent gewonnen wird. Die hohe Reinheit ist maßgeblich für den Erfolg: Da nur reine Ausgangsprodukte effiziente und ökonomische Folgepro-zesse möglich machen, steigen die Anforderungen der Kunden an ihre Rohstoffe ständig.

Für die Prozesssynthese werteten Experten aus dem Service-bereich Verfahrenstechnik & Engineering zunächst die zugäng-lichen Stoffdaten aus, fehlende Daten schätzten sie mittels mole-kularer Simulation ab. Auf der Grundlage der ersten Ergebnisse aus dem Katalysatorscreening entwickelten sie mehrere mög-liche Verfahrensvarianten und simulierten sie zunächst am Com-puter. Die Ergebnisse dieser Rechnungen wurden anschließend im Labormaßstab überprüft. Nach iterativer Testung und Be-wertung kristallisierte sich schließlich das optimale Verfahren heraus, das in einem Pilotreaktor getestet wurde.

Um das spätere Scale-up zu erleichtern, bestand dieser Pilot-reaktor aus einem Einzelrohr mit ähnlichen Abmessungen wie die Reaktorrohre in der geplanten großtechnischen Anlage. Aus dem Testbetrieb erhielten die Verfahrenstechniker wichtige Informationen über Nebenprodukte und Katalysator-

Abbildung 3

Mögliche Nebenreaktionen bei der Spaltung von MTBE zu Isobuten und Methanol. Die markierten Komponenten sind zum einen im Endprodukt Isobu ten in sehr engen Grenzen spezifiziert, zum anderen können sich diese bzw. die entsprechenden Ausgangssubstanzen im Prozesskreislauf anreichern

2 MeOH

2

O

OH + H2O

+ H2O

+ MeOH

+ MeOH

=

Kleine Grenzwerteim Endprodukt Isobuten

=

Anreicherung im Prozesskreislauf

O

O

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alterung, die in die Simulation zurückflossen. Diese Rück-kopplung ist wichtig, weil Katalysatoren beim Up-scaling – bei-spielsweise durch später zugegebene Bindemittel und Additive – oft ihre Aktivität und Selektivität verändern. Die Rückkopp-lung gab zudem Aufschluss über das optimale Temperatur- und Druckspektrum und über die Trennschritte, die notwendig sind, um entstehende Nebenprodukte auszuschleusen.

Da die Reinheit des Isobutens eine zentrale Anforderung der Kunden war, legten die Entwickler besonderes Augenmerk auf die Nebenprodukte: Welche Stoffe entstehen in welchen Men-gen? Welche bislang unbekannten Verunreinigungen könnten sich bilden? Wie reagiert der Katalysator auf die Verunreini - g ungen? Werden Nebenprodukte beispielsweise bei der Kreis-laufführung in Trennkolonnen angereichert oder stören sie gar den ganzen Prozess? Besonders schwierige Trennschritte wurden in einzelnen Kolonnen im Technikum nachgestellt und optimiert.

Die Energiebilanz muss stimmenNeue Verfahren haben in der Chemie heute kaum eine Chance, wenn sie nicht Vorteile in Ressourcen- und Energieeffizienz ver-sprechen. Für die Planung der Großanlagen für die Isobutenpro-duktion legten die Ingenieure daher besonderen Wert auf eine ausgetüftelte Energieintegration. Üblicherweise werden dabei

heiße und kalte Stoffströme so verschaltet, dass Kühlwasser- und Dampfverbrauch insgesamt minimiert werden. Sinken die Ver-bräuche an Kühlwasser und Dampf, sinken auch die Energie-kosten und die energiebedingten Kohlendioxidemissionen. Im vorliegenden Verfahren wurden darüber hinaus auch Eingriffe in den Prozess, wie zum Beispiel Anhebung von Druckniveaus bei Kolonnen und Reaktoren, vorgenommen, um den internen Wärmeaustausch zu maximieren.

Beim neuen Isobutenverfahren ist die Bilanz durchweg posi-tiv: Das Verfahren verbraucht beispielsweise nur halb so viel Heißdampf wie ein vergleichbarer Prozess ohne Energierück-läufe oder wie Konkurrenzverfahren, die Isobuten durch andere chemische Prozesse herstellen. Die eingesparten Energiekosten belaufen sich auf mehrere Millionen Euro pro Jahr. Für die An-lagenrealiserung in Antwerpen investierte Evonik beispielsweise rund zehn Prozent der Gesamtkosten in die Energieintegration der Großanlagen – eine Investition, die sich bei den ständig stei-genden Energiekosten innerhalb weniger Jahre amortisiert.

In einem Jahr zwei Anlagen auf zwei Kontinenten realisiertEine besondere und bisher einmalige Herausforderung an alle Beteiligten war, dass das Verfahren in zwei ganz unterschied-lichen Anlagen auf zwei Kontinenten realisiert werden sollte:

333

Um ein sicheres Scale-up zu gewährleisten und wichtige Informationen über Aktivität des Katalysators, Nebenproduktspektrum und Alterung s-verhalten zu gewinnen, wurde der Katalysator in einem Pilotreaktor getestet

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EvonIk-InnovatIonSprEIS 2010  13

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dr. thomas QuandtGeschäftsgebiet Catalysts+49 2365 [email protected]

dr. dirk röttgerGeschäftsgebiet C4 Chemistry+32 3 560-3974dirk.rö[email protected]

dr. Wilfried SchmidtGeschäftsgebiet Acrylic Monomers+86 21 [email protected]

dr. markus Winterberg Geschäftsgebiet C4 Chemistry+49 2365 [email protected]

dr. horst-Werner ZanthoffServicebereich Verfahrenstechnik & Engineering+49 2365 [email protected]

zum einen im C4-Produktionsverbund in Antwerpen zur Her-stellung von Isobuten, zum anderen in Schanghai. Hier betreibt Evonik eine MMA-Verbundproduktion, in der neben Methyl-methacrylat und Polymethylmethacrylat, einem Granulat, das als PLEXIGLAS® breite Anwendung findet, auch eine Vielzahl Spezialmonomere für den asiatischen Markt produziert wird. Letztere kommen in Klebstoffen, in der Papier- und Gummi-industrie, in Kontaktlinsen oder auch in der Abwasseraufbe-reitung zum Einsatz. Das in Schanghai erforderliche MTBE wird, anders als in Antwerpen, nur zu einem Teil selbst herge-stellt, der andere Teil wird zugekauft. Daher musste beispiels-weise schon frühzeitig sichergestellt werden, dass das neue Verfahren MTBE ganz unterschiedlicher Qualität sicher und effizient verarbeiten kann.

Seit Oktober 2010 ist die neue Isobutenproduktion in Antwerpen in Betrieb, bereits seit September 2009 produziert Evonik in Schanghai mit dem neuen Verfahren aus Isobuten Methylmethacrylat und dessen Folgeprodukte. Beide Anlagen arbeiten effizient und erfolgreich, und der Katalysator zeigt eine höhere Standzeit als ursprünglich prognostiziert. Das gewon-nene Isobuten zeichnet sich durch eine Reinheit aus, die die hohen Anforderungen der Abnehmer voll erfüllt. In Antwerpen liegt die Anlagenauslastung über der ursprünglich geplanten Produktionsmenge an Isobuten, in Schanghai läuft der MMA-Verbund sogar oberhalb der Auslegungskapazität.

Katalysator der zweiten Generation bereits in Arbeit

Trotz dieser Erfolge denken die Chemiker bei Evonik bereits weiter. Sie arbeiten derzeit an einem Katalysator der zweiten Generation, der MTBE mit noch höherer Selektivität und bei niedrigeren Temperaturen umsetzt. Außerdem soll künftig das Isobuten zu neuen Folgeprodukten mit hoher Wertschöpfung direkt bei Evonik veredelt werden.

Das Entwicklungsteam erhielt im vergangenen Dezember den Evonik-Innovationspreis 2010. „Neben dem Kernteam“, sagt Dr. Markus Winterberg vom Geschäftsgebiet C4 Chemistry, „haben viele weitere Kollegen zur Verfahrensentwicklung und zu der erfolgreichen Realisierung in Schanghai und Antwerpen beigetragen. Ihnen soll an dieser Stelle ausdrücklich gedankt werden“. Damit war die Entwicklung des neuen Isobuten- Verfahrens im Rückblick ein Musterprojekt, das zeigt, wie sich Forschung, Anlagenplanung und Marketing optimal verzahnen lassen. Ein Projekt, das unter Beweis gestellt hat, wie durch Bün-delung von Know-how aus ganz unterschiedlichen Geschäfts-bereichen kosten- und zeiteffizient komplexe Aufgaben gelöst werden können. Und das nicht zuletzt belegt, wie ein breit auf-gestelltes Spezialchemieunternehmen, das von der Grundlagen-chemie bis zur Großanlagenplanung alles im eigenen Haus hat, seine Stärken im besten Sinne ausspielen kann.

Der Methacrylatverbund in Schanghai. Hier wird seit September 2009 unter anderem der Rohstoff Isobuten nach dem neuen Verfahren aus MTBE produziert

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Dank ihnen lassen sich mit der gleichen Menge Futter mehr Tiere ausgewogen ernähren. Schon seit vielen Jahren leistet der Geschäftsbereich Health & Nutrition von Evonik mit Aminosäuren hierzu einen wichtigen Beitrag. Mit dem Futtermitteladditiv CreAMINO® ist einem Team des Ge-schäfts bereichs nun gemeinsam mit dem Partner AlzChem Trostberg GmbH eine weitere Entwicklung gelungen, welche die Effizienz der Geflügelernährung weiter verbessert. Angeregt wurde diese Entwicklung durch neue Be stim-mungen der EU im Zuge der BSE-Krise: Seitdem ist es in Euro pa verboten, landwirtschaftliche Nutztiere mit Neben-produkten aus der Fleischverarbeitung zu füttern. Hühner sind von Natur aus aber Allesfresser, und ihr Orga nismus ist für eine optimale Entwicklung auch auf Substanzen tieri-schen Ursprungs angewiesen. Die Problematik einer rein vegetarischen Fütterung besteht in der Versorgung mit Kre-atin – einer Substanz, die eine wesentliche Rolle im Ener-giestoffwechsel der Tiere, aber auch des Menschen spielt und bei einer rein pflanzlichen Ernährung nicht gewährleis-tet ist.

glaubt  man  dEn  Prognosen, wird die Weltbevölkerung bis zum Jahr 2050 um weitere 2,3 Milliarden Menschen wach-sen. Fleisch, Fisch und Milchprodukte sind hochwertige Pro-teinlieferanten für die menschliche Ernährung, und so ist es kein Wunder, dass bei steigendem Wohlstand auch der Hunger auf Fleisch weiter steigen wird. Die Weltgesund heits orga-nisation FAO schätzt, dass der weltweite Verbrauch an Fleisch von derzeit 38 Kilogramm pro Kopf und Jahr bis 2050 auf 52 Kilogramm zunehmen wird. Allein der Konsum von Geflü-gelfleisch, so die FAO weiter, steige bis in 20 Jahren um 60 Prozent auf dann mehr als 140 Millionen Tonnen an. Eine er-höhte Fleischerzeugung bringt aber auch ökologische Aus-wir kungen mit sich, denn Anbauflächen für Viehfutter sind begrenzt. Ihr weiterer Ausbau gerät schnell in Konflikt mit wünschenswerten ökologischen und sozialen Rahmenbe din-gungen – etwa dem Erhalt von Wäldern oder der Versorgung der Weltbevölkerung mit pflanzlicher Nahrung. Einen Beitrag zur Lösung dieser Probleme liefern innova-tive Fütterungskonzepte, bei denen die Tiere das Futter best-möglich für Wachstum und Fleischansatz verwerten können.

Bringt verbrauchte Energie zurück:

Dank dem Futtermitteladditiv CreAMINO® lassen sich Tiere zukünftig noch nachhaltiger und effizienter ernähren. Für diese Entwicklung erhielt ein Team des Geschäftsbereichs Health & Nutrition den Evonik-Innovationspreis des Jahres 2010 in der Kategorie „Neue Produkte“.

[ text Dr. Ernst Krämer, Ricardo Gobbi, Dr. Andreas Lemme ]

CreAMINO® für die Tierernährung

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2050 werden neun Milliarden Menschen auf der Erde leben, die alle ernährt wer-den müssen. Damit steigt der Bedarf an Milch, Eiern und Fleisch, aber auch an Getreide, Gemüse und Obst. Der Anbau von Pflanzen für die menschliche Ernährung einerseits und für Nutztiere wie Geflügel, Schweine oder Rinder an-dererseits stehen damit in direktem Wettbewerb. Doch die Anbauflächen sind begrenzt: Weltweit stehen gegen-wärtig etwa 1,5 Milliarden Hektar Ackerland zur Verfügung. Davon geht jährlich noch ein gewisser Teil durch Erosion und für Siedlungszwecke verlo-ren. Vor diesem Hintergrund erklärt sich das vitale Interesse an neuen und weiter optimierten Fütterungskonzepten, um mit der gleichen Menge Futter mehr Tiere ausgewogen zu ernähren.CreAMINO® ist ein solcher Baustein für die nachhaltige Tierernährung

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ADP

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CK

Kreatin – geeignet für die Tierernährung?Vor allem für die Muskelkontraktion, aber auch für Hirn- und Nervenfunktionen wird Kreatin in seiner aktivierten Form Kreatinphosphat benötigt. Kreatinphosphat liefert die Phosphorylgruppe, die zur Umwandlung des bei der Kon trak- tion entstandenen Adenosin-Diphosphats (ADP) in ener-giereiches Adenosin-Triphosphat (ATP) erforderlich ist. Kre-atinphosphat dient als Energiespeicher, da die Zelle die Kon-zentration des ATP in engen Grenzen reguliert: Die verfüg-bare ATP-Menge reicht nur für wenige Sekunden, um kurz-fristig einen hohen Energiebedarf zu decken. Mit Kre atin-phosphat lässt sich dieser Speicher aber wieder schnell auf-füllen. Ambitionierten Sportlern ist Kreatin ein Begriff, da es sich positiv auf die Leistungsfähigkeit und die Regeneration auswirkt. Die heutige AlzChem in Trostberg ist ein führen-der Hersteller von Kreatin für die Humananwendung und trat im Jahr 2003 an die Tierernährer im Konzern mit der Frage heran, ob sich Kreatin nicht auch für die Tierfütterung eig-nen könnte. Da die Tierernährungsexperten ihrerseits von Kun den wegen der gesunkenen Fütterungseffizienz ange-sprochen worden waren, die nach dem Anwendungsverbot für Nebenprodukte der Fleisch ver arbeitung beobachtet wurde, lag es nahe, der „Kreatin-Frage“ in Fütterungsstudien nach-zugehen. Diese verliefen recht ermutigend: Tatsächlich stell-te sich heraus, dass Kreatin die Effizienz der Fütterung um ei-nige Prozentpunkte verbessern kann. Allerdings erwies sich Kreatin als zu teuer, um es als Futtermitteladditiv für Ge flü gel einzusetzen. Naheliegende Schritte zur Kostensenkung waren Verein-fachungen in der Produktion des Kreatins, etwa durch weni-ger Aufreinigungsschritte. Doch anschließende Tests mit die-

sem weniger reinen Produkt zeigten nicht mehr die zuvor beobachtete Wirksamkeit. Hinzu kam, dass pulverförmiges Kreatin bei den relativ hohen Temperaturen der Pel le tierung in der Mischfutterproduktion nicht ausreichend stabil war. Das Projekt befand sich in einer kritischen Phase. Ein neuer Weg musste gefunden werden.

Kreatinvorstufe GAA: gleiches Leistungsprofil, höhere WirtschaftlichkeitDas Projektteam analysierte daraufhin nochmals ausführlich die wissenschaftliche Literatur über den tierischen Stoff wech-sel, ob es Alternativen zu Kreatin geben könnte. Dabei er-schien Guanidinoessigsäure (Guanidino Acetic Acid, GAA) als geeignete Option für die Tierernährung. GAA ist eine natürliche, körpereigene Vorstufe in der Biosynthese des Kre atins. Kreatin kann sowohl durch die Nahrung aufgenommen als auch vom Körper selbst gebildet werden. Die Biosynthese startet mit den zwei Aminosäuren Glycin und L-Arginin als Ausgangssubstanzen. Bei Säugetieren wird vor allem in den Nieren die Guanidino-Gruppe des L-Arginins durch das En-zym Amidinotransferase abgespalten und auf das Glycin über tragen; dabei bildet sich die Guanidinoessigsäure. Das L-Arginin wird hierbei in L-Ornithin umgewandelt. Die so gebildete GAA wird im nächsten Schritt – bei Wirbeltieren geschieht dies ganz überwiegend in der Leber – mit Hilfe einer Transmethylase in Kreatin umgewandelt. Hierbei dient das S-Adenosylmethionin als Methylgruppen-Donor. GAA zeigte im Tierversuch die gleichen Vorteile wie Kre-atin. Es wird extrem effizient umgewandelt. In der Evonik-eigenen Pilotanlage für Mischfutterproduktion konnte das Projektteam nachweisen, dass GAA auch hitzebeständiger als Kreatin ist, es sich also für die Verarbeitung in der industri-ellen Mischfutterproduktion gut eignet. AlzChem gelang es, einen geeigneten Syntheseprozess für die Her stel lung von GAA zu etablieren, der mit preiswerteren Rohstoffen arbei-

Das Kreatinkinase/Kreatinphos phat-System

Kreatinphosphat (PCr) liefert die Phosphoryl gruppe, die zur Umwand lung von Adeno sin-Diphosphat (ADP) in energiereiches Adenosin-Triphosphat (ATP) nötig ist und dient so als Energiespeicher. Das bei der Ab spal tung der Phosphorylgruppe entstehende Kreatin (Cr) wird durch die mitochon-drische Kreatin kinase wieder zu Kreatinphosphat umgesetzt

Mitochondrium Cytosol

Oxidative Phosphorylierung Cytosolischer ATP-VerbrauchGlykolyse

Mitochondrische Kreatinkinase (sMtCK, uMtCK)

Cytosolische Kreatinkinase (MM-CK, BB-CK, MB-CK)

Cytosolische ATPasen (Transporter, Pumpen, Enzyme)

Cytosolisches ADP/ATP-Verhältnis

Cr

PCr

ATP

ADP

ATPaseCK

ATP

ADP

ATPATP

ADP

CK CK

CK

CK

ATPase

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tet und effizienter abläuft als die Herstellung des Kre atins. Da GAA dann als feines Pulver vorlag, wurde in gemeinsamer Ent wicklungsarbeit auf Basis der Erfahrungen der An wen-dungs techniker von Evonik ein Granulierprozess entwickelt, der zu optimierten Verarbeitungseigenschaften führt. Das Pro-dukt lässt sich dadurch ohne Modifikationen des Pro duk tions-prozesses in der Futtermittelherstellung einsetzen.

EU-Zulassung: hohe Ansprüche an Wirk-samkeit und Sicherheit erfülltDie Tierernährungsexperten von Evonik haben mit CreAMINO® nicht einfach ein weiteres Produkt zu einer be-stehenden Produktklasse von Futtermittelzusatzstoffen hin-zugefügt: Weder Kreatin noch GAA waren bislang als Addi-tive in Tierfutter zugelassen. Die Ansprüche an eine Zu las-sung sind für die Tierernährung zum Teil höher als zum Bei-spiel in der Pharmazie, weil die Tiere Teil der Nah rungs kette sind, die der Verbraucher nicht überblicken kann. Dies er-klärt, warum die Zulassung von CreAMINO® durch die in der EU zuständige EFSA (European Food Safety Au thority) rund vier Jahre gedauert hat. Neben Studien zur Sicherheit – auch bei Überdosierung – waren hierfür Un ter suchungen zur Wirk samkeit und zu Umweltaspekten erforderlich. Ende 2009 hat die EFSA die Zulassung für alle 27 Mit gliedsländer erteilt. Auch in Chile und Brasilien ist CreAMINO® inzwi-schen zugelassen; in den USA läuft das Verfahren noch. Erst nach der Zulassung konnten die Praxistests der Kunden beginnen, die nun im Lauf des vergangenen Jahres eigene Analysen mit Blick auf ihre Gesamtwertschöpfungs-kette durchgeführt haben. Bereits durch die Beimischung von nur 600 Gramm CreAMINO® zu einer Tonne rein pflanz-lichem Fut termittel lässt sich das Fehlen des Kreatins kom-pensieren. Angesichts der vielversprechenden Resultate schätzt das Pro jektteam das Marktpotenzial von CreAMINO® in den zunächst anvisierten Marktsegmenten nach der Ein-füh rungs phase auf 180 Millionen Euro pro Jahr. 777

Eine weitere Hürde, die die Tierernäh rungs -experten von Evonik genommen haben, war die Über führung des GAA in ein gut fließ fähi ges Granulat (unten), das ohne Modifika tionen in der Futter mit tel herstellung verwendet werden kann

Auch eine von der Deutschen Landwirtschafts-Gesell schaft (DLG) eingesetzte, internationale Expertenkommission ist von dem neuen Produkt überzeugt: Auf der wichtigsten europäi-schen Fachausstellung für Tierhaltung und -management, der EuroTier 2010 in Hannover, wurde Evonik für das innovative Produkt CreAMINO® ausgezeichnet.

Nachhaltiges AlleinstellungsmerkmalCreAMINO® wird von AlzChem exklusiv für Evonik produ-ziert. Evonik hat mit CreAMINO® eine ganz neue Produktklasse für die Tierernährung erschlossen. Vergleichbare Wett-bewerbsprodukte gibt es bislang nicht. Kreatin und GAA kom-men als natürliche Substanzen vor und lassen sich daher nicht direkt patentrechtlich schützen. Evonik und AlzChem halten aber Patente auf die Anwendung von GAA und Kreatin in der Tierernährung. Prinzipiell lässt sich CreAMINO® auch als Futteradditiv für andere Tiere nutzen, etwa für Schweine oder auch Fische. Al lerdings sind hierfür weitere Untersuchungen zur Wirk-samkeit des CreAMINO® mit statistisch gesicherten Effekten bei diesen Tierarten erforderlich sowie separate Zu las sungs-verfahren. Daher muss im Einzelfall entschieden werden, ob sich der hierfür erforderliche Aufwand auch lohnt. CreAMINO® steigert nicht nur die Effizienz der Nähr stoff-verwertung in der Tierernährung, sondern reduziert auch die Einflüsse auf die Umwelt und trägt damit zu nachhalti-gerem Tierfutter bei. Wie Evonik in Life Cycle Assessments von Aminosäuren zeigen konnte, haben diese als Fut ter mit-telzusätze eine positive Ökobilanz im Vergleich zu anderen Futterkomponenten wie Soja- oder Rapsschrot. Alles deu tet daraufhin, dass die Ergebnisse bei CreAMINO® ähnlich aus-fallen werden: Das Projektteam schätzt, dass sich mit jedem eingesetzten Kilogramm CreAMINO® bis zu 26 Kilo gramm Getreide, 12 Kilogramm Sojabohnenschrot und 5 Kilogramm pflanzliches Öl einsparen lassen. CreAMINO® steht also für eine in jeder Hinsicht nachhaltige Tierernährung.

dr. Ernst krämerGeschäftsbereich Health & Nutrition+49 6181 [email protected]

ricardo gobbiGeschäftsbereich Health & Nutrition+49 6181 [email protected]

dr. andreas lemme Geschäftsbereich Health & Nutrition+49 6181 [email protected]

dIE autorEn

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BrightnessEnhancementFilm (BEF)

Diffuser Lichtleiter(PLExIGLAS®)Gehäuse mit LED-Lichtquelle

Reflektor

Energieeffizienz im flachen DesignFernseher werden immer flacher und ener-giesparender. Speziell für diese Anwen dun - gen hat Evonik PLEXIGLAS® POQ66 ent-wickelt. Das Spezialprodukt besitzt eine besonders hohe Lichttransmission verbunden mit einem geringen Brechungsindex, was es zum idealen Werkstoff zur Herstellung von Lichtleitern macht. Dadurch ist es vor allem für LCD-Fernseher geeignet, die eine Back-light Unit in Edge-Lit-Konfiguration besitzen. Bei diesen koppeln LEDs das Licht über die Kanten einer Lichtleitplatte ein. So mit wird das Display gleichmäßig hinterleuchtet. Die Platte ist das zentrale Element der Hinter-leuch tungseinheit. So können die Fernseher flacher und attraktiver gestaltet werden. Zudem sparen sie Strom, weil LEDs anstelle von Kaltkathodenlampen verwendet werden und gleichzeitig auch weniger Leucht mittel als bei direkter Hinterleuchtung notwendig sind. Mit Lichtleitplatten aus dem Spezialprodukt von Evonik geht außerdem kein Licht durch Absorption oder Streuung verloren.

„Lichtleitplatten für diese Anwendung können aufgrund der benötigten Material-eigenschaften nur aus PMMA hergestellt werden“, sagt Dr. Alexander Laschitsch, Leiter des Segments Optically Functional Materials im Bereich Business Development bei Acrylic Polymers. „Nur dieser hochtrans-

parente Werkstoff ermöglicht die kantenbe-leuchteten LED Backlight Units, die deutlich energieeffizienter sind als die bisherige Technologie.“ Grund dafür ist vor allem die hohe Transmission des Materials. Seine op-timale Lichtbrechung sorgt außerdem für hohe Lichtdurchlässigkeit. „PLEXIGLAS® hat mit 1,49 den niedrigsten Brechungsindex un-ter den kommerziell verfügbaren transparen-ten Kunststoffen, die Fresnelreflexion beträgt bei Eintritt in die Lichtleitplatte nur 3,8 Prozent“, so Laschitsch.

Damit die Farbdarstellung nicht verfälscht wird, muss das Ma te rial auch dauer haft trans-

Aufbau einer Hinterleuchtungseinheit für LCD-Displays

parent bleiben. Manche Kunststoffe vergil-ben im Laufe der Jahre. Darunter leidet das Bild. PMMA hat als farbneutraler Werkstoff keinen negativen Einfluss auf die Farben. Sie bleiben dauerhaft erhalten.

Auch künftige Anwendungsansprüche an Lichtleitplatten aus PLEXIGLAS® Formmassen prüft Evonik bereits. „Derzeit tes ten wir neue Strukturierungen, die die Lichtauskopplung verbessern sollen“, erklärt Laschitsch. „Ins-be sondere für die neuen 3D-Fernseher wird mehr Licht von der Backlight Unit benötigt – und das möglichst mit weiterer Einsparung von Energie.“

Technik in 3D: PPA für dreidimensionale SchaltungsträgerEvonik Industries vermarktet mit VESTAMID® HTplus ein PPA der neuesten Generation, das genau auf die Anforderungen des Laser Direct Structuring (LDS) Verfahrens ausge-richtet ist. Mit seiner sehr guten Tem pe ra-turbeständigkeit eignet es sich speziell für den Einsatz in bleifreien Lötverfahren.

Das mit Glasfasern und mineralischen Füllstoffen verstärkte VESTAMID® HTplus wird als 50-Prozent-biobasiertes PA10T mit besonders breitem Prozessfenster und sehr geringer Wasseraufnahme sowie als PA6T/X mit erhöhter Temperaturbeständigkeit ange-boten. Beide Typen weisen eine sehr gute Chemikalienbeständigkeit auf. Die gute Verarbeitbarkeit und die ausgezeichneten thermomechanischen Eigenschaften des Materials gewährleisten die wirtschaftliche Fertigung hochwertiger Bauteile.

Laserdirektstrukturierung steht für De-signfreiheit, Miniaturisierung und Prä zi sion

VESTAMID® HTplus wurde speziell für die Laserdirektstrukturierung ausgelegt, ein Verfahren zur Herstellung dreidimensionaler Schaltungsträger, das zum Beispiel für Handy-antennen und in Computern eingesetzt wird

von elektronischen Bauteilen, da diese Tech-nologie die Integration von metallischen Lei-terbahnen direkt in die Oberfläche dreidi-mensionaler Schaltungsträger aus Kunststoff erlaubt. In vielen Anwendungen kommt das Verfahren bereits zum Einsatz – sei es für Handyantennen und in Computern, in der Medizintechnik oder in der Fahrzeu g elek-tronik. Die Herstellung im Spritzgießverfahren garantiert eine optimale Designfreiheit.

Ein Infrarot-Laserstrahl erzeugt dabei auf der Oberfläche des Schaltungsträgers eine dem späteren Verlauf der Leiterbahnen ent-sprechende Vorstrukturierung (Mikro rau-heit) und sorgt für die chemisch-physikali-sche Aktivierung in diesem Bereich. Diese Aktivierung wird durch ein spezielles Additiv im Kunststoff ermöglicht. Bei der folgenden Metallisierung entstehen hier selektiv die auf der Oberfläche fest haften-den Leiterbahnen.

LCD-Panel

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nEWS  19

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Schutz für hochwertige Oberflächen Oberflächen aus mikrokristallinen Polya mid folien TROGAMID® TCR (Trans parent, Che mical Resistant) sind hart im Nehmen: Weder Sonnenlicht noch Hitze, Schläge, Chemikalien oder Kosmetika wie Sonnenmilch können ihnen etwas anhaben. Darüber hinaus vermit-teln sie den hochwertigen „Look“, ob transparent oder bedruckt. Evonik vermarktet die Folien in Dicken zwischen 50 µm und 750 µm zur Dekoration und zum Schutz hochwertiger Oberflächen.

Gerade in langlebigen Produkten wie Automobilen sollen auf-wendig dekorierte Blenden, Konsolen und Bedienelemente über die gesamte Lebensdauer des Fahrzeugs ansehnlich bleiben, obwohl sie stark strapaziert werden: Schweiß, Hautfett und Kosmetika greifen die Oberflächen an, auch Reini gungs mittel können sie beschädigen. Hinzu kommen häufige Temperaturwechsel, wenn das Fahrzeug etwa

nach einer kühlen Nacht in der prallen Sonne steht. All diese Belastungen können Spannungsrisse oder Eintrübungen hervorrufen, die Reklamationen und Image verluste nach sich ziehen.

Abhilfe schaffen transparente TROGAMID® TCR-Folien. Sie sind aus farblosem, mikrokristallinem Polyamid gefertigt, das anderen transparenten Kunststoffen in seiner Chemikalienbeständigkeit, vor allem in der Beständigkeit gegen Sonnenmilch und Kosmetika, weit überlegen ist. Eine vergleichende Untersuchung nach VW-Prüfvor-schrift mit Handcreme und Sonnencreme bestätigt dies. Die Folien aus dem mikrokristallinen Polyamid waren dabei 24 Stunden lang bei 80 °C mit den Cremes in Kontakt. Der Test gilt als bestanden, wenn keine Verän derung des Materials sichtbar ist und die Kratzfestigkeit nicht beeinträchtigt wird. Einzig die nur 50 µm dicke Spezialpolyamid-folie bestand diesen Test in allen Punkten. Im Vergleich waren Styrolacrylnitril (SAN), Polymethylmethacrylat (PMMA) und Poly-carbonat (PC).

Da die Folien glasklar und farblos sind, haben Designer maxima-le Freiheit bei der Oberflächengestaltung. Farbverschiebungen bei rückseitig gedruckten Dekoren treten nicht auf. Die Deckschichten sind stabil gegen Witterungseinflüsse und UV-Licht, gut abriebbe-ständig und verleihen einen ansprechenden Tiefeneffekt. Die Kratzfestigkeit liegt auf dem Niveau unbeschichteter Folien nach Industriestandard.

Doch auch für die farbige Variante ist gesorgt: In Zusammenarbeit mit dem Hersteller industrieller Siebdruckfarben Pröll KG (Weißenburg, Deutschland) und dem Werk zeugbauer Niebling Junior (Penzberg, Deutschland) wurden Druckfarben und ein Verfahren für das Folienhinterspritzen mit TROGAMID® TCR-Folien entwickelt.

Folien aus dem mikrokristallinen Polyamid von Evonik sind anderen transparenten Kunststoffen vor allem in der Beständigkeit gegen Sonnen milch und andere Kosmetika weit überlegen

Evonik und AU Optronics beschließen strategische Partnerschaft

Evonik Industries und AU Optronics Corp. (AUO) haben vereinbart, ihre erfolgreiche Geschäftsbeziehung weiter zu intensivieren. Die beiden Unternehmen arbeiten seit 2008 im Joint Venture Evonik Forhouse Optical Polymers (EFOP) zusammen, das in Taichung (Taiwan) eine Anlage zur Produktion von Acrylpolymeren für die TFT-LCD-Industrie betreibt. In einer neuen, nicht exklusiven Kooperationsvereinbarung konzentrieren sich AUO und Evonik nun insbesondere auf wachstumsstarke Märkte wie die Solar tech-nik, Beleuchtung und andere Märkte im Bereich erneuerbarer Energien. Der Partner-schaftsvertrag umfasst Forschung und Ent-wick lung sowie Produktionsplanung und Produktion. Ein weiterer Schwerpunkt der Zusammenarbeit ist beispielsweise das Re-cycling von PMMA. Zudem plant das EFOP-Joint-Venture eine Kapazitätsverdop pelung für PMMA auf 85.000 Tonnen.

Gemeinsam sind AUO und Evonik ein starkes Team: Evonik bietet hochwertige Systemlösungen und Werkstoffe mit dem

Fokus auf Ressourceneffizienz und Globa li-sierung von Technologien. AUO ist ein welt-weit agierendes Fertigungsunter nehmen, das in punkto Design, Entwicklung und Her-stellung von Flüssigkristall-Displays auf Basis von Dünnfilmtransistoren, den so genannten TFT-LCDs, international Takt gebend ist. 2009 erwirtschaftete AUO einen Verkaufs-erlös von 356 Milliarden NT$ (11,2 Milliarden

US$), und in den Betrieben in Taiwan, Mainland China, Japan, Singapur, Südkorea, USA und Europa arbeiten 42.000 Beschäf-tigte. Die neue strategische Partnerschaft zwischen Evonik und AUO soll beiden Unternehmen ermöglichen, im Rahmen einer nachhaltigen Produkt- und Verfahrensent-wicklung verstärkt in wachstumsstarke Ge-schäfts segmente vorzudringen.

EFOP, das Joint Venture zwischen Evonik und AUO, produziert PMMA-Formmassen für Lichtleit-platten für Flachbildschirme. Da der Markt der Flachbildschirme stark wächst, steigt auch der Bedarf an PMMA: In jedem LED-TV, der auf Kantenbeleuchtung beruht, sind heute im Schnitt 2 bis 2,5 Kilogramm PMMA als Lichtleitplatte verbaut. Kein anderes Material kann nach heutigem Stand ökonomisch sinnvoll PMMA in dieser Anwendung ersetzen. Die Nachfrage nach PMMA wird in drei bis vier Jahren weiter zunehmen, getrieben durch Techno-logien wie die Solartechnik, bei denen Evonik und AUO intensiver zusammenarbeiten wollen

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Neue Technologieplattformen machen Wirkstoffe in Tabletten besser bioverfügbar

Tablette statt Spritze

„Zur richtigen Zeit am richtigen Ort“ lautet die Devise der innovativen Drug-Delivery-Systeme und Wirkstoffformulierungen von Evonik. Seit Neuestem gilt dies auch für schwerlösliche Wirk stoffe: Evonik hat mit der Schmelzextrusion eine Technologieplattform entwickelt, die die Bioverfügbar - keit dieser Wirkstoffe deutlich verbessert und so die Effizienz und Effektivität von oralen Darreichungs-formen, also von Tabletten oder Kapseln, steigert. Die aufstrebende neue Wirkstoffklasse der Bio-pharmazeutika (Arzneistoffe biologischer Natur) profitiert zwar nicht von der Schmelzextrusion, dafür aber von einer zweiten Neuentwicklung von Evonik: Mit dem modularen Drug-Delivery-System (MDD) des Geschäftsgebiets Pharma Polymers gelingt bei Verabreichung von Biopharmazeu tika der Wechsel von der unbeliebten, aber häufig notwendigen Spritze zur Tablette. Damit ist Evonik auf der Höhe der Zeit bei der Therapie vieler Krankheiten.

[ text Dr. Rosario Lizio, Dr. Kathrin Nollenberger, Dr. Norbert Windhab, Dr. Firouz Asgarzadeh, Dr. Thomas Riermeier ]

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SEIt übEr 50 JahrEn steuern funktionelle Polymere der Marke EUDRAGIT® von Evonik die Wirkstoffabgabe aus Tabletten und kümmern sich darum, dass der Wirkstoff entweder pH-Wert-oder zeitgesteuert am gewünschten Ort des Magen-Darm-Trakts freigesetzt wird. Die funktionellen Polymere bestimmen dabei nicht nur Zeitpunkt und Ort der Wirkstoffabgabe, sondern kön-nen noch viel mehr: Als Tablettenüberzug überdecken sie Ge-ruch und Geschmack eines Arzneimittels – ein wesentlicher Pluspunkt vor allem bei der Behandlung von Kindern – und sor-gen dafür, dass der Wirkstoff unbeschadet ans Ziel kommt. Hierzu schirmen die Polymere den Wirkstoff beispielsweise vor Feuchtigkeit oder vor der Magensäure ab und schleusen ihn si-cher zum Resorptionsort im Dünn- oder Dickdarm.

Doch der magensaftresistente Tablettenüberzug kann nicht nur den Wirkstoff schützen, sondern umgekehrt auch den Magen. Ein Beispiel ist die Acetylsalicylsäure, die bei Bluthoch-druck zur Vorbeugung eines Herzinfarkts dauerhaft in niedriger Dosierung eingenommen wird. Hier schützt der hauchdünne Polymerüberzug den Magen vor der schädlichen Einwirkung der Acetylsalicylsäure.

Durch Verwendung spezieller Polymere können Wirkstoffe auch gleichmäßig über einen längeren Zeitraum freigegeben werden. Diese sogenannten Retardformulierungen werden im-mer dann genutzt, wenn ein Arzneimittel, beispielsweise ein Betablocker, über den ganzen Tag hinweg wirken soll.

Wissenschaftler in den Forschungszentren des Evonik-Ge-schäftsgebiets Pharma Polymers in Deutschland, Indien, China, Japan und den USA erforschen neue Polymere und entwickeln für ihre Kunden spezifische Formulierungen mit EUDRAGIT®-Polymeren. Außerdem erarbeiten sie komplett neue Konzepte für die weitere Funktionalisierung der Polymere, um dem wach-senden Bedarf des pharmazeutischen Markts für neue Funk-tionalitäten gerecht zu werden.

Bioverfügbarkeit bestimmt die WirkstoffeffizienzDie Bioverfügbarkeit eines Wirkstoffs gibt an, in welchem Um-fang er nach der Applikation eines Arzneimittels in den Blut-kreislauf aufgenommen wird. Sie ist eine wesentliche Kennzahl und therapeutische Stellgröße und sagt unter anderem aus, wie effizient ein Medikament ist. Die Bioverfügbarkeit ist meist umso besser, je leichter löslich ein Wirkstoff ist und je besser er von den Zellen des Absorptionsorts (Magen-Darm-Trakt, Schleim-häute, Haut, etc.) aufgenommen und in die Blutbahn überführt, also resorbiert wird.

Je nach Löslichkeit und Zellgängigkeit (Permeabilität) lassen sich die Wirkstoffe mithilfe des biopharmazeutischen Klassifi-zierungssystems (BCS) in vier Klassen einteilen (Abb. 1): Sind sie gut wasserlöslich und zellgängig, wie zum Beispiel der Beta-blocker Metoprolol, zählen sie zur Klasse I. Eine schlechte Lös-lichkeit des Wirkstoffs bei guter Zellgängigkeit führt zur Ein-

Abbildung 1

Das biopharmazeutische Klassifizierungssystem (BCS). Schätzungen zufolge werden künftig rund 95 Prozent aller Wirkstoffe problematisch sein in Bezug auf Bioverfügbarkeit

gruppierung in die BCS-Klasse II. Gute Löslichkeit und schlechte Zellgängigkeit bedeuten BCS-Klasse III. Und zur BCS-Klasse IV gehört ein Wirkstoff, wenn er sowohl schlecht löslich als auch schlecht zellgängig ist.

Von den heute im Markt befindlichen Medikamenten fallen 30 Prozent in die BCS-Klasse II und 10 Prozent in die BCS-Klasse IV. Das bedeutet, dass 40 Prozent der derzeit angebotenen Medikamente ein Löslichkeitsproblem haben. Bei den Neuent-wicklungen liegt dieser Prozentsatz sogar bei 95 Prozent. Denn durch das in der Industrie angewendete Wirkstoffscreening am Computer gehen überwiegend lipophile Wirkstoffe in die Ent-wicklung, weil diese besonders gut mit dem jeweiligen Wirkort wechselwirken. Doch je lipophiler eine Substanz ist, desto schlechter löst sie sich im wässrigen Medium des Magen-Darm-Trakts.

II

IV III

I

Löslichkeit

Zel

lgän

gigk

eit

Quelle: L. Benet, C.-Y. Wu et al 2006, Bulletin technique Gattefosse 99; S. 9-16

Klasse I: 5%

Klasse II: 70%

Klasse IV: 20%

Klasse III: 5%

Anteile der Entwicklungskandidaten in den BCS-Klassen

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22  gESundhEIt & Ernährung

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Eine Substanzklasse, die zunehmend an Bedeutung gewinnt, sind die Biopharmazeutika. Gegenwärtig machen sie 16 Prozent des Arzneimittelumsatzes und 15–25 Prozent der jährlich neu eingeführten Arzneimittel in Deutschland aus. Bei Biopharma-zeutika handelt es sich um Arzneimittel, die meistens in gen-technisch veränderten Bakterien, Hefen oder Säugetierzellen hergestellt werden, wie etwa Proteine und Nukleinsäuren. Sie werden überwiegend parenteral, meist durch Spritzen in die Vene, verabreicht. Bei peroraler Applikation, also über den Mund, würden sie meist schon im Magen-Darm-Trakt verdaut, inaktiviert und zudem schlecht resorbiert werden.

Neue modulare Formulierungssysteme von Evonik erlauben es, auch für kleine und mittelgroße Biopharmazeutika peroral anwendbare Formulierungen zu entwickeln. Sie führen den Wirkstoff sicher durch den Verdauungstrakt und helfen ihm am gewünschten Ort unversehrt durch die Barriere der Darm-schleimhaut, wo er kontrolliert in die Blutbahn gelangt.

Bessere Löslichkeit durch SchmelzextrusionDie Löslichkeit und die Lösungsgeschwindigkeit fester Arz neimittelsubstanzen hängen von unterschiedlichen physi-kalisch-chemischen Parametern ab und lassen sich über ge-eignete galenische Formulierungen verbessern. So erhöht eine vergrößerte Oberfläche, die beim Vermahlen zu Mikro- und Nanometer großen Teilchen (Mikronisieren) entsteht, die Lösungsgeschwindigkeit. Manche Arzneistoffe lassen sich dann aber schlechter benetzen und zeigen dadurch keine Verbesse-rung der Lösungsgeschwindigkeit.

Die Kristallisationsform beeinflusst ebenfalls die Löslichkeit. So löst sich ein amorpher Wirkstoff im Allgemeinen besser als ein kristalliner, ist aber eher instabil. Er neigt dazu, zu rekris-tallisieren, also wieder die thermodynamisch stabilere Form an zunehmen. Manche Wirkstoffe lassen sich durch Komplexie-rung etwa als Cyclodextrin-Einschlussverbindung lösen, andere wiederum durch Zugabe von Emulgatoren.

Einen innovativen Weg, der sich auf viele Wirk stof fe anwen-den lässt, beschreiten die Wissenschaftler von Evonik. Sie er-zeugen durch Schmelzextrusion – Evonik verfügt hier über jahr-zehntelange Erfahrung aus der Kunststoff ver arbeitung – feste Lösungen (Dispersionen) des Wirkstoffs in den EUDRAGIT®-Polymeren (Abb. 2).

Zur Herstellung der Dispersion schmilzt der Doppel-schneckenextruder die Polymerkomponenten, die Hilfsstoffe sowie den Wirkstoff und vermischt und homogenisiert sie. Die homogene Schmelze wird unter Druck durch eine Düse gepresst, und es entsteht eine feste Lösung als Strang, als Pellet oder als Folie, die anschließend zu Tabletten weiterverarbeitet werden können. Nach dem Erstarren der Schmelze bleibt die molekulare Verteilung des Wirkstoffs in der Polymermatrix als feste Lösung bzw. Dispersion erhalten. Stabilisiert wird die homogene Lösung durch Wasserstoffbrückenbindungen, die eine Rekristallisierung verhindern. Sobald sich das Polymer dann im Magen-Darm-Trakt löst, gibt es auch den Wirkstoff frei, und zwar in molekularer Form (Abb. 3). Die Wirkstoffmoleküle können direkt hydrati-siert und resorbiert werden, ohne dass Kristallgitterenergie auf-gebracht werden muss, wie dies beim Lösen eines kristallinen Wirkstoffs der Fall ist.

333

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gESundhEIt & Ernährung  23

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333

Die Schmelzextrusion lässt sich auch bei temperaturempfindli-chen Arzneistoffen anwenden, da durch geeignete Formulierun-gen die Temperatur, wenn notwendig, stark abgesenkt werden kann. Zudem ist die Zeit, die der Wirkstoff den Temperaturen ausgesetzt ist, durch den modularen Temperaturaufbau des Extruders sehr kurz. In zahlreichen Kooperationen und Mach-barkeitsstudien gemeinsam mit Kunden konnte der Bereich Pharma Polymers zeigen, dass die Schmelzextrusion eine echte Plattformtechnologie ist, die sich sehr vielseitig anwenden lässt.

Per Computer zur passenden FormulierungNeue Entwicklungen zur Löslichkeitsverbesserung mittels Schmelzextrusion führt Evonik nah am Markt und möglichst in akademischen und kommerziellen Partnerschaften durch. Je nach Wirkstoff und gewünschtem Freisetzungsprofil wird eine maßgeschneiderte Polymerformulierung entwickelt. Welches Polymer zu welchem Wirkstoff passen könnte, wird zu nächst computergestützt mittels des Berechnungssystems MemFisTM geprüft. Es berechnet unter anderem die Löslichkeitspara - meter des Wirkstoffs und vergleicht sie mit den bekannten Löslichkeitsparametern vieler Polymere. Dabei greift MemFis™ auf den großen Erfahrungsschatz der Evonik-Experten zurück.

Mit MemFisTM ist es möglich, die Anzahl an Experimenten zu reduzieren, da es Polymer-Wirkstoff-Mischungen mit der größ-ten Wahrscheinlichkeit für gute Mischbarkeit und Stabilität iden-tifiziert. Das von Evonik entwickelte System warnt, wenn ein System instabil sein könnte, sich ein Wirkstoff also im Polymer nicht löst und schnell wieder auskristallisieren würde.

Dieses systematische Vorhersagemodell kann für ein schnelles Screening von verschiedenen Polymeren verwendet werden und spart Zeit, Geld und auch Wirkstoff, der oft nur in geringen Mengen zur Verfügung steht. Für die Kunden sind diese Vor-arbeiten von großem Wert, da es ihnen eine zielgerichtete Ver-suchsplanung ermöglicht und das langwierige experimentelle Ausprobieren entfällt. Sind Formulierungsvorschläge gefunden, werden die Freisetzungsprofile der Formulierungen in standar-disierten In-vitro-Tests nach Arzneibuch mithilfe von Puffer-lösungen und HPLC-Messungen experimentell ermittelt und ge-gebenenfalls optimiert.

Die Ergebnisse dieser Experimente nutzt Evonik auch, um die Technologie der Löslichkeitsverbesserung durch Schmelz-extrusion kontinuierlich weiter zu entwickeln. Das Unter-nehmen setzt dabei auch auf internationale Hochschulkoopera-tionen. Aktuell erforschen zwei Doktoranden in Großbritannien, wie sich die Stabilität von Dispersionen noch besser vorhersagen lässt und wie sie sich auf die Freisetzung von Wirkstoffen aus-wirkt.

Eine Lösung für die LösungDie Schmelzextrusion ist ein auch von der FDA anerkanntes Verfahren zur Herstellung von Arzneiformen, und viele Pharmaunternehmen besitzen bereits Know-how auf diesem Gebiet. Protease-Hemmer, die als antiviraler Wirkstoff in der AIDS-Therapie eingesetzt werden, werden mit großem thera-peutischen Erfolg mittels Schmelzextrusion in Tablettenform gebracht.

Abbildung 3

Bioverfügbarkeit von Felodipin, einem Wirkstoff zur Behandlung von Bluthoch druck. Der reine Wirkstoff lässt sich im Unterschied zur schmelz extrudierten Variante nicht im Plasma nachweisen

● Extrudat mit EUDRAGIT® E● Reiner Wirkstoff

Abbildung 2

Feste Lösungen können die Löslichkeit eines Wirkstoffs deut - lich verbessern. Mit EUDRAGIT® als Träger lässt sich der Wirkstoff in den Polymeren lösen – in Form von Kristallen (links) oder amorphen Partikeln (Mitte) oder molekular dispers (rechts) Quelle: Prof. Duncan Craig, University of East Anglia (Großbritannien)

10

0

5

5 100

Maßeinheit: µm

10

0

5

5 100

100

0

50

50 1000

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+6

+1+

3+7+

2+4

Mittlere Konzentration von Felodipin im Plasma [ng/l]

Zeit [h]

10.000

8.000

6.000

4.000

2.000

0

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12●

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24  gESundhEIt & Ernährung

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Die Löslichkeitsverbesserung durch Schmelzextrusion ist einerseits für Neuentwicklungen von Arzneimitteln interessant. Andererseits können bereits auf dem Markt befindliche Arz-neimittel ebenfalls von der Schmelzextrusion profitieren. Sie bietet beispielsweise eine neue Perspektive für das Life Cycle Management, etwa über neue optimierte medizinische Anwen-dungen und den dadurch möglichen neuen Patentschutz. Ein neuer Patentschutz lässt sich zum Beispiel realisieren, wenn die Löslichkeitsverbesserung eine Bioäquivalenz – also die gleiche Bioverfügbarkeit mit viel weniger Wirkstoff – erreicht. Das ist gut für den Patienten und dämpft die Kosten im Gesundheits-system.

Biopharmazeutika: das Modular-Drug-Delivery-System Biopharmazeutika, auch Biologika gennant, werden unter ande-rem zur Behandlung von entzündlichen Krankheiten wie Rheuma und Morbus Crohn sowie bei Krebs, Nierenerkrankungen und Stoffwechselkrankheiten eingesetzt. Ihre Bedeutung nimmt stän-dig zu. In einfacher Tablettenform verabreicht, würden sie im Magen-Darm-Trakt oftmals abgebaut und zudem schlecht resor-biert werden. Sie müssen also überwiegend gespritzt werden. Das verursacht nicht nur höhere Kosten als eine Therapie über Tabletteneinnahme, sondern ist auch bei den Patienten wenig beliebt.

Das Verdauungssystem ist dafür ausgelegt, die Biomoleküle aus der Nahrung zunächst in ihre Bestandteile zu zerlegen und diese anschließend über die Zellbarriere hinweg in den Blut-

kreislauf zu transportieren. Ungeschützte Biologika erleiden das gleiche Schicksal – sie werden verdaut und damit unwirksam gemacht.

Hier haben die Wissenschaftler von Evonik angesetzt und innovative Formulierungskonzepte entwickelt, die bei kleinen bis mittelgroßen Biologika nun einen Wechsel zu peroraler Verabreichung ermöglichen können. Mit verschiedenen Hilfs-stoffen haben sie ein modulares Drug-Delivery-(MDD-)System geschaffen, mit dem sie schnell individuelle Formulierungen entwickeln und die perorale Bioverfügbarkeit von Biologika verbessern können.

Biologika gehören unterschiedlichen Substanzklassen an, weshalb zu Anfang die Herausforderung darin bestand, dass für möglichst viele Wirkstoffklassen eine breit verwendbare Formulierung gefunden werden musste. Mit der Kombination verschiedener Module können unterschiedliche Wirkstoffe adressiert werden. Evonik bietet so den Kunden die Möglichkeit, mit einer Technologieplattform viele unterschiedliche Medika-mente auf den Markt zu bringen.

Kleine und mittelgroße Biologika können in Mikropartikel oder Mini-Pellets formuliert werden. Dabei erhält jeder Partikel die für den Wirkstoff erforderlichen Module des MDD-Systems – der einzelne Partikel ist also ein komplettes pharmazeutisches System. Die Dosierungseinheit des Wirkstoffs wird auf eine Viel-zahl von Partikeln verteilt und diese zu einer Kapsel oder einer Tablette zusammengeführt.

Diese multipartikuläre Darreichungsform (multi-unit dosage form) hat deutliche pharmakologische Vorteile gegen-über einem monolithischen System, wie zum Beispiel eine

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Abbildung 4

Aufbau des MDD-SystemsQuelle: Glatt GmbH

Abbildung 5

Messanordnung zur Ermittlung des transepithelialen elektrischen Widerstands

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Apikales Kompartiment

Zellmonoschicht

FilterBasolaterales Kompartiment

Sprühen Aufrollen Trocknen/Verfestigen Schichtbildung Pellet

Flüssigkeitsbrücke Feststoffbrücke Erste Schicht Zwiebelstruktur

Bindertropfen

Pulver

Startkeim

Widerstandsmessgerät

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ZuSätZlIChE polymErplattform

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schnellere Magenpassage, eine bessere Verteilung an der Darm-oberfläche, eine höhere Sicherheit in der Anwendung und die Vermeidung einer Überdosierung bei einer beschädigten Dar-reichungsform. Die multipartikulären Darreichungsformen von Evonik werden mittels konven tioneller Herstellungsprozesse produziert und dürfen auch in GMP-konformen Herstellungs-prozessen eingesetzt werden. Das ist die Voraussetzung für die Anwendung in der pharmazeutischen Industrie.

Eingebettet in einen 500µm großen Mikropartikel des mo-dularen MDD-Systems überleben Biologika tatsächlich den Weg durch den Magen, denn eine magensäureresistente äußere Po-lymerschicht schützt sie gegen den Angriff der Magensäure. Die Partikel wandern unbehelligt weiter zum Darm, wo sich die äußere Schicht pH-abhängig und je nach Zusammensetzung gezielt im oberen oder im unteren Darmabschnitt auflöst.

Die am gewünschten Ort freigesetzten und von der äußeren Schicht befreiten Partikel sind durch eine weitere Komponente geschützt, die die enzymatische Verdauung verhindert. Ein weiteres Modul verleiht ihnen Mukokompatibilität, so dass sie die Schleimschicht überwinden können, die wie eine Barriere über den Epithelzellen der Darmwand sitzt. Über letztere gelangt der Wirkstoff schließlich allein und unversehrt in die Blutbahn. Dass die Formulierung den Transport des Wirkstoffs über die Zellbarriere hinweg unterstützt, wird fachsprachlich als Penetra tionsförderung bezeichnet. Dieser Effekt wird durch ein zusätzliches Modul unterstützt, das den Transport des Wirk-stoffs temporär positiv beeinflusst.

Die Pellets bestehen aus verschiedenen Schichten, die in zwei Schritten hergestellt werden (Abb. 4). Zuerst wird der den Wirk-

stoff enthaltende Kern beispielsweise durch Extrusion gebildet. Anschließend erhält dieser Kern im Wirbelschichtverfahren eine Hülle aus mehreren Schichten mit unterschiedlichen Kom-ponenten. Bei diesem sogenannten Spraycoating handelt es sich um ein Standardverfahren, das für den Aufbau von EUDRAGIT®-Schichten genutzt wird. Für die Herstellung der Partikel werden die Komponenten in einem Prozessschritt Schicht für Schicht aufgetragen.

Ein besonderer Vorteil für die Kunden besteht darin, dass sie für den Prozess keine spezielle Ausrüstung anschaffen müssen. Vielmehr können sie mit Extruder und Wirbelschichtanlagen arbeiten, also mit zwei Standardverfahren der Pharmaindustrie.

Die Bewährungsprobe: In-vivo-StudienDas MDD-System hat zwei In-vivo-Studien, die gemeinsam mit Pharmafirmen durchgeführt wurden, erfolgreich durchlaufen. Getestet wurden ein peptidischer und ein nicht peptidischer Wirkstoff. Für die erste Studie stand ein peptidischer Wirkstoff zur Verfügung, der bereits auf dem Markt ist und sowohl nasal als auch peroral verabreicht wird. Bei peroraler Verabreichung zeigt der Wirkstoff eine absolute Bioverfügbarkeit von unter 0,1 Pro zent (gegenüber parenteral). Der Wirkstoff wurde mit drei der vier Module von Evonik formuliert: einer gastrointes-tinalen Targeting-, einer Enzyminhibitor- sowie einer För der-ungs komponente.

Die Transportförderung verschiedener Pelletformulierungen wurde in der Zellkultur an einer Schicht aus standardisierten Darmzellen (CaCo-2-Zellen) bestimmt (Abb. 5). Diese 333

Evonik kauft Resomer®-Geschäft von Boehringer Ingelheim

Evonik und die Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co. KG haben einen Vertrag zum Verkauf des Resomer®-Geschäfts an Evonik unterzeichnet. Danach übernimmt Evonik die gesam-te Produktpalette aus Standard- und kundenspezifischen Poly-meren für die Herstellung von medizinischen Anwendun gen und pharmazeutischen Formulierungen. Die Resomer®-Mono-mere basieren auf Milch- und Glykolsäure und werden unter anderem durch Fermentation von nachwachsenden Rohstoffen gewonnen. Die Polymere sind im Körper vollständig bioabbau-bar. Damit soll die orale EUDRAGIT®-Polymerplattform des Evonik-Geschäftsgebiets Pharma Polymers durch eine zusätzli-che parenterale Polymerplattform erweitert und das Markt-segment Pharma des gesamten Unternehmens gezielt strate-gisch gestärkt werden.

Die Copolymere der Milch- und Glykolsäure der Marke Resomer® werden beispielsweise für Peptidwirkstoff enthalten-de Depotarzneiformen bei Krebserkrankungen eingesetzt,

die eine therapeutische Wirkung über bis zu sechs Monate si-cherstellen. Die Milchsäurepolymere werden auch in der Medi-zin technik verwendet. Dabei ist es von Vorteil, dass sich diese bioabbaubaren Polymere nach ihrer Nutzungsphase im Körper schnell und schonend auflösen und somit weitere Operationen zur Entfernung vermeiden. Darüber hinaus erlauben die Poly-mere die Einbettung von pharmazeutischen Wirkstoffen, wie zum Beispiel Wachstumsfaktoren oder Antibiotika, die den Heilungsverlauf positiv beeinflussen.

Bioabbaubare Polymere werden in der Pharmaindustrie vor-zugsweise zur Formulierung innovativer biotechnologischer Wirkstoffe eingesetzt. Während das Wachstum des gesamten Pharmamarkts stagniert, zeigt der Markt für biotechnologische Wirkstoffe ein wesentlich höheres Wachstum. Mit der neuen Resomer®-Polymerplattform betritt das Evonik-Geschäftsgebiet Pharma Polymers den dynamischsten Wachstumsmarkt der biotechnologischen Wirkstoffe.

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Einzelschicht stellt für den Wirkstoff eine Barriere dar und ist durch einen hohen transepithelialen elektrischen Widerstand (Trans Epithelial Electrical Resistance, TEER) gekennzeichnet. Sobald der elektrische Widerstand in diesem Modell sinkt, liegt die Vermutung nahe, dass eine sogenannte penetrationsför-dernde Wirkung vorliegt (Abb. 6). Dieser Effekt korreliert oft mit dem physiologischen Widerstand der Darmbarriere gegen-über der Diffusion des Wirkstoffs. Erst in diesem Zustand kann der Wirkstoff in hinreichenden Mengen die Zellschicht passie-ren. Die Messungen zeigten, dass der Wirkstoff nur dann durch die Schicht diffundieren kann, wenn die Formulierung des Pel-lets einen Transportförderer enthält. Dieser Effekt muss natür-lich reversibel sein, da sonst das Gewebe angegriffen würde.

Eine In-vivo-Studie mit Schweinen zeigte, dass mit dem MDD-System im Vergleich zur klassischen Tablette eine sieben-mal höhere relative Bioverfügbarkeit erreicht wird (Abb. 7). Diese Erhöhung ist von großer Bedeutung, denn Biologika sind sehr teure Wirkstoffe: 1 g kostet im Allgemeinen mehr als 1.000 Euro. Wie bei der Löslichkeitsverbesserung klassischer Wirk-stoffe zeigt sich auch in diesem Fall, dass das MDD-System eine wesentlich höhere Bioverfügbarkeit erreicht bei gleichzeitig weniger Nebenwirkungen und höherer Kosteneffizienz.

Auch für einen nicht peptidischen Wirkstoff, der klassisch subkutan verabreicht wird, entwickelten die Wissenschaftler von Evonik in Zusammenarbeit mit einem Kunden ein modula-res System für die perorale Applikation. Zusätzlich zu einem Targeting-, einem Enzyminhibitor- und einem reversiblen, nicht toxischen Förderungselement setzten sie zur Verbesserung der Bioverfügbarkeit ein Antiaggregationselement ein (Abb. 8).

Letzteres war notwendig, weil der Wirkstoff so stark mit der Polymermatrix wechselwirkt, dass er sich nur schwer von ihr löst.

Im Rahmen einer In-vivo-Studie im Säugetier bestimmte ein Partnerunternehmen von Evonik die biologische Wirkung in Serum und errechnete daraus die entsprechende Konzentration des Wirkstoffs im Blut. Das modulare Wirkstoffsystem erreichte eine perorale Bioverfügbarkeit von 15 Prozent, ein Wert, der aus dem Vergleich mit einer subkutanen Verabreichung berechnet wurde, da der Wirkstoff allein peroral nicht resorbiert wird. Zusätzlich konnte gezeigt werden, dass der Wirkstoff durch das MDD-System das ideale pharmakokinetische Profil hat.

Polymere, Service, Beratung – alles aus einer HandEvonik wird das MDD-System, das das Geschäftsgebiet Pharma Polymers in den vergangenen fünf Jahren entwickelt und an relevanten Wirkstoffen getestet hat, in diesem Jahr auf den Markt bringen – nicht als Standardlösung, sondern als ein Sys-tem spezifischer Komponenten, das zu maßgeschneiderten Lö-sungen führt. Speziell im Auftrag eines Kunden entwickelte Komponenten und Formulierungen werden exklusiv von diesem Kunden genutzt und lizenziert.

Durch das MDD-System, die Schmelzextrusionstechnologie sowie die langjährige Polymer-und Formulierungserfahrung ist Evonik nun in der Lage, für alle Wirkstoffklassen eine Ap-plikation anbieten zu können, mit der sich wirkungsvolle und sichere Arzneimittel realisieren lassen. Damit festigt Evonik

333

Abbildung 6

Vergleich des Einflusses des transepithelialen elektrischen Widerstands (TEER) eines peptidischen Wirkstoffs, der einmal mit dem MDD-System von Evonik und einmal konventionell formuliert wurde. Bei dem neuen System von Evonik sinkt der TEER bereits nach kurzer Zeit – Voraus-setzung dafür, dass der Wirkstoff die Zellschicht passieren kann

MDD-System Vergleichsformulierung (ohne MDD-System)

TEER [Ohm x cm2]

Abbildung 7

In-vivo-Studie an einem peptidischen Wirkstoff mit Schweinen. Die Kon zentration des Wirkstoffs im Plasma ist beim MDD-System nach zwei Stunden nahezu um den Faktor zehn größer als bei der klassischen Tablette

MDD-System Klassische Tablette

Plasmakonzentration [pg Peptid/ml]

Zeit [min]

500

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400

350

300

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Zeit [min]

250

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0 60 120 180 240 300 360 420

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seine Position als „Solution Provider“ für die pharmazeu tische Industrie, der weit mehr anbietet als pharmazeutische Hilfs-stoffe.

Sämtliche Polymere, Hilfsstoffe und Herstellungsprozesse für die multipartikulären Darreichungsformen sind pharmako-logisch zugelassen, und das System ist patentgeschützt. Evonik begleitet seine Kunden bis zur Markteinführung und bietet auch GMP-konforme Dienstleistungen im eigenen GMP-Labor an. Darüber hinaus besitzt Evonik auch Kompetenzen bei Wirkungs-

studien und hat mit seinen EUDRAGIT®-Polymeren bereits selbst klinische Phase-I-Studien in eigener Verantwortung durchge-führt.

Doch das ist nur ein Teil der Innovationsstrategie. In soge-nannten „Proof of Value“-Projekten geht das Geschäftsgebiet Pharma Polymers auch auf ganz neue Kundenwünsche ein, baut schnell die notwendigen Kompetenzen mit Partnern auf und er-mittelt anhand von Prototypen Realisierbarkeit, Aufwand und Geschäftspotenzial.

dr. rosario lizioLeiter Discovery and Development Pharma Polymers+49 6151 [email protected]

10,62µm8,84µm

20,30µm

18,09µm

Abbildung 8

Rasterelektronenmikroskopisches Bild eines MDD-Partikels mit den unterschiedlichen funktio-nellen Modulen: Targetingmodul, Penetra tions-ver bes serungsmodul (rever sibel, nicht toxisch), Enzy minhibitionsmodul, Anti aggregations modul (von außen nach innen)

dr. kathrin nollenbergerFormulation Development Pharma Polymers+49 6151 18-4292kathrin.nollenberger@ evonik.com

dr. norbert WindhabLeiter Strategic Projects Pharma Polymers+49 6151 [email protected]

dr. firouz asgarzadehPrinciples Scientist Pharma Polymers+1 732 [email protected]

dr. thomas riermeierLeiter Innovation Management Pharma Polymers+49 6151 [email protected]

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28  nEWS

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Umweltschonende Produktion von Natriumcyanid in Russland: Evonik vergibt Lizenzen an EPC Engineering Consulting

Ende 2011 wird das russische Unternehmen Korund Cyan in der Provinz Nishni Novgorod (Russische Föderation) eine der modernsten Anlagen der Welt zur Herstellung von Natriumcyanid in Betrieb nehmen: Die Anlage produziert das Natriumcyanid nach der innovativen CyPlus Cyanide Advanced Technology der CyPlus GmbH, einer hun-dertprozentigen Tochtergesellschaft von Evonik Industries, und die Vorstufe Cyan-wasserstoff nach einer Technologie des

Evonik-Geschäftsbereichs Performance Polymers.

Performance Polymers und CyPlus haben jetzt entsprechende Lizenzen an den An la-genbauer, die im thüringischen Rudolstadt ansässige EPC Engineering Consulting GmbH, vergeben. EPC errichtet auf Basis der Technologien von Evonik die schlüsselfertige Anlage, deren Grundstein Ende September 2010 im Beisein des Gouverneurs der Region Nishni Novgorod, Valery Shanzev, gelegt

wurde. In der ersten Ausbaustufe wird sie eine Kapazität von jährlich 40.000 Tonnen Natriumcyanid haben.

Natriumcyanid wird benötigt, um Gold aus Golderzen herauszulösen. Speziell für diese Anwendung im Edelmetallbergbau hat CyPlus ihre CyPlus Cyanide Advanced Tech-nology (CyPlus CAT) zur Herstellung des Natriumcyanids entwickelt. CyPlus CAT er-füllt die strengen Kriterien von Responsible Care und des International Cyanide Manage-

ROHACELL® bewährt sich im Kabinendruckschott-Prototyp für chinesischen Passagierjet

Erstmals kommt in einem in China gebauten, kommerziellen Flugzeug ein Sandwich-Verbundwerkstoff in der tragenden Primär-struktur zum Einsatz: Im Prototyp des ersten großen chinesischen Passagierflugzeugs C919 bestehen die Stringer des Kabinen-druck schotts, ebenfalls ein Prototyp, aus ROHACELL®, einem Hartschaumstoff auf PMI-Basis (Polymethacrylimid) von Evonik, der die Steifigkeit und Beulfestigfestigkeit des Bauteils verbessert. Die schnelle Lie fe-rung eines hochwertigen, gebrauchsfertigen ROHACELL® Formteils von Evonik ermög-lichte es, den Kabinendruckschott-Prototypen innerhalb von fünf Monaten nach Freigabe der CAD-Konstruktion herzustellen. Durch die erfolgreiche Vorstellung des Prototypen Mitte Oktober wurde der Konstruktions- und Fertigungsprozess weiter validiert, so dass die reibungslose Entwicklung weiterer Flug-zeugbauteile aus Verbundwerkstoff sicher-gestellt werden kann.

Bei Konstruktion und Entwicklung des Prototypen spielte Evonik die Rolle eines strategischen Partners. Die Werkstofflösung ROHACELL® erleichtert zum einen die Um-

setzung der schwierigen kugelförmigen Kon-struktion und gewährleistet zum anderen die Bauteilfunktionen. Aufgrund seiner Material-eigenschaften – in erster Linie die ausge-zeichneten Kriech- und Schereigen schaften auch unter anhaltender dynamischer Bean-spruchung – hat sich ROHACELL® als hervor-ragender Strukturschaum in Bauteilen aus Faserverbundstoffen für die Luftfahrtindustrie

erwiesen. Die Gewichtsminderung spart Treibstoff und reduziert den CO2-Ausstoß.

Durch die Zusammenarbeit mit den Designingenieuren konnten die Material vor-teile des Strukturschaums in eine innovative und wirtschaftliche Lösung umgesetzt wer-den. „Nahe beim Kunden und Teil seines Netz werkes zu sein, ist ein Schlüssel zum Erfolg“, so Hu Pei, Sales Director Film and Foams im Geschäftsgebiet High Perfor - man ce Polymers im Raum Asien-Pazifik. „ROHACELL® wurde bereits in Winglet und Spaltklappe des in China gebauten Regio - nal jets ARJ21-700 erfolgreich eingesetzt.“

Der Prototyp der C919 wurde der Öf-fentlichkeit erstmals am 16. November 2010 auf der Luftfahrtmesse Airshow China 2010 in Zhuhai präsentiert. Nach Angaben des Flugzeugbauers Commercial Aircraft Corp of China (Comac) liegt bereits eine Erst-bestellung von bis zu 100 Jets vor; er erwar-tet einen Bedarf von 2.000 Standardrumpf-flugzeugen im In- und Ausland. Nach der Zertifizierung durch die Regulierungs be-hörden soll die C919 im Jahr 2016 den kom-merziellen Betrieb auf nehmen.

Die C919

Der Prototyp des Kabinendruckschotts für die C919. Für die Stringer wird ROHACELL® verwendet, um die Steifigkeit und Knick festigkeit zu verbessern

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nEWS  29

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Elektroschrott macht erfinderischAlte Kassettenrekorder, ramponierte Fern-lenkautos, ausrangierte Computertastaturen und anderer Elektroschrott lagen kunterbunt durcheinander auf Werkbänken von Evonik Industries im Industriepark Wolfgang in Hanau. Wo sonst Jugendliche beispielsweise zu Mechatronikern ausgebildet werden, tüf-telten rund 60 zehn- bis zwölfjährige Kinder in vier Recycling Science Camps mit Schrau-bendreher, Zange und Co.. Die Auf gabe: alte Elektrogeräte auseinandernehmen und neue, kreative Erfindungen zusammenbauen.

Bevor die erste Schraube gelöst wurde, stand allerdings eine ausführliche Sicher heits-belehrung auf dem Programm. Strom aus der Steckdose war tabu – aber mit Batterien,

Kabeln und Krokodilklemmen war es für die neugierigen Forscher ein Leichtes zu prüfen, welcher Motor oder welches Lämpchen der ausrangierten Geräte noch einmal zum Leben erweckt werden konnte. Dann kombinierten sie ausgebaute Elektrobauteile zu neuen Erfindungen; tatkräftig unterstützt von Jens Walther und Jürgen Vormwald, die beide als Ausbilder im elektrotechnischen Bereich in Hanau tätig sind. So entstand aus dem Motor eines Kassettenrekorders eine Seilbahn, die sich vorwärts und rückwärts bewegte. Lustige Boote mit Elektroantrieb fuhren durch eine Wasserwanne und Kehrbesen mit Federschmuck und Beleuchtung düsten mit Batteriebetrieb durch den Raum.

Die Teilnehmer der Science Camps erlebten, wie viel Spaß das Experimentieren mit Elektrobauteilen macht. Sie erfuhren außer-dem, dass Elektroschrott wahre Schätze birgt, vor allem in Form von Metallen, die wieder verwertet werden können.

Initiiert wurden die Science Camps vom Bildungszentrum Rhein-Main von Evonik Industries in Zusammenarbeit mit dem Per-sonalmanagement am Standort Hanau-Wolf-gang und den hessischen Chemie ver bänden. „Unser Ziel ist es, Schüler frühzeitig für Themen aus Mathematik, Informatik, Natur-wis senschaften, Technik zu begeistern und sie für eine Ausbildung oder für ein Studium in diesen Fächern zu motivieren“, sagt Klaus Lebherz, Leiter des Bildungszentrums Rhein-Main. „Letztlich wollen wir das Berufsfeld Tech nik und Naturwissenschaften besser be-kannt machen und seine Vorzüge präsentie-ren.“

Den erfolgreichen Pilotcamps in Hanau sollen 2011 je ein Demontage-Montage-Camp an den Evonik-Standorten Darmstadt und Worms folgen. Parallel wird ein neues Camp mit Ausrichtung auf Chemie für die Altersgruppe 13 bis 15 Jahre entwickelt, das in Hanau erprobt werden soll. Die Camps sol-len ab 2012 in loser Folge angeboten werden.

ment Code und gilt als sehr sicheres und zu-verlässiges Verfahren; zudem zeichnet sie sich durch niedrige Investitions- und Betriebs-kosten aus.

Das Natriumcyanid wird dabei aus Cyan-wasserstoff produziert, der nach der von Evonik entwickelten Herstellungstechnologie auf Basis des Andrussow-Verfahrens erzeugt wird; Evonik verfügt über mehr als 50 Jahre Erfahrung in der Herstellung von Cyan was-serstoff. Beide Herstellungsprozesse sind so aufeinander abgestimmt, dass sie in Summe sehr energieeffizient arbeiten und eine hohe Rohstoffausbeute ermöglichen.

Evonik unterstützt EPC und Korund Cyan, eine Tochter von OOO Korund, zudem mit seinem umfangreichen Know-how in der Produktion und der sicheren Handhabung von Cyaniden. „Damit ermöglichen wir es un-serem Partner, nach höchsten technischen und Sicherheitsstandards zu produzieren“, betonte Gregor Hetzke, Leiter des Geschäfts-

bereichs Performance Polymers. „Mit der Kombination aus Technologie, Beratung und Training tragen wir dazu bei, dass die Anlage sowohl umweltverträglich als auch wirt-schaftlich arbeitet“, ergänzte Frank Haren-burg, Geschäftsführer der CyPlus GmbH. Die vor allem in Produktion und Vertrieb von Natrium- und Kaliumcyanid tätige CyPlus war das weltweit erste Unternehmen, das sowohl nach den Managementsystemen ISO 9001:2000 und 14001, als auch nach dem International Cyanide Management Code (ICMC) auditiert und zertifiziert wurde.

Auch die neue Anlage von Korund Cyan in Nishni Novgorod soll nach dem Inter-national Cyanide Management Code zertifi-ziert werden. Mit diesem Code verpflichtet sich die Goldbergbauindustrie freiwillig dazu, weltweit gültige, sehr hohe und einheitliche Sicherheits-, Umwelt- und Qualitätsstandards beim Einsatz von Cyaniden im Goldbergbau zu gewährleisten.

Natriumcyanid wird benötigt, um Gold aus Golderzen herauszulösen

Alles andere als langweilig: Bei den Science Camps erlebten die Zehn- bis Zwölfjährigen, wie viel Spaß das Experimentieren mit Elektrobauteilen macht

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Konkurrenz für Titan

Immer häufiger werden chirurgische Instrumente, Endoskope und vor allem Implantate aus PEEK (Polyetheretherketon) gefertigt. Seinen Erfolg verdankt der Hochleistungskunststoff, den Evonik unter dem Namen VESTAKEEP® vermarktet, seinen mechanischen Eigenschaften, seiner Röntgentransparenz und seiner Biokompatibilität.

[ text Marc Knebel ]

PEEK erobert den Medizintechnikmarkt

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PEEK erobert den Medizintechnikmarkt

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eINer studIe vON Frost & Sullivan zufolge gehören Rücken-schmerzen zu den häufigsten Beschwerden in den USA – allein im Jahr 2005 gingen die US-Amerikaner wegen Problemen mit Bandscheiben oder Wirbelsäule knapp 20-millionenmal zum Arzt. Bisweilen hilft nur ein chirurgischer Eingriff gegen die Schmerzen: Jedes Jahr werden in den USA mehr als 800.000 Operationen an der Wirbelsäule durchgeführt. Zu den gängigen Methoden gehören je nach Alter und Krankheitsbild die Entfer-nung von Bandscheiben (Diskektomie) oder von Teilen des Wir-belkörpers (Laminektomie), der Ersatz von Bandscheiben durch Implantate und die Stabilisierung (Non Fusion) oder Versteifung (Fusion) des entsprechenden Wirbelsäulenabschnitts ebenfalls mit Implantaten.

Immer häufiger greifen Hersteller medizinischer Produkte in der Wirbelsäulenchirurgie, aber auch in Bereichen von Trau-matologie und Orthopädie zu Polyetheretherketon (PEEK), wenn es um die Fertigung von Implantaten oder medizinischen Inst-rumenten geht. Das Material, das Evonik unter dem Namen VESTAKEEP® vermarktet, ist biokompatibel, inert gegen Kör-perflüssigkeiten und lässt sich einfach zu individuellen Implan-taten verarbeiten. Gegenüber Titan, dem klassischen Implantat-material, punktet es außerdem mit Röntgentransparenz und ei-ner Elastizität, die etwa der von Knochen entspricht. Wegen seiner herausragenden Eigenschaften hat sich PEEK mittlerweile zum wichtigsten thermoplastischen Ersatzstoff für Titanimplan-tate entwickelt.

Da Implantate ein Leben lang halten sollen, müssen die dafür genutzten Materialien sowohl biostabil als auch mechanisch be-anspruchbar sein. Lange Zeit war dies ausschließlich die Domäne von Titan oder Kobalt-Chrom. Doch inzwischen werden immer

Wirbelsäulenimplantat aus PEEK: Die höhere Elastizität von VESTAKEEP® im Ver-gleich zu Titan reduziert Spannungsspitzen an der Grenzfläche von Knochen und Wirbel-säulenimplantat

mehr Implantate aus PEEK eingesetzt, die sich, aus Halbzeugen gefertigt, besser zerspanen lassen oder, im Spritzgießverfahren hergestellt, noch zusätzliche Designfreiheit gewähren.

Elastisch und röntgentransparentIm Vergleich zu Titan oder anderen Metalllegierungen bieten Implantate aus PEEK noch zahlreiche weitere Vorteile. So kom-men metallische Implantate an ihre Grenzen, wenn es um bild-gebende Verfahren geht, mit denen der Arzt die Operation be-gleitet, den Heilungsprozess verfolgt und das Ergebnis kontrol-liert. Wegen ihrer Dichte sind Metalle undurchlässig für Rönt-genstrahlen und produzieren deshalb im einfachen C-Bogen wie auch im Computertomographen (CT) und beim Magnetic Reso-nance Imaging (MRI) Artefakte. Diese versperren den Blick auf das hinter dem Implantat liegende Knochengewebe und erschwe-ren so eine sichere Bildauswertung.

VESTAKEEP® dagegen ist wegen seiner Röntgentransparenz im CT und MRI unsichtbar und erlaubt so eine gute Kontrolle von Knochenwachstum und Heilungsprozess. In bestimmten Fällen will der Arzt dennoch das Implantat sehen können, etwa, um den Sitz des Implantats zu kontrollieren. Auch dies lässt sich durch Modifizierungen einstellen.

Eine weitere Schwachstelle der Metalle ist der hohe Elastizi-tätsmodul, der deutlich über dem des Knochenmaterials liegt. Das Implantat übernimmt deshalb einen Großteil der mecha-nischen Belastung und entlastet so den Knochen. Dieser so- genannte Stress-Shielding-Effekt kann weitreichende Folgen ha-ben: Da Knochen die mechanische Beanspruchung brauchen, um sich einerseits im Heilungsprozess zu regenerieren und

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andererseits dauerhaft ihre Festigkeit zu behalten, kann sich die Heilung verlangsamen und der entlastete Knochen sich im Laufe der Jahre sogar abbauen.

Im Gegensatz zu den Metallen weist VESTAKEEP® einen nied-rigeren E-Modul bzw. eine höhere Elastizität auf, die in der Grö-ßenordnung von Knochenmaterial liegt. Dadurch wird der Stress-Shielding-Effekt verhindert, so dass im Kontakt mit dem Knochen dieser nicht völlig von mechanischer Beanspruchung entlastet wird. Er kann so seine Festigkeit auch über Jahre be-halten.

Ein Kunststoff für harte UmweltbedingungenSowohl die Röntgentransparenz als auch die Verhinderung des Stress-Shielding-Effekts haben mit dazu beigetragen, dass sich PEEK in den vergangenen Jahren als bedeutendste thermoplas-tische Alternative zu den metallischen Implantatmaterialien eta-bliert hat. Der vergleichsweise junge Hochleistungskunststoff ist erst seit Anfang der 1980er Jahre auf dem Markt und kommt immer dann zum Einsatz, wenn Bauteile harten Umweltbedin-gungen standhalten müssen – etwa hohen Temperaturen, Kor-rosion durch Salze, Lösemitteln, ätzenden Stoffen und Säuren oder extremen mechanischen Belastungen.

Grund dafür ist der aromatische, teilkristalline Charakter des PEEK-Polymers. Aufgrund seiner chemischen Struktur und sei-ner Morphologie besitzt es ausgezeichnete Beständigkeit gegen-über Verschleiß, Abrieb, Hydrolyse, Korrosion und Chemikalien. Zudem zeichnet sich PEEK durch hohe Maßhaltigkeit aufgrund der geringen Wasseraufnahme, hohe Steifigkeit bei niedrigem Gewicht, eine hohe Wärmeformbeständigkeit, eine Dauer-gebrauchstemperatur von 260 °C und vielseitige Verarbeitbar-

keit aus. Verglichen mit anderen Kunststoffen bietet PEEK die beste Kombination aus inertem Verhalten und Wärmeformbe-ständigkeit. Wichtige nichtmedizinische Anwendungsbereiche sind die Halbleiterfertigung, die Ölexploration, Fahrzeuge sowie die Luftfahrt, wo es beispielsweise in Flugzeugen zunehmend Werkstoffe wie Aluminium, Titan oder Stahl verdrängt.

In Medizinprodukten wird PEEK in der Regel eingesetzt, weil es einen höheren Nutzen bietet: Es spart Gewicht, ermöglicht mehr Freiheit beim Design und eine höhere Funktionsintegra-tion. Zugleich ist es eine kostengünstigere Alternative zu Metall oder anderen Materialien. Neben chirurgischen Instrumenten und Endoskopen, bei denen auch die guten elektrischen Isolati-onseigenschaften von PEEK zum Tragen kommen, sind vor allem die Implantate ein wichtiges Einsatzgebiet. Typische Anwendungen sind Wirbelsäulenimplantate, orthopädische Im-plantate, Dentalimplantate sowie die Traumachirurgie, bei der Knochenbrüche fixiert oder Knochenfragmente ersetzt werden.

Sehr gute SterilisationsbeständigkeitWesentlich für die medizinischen Anwendungen von PEEK sind neben den mechanischen Eigenschaften und der Röntgentrans-parenz die ausgezeichnete Sterilisationsbeständigkeit und die Biokompatibilität. Viele andere Polymere kommen an ihre Gren-zen, wenn zur hygienischen Reinigung die Kombination aus Waschen, chemischem Reinigen und Dampfsterilisation ein-gesetzt wird.

Nicht so PEEK: Der Hochleistungskunststoff behält auch nach Langzeiteinwirkung von heißem Dampf, Ethylenoxid und Gam-mastrahlen seine ursprünglichen Eigenschaften unverändert bei und lässt sich deshalb problemlos mit allen gängigen Methoden

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Zahnimplantate aus PEEK. Im Unterschied zu den klassischen Materialien können sie spritz-gegossen werden und reduzieren damit die Herstellkosten

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sterilisieren – eine wichtige Voraussetzung beispielsweise für den Einsatz in chirurgischen, mehrfach verwendbaren Instru-menten. Da die Polymere sich zudem gut einfärben lassen, sind auch Farbkodierungen der Instrumente möglich.

Maßgeblich für Biokompatibilität ist das fertige MedizinproduktDie Biokompatibilität entscheidet über die grundsätzliche Eig-nung eines Werkstoffs als Implantatmaterial – der Werkstoff darf weder cytotoxisch noch mutagen noch cancerogen sein, darf keine allergenen Eigenschaften besitzen und muss auch in der biologischen Umgebung stabil sein. Der Nachweis der Bio-kompatibilität muss jedoch immer am fertigen Medizinprodukt erfolgen, da sich durch die Verarbeitung und Kombination der Rohstoffe deren biologische Verträglichkeit ändern kann.

Die Anforderungen an die Biokompatibilität des fertigen Me-dizinprodukts hängen dabei sowohl von der Art des Kontakts (Haut, Blut, Fettgewebe, etc.) als auch von der Dauer des Kon-takts ab. Die biologische Beurteilung von Medizinprodukten richtet sich deshalb nach der vorgesehenen Verwendung. Die DIN EN ISO 10993 fasst zahlreiche internationale Normen zur Biokompatibilitätsprüfung zusammen und regelt die Auswahl der Prüfungen, die für die jeweilige Anwendung relevant sind.

Dennoch sind bestimmte Prüfungen am Rohstoff sinnvoll, da sie einen wichtigen Hinweis auf die Eignung im fertigen End-produkt liefern. Neben der DIN EN ISO 10993 beschreibt die US Pharmacopoeia (USP) „General Chapter <88>” Prüfungen an Kunststoffen für Medizinprodukte und ermöglicht eine Eintei-lung je nach Anwendung in die Klassen I bis VI, wobei Kunst-stoffe der Klasse VI die höchsten Anforderungen erfüllen 333

Evonik hat die Biokompatibilität seiner VESTAKEEP® Polymere in umfang reichen Untersuchungen von einem unabhängigen Prüfinstitut nachweisen lassen; sie ist vor allem auf die hohe Chemikalien -beständig keit zurückzuführen

Tabelle 2

Entsprechend den Untersuchungen eines unabhängigen Prüfinstsituts erfüllen VESTAKEEP® I-Formmassen umfang-reiche Anforderungen für medizinische Anwendungen

United States Pharmacopoeia Testing: <88> „Biological Reactivity Testing In Vivo“ Class VI:• Acute Systemic Toxicity Test: 4 verschiedene

Extraktionsmedien (70°C/24h) • Irritation Test – Intracutaneous Injection Test:

4 verschiedene Extraktionsmedien (70°C/24h) • Implantation Test: In-vivo-Implantation Test: intramuskulär, 7 Tage

Weitere Prüfungen, die in Anlehnung der ISO 10993 durchgeführt wurden. Hierbei handelt es sich um Untersuchungen der Toxizität, Sensibili sie rung, Irritation, subchronischen Toxizität, Geno toxizität und der Implantation:• Zytotoxizität gemäß ISO 10993-5• Hämokompatibilität gemäß ISO 10993-4• Intrakutane Reaktivität gemäß ISO 10993-10• Sensibilisierung gemäß ISO 10993-10• Akute systemische Toxizität gemäß ISO 10993-11• Subchronische Toxizität gemäß ISO 10993-11• Genotoxizität (Ames Test); Durchführung

gemäß EN ISO 10993-3 und OECD• Genotoxizität (Chromosomenaberrationstest);

Durchführung gemäß ISO 10993-3• Genotoxizität (Maus-Lymphoma-Test)

gemäß ISO 10993-3 OECD 476• Implantation In-vivo-Implantation intramuskulär

12 Wochen gemäß ISO 10993-6

USP Class VI

Akute systemische Toxizität

Subkutane Irritation

Implantationstest 7 Tage

Zytotoxizität

Sensibilisierung

Hämokompatibilität

Implantation subkutan 90 Tage

Genotoxizität

Subchronische systemische Toxizität

Tabelle 1

Biokompatibilitätsprüfungen

VESTAKEEP® M

VESTAKEEP® I

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müssen. Auch hier gilt natürlich der Grundsatz, dass die Bio-kompatibilität am fertigen Endprodukt sichergestellt werden muss.

Umfangreiche Biokompatibilitätsprüfungen bestandenEvonik hat die sehr gute Biokompatibilität von VESTAKEEP® – sie ist vor allem auf die hohe Chemikalienbeständigkeit zurück-zuführen – in umfangreichen Untersuchungen von einem un-abhängigen Prüfinstitut nachweisen lassen. Je nach Art und Dauer des Körperkontakts werden zwei unterschied liche PEEK Varianten angeboten. Die Variante VESTAKEEP® M ist für kurz-zeitigen Kontakt geeignet, beispielsweise für chirurgische Ins-trumente. VESTAKEEP® I dagegen eignet sich für den Langzeit-kontakt, wie es für Implantate erforderlich ist (Tab. 1, S. 33). Die Rezeptur dieser Polymere ist auf eine hohe Bio kompatibilität

abgestimmt, und eine Chargenprüfung „in vitro“ auf Zyto-toxizität nach DIN EN 10993-5 bietet zusätzliche Sicherheit. VESTAKEEP® I-Formmassen erfüllen entsprechend den Unter-suchungen umfangreiche Anforderungen für medizinische Anwendungen (Tab. 2, S. 33).

Danach sind VESTAKEEP® I-Polymere inert gegen Körper-flüssigkeiten und zeigen keine nachteiligen Effekte in den stan-dardisierten Biokompatibilitätsprüfungen: Sie sind nicht toxisch, rufen keine Hautrötungen oder Ödeme hervor und sind nicht biologisch reaktiv. Im intramuskulären Implantationstest ließen sich außerdem weder Entfärbung oder Verkapselung noch In-fektionen, Blutungen oder Nekrose feststellen. Auch die Unter-suchungen der Hämokompatibilität und der subchronischen Toxizität zeigten keine Auffälligkeiten. Die Spezifikation, die Produktion und die produktbegleitende Dokumentation wurden an die hohen Anforderungen der Medizintechnik angepasst.

Gleichbleibende Qualität wichtige Voraussetzung für MedizintechnikMedizinprodukte, die für den Langzeitkontakt mit Körperge-webe vorgesehen sind, müssen für die Registrierung in Europa oder in den USA besonders hohe Qualitätsanforderungen erfül-len. Die Hersteller müssen dazu einerseits nachweisen, dass die Rohstoffe für das jeweilige Einsatzgebiet geeignet sind, und andererseits darlegen, wie sie eine gleichbleibende Qualität ge-währleisten.

Beispielsweise wirken sich bei der Weiterverarbeitung in Extrusion oder beim Spritzgießen unterschiedliche Abkühlraten auf die Materialeigenschaften von PEEK aus. Auch Dauer und Temperatur der Wärmenachbehandlung haben einen direkten Einfluss auf die Kristallinität der PEEK-Polymere und damit auf ihre mechanischen Eigenschaften. Das heißt einerseits, dass die Materialeigenschaften gezielt gesteuert werden können, ande-rerseits aber auch, dass Fehler im Produktionsprozess die Qua-lität verändern. Evonik als Rohstoffproduzent gewährleistet die gleichbleibende Qualität der eingesetzten Rohstoffe, der Pro-duktionsprozesse und der PEEK-Polymere mit zertifizierten und validierten Arbeitsabläufen und einem leistungsfähigen Quali-tätssicherungssystem.

Diese zum Teil vertraulichen Informationen wurden außer-dem in einem Device Master File bei der Food and Drug Admi-nistration (FDA) in den USA hinterlegt. Das erleichtert den Kun-den die Registrierung eines neuen Implanatats: Beantragt ein Medizinproduktehersteller die Registrierung in den USA, kann die FDA direkt in der jeweiligen Dokumentation alle relevanten Informationen über den eingesetzten Rohstoff recherchieren.

Evonik bietet darüber hinaus anwendungstechnische Bera-tung bei der Fertigung der Implantate, die wegen der meist ge-ringen Stückzahlen überwiegend spanend aus Halbzeugen und nur bei größeren Volumina im Spritzgießverfahren hergestellt werden. Basis der Beratung sind umfangreiches Know-how in allen gängigen Verarbeitungstechniken, ein eigens für die Medizintechnik geschultes Team und externe medizinische Berater, die für die notwendige Augenhöhe gegenüber dem Kunden sorgen. Dahinter steckt nicht nur ein umfassender Ser-vicegedanke, sondern auch Eigennutz: Da die Lebenserwartung kontinuierlich steigt, nimmt auch das Risiko von Wirbelsäulen-erkrankungen zu – und damit auch die Wahrscheinlichkeit, selbst ein Implantat zu benötigen.

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marc knebel ist im Geschäftsgebiet High Performance Polymers von Evonik verantwortlich für Sales & Marketing von VESTAKEEP® Medical.+49 2365 [email protected]

Mit zertifizierten und valdidierten Arbeitsabläufen gewährleistet Evonik die gleichbleibende Qualität der eingesetzten Rohstoffe, der Produk-tions prozesse und der PEEK-Polymere

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Bleifrei – auch auf dem Dach

Bislang galt Blei in der Bauwirtschaft als un-verzichtbares Isolationsmaterial im Dach be-reich. Nun haben Evonik Industries, Bitufa Water proofing B.V., Wapenveld (Nieder-lande), und Ubbink B.V., Doesburg (Niederlande), eine Produktinnovation mit bestechenden Vorteilen zur Marktreife ge-führt. Das unter dem Handelsnamen “Ubiflex“ in Fachge schäften erhältliche Produkt ist 100 Prozent bleifrei und stellt eine umwelt- und gesundheitsverträgliche Alter-native in der Bautenisolierung dar. „Ubiflex kann universell für alle traditionellen Blei an-wen dungen eingesetzt werden“, erklärt Roe-land van Delden, CEO von Bitufa.

Gemeinsam mit Technikern von Evonik Industries wurde an der Rezeptur für eine entsprechende Bitumen-Modifikation getüf-telt. Die Grundlage von Ubiflex bildet letzt-endlich eine mit dem Evonik-Produkt VESTOPLAST® modifizierte Bitumenbahn, die mit einem dehnbaren Aluminiumträger kombiniert wird. Ubiflex eignet sich insbe-sondere für die Klassiker auf dem Dach, die sogenannten Bleischürzen, die Dachdecker als wasserdichte Abschlüsse beispielsweise an Kaminen, Gauben oder Dachflächen-fenstern, aber auch bei Balkonen oder Solar-anlagen einbauen. Wie gewohnt kann man das Material schneiden, formen, hämmern und kleben.

Ubiflex: flexibel und einfach zu handhaben

Impressum Wissenschaftlicher beiratDr. Norbert FinkeEvonik Degussa GmbHInnovation Management Chemicals & [email protected]

redaktionDr. Karin Aßmann (verantwortlich)Evonik Services [email protected]

redaktionelle mitarbeiterDr. Angelika Fallert-MüllerChrista FriedlMichael Vogel

fotosEvonik IndustriesKarsten BootmannFrank PreußMarkus SchmidtStefan WildhirtL.-L. Grandadam – Getty Images (S.14/15)Tom Grill – Getty Images (S.18)Idris Kolodziej (S.29)Sebastian Kaulitzki – Fotolia (S.30)

gestaltung Michael Stahl, München

druck Laupenmühlen Druck GmbH & Co.KG, Bochum

Nachdruck nur mit Genehmigung der Redaktion

herausgeberEvonik Degussa GmbHInnovation Management Chemicals & Creavis

Rellinghauser Straße 1–1145128 Essen

„Die Vorteile, die der Austausch des giftigen Schwermetalls Blei mit sich bringt, sind weit-reichend“, erklärt Marlies Vey, Anwen-dungstechnikerin bei Evonik: Die Umwelt wird bei der Herstellung wesentlich weniger belastet, das Gesundheitsrisiko durch Ein at-men bei der Verarbeitung ist gleich Null, not-wendige Sicherheitsvorkehrungen können entfallen. Die körperlichen Belastungen von Handwerkern durch die um 70 Prozent leich-teren Rollen verringern sich enorm. Außer-dem können nun sogar Bahnen von bis zu zwölf Metern Länge genutzt werden. Das spart Zeit und Geld.

Das Material verzeiht auch kleine Beschä-digungen beispielsweise durch Nägel, da es sich durch die elastischen Eigenschaften automatisch selbst dicht zieht. Ein wertvoller Nebeneffekt der Bleifreiheit: Aluminium, Zink und Kupfer in Regenwasserab führ sys-te men werden nicht mehr angegriffen, wo-

durch die Konstruktionen länger halten. Der eingebaute Baustoff ist beständig gegen Kor rosion, UV-Belastung, große Temperatur-schwankungen von –30 bis +90 Grad Celsius und starke Windlasten. Analog der Lebens-dauer gewährt der Hersteller eine Garantie von bis zu 25 Jahren.

Im Vergleich mit traditionellen Blei schür-zen lässt sich das Altmaterial auch problemlos durch thermische Prozesse trennen und wiederverwerten. Neben Umwelt- und Ge sund heitsvorteilen bietet Ubiflex dem Gebäu deeigentümer noch einen weiteren großen Vorteil: Da Ubiflex im Gegensatz zu Blei keinen hohen Schrottwert hat, ist Dieb stahl kein Thema mehr. Verkauf und Marke ting für die Bleialternative Ubiflex sind in den Händen der Ubbink Group, dem weltweiten Lie feranten energiesparender, nachhaltiger Systeme und Lösungen für die Bau- und Instal lationsindustrie.

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Gut, dass unsere Ideen nicht ins Gewicht fallen.

Dort, wo auf Leichtbauweise gesetzt wird, um Energie zu sparen, hat Evonik eine außergewöhnliche Produktidee entwickelt: Rohacell®. Der Hartschaumstoff aus Polymethacrylimid wird im Flugzeugbau einge-setzt, einem Bereich, in dem das Material extrem belastbar und zugleich besonders leicht sein muss. Rohacell® ist nur ein Beispiel für die vielen Innovationen, die Evonik zur kreativen Kraft in der Spezialchemie machen.

An weltweit mehr als 35 Forschungs- und Entwicklungsstandorten entwickeln wir normbrechende Lösungen. Mit unseren Ideen begeistern wir Kunden in so unterschiedlichen Märkten wie Automotive, Coatings, Cosmetics, Plastics und Pharma. Überzeugen Sie sich selbst: www.evonik.de

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