Elisabeth Martschini: Der Drache Ferdinand

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Elisabeth Martschini Der Drache Ferdinand ISBN: Hardcover, 88 Seiten, farbig illustriert von Elisabeth Suchy Papierfresserchens MTM-Verlag

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© 2016 – Papierfresserchens MTM-Verlag GbROberer Schrannenplatz 2 – 88131 Lindau

Telefon: 08382/[email protected]

Alle Rechte vorbehalten. Erstauflage 2016

Lektorat: Irmgard BögerHerstellung: Redaktions- und Literaturbüro MTM

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Druck: Totem Druckerei – gedruckt in der EU ISBN: 978-3-86196-624-1

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Elisabeth Martschini

Der DracheFerdinand

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Ihr kennt doch bestimmt das alte englische Märchen vom edlen Ritter George und seinem Drachen. Ihr wisst schon, der Drache, den George besiegt hatte und der doch eigentlich gar nicht so böse war. Nein? Wirklich nicht? Dann wird es aber Zeit, dass ihr es kennenlernt.

Also hört zu:

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Der Drache vom Drachenstein

Es war einmal in einem fernen Land und einer noch ferneren Zeit. Da lebte ein Dorf in Angst und Schrecken. Über dem Dorf erhob sich nämlich eine felsige Bergkuppe, der Drachenstein. In diesem Drachenstein gab es eine Höhle. Und in ihr lebte – glaubt es nur! – ein Drache.

Die Menschen im Dorf nannten ihn Unge-heuer, aber das war nicht richtig. In der

Geburtsurkunde des Drachen stand nämlich ganz eindeutig Ferdinand. Nur wussten die Dorfbewohner das nicht, weil sie sich niemals oder doch nur bei dunkelster Dunkelheit in die Nähe des Drachensteins wagten.

Sie glaubten nämlich, dass Ferdinand Feuer spucken und brüllen und mit sei-

nem schuppigen grünen Schwanz schlagen konn-

te. Das alles konnte er tatsächlich, aber er tat es nur ganz selten. Nur wenn er sich wirklich, wirklich ärgerte. Aber das wussten die Leute auch nicht.

Deshalb hatten sie Angst vor dem Drachen und dem Feuer, das aus sei-nen Nüstern schoss und leicht das gan-

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ze Dorf in Brand setzen konnte. Angst vor dem Brüllen, das die vom Dorfrat festgesetzte Dezibelgrenze überschreiten konnte.

Und Angst vor dem gezackten Schwanz, der die Gemüsepflänz-

chen in den liebevoll gepflegten Vorgärten zunichtemachen konnte. Dabei hätte Ferdinand den Gemüsepflänzchen unter keinen Umständen etwas zulei-

de getan, gerade ihnen nicht. Er war nämlich, seinem grünen Äu-

ßeren entsprechend, überzeugter Vegetarier.

Weil die Dorfbewohner aber auch das nicht wussten und weil sie wahrscheinlich zu viele Schauergeschichten aus grauer Vergangen-heit gelesen hatten, wählten sie jeden Monat per Los einen der ih-ren aus, der dem Ungeheuer ein Schaf opfern musste. Dieses Tier wurde dann von seinem Besitzer mit vor Angst schlotternden Knien in tiefster Nacht vor den Eingang von Ferdinands Höhle gebracht und dort an einen Holzpflock gebunden. Wenn die Dorfbewohner am nächsten Morgen vom Kirchturm aus zum Drachenstein schauten, war das Schaf verschwunden. Die Leute atmeten auf und hofften, dass das Opfer den knurrenden Magen des Ungeheuers für einen weiteren Monat besänftigen würde.

Dabei hätte Ferdinand dem Schaf niemals auch nur ein Haar ge-krümmt, geschweige denn, es gefressen. Das heißt, einmal – das erste Mal – hatte er wohl probiert, das Tier ein bisschen anzuknab-bern. Aber die Wolle, diese verflixte Wolle war ihm zwischen den Zähnen stecken geblieben, noch bevor er einen Happen Fleisch er-

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langen konnte. Und weil Wolle eben Wolle ist und selbst für Drachen nicht als Zahnseide taugt, hatte Ferdinand wie wild daran herum-gerissen, das Zeug aber doch nicht aus dem Maul bekommen. Dicke Büschel hatten ihm zwischen den grünen Lippen hervorgehangen.

Durch die Anstrengung war er zudem ins Schwitzen und Schnauben gekommen – so arg, dass schließlich ein Feuerstoß aus seiner linken Nüster das eine Wollbüschel in Brand gesetzt hatte. Da hatte Ferdi-nand gebrüllt, aus Schmerz und aus Wut, weil mit so einem Schaf doch nichts Rechtes anzufangen war.

Da er die netten Dorfbewohner aber nicht enttäuschen wollte, indem er ihr Geschenk zurückwies, behielt er es trotzdem. Hinter dem Drachenstein zäunte er eine kleine Weidefläche ein. Da durfte das Schaf etwas von Ferdinands saftigem Gras abhaben.

Vielleicht, überlegte Ferdinand, war das erst der Anfang. Vielleicht würde er in Zukunft nicht nur ein Schaf, sondern sogar die Leute aus dem Dorf zu Besuch bekommen. Denn wenn er ehrlich war, fühlte er sich ein wenig einsam in seiner Höhle. Einmal hatte er ja ver-sucht, mit denen unten im Dorf Kontakt aufzunehmen, aber als er sich den Häusern genähert hatte, hatten die Leute so laut geschrien, dass es ihn in seinen kleinen grünen Ohren geschmerzt hatte und er davongelaufen war.

Vielleicht, so überlegte er weiter, war die Einsamkeit deshalb doch besser. Denn ein Besuch dieser Leute könnte katastrophale Aus-wirkungen haben. Was, wenn seine Gäste in der Höhle zu schrei-en begännen? Der Hall wäre unerträglich. Andererseits könnte er, Ferdinand, als Gastgeber höflich darum bitten, leise zu sein. Und er könnte den Gästen etwas von seinem Wald- und Wiesengelee anbieten. Oder ein paar von den feinen grünen Laubtörtchen, deren Rezept noch von seiner seligen Mutter stammte.