Emanuel Swedenborg | Über das Leben nach dem Tode

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    EMANUEL SWEDENBORG

    BER DAS LEBEN NACH DEM TODEeine christliche Jenseitsschau

    I. TEIL

    DER HIMMEL UND SEINE WUNDER

    VORBEMERKUNGEN DES VERFASSERS

    Als der Herr zu den Jngern von der "Vollendung des Zeitlaufs", der letzten Zeit derKirche, sprach, fhrte er am Ende der Vorhersagen ber ihre aufeinanderfolgendenZustnde im Hinblick auf Liebe und Glaube aus:

    "Bald nach der Trbsal jener Tage wird die Sonne sich verfinstern und der Mondseinen Schein nicht geben. Die Sterne werden vom Himmel fallen und die Krfte desHimmels erschttert werden. Dann wird erscheinen das Zeichen desMenschensohnes am Himmel. Und es werden heulen alle Geschlechter auf Erdenund werden Ihn kommen sehen in den Wolken des Himmels in groer Kraft undHerrlichkeit. Und er wird senden seine Engel mit hellen Posaunen, und sie werdensammeln seine Auserwhlten von den vier Winden, von einem Ende des Himmels

    bis zum anderen." (Mat 24, 29-31)

    Wer diese Worte nur buchstblich versteht, mu annehmen, in der Endzeit, beimletzten Gericht, werde all dies buchstblich geschehen. Sonne und Mond wrden sichverfinstern und die Sterne vom Himmel fallen. Das Zeichen des Herrn werde amHimmel erscheinen. Ihn aber werde man zugleich mit den Engeln auf den Wolkendes Himmels sehen. Zugleich werde anderen Bibelstellen zufolge die ganzesichtbare Welt vergehen und schlielich ein neuer Himmel samt einer neuen Erdeentstehen. Das ist heutzutage (d.h. 1758) die vorherrschende Meinung innerhalb derKirche.

    Aber wer dies glaubt, wei nichts von den verborgenen Geheimnissen im Einzelnendes Wortes; denn jede Einzelheit hat einen inneren Sinn, in dem es nicht umnatrliche und weltliche Dinge geht, wie im Buchstabensinn, sondern um geistige

    und himmlische. Das Gttliche Wort ist nmlich in lauter Entsprechungen verfatworden, damit alles einen inneren Sinn enthalte. (Mehr darber in den "HimmlischenGeheimnissen")

    Das gilt auch von der angefhrten Stelle ber die Ankunft des Herrn. Durch dieSonne, welche verfinstert werden soll, wird der Herr hinsichtlich der Liebe

    bezeichnet; durch den Mond der Herr hinsichtlich des Glaubens; durch die Sterne dieErkenntnisse des Guten und Wahren oder der Liebe und des Glaubens; durch dasZeichen des Menschensohnes am Himmel die Erscheinung des Gttlich-Wahren;durch die Geschlechter der Erde, welche heulen werden, alle Dinge des Wahren undGuten oder des Glaubens und der Liebe; durch die Ankunft des Herrn in denWolken des Himmels mit groer Kraft und Herrlichkeit seine Gegenwart im Wort

    und die Offenbarung. Die Wolke bezeichnet den buchstblichen und die Herrlichkeit

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    2 EmanuelSwedenborgden inneren Sinn des Wortes; die Engel mit der hellen Posaune den Himmel, ausdem das Gttlich-Wahre herniedersteigt.

    Das alles sollte deutlich machen, was unter den angefhrten Worten des Herrn zuverstehen ist: Am Ende der Kirche, wenn keine Liebe und darum auch kein Glaube

    mehr vorhanden ist, wird der Herr das Wort nach seinem inneren Sinn aufschlieenund die Geheimnisse des Himmels offenbaren.

    Der Mensch der Kirche wei heutzutage kaum etwas ber Himmel und Hlle, sowieber sein Leben nach dem Tode, obwohl sich alles im Worte Gottes beschriebenfindet. Viele Angehrige der Kirche leugnen sogar diese Dinge, indem sie bei sichsprechen: "Wer ist von dort zurckgekommen und hat davon berichten knnen?"Damit nun ein solches Leugnen, wie es besonders bei Gebildeten herrscht, nicht auch

    jene anstecke und verderbe, die einfltigen Herzens und Glaubens sind, wurde mirverliehen, mit den Engeln zusammen zu sein und mit ihnen zu reden, wie einMensch mit dem andern. Ebenso durfte ich auch (nun schon whrend ber 13

    Jahren) Dinge sehen, die sich in den Himmeln und Hllen finden, und nach dem

    Gesehenen und Gehrten beschreiben in der Hoffnung, da so die Unkenntnisaufgeklrt und der Unglaube zerstreut werde. Eine solche unmittelbare Offenbarungfindet heutzutage statt; unter ihr ist die Ankunft des Herrn zu verstehen.

    DER HERR IST DER GOTT DES HIMMELS

    Zuerst mu man wissen, wer der Gott des Himmels ist, weil davon alles brigeabhngt. Im ganzen Himmel wird auer dem Herrn niemand als Gott des Himmelsanerkannt. Man sagt dort, wie er selbst gelehrt hat, da er einer sei mit dem Vater,und da wer ihn sieht, den Vater sehe, da der Vater in ihm und er im Vater sei; daalles Heilige aus ihm hervorgehe (Joh. 10, 30. 38; 14, 10f; 16, 13-15). Ich sprach

    hierber fters mit den Engeln, und sie sagten beharrlich, man knne im Himmeldas Gttliche nicht in drei (Personen) unterscheiden, weil man dort wei undwahrnimmt, da das Gttliche eines ist, und zwar im Herrn. Im Himmel findet eineKommunikation aller Gedanken statt. Wrde deshalb jemand dorthin kommen, derdrei denkt und einen ausspricht, wrde man ihn sogleich erkennen und ausstoen.Man mu jedoch wissen, da alle, die nicht das Wahre vom Guten oder den Glaubenvon der Liebe getrennt hatten, im anderen Leben nach einer entsprechendenBelehrung die himmlische Idee vom Herrn als dem Gott des Alls annehmen. Andersverhlt es sich bei denen, die den Glauben vom Leben getrennt, d.h. die nicht nachden Vorschriften wahren Glaubens gelebt hatten. (2)

    Alle Kinder, aus denen ein Drittel des Himmels besteht, werden zuerst in die

    Anerkennung und in den Glauben eingefhrt, da der Herr ihr Vater ist, undnachher, da er der Herr ber alle, folglich der Gott des Himmels und der Erde ist.Im Folgenden wird man sehen, wie die Kinder in den Himmeln heranwachsen unddurch Erkenntnisse bis zur Einsicht und Weisheit der Engel vervollkommnetwerden. (4)

    Die Angehrigen der Kirche knnen nicht bezweifeln, da der Herr der Gott desHimmels ist, lehrt er doch selbst, da alles, was der Vater habe, sein sei. (Matth. 11,27; Joh. 16, 15; 17, 2), und da Er alle Gewalt im Himmel und auf Erden habe (Matth.28, 18). Im Himmel und auf Erden, sagt er, weil, wer den Himmel regiert, auch dieErde regiert, denn das eine hngt vom andern ab.

    Himmel und Erde regieren heit, da diese von ihm alles empfangen, das Gute, das

    zur Liebe, und das Wahre, das zum Glauben gehrt, mithin alle Einsicht und

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    EinechristlicheJenseitsschau 3Weisheit und so auch alle Seligkeit, mit einem Wort: das ewige Leben. Dies lehrteauch der Herr, als er sagte:

    "Wer an den Sohn glaubt, hat das ewige Leben. Wer aber dem Sohn nicht glaubt,wird das Leben nicht sehen" (Joh. 3, 36).

    Und an anderer Stelle:

    "Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, wenn erauch stirbt, und jeder, der da lebt und an mich glaubt, wird in Ewigkeit nicht sterben"(Joh. 11, 25f).

    Und an einer weiteren Stelle:

    "Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben" (Joh. 14, 6).

    DAS GTTLICHE DES HERRN BILDET DEN HIMMEL

    Die Engel in ihrer Ganzheit heien der Himmel, weil sie ihn bilden. In Wirklichkeitaber ist das aus dem Herrn hervorgehende Gttliche, das bei den Engeln einflietund von ihnen aufgenommen wird, der Himmel im allgemeinen wie im besonderen.Das vom Herrn ausgehende Gttliche ist das Gute der Liebe und das Wahre desGlaubens. In dem Mae also, wie sie das Gute und Wahre vom Herrn aufnehmen,sind sie Engel und sind sie der Himmel. (7)

    In den Himmeln wei und glaubt, ja fhlt (percipit) ein jeder, da er nichts Gutes willund tut und nichts Wahres denkt und glaubt aus sich selbst, sondern aus demGttlichen, also aus dem Herrn, und da das Gute und Wahre, das seinem Eigenenentstammt, nichts Gutes und Wahres ist, weil das Leben aus dem Gttlichen nichtdarin ist. Die Engel des innersten Himmels nehmen den Einflu auch deutlich wahrund empfinden ihn, und in dem Mae, wie sie ihn aufnehmen, haben sie auch dasBewutsein, im Himmel zu sein (videntur sibi in caelo esse), denn in dem Mae sindsie in der Liebe und im Glauben und ebenso auch im Licht der Einsicht und Weisheitund der daher rhrenden himmlischen Freude. Weil all dies aus dem Gttlichen desHerrn hervorgeht und darin fr die Engel der Himmel liegt, ist offensichtlich, dadas Gttliche des Herrn den Himmel bildet und nicht die Engel mit irgendetwas vonihrem Eigenen. Daher heit im Worte Gottes der Himmel die "Wohnung des Herrn"und "Sein Thron" und sagt man von denen, die darin sind, sie seien im Herrn. (8)

    Die Engel gehen aufgrund ihrer Weisheit noch weiter: sie sagen nicht nur, da allesGute und Wahre vom Herrn stamme, sondern auch alles, was zum Leben gehrt. Sie

    begrnden dies damit, da nichts aus sich selbst entstehen kann, sondern nur auseinem ihm Vorausgehenden, und da somit alles aus einem Ersten entsteht, welchessie das eigentliche Sein allen Lebens nennen, und da auf dieselbe Weise alles

    bestehe, weil das Bestehen ein stndiges Entstehen ist. Was nicht fortwhrend durchMittelglieder im Zusammenhang mit dem ersten gehalten wird, fllt augenblicklichzusammen und vergeht vllig. Die Engel sagen berdies, da es nur eine einzigeQuelle des Lebens gebe und das Leben des Menschen nur ein Bchlein aus ihr sei, dassogleich versiegen mte, wenn es nicht fortwhrend von ihr her gespeist wrde.Ferner sagen sie, da aus jener einzigen Quelle des Lebens, welche der Herr ist,nichts als Gttlich-Gutes und -Wahres hervorgehe, einen jeden nach seinerAufnahmebereitschaft anregend. In denen aber, welche diese im Glauben und imLeben aufnehmen, sei der Himmel. Jene aber, welche das Gttlich-Gute und -Wahrezurckstoen oder ersticken, verkehren es in eine Hlle. Denn sie verwandeln das

    Gute in Bses und das Wahre in Falsches, somit das Leben in den Tod. Da nun alles

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    4 EmanuelSwedenborgGute und Wahre von oben kommt, folgt hieraus, da auch alles dem LebenAngehrende von daher kommt. Aus diesem Glauben heraus lehnen die Engel auch

    jeden Dank ab fr das Gute, das sie tun, ja sie werden unwillig und treten zurck,wenn ihnen jemand etwas Gutes zuschreibt. Sie wundern sich, da jemand glauben

    kann, er sei weise aus sich und tue Gutes aus sich selbst. Gutes tun um seiner selbstwillen nennen sie nicht Gutes, weil man es aus sich tut; aber Gutes tun um des Gutenwillen, nennen sie Gutes aus dem Gttlichen, und dieses Gute allein bilde denHimmel, weil dieses Gute der Herr ist. (9)

    Auch der Herr lehrt, da jene, die im Himmel und in der Kirche sind, in Ihm seienund Er in ihnen, wenn er sagt:

    "Bleibet in mir und ich in euch; wie eine Rebe nicht Frucht bringen kann aus sichselbst, sie bleibe denn am Weinstock, so auch ihr nicht, ihr bleibet denn in mir. Ich

    bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringtviele Frucht; denn ohne mich knnt ihr nichts tun" (Joh 15, 4-7).

    Hieraus geht klar hervor, da der Herr in dem wohnt, was bei den Engeln desHimmels Ihm gehrt und er das Ein und Alles des Himmels ist.

    DAS GTTLICHE DES HERRN IM HIMMELIST DIE LIEBE ZU IHM UND ZUM NCHSTEN

    Das vom Herrn ausgehende Gttliche wird im Himmel das Gttlich-Wahre genannt.Es fliet vom Herrn her aus seiner gttlichen Liebe in den Himmel ein. Die gttlicheLiebe und das aus ihr hervorgehende gttliche Wahre verhalten sich vergleichsweisewie in der Welt das Feuer und das Licht der Sonne. Die Liebe wie das Feuer, das ausder Liebe entspringende Wahre wie das Licht aus der Sonne. Aufgrund derEntsprechung bezeichnet auch das Feuer die Liebe und das Licht das aus ihr

    entspringende Wahre. (13)Das Gttliche, das den Himmel bildet, ist die Liebe, weil die Liebe eine geistigeVerbindung ist. Die Liebe verbindet die Engel mit dem Herrn und verbindet siezugleich untereinander; ja sie verbindet sie derart, da sie vor dem Auge des Herrnalle wie eins sind. Darber hinaus ist die Liebe das eigentliche Sein des Lebens beieinem jeden. Aus ihr haben deshalb Engel wie Menschen das Leben. Jeder, derdarber nachdenkt, kann wissen, da die innerste Lebenskraft des Menschen aus derLiebe stammt. Man mu aber wissen, da das Leben eines jeden Menschen so

    beschaffen ist, wie seine Liebe. (14)

    Im Himmel unterscheidet man zwei Arten von Liebe: die zum Herrn und die zum

    Nchsten. Im innersten oder dritten Himmel herrscht die Liebe zum Herrn, imzweiten oder mittleren die Liebe zum Nchsten. Beide gehen vom Herrn aus, und beide bilden den Himmel. In welcher Weise sich diese beiden Arten der Liebeunterscheiden und wie sie sich verbinden, zeigt sich im Himmel in hellem Licht, inder Welt dagegen nur dunkel. Im Himmel versteht man unter "den Herrn lieben"nicht, ihn als Person lieben, sondern das Gute, das aus ihm stammt. Das Gute liebenheit aber, das Gute aus Liebe wollen und tun. Und unter "den Nchsten lieben"versteht man im Himmel nicht, den Gefhrten als Person lieben, sondern das Wahre,wie es aus dem Wort hervorgeht. Das Wahre lieben heit aber, es wollen und tun.Damit ist klar, da jene beiden Arten der Liebe sich unterscheiden wie das Gute unddas Wahre, und da sie sich verbinden wie das Gute mit dem Wahren. Aber dieskann sich der Mensch schwer vorstellen, weil er nicht wei, was Liebe, was Gutes

    und was der Nchste ist. (15)

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    EinechristlicheJenseitsschau 5Ich sprach hierber mehrmals mit den Engeln, die sich verwundert darberuerten, da die Menschen der Kirche nicht wissen, was es heit, den Herrn undden Nchsten lieben, nmlich das Gute und Wahre lieben und aus Neigung tun, wosie doch wissen knnten, da ein jeder seine Liebe durch das Wollen und Tun dessen

    bezeugt, was der andere will. Erst dadurch wird er ja auch seinerseits wiedergeliebtund mit dem anderen verbunden, nicht aber dadurch, da er ihn liebt, seinen Willenaber dennoch nicht tut, was an sich soviel wie Nichtlieben ist. Auch knnten dieMenschen wissen, da das vom Herrn ausgehende Gute sein Ebenbild ist, weil er inihm ist, und da jene als seine Ebenbilder mit ihm verbunden werden, die das Guteund Wahre zum Inhalt ihres Lebens machen, indem sie es wollen und tun. Wollen istgleichbedeutend mit Lieben. So lehrt auch der Herr im Wort, wenn er sagt:

    "Wer meine Gebote hat und sie tut, der ist es, der mich liebt, und ich werde ihn liebenund Wohnung bei ihm nehmen." (Joh 14, 21. 23)

    und an anderer Stelle:

    "Wenn ihr meine Gebote haltet, so werdet ihr in meiner Liebe bleiben." (Joh 15, 10.12)

    Alle Erfahrung im Himmel bezeugt, da das vom Herrn ausgehende Gttliche, dasdie Engel belebt und den Himmel ausmacht, Liebe ist. Denn alle im Himmel sindFormen der Liebe und Nchstenliebe. Die Engel sind von unaussprechlicherSchnheit, und Liebe leuchtet aus ihrem Antlitz, aus ihrer Rede und allenLebensuerungen. berdies gehen aus jedem Engel und Geist geistigeLebenssphren hervor und umgeben sie, an denen man ihre Beschaffenheit anhandder Neigungen ihrer Liebe bisweilen schon aus groer Entfernung erkennen kann.Diese Sphren flieen ja aus dem Leben der Neigung und dem darausentspringenden Denken hervor bzw. aus dem Leben der Liebe und dem daraus

    resultierenden Glauben bei einem jeden. Die von den Engeln ausgehenden Sphrensind so voller Liebe, da sie das Innerste des Lebens der Anwesenden berhren. Ichhabe sie mehr als einmal empfunden und wurde in der genannten Weise berhrt.(16)

    Das Gttliche des Herrn im Himmel ist Liebe, weil die Liebe das Aufnahmegefalles dessen ist, was zum Himmel gehrt, wie Friede, Einsicht, Weisheit und Seligkeit.Denn die Liebe nimmt samt und sonders in sich auf, was mit ihr bereinstimmt; siesehnt sich danach, sucht es und zieht es wie von selbst zu sich heran; denn immertrachtet sie danach, auf diese Weise bereichert und vervollkommnet zu werden. Dieswei auch der Mensch, denn seine Liebe whlt und entnimmt aus dem Gedchtnisalles, was zu ihr pat, sammelt es und ordnet es in sich und unter sich (in sich, damit

    es ihr eigen sei, und unter sich, damit es ihr diene). Das brige aber, das nicht zu ihrpat, verwirft sie und entfernt es. Die Fhigkeit der Liebe, die mit ihrbereinstimmenden Wahrheiten in sich aufzunehmen, sowie das Verlangen, sie mitsich zu verbinden, war auch deutlich an gewissen Geistern zu sehen, welche in denHimmel erhoben wurden. Obwohl sie in der Welt einfltig gewesen waren,gelangten sie doch, sobald sie unter die Engel kamen, in deren Weisheit und inhimmlische Wonnen, einfach weil sie das Gute und Wahre um des Guten undWahren willen geliebt und ihrem Leben eingepflanzt hatten. Dadurch waren siefhig geworden, den Himmel mit all seinen unaussprechlichen Vollkommenheiten insich aufzunehmen. Die anderen hingegen, die der Liebe zu sich und zur Weltverfallen sind, haben nicht die Fhigkeit, diese himmlischen Dinge aufzunehmen. Siehaben eine Abneigung dagegen und stoen sie zurck, um sich den Bewohnern der

    Hlle anzuschlieen, die einer hnlichen Art von Liebe ergeben sind. (18)

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    6 EmanuelSwedenborgDie Liebe zum Herrn und die Liebe zum Nchsten umfat alle gttlichenWahrheiten. Der Herr selbst sagte das ganz deutlich, als er ber die genannten

    beiden Arten der Liebe sprach:

    "Du sollst deinen Gott lieben von deinem ganzen Herzen und von deiner ganzen

    Seele. Dies ist das erste und grte Gebot. Das zweite aber ist ihm gleich: Du sollstdeinen Nchsten lieben wie dich selbst. An diesen beiden Geboten hngt das ganzeGesetz und die Propheten" (Mat 22, 37-40).

    Das Gesetz und die Propheten sind aber das ganze Wort, damit alles gttlicheWahre.

    DER HIMMEL BESTEHT AUS ZWEI REICHEN

    Weil im Himmel eine unendliche Mannigfaltigkeit herrscht und nicht eineGesellschaft der anderen, ja nicht einmal ein Engel dem anderen vllig gleicht, wirder im allgemeinen, im besonderen und im einzelnen unterschieden. Im allgemeinen

    in zwei Reiche, im besonderen in drei Himmel und im einzelnen in unzhligeGesellschaften. ber jede dieser verschiedenen Einteilungen wird im nun Folgendendie Rede sein. Vom "Reich" wird gesprochen, weil der Himmel das Reich Gottesheit. (20)

    Manche Engel nehmen das vom Herrn ausgehende Gttliche innerlicher, andereweniger innerlich auf. Erstere heien himmlische, letztere geistige Engel. Daherunterscheidet man im Himmel zwei Reiche, von denen das eine das himmlische, dasandere das geistige Reich genannt wird. (21)

    Die Engel, die das himmlische Reich bilden, werden, da sie das Gttliche des Herrnauf eine innerlichere Weise aufnehmen, innerlichere oder auch hhere Engelgenannt, und infolgedessen werden auch die aus ihnen bestehenden Himmel alsinnerliche oder hhere bezeichnet. (22)

    Die Liebe der Angehrigen des himmlischen Reiches wird als himmlische Liebe, dieder Angehrigen des geistigen Reiches als geistige Liebe bezeichnet. Erstere ist dieLiebe zum Herrn, letztere die Liebe zum Nchsten. Und weil alles Gute der Liebeangehrt (denn was jemand liebt, das ist fr ihn gut), darum heit auch das Gute deseinen Reiches himmlisch und das des anderen geistig. Damit ist klar, wie sich jene

    beiden Reiche unterscheiden, nmlich in derselben Weise wie das Gute der Liebezum Herrn und das Gute der Liebe zum Nchsten. (23)

    Die Engel im himmlischen Reich des Herrn bertreffen an Weisheit und Herrlichkeitweit die Engel im geistigen Reich, weil sie das Gttliche des Herrn innerlicher

    aufnehmen. Sie stehen ja in der Liebe zu ihm und sind ihm daher nher und engerverbunden. Sie gehren zu denen, die bei Jeremia (31, 33) beschrieben werden:

    "Ich werde mein Gesetz in ihr Herz geben und in ihren Sinn schreiben und nichtmehr wird jemand seinen Freund, noch jemand seinen Bruder lehren, indem erspricht: Erkennet den Jehovah! Sie werden mich erkennen vom kleinsten bis zumgrten derselben." (25)

    Diese Engel haben mehr Weisheit und Herrlichkeit als die brigen, weil sie diegttlichen Wahrheiten sogleich ins Leben aufnehmen, ohne sie zuerst im Gedchtniszu behalten und dann darber nachzusinnen, ob sie auch wirklich wahr seien. DerHerr fliet nmlich unmittelbar in das Wollen und mittelbar durch das Wollen in dasDenken des Menschen ein, oder was auf dasselbe hinausluft er fliet unmittelbarein in das Gute und mittelbar durch das Gute in das Wahre. Denn Gutes wird

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    EinechristlicheJenseitsschau 7genannt, was dem Willen angehrt und aus diesem zur Tat wird, Wahres hingegen,was dem Gedchtnis angehrt und aus diesem zum Denken wird. Auch wird allesWahre in Gutes verwandelt und der Liebe eingepflanzt, sobald es in den Willeneingeht. Solange aber das Wahre nur im Gedchtnis und von da aus im Denken ist,

    wird es weder zum Guten noch lebt es oder wird dem Menschen angeeignet. Dennder Mensch ist Mensch aufgrund seines Willens und des ihm entspringendenVerstandes, nicht aber aufgrund des vom Willen getrennten Verstandes. (26)

    Weil ein solcher Unterschied zwischen den Engeln des himmlischen und denen desgeistigen Reiches besteht, sind sie nicht beieinander und haben auch keinen Umgangmiteinander. Die Verbindung wird nur durch die zwischen ihnen stehendensogenannten geistig-himmlischen Engelschaften bewirkt. Durch diese fliet dashimmlische Reich in das geistige ein. Daher kommt es, da der Himmel, obgleich inzwei Reiche unterteilt, dennoch ein einziger ist. (27)

    ES GIBT DREI HIMMEL

    Es gibt drei Himmel, und diese sind untereinander ganz verschieden: Der innersteoder dritte, der mittlere oder zweite und der unterste oder erste. Sie folgenaufeinander und verhalten sich untereinander wie das Haupt, der Leib und die Fedes Menschen; ebenso auch wie der obere, mittlere und untere Teil eines Hauses. Insolcher Ordnung ist auch das Gttliche, das vom Herrn ausgeht und herabsteigt. DerHimmel ist daher infolge einer notwendigen Ordnung in drei Teile geteilt. (29)

    Die innerlicheren Bereiche des Menschen, Geist und Seele, sind in einer hnlichenOrdnung wie die Himmel: Auch der Mensch hat nmlich ein Innerstes, ein Mittleresund ein Letztes, sind in ihn doch bei seiner Erschaffung alle Stufen der gttlichenOrdnung hineingelegt worden, so da er zu einer Form der gttlichen Ordnung und

    zu einem Himmel in kleinster Gestalt wurde. Aus diesem Grunde steht auch derMensch mit seinen innerlicheren Bereichen in Gemeinschaft mit den Himmeln undgelangt auch nach seinem Tode unter die Engel, unter die des innersten, desmittleren oder des letzten Himmels, je wie er das Gttlich-Gute und -Wahre vomHerrn in seinem irdischen Leben aufgenommen hat. (30)

    Das Gttliche, das im dritten oder innersten Himmel aufgenommen wird, heit dasHimmlische, und infolgedessen werden die hier weilenden Engel als die himmlischen

    bezeichnet. Das im zweiten oder mittleren Himmel aufgenommene Gttliche heitdas Geistige, die hier weilenden Engel werden daher geistige Engel genannt. DasGttliche aber, das im untersten oder ersten Himmel aufgenommen wird, heit dasNatrliche. Weil jedoch das Natrliche dieses Himmels nicht zu verwechseln ist mit

    dem Natrlichen der Welt, sondern Geistiges und Himmlisches in sich hat, so heitdieser Himmel der natrlich-geistige und natrlich-himmlische. Die Engel diesesHimmels werden darum die natrlich-geistigen und natrlich-himmlischen genannt.(31)

    In jedem Himmel gibt es ein Inneres und ein ueres. Die zum Inneren Gehrendenheien dort innerliche, die anderen uerliche Engel. Das uere und das Innere inden Himmeln bzw. in jedem einzelnen Himmel verhlt sich zueinander wie dasWillensmige zum Verstandesmigen beim Menschen das Innere wie seinWillensmiges, das uere wie sein Verstandesmiges. Alles Willensmige hatsein Verstandesmiges, das eine ohne das andere gibt es nicht. Das Willensmigeverhlt sich vergleichsweise wie die Flamme, das dazugehrige Verstandesmige

    wie das Licht aus der Flamme. (32)

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    8 EmanuelSwedenborgBemerkenswert ist, da das Innere der Engel darber entscheidet, ob sie sich in demeinen oder anderen Himmel befinden. Denn sie sind in einem umso innerlicherenHimmel, je mehr ihre inneren Regionen gegenber dem Herrn aufgeschlossen sind.Bei einem jeden finden sich drei solche Bereiche, beim Engel ebenso wie beim Geist

    und auch beim Menschen. Diejenigen, bei denen der dritte Grad aufgeschlossen ist,befinden sich im innersten Himmel; jene, bei denen es der zweite oder nur der ersteist, im mittleren oder uersten Himmel. Aufgeschlossen aber werden dieseinnerlichen Bereiche durch die Aufnahme des gttlichen Guten und dazu desgttlichen Wahren. Hieraus ist klar, da der Zustand dieser innerlicheren Regionenden Himmel bildet, und da der Himmel innerhalb und nicht auerhalb eines jedenist. So lehrt auch der Herr mit seinen Worten, Luk 17, 20 f.:

    "Das Reich Gottes ist inwendig in euch". (33)

    Alle Vollkommenheit nimmt auch nach innen hin zu und nach auen hin ab, weil dieinnerlichen Bereiche dem Gttlichen nher und in sich reiner, die uerlichenentfernter vom Gttlichen und an sich grber sind. Die Vollkommenheit der Engel

    besteht in der Einsicht, in der Weisheit, in der Liebe sowie auch in allem Guten und inder daraus entstehenden Glckseligkeit. Es gibt aber keine Glckseligkeit ohne alldies, denn eine solche Glckseligkeit wre uerlich und nicht innerlich. Weil bei denEngeln des innersten Himmels die innerlicheren Bereiche im dritten Gradeaufgeschlossen sind, bertrifft ihre Vollkommenheit unermelich die der Engel desmittleren Himmels, bei denen dieselben nur im zweiten Grade aufgeschlossen sind.In gleicher Weise bertrifft die Vollkommenheit der Engel des mittleren Himmelsdie der Engel des letzten Himmels. (34)

    Infolge dieses Unterschiedes kann kein Engel des einen Himmels zu den Engeln desanderen Himmels gelangen, bzw. kann keiner aus einem niedrigeren Himmelhinaufsteigen oder aus einem hheren Himmel herabsteigen. Wer aus einem

    niedrigeren Himmel in einen hheren hinaufsteigt, wird von einer Bangigkeitergriffen, die bis zum Schmerz geht, und kann die dortigen Engel nicht sehen,geschweige denn mit ihnen reden. Wer aber aus einem hheren Himmelherabsteigt, wird seiner Weisheit beraubt, stottert beim Reden und gert inVerzweiflung. (35)

    Allein obgleich die Himmel so geschieden sind, da die Engel des einen Himmelskeinen Verkehr mit denen eines anderen haben knnen, verbindet doch der Herralle Himmel durch einen unmittelbaren und einen mittelbaren Einflu. Einunmittelbarer Einflu geht aus Ihm in alle Himmel, und ein mittelbarer von einemHimmel in den anderen. So bewirkt Er, da die drei Himmel eins sind und alle, vomersten bis zum letzten, miteinander verbunden sind. (37)

    Wer nicht wei, wie es sich mit der gttlichen Ordnung inbezug auf dieseAbstufungen verhlt, kann auch nicht verstehen, in welcher Weise die Himmelvoneinander geschieden sind, ja nicht einmal, da es einen inneren und einenueren Menschen gibt. Die meisten in der Welt haben vom Inneren und uerenoder vom Hheren und Niederen nur die Vorstellung eines Kontinuums, wie vonetwas stetig Zusammenhngendem, das vom Reineren bis zum Grberen reicht. Dieinnerlicheren und uerlicheren Dinge sind aber etwas Gesondertes und hngennicht stetig zusammen. Es gibt zweierlei Arten von Graden stetig fortlaufende undnicht stetig fortlaufende. Die stetig fortlaufenden Grade verhalten sich wie dieAbstufungen des abnehmenden Lichts von der Helle der Flamme bis zum Dunkel.Die jeweiligen Abstnde bestimmen die Grade. Dagegen sind die nicht stetig

    zusammenhngenden, die gesonderten Grade, voneinander getrennt wie das

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    EinechristlicheJenseitsschau 9Frhere und das Sptere, die Ursache und die Wirkung, wie das Erzeugende und dasErzeugte. Wer sich keinen Begriff von diesen Graden verschafft hat, vermag auch dieVerschiedenheit der Himmel nicht zu erkennen, ebensowenig den Unterschiedzwischen den inneren und ueren Fhigkeiten des Menschen, noch die

    Verschiedenheit der geistigen und der natrlichen Welt oder den Unterschiedzwischen dem Geist des Menschen und seinem Krper. Er vermag dann auch nichteinzusehen, wieso es Entsprechungen und Vorbildungen gibt, noch wie der Einflu

    beschaffen ist. Die sinnlichen Menschen begreifen diese Unterschiede nicht undknnen sich das Geistige nicht anders denken als ein reineres Natrliches, weshalbsie auch davon ausgeschlossen bleiben. (38)

    Zuletzt darf noch ein gewisses Geheimnis ber die Engel der drei Himmelbekanntgegeben werden, das frher niemandem in den Sinn kam, weil man nichtsvon diesen Abstufungen wute. Bei jedem Engel, wie auch bei jedem Menschen, gibtes nmlich ein Innerstes oder Hchstes, in welches das Gttliche des Herrn zuerstoder zunchst einfliet und von dem aus die brigen Teile der innerlichen Bereiche

    ausgerichtet werden, die sich nach den Abstufungen der Ordnung bei ihm anfgen.Dieses Innerste oder Hchste kann als Eingang des Herrn beim Engel und Menschenund als seine eigentliche Wohnung bei ihnen bezeichnet werden. Durch diesesInnerste oder Hchste ist der Mensch berhaupt Mensch und unterscheidet sich vonden unvernnftigen Tieren, die es nicht haben. Nur daher kann der Mensch, andersals die Tiere, mit seinem ganzen Inneren, das heit seinem Gemt und seinerGesinnung, vom Herrn zu sich erhoben werden, so da er an Ihn glauben, von Liebezu Ihm angeregt werden und so Ihn zu schauen vermag. Daraufberuht es, da erEinsicht und Weisheit in sich aufnehmen und mit Vernunft reden kann, auch da erewiges Leben hat. Was in jenem Innersten in Ordnung gebracht und vorgesehenwird, fliet nicht deutlich ins Bewutsein eines Engels ein, denn es steht ber seinemDenken und bersteigt seine Weisheit. (39)

    DIE HIMMEL BESTEHEN AUS UNZHLIGEN GESELLSCHAFTEN

    Die Engel eines jeden Himmels sind nicht an einem "Ort" beisammen, sondern ingrere und kleinere Gesellschaften eingeteilt, je nach den Unterschieden des Gutenihrer Liebe und ihres Glaubens. Alle, die im gleichen Guten sind, bilden eineGesellschaft. Das Gute in den Himmeln ist von unendlicher Mannigfaltigkeit, und

    jeder Engel ist so wie sein Gutes. (41)

    Auch die Entfernungen zwischen den Engelgesellschaften in den Himmeln werdenbestimmt nach der Verschiedenheit ihres Guten im allgemeinen und im besonderen.In groer Entfernung voneinander befinden sich die sehr verschiedenartigen, in

    geringer Entfernung von einander die weniger verschiedenen Engel. Die hnlichkeitbewirkt Beisammensein. (42)

    Alle Mitglieder einer Gesellschaft unterscheiden sich in gleicher Weise voneinander:Die vollkommeneren, das heit die im Guten, also in der Liebe, Weisheit und Einsichthervorragenden, befinden sich in der Mitte. Die weniger vollkommenen bilden denUmkreis. Ihre Entfernung wchst in dem Mae, in dem ihre Vollkommenheitgeringer wird. Es verhlt sich damit hnlich wie mit dem Licht, das von der Mitte ausgegen die Peripherie hin abnimmt. (43)

    Einander hnliche werden wie von selbst zu hnlichen gefhrt, da sie bei ihnen wieunter sich und wie zu Hause, bei anderen aber wie unter Fremden sind. Bei den

    ihnen hnlichen fhlen sie sich auch in ihrer Freiheit und damit in allemAngenehmen des Lebens. (44)

  • 8/14/2019 Emanuel Swedenborg | ber das Leben nach dem Tode

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    10 EmanuelSwedenborgHieraus geht klar hervor, da es das Gute ist, das alle in den Himmelnzusammengesellt, und da die Engel sich je nach dessen Beschaffenheit voneinanderunterscheiden. Und doch sind es nicht die Engel selbst, die sich in dieser Weisezusammenfinden, sondern der Herr ist es, von dem das Gute kommt. Er fhrt sie,

    verbindet sie, scheidet sie voneinander und erhlt sie in Freiheit, insoweit sie imGuten sind. Er erhlt somit jeden einzelnen im Leben seiner Liebe, seines Glaubens,seiner Einsicht und Weisheit und darum im Zustand der Seligkeit. (45)

    Es kennen sich auch alle, die in einem hnlichen Guten sind ganz wie die Menschenin der Welt ihre Verwandten, die ihnen Verschwgerten und ihre Freunde ,obgleich sie sich nie zuvor gesehen haben. Der Grund liegt darin, da es im anderenLeben nur noch geistige Verwandtschaften, Schwgerschaften und Freundschaftengibt, also solche der Liebe und des Glaubens. (46)

    Alle, die die gleiche Engelgesellschaft bilden, haben ein hnliches Gesicht,unterscheiden sich aber im besonderen. Denn das Antlitz ist dort die uere undvorbildliche Ausprgung der inneren Regungen. Ein anderes Antlitz zu haben als das

    seiner Neigung, ist im Himmel unmglich. Denn die Gesichter der Engel sind, wiegesagt, Ausprgungen ihres Inwendigen, also der Neigungen, die mit ihrer Liebeund ihrem Glauben zusammenhngen.

    So kommt es auch, da ein Engel, der durch seine Weisheit hervorragt, am Antlitzeines anderen sogleich dessen Art erkennt. Niemand kann dort durch seinenGesichtsausdruck das Inwendige verbergen, simulieren, auf irgendeine Weise lgenoder durch List und Heuchelei tuschen. Zuweilen geschieht es zwar, da sich in dieGesellschaften Heuchler einschleichen. Sie haben gelernt, ihr Inneres zu verbergenund ihr ueres so zu verstellen, da es in der Gestalt des Guten erscheint, in demsich die Mitglieder der betreffenden Gesellschaft befinden, sich so flschlich als Engeldes Lichts prsentierend. Allein sie knnen dort nicht lange bleiben, denn bald

    fangen sie an, innerlich bengstigt und geqult zu werden. Totenblsse berzieht ihrGesicht, und sie erscheinen wie entseelt. Darum strzen sie sich schnell in die Hllezu den ihnen hnlichen hinab und versuchen nicht mehr, heraufzusteigen. Siewerden unter jenem Manne verstanden, der unter den zu Tische Liegenden undGeladenen entdeckt und in die uerste Finsternis hinausgeworfen wurde, weil erkein hochzeitliches Kleid trug, Mat 22, 11ff. (48)

    Alle Gesellschaften des Himmels stehen in Verbindung miteinander, allerdings nichtdurch offenen Verkehr, denn wenige verlassen ihre Gesellschaft und begeben sich ineine andere, weil das soviel bedeutet wie aus sich selbst herauszugehen und ausseinem eigenen Leben in ein anderes, nicht so zusagendes, hinberzuwechseln. Siestehen jedoch alle durch die aus dem Leben eines jeden hervorgehenden, sich

    ringsum verbreitenden Sphren in Verbindung miteinander. Die LebensSphre istdie Sphre der Neigungen, die der Liebe und dem Glauben angehren. Dieseverbreitet sich in die Gesellschaften rings umher in die Lnge und Breite, und zwarum so weiter und breiter, je innerlicher und vollkommener die Neigungen sind. Jenach dem Mae dieser Ausdehnung haben die Engel Einsicht und Weisheit.Diejenigen, die sich im innersten Himmel, und zwar in dessen Zentrum befinden,verbreiten ihre Sphre im ganzen Himmel. Daher findet eine Mitteilung aller imHimmel an jeden einzelnen und wieder jedes einzelnen an alle statt. (49)

    Die greren Gesellschaften im Himmel bestehen aus Zehntausenden, die kleinerenaus einigen Tausend Engeln, die kleinsten aus einigen Hundert. Es gibt auch Engel,die abgesondert wohnen, Haus fr Haus, Familie fr Familie. Diese sind jedoch,

    obgleich sie so vereinzelt leben, auf hnliche Weise geordnet wie jene in den

  • 8/14/2019 Emanuel Swedenborg | ber das Leben nach dem Tode

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    EinechristlicheJenseitsschau 11Gesellschaften. Die weiseren von ihnen leben nmlich in der Mitte und dieeinfltigeren an den Grenzen. Sie stehen unmittelbar unter der gttlichen Obhut desHerrn und sind unter den Engeln die besten. (50)

    JEDE EINZELNE GESELLSCHAFT IST EIN HIMMEL IN KLEINERER GESTALT,JEDER EINZELNE ENGEL IN DER KLEINSTEN

    Jede einzelne Gesellschaft ist ein Himmel in kleinerer Gestalt, und jeder einzelneEngel in der kleinsten, weil das Gute der Liebe und des Glaubens den Himmel bilden.Dieses Gute findet sich in jeder Gesellschaft des Himmels und in jedem einzelnenEngel einer Gesellschaft. Es spielt keine Rolle, da dieses Gute berall anders undverschieden ist, es ist dennoch das Gute des Himmels. Der Unterschied ist nur der,da der Himmel einmal so, dann wieder anders ist. Darum sagt man, wenn jemandin eine Gesellschaft des Himmels erhoben wird, er komme in den Himmel, und vondenen, die dort sind, heit es, sie seien im Himmel und jeder in dem seinigen. Diesmacht deutlich, was unter den Worten des Herrn zu verstehen ist: "In meines Vaters

    Hause sind viele Wohnungen", (Joh 14, 2) und was durch die "Wohnungen desHimmels" und die "Himmel der Himmel" bei den Propheten bezeichnet wird. (51)

    Darum ist jede einzelne Gesellschaft ein Himmel in kleiner Gestalt, weil in jederGesellschaft eine hnliche himmlische Form herrscht, wie im ganzen Himmel. Auchdaraus kann man entnehmen, da jede einzelne Gesellschaft ein Himmel in kleinerGestalt ist, da der Herr im ganzen Himmel alle so fhrt, als wren sie ein einzigerEngel, und in gleicher Weise auch jene, die zu einer einzelnen Gesellschaft gehren.Infolgedessen erscheint zuweilen auch eine ganze Engelgesellschaft als Einheit inEngelgestalt, was mir auch vom Herrn zu sehen gegeben wurde. Auch wenn derHerr inmitten der Engel erscheint, so erscheint er nicht umgeben von einer groenMenge, sondern in der Gestalt eines einzigen Engels. Daher kommt es, da der Herr

    im Wort auch ein "Engel" heit, oder auch ganze Gesellschaften so genannt werden.Michael, Gabriel und Raffael sind nichts anderes als Engelgesellschaften, die wegenihrer Funktionen so genannt werden. (52)

    Wie eine ganze Gesellschaft der Himmel in kleinerer Gestalt ist, so auch jeder Engelein Himmel in der kleinsten. Denn der Himmel ist nicht auerhalb, sonderninnerhalb des Engels; denn jeder Engel nimmt den Himmel auerhalb seiner selbstgem dem Himmel in sich auf. Hieraus wird klar, wie sehr man sich tuscht, wennman meint, in den Himmel kommen heie blo, unter die Engel erhoben zu werden,wie immer man auch seinem inneren Leben nach beschaffen sein mge. Mit anderenWorten, der Himmel werde einem jeden unmittelbar aus Barmherzigkeit geschenkt.Tatsache ist aber, da nichts vom Himmel, der den Menschen umgibt, in ihn einfliet

    und aufgenommen wird, wenn er nicht selbst den Himmel in sich trgt. Wer einbses Leben fhrt und in den Himmel gert, mu dort mit dem Atem ringen undsich abqulen, hnlich wie Fische auf dem Trockenen oder wie Tiere in einemluftleeren Raum. (54-55)

    Weil alle den sie umgebenden Himmel je nach der Art ihres inwendigen Himmelsaufnehmen, so in gleicher Weise auch den Herrn, weil ja dessen Gttliches denHimmel ausmacht. So kommt es, da der Herr, wenn er sich in einer Gesellschaftgegenwrtig darstellt, selbst in der Art des Guten erscheint, in dem sich dieGesellschaft befindet also nicht jeder Gesellschaft in der gleichen Weise. Die Bsenauerhalb des Himmels leiden bei Seiner Gegenwart sogar Pein. Wenn der Herr ineiner Gesellschaft erscheint, so als Engel. Er unterscheidet sich aber von anderen

  • 8/14/2019 Emanuel Swedenborg | ber das Leben nach dem Tode

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    12 EmanuelSwedenborgEngeln durch das Gttliche, das durch die angenommene Gestalt hindurchscheint.(55)

    Der Himmel ist auch berall da, wo man den Herrn anerkennt, an ihn glaubt und ihnliebt. Die Vielfalt der ihm entgegengebrachten Verehrung entspringt der

    Mannigfaltigkeit des Guten in der einen und anderen Gesellschaft und bedeutetkeinen Nachteil, sondern im Gegenteil einen Vorteil, beruht doch gerade hierauf dieVollkommenheit des Himmels. Jede Einheit setzt sich aus verschiedenen Teilenzusammen und wre ohne diese nichts, htte keine Form, mithin auch keineQualitt. Entsteht hingegen eine Einheit aus mannigfaltigen Teilen und sind diese invollkommener Form, in welcher sich ein Teil dem anderen in harmonischerbereinstimmung der Reihe nach anschliet, dann hat sie vollkommene Qualitt.Auch der Himmel ist eine Einheit, zusammengesetzt aus mannigfaltigen, invollkommenste Form gebrachten Teilen. Denn die himmlische ist dievollkommenste aller Formen. Aus ihr stammt alle Vollkommenheit, wie sich an

    jeder Schnheit, Lieblichkeit und Anmut zeigt, welche Sinne und Gemt anregen,

    entstehen sie doch aus nichts anderem, als dem Zusammenklang und der Harmonievieler bereinstimmender und miteinander harmonierender Dinge, mgen diesenun gleichzeitig zusammenstimmen oder geordnet aufeinander folgen, undkeineswegs aus einem einzigen allein. (56)

    Von der Kirche lt sich hnliches sagen wie vom Himmel, ist sie doch der Himmeldes Herrn auf Erden: Obgleich es viele gibt, heit doch jede einzelne eine Kirche undist es auch, sofern in ihr das Gute der Liebe und des Glaubens herrscht. Der Herrmacht auch hier aus Mannigfaltigem eins, d. h. aus vielen Kirchen eine einzige. Undwie von der Kirche im allgemeinen lt sich auch vom Menschen der Kirche im

    besonderen das gleiche sagen, da nmlich die Kirche innerhalb und nicht auerhalbvon ihm ist und jeder Mensch, bei dem der Herr im Guten der Liebe und des

    Glaubens gegenwrtig ist, eine Kirche darstellt. Was vom Engel gesagt wurde, indem der Himmel ist, kann entsprechend vom Menschen gesagt werden, in dem dieKirche ist: Wie jener einen Himmel, so bildet er eine Kirche in kleinster Gestalt. Jaman kann weiter sagen, da der Mensch, in dem die Kirche ist, ebenso einenHimmel darstellt wie der Engel. Der Mensch ist ja dazu geschaffen, da er in denHimmel komme und ein Engel werde. Deshalb ist jeder, der Gutes vom Herrn hat,ein Engelmensch.

    Es darf hier auch erwhnt werden, was der Mensch mit dem Engel gemein hat undwas er ihm voraus hat. Ebenso wie beim Engel sind auch seine inneren Regionennach dem Bilde des Himmels gestaltet und wird er zu einem Ebenbilde des Himmels,soweit er Gutes der Liebe und des Glaubens verkrpert. Vor den Engeln voraus aber

    hat der Mensch, da sein uereres dem Bild der Welt nachgebildet ist und bei ihmdie Welt dem Himmel untergeordnet wird und dient, soweit er im Guten ist. Dannist der Herr bei ihm in beiden Bereichen dem inneren wie dem ueren wie inseinem Himmel gegenwrtig. Denn der Herr ist berall in Seiner gttlichenOrdnung, weil er ja die Ordnung selbst ist. (57)

    Schlielich ist noch zu bemerken: Wer den Himmel in sich trgt, hat damit nicht nurden Himmel im grten oder allgemeinen, sondern auch im kleinsten odereinzelnen, und die kleinsten Dinge in ihm sind ein Abbild der grten. Dies kommtdaher, weil ein jeder eins ist mit seiner Liebe und von derselben Art, wie seineherrschende Liebe. Was aber herrscht, fliet ins einzelne ein, ordnet es und drcktallem sein Bild auf. (58)

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    EinechristlicheJenseitsschau 13DER HIMMEL IM GANZEN STELLT EINEN EINZIGEN MENSCHEN DAR

    Ein in der Welt noch unbekanntes Geheimnis besteht darin, da der Himmel inseinem Gesamtumfang einen einzigen Menschen darstellt. In den Himmeln ist dasfreilich eine ganz bekannte Tatsache. Dies Geheimnis zu erkennen, und zwar in

    seinen Besonder- und Einzelheiten, ist eine Hauptaufgabe fr die Einsicht der betreffenden Engel. Es hngt auch vieles davon ab, was ohne diesen seinengemeinsamen Grund nicht deutlich und klar in ihre Vorstellung eingehen wrde.Weil sie wissen, da alle Himmel mit ihren Gesellschaften einen einzigen Menschendarstellen, so nennen sie den Himmel auch den "grten" oder "gttlichenMenschen" den gttlichen darum, weil das Gttliche des Herrn den Himmelausmacht. (59)

    Wer keine richtige Vorstellung von den geistigen und himmlischen Dingen hat,vermag nicht zu begreifen, da die himmlischen und geistigen Dinge in die Formund das Bild eines Menschen zusammengeordnet und verbunden sind. Er denktdann, die irdischen und materiellen Dinge, die das uerste des Menschen formen,

    bildeten diesen, und ohne sie sei der Mensch nicht Mensch. Allein man sollte wissen,da der Mensch nicht durch sein ueres Mensch ist, sondern weil er das Wahreeinsehen und das Gute wollen kann; dies ist das Geistige und Himmlische, das denMenschen ausmacht. Auerdem ist wohlbekannt, da jeder Mensch durch dieBeschaffenheit seines Verstandes und Willens bestimmt wird und sein irdischer Leibdazu gebildet ist, dem Willen und Verstand in der Welt zu dienen und in deruntersten Sphre der Natur Nutzen zu schaffen, in Harmonie mit ihnen. Damit istklar: was den Menschen ausmacht, gehrt seinem Verstand und Willen an, und diesehaben auch gleiche Gestalt wie der Mensch, weil sie in die einzelnsten Teile seinesKrpers einwirken wie das Innere in das uere. Von da aus betrachtet, heit derMensch ein innerer bzw. ein geistiger Mensch. Der Himmel aber ist ein solcher

    Mensch in grter und vollkommenster Gestalt. (60)Die Engel sehen zwar den Himmel nicht als Ganzes in der Gestalt eines Menschen,denn der ganze Himmel fllt nicht in den Gesichtskreis irgendeines Engels. Wohlaber erblicken sie zuweilen entlegene Gesellschaften, die aus vielen Tausenden vonEngeln bestehen, als eine Einheit in solcher Gestalt. Und aus der Gesellschaft alseinem Teil schlieen sie auch auf das Ganze, welches der Himmel ist. Denn in dervollkommensten Form ist das Ganze wie die Teile, und die Teile sind wie das Ganze.Daher sagen die Engel, da der ganze Himmel vor dem Auge des Herrn alsmenschliche Gestalt erscheine, weil das Gttliche aus dem Innersten und Oberstenheraus alles sieht.

    Weil der Himmel diese Form hat, wird er auch wie ein Mensch regiert, also als

    Einheit. Es ist ja bekannt, da der Mensch, obwohl er aus einer unzhligenMannigfaltigkeit besteht, sowohl im Ganzen wie in jedem Teil im Ganzen ausGliedmaen, Organen und Eingeweiden, im Teil aus Bndeln von Fibern, Nervenund Blutgefen, also aus Gliedern innerhalb der Glieder und Teilen innerhalb derTeile dennoch als e i n e r handelt. Von ebensolcher Beschaffenheit ist auch derHimmel unter der Obhut und Leitung des Herrn. (63)

    So viele verschiedene Dinge wirken aber deshalb im Menschen als Einheitzusammen, weil in ihm auch das Geringste noch etwas zum gemeinsamen Wesen

    beitrgt und Nutzen stiftet. Das Ganze ntzt seinen Teilen, und die Teile dienen demGanzen. Denn das Ganze besteht aus den Teilen, und die Teile bilden das Ganze.Deshalb sorgen sie freinander, respektieren einander und werden in solcher Form

    miteinander verbunden, da alles und jedes sich auf das Ganze und dessen Wohl

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    14 EmanuelSwedenborg bezieht. Daher kommt es denn auch, da sie als Einheit zusammenwirken. Vonhnlicher Art sind die Gesellschaftsbildungen in den Himmeln. Je nach ihrenNutzleistungen werden sie dort in hnlicher Form verbunden. Nutzen schaffenheit: Anderen um des allgemeinen Besten willen wohl wollen. So kommt es, da die

    Himmlischen als ein Ganzes zusammenwirken, freilich nicht aus sich, sondern ausdem Herrn; denn auf Ihn blicken sie als ihren einzigen Urgrund, und auf sein Reichals das Ganze, fr das man sorgen soll. So sind auch die Worte des Herrn zuverstehen:

    "Trachtet zuerst nach dem Reiche Gottes und seiner Gerechtigkeit, und alles (andere)wird Euch hinzugefgt werden" (Mat 6, 33).

    Seine Gerechtigkeit suchen heit, sein Gutes suchen. Wer in der Welt das Beste desVaterlandes mehr als sein Eigenes und das Beste des Nchsten wie sein Eigenes liebt,sucht und liebt im anderen Leben das Reich des Herrn. Denn dort nimmt dies dieStelle des Vaterlandes ein. (64)

    Weil der ganze Himmel einen einzigen Menschen darstellt und er zugleich derGttlich-Geistige Mensch in grter Gestalt und auch im Abbild ist, darum wird derHimmel ebenso in Glieder und Teile unterschieden wie der Mensch und werdendiese auch ebenso benannt. Die Engel wissen auch, zu welchem Glied die eine oderandere Gesellschaft gehrt. So sagen sie etwa, diese Gesellschaft befinde sich ineinem Teil oder in einer Gegend des Kopfes, jene in einem Glied oder in der Gegendder Brust, eine andere wieder in der Gegend der Lenden, und so fort. Imallgemeinen bildet der oberste oder dritte Himmel das Haupt bis zum Hals; dermittlere oder zweite Himmel die Brust bis zu den Lenden und Knien. Der untersteoder erste Himmel bildet die Beine bis zu den Fusohlen wie auch die Arme bis zuden Fingern. (65)

    Ohne diese vorangestellten Erkenntnisse ber den Himmel als grtem Menschenkann man die weiteren Ausfhrungen ber den Himmel durchaus nicht verstehen.Auch kann man sich ohne dieselben keine deutlichen Vorstellungen machen von derGestalt des Himmels, von der Verbindung des Herrn mit dem Himmel, von derVerbindung des Himmels mit dem Menschen, oder auch vom Einflu der geistigenWelt in die natrliche. Und ganz und gar nicht verstehen knnte man dieEntsprechungen, von denen nun im folgenden der Reihe nach gehandelt werdensoll. (67)

    JEDE EINZELNE GESELLSCHAFT IN DEN HIMMELNSTELLT EINEN MENSCHEN DAR

    Mehrmals durfte ich sehen, da auch jede einzelne Gesellschaft des Himmels einenMenschen darstellt und auch die Gestalt eines Menschen hat. In eine solcheGesellschaft hatten sich mehrere eingeschlichen, die sich in Engel des Lichts zuverstellen wuten. Sie waren Heuchler. Als sie von den Engeln ausgeschiedenwurden, erschien mir die ganze Gesellschaft zuerst wie eine dunkle Masse, dannallmhlich in menschlicher Gestalt, jedoch noch undeutlich, und schlielich in klaremLicht wie ein Mensch. Alle jene, die zu diesem Menschen gehrten und ihn bildeten,

    befanden sich im Guten der betreffenden Gesellschaft. Die brigen, die nicht zudiesem Menschen gehrten und ihn nicht ausmachten, waren die Heuchler. Diesewurden ausgestoen, jene blieben. (68)

    Folgendes mu man wissen: Obgleich alle, die zu einer Gesellschaft des Himmels

    gehren, gelegentlich als Einheit in Menschengestalt erscheinen, so ist doch keine

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    EinechristlicheJenseitsschau 15Gesellschaft ein gleicher Mensch wie eine andere. Vielmehr unterscheiden sie sichvoneinander wie die Gesichter verschiedener Familienmitglieder, je nach denVerschiedenheiten des Guten, in dem sie sind und das sie ausmacht. In dervollkommensten und schnsten menschlichen Gestalt erscheinen die Gesellschaften,

    die sich im innersten oder obersten Himmel und dort in der Mitte befinden. (70)Bemerkenswert ist, da die menschliche Gestalt einer himmlischen Gesellschaft umsovollkommener ist, je mehr ihr angehren und harmonisch zusammenwirken. Denndie in himmlischer Form zusammengefgte Mannigfaltigkeit bildet dieVollkommenheit (vgl. Nr. 56). Mannigfaltigkeit aber ist das Ergebnis der Vielheit.

    Jede himmlische Gesellschaft nimmt auch von Tag zu Tag an Zahl zu und wird imselben Mae vollkommener. So wird nicht nur die betreffende Gesellschaftvervollkommnet, sondern auch der Himmel im allgemeinen; denn die Gesellschaften

    bilden ja den Himmel. Da nun der Himmel durch die zunehmende Fllevollkommener wird, so ist offensichtlich, wie sehr jene irren, welche meinen, derHimmel werde geschlossen, wenn er voll sei. Das Gegenteil ist wahr, er wird niemals

    geschlossen werden, einfach weil die immer grer werdende Flle ihnvollkommener macht. Der Engel grte Sehnsucht ist es darum, neue Engelsgstebei sich zu empfangen. (71)

    JEDER ENGEL HAT DAHER EINE VOLLKOMMENE MENSCHLICHE GESTALT

    Wie nun der Himmel Mensch ist in grter Form und jede Gesellschaft des Himmelsin kleinerer, so der Engel in der kleinsten. Denn in der vollkommensten, also in derhimmlischen Form, liegt ein Ebenbild des Ganzen im Teil und des Teiles im Ganzen.Dem ist aber deshalb so, weil der Himmel eine Gemeinschaft ist, die alles, was siehat, mit jedem ihrer Mitglieder teilt, whrend umgekehrt jedes Mitglied alles ausdieser Gemeinschaft empfngt, was es hat. Ein Engel ist ein Himmel in kleinster

    Gestalt, weil er ein Empfnger aller himmlischen Dinge ist, wie dies imentsprechenden Abschnitt gezeigt wurde. In dem Mae, wie der Mensch denHimmel in sich aufnimmt, ist er ebenfalls ein solcher Empfnger, ein Himmel und einEngel. (73)

    Doch nun zur Erfahrung! Ich habe tausendmal gesehen, da die Engel menschlicheGestalten oder Menschen sind, habe ich doch als Mensch zu Mensch mit ihnengesprochen, bald mit einem einzelnen, bald mit vielen in Gesellschaft. Ich konnteauch durchaus nichts an ihnen entdecken, was an ihnen hinsichtlich ihrer Gestalt

    besonders gewesen wre. Zuweilen habe ich mich darber gewundert; und damitman nicht sagen mge, es sei eine Tuschung oder ein Fantasiegebilde, durfte ich dieEngel im Zustand vollen Wachens bzw. im Vollgefhl meines Krpers und bei

    klarem Bewutsein sehen. Ich erzhlte ihnen auch fters, da sich die Menschen inder Christenheit bezglich der Engel und Geister in so tiefer Unwissenheit befnden,da sie sie fr Geistwesen ohne Form und fr bloe Ideen hielten, von denen sie sichkeine andere Vorstellung machten als von etwas therischem, dem Lebenskraftinnewohne. Hierauf entgegneten die Engel, sie wten wohl, da in der Welt vielediesen Glauben teilten und da er vor allem bei den Gelehrten verbreitet sei, aberauch und darber wunderten sie sich bei den Geistlichen. Sie sahen die Ursachedarin, da die Gelehrten aus dem Sinnlichen des ueren Menschen ber diese Dingedenken, sie daher die Urheber dieser Vorstellung von Engeln und Geistern seien undsie zuerst ausgebrtet htten. Wer aber aus einem solchen Denken und nicht ausinnerer Erleuchtung und aus jener Ahnung, die einem jeden eingepflanzt ist, urteilt,

    mu notwendigerweise auf solche Fiktionen verfallen, weil das Sinnliche des

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    16 EmanuelSwedenborgueren Menschen nichts anderes erfat als Natrliches, folglich nichts von dergeistigen Welt. Von ihnen als den Urhebern ging diese falsche Engel-Vorstellung aufandere ber, die sich keine eigenen Gedanken machten. Weiter erklrten die Engel,da Menschen einfltigen Herzens und Glaubens nicht in solchen Vorstellungen von

    den Engeln befangen seien. Sie htten ihren aus dem Himmel eingepflanztenAhnungen nicht durch falsche Gelehrsamkeit geschadet und sich auch nichtsGestaltloses vorstellen knnen. Daher werden auch die Engel in den Kirchen vonBildhauern und Malern immer als Menschen dargestellt. (74)

    Nach all meiner Erfahrung kann ich sagen und versichern, da die Engel in jederHinsicht Menschen sind, Gesicht, Augen, Ohren, Brust, Arme, Hnde und Fehaben, sich gegenseitig sehen, hren, miteinander reden mit einem Wort: daihnen gar nichts fehlt, was zum Menschen gehrt, auer da sie nicht mit einemmateriellen Leib berkleidet sind. Ich habe sie in ihrem Licht beobachtet, welches dashellste Tageslicht in der Welt um viele Grade bertrifft, und in diesem Licht waren allihre Gesichtszge bestimmter und deutlicher zu sehen als die Gesichter der

    Menschen auf Erden. Es wurde mir auch erlaubt, einen Engel des innersten Himmelszu sehen. Sein Antlitz war noch schner und glnzender als das der Engel derunteren Himmel. lch betrachtete ihn genau, und er hatte eine menschliche Gestalt inaller Vollkommenheit. (75)

    Man mu jedoch wissen, da der Mensch die Engel nicht mit den Augen seinesKrpers, sondern nur mit den Augen seines Geistes sehen kann, weil dieser in dergeistigen Welt ist, alles zum Krper Gehrige dagegen in der natrlichen Welt.Gleiches sieht Gleiches, weil es Gleichem entstammt. Der Mensch kann diese Dingesehen, wenn er dem Auge des Krpers entrckt und ihm das Gesicht seines Geistesgeffnet wird. Dies geschieht auch augenblicklich, wenn es dem Herrn gefllt. DerMensch meint dann nur, da er sie mit den Augen seines Krpers erblicke. Auf diese

    Weise wurden die Engel von Abraham, Lot, Manoach und den Propheten gesehen,ebenso auch der Herr nach der Auferstehung von den Jngern. In gleicher Weisehabe auch ich die Engel gesehen. Weil die Propheten auf diese Weise sahen, nannteman sie Seher oder Mnner, denen die Augen geffnet sind, wie 1. Sam. 9, 9 und 4.Mose 24, 3. Sie so sehen zu machen, hie "die Augen ffnen", wie dies dem GehilfenElischas geschah, von dem man liest:

    "Elischa betete und sprach: Jehovah, ffne doch seine Augen, da er sehe! Und alsJehovah die Augen seines Gehilfen ffnete, da sah er, und siehe, der Berg war vollerfeuriger Rosse und Wagen rings um Elischa her" (2. Kn 6, 17). (76)

    Einige gute Geister bedauerten von Herzen, da in der Kirche eine derartigeUnwissenheit hinsichtlich des Zustandes der Himmel und inbezug auf Geister und

    Engel herrsche. Unwillig darber sagten sie, ich solle doch auf alle nur mgliche Artund Weise berichten, da sie nicht gestaltlose Geistwesen oder Luftgebilde seien,sondern Menschen in voller Gestalt, die ebenso sehen, hren und empfinden wie dieMenschen in der Welt. (77)

    DAS GTTLICH-MENSCHLICHE DES HERRN BEWIRKT, DASS DER HIMMEL IMGANZEN WIE IM EINZELNEN EINEN MENSCHEN DARSTELLT

    Im Gttlich-Menschlichen des Herrn liegt die Ursache dafr, da der Himmel imGanzen wie in seinen einzelnen Teilen einen Menschen darstellt. Dies ergibt sich alsFolge aus all dem, was in den vorhergehenden Abschnitten gesagt und gezeigt

    wurde. Aufgrund vielfltiger Erfahrung bin ich sicher, da dem so ist. Alle Engelerkennen das Gttliche einzig und allein in menschlicher Gestalt, und was

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    EinechristlicheJenseitsschau 17wunderbar ist die Engel in den oberen Himmeln knnen sich das Gttlicheberhaupt nicht anders denken. Sie werden in diese Denknotwendigkeit durch daseinflieende Gttliche selbst eingefhrt, ebenso durch die Form des Himmels, in diesich ihre Gedanken rings umher verbreiten. Dies ist mir nicht nur von den Engeln

    gesagt, sondern auch selbst zu erkennen gegeben worden, als ich in die inwendigeSphre des Himmels erhoben wurde. Hieraus wird klar, da die Engel, je weiser siesind, dies umso deutlicher erkennen. So kommt es auch, da ihnen der Herrerscheint. Denn der Herr erscheint denen in gttlicher Engelsgestalt, das heit imMenschlichen, die einem schaubaren Gttlichen huldigen, weil sie sein Gttliches zuschauen vermgen. Den anderen erscheint er nicht. (78-79)

    Weil die Engel ein schaubares Gttliches in menschlicher Gestalt anerkennen, darumpflegen sie zu sagen, der Herr allein sei Mensch, und sie seien nur Menschen ausIhm. Jeder sei daher gerade nur so weit Mensch, als er den Herrn in sich aufnimmt.Darunter verstehen sie die Aufnahme des Guten und Wahren von Ihm, denn diesenwohnt der Herr inne. (80)

    Weil der Himmel aufgrund des Gttlich-Menschlichen des Herrn im Ganzen wie inseinen Teilen einen einzigen Menschen darstellt, sagen die Engel, sie seien im Herrn,und einige auch, sie seien in seinem Leib, womit sie das Bleiben im Guten seinerLiebe meinen, wie auch der Herr selbst lehrt, wenn er sagt:

    "Bleibet in mir, und ich in euch. Gleich wie die Rebe keine Frucht bringen kann vonihr selber, sie bleibe denn am Weinstock, so auch ihr nicht, ihr bleibet denn in mir denn ohne mich knnt ihr nichts tun bleibet in meiner Liebe! Wenn ihr meineGebote haltet, so werdet ihr in meiner Liebe bleiben" (Joh 15, 4-10). (81)

    Weil nun ein solcher Begriff vom Gttlichen im Himmel herrscht, so ist es auch jedem Menschen, der etwas von dem Einflu in den Himmel in sich empfngt,

    eingepflanzt, sich Gott unter menschlicher Gestalt vorzustellen. Die Einfltigen sehenIhn in Gedanken als alten Mann im hellen Glanz des Lichts. Aber jene, die denEinflu aus dem Himmel durch ihren eigenen Intellekt oder durch ein bses Lebenunterdrcken, haben diese Vorstellung bei sich ausgelscht. Sie wollen entwedereinen unschaubaren Gott oder, wenn sie den Einflu des Himmels durch ein bsesLeben verwirkt haben, berhaupt keinen Gott. Die einen wie die anderen wissen garnicht, da es eine solche eingepflanzte Vorstellung gibt, weil sie bei ihnen selbst nichtmehr besteht. Dabei ist es das himmlische Gttliche selbst, das zuerst aus demHimmel beim Menschen einfliet, weil der Mensch zum Himmel geboren ist. OhneVorstellung des Gttlichen kommt niemand in den Himmel. (82)

    Wer daher keine Vorstellung vom Himmel, das heit vom Gttlichen hat, aus dem

    der Himmel besteht, kann nicht einmal bis zu dessen erster Schwelle erhobenwerden. Sobald er nur in die Nhe kommt, empfindet er einen Widerstand undstarken Gegendruck. Der Grund liegt darin, da die innerlicheren Bereiche in ihm,die den Himmel aufnehmen sollen, nicht in der Form des Himmels und folglichverschlossen sind, ja sich umso fester verschlieen, je nher er dem Himmel kommt.(83)

    Der sinnliche Mensch kann ber das Gttliche nur aus der Sicht der Welt und derweltlichen Dinge heraus denken, sich also den gttlichen und geistigen Menschennur krperlich und natrlich vorstellen. Somit folgert er: Wre Gott Mensch, mteer so gro sein wie das Weltall, und wrde er Himmel und Erde regieren, so mtees in der Weise irdischer Knige durch viele Beamte geschehen. Entgegnet man ihm,

    da es im Himmel keine rumliche Ausdehnung gibt, wie in der Welt, kann er es

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    18 EmanuelSwedenborgnicht fassen. Denn wer nur aus der Natur und deren Licht denkt, vermag ganzoffensichtlich nur in rumlichen Vorstellungen zu denken. Es ist aber eine groeTuschung, sich den Himmel so vorzustellen. Das Ausgedehnte gleicht dort nichtdem Rumlichen der Welt. In der Welt ist es begrenzt und lt sich messen, im

    Himmel unbegrenzt und unermelich. berdies wei jeder, wie weit sich dieSehkraft des Auges erstreckt, nmlich bis zur Sonne und zu den Sternen, die dochunermelich weit entfernt sind. Wer tiefer denkt, wei auch, da das innere Sehen das des Denkens darber hinaus geht und es daher von einer noch innerlicherenSchau bertroffen wird. Um wieviel mehr also noch vom gttlichen Sehen, welchesdas allerinnerste und hchste ist?! Da nun die Gedanken einer solchen Ausdehnungfhig sind, so werden auch alle himmlischen Angelegenheiten einem jeden seinerBewohner mitgeteilt, folglich alles, was zum Gttlichen gehrt, das den Himmel

    bildet und ihn erfllt. (85)

    Die Himmlischen wunderten sich, da sich Menschen fr intelligent halten, die sichunter Gott ein unschaubares, unter keiner Gestalt fabares Wesen vorstellen und

    Andersdenkende fr beschrnkt, ja einfltig erklren, obgleich doch das Gegenteilzutrifft. Sie meinen, jene, die sich deshalb fr intelligent halten, sollten sich lieberprfen, ob sie nicht anstelle Gottes blo die Natur sehen. Manche von ihnenerblicken die vor Augen liegende, andere die unsichtbare Natur, und es fragt sich, obihre Blindheit nicht so weit geht, da sie berhaupt nicht wissen, was Gott, ein Engel,ein Geist, was ihre nach dem Tode fortlebende Seele, das Leben des Himmels beimMenschen und anderes mehr ist. Das alles gehrt zur Einsicht, und die von ihnen alseinfltig Bezeichneten wissen es alles auf ihre Weise. Daher heien sie bei den Engelnintelligent und fr den Himmel geeignet, jene aber im Gegenteil beschrnkt. (86)

    DIE ENTSPRECHUNG ALLER TEILE DES HIMMELS

    MIT ALLEN TEILEN DES MENSCHENEs ist heutzutage aus verschiedenen Ursachen unbekannt, was Entsprechung ist. Derwichtigste Grund liegt darin, da der Mensch infolge seiner Selbst- und Weltliebe sichvom Himmel entfernt hat. Denn wer sich und die Welt ber alles liebt, trachtet nurnach weltlichen Dingen, weil diese den ueren Sinnen schmeicheln und dieGenusucht befriedigen, nicht aber nach geistigen Dingen, die die inneren Sinneansprechen und das Gemt erfreuen. Diese weist man zurck und sagt, sie stndenzu hoch, um als Denkobjekte in Frage zu kommen. Anders verhielten sich die Alten.Ihnen galt die Wissenschaft der Entsprechungen als vornehmste allerWissenschaften. Durch sie gelangten sie auch zu Einsicht und Weisheit und hattenGemeinschaft mit dem Himmel; denn die Wissenschaft der Entsprechungen ist eine

    Engelwissenschaft. Die Urmenschen, welche himmlische Menschen waren, dachtenwie die Engel aus der Entsprechung selbst. Darum redeten sie auch mit den Engelnund erschien ihnen des fteren der Herr und belehrte sie. Heutzutage aber ist dieseWissenschaft so gnzlich verloren gegangen, da man nicht einmal mehr wei, wasEntsprechung berhaupt ist. (87)

    Dies mu nun zuerst gesagt werden: Die ganze natrliche Welt entspricht dergeistigen, und zwar nicht nur im allgemeinen, sondern auch im einzelnen. Deshalbheit alles, was in der natrlichen Welt aus der geistigen heraus entsteht,Entsprechendes. Man mu wissen, da die natrliche Welt aus der geistigen entstehtund besteht, ganz wie die Wirkung aus ihrer Wirkursache. Zur natrlichen Weltgehrt alles rumlich Ausgedehnte, das unter der Sonne ist und von ihr Wrme und

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    EinechristlicheJenseitsschau 19Licht empfngt. Die geistige Welt aber ist der Himmel, und zu ihr gehrt alles in denHimmeln. (89)

    Weil der Mensch ebenso ein Himmel wie eine Welt in kleinster Gestalt ist (vgl. Nr.57), darum findet sich bei ihm sowohl die geistige als auch die natrliche Welt: die

    innerlicheren Bereiche, die zu seinem Gemt gehren und sich auf Verstand undWille beziehen, bilden seine geistige Welt, die uerlichen aber, die seinem Krperangehren und sich auf dessen Sinne und Handlungen beziehen, stellen seinenatrliche Welt dar. Als Entsprechendes wird daher alles bezeichnet, was in seinernatrlichen Welt, also in seinem Krper und dessen Sinnen und Handlungen, ausseiner geistigen Welt, also aus seinem Gemt und dessen Verstand und Willenheraus entsteht. (90)

    Das Wesen der Entsprechung kann man beim Menschen an seinem Angesichterkennen. In einem Gesicht, das nicht gelernt hat, sich zu verstellen, zeigen sich alleGemtsbewegungen in natrlicher Form wie in einem Abdruck. So wird demMenschen seine geistige Welt sichtbar in seiner natrlichen; daher heit auch das

    Antlitz der "Spiegel der Seele". Ebenso drcken sich die berlegungen desVerstandes in der Rede und die Regungen des Willens in den Bewegungen desKrpers aus. Was immer also im Krper vorgeht, sei es im Gesicht, sei es in derRede, sei es in den Gebrden, heit Entsprechendes. (91)

    Hieraus ist auch ersichtlich, was der innere und was der uere Mensch ist; denn derinnere wird der geistige Mensch genannt und der uere der natrliche. Fernererkennt man daraus, da der eine vom anderen so verschieden ist, wie der Himmelvon der Welt, und da alles, was im ueren und natrlichen Menschen geschiehtund entsteht, vom inneren oder geistigen Menschen ausgeht und zur Wirkunggebracht wird. (92)

    Es wurde gezeigt, da die Engelgesellschaften, aus denen der Himmel besteht,geordnet sind wie die Gliedmaen, Organe und inneren Teile im Menschen.Infolgedessen befinden sich einige im Haupt, einige in der Brust, andere in denArmen oder in deren einzelnen Teilen (vgl. Nr. 59-72). Die Gesellschaften nun, diesich in einem gewissen Gliede des Gromenschen befinden, entsprechen demgleichen Glied im Menschen, so z.B. die im Haupt befindlichen dem Haupt desMenschen, die in der Brust befindlichen der Brust des Menschen, usw. Der Mensch

    besteht berhaupt nur infolge dieser Entsprechung, hat er doch nirgend anders herals aus dem Himmel sein Bestehen. (94)

    Wie oben gezeigt wurde, ist der Himmel in zwei Reiche unterteilt, von denen daseine das himmlische, das andere das geistige Reich heit. Herz und Lunge bilden

    auch zwei Reiche im Menschen: Das Herz regiert in ihm durch die Arterien undVenen, die Lunge durch die Nerven- und motorischen Fibern, beide in jederKraftanstrengung und Bewegung vereint. In der geistigen Welt eines jedenMenschen, also in seinem geistigen Menschen, gibt es ebenfalls zwei Bereiche, dendes Willens und den des Verstandes. Ersterer regiert durch die Neigungen zumGuten, letzterer durch die Neigungen zum Wahren. Diese Bereiche entsprechen auchdenen des Herzens und der Lunge im Krper. Ebenso ist es im Himmel. Dashimmlische Reich beruht auf dem Willens-Prinzip. In ihm herrscht das Gute derLiebe. Das geistige Reich beruht auf dem Verstandes-Prinzip. In ihm herrscht dasWahre. Sie entsprechen den Funktionen des Herzens und der Lunge im Menschen.Diese Entsprechung ist der Grund, weshalb das Herz im Wort den Willen und auchdas Gute der Liebe bezeichnet, das Atemholen der Lunge aber den Verstand und das

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    20 EmanuelSwedenborgWahre des Glaubens. Daher werden auch dem Herzen Neigungen zugeschrieben,obgleich sie weder in ihm sind noch aus ihm hervorgehen. (95)

    Das Entsprechungs-Verhltnis der beiden Reiche des Himmels zum Herzen und zurLunge ist das allgemeine Entsprechungs-Verhltnis des Himmels zum Menschen.

    Weniger allgemein aber ist das zu seinen einzelnen Gliedmaen, Organen undinneren Teilen, dessen Wesen wir nun auch beschreiben wollen. Die Engel imGromenschen oder Himmel, die sich im Haupt befinden, sind in besonderer Weisevor anderen in allem Guten: Sie sind in der Liebe, im Frieden, in der Unschuld,Weisheit, Einsicht und daraus in Freude und Seligkeit. Sie flieen ins Haupt und in alldas ein, was beim Menschen zum Haupt gehrt, dem sie entsprechen. Die Engel imhimmlischen Gromenschen, die sich in der Brust befinden, leben im Guten derNchstenliebe und des Glaubens und flieen in die Brust des Menschen ein, der sieentsprechen. Jene Engel, die zu den Lenden und Zeugungsorganen des grten oderhimmlischen Menschen gehren, sind in der ehelichen Liebe, die Engel, die zu denFen gehren, also zum untersten Guten des Himmels, sind im Geistig-

    Natrlichen; die in den Armen und Hnden in der Macht des Wahren aus demGuten. Die Engel in der Region der Augen befinden sich im Verstand, die in denOhren im Aufmerken und Gehorsam, und die in der Nase in der Wahrnehmung; dieEngel in der Region des Mundes und der Zunge in der Redegabe, welche aufVerstand und Wahrnehmung beruht. In den Nieren sind die Engel, die imsichtenden, ausscheidenden und zurechtweisenden Wahren sind, in der Leber, imPankreas und in der Milz jene, die den mannigfachen Suberungen des Guten undWahren obliegen anders wieder bei den brigen. Sie alle flieen in die hnlichenTeile des Menschen ein und entsprechen ihnen. Der Einflu des Himmels geht in dieFunktionen und Nutzwirkungen der Glieder ein, und die Nutzwirkungen, weil sieaus der geistigen Welt stammen, nehmen durch Dinge, welche in der natrlichenWelt sind, Form an, durch die sie sich zur Wirkung bringen. Daher rhrt dieEntsprechung. (96)Deshalb wird im Wort durch diese Gliedmaen, Organe und inneren Teile hnliches

    bezeichnet. Denn im Wort hat alles seine Bedeutung gem den Entsprechungen. So bezeichnet das Haupt die Einsicht und Weisheit, die Brust die Nchstenliebe, dieLenden die eheliche Liebe, die Arme und Hnde die Macht des Wahren, die Fe dasNatrliche, die Augen den Verstand, die Nase die Wahrnehmung, die Ohren denGehorsam, die Nieren die Reinigung des Wahren, usw. So kommt es auch zu

    bestimmten Redewendungen. Von einem einsichtsvollen und weisen Menschenetwa sagt man: Das ist ein Kopf; einen geliebten Freund nennt man gern seinenBusenfreund. Jemandem, der sich durch seine Wahrnehmung auszeichnet, sagt mannach, er habe eine feine Nase; ein besonders Einsichtiger, sagt man, habe ein scharfesAuge. Von einem Mchtigen heit es, sein Arm reiche weit, und von einem, deretwas aus Liebe will, meint man, er wolle es von Herzen. Diese und viele andereRedewendungen des Menschen haben ihren Ursprung in der Entsprechung,stammen sie doch, ohne da der Mensch es wei, aus der geistigen Welt. (97)

    Doch obwohl nun alle zum Krper des Menschen gehrenden Teile allen Teilen desHimmels entsprechen, ist der Mensch nicht seiner ueren, sondern seiner innerenForm nach ein Ebenbild des Himmels. Denn die innerlichen Bereiche des Menschennehmen den Himmel auf, seine uerlichen die Welt. In dem Mae also, wie dieseinnerlichen Bereiche des Menschen den Himmel aufnehmen, ist er im Hinblick auf sieein Himmel in kleinster Gestalt, nach dem Bilde des Gromenschen. Tatschlicherscheint auch der Geist des Menschen nach dem Tode in der Gestalt, wie sie in

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    EinechristlicheJenseitsschau 21seinem Krper verborgen war, der ihn whrend seines irdischen Lebens bekleidethatte. (99)

    Die Entsprechung erstreckt sich aber noch ber den Menschen hinaus, gibt es dochauch eine Entsprechung der Himmel untereinander. Dem dritten oder innersten

    Himmel entspricht der zweite oder mittlere, dem zweiten oder mittleren der ersteoder unterste Himmel, und dieser wiederum entspricht den krperlichen Formen imMenschen, also seinen Gliedmaen, Organen und inneren Teilen. So ist es dasLeibliche, in das der Himmel zuletzt ausmndet und auf dem er als auf seinerGrundlage ruht. (100)

    Man mu jedoch vor allem wissen, da jede Entsprechung mit dem Himmel einesolche mit dem Gttlich-Menschlichen des Herrn ist, denn von ihm stammt derHimmel, und Er ist der Himmel, wie dies in den vorhergehenden Abschnittengezeigt wurde. Flsse nicht das Gttlich-Menschliche in alle Teile des Himmels undgem den Entsprechungen in alle Teile der Welt ein, so gbe es weder Engel nochMenschen. Hieraus ergibt sich wiederum, weshalb der Herr Mensch geworden ist

    und sein Gttliches mit Menschlichem vom Ersten bis zum Letzten bekleidet hat. Esgeschah nmlich, weil das Gttlich-Menschliche, aus dem sich der Himmel vor derAnkunft des Herrn bildete, nicht lnger gengte, um alles zu erhalten, hatte doch derMensch, der die Unterlage des Himmels ist, die Ordnung erschttert und zerstrt.(101)

    Die Engel sind sehr erstaunt, wenn sie hren, da es Menschen gibt, die alles derNatur und nichts dem Gttlichen zuschreiben und glauben, da ihr Leib, der eineAnsammlung so vieler bewundernswerter Einzelheiten des Himmels darstellt, ausder Natur hervorgegangen sei, ja sogar das Vernnftige des Menschen von daherstamme. Und dies, obwohl doch die Menschen, wenn sie ihren Geist nureinigermaen erheben wollten, durchaus sehen knnten, da all dies nicht der

    Natur, sondern dem Gttlichen entstammt, und da die Natur nur erschaffen wurde,um das Geistige zu bekleiden und in entsprechender Weise im Letzten der Ordnungdarzustellen. Die Engel vergleichen solche Menschen mit Nachteulen, die in derFinsternis und nicht im Licht sehen. (102)

    ES BESTEHT EINE ENTSPRECHUNG DES HIMMELSZU ALLEN DINGEN DER ERDE

    Der Ordnung halber ist nun noch zu zeigen, da alle Dinge der Erde, ja berhauptalle Einzelheiten der Erde Entsprechungen sind. (103)

    Alle irdischen Dinge werden in drei Gattungen oder Reiche eingeteilt, nmlich Tier-,

    Pflanzen- und Mineralreich. Was lebt, gehrt zum Tierreich und ist eineEntsprechung ersten Grades; was nur wchst, gehrt zum Pflanzenreich und ist eineEntsprechung zweiten Grades, und was weder lebt noch wchst, gehrt zumMineralreich und ist eine Entsprechung dritten Grades. Entsprechungen im Tierreichsind die verschiedenen Lebewesen, sowohl diejenigen, die sich auf der Erde oder imWasser fortbewegen, als auch jene, die in der Luft fliegen. Die Entsprechungen imPflanzenreich bestehen aus allem, was in Grten, Wldern, ckern und Feldernwchst und blht. Die Entsprechungen im Mineralreich bestehen aus allen edlen undunedlen Metallen, allen kostbaren und gewhnlichen Steinen, allen verschiedenenErdarten und Gewssern. Entsprechungen sind ferner die Dinge, die menschlicherFlei aus dem Genannten zum Gebrauch bereitet: Alle Arten von Speisen,

    Kleidungsstcken, Husern, Gebuden und vieles andere mehr. (104)

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    22 EmanuelSwedenborgAuch was ber der Erde ist, etwa Sonne, Mond und Sterne, dann was zurAtmosphre gehrt, wie Wolken, Nebel, Regen, Blitz und Donner, ist etwasEntsprechendes. Dasselbe gilt von allem, was mit der Sonne zusammenhngt, ihremSchein und ihrer Abwesenheit, Licht und Schatten, Wrme und Klte, sowie fr alles,

    was davon abhngt, also Jahres- und Tageszeiten. (105)Mit einem Wort: Alles, was in der Natur entsteht, vom kleinsten bis zum grten, isteine Entsprechung. Der Grund ist aber, da die natrliche Welt aus der geistigenheraus entsteht und besteht und beide aus dem Gttlichen. Nichts kann bestehendurch sich selbst, sondern nur durch ein ihm Vorhergehendes, also durch ein Erstes.Wrde es von diesem getrennt, so ginge es vllig zugrunde und verschwnde. (106)

    Alle Dinge in der Welt entstehen aus dem Gttlichen und werden in der Natur insolche Formen gekleidet, durch die sie in der Welt sein, Nutzen schaffen und soentsprechen knnen. Dies zeigt sich deutlich an den einzelnen Erscheinungen sowohlim Tier- als auch im Pflanzenreich. In beiden Reichen gibt es Dinge, an denen jeder,sofern er vom Inwendigen her denkt, erkennen kann, da sie aus dem Himmel

    stammen. Zur Illustration einige wenige Beispiele: Allgemein bekannt ist, welch einWissen jedem Tier gleichsam angeboren ist. So wissen die Bienen den Honig aus denBlumen zu sammeln, aus dem Wachs Zellen zu bauen, in denen sie ihren Honigspeichern knnen, um so sich und ihr Volk mit Nahrung, auch fr den kommendenWinter, zu versorgen. Ihre Knigin legt Eier, die brigen pflegen und hten sie,damit ein neues Geschlecht daraus entstehen kann. Sie leben unter einer gewissenRegierungsform, die sie aus ihrem eingeborenen Wissen heraus alle kennen. Sieerhalten die ntzlichen Bienen, die anderen treiben sie aus und berauben sie ihrerFlgel ganz zu schweigen von anderen erstaunlichen Fhigkeiten, die ihnen desNutzzwecks wegen vom Himmel eingepflanzt werden. Und was geht nicht alles beiden Raupen vor, die doch im Tierreich die verachtetsten aller Kreaturen sind!? Sie

    wissen, wie sie sich mit dem Saft aus dem fr sie tauglichen Blattwerk zu ernhrenhaben, sie umgeben sich, sobald ihre Zeit gekommen ist, mit einer Hlle, in der siewie in einer Gebrmutter liegen und so fr die Nachkommenschaft ihrer Gattungsorgen. Wer nur ein wenig vernnftig und weise denkt, knnte der wohl je etwasanderes behaupten, als da all diese Dinge aus einer geistigen Welt stammenmssen, da doch die natrliche nur dazu dient, das von daher Stammende mit einemLeib zu bekleiden bzw. etwas seiner Ursache nach Geistiges als Wirkungdarzustellen!? Da nun alle diese Tiere in die genannten Instinkte hineingeborenwerden, nicht aber der Mensch, der doch mehr ist als sie, beruht darauf, da dieTiere im Unterschied zum Menschen in ihre Lebensordnung eingebettet sind. Weilihnen der Bereich der Vernunft fehlt, konnten sie nicht zerstren, was in ihnen vonder geistigen Welt her angelegt ist. Anders der Mensch, der aus der geistigen Weltdenkt und begnstigt durch seine Vernunftfhigkeit ein Leben gegen dieOrdnung fhrt, um so jenen Einflu aus der geistigen Welt bei sich zu verkehren.Darum ist es nicht anders mglich, als da er in vllige Unwissenheit hineingeborenwird und hernach durch gttliche Mittel in die Ordnung des Himmels zurckgefhrtwerden mu. (108)

    Die Entsprechungen des Pflanzenreiches sind aus zahlreichen Beispielen ersichtlich,lassen sich aber nur schwer mit wenigen Worten beschreiben. Ganze Bcher wrendazu erforderlich, und doch lieen sich die tieferen Geheimnisse, die ihrenNutzzwecken nher liegen, wissenschaftlich berhaupt nicht ergrnden. Weil auchdieser Bereich aus der geistigen Welt oder dem Himmel stammt, der, wie obengezeigt wurde, menschliche Gestalt hat, so haben auch die Einzelheiten diesesReiches eine gewisse Beziehung zu Dingen, die sich beim Menschen finden, wie auch

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    EinechristlicheJenseitsschau 23einigen Gelehrten bekannt ist. Auch alle Einzelheiten dieses Reiches sindEntsprechungen, wie mir durch viele Erfahrungen klar wurde. Denn wenn ich michin Grten aufhielt und dort die Bume, Frchte, Blumen und Hlsenfrchte

    betrachtete, bemerkte ich hufig im Himmel die Entsprechungen, redete darber mit

    Engeln, bei denen sie waren, und wurde so ber ihren Ursprung und ihreBeschaffenheit unterrichtet. (109)

    Tiere entsprechen im allgemeinen den Neigungen, die zahmen und ntzlichen denguten, die wilden und unntzen den bsen Neigungen. Insbesondere entsprechenRinder und Stiere den Neigungen des natrlichen Gemts, Schafe und Lmmer denNeigungen des geistigen Willens, geflgelte Tiere, je nach ihrer Art, denVerstandesbereichen beider Gemter. So kommt es, da verschiedene Tiere, wieRinder, Stiere, Widder, Schafe, Ziegen, Bcke, mnnliche und weibliche Lmmer,sowie auch Tauben und Turteltauben in der vorbildenden israelitischen Kirche zuSchlacht- und Brandopfern benutzt wurden, entsprachen sie doch den geistigenDingen, die im Himmel den Entsprechungen gem verstanden wurden. Daher hat

    auch jedes Tier ein angeborenes Wissen gem dem Trieb seines Lebens. Seinemnatrlichen Menschen nach ist der Mensch den Tieren hnlich, und wird deshalb auchim allgemeinen Sprachgebrauch hufig mit ihnen verglichen. So nennt man z. B. denSanftmtigen ein Schaf oder Lamm, den Wilden einen Bren oder Wolf, denSchlauen einen Fuchs oder eine Schlange usw. (110)

    Ein hnliches Entsprechungsverhltnis besteht auch zu den Objekten desPflanzenreichs: So entspricht ein Garten im allgemeinen dem Himmel hinsichtlich derEinsicht und Weisheit, weshalb auch der Himmel ein "Garten Gottes" oder ein"Paradies" genannt wird und man auch vom "himmlischen Paradies" spricht. DieBume entsprechen je nach ihren Arten den Wahrnehmungen und Erkenntnissendes Guten und Wahren, die zu Einsicht und Weisheit fhren. Darum hielten die

    Alten, die in der Kenntnis der Entsprechungen waren, ihren Gottesdienst in Hainenab. Und deshalb werden auch so oft im Wort Bume genannt und Himmel, Kircheund Mensch mit Weinstock, lbaum, Zeder und anderen Bumen verglichen, dasGute aber, das sie tun, mit den Frchten. Auch die aus ihnen gewonnene Nahrung,

    besonders die aus den Feldfrchten bereitete, entspricht den Neigungen zum Gutenund Wahren, und zwar deshalb, weil sie das geistige Leben ebenso nhren, wieirdische Nahrungsmittel das natrliche. So entspricht das Brot im allgemeinen derNeigung zu allem Guten, weil es mehr als jede andere Nahrung das Leben erhlt,und durch das Brot die Nahrung schlechthin bezeichnet wird. Dieser Entsprechungwegen nennt sich auch der Herr selbst das Brot des Lebens. Aus dem selben Grundewaren auch in der israelitischen Kirche Brote in gottesdienstlichem Gebrauch,wurden doch die sogenannten "Schaubrote" auf dem Tisch der Stiftshtte ausgelegt.berdies wurde der ganze durch Schlacht- und Brandopfer vermittelte Gottesdienst"Brot" genannt. Dieser Entsprechung wegen ist auch das Heiligste des christlichenGottesdienstes das Abendmahl, bei dem Brot und Wein gereicht werden. (111)

    Wie wird nun die Verbindung des Himmels mit der Welt durch Entsprechungen bewirkt? Das Reich des Herrn ist ein Reich von Absichten, d. h. Nutzwirkungen.Darum ist das Weltall vom Gttlichen so eingerichtet worden, da sich dieNutzwirkungen allenthalben in Formen einkleiden knnen, durch die sie in ihrerVerwirklichung dargestellt werden, zuerst im Himmel und dann in der Welt, alsostufenweise und allmhlich bis herab zum Letzten der Natur. Daraus geht hervor,da die Entsprechung der natrlichen mit den geistigen Dingen oder der Welt mitdem Himmel durch Nutzwirkungen bewirkt wird und diese das Verbindende sind.Ferner geht daraus hervor, da die zur Einkleidung der Nutzwirkungen dienenden

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    24 EmanuelSwedenborgFormen insoweit Entsprechungen und Mittel der Verbindungen sind, als sie wirklichFormen der Nutzwirkungen darstellen. Im dreifachen Reich der Natur ist alles, wasdarin der Ordnung gem ist, irgendeine Form der Nutzwirkung. Beim Menschenaber, soweit er nach der gttlichen Ordnung, also in der Liebe zum Herrn und in der

    Nchstenliebe lebt, sind auch seine Handlungen Formen der Nutzwirkung,Entsprechungen, durch die er mit dem Himmel verbunden wird. Den Herrn und denNchsten lieben, heit im allgemeinen Nutzen schaffen. Weiter mu man wissen,da es der Mensch ist, durch den die natrliche Welt mit der geistigen verbundenwird, oder da er das Mittel ihrer Verbindung ist. Denn in ihm ist sowohl dienatrliche als auch die geistige Welt (vgl. Nr. 57). In dem Mae, in dem der Menschgeistig ist, ist er daher auch ein Mittel der Verbindung, aber inwieweit er nichtgeistig, sondern blo natrlich ist, kann er das nicht sein. Aber auch ohne einederartige Vermittlung des Menschen besteht ein gttlicher Einflu in die Welt sowiein die irdische Umgebung des Menschen, jedoch nicht in seine Vernunft. (112)

    Wie alles, was der gttlichen Ordnung gem ist, dem Himmel entspricht, so alles,

    was der gttlichen Ordnung zuwiderluft, der Hlle. Was dem Himmel entspricht,bezieht sich samt und sonders auf das Gute und Wahre, was der Hlle entspricht, aufdas Bse und Falsche. (113)

    Oben wurde gezeigt, da die geistige Welt, der Himmel, mit der natrlichen durchEntsprechungen verbunden ist. Die Entsprechungen ermglichen also demMenschen eine Gemeinschaft mit dem Himmel, denn die Engel des Himmels denkennicht wie der Mensch aus dem Natrlichen. Hat daher der Mensch eine Kenntnis derEntsprechungen, so kann er hinsichtlich der Gedanken seines Gemts mit denEngeln des Himmels zusammensein und so seinem inneren oder geistigen Menschennach mit ihnen verbunden werden. Das Wort ist in lauter Entsprechungengeschrieben worden, damit es eine Verbindung des Himmels mit dem Menschen

    gebe; denn alle Einzelheiten im Wort sind Entsprechungen. (114)Aus dem Himmel bin ich ber folgendes unterrichtet worden: Die Angehrigen derltesten Kirche auf unserer Erde, welche himmlische Menschen waren, dachten ausden Entsprechungen selbst. Alle natrlichen Dinge, die ihren Augen erschienen,regten sie zu solchem Denken an. Daher konnten sie den Engeln zugesellt werdenund auch mit ihnen sprechen. So waren Himmel und Erde miteinander verbunden.Aus diesem Grund wurde jene Zeit auch das Goldene Weltalter genannt, von dem es

    bei den alten Schriftstellern heit, damals htten die Himmlischen mit den Menschenzusammengewohnt und mit ihnen verkehrt wie Freunde mit Freunden. Hernachaber seien andere Zeiten gekommen. Da dachte man nicht mehr aus denEntsprechungen selbst, sondern nur noch aus deren Kenntnis. Aber selbst damals

    habe noch eine Verbindung des Himmels mit den Menschen bestanden, wenngleichnicht mehr eine so innige. Ihre Zeit wird das Silberne Weltalter genannt. Auf sie seienMenschen gefolgt, die zwar die Entsprechungen noch kannten, aber nicht einmalmehr aus deren Kenntnis heraus dachten, weil sie sich nicht mehr wie die frherenim geistigen, sondern nurmehr im natrlichen Guten befanden. Ihre Zeit wurde dasKupferne Weltalter genannt. Zuletzt sei dann der Mensch immer uerlicher undschlielich ganz und gar materiell geworden. Damit aber habe sich die Kenntnis derEntsprechungen und mit ihr auch die Kenntnis des Himmels und vieler den Himmel

    betreffender Dinge gnzlich verloren. Die Benennung jener Weltalter nach demGold, Silber und Kupfer rhrte ebenfalls von den Entsprechungen her. (115)

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    EinechristlicheJenseitsschau 25DIE SONNE IM HIMMEL

    Im Himmel ist die irdische Sonne nicht sichtbar, ebensowenig irgend etwas, das ausihr stammt, denn dies ist samt und sonders natrlich. Die Natur fngt ja bei dieserSonne an, und was durch sie hervorgebracht wird, ist natrlich. Das Geistige aber, in

    dem der Himmel ist, steht ber der Natur und ist vllig vom Natrlichenunterschieden. Beide haben keine Gemeinschaft miteinander auer durchEntsprechungen. Den Unterschied zwischen ihnen ersieht man aus dem obenGesagten. (116)

    Dennoch gibt es im Himmel eine Sonne, sowie Licht und Wrme samt allem, was inder Welt vorkommt, ja noch Unzhliges mehr, freilich nicht aus gleichem Ursprung.Denn im Himmel sind die Dinge geistig, in der Welt natrlich. Die Sonne desHimmels aber ist der Herr, genauer gesagt: der Herr ist in ihr. Das Licht im Himmelist das gttliche Wahre, die Wrme das gttliche Gute. Beide gehen vom Herrn alsder Sonne aus. Aus dieser Quelle stammt alles, was in den Himmeln entsteht underscheint. Der Herr erscheint im Himmel als Sonne, weil er die gttliche Liebe ist, aus

    der alles Geistige und mit Hilfe der natrlichen Sonne alles Natrliche entsteht.Diese Liebe ist es, welche als Sonne leuchtet. (117)

    Mir ist nicht nur von den Engeln gesagt, sondern auch einige Male zu sehen gegebenworden, da der Herr im Himmel tatschlich als Sonne erscheint, aber eigentlichnicht im Himmel, sondern hoch ber den Himmeln, doch nicht ber dem Hauptoder im Zenith, sondern vor dem Angesicht der Engel, in mittlerer Hhe.

    Der Herr erscheint den Engeln vor den Augen, weil das dem Gemt angehrendeInwendige durch die Augen sieht, aus dem Guten der Liebe das rechte und aus demGuten des Glaubens das linke Auge. Denn alles, was beim Engel wie auch beimMenschen auf der rechten Seite ist, entspricht dem Guten, aus dem das Wahre

    hervorgeht, und was zur linken gehrt, dem Wahren, das aus dem Guten stammt.Das Gute des Glaubens ist in seinem Wesen Wahres aus Gutem. (118)

    Aus diesem Grund wird im Wort der Herr in allem, was die Liebe betrifft, mit derSonne, hinsichtlich des Glaubens aber mit dem Monde verglichen. Ebenso wird dieaus dem Herrn stammende Liebe zum Herrn durch die Sonne und der aus demHerrn stammende Glaube zum Herrn durch den Mond bezeichnet, so an folgendenStellen: Jes 13, 10; 30, 26; Ez 32 , 7f.; Joel 2, 10; 3, 4; 4, 15; Offb 6, 12f.; Mat 24, 20.

    Da der Herr im Himmel als Sonne erscheint, zeigt sich auch bei seiner Verklrungvor Petrus, Jakobus und Johannes, wo es heit, "da sein Angesicht leuchtete wie dieSonne" (Mat 17, 20). So erschien der Herr den Jngern, als sie dem Krper entrcktund im Licht des Himmels waren. Aus diesem Grunde wandten auch die Alten, bei

    denen sich eine vorbildende Kirche befand, beim Gottesdienst ihr Antlitz der Sonneim