Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

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Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen FuE-Vorhaben FKZ 806 82 070 Endbericht 21.10.2009 GFN

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Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

FuE-Vorhaben FKZ 806 82 070

Endbericht 21.10.2009

GFN

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Inhalt

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen i

Inhalt 1. Einführung..........................................................................................................................1

1.1. Hintergrund ...................................................................................................................1 1.2. Aufgabenstellung und Gliederung des Berichts............................................................2 1.3. Grundlegendes zum Stromtransport über Freileitungen und Kabel..............................4

1.3.1. Energieübertragung .................................................................................................4 1.3.2. Lastverlauf................................................................................................................6 1.3.3. Verluste ....................................................................................................................7 1.3.4. Erwärmung der Leiter.............................................................................................10 1.3.5. Thermische Grenzleistung und natürliche Leistung ...............................................10 1.3.6. Elektrische und magnetische Felder ......................................................................11 1.3.7. Umspannwerke ......................................................................................................12

2. Wirkfaktoren von Hochspannungsleitungen ................................................................14 2.1. Freileitungen ...............................................................................................................14

2.1.1. Anlagenbeschreibung ............................................................................................14 2.1.2. Bau und Wartung ...................................................................................................21 2.1.3. Elektrische und magnetische Felder ......................................................................23 2.1.4. Koronaentladungen................................................................................................25 2.1.5. Schallemissionen ...................................................................................................26 2.1.6. Nutzungsbeschränkungen .....................................................................................28 2.1.7. Störfälle ..................................................................................................................28 2.1.8. Rückbau .................................................................................................................30

2.2. Erdkabel......................................................................................................................30 2.2.1. Allgemeines............................................................................................................30 2.2.2. Anlagenbeschreibung ............................................................................................31 2.2.3. Bau und Wartung ...................................................................................................36 2.2.4. Kabeltemperatur.....................................................................................................51 2.2.5. Elektrische und magnetische Felder ......................................................................52 2.2.6. Nutzungsbeschränkungen .....................................................................................53 2.2.7. Störfälle ..................................................................................................................54 2.2.8. Rückbau .................................................................................................................56

2.3. Zwischen- und Teilverkabelungen ..............................................................................56 3. Technische Optimierungsmöglichkeiten bei Freileitungen und

Kabeln zur besseren Auslastung ...................................................................................60 3.1. Temperaturmonitoring bei Freileitungen und Kabeln..................................................60

3.1.1. Temperaturmonitoring bei Freileitungen ................................................................60 3.1.2. Temperaturmonitoring bei Kabelanlagen ...............................................................63

3.2. Temporäre Überlastbarkeiten .....................................................................................64 3.3. Thermische Stabilisierung von Kabelanlagen und Anlagen zur

Kühlung sowie Wärmerückgewinnung........................................................................68 3.3.1. Anlagenkosten der Kühlanlage ..............................................................................73 3.3.2. Wartungskosten der Kühlanlage ............................................................................74

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ii Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

3.3.3. Verluste der Kühlanlage.........................................................................................74 3.3.4. Verfügbarkeit der Kühlanlage.................................................................................74

3.4. Verlegung im begehbaren Kanal und Infrastrukturtunnel ...........................................75 3.4.1. Anlagenkosten der Belüftungsanlage ....................................................................78 3.4.2. Wartungskosten der Belüftungsanlage ..................................................................78 3.4.3. Verluste der Belüftungsanlage ...............................................................................78

3.5. Ferromagnetische Schirmungen von Kabelanlagen zur Minimierung des Magnetfeldes...................................................................................79

3.6. Kompensationsleiter zur Minimierung des Magnetfeldes im Außenraum einer Kabelanlage ...................................................................................82

4. Umweltauswirkungen......................................................................................................84 4.1. Auswirkungen in der Bauphase ..................................................................................86

4.1.1. Baustraßen und Baufeld, Erdbau...........................................................................86 4.1.2. Wasserhaltungsmaßnahmen .................................................................................91

4.2. Auswirkungen in der Betriebsphase ...........................................................................93 4.2.1. Beeinträchtigung der natürlichen Bodenfunktionen und der

Archivfunktion von Böden ......................................................................................93 4.2.2. Beeinträchtigung von Lebensräumen ..................................................................104 4.2.3. Beeinträchtigung des Landschaftsbildes..............................................................117 4.2.4. Beeinträchtigungen von Organismen durch elektrische und

magnetische Felder..............................................................................................129 4.2.5. Auswirkungen durch Schall ..................................................................................137 4.2.6. Auswirkungen heißer Leiterseile ..........................................................................139 4.2.7. Unfallgefahr..........................................................................................................139

5. Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg .....................................................................................................141

5.1. Planungshintergrund.................................................................................................141 5.2. Charakterisierung des Planungsraums.....................................................................146 5.3. Geprüfte Szenarien...................................................................................................147 5.4. Umweltauswirkungen................................................................................................151

5.4.1. Veränderung von Bodenaufbau und -struktur ......................................................152 5.4.2. Bodenerwärmung.................................................................................................153 5.4.3. Rodung von Vegetation........................................................................................153 5.4.4. Beeinträchtigung von Lebensräumen ..................................................................154 5.4.5. Landschaftsbildveränderung ................................................................................156 5.4.6. Reichweite elektrischer und magnetischer Felder ...............................................168 5.4.7. Auswirkung durch Schall ......................................................................................170 5.4.8. Ergebnisse des Vergleichs...................................................................................170

5.5. Analyse betriebswirtschaftlicher und gesamtwirtschaftlicher Aspekte.....................................................................................................................173

5.5.1. Betriebswirtschaftlicher Vergleich ........................................................................174 5.5.2. Volkswirtschaftliche Aspekte................................................................................199 5.5.3. Berücksichtigung wirtschaftlicher Aspekte in Dänemark......................................215

5.6. Fazit ..........................................................................................................................218

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Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen iii

6. Raumwiderstandsanalyse für den Küstenraum..........................................................219 6.1. Raumeinheiten mit besonderem ökologischen Risiko ..............................................219

6.1.1. Freileitung ............................................................................................................220 6.1.2. Erdkabel ...............................................................................................................226

6.2. Datengrundlage ........................................................................................................228 6.3. Flächenbilanz und Aggregierung zum Raumwiderstand ..........................................232 6.4. Fazit ..........................................................................................................................236

7. Genehmigungsvoraussetzungen und -verfahren für Freileitungen und Erdkabel ..................................................................................................................238

7.1. Freileitung .................................................................................................................238 7.2. Erdkabel....................................................................................................................246 7.3. Exkurs: Vorgaben und Richtlinien in Dänemark .......................................................251 7.4. Fazit ..........................................................................................................................255

8. Rechtliche und planerische Steuerungsinstrumente.................................................257 8.1. Spezialgesetzliche Regelungen................................................................................257 8.2. Raumordnerische Vorgaben.....................................................................................258

8.2.1. Niedersachsen .....................................................................................................259 8.2.2. Mecklenburg-Vorpommern...................................................................................260 8.2.3. Schleswig-Holstein...............................................................................................261

8.3. Landschaftsplanerische Vorgaben ...........................................................................261 8.4. Naturschutzrechtliche Zulassungsvoraussetzungen ................................................262

8.4.1. Eingriffsregelung ..................................................................................................262 8.4.2. Geschützte Bestandteile von Natur und Landschaft ............................................263 8.4.3. Biotopschutz.........................................................................................................263 8.4.4. Natura 2000 .........................................................................................................264 8.4.5. Artenschutz ..........................................................................................................265

8.5. Wirtschaftliche Anreize .............................................................................................266 8.5.1. Finanzielle Anreize...............................................................................................267 8.5.2. Planungsrechtliche Anreize..................................................................................267

8.6. Fazit ..........................................................................................................................268 9. Handlungsempfehlungen..............................................................................................269 10. Zusammenfassung ........................................................................................................278 11. Summary ........................................................................................................................280 12. Quellen............................................................................................................................282 13. Anhang ...........................................................................................................................290

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iv Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Abbildungsverzeichnis Abb. 1: Zeitlicher Verlauf des Drei-Phasen-Wechselstroms....................................................... 5 Abb. 2: Verwendung von Leiterbündeln bei Freileitungen zur Reduktion der

elektrischen Feldstärke ..................................................................................................... 6 Abb. 3: Typischer Tageslastverlauf nach [VDE 95] .................................................................... 7 Abb. 4: Umspannwerk 110 kV .................................................................................................. 13 Abb. 5: Prinzipieller Aufbau eine Freileitung............................................................................. 14 Abb. 6: Stahlgittermastformen .................................................................................................. 15 Abb. 7: Mastfundamente........................................................................................................... 18 Abb. 8: Mastfundamente in Ackerfläche ................................................................................... 18 Abb. 9: Durch Erdseil bewirkter Blitzschutzraum...................................................................... 20 Abb. 10: Verschiedene Anordnungen der Erdseile................................................................... 20 Abb. 11: Montage eines Mastes für ein 380-kV-Drehstrom-Doppelsystem.............................. 22 Abb. 12: Bauzeitenplan ab Baubeginn ..................................................................................... 23 Abb. 13: Elektrische Feldstärke unter einer 110 kV-Freileitung................................................ 24 Abb. 14: Magnetfeld unter einer 110 kV-Freileitung ................................................................. 25 Abb. 15: Terzbandspektrum des Koronageräusches einer einseitigen 380 kV-

Leitung in 130 m Abstand................................................................................................ 26 Abb. 16: Schallemission in Abhängigkeit von der Regenrate ................................................... 27 Abb. 17: Teilspektrum des Koronageräusches bei unterschiedlichen Spannungen................. 28 Abb. 18: Eisbehang an Freileitungsseilen ................................................................................ 29 Abb. 19: Umgeknickte Strommasten im Münsterland............................................................... 30 Abb. 20: Aufbau eines XLPE-isolierten 380-kV-Einleiterkabels................................................ 32 Abb. 21: Cross-Bonding bei einer Kabelanlage........................................................................ 33 Abb. 22: Erstellen einer Muffenverbindung in Aufschiebetechnik............................................. 34 Abb. 23: Endverschluss eines XLPE-Kabels mit Aufschiebeelement....................................... 35 Abb. 24: Drosselspule zur Blindleistungskompensation von 150 MVA .................................... 36 Abb. 25: Querschnitt durch abgeböschten Kabelgraben .......................................................... 37 Abb. 26: Abgeböschter Kabelgraben von Horns Rev II ............................................................ 37 Abb. 27: Querschnitt durch Kabelgraben mit Verbau ............................................................... 38 Abb. 28: Querschnitt durch Kabelgraben mit Verbau, Doppelsystem ...................................... 38 Abb. 29: Querschnitt durch beidseitig von Fahrwegen verlaufenden Kabelgräben,

Doppelsystem.................................................................................................................. 39 Abb. 30: Querschnitt Kabelgraben mit Verbau, Dreifachsystem .............................................. 39 Abb. 31: Vorbereitung des Kabelgrabens................................................................................. 40 Abb. 32: Querschnitt Kabelgraben mit Baufeld......................................................................... 41 Abb. 33: Kabelverlegung im offenen Graben............................................................................ 41 Abb. 34: Pumpstationen bei der Kabelverlegung ..................................................................... 42 Abb. 35: Offene Erdkabelverlegung im Gewässer.................................................................... 43 Abb. 36: Kabelpflug .................................................................................................................. 44 Abb. 37: Unterpressung, schematisch...................................................................................... 44 Abb. 38: Unterdükerung einer Straße....................................................................................... 45 Abb. 39: Bohrgerät für Horizontalbohrungen ............................................................................ 45 Abb. 40: Prinzipskizze Horizontalbohrung................................................................................ 46 Abb. 41: Schematische Darstellung einer Dükerungsbaustelle für lange

Dükerstrecken ................................................................................................................. 47 Abb. 42: Verlegung von Kabeln in Leerrohren bei weichen Untergründen.............................. 48 Abb. 43: Baustraße aus Stahlplattenelementen ....................................................................... 49 Abb. 44: Durch den Bau zerstörte und wieder reparierte Drainage.......................................... 50 Abb. 45: Magnetische Induktion über einem Erdkabel in 1 m über dem Boden....................... 53 Abb. 46: Abspannmast und Portal am Übergang Freileitung-Kabel ......................................... 58 Abb. 47: Anordnung von Kabelendverschlüssen und Überspannungsableiter auf

Leitungsmast ................................................................................................................... 59 Abb. 48: Strombelastbarkeit eines Freileitungsseils ................................................................. 62

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Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen v

Abb. 49: Mit der FEM berechnete und mit Hilfe eines adaptiven Temperaturmonitoringsystems prognostizierte Leiter- und Schirmtemperatur................ 64

Abb. 50: Verlauf der Leitertemperaturen in einem 380-kV-XLPE-Kabelsystem ....................... 65 Abb. 51: Temperaturverteilung im 380-kV-XLPE-Kabel-Doppelsystem

(2500 mm2 Cu) ................................................................................................................ 66 Abb. 52: Temperaturverteilung im 380-kV-XLPE-Kabel-Doppelsystem, (n-1)-Fall................... 66 Abb. 53: Verlauf der Leiter- und der Kühlwasseraustrittstemperatur im (n-1)-Fall ................... 67 Abb. 54: Kabel-Doppelsystem in Einebenen-Anordnung mit Lateralkühlung, 2

Rohre je System.............................................................................................................. 69 Abb. 55: Kabel-Doppelsystem in Dreiecks-Anordnung mit Lateralkühlung .............................. 70 Abb. 56: Kabel-Doppelsystem in Einebenen-Anordnung mit vier Kühlrohren je

System............................................................................................................................. 70 Abb. 57: Lateralgekühlte 380-kV-Kabelanlage in Wien ............................................................ 71 Abb. 58: Schematischer Aufbau einer Kühlanlage ................................................................... 72 Abb. 59: Kühlanlage in Containerbauform................................................................................ 72 Abb. 60: Beispiel der Doppelübertragungssysteme und Doppelkühlungssysteme .................. 73 Abb. 61: Einbindung von Kühlanlagen in die Landschaft ......................................................... 73 Abb. 62: Infrastrukturkanal System Dupré, Speyer .................................................................. 76 Abb. 63: Infrastrukturkanal für zwei bis drei Kabelsysteme...................................................... 77 Abb. 64: Trasse für 3…4 Kabelsysteme unter befestigtem Weg.............................................. 78 Abb. 65: FEM-Modell einer Kabelanlage im Stahlrohr und Verteilung der relativen

Permeabilität im Stahlrohr ............................................................................................... 79 Abb. 66: Magnetische Induktion der Kabelanlage in Abhängigkeit der Wanddicke

des Stahlrohrs ................................................................................................................. 80 Abb. 67: 110-kV-Kabel mit integrierter elektromagnetischer Schirmung .................................. 81 Abb. 68: Modell einer Kabelanlage mit integrierter hochpermeabler Schirmung im

Stahlrohr.......................................................................................................................... 82 Abb. 69: 380-kV-XLPE-Kabel-Doppelsystems mit vier Aluminium-

Kompensationsleitern zur Magnetfeld-Reduktion............................................................ 83 Abb. 70: Verdichtung des Bodengefüges ................................................................................. 87 Abb. 71: Vegetationsentwicklung nach Entfernung der Baustraße .......................................... 89 Abb. 72: Wärmeleitfähigkeit von Mineralböden und Torfen als Funktion des

Wassergehalts................................................................................................................. 95 Abb. 73: Jahres- und Tagesgang der Temperatur in verschiedenen Bodentiefen ................... 96 Abb. 74: Bodenerwärmung bei Flachverlegung des Kabels, Windlast (21,5 % Last),

Wärmeverlustleistung 46,2 W/m pro System .................................................................. 98 Abb. 75: Bodenerwärmung bei Flachverlegung des Kabels, 50 % Last,

Wärmeverlustleistung 49,8 W/m pro System .................................................................. 98 Abb. 76: Bodenerwärmung bei Dreiecksanordnung, 50 % Last,

Wärmeverlustleistung 45,3 W/m pro System .................................................................. 99 Abb. 77: Bodenerwärmung bei gebündelter Verlegung nach 7-tägiger Kühlung,

Wärmeverlustleistung 54,2 W/m pro System .................................................................. 99 Abb. 78: Vergleich der Temperaturverteilung der unterschiedlichen Kabelanlagen

im Erdboden .................................................................................................................. 100 Abb. 79: Vergleich der Temperaturverteilung der unterschiedlichen Kabelanlagen

im Erdboden .................................................................................................................. 100 Abb. 80: CO2 – Produktion in Torfböden in Abhängigkeit von der Temperatur ...................... 101 Abb. 81: Einfluss von Temperatur und Wasserstand auf Torfsackung und

Nitrifikation..................................................................................................................... 102 Abb. 82: Bird Strike Indicator und Bird Activity Monitor .......................................................... 111 Abb. 83: Vogelschutz an Freileitungen................................................................................... 114 Abb. 84: Vogelschutzmarkierung „Mercedesstern“................................................................. 115 Abb. 85: Selbstdrehende Scheibenkugel – Vogelschutzmarkierung mit „Blinkeffekt“ ............ 116 Abb. 86: Neue Vogelschutzmarkierungen, seit 2005 im Einsatz ............................................ 116

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vi Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Abb. 87: Sichtraum einer 110 kV-Freileitung in einer hügeligen, strukturreichen Landschaft ..................................................................................................................... 118

Abb. 88: Darstellung der Dominanzstufen .............................................................................. 120 Abb. 89: Landschaftsbildveränderung in flachen Landschaftsräumen ................................... 122 Abb. 90: Landschaftsbildveränderungen in strukturreichen Landschaftsräumen................... 123 Abb. 91: Querung der Eider bei Friedrichstadt ....................................................................... 124 Abb. 92: Landschaftsbildveränderung bei Querung des Waldes............................................ 125 Abb. 93: Vorbelastung durch Windenergieanlagen ................................................................ 126 Abb. 94: Entwicklung neuer, visuell optimierter Masttypen .................................................... 127 Abb. 95: Bündelung mit Brückenbauwerken........................................................................... 128 Abb. 96: Abpflanzungsmaßnahmen bei Freileitungsanlagen ................................................. 129 Abb. 97: Wirkungen elektrischer 50 Hz-Felder an der Körperoberfläche ............................... 130 Abb. 98: Deformation des elektrischen Feldes durch den Körper eines Vogels..................... 134 Abb. 99: Magnetisches Feld um das Leitungsseil und die Verteilung der induzierten

Wirbelströme im Körper eines Vogels ........................................................................... 135 Abb. 100: Der Kreis Nordfriesland und das Hoch- und Höchstspannungsnetz in SH ............ 143 Abb. 101: Übersicht über den Trassenverlauf Breklum – Flensburg ...................................... 145 Abb. 102: Naturräumliche Gliederung des Untersuchungsgebietes....................................... 147 Abb. 103: Erdkabel Breklum-Flensburg: Einebenenanordnung ............................................. 148 Abb. 104: Erdkabel Breklum-Flensburg: Dreiecksanordnung................................................. 149 Abb. 105: Erdkabel Breklum-Flensburg: Dreiecksanordnung mit Kühlung............................. 149 Abb. 106: Sichtbarkeitsvergleich Freileitung Breklum – Flensburg ........................................ 158 Abb. 107: Sichtbarkeitsanalyse Freileitung Breklum-Flensburg, Donaumast......................... 159 Abb. 108: Sichtbarkeitsanalyse Freileitung Breklum-Flensburg, Eintraversenmast ............... 160 Abb. 109: Teilraum mit erheblicher Vorbelastung durch WEA ............................................... 161 Abb. 110: Teilraum mit mäßiger Vorbelastung durch WEA .................................................... 162 Abb. 111: Teilraum mit erheblicher Vorbelastung durch Freileitung....................................... 163 Abb. 112: Teilraum ohne Vorbelastung, strukturreich ............................................................ 164 Abb. 113: Teilraum mit geringer Vorbelastung, mäßig strukturreich ...................................... 165 Abb. 114: Teilraum ohne Vorbelastung, strukturarm.............................................................. 166 Abb. 115: Landschaftsbildbeeinträchtigung in Teilräumen der Trasse Breklum –

Flensburg ...................................................................................................................... 167 Abb. 116: Abgegrenzte Teilräume und Vorbelastungen der Trasse Breklum –

Flensburg ...................................................................................................................... 167 Abb. 117: Verteilung des elektrischen Feldes bei der Freileitung........................................... 168 Abb. 118: Verteilung des Magnetfeldes direkt am Erdboden ................................................. 169 Abb. 119: Verteilung des Magnetfeldes in 1 m Höhe ............................................................. 169 Abb. 120: Kostenarten bei der Errichtung und dem Betrieb von Leitungen............................ 177 Abb. 121: Barwertmethode mit Investitions- und Betriebskosten ........................................... 179 Abb. 122: Netzregionen in Schleswig-Holstein....................................................................... 200 Abb. 123: E.ON Netz ErzMan-Regionen für den Kreis Nordfriesland und Kreis

Dithmarschen ................................................................................................................ 205 Abb. 124: Ertragsausfälle in den Jahren 2004 bis 2007 im Kreis Nordfriesland

durch ErzMan ................................................................................................................ 208 Abb. 125: Vergleich Raumwiderstand Freileitung – Erdkabel ................................................ 235 Abb. 126: Raumordnungsverfahren in Niedersachsen – Ablaufschema ................................ 240 Abb. 127: Ablauf eines Zulassungsverfahrens ....................................................................... 241 Abb. 128: Ausbauszenarien für das dänische Stromnetz....................................................... 254

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Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen vii

Tabellenverzeichnis Tab. 1: Abgrenzung nieder- und hochfrequenter Felder........................................................... 12 Tab. 2: Typische Kenndaten verschiedener Masten ................................................................ 16 Tab. 3: Ausfallhäufigkeit von XLPE-Kabeln nach neuer CIGRE-Statistik................................. 55 Tab. 4: Relevante Wirkfaktoren bei Erdkabeln und Freileitungen ............................................ 85 Tab. 5: Durchlässigkeitsbeiwerte wassergesättigter Böden ..................................................... 91 Tab. 6: Wärmekennwerte unterschiedlicher Materialien........................................................... 95 Tab. 7: Spezifischer Wärmewiderstand von Böden.................................................................. 96 Tab. 8: Vogelschlagopfer pro Leitungskilometer und Jahr, ermittelt durch

Untersuchungen verschiedener Autoren....................................................................... 110 Tab. 9: Wirkzonen für die Landschaftsbildveränderung bei Freileitungen.............................. 120 Tab. 10: Technische Daten der zu Grunde gelegten Kabelvarianten..................................... 150 Tab. 11: Technische Daten der zu Grunde gelegten Freileitungsvarianten ........................... 151 Tab. 12: Ergebnisse der Brutvogelkartierung im Untersuchungsgebiet ................................. 155 Tab. 13: Sichtbarkeitsvergleich Freileitung Breklum - Flensburg ........................................... 158 Tab. 14: Vergleich der Auswirkungen..................................................................................... 171 Tab. 15: Gegenüberstellung von Wirtschaftlichkeitsvergleichen Erdkabel-

Freileitung auf der Spannungsebene von 110 kV unter Berücksichtigung der (n-1)-Sicherheit.............................................................................................................. 176

Tab. 16: Übersicht der Investitionskosten der drei zweisystemigen Erdkabelvarianten ......................................................................................................... 184

Tab. 17: Vergleich der Investitionskosten der zweisystemigen Erdkabelvarianten und Freileitung............................................................................................................... 184

Tab. 18: Jährliche Volllaststunden tP und Vollverluststunden tv.............................................. 186 Tab. 19: Soziale Kosten der unterschiedlichen Landschaftstypen ......................................... 190 Tab. 20: Übersicht über die Kosten der Kompensation bei Freileitung und Erdkabel ............ 193 Tab. 21: Übersicht über die Investitionskosten mit Ausgleichszahlung.................................. 193 Tab. 22: Betriebskostenübersicht für Betrachtungszeiträume von 40 und 80 Jahren ............ 194 Tab. 23: Wirtschaftlichkeitsvergleich mit einer Verlustkostenbewertung von 6,0

ct/kWh bei einem Betrachtungszeitraum von 40 Jahren ............................................... 195 Tab. 24: Wirtschaftlichkeitsvergleich mit einer Verlustkostenbewertung von 6,0

ct/kWh bei einem Betrachtungszeitraum von 80 Jahren ............................................... 196 Tab. 25: Wirtschaftlichkeitsvergleich mit einer Verlustkostenbewertung von 6,0

ct/kWh mit sozialen Kosten für einen Betrachtungszeitraum von 40 Jahren................. 196 Tab. 26: Wirtschaftlichkeitsvergleich mit einer Verlustkostenbewertung von 6,0

ct/kWh mit sozialen Kosten für einen Betrachtungszeitraum von 80 Jahren................. 197 Tab. 27: Installierte WEA-Leistung im Kreis Nordfriesland ab 2000....................................... 203 Tab. 28: Angeschlossene WEA Leistung an den Umspannwerken im Kreis

Nordfriesland ................................................................................................................. 206 Tab. 29: Vollständige Reduzierungsdauer und Nennleistung der Regionen im Kreis

Nordfriesland ................................................................................................................. 207 Tab. 30: Leistungsausfall bei WEA durch ErzMan im Kreis Nordfriesland von 2004

bis 2007......................................................................................................................... 208 Tab. 31: Theoretischer Jahresertrag der WEA im Kreis Nordfriesland................................... 209 Tab. 32: Quantifizierbare spezifische Schadenskosten verschiedener

Luftschadstoffe in Euro je Tonne Schadstoff................................................................. 212 Tab. 33: Lebensdaueremissionen von Energieerzeugern ...................................................... 213 Tab. 34: Quantifizierbare externe Kosten der verschiedenen

Stromerzeugungstechnologien...................................................................................... 213 Tab. 35: Externe Kosten der Stromerzeugung in Deutschland .............................................. 214 Tab. 36: Verteilung von Erdkabeln und Freileitungen im bestehenden dänischen

Netz und die Kosten der Verkabelung........................................................................... 216 Tab. 37: Wichtige Werte für die 6 Ausbau- und Verkabelungsszenarien ............................... 217 Tab. 38: Kriterien für die Risikobewertung bei Freileitungen .................................................. 224

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Inhalt

viii Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Tab. 39: Niedersächsisches Modell zur Ermittlung des Raumwiderstandes .......................... 225 Tab. 40: Kriterien für die Risikobewertung bei Erdkabeln....................................................... 228 Tab. 41: Grundlagen und Quellen zur Ermittlung der Raumwiderstände ............................... 229 Tab. 42: Daten mit unterschiedlichen Erfassungskriterien in den einzelnen

Bundesländern .............................................................................................................. 231 Tab. 43: Flächen mit besonderem Risiko gegenüber Freileitungen ....................................... 232 Tab. 44: Flächen mit erhöhtem Risiko gegenüber Erdkabeln................................................. 233 Tab. 45: Kriterien zur Ermittlung des Gesamtraumwiderstands ............................................. 233 Tab. 46: Raumwiderstand gegenüber Freileitungen und Erdkabeln im Küstenraum ............. 233 Tab. 47: Fristen im Planfeststellungsverfahren nach VwVfG und EnWG............................... 242 Tab. 48: Verfahrensdauer Freileitung ..................................................................................... 246 Tab. 49: Verfahrensdauer Erdkabel Fehmarn - Göhl ............................................................. 248

Page 11: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

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Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen ix

Abkürzungsverzeichnis ACSS Aluminium Conductor Steel Supported Al Aluminium ATKIS Amtliches Topographisch-Kartographisches Informationssystem AWE Automatische Wiedereinschaltung AWZ Ausschließliche Wirtschaftszone BBodSchG Bundesbodenschutzgesetz BfN Bundesamt für Naturschutz BImSchV Bundesimmissionsschutzverordnung BKG Bundesamt für Kartographie und Geodäsie BNatSchG Bundesnaturschutzgesetz BP Brutpaar CIGRE Conseil International des Grands Reseaux Électriques; Gremium für den Informations-

austausch für Hochspannungstechnik CLC CORINE Land Cover (europäisches Programm zur digitalen Erfassung der Landnut-

zungstypen in Europa) Cu Kupfer DEA Dezentrale Energieerzeugungsanlagen EK Erdkabel ELF niederfrequent (extremely low frequency) EMF Elektrische und magnetische Felder EnWG Energiewirtschaftsgesetz EPR Ethylen-Propylen-Rubber ErzMan Erzeugungs-Management EVU Energieversorgungsunternehmen FFH-Gebiet Europäisches Schutzgebiet gem. FFH-RL FFH-RL Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie der EU FL Freileitung GFK Glasfaserkunststoff GIL Gasisolierte Leitungen HDD Horizontal Directional Drilling HDPE High-density polyethylene HVDC High-Voltage Direct Current (Hochspannungs-Gleichstromtechnik) IBA Important Bird Area IEC International Electrotechnical Commission IPBG Infrastruktur-Planungs-Beschleunigungs-Gesetz LBP Landschaftspflegerischer Begleitplan LBR Landschaftsbildraum LBV SH Landesbetrieb für Straßenbau und Verkehr Schleswig-Holstein LEP Landesentwicklungsplan LLUR Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume Schleswig-Holstein (vorm.

LANU) LNatG M-V Gesetz zum Schutz der Natur und Landschaftt im Lande Mecklenburg-Vorpommern LNatSchG SH Landesnaturschutzgesetz Schleswig-Holstein LSG Landschaftsschutzgebiet LROP Landesraumordnungsprogramm LuftVG Luftverkehrsgesetz LUNG Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie Mecklenburg-Vorpommern MWWV Ministerium für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr des Landes Schleswig-Holstein NLWKN Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz

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Inhalt

x Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

NNatG Niedersächsisches Naturschutzgesetz NSG Naturschutzgebiet OHL Overhead Line = Freileitung PAK Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe PCB Polychlorierte Biphenyle PE Polyethylen PVC Polyvinylchlorid Ramsar Feuchtgebiete gemäß Ramsarkonvention ROG Raumordnungsgesetz ROV Raumordnungsverfahren RTTR Real Time Thermal Rating SF6 Schwefelhexafluorid UCTE Union for the Co-ordination of Transmission of Electricity ÜNB Übertragungsnetzbetreiber URE Umweltrisikoeinschätzung UVPG Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung UVP/UVS Umweltverträglichkeitsprüfung bzw. –studie UW Umspannwerk VPE vernetztes Polyethylen (Synonym zu XLPE) VRL Vogelschutzrichtlinie der EU VSch-Gebiet Europäisches Schutzgebiet gem. VRL VwVfG Verwaltungsverfahrensgesetz WEA Windenergieanlage WP Windpark XLPE cross-linked polyethylene (engl. Abkürzung für vernetztes Polyethylen = VPE)

Physikalische Einheiten Größe Einheit Anmerkung Spannung U [V] Strom I [A] Stromdichte J [A/m²] Widerstand R [Ω] Gleichstromwiderstand (Ohmscher Widerstand) Impedanz Z [Ω] Wechselstromwiderstand Wirkleistung P [W] Blindleistung Q [var] Einheit: Volt-Ampere reaktiv Scheinleistung S [VA] Einheit: Volt-Ampere Kapazität C [F] elektrische Feldstärke E [V/m] magnetische Feldstärke H [A/m] magnetische Induktion B [T] Früher: magnetische Flussdichte Frequenz f [Hz]

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Inhalt

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen xi

Bearbeitung

Gesellschaft für Freilandökologie und Naturschutzplanung mbH Adolfplatz 8 24105 Kiel Tel 0431-800948-0 Bearbeitung: Dipl.-Biol. Jörg Rassmus Fax 0431-8009479 Dipl.-Geoökol. Sigrun Geiger e-mail: [email protected] Dipl.-Biol. Christoph Herden

Universität Duisburg-Essen Fakultät für Ingenieurswissenschaften Fachgebiet Energietransport und -speicherung Bismarckstr. 81 47057 Duisburg Tel 0203-379-3373 Bearbeitung: Prof. Dr.-Ing. Heinrich Brakelmann Fax 0203-379-2833 Dr.-Ing. Jörg Stammen e-mail: [email protected] Dipl.-Ing. (FH) Roland Dongping Zhang

Gesellschaft für Energie und Oekologie mbH Redlingsweg 3 25842 Langenhorn Tel 04672-77248-0 Bearbeitung: Dipl.-Geol. Heinz Carstensen Fax 04672-77248-88 Dipl.-Landschaftsökol. Heike Grotlüschen e-mail: [email protected] Arne Magnussen Dipl.-Ing. Marten Jensen

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Einführung

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 1

1. Einführung

1.1. Hintergrund

Um den CO2-Ausstoß zu vermindern und die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern zu ver-ringern, ist es erklärtes Ziel der Bundesregierung, den Anteil erneuerbarer Energien an der Stromversorgung deutlich zu erhöhen. Bis 2020 soll deren Anteil an der Stromversorgung auf 25 bis 30 % steigen; bis zum Jahr 2030 soll ein weiterer Ausbau der erneuerbaren Energien stattfinden.

Geplant ist insbesondere ein weiterer Ausbau der Windenergienutzung. Neben dem so ge-nannten Repowering an Land, bei dem ältere Windenergieanlagen durch leistungsstärkere neuere ersetzt werden, ist vor allem mit der Errichtung von Offshore-Windparks zu rechnen. Genehmigungen liegen bereits für mehrere Planungen insbesondere in der Nordsee im Be-reich der deutschen Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) vor. Mit der Errichtung des ers-ten Offshore-Testfeldes „Alpha Ventus“ ist im August 2008 begonnen worden.

Die starke Ausweitung der Windkraftnutzung, aber auch anderer dezentraler Stromerzeugung wie beispielsweise die Nutzung von Biomasse, sowie der zunehmende innereuropäische Stromhandel machen einen Ausbau des deutschen Stromnetzes auf Hoch- (110 kV) und Höchstspannungsebene (220, 380 kV) dringend erforderlich. Dies trifft in besonderem Maße auf den deutschen Küstenraum zu. In manchen Regionen steht bereits heute der wachsenden Energieerzeugung aus erneuerbaren Energien keine entsprechende Nachfrage vor Ort ge-genüber, der Strom muss in die Verbraucherschwerpunkte Deutschlands Richtung Süden ab-geleitet werden. Oft sind mittlerweile im Rahmen des so genannten „Erzeugungsmanage-ments“ auch Abschaltungen von Windenergieanlagen an der Tagesordnung, weil das vorhan-dene Netz überlastet ist und nicht allen produzierten Strom aufnehmen kann.

Um den neben einer Netzertüchtigung notwendigen Netzausbau zügig voranzutreiben, ihn aber auch möglichst umweltverträglich zu gestalten, sind entsprechende Lösungsansätze ge-sucht. Neben den bisher hauptsächlich verwendeten Freileitungen stehen heute auch Erdka-bel für einen Netzausbau auf allen Spannungsebenen zur Verfügung. Planungen zu neuen Freileitungen stoßen auf zunehmenden Widerstand der betroffenen Bevölkerung; bedingt durch hohe Genehmigungsauflagen sind sie außerdem mit einem hohen zeitlichen und damit finanziellen Aufwand für das Genehmigungsverfahren verbunden. Durch einen Ausbau des Netzes mit Erdkabeln könnte daher eine höhere Akzeptanz und eine Verfahrensbeschleuni-gung erzielt werden. Andererseits stehen dem Einsatz von Erdkabeln Befürchtungen hinsicht-lich der Wirtschaftlichkeit, aber auch Unsicherheiten im Hinblick auf mögliche Umweltauswir-kungen entgegen.

Da in der Vergangenheit Stromleitungen des Hoch- und Höchstspannungsnetzes weit über-wiegend als Freileitungen realisiert wurden, sah auch die EnWG-Novelle 2005 keine Planfest-stellungen für Erdkabel vor. Mit dem im Dezember 2006 in Kraft getretenen Infrastrukturpla-

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Einführung

2 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

nungsbeschleunigungsgesetz (IPBG) wurde vom Deutschen Bundestag aufgrund der dringen-den Notwendigkeit des Netzausbaus insbesondere im deutschen Küstenraum die Möglichkeit zur Planfeststellung von Kabeln der 110 kV-Ebene geschaffen. Gleichzeitig wurden die Vor-aussetzungen zur Umlage der höheren Investitionskosten auf die Netznutzungsentgelte ge-schaffen. Mit dem Niedersächsischen Erdkabelgesetz wurde Ende 2007 für das Land Nieder-sachsen die Planfeststellung von Erdkabeln des Höchstspannungsnetzes ermöglicht. Die Auswirkungen dieser Regelungen auf die Planungs- und Genehmigungspraxis von Stromlei-tungen ist derzeit allerdings noch offen. Für die anderen Bundesländer gibt es bisher noch keine derartige gesetzliche Regelung.

Im Hinblick auf den nötigen Ausbau der Stromnetze sind in anderen Küstenstaaten die Wei-chen bereits zu Gunsten einer Verkabelung des 110 kV-Netzes gestellt worden. So werden in Holland oder Dänemark neue Leitungen auf der Hochspannungsebene grundsätzlich als Erd-kabel verlegt. In Dänemark ist zudem geplant, auch das bestehende Freileitungsnetz auf die-ser Spannungsebene zu verkabeln.

1.2. Aufgabenstellung und Gliederung des Berichts

Der geschilderte Stand war die Ausgangslage für das vom Bundesamt für Naturschutz in Auf-trag gegebene Forschungs- und Entwicklungsvorhaben „Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen“ (FKZ 806 82 070), das von der Universität Duisburg-Essen, der Gesellschaft für Freilandökologie und Naturschutzplanung (GFN) mbH aus Kiel und der Ge-sellschaft für Energie und Oekologie (GEO) mbH aus Enge-Sande gemeinsam bearbeitet wird. Ziel dieses Projektes ist es, die grundsätzlichen Wirkfaktoren und Umweltwirkungen von Erd-kabeln und Freileitungen sowie deren technische und betriebswirtschaftliche Eigenschaften zusammenzustellen und zu vergleichen. Der Fokus der Studie liegt dabei auf der 110-kV Ebe-ne, Bezugsraum ist der im IPBG definierte Küstenraum. Zur weiteren Information sind teilweise Beispiele aus der Höchstspannungsebene genannt.

Bei der Betrachtung sollen die technischen Optimierungspotenziale bei der Errichtung und dem Betrieb von Übertragungsnetzen aufgezeigt und im Vergleich berücksichtigt werden. Dar-über hinaus sind die möglichen Maßnahmen zur Vermeidung und Verminderung von Beein-trächtigungen darzustellen. Beispielhaft sollen unterschiedliche technische Lösungsansätze für eine 110 kV-Leitung anhand eines konkreten Beispiels naturschutzfachlich sowie betriebs- und volkswirtschaftlich verglichen werden. Im Ergebnis sind für den Küstenraum Risikopotenziale abzuschätzen, die durch den Bau und Betrieb von Freileitungen oder Erdkabeln zu erwarten sind. Ergänzend sollen die genehmigungsrechtlichen Rahmenbedingungen sowie die planeri-schen Steuerungsmöglichkeiten für Erdkabel und Freileitungen analysiert werden.

Der vorliegende Bericht umfasst zunächst eine Beschreibung der Anlagentechnik von Freilei-tungen und Erdkabeln und eine Analyse der bei Bau, Betrieb und Rückbau zu erwartenden Wirkfaktoren, die bei der Abschätzung der Auswirkungen zu berücksichtigen sind (Wirkfaktor-analyse). Als Sonderfall werden die besonderen Bedingungen bei teilweiser Verkabelung dar-

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Einführung

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 3

gestellt. Optimierungsmöglichkeiten, auch die, die derzeit nicht als Stand der Technik anzuse-hen oder die aufgrund des besonderen Aufwands (derzeit) nur unter besonderen Vorausset-zungen zu realisieren sind, werden in einem separaten Kapitel erörtert.

Aufbauend auf den Wirkfaktoren erfolgt eine Abschätzung und Darstellung der Auswirkungen auf Natur und Umwelt (Wirkungsprognose). Da sich Wirkfaktoren von Freileitungen und Ka-beln teilweise überschneiden, erfolgt hier eine wirkfaktorbezogene Gliederung.

Am Beispiel der geplanten Stromleitung Breklum – Flensburg werden verschiedene technische Möglichkeiten – unter anderem drei Erdkabelvarianten und zwei Freileitungsvarianten – entwi-ckelt und einander gegenübergestellt. Parallel zur naturschutzfachlichen Bewertung erfolgt eine Analyse der jeweiligen betriebswirtschaftlichen und volkswirtschaftlichen Kosten bzw. Einsparpotenziale.

Anhand der Ergebnisse werden in einem folgenden Kapitel für den Küstenraum Kriterien für eine schutzgutbezogene Bewertung des ökologischen Risikos sowie eines aggregierten Raumwiderstands gegenüber Freileitungen und Erdkabeln ermittelt. Anhand einer Aufberei-tung der verfügbaren Daten mit Hilfe eines geografischen Informationssystems konnten so für den Küstenraum Flächenbilanzen unterschiedlicher Raumwiderstandskategorien erarbeitet werden.

Die beiden folgenden Abschnitte beschäftigen sich mit den Genehmigungsvoraussetzungen und -verfahren sowie den planerischen Steuerungsmöglichkeiten für Erdkabel und Freileitun-gen. In diesem Bereich waren in der jüngsten Vergangenheit zahlreiche Änderungen der Rechtslage und der raumordnerischen Ansätze zu verzeichnen, die z.T. zu kontroversen Dis-kussionen geführt haben. Weitergehende Rechtsvorschriften hat der Bundesgesetzgeber be-reits angekündigt, so dass hier weiterhin mit einer hohen Dynamik zu rechnen ist.

Die sich aus dem Vorhaben als Ergebnis ergebenden Hinweise für eine sachgerechte Würdi-gung von Freileitungen und Erdkabeln als unterschiedliche Übertragungstechniken werden abschließend als Handlungsempfehlungen zusammengefasst.

Im Rahmen des Vorhabens wurde am 9./10. Oktober ein Experten-Workshop mit dem staatli-chen Energieversorger Dänemarks Energinet.dk in Fredericia durchgeführt. Dabei ging es vor allem darum, die dort vorhandenen Erfahrungen mit dem Bau und Betrieb von Hochspan-nungserdkabeln sowohl der 150 als auch der 400kV-Ebene – u.a. bei der Netzanbindung der Offshore-Windparks Horns Rev 1 und 2 – zu diskutieren, um sie bei den in diesem F+E Vor-haben vorgenommenen Darstellungen und Bewertungen berücksichtigen zu können. Die Er-gebnisse dieses Workshops sind in den Bericht integriert.

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Einführung

4 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

1.3. Grundlegendes zum Stromtransport über Freileitungen und Kabel

1.3.1. Energieübertragung Elektrische Energie wird außerhalb der Ballungsgebiete entweder in Kraftwerken großer Leis-tung aus Primärenergieträgern erzeugt oder aus regenerativen Energiequellen gewonnen. Die Übertragung elektrischer Energie vom Ort der Erzeugung bis zum Verbraucher findet mittels Freileitungen oder Kabel auf verschiedenen Spannungsebenen statt. Da die Übertragungs-verluste beim Transport elektrischer Leistung umso geringer sind, je höher die Spannungs-ebene gewählt wird, wird für den Langstreckentransport z.B. zwischen Kraftwerken und Verbrauchsschwerpunkten in Deutschland das Übertragungs- oder Höchstspannungsnetz mit den Spannungsebenen von 220 kV und 380 kV eingesetzt; in anderen Ländern existieren teil-weise auch Leitungen mit noch höheren Spannungen. Das Verteil- oder Hochspannungsnetz besteht aus 60-kV- und 110-kV-Leitungen. Die Mittelspannung umfasst Spannungen zwischen 1 kV und 60 kV und dient der weiteren Stromverteilung oder führt zu Umspannanlagen, die den Strom in die Niederspannung umspannen. Als Niederspannung bezeichnet man Span-nungen, die kleiner als 1 kV sind. Meist handelt es sich um Strom mit 220 / 380 V, wie er als Hausanschluss zum Endverbraucher gelangt.

Die meisten Stromnetze werden heute als Dreiphasenwechselstrom (auch als Drehstrom bezeichnet) betrieben. Hierbei besteht ein System aus drei Leitern, in denen Wechselströme gleicher Amplitude, aber mit um jeweils 120° verschobener Phase fließen, so dass die Summe der Spannungen (und damit auch der Ströme) zu jedem Zeitpunkt gleich null ist (s. Abb. 1).

Der Wechselstrom der öffentlichen Stromversorgung hat in Deutschland eine Frequenz von 50 Hz, d.h. der Strom ändert fünfzigmal in der Sekunde seine Richtung (vgl. Tab. 1, S. 12). Die Deutsche Bahn besitzt ein eigenes Hochspannungsnetz, das aus historischen Gründen mit einer Frequenz von 16 2/3 Hz betrieben wird.

Elektrische Energie wird in der Regel als Wechselstrom durch Generatoren erzeugt (z.B. mit-tels Kraftwerksturbinen oder Windenergieanlagen, anders aber z.B. Photovoltaikanlagen, die Gleichstrom erzeugen). Der Vorteil der Verwendung von Wechselstrom liegt neben der einfa-chen und effizienten Erzeugung auch in der einfachen Transformation des Stroms auf unter-schiedliche gewünschte Spannungsebenen. Je nach Erzeugungs- und Zielort kann der Strom für den Transport daher leicht auf höhere und für den anschließenden Verbrauch auch wieder auf niedrigere Spannungsebenen transformiert werden. Der wesentliche Nachteil besteht ge-genüber Gleichstrom darin, dass Wechselstrom durch Stromverdrängungserscheinungen hö-here Verluste aufweist (vgl. Kap. 1.3.3). Betrachtet man den Querschnitt eines elektrischen Leiters, so ist bei Wechselstrom die Stromdichte am Rand des Leiters am größten und nimmt zur Leiterachse hin immer weiter ab. Bei einer Frequenz von 50 Hz beträgt die Eindringtiefe des Stroms bei einem Kupferleiter etwa 9 mm. Mit höheren Frequenzen nimmt die Eindringtie-

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Einführung

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 5

fe ab und der Strom fließt nur noch auf der äußeren Haut des Leiters. Man spricht deshalb vom Haut- oder Skineffekt. Durch geeignete konstruktive Maßnahmen, wie zum Beispiel die Ausführung des Leiters als Millikenleiter, wird der Effekt der Stromverdrängung reduziert. Die Stromverdrängung entsteht durch Wirbel, die die Stromdichte zur Leiterachse hin reduzieren und zum Leiterrand hin verstärken. Zu den ohmschen Verlusten, die durch den Widerstand des Leitermaterials entstehen, kommen beim Wechselstrom die Wirbelstromverluste hinzu. Aus diesem Grund werden für sehr lange Strecken, die sich nur mittels einer Kabelverbindung verknüpfen lassen wie z.B. die Anbindung weit (über 150 km) entfernter Offshore-Windparks, Hochspannungsgleichstromkabel (so genannte Hochspannungs-Gleichspannungs-Übertragung: HGÜ) geplant. Durch die für die HGÜ notwendige Gleichrichtung und Wechsel-richtung entstehen aber Zusatzkosten für die Anlagen und Zusatzverluste, die in die Kalkulati-on mit einfließen müssen.

Zeit

Span

nung

U1 U2 U3

Abb. 1: Zeitlicher Verlauf des Drei-Phasen-Wechselstroms

Um eine möglichst hohe Betriebssicherheit zu garantieren, werden Hoch- und Höchstspan-nungstrassen i.d.R. redundant ausgelegt, d.h. sie bestehen jeweils aus (min.) zwei Systemen (sogenannte (n-1) - Sicherheit). Bei dem Ausfall eines Systems kann das zweite für die Dauer der Reparatur die volle Last tragen, so dass keine Versorgungsengpässe entstehen. Die tat-sächliche Last eines Systems beträgt im Normalbetrieb somit lediglich 50 % der maximal zu-lässigen Last.

(N-1)-sicher bedeutet jedoch nicht, dass die Versorgungssicherheit tatsächlich in jedem Fall gewährleistet ist. So führen z.B. Mastbrüche bei extremen Witterungsereignissen naturgemäß zu einem Ausfall aller auf dem Mast installierten Systeme. Ein derartiger Ausfall mehrerer Sys-teme ist dagegen bei Erdkabeln ungleich unwahrscheinlicher.

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Einführung

6 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Während bei einem Erdkabel die elektrische Isolierung aus VPE besteht, dient bei einer Frei-leitung die umgebende Luft als isolierendes Medium. Damit die maximal zulässige elektrische Feldstärke in Luft nicht überschritten wird, werden für eine Phase mehrere Leiterseile im Bün-del aufgehängt. Das Leiterbündel verhält sich wie ein einzelner Leiter mit wesentlich größerem Radius. Abb. 2 verdeutlicht, dass hierdurch eine so genannte „Verrundung“ der Feldverteilung und damit eine Reduktion der Feldstärke eintritt.

Abb. 2: Verwendung von Leiterbündeln bei Freileitungen zur Reduktion der elektrischen Feld-stärke

1.3.2. Lastverlauf Die Strommenge, die über eine Freileitung oder ein Erdkabel transportiert wird, bleibt über die Zeit hinweg nicht gleich, sondern ändert sich sowohl im Tages- als u.U. auch im Jahresverlauf. Ein typischer Tageslastverlauf ist in Abb. 3 dargestellt. Dieser Lastzyklus wird wesentlich vom Verhalten des Menschen geprägt (z.B. Lastspitzen durch Zubereitung des Essens in der Mit-tagszeit und wenig Last während der Ruhephasen in der Nacht). Es zeigt sich, dass der mittle-re Belastungsgrad zwischen 60 und 80 % der maximal benötigten Last liegt.

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Einführung

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Last

/ Grö

ßtla

st

t

100

60

80

40

20

0

%

0 2 4 6 14 18 20 24h8 12 16 2210

24h-LastzyklusBelastungsgrad

1

0,6

0,8

0,4

0,2

0

Bel

astu

ngsg

rad

Abb. 3: Typischer Tageslastverlauf nach [VDE 95]

Quelle: [172]

Stromleitungen, die i.W. dem Abtransport von Windenergie dienen, weisen andere Lastzyklen auf. Neben tageszeitlichen treten auch erhebliche jahreszeitliche Schwankungen bzw. Schwankungen zwischen einzelnen Tagen oder Wochen auf. Nach einer Auswertung der Windstatistik ist im norddeutschen Küstenraum mit Volllastperioden von maximal drei aufein-ander folgenden Tagen zu rechnen [145]. Eine solche Leitung, die der Einspeisung der Wind-energie in das Netz dient, wird im Gegensatz zu einer Leitung, die den Verbraucher bedient, im Durchschnitt nur mit 43 % der Höchstlast belastet (vgl. Kap. 4).

1.3.3. Verluste Bei der Übertragung elektrischer Energie treten Verluste auf, die in Abhängigkeit des jeweili-gen Übertragungssystems quantitativ und qualitativ unterschieden werden können:

- Ohmsche Verluste

Ohmsche Verluste entstehen durch die endliche elektrische Leitfähigkeit des Leiters und sind u.a. von der Stromstärke, dem Leiterquerschnitt und -material abhängig. Sie entstehen sowohl bei Wechsel- als auch bei Gleichstromübertragung. Die Übertragung von Gleichstrom weist nur ohmsche Verluste auf. Wegen der durch die erschwerte Wärmeabfuhr notwendigen größeren Leiterquerschnitte sind die Ohmschen Verluste bei Kabeln spürbar geringer als bei Freileitungen. Als Leitermaterialien werden Alumi-nium und Kupfer verwendet. Bei Freileitungen werden aus Gründen der Tragfähigkeit die Kerndrähte aus Stahl gefertigt. Da aufgrund der Stromverdrängungserscheinungen im Innern kein nennenswerter Strom fließt, tragen die Kerndrähte mit ihrer schlechteren elektrischen Leitfähigkeit nicht zum Stromtransport bei. Die spezifische elektrische Leit-

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Einführung

8 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

fähigkeit für Kupfer beträgt m/11058 6 Ω⋅=κ und für Aluminium m/11035 6 Ω⋅=κ . Dementsprechend besitzt Kupfer eine höhere Leitfähigkeit und damit einen geringeren elektrischen Widerstand als Aluminium.

- Kapazitive Blindströme

Kapazitive Blindströme entstehen, weil zwischen Leiter und Schirmung (bzw. im Fall einer Freileitung zwischen dem Leiterseil und der Erdoberfläche, die auf Erdpotential liegt) ein elektrisches Feld aufgebaut wird, das in der Frequenz der Wechselspannung umgepolt wird. Der kapazitive Strom eilt der Spannung um 90° voraus. Die Höhe des Blindstroms ist abhängig von der Spannung und der Länge des Leiters. Während bei Erdkabeln durch das hohe elektrische Feld zwischen Leiter und Schirmung beachtliche kapazitive Blindströme auftreten, spielen diese bei Freileitungen nur eine untergeordne-te Rolle. Der Kapazitätsbelag (Kapazität bezogen auf die Leiterlänge) ist bei Kabeln etwa um den Faktor 12 bis 26 höher als bei Freileitungen.

- Induktive Blindströme

Induktive Blindströme treten nur bei Wechselstrom, nicht dagegen bei Gleichstromsys-temen auf. Sie entstehen, wenn durch die Induktivität des Leiters oder angeschlossene induktive Verbraucher magnetische Wechselfelder aufgebaut werden. Induktive Ströme eilen der Spannung um 90° nach. Die Höhe des Blindstroms ist abhängig von der Stromstärke und der geometrischen Leiteranordnung. Bei Freileitungen ist der Indukti-vitätsbelag (Induktivität bezogen auf die Leiterlänge) etwa um den Faktor 3 bis 4 höher als bei Kabeln.

- Wirbelstromverluste

In metallenen Gegenständen, die selbst nicht am Stromtransport beteiligt sind, aber sich in der unmittelbaren Nähe befinden (z.B. Freileitungsmasten oder Kabelpritschen), werden durch den Wechselstrom Wirbelströme induziert. Wirbelstromverluste können einen wesentlichen Anteil an den Gesamtverlusten ausmachen. Bei Kabeln in Stahl-rohrkapselungen können die Zusatzverluste zum Beispiel von etwa 5 W/m bis zu 60 W/m variieren und somit in der selben Größenordnung liegen wie die Verluste der Ka-belanlage selbst.

- Wechselstrom-Hystereseverluste

Kommen bei Freileitungen und Kabelanlage ferromagnetische Materialien zum Einsatz, entstehen zusätzliche Verluste durch das Ummagnetisieren des Materials.

- Dielektrische Verluste

Als Dielektrikum werden nichtleitende, von elektrischen Feldern begrenzte Räume be-zeichnet, wie sie beispielsweise zwischen den Platten eines Kondensators auftreten. Das Dielektrikum dient zur Trennung und damit als Isolation elektrisch leitender Teile unterschiedlichen elektrischen Potentials. Bei Wechselspannung ändert sich die Polari-tät der Spannung fünfzig Mal in der Sekunde. Im Dielektrikum gebundene geladene

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Einführung

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 9

Teilchen richten sich entsprechend oft neu aus (so genannte Orientierungs-, Ionen- und Elektronenpolarisation). Die hierbei entstehenden Verluste führen zu einer Erwärmung des Dielektrikums.

Durch die Blindströme wird eine Blindleistung erzeugt, die zusammen mit der tatsächlich nutz-baren Wirkleistung als Scheinleistung die Leitung belastet. Zur Unterscheidung dieser unter-schiedlichen elektrischen Leistungen werden verschiedene Einheiten verwendet. So wird die Scheinleistung in der Einheit Volt-Ampere [VA], die Wirkleistung in der Einheit Watt [W] und die induktive Blindleistung in der Einheit Volt-Ampere-reaktiv [var] angegeben.

Um eine Vorstellung von der Größenordnung von Verlusten bei der Übertragung elektrischer Energie zu bekommen, wurden beispielhaft ein 110-kV-Freileitungs-Doppelsystem mit einem 110 kV-VPE-Kabel-Doppelsystem mit 2500 mm2 Al-Leiter (NA2XSY 64/110 kV 2*3*1*2500 RMS/50) für eine Höchstlast von 2000 A und eine Trassenlänge von 30 km vergli-chen:

a) Freileitungs-Doppelsystem mit Zweierbündel TAL ST 2*3*2*265/35

Widerstandsbelag je Seil bei 30°C (Durchschnittstemperatur): ≈'R = 0,116 mΩ/m

Spannungsabhängige Verluste des Doppelsystems: < 1,0 W/m

Höchstwert der Verluste für Iges = 2000 A (1000 A je System, 500 A je Seil):

• bei 2 Seilen je Bündel: W/m348W/m1A)500(´12´ 2 =+⋅⋅= ≈RP

• bei 4 Seilen je Bündel: W/m417W/m1A)250(´24´ 2 =+⋅⋅= ≈RP

Eine Verdoppelung der Seilzahl pro Bündel oder alternativ des Seilquerschnitts hätte ei-ne Halbierung der Verluste zur Folge.

Verlustenergie bei einem Jahr Betriebsdauer:

GWh13,718h8760kW1566h876015,0km30W/m348 =⋅=⋅⋅⋅=W

b) 2 Systeme, 110 kV-VPE-Kabel, 2500 mm2 Al-Leiter, NA2XSY 64/110 kV

2*3*1*2500 RMS/50

Widerstandsbelag je Leiter bei 40°C (Durchschnittstemperatur): ≈'R = 13,1 µΩ/m

Spannungsabhängige Verluste des Doppelsystems: P´d,ges = 0,6 W/m

Höchstwert der Verluste für Iges = 2000 A (1000 A je System):

W/m2,79W/m6,0W/m6,78W/m6,0A)1000(´6´ 2 =+=+⋅⋅= ≈RP

Mittelwert der Verluste: W/m4,12W/m6,0W/m6,7815,0´ =+⋅=P

Verlustenergie bei einem Jahr Betriebsdauer:

GWh3,259h8760kW372h8760km30W/m4,12 =⋅=⋅⋅=W

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Einführung

10 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Im Vergleich zur Freileitung summieren sich bei Einsatz eines Kabelsystems die eingesparten Verluste bei einer angenommenen Betriebsdauer von 40 Jahren zu ∆W = 418,4 GWh. Werden bei der Freileitung anstatt Zweierbündelleiter Viererbündel verwendet, so beläuft sich die Diffe-renz auf ∆W = 261 GWh.

1.3.4. Erwärmung der Leiter

Ohmsche Verluste, Wirbelstromverluste und dielektrische Verluste bei Wechselstromübertra-gung sowie Hystereseverluste bei ferromagnetischen Aufbauelementen verursachen als Heiz-leistung eine Erwärmung der Leitermaterialien. Während die entstehende Wärme bei Freilei-tungen durch die Luft schnell und kontinuierlich abgetragen wird, erwärmt sich beim Erdkabel auch der umgebende Boden. Dadurch wird eine Veränderung der elektrischen Leitfähigkeit des Strom durchflossenen Materials bewirkt. Die hauptsächlich verwendeten Leitermaterialien, z. B. Kupfer oder Aluminium, reagieren mit einem steigenden spezifischen Widerstand auf die Erwärmung. Z.B. erzeugt ein Temperaturanstieg auf 90°C eines Kupferleiters einen Verlustan-stieg um rd. 27 %.

1.3.5. Thermische Grenzleistung und natürliche Leistung Bei der Energieübertragung über eine Hochspannungsleitung wird zwischen der thermischen Grenzleistung und der natürlichen Leistung der Leitung unterschieden. Die thermische Grenz-leistung darf im Betrieb nicht überschritten werden, da es sonst zur Überhitzung der Leiterma-terialien kommen kann. Die natürliche Leistung liegt unter der thermischen Grenzleistung und bezeichnet die Leistung, bei der keine (zusätzlichen) induktiven oder kapazitiven Widerstände die Leitung belasten, der nicht nutzbare Blindleistungsanteil und damit die Stromverluste also am niedrigsten sind. Bei Volllast – also dann, wenn die Leitung nahe der thermischen Grenz-leistung betrieben wird – steigt die Spannungsdifferenz zwischen Leitungsanfang und -ende mit zunehmender Leitungslänge an. Die im Hochspannungsnetz zulässigen Spannungstole-ranzen sind üblicherweise auf etwa 10 % der Nennspannung begrenzt, und zwar durch die begrenzten Spannungsregelungsmöglichkeiten der Transformatoren. Aus diesem Grunde werden längere Freileitungen meist nicht mit ihrer thermischen Grenzleistung, sondern je nach Spannungsebene nahe bei der natürlichen Leistung (im Bereich der 380-kV-Ebene) bzw. etwa dem drei- bis vierfachen ihrer natürlichen Leistung (im Bereich 110 kV und 220 kV) betrieben: Die natürliche Leistung nimmt bei gleichem Wellenwiderstand hin zu größeren Spannungs-ebenen mit dem Quadrat der Spannung zu. Der Wellenwiderstand ist der bei schnellen tran-sienten Ausgleichsvorgängen wirksame Widerstand der Leitung.

Eine Steigerung der natürlichen Leistung kann darüber hinaus durch die Verwendung von Bündelleitern (s. Abschnitt „Leiterseile“ unter Kap. 2.1.1) erreicht werden.

Bei Hoch- und Höchstspannungsebenen betragen die natürlichen Leistungen etwa: • 110-kV-Freileitungen: Übertragungsleistung: 165 MVA; nat. Leistung 48 MVA • 220-kV-Freileitungen: Übertragungsleistung: 330 MVA; nat. Leistung 180 MVA

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Einführung

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• 380-kV-Freileitungen: Übertragungsleistung: 700 MVA; nat. Leistung 600 MVA

Kabel werden unterhalb ihrer natürlichen Leistung betrieben, da die natürliche Leistung eines Kabels weit höher liegt als die thermische Grenzleistung.

1.3.6. Elektrische und magnetische Felder Elektrische Felder entstehen überall dort, wo aufgrund getrennter Ladungen eine Potenzialdif-ferenz (= eine elektrische Spannung) vorhanden ist. Ein Stromfluss ist dafür nicht notwendig. Die Stärke elektrischer Felder ist damit von der Spannung abhängig. Die Einheit der elektri-schen Feldstärke ist Volt pro Meter [V/m].

Werden elektrische Ladungen bewegt, entsteht ein magnetisches Feld mit der Einheit Strom-stärke pro Meter [A/m]. Anders als die elektrische Feldstärke beschreibt die magnetische Feld-stärke aber noch nicht die gesamte Kraftwirkung des Magnetfeldes, denn diese ist nicht nur von der Stromstärke, sondern auch vom Material abhängig. Man verwendet stattdessen daher häufig die magnetische Flussdichte B mit der Einheit Tesla [T]. Sie ist mit der magnetischen Feldstärke über eine Materialkonstante verknüpft.

Elektrische und magnetische Felder (EMF) entstehen auch auf natürliche Weise; starke elekt-rische Feldstärken können beispielsweise bei Gewittern auftreten. Darüber hinaus umgibt die Erde ein statisches Magnetfeld. Dieses Erdmagnetfeld reicht von 30 µT am Äquator bis zu etwa 60 µT an den Polen und beträgt in Mitteleuropa etwa 48 µT. Da es sich jedoch um ein statisches Magnetfeld handelt, besitzt es andere Eigenschaften als die durch Wechselstrom induzierten magnetischen Wechselfelder und hat für Organismen daher auch eine völlig ande-re Bedeutung (s. Kap. 4.2.4). Magnetische Wechselfelder induzieren elektrische Felder, bei-spielsweise auch in Organismen, die sich innerhalb eines magnetischen Wechselfeldes befin-den. Für die Auswirkungen von EMF in Organismen sind die Stromdichten relevant, die in den Organen auftreten. Diese werden in der Einheit Ampère pro Quadratmeter [A/m²] angegeben und beschreiben den Strom, der durch eine bestimmte Organfläche fließt.

Wechselstrom bis zu einer Frequenz von etwa 30 kHz wird als Niederfrequenz bezeichnet. Bei höheren Frequenzen können elektrisches und magnetisches Feld nicht mehr getrennt vonein-ander betrachtet werden; man spricht dann von elektromagnetischen Feldern oder Wellen. Diese können sich von ihrer Quelle lösen und im Raum ausbreiten, was für Rundfunk, Fernse-hen und Mobilfunk genutzt wird.

Tab. 1: Abgrenzung nieder- und hochfrequenter Felder

Frequenz Beispiele

Statisches Feld 0 Hz Kernspintomograph, Erdmagnetfeld Niederfrequente Felder > 0 – 30 kHz Öffentliche Stromversorgung Hochfrequente Felder > 30 kHz Radio, Fernsehen

Page 26: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Einführung

12 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Sowohl die Stärke des elektrischen als auch des magnetischen Feldes nimmt mit der Entfer-nung zur Quelle schnell ab. In anderen Eigenschaften unterscheiden sich die Felder jedoch deutlich voneinander. Elektrische Felder werden durch jedes leitfähige Objekt in ihrer Umge-bung verändert, wobei die Feldlinien immer senkrecht auf leitfähige Oberflächen treffen. Mag-netische Felder durchdringen dagegen die meisten Materialien unverändert und unvermindert. Das hat zur Folge, dass elektrische Felder recht einfach abgeschirmt werden können, während dies bei Magnetfeldern nur mit großem Aufwand (siehe Kap. 3.5 und 3.6) möglich ist.

1.3.7. Umspannwerke Start- und Endpunkt von Stromleitungen werden in der Regel durch ein Umspannwerk gebil-det. Ein Umspannwerk dient zur Verbindung zwischen unterschiedlichen Spannungsebenen, sog. „Umspannung“, und besteht hauptsächlich aus Umspannanlagen, die für 110 kV entwe-der mit konventionellen Geräten als Freiluftanlagen oder als vollgekapselte SF6-isolierte Anla-gen im Innenraum ausgeführt werden [126].

Außer Transformatoren befinden sich in einem Umspannwerk auch Schaltanlagen für das Zu-sammenschalten bzw. Trennen der Leitungen. Alle technischen Elemente (Transformatoren, Schalter u.a.) sowie die Leitungen sind unter Berücksichtung der sogenannten (n-1)-Redundanz ausgelegt, so dass bei Ausfall eines Betriebsmittels die Versorgung weiterhin ge-währleistet ist.

Page 27: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Einführung

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 13

Abb. 4: Umspannwerk 110 kV

Vorn rechts Abspannportale und Freiluftschaltanlage, in der Mitte Transformator und hinten ein Container mit Se-kundärtechnik

Darüber hinaus gibt es in einem Umspannwerk auch Einrichtungen für die Sekundärtechnik, die nicht direkt an der Umspannung beteiligt sind, aber eine sehr wichtige Rolle im Betrieb spielen. Dazu zählen z. B. Strom- und Spannungswandler, die Mess- und Schutzfunktionen übernehmen, Überspannungsableiter und weitere Geräte, die Steuer- und Regelaufgaben ü-bernehmen.

Wie Freileitungsmasten aus Stahl, so werden auch die Stahlkomponenten eines Umspann-werks durch einen entsprechenden Anstrich vor Korrosion geschützt (s. Abschnitt „Mastanstriche und Markierungen an Leiterseilen“, S. 17).

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Wirkfaktoren von Hochspannungsleitungen

14 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

2. Wirkfaktoren von Hochspannungsleitungen

2.1. Freileitungen

2.1.1. Anlagenbeschreibung Freileitungen sind für alle Spannungsebenen verfügbar und über viele Jahrzehnte bewährt. Es handelt sich um eine ausgereifte Technik. Eine Freileitung besteht aus Stützpunkten und Lei-tungsteilen. Stützpunkte umfassen Masten, deren Gründungen und Erdungen. Leitungsteile umfassen oberirdisch verlegte Leiter und Isolatoren jeweils mit Zubehörteilen. Die spannungs-führenden Leiterseile sind nicht isoliert. Um die Leiterseile gegen die sich auf Erdpotential be-findenden Masten zu isolieren, müssen sie über Isolatoren von den Masten abgehängt wer-den. Als Isolationsmedium zwischen den einzelnen Leiterseilen dient die Umgebungsluft. Als Blitzschutz sowie zum Potenzialausgleich wird in der Regel oberhalb der Leiterseile ein soge-nanntes Erdseil angebracht, das leitend mit den Masten verbunden ist. Der prinzipielle Aufbau einer Freileitung ist in Abb. 5 dargestellt.

Abb. 5: Prinzipieller Aufbau eine Freileitung

1: Erd- oder Blitzschutzseil; 2: Leiterseil; 3: Abspannmast; 4: Tragmast; 5: Traverse; 6: Isolator; L: Spannfeldlänge

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3

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6

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Wirkfaktoren von Hochspannungsleitungen

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 15

Leitermasten

Hinsichtlich der statischen Anforderungen, die an die Masten gestellt werden, unterscheidet man Trag- und Abspannmasten (vgl. Abb. 5, der vorderste Mast stellt einen Abspannmast dar). Letztere werden bei Richtungsänderungen verwendet; sie müssen im Gegensatz zu den Tragmasten die Zugkräfte der Leiterseile aufnehmen und werden daher stabiler gebaut.

Weltweit werden viele verschiedene Masttypen verwendet. Sie lassen sich nach dem verwen-deten Material in Holz-, Beton- und Stahlgitter- bzw. -rohrmasten unterscheiden, wobei in der Hoch- und Höchstspannungsebene in Deutschland fast ausschließlich Stahlgittermasten zum Einsatz kommen; nur vereinzelt findet man auch Beton- oder Stahlrohrmasten. Hinsichtlich der Anordnung der Leiterseile werden verschiedene Masttypen unterschieden (Abb. 6).

Abb. 6: Stahlgittermastformen

Quelle: [60]

Jede Mastform weist dabei spezifische Vor- und Nachteile auf. So ist der Tonnen- bzw. Tan-nenbaummast der Mast mit dem geringsten horizontalen Platzbedarf, so dass der Sicherheits-streifen, in dem Nutzungsbeschränkungen erforderlich sind, nur eine geringe Breite aufweist. Allerdings sind für die Tonnenform sehr hohe Masten erforderlich, was sich wiederum auf das Landschaftsbild und das Kollisionsrisiko für Vögel negativ auswirkt. Der Einebenen- oder Eintraversenmast weist im Gegensatz dazu eine geringe Bauhöhe auf, daraus ergibt sich ent-sprechend ein hoher Flächenbedarf und erhöhte statische Anforderungen aufgrund der Länge

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Wirkfaktoren von Hochspannungsleitungen

16 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

der Traverse. Der Donaumast nimmt eine Zwischenposition ein; er ist außerdem die statisch sowie – aufgrund der Dreiecksanordnung der Leiterseile – die elektrotechnisch günstigste Mastform. Im Küstenraum kommen im Wesentlichen Donau- und Einebenenmasten zum Ein-satz. Im Rahmen dieses Forschungsvorhabens beschränken sich die Betrachtungen daher auf diese beide Masttypen.

In der Regel werden Freileitungen als Doppelsystem ausgelegt, d.h. die Masten tragen auf jeder Traversenseite ein Drehstromsystem. Es ist aber auch möglich, Mehrfachleitungen zu konstruieren und diese mit vier oder sechs Systemen auszustatten. Dabei tragen Freilei-tungsmasten nicht zwangsläufig ausschließlich Leiterseile einer einzigen Spannungsebene. Werden mehrere Spannungsebenen geführt, befindet sich – bedingt durch die einzuhaltenden Sicherheitsabstände (s.u.) – die höhere Spannungsebene auf der oberen Traverse und die niedrigere Spannungsebene auf der unteren.

Die Höhe der Leitungsmasten hängt von dem Relief, der Länge des Spannfeldes sowie der ggf. zu überspannenden Objekte ab und ist somit stark von der jeweiligen planerischen Aus-gestaltung der Trasse abhängig. Der bei höchster Seiltemperatur auftretende maximale Seil-durchhang ist durch entsprechende Sicherheitsabstände zum Boden festgelegt. Dieser beträgt bei einem 110 kV-Kabel 6 m, bei 220 kV 6,75 m und bei 380 kV 7,8 m, aufgrund der zuneh-menden Größe der landwirtschaftlichen Fahrzeuge werden u.U. in agrarisch genutzten Land-schaften auch höhere Mindestabstände gefordert. Typische Masthöhen reichen von weniger als 20 m bei 110 kV – Leitungen bis zu weit mehr als 50 m bei 380 kV – Leitungen (Tab. 2). Die beiden mit 227 m Höhe europaweit höchsten Freileitungsmasten wurden im Rahmen der Freileitungskreuzung der Elbe westlich von Stade auf der Elbinsel Lühesand und dem schles-wig-holsteinischen Festland bei Hetlingen errichtet. Die Traversenbreiten reichen von etwa 15 m bis 45 m. Die mittlere Spannfeldweite liegt in der Hochspannungsebene zwischen 200 und 350 m, bei Höchstspannungsleitungen sind Abstände von 350 bis 700 m der Normalfall. Bei der Überquerung großer Gewässer (z.B. Elbe) sind mit Spezialmasten auch wesentlich größere Spannfeldweiten zu erreichen.

Tab. 2: Typische Kenndaten verschiedener Masten

Eintraversen-mast 110 kV

Donaumast 110 kV

Donaumast 380 kV

Masthöhe 21 m 34 m 50 m (untere) Traversenhöhe 17 m 23 m 24 m Abstand der Traversen voneinander - 4,4 m 11 m Traversenbreite 20 m 16 m 30 m Spannfeldlänge 320 m 360 m 400 m

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Wirkfaktoren von Hochspannungsleitungen

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 17

Mastanstriche und Markierungen an Leiterseilen

Um einer frühzeitigen Korrosion vorzubeugen, werden Stahlmasten mit einem Korrosions-schutzanstrich versehen. Masten älterer Bauweise weisen häufig einen Korrosionsanstrich aus Bleimennige auf. Neuere Masten werden mit Zink (Zinkstaub oder Zinkphosphat) vor Korrosion geschützt [110].

Aus Gründen der Flugsicherheit werden nach der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Kennzeichnung von Luftfahrthindernissen Freileitungsmasten mit Höhen über 100 m oder z.B. im Bereich von Einflugschneisen mit einem rot-weißen oder orange-weißen Warnanstrich ver-sehen. Am obersten Seil sind Seilmarker vorzusehen, die ebenfalls einen rot-weißen oder o-range-weißen Anstrich aufweisen müssen. Die Marker sollen die Form eines Doppelkegels mit einem Durchmesser von 1 m und einer Länge von Spitze zu Spitze von 1,5 m haben (Kegel-marker). Der Abstand zwischen zwei benachbarten Markern soll nicht mehr als 60 m betragen. Je Seilabschnitt sind mindestens zwei Marker vorzusehen. Alternativ zu den Kegelmarkern ist die Verwendung von Kugelmarkern mit einem Durchmesser von 0,6 m, die paarweise (orange oder orange/weiß Mittenabstand von 1,2 m) in einem Abstand von max. 30 m angebracht wer-den, zulässig [31].

Mastgründung

Man unterscheidet generell zwischen Kompaktgründungen und aufgeteilten Gründungen. Zu den Kompaktgründungen gehören die so genannten Plattenfundamente, die vor allem bei gro-ßen Masten verwendet werden, die mindestens vier Leitungssysteme tragen sollen. In allen anderen Fällen werden heute klassischerweise aufgeteilte Gründungen verwendet, bei denen jeder Mastfuß ein eigenes Fundament besitzt. Je nach Bodenart und Geländeeigenschaften kommen dabei unterschiedliche Gründungsmethoden zum Einsatz. Bei normalen Bodenver-hältnissen haben sich Stufenfundamente bewährt; dagegen weisen bei sehr nassen Böden Rammpfahlgründungen eine größere Stabilität auf, bei denen einzelne Pfähle mit Längen von 10 – 20 m in den Boden getrieben werden. Bohrfundamente schließlich werden bei sehr har-ten und trockenen Böden verwendet.

Page 32: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Wirkfaktoren von Hochspannungsleitungen

18 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Abb. 7: Mastfundamente

1, 2, 3: aufgeteilte Gründungen; 4, 5: Kompaktgründungen.

Quelle: [60]

Abb. 8: Mastfundamente in Ackerfläche

links: Rammfundament, rechts Blockfundament.

Leiterseile

Die Leiterseile bestehen im Hoch- und Höchstspannungsnetz aus verdrillten Stahldrähten, die mit Aluminiumdraht umwickelt sind. Der Aluminiumdraht übernimmt die eigentliche Stromlei-tung. Der Querschnitt der Seile ist von der zu übertragenden Leistung und dem Abstand der Masten abhängig und beträgt im Hochspannungsbereich üblicherweise bis zu 600 mm². Der Abstand der Leiterseile zueinander richtet sich nach der Spannungsebene, da mit zunehmen-der Spannung die elektrische Feldstärke und somit bei gleich bleibendem Abstand die Gefahr

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Wirkfaktoren von Hochspannungsleitungen

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 19

eines Überschlags von Phase zu Phase oder zur Erde steigt. Bei 380 kV beträgt der Mindest-abstand der Leiterseile 6,5 m in der Horizontalen und 10 m in der Vertikalen.

Im Höchstspannungsnetz werden statt einzelner Leiterseile häufig Bündelleiter benutzt. Ein Bündel besteht aus mehreren parallel geführten Teilleitern, die jeweils dieselbe Phase über-tragen. Dies dient der Verringerung der elektrischen Feldstärke. Sie sind etwa 40 cm vonein-ander entfernt und werden mit Distanzstäben an gegenseitiger Berührung gehindert [74].

Nach DIN/EN 50128 ist für Leiterseile eine dauernde Betriebstemperatur von 80°C zulässig, um den Seildurchhang zu begrenzen. Hieraus wird der höchstzulässige Dauerstrom errechnet. Aufgrund der hierbei zu Grunde gelegten statischen Rahmenbedingungen (35°C Umgebungs-temperatur, Sonneneinstrahlung und Windgeschwindigkeit quer zum Seil 0,6 m/s) wird diese Temperatur im Regelfall nicht erreicht. Je nach Auslastung liegt sie normalerweise eher zwi-schen 30 und 60°C.

Heute stehen neben den üblichen Standardseilen aus Aluminiumlegierungen auch Hochtem-peraturseile zur Verfügung, die bis zu einer Temperatur von 150°C betrieben werden können. Damit ist eine Steigerung der Übertragungskapazität von Freileitungen von 50 bis 100 % mög-lich. Zur Verringerung des Seildurchhangs bei hohen Temperaturen werden als Träger des Seils Materialien mit geringen thermischen Ausdehnungskoeffizienten verwendet, während eine thermisch beständige Aluminiumlegierung weiterhin die Leitungsfunktion übernimmt. In der Regel wird Stahl (GAP-Seile, ACSS-Seile) oder eine Stahl-Nickel-Legierung (Invarseile) als Trägerseil verwendet, in den USA wurden auch Seile auf Basis eines Keramik-Verbundwerkstoffes entwickelt.

Erdseil

Das Erdseil ist ein geerdetes elektrisch leitfähiges Seil, das in der Regel auf der Spitze der Hochspannungsmasten montiert wird. Durch das Erdseil kann bei einem Blitzeinschlag der Strom über mehrere Leitermasten abfließen. Dadurch vermindert sich der Potenzialanstieg im Bereich des einzelnen Mastfußes und damit auch die in der Nähe der Masten auftretende Schrittspannung, die für dort befindliche Menschen (und Tiere) lebensgefährlich sein kann.

Darüber hinaus werden die Leiterseile durch das Erdseil vor Blitzeinschlägen geschützt (vgl. Abb. 9). Dadurch wird zum einen ein unterbrechungsfreier Stromtransport sichergestellt, zum anderen werden die Anlagenbestandteile (Schalter, Transformatoren, Leiterseile und Isolato-ren) vor Überspannungen geschont.

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Wirkfaktoren von Hochspannungsleitungen

20 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Abb. 9: Durch Erdseil bewirkter Blitzschutzraum

hE: Höhe des Erdseils über dem Erdboden. Quelle: [60]

Wenn erhöhte Anforderungen an den Blitzschutz gestellt werden, werden auf den Mastspitzen zwei Erdseile an den Außenseiten der Masten verwendet. Hierfür werden Masten mit einer zur Aufnahme der Erdseile bestimmten zusätzlichen Traverse oberhalb der Leiterseile, mit zwei V-förmigen Erdseilspitzen („Hörner“) oder einer besonders geformten obersten Traverse ausge-rüstet, welche die Aufnahme der beiden Erdseile an ihren Außenseiten gestattet. Die Erdseile können aber z.B. bei Einebenenmasten auch auf der Oberseite der Traverse geführt werden (vgl. Abb. 10). Für den Betrieb einer Freileitung ist das Erdseil nicht zwingend notwendig, all-gemein werden allerdings Leitungen mit Spannungen über 50 kV regelmäßig mit Erdseilen ausgestattet.

Abb. 10: Verschiedene Anordnungen der Erdseile

Links: ein Erdseil auf der Mastspitze; Mitte: zwei Erdseile auf Hörnern, rechts: zwei Erdseile auf der Traverse

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Wirkfaktoren von Hochspannungsleitungen

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 21

2.1.2. Bau und Wartung

Trassierung

In der Regel verlaufen Freileitungen über weite Strecken – d.h. über mehrere Spannfelder hinweg – geradlinig. Kleinere Hindernisse werden dabei überspannt, lediglich größere wie bei-spielsweise Wälder werden unter Inkaufnahme von Umwegen umgangen. Auch in besiedelten Gebieten sind u.a. aufgrund von Abstandsregelungen sowie der mangelnden Akzeptanz von Freileitungen in der Nähe von Siedlungen Umwege erforderlich. Kreuzungen von Straßen, Bahngleisen und Gewässern stellen für Freileitungen kein Hindernis dar; es sind lediglich die erforderlichen Sicherheitsabstände einzuhalten.

Baumaßnahmen

Für die Errichtung der Trasse werden Erdarbeiten im Bereich der Mastgründungen vorge-nommen; hierfür müssen die Maststandorte von LKW angefahren werden können. Auch für spätere Reparatur- und Wartungsarbeiten muss die Zugänglichkeit gewahrt bleiben. Je nach Untergrund erfolgen die Zufahrten zu den Maststandorten ohne Abdeckung des Bodens direkt mit geländegängigen Fahrzeugen, oder es müssen dafür Baustraßen errichtet werden.

Üblicherweise werden Masten aus Beton oder Holz als Ganzes angeliefert und an ihrem Be-stimmungsort aufgerichtet. Die meist verwendeten Stahlfachwerkmasten (sog. Gittermasten) werden bei ausreichendem Platzangebot liegend zusammengebaut und dann mit einem Seil-zug aufgerichtet; bei Platzmangel werden sie gestockt, d.h. mit Hilfe eines kleinen Krans Stück für Stück zusammengesetzt (siehe Abb. 11). Möglich ist auch die komplette Montage mit ei-nem Kran oder – in unzugänglichen Gebieten – mit dem Hubschrauber.

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Wirkfaktoren von Hochspannungsleitungen

22 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Abb. 11: Montage eines Mastes für ein 380-kV-Drehstrom-Doppelsystem

Quelle: E.ON Netz

Nach der Errichtung der Masten wird ein Führungsseil ausgelegt und mittels eines Krans ein-gehängt. An dem Führungsseil können dann die einzelnen Leiterseile eingezogen werden. Ein Transport des aufgetrommelten Leiterseils entlang der Trasse ist somit nicht erforderlich.

Bauzeit

Die Errichtung einer Freileitung ist in erster Linie eine Frage der Organisation. Eine sinnvolle Abstimmung des Ablaufs der Materialanlieferung sowie der Bereitstellung der erforderlichen Arbeitskräfte und Geräte ist notwendig.

Für den zeitlichen Bauablauf ist eine Vorplanung aufzustellen, in der möglichst etwaige Ausfäl-le durch Eigenheiten der Jahreszeit sowie Feiertage berücksichtigt werden sollen.

Page 37: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Wirkfaktoren von Hochspannungsleitungen

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 23

Abb. 12: Bauzeitenplan ab Baubeginn

Quelle: [147]

Wartung und Lebensdauer

Freileitungstrassen müssen regelmäßig auf ihren Bewuchs hin überprüft werden. Die Wartung der eigentlichen Leitung umfasst die regelmäßige Kontrolle der Leiterseile, der Isolatoren und der Mastfundamente. Nach 40 Jahren müssen die Leiterseile und das Erdseil ausgetauscht werden, ebenso müssen in regelmäßigen Abständen die Masten entrostet und neu gestrichen werden. Während dies in Deutschland etwa alle 20 Jahre erfolgt, sind die Regelungen in ande-ren Ländern wie beispielsweise Schweden strenger; dort müssen die Masten bereits nach acht Jahren gestrichen werden ([75], zitiert in [18]).

Die Lebensdauer der Masten beträgt zwischen 50 und 80 Jahren, gelegentlich auch bis zu 120 Jahre [68].

2.1.3. Elektrische und magnetische Felder Die elektrischen und magnetischen Feldstärken in der Nähe einer Freileitung sind u.a. von der Spannungsebene, der Stromstärke, der Mastform sowie Anordnung, Anzahl und Durchhang der Leiterseile abhängig [100].

Die höchsten gemessenen elektrischen Feldstärken direkt unterhalb von 380 kV-Freileitungen liegen im Bereich des stärksten Seildurchhangs unterhalb von 6 kV/m, bei 220 kV unterhalb von 4 kV/m und bei 110 kV unterhalb von 2 kV/m [29]. Direkt auf den Leiterseilen werden je-doch sehr viel höhere Feldstärken erreicht; so wird von einer maximalen elektrischen Feldstär-ke von 1500 kV/m direkt auf den Leiterseilen einer 380 kV-Freileitung berichtet (HAUBRICH

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Wirkfaktoren von Hochspannungsleitungen

24 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

1993, zitiert in [160]) Direkt auf dem Leiterseil von 110-kV-Freileitungen sind Feldstärken von bis zu 600 kV/m zu erwarten [131].

Die Verteilung der elektrischen Feldstärke und der magnetischen Induktion können mit der Finite-Elemente-Methode berechnet werden. Abb. 13 zeigt die Verteilung der elektrischen Feldstärke unterhalb einer 110 kV-Freileitung, für eine Stromstärke von 1000 A je Leiterseil und einer Leistung von 190 MVA, 1 m oberhalb des Erdbodens für zwei übliche Mastkonstruk-tionen; Abb. 14 veranschaulicht für die gleichen Leitungen die Verteilung der magnetischen Induktion.

0

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0 100 200 300 400 500 600

DonaumastEinebenenmast

Abstand zur Trassenmitte

m

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Ele

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Abb. 13: Elektrische Feldstärke unter einer 110 kV-Freileitung

jeweils in 1 m Höhe über dem Erdboden. Technische Daten: jeweils 2 Teilleiter im Bündel, 2 Systeme, 2x1000 A, 2x190 MVA, Abstand der Leiterseile zum Boden: 9,1 m

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Wirkfaktoren von Hochspannungsleitungen

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DonaumastEinebenenmast

Abstand zur Trassenmitte

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Abb. 14: Magnetfeld unter einer 110 kV-Freileitung

Werte in 1 m Höhe über dem Erdboden. Technische Daten: siehe Abb. 13

Die Stärke der magnetischen Induktion nimmt mit zunehmendem Abstand von der Leitung etwa quadratisch ab. Bei hoch belasteten 380 kV-Freileitungen können die Magnetfelder zu Zeiten der Höchstlast bis zu etwa 30 µT direkt unter der Leitung in einem Meter Höhe über dem Boden reichen. Direkt auf den Leiterseilen wird bei 380 kV-Leitungen eine maximale magnetische Induktion von 8 mT erreicht (HAUBRICH 1993, zitiert in [160]).

2.1.4. Koronaentladungen Die hohe elektrische Feldstärke zwischen Leiterseil und umgebender Luft kann zu einer Ioni-sierung von Luftmolekülen in der Nachbarschaft des Leiters führen, die als Koronaentladungen bezeichnet werden. Voraussetzung dafür sind große elektrische Feldstärken, die an Freileitun-gen beispielsweise auftreten, wenn sich Wassertropfen oder Staub auf den Leiterseilen befin-den. Aufgrund der rauen Oberfläche bilden sich dort stark gekrümmte Feldlinien und damit wesentlich höhere Feldstärken aus, womit die Zündbedingungen für Koronaentladungen ge-geben sind.

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Wirkfaktoren von Hochspannungsleitungen

26 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Koronaentladungen rufen Leuchterscheinungen hervor und senden elektromagnetische Wel-len sowie Schall und Ultraschall aus, außerdem kommt es zu energetischen Verlusten in einer Größenordnung von rd. 20 W/m (110kV-Leitung bei leichtem Regen) [9], [158]. Die Aussen-dung elektromagnetischer Wellen kann dabei innerhalb des Schutzstreifens zu hochfrequenten Störungen im Hörfunkbereich führen. Die entstehenden Ionen können mit dem Wind verfrach-tet und bis in einen Abstand von bis zu mehreren Kilometern nachgewiesen werden [164]. Sie können ihre Ladung auf andere Partikel (insbesondere Luftschadstoffe) übertragen, die dann aufgrund ihrer Ladung eher an Objekten angelagert werden.

2.1.5. Schallemissionen Bei hohen Feldstärken kann es zu spontanen, pulsartigen Koronaentladungen kommen, die sich durch Knistergeräusche bemerkbar machen. Die Schallemissionen äußern sich einerseits durch ein Knistern und Prasseln mit Frequenzen etwa zwischen 1 kHz und 5 kHz, andererseits durch einen tiefen Brummton mit einer Frequenz von 100 Hz, was der doppelten Netzfrequenz entspricht (Abb. 15). Abb. 15 zeigt das dabei ausgesandte Frequenzspektrum, wobei Fre-quenzen innerhalb einer Terz als Band zusammengefasst sind.

Abb. 15: Terzbandspektrum des Koronageräusches einer einseitigen 380 kV-Leitung in 130 m Abstand

Quelle: [9]

Obwohl für beide Arten der Schallemission Entladungen verantwortlich sind, besteht ein grundsätzlicher Unterschied in ihrer Entstehung. Während zu dem Brummen alle Arten von Entladungen beitragen, wird das Knistern „hauptsächlich durch einzelne, pulsförmige Entla-dungen mit großen Ladungsinhalten erzeugt“ [158]. So erklärt sich auch der Unterschied in der Intensität der Schallemissionen bei unterschiedlichen Witterungsbedingungen: während das

„Brummton“ „Knistern“ und „Prasseln“

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Wirkfaktoren von Hochspannungsleitungen

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 27

Brummen mit zunehmendem Regen lauter wird, bleibt das Knistergeräusch annähernd gleich (Abb. 16).

Abb. 16: Schallemission in Abhängigkeit von der Regenrate

für einen Aluminium-Modellleiter im 100 Hz-Terzband, Abstand zur Schallquelle: 1 m A-Pegel: „Knistergeräusche“, 100-Hz-Pegel: „Brummton“. Quelle: [158]

Da die elektrische Feldstärke als Ursache der Koronaentladungen (auch) von der Spannungs-ebene abhängig ist, gilt dies auch für die Intensität der Schallemission: Je größer die gewählte Spannungsebene, desto lauter sind die von der Leitung ausgehenden Koronageräusche (Abb. 17). Schallpegelspitzen von mehr als 50 dB können bei 380 kV-Leitungen, deren Leiterseile nicht im Bündel angeordnet sind, durchaus vorkommen. Bei 110 kV- Freileitungen sind die Schallemissionen deutlich geringer, so dass im Normalfall keine hörbaren Schallemissionen auftreten. Eigene Beobachtungen haben aber gezeigt, dass bei ungünstigen Witterungsver-hältnissen auch von 110 kV-Leitungen Schall emittiert wird, der bis zu einem Abstand von 200 m wahrgenommen werden kann. Hierbei handelt es sich sowohl um tonale (Brummton) als auch um atonale Geräusche (Knistern). Dabei sind insbesondere die Maststandorte als Schallemittenten deutlich wahrnehmbar.

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Wirkfaktoren von Hochspannungsleitungen

28 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Abb. 17: Teilspektrum des Koronageräusches bei unterschiedlichen Spannungen

Quelle: [9]

2.1.6. Nutzungsbeschränkungen Bei starkem Wind schwingen die Leiterseile seitlich aus. Der maximale Ausschwung, zu dem ein Mindestsicherheitsabstand addiert wird, ist für die Breite des so genannten Schutzstreifens maßgeblich, in dem Nutzungsbeschränkungen erforderlich sind. In diesem Bereich muss der Bewuchs regelmäßig überprüft und bei Überschreiten der tolerierbaren Höhe zurück geschnit-ten werden (forstwirtschaftliche Beschränkungen). Die landwirtschaftliche Nutzung ist dagegen nur im Mastbereich eingeschränkt.

2.1.7. Störfälle Freileitungen sind aufgrund ihrer exponierten Lage Witterungseinflüssen ausgesetzt, die zu Störungen führen können. So genannte Lichtbögen sind Gasentladungen zwischen zwei Elekt-roden, die eine ausreichend hohe elektrische Spannungsdifferenz aufweisen, und entstehen bei Freileitungen z.B. durch Blitzeinschläge in die Leitung oder durch Kontakt mit der Vegetati-on. Lichtbögen erlöschen nicht von selbst, sondern werden durch eine Kurzunterbrechung beseitigt. Häufig ist der Auslöser des Lichtbogens anschließend nicht mehr vorhanden, so dass durch eine automatische Wiedereinschaltung der Stromtransport normal fortgesetzt wer-den kann und keine bleibenden Fehler verursacht werden. Blitzeinschläge in Freileitungen können darüber hinaus auch Erdkabel beschädigen, die direkt an diese Freileitung ange-schlossen sind (s. Kap. 2.3, S. 56).

Lang anhaltende Störungen können bei Freileitungen durch extreme Wettersituationen verur-sacht werden. Beim so genannten Seiltanzen veranlasst starker Wind eisbehangene Leitersei-le zu meterweitem Ausschwingen. Dies führt zu Überschlägen und Kurzschlüssen sowie zu Beschädigungen der Leiterseile und der Isolatoren.

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Wirkfaktoren von Hochspannungsleitungen

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 29

Abb. 18: Eisbehang an Freileitungsseilen

Eisbehang eines abgerissenen Freileitungsseiles (links), Eisklumpen mit Seilabdruck (rechts). (Quelle: RWE AG)

Durch Stürme kann es darüber hinaus zu Mastbrüchen kommen, die lang andauernde Strom-ausfälle und Reparaturmaßnahmen nach sich ziehen. Sturm „Lothar“ zerstörte im Dezember 1999 große Teile des französischen Netzes; die Reparaturarbeiten dauerten länger als ein halbes Jahr [18]. Weitere Beispiele sind der Zusammenbruch des Stromnetzes im Münsterland im November 2005 nach Eisregen, der Entschädigungszahlungen an die betroffenen Kommu-nen in Höhe von 2,2 Mio. Euro erforderlich machte, oder im Januar 2005 in Südschweden auf-grund eines schweren Sturms. Im Dezember 2007 sorgte ein hurrikanähnlicher Eissturm im Mittleren Westen der USA für chaotische Verhältnisse. Besonders im Bundesstaat Oklahoma brachen viele Strommasten um, die für tage- und teilweise wochenlange Stromausfälle sorg-ten, die Straßen unbefahrbar machten und mehr als 100 Feuer entzündeten. Auch in den Bundesstaaten Kansas, Missouri, Minnesota und Iowa fiel der Strom in mehreren hunderttau-send Wohnungen aus.

Darüber hinaus ist die Gefahr des Stromschlags gegeben, beispielsweise bei Wartungsarbei-ten, beim Unterqueren der Leitung mit hohen landwirtschaftlichen Maschinen oder beim Bal-lon-, Gleitschirm- oder Drachenfliegen.

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Wirkfaktoren von Hochspannungsleitungen

30 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Abb. 19: Umgeknickte Strommasten im Münsterland

Quelle: dpa

2.1.8. Rückbau Die mit dem Rückbau verbundenen Eingriffe in Natur und Landschaft entsprechen im Wesent-lichen denjenigen der Bauphase. Nach dem Abbau der Erd- und Leiterseile werden die Masten zerteilt und abtransportiert. Hierbei kann es bei nicht sachgemäßem Abbau wegen der schwermetallhaltigen Korrosionsanstriche zu erheblichen Kontaminationen des Bodens kom-men. Die Fundamente der Masten können, soweit erforderlich, ganz oder bis zu einer be-stimmten Bodentiefe abgebaut werden. Für den Rückbau müssen die Maststandorte für schwere Baugeräte zugänglich sein.

Die verwendeten Materialien, insbesondere die für Masten und Leiterseile verwendeten Metal-le, können dem Recycling zugeführt werden.

2.2. Erdkabel

2.2.1. Allgemeines Nach UCTE-Report 2005 [168] umfasst das europäische Netz rd. 900 km 380 kV-Erdkabel (gegenüber rd. 102 000 km 380-kV-Freileitungen) und in der unterlagerten 220-kV-Ebene rd. 2.100 km Erdkabel (gegenüber rd. 116.000 km 220-kV-Freileitungen). Auf der 110 kV-Ebene sind es 4.700 km Erdkabel im Vergleich zu 71.000 km Freileitungen. Weltweit sind nach einer neuen CIGRE-Statistik [165] heute inzwischen folgende Systemlängen an Hochspannungs-erdkabeln in Betrieb:

• Betriebsspannung 50-109 kV: rd. 25 000 km,

Page 45: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Wirkfaktoren von Hochspannungsleitungen

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 31

• Betriebsspannung 110-219 kV: rd. 22 500 km • Betriebsspannung > 350 kV: rd. 1 589 km.

Die installierten 380-kV-Kabelsysteme kommen überwiegend in Städten oder zur Vermeidung der Kreuzung sensitiver Landschaften durch Freileitungssysteme zum Einsatz. Trassenlängen von 25 km wurden bisher – abgesehen von der rd. 40 km langen 550-kV-XLPE-Kabelanlage (im Tunnel) auf der Strecke Shinkeiyo–Toyosu (seit 2000; eine Verlängerung auf 60 km ist geplant) – nicht überschritten.

Diese Zahlen machen deutlich, dass es sich beim Einsatz von XLPE-Hoch- und Höchstspan-nungskabeln um eine sichere und bewährte Technik handelt, für die inzwischen ein großer Erfahrungsschatz vorliegt. Für die Fertigung und Inbetriebnahme von Höchstspannungskabel-systemen existieren inzwischen umfangreiche internationale IEC-Normen, die aus Erfahrun-gen der umfangreichen Tests der ersten gefertigten 380-kV-Kabelsysteme und ihres Betriebs abgeleitet worden sind. Diese inzwischen vorhandenen, gültigen Normen für die Auslegung und die Prüfung von Höchstspannungskabeln beschreiben deren aktuellen technischen Stand. Für Kunststoff isolierte Höchstspannungskabel sind dies im Wesentlichen die folgenden Ent-wurfs- und Prüfnormen:

• IEC 60183 Guide of the selection of high-voltage cables • IEC 60228 Conductors of insulated cables • IEC 60229 Tests on cable oversheaths which have a special protective function and

are applied by extrusion • IEC 60287 Electric cables – Calculation of the current rating • IEC 60332 Tests on electric cables under fire conditions • IEC 60811 Common test methods for insulating and sheathing materials of electric-

cables • IEC 60853 Calculation of the cyclic and emergency current rating of cables • IEC 62067 Power cables with extruded insulation and their accessoires for rated

voltages above 150 kV (Um = 170 kV) up to 500 kV (Um = 550 kV) – Test methods and requirements.

2.2.2. Anlagenbeschreibung

Kabelaufbau

Der Aufbau eines Höchstspannungskabels ist in Abb. 20 dargestellt. Als Leitermaterial wird entweder Kupfer oder Aluminium verwendet; die Leiterquerschnitte betragen dabei bis zu 2500 mm². Die VPE-Isolierungsschicht weist bei 110 kV-Kabeln eine Dicke von 12 mm bis 18 mm und bei 380 kV-Kabeln 26 mm bis 31 mm auf [123]. Der aus Aluminium bestehende Schichtenmantel verhindert das Eindringen von Wasser oder Wasserdampf in die elektrische Isolierung. Der Leiterquerschnitt der Kabel ist je nach zu übertragender Höchstlast, ihrem Lastgang sowie der Legeanordnung und den thermischen Bodeneigenschaften (s. Abschnitt „Erwärmung und Austrocknung des Bodens“, S. 94) auszuwählen.

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Wirkfaktoren von Hochspannungsleitungen

32 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Abb. 20: Aufbau eines XLPE-isolierten 380-kV-Einleiterkabels 1 Cu-Segmentleiter 2 innere Leitschicht 3 VPE-Isolation 4 äußere Leitschicht 5 Polsterung (leitf.) 6 Cu-Drahtschirm 7 Al-Schichtenmantel 8 PE-Außenmantel Quelle: [18]

Cross-Bonding

Von den Leiterströmen eines Einleiterkabel-Drehstromsystems nach Abb. 21 werden Längs-spannungen in die Metall-Schirme oder -Mäntel der drei Kabeladern induziert. Werden die Metall-Schirme oder -Mäntel an beiden Enden geerdet, um Überspannungen im Fehlerfall zu vermeiden, so fließen dort Ströme, die den Leiterströmen entgegengerichtet sind. Diese Längsströme verursachen erhebliche Verluste, die durchaus in die Größenordnung der Leiter-verluste kommen können (je nach Verlegeart zwischen 20 W/m und 30 W/m).

Eine bei Hoch- und Höchstspannungen gebräuchliche Gegenmaßnahme ist das zyklische Auskreuzen der Metall-Schirme oder –Mäntel entsprechend Abb. 21. Hierzu wird ein Auskreu-zungs-Hauptabschnitt, an dessen beiden Enden die Schirme geerdet sind, durch sogenannte Cross-Bonding-Muffen in drei Unterabschnitte unterteilt. An diesen Muffen werden die Schirm-pfade durch zyklischen Wechsel so durchverbunden, dass sich die Summe der (eta) um 120° gegeneinander phasenverschobenen Längsspannungen zu Null addiert.

Page 47: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Wirkfaktoren von Hochspannungsleitungen

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 33

a)

3 21 3

l03 l0

l0 l0

UI UII

UIII

I IIIII

b)

UIU = 0r

UII

UIII

Abb. 21: Cross-Bonding bei einer Kabelanlage

a) Cross-Bonding-Hauptabschnitt mit gleichlangen Unterabschnitten der Länge l0, Überspannungs-Schutzwiderstände nicht eingezeichnet, 1 Leiter, 2 Kupferschirm, 3 Außenmantel

b) Addition der symmetrischen Schirmspannungen UI, UII , UIII zur treibenden Spannung im Schirmpfad: Ur = 0 V

Die Länge der Unterabschnitte hängt vom maximalen Betriebsstrom ab und liegt üblicherweise bei einigen wenigen (etwa 1…3) Kilometern. Die Isolierstellen der Cross-Bonding-Muffen wer-den innerhalb der sogenannten Cross-Bonding-Kästen (die als Unterflurkästen ausgeführt werden können) mit Überspannungsableitern gegen transiente Spannungsbeanspruchungen geschützt.

Kabelmuffen

Erdkabel können mit Längen zwischen etwa 500 m (380 kV) bis zu etwa 6000 m (110 kV, 220 kV) geliefert werden. Für längere Leitungen werden daher einzelne Kabelabschnitte vor Ort miteinander verbunden. Hierfür werden Verbindungsmuffen verwendet. Um hohe elektri-sche Feldstärken im Bereich der Verbindung zu vermeiden, werden Feldsteuerelemente in den Muffen eingesetzt. Passende Kabelmuffen werden vom Kabelhersteller mit angeboten. Der Hauptmuffenkörper sowie die isolierenden Teile bestehen aus Silikonkautschuk. Heutige Ver-bindungsmuffen sind technisch ausgereift und weisen eine hohe Zuverlässigkeit auf. Bei Ka-beln ohne zusätzliche Kühlung reichen einfache Verbindungsmuffen aus, die auf die Kabelstü-cke aufgeschoben werden (siehe Abb. 22) und die keine weiteren baulichen Anlagen erfor-dern. Lediglich bei Kabeln der Höchstspannungsebene mit Fremdkühlung sind größere und aufwändigere Muffenbauwerke erforderlich [68].

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Wirkfaktoren von Hochspannungsleitungen

34 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Abb. 22: Erstellen einer Muffenverbindung in Aufschiebetechnik

Quelle: Siemens/Pirelli

Kabelendverschlüsse

Auch die im Bereich der Kabelenden erforderliche Absteuerung des Hochspannungsfeldes geschieht mit Hilfe vorgefertigter, aufschiebbarer Steuerelemente, die zum Schutz gegen äu-ßere Einflüsse in einem Porzellan- oder Verbundisolator untergebracht werden, vgl. Abb. 23.

Page 49: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Wirkfaktoren von Hochspannungsleitungen

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 35

Abb. 23: Endverschluss eines XLPE-Kabels mit Aufschiebeelement

Quelle: Siemens/Pirelli

Kompensationsdrosseln zur Blindleistungskompensation

Zur Kompensation kapazitiver Blindströme (vgl. Kap. 1.3.3) werden bei langen Kabeln soge-nannte Kompensationsdrosseln eingesetzt (Abb. 24). Die Kompensationsdrosseln sollten zu-mindest teilweise schaltbar sein. Auf diese Weise kann erreicht werden, dass das Kabel in bestimmten Lastsituationen einen Beitrag zum induktiven Blindleistungsbedarf der Freileitun-gen im Netz leistet.

Diese können entweder direkt an die Kabelenden geschaltet oder aber mit Hilfe eines Drei-wicklungstransformators an dessen Tertiärwicklungen gelegt werden. Idealerweise kompen-siert man das Kabel an beiden Enden etwa mit seiner halben Blindleistung, damit der Blind-strom des Kabels nicht über das Netz geführt werden muss.

Eine Hochleistungsübertragung mit 380-kV-XLPE-Kabeln ist über Entfernungen bis zu 100 km mit einer Blindleistungskompensation allein an den Kabelenden, also ohne eine weitere Zwi-schenkompensation, durchaus möglich. Bei sehr langen Kabeln (> 100 km) sollte etwa auf halber Strecke eine weitere Kompensationsanlage errichtet werden.

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Wirkfaktoren von Hochspannungsleitungen

36 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Abb. 24: Drosselspule zur Blindleistungskompensation von 150 MVA

Quelle: Siemens

2.2.3. Bau und Wartung

Trassierung und Verlegeanordnung

Die gesamte Kabeltrasse muss sowohl für die Baumaßnahmen als auch für spätere Reparatu-ren zugänglich sein. Mindestens im Abstand der verwendeten Kabellängen ist ein Zugang für Schwertransporter erforderlich. Aus diesem Grunde werden Kabeltrassen bevorzugt entlang öffentlicher Straßen und Wege geführt, was allerdings zu kostenwirksamen Umwegen führen kann. Kreuzungen von Gewässern, Verkehrswegen und anderen Leitungstrassen sind auf-wändig; hierzu sind im Normalfall Unterdükerungen notwendig. Bei der Trassenwahl müssen die Biegeradien der Kabel berücksichtigt werden, die in etwa dem 15-fachen Kabeldurchmes-ser entsprechen.

Bezüglich der Akzeptanz der Bevölkerung ergeben sich im besiedelten Bereich in der Regel weniger Probleme, da die Kabel unterirdisch verlegt werden und damit nicht sichtbar sind. Eine Bündelung mit Verkehrswegen oder anderen Infrastrukturachsen ist unproblematisch und wird aus raumplanerischer Sicht oft gefordert [53].

In den Abb. 25 ff. sind unterschiedliche Grabenprofile bei direkter Legung der Kabel in Erde wiedergegeben. Abb. 25 zeigt ein einzelnes Kabelsystem, das in einer Tiefe von 1,5 m in einer Einebenenanordnung mit einem lichten Aderabstand von 0,3 m verlegt ist. Bei dieser Legetiefe ist eine landwirtschaftliche Nutzung oberhalb der Kabelanlage möglich, ohne die Kabel me-chanisch zu gefährden (bei sehr tiefwurzelnden Gewächsen müssen die erforderlichen Ab-stände eingehalten werden). In diesem Beispiel ergibt sich eine Breite der Grabensohle von 1,5 m und eine Gesamtbreite des abgeböschten Grabens von 3,5 m.

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Wirkfaktoren von Hochspannungsleitungen

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 37

3.5 m

1.5 m

1.75 m 0.3 m 0.3 m1.5 m

1.2 m

Abb. 25: Querschnitt durch abgeböschten Kabelgraben

Kabelsystem in 1,5 m Tiefe in Einebenenanordnung mit einem lichten Aderabstand von 0,3 m; abgeböschter Kabel-graben, Erdaushub: 4,4 m3/m

Abb. 26: Abgeböschter Kabelgraben von Horns Rev II

Verlegung eines einsystemigen 150 kV-Kabels in Dreiecksverlegung

Soll der Graben schmaler gehalten und die Menge an Erdaushub verringert werden, so kann mit Hilfe einer Gleitschalung ein Grabenprofil nach Abb. 27 realisiert werden, bei dem die Gra-benbreite mit 1,5 m der Breite der Grabensohle entspricht.

Geländeoberfläche

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Wirkfaktoren von Hochspannungsleitungen

38 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

1.5 m

1.75 m 0.3 m 0.3 m1.5 m

1.2 m

Abb. 27: Querschnitt durch Kabelgraben mit Verbau

Kabelsystem in 1,5 m Tiefe in Einebenenanordnung mit einem lichten Aderabstand von 0,3 m; mit Grabenverbau, Erdaushub: 2,6 m3/m

Ein Drehstromkabel-Doppelsystem in der gleichen Anordnung wie in Abb. 27 ergibt bei einem Systemabstand von 1,0 m Abmessungen nach Abb. 28. Die erforderliche Grabenbreite beträgt hier bei einem Aderabstand von 0,3 m und einem Systemabstand von 1,0 m insgesamt 3,4 m.

3.4 m

1.75 m 1.5 m

1.2 m 0.3 m 1.0 m

Abb. 28: Querschnitt durch Kabelgraben mit Verbau, Doppelsystem

Kabelsystem in 1,5 m Tiefe in Einebenenanordnung mit einem lichten Aderabstand von 0,3 m; mit Grabenverbau, Doppelsystem, Erdaushub: 6,0 m3/m

Unter dem Aspekt der Sicherheit gegen äußere Eingriffe durch Bagger u.ä. ist es natürlich günstiger, das Kabel-Doppelsystem in zwei räumlich getrennten Kabelgräben, beispielsweise beidseitig einer Straße, unterzubringen. Eine gleichzeitige mechanische Beschädigung beider Kabelsysteme durch äußere Einwirkung ist damit praktisch ausgeschlossen.

Geländeoberfläche

Geländeoberfläche

Page 53: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Wirkfaktoren von Hochspannungsleitungen

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 39

street

1.5 m 1.5 m

Abb. 29: Querschnitt durch beidseitig von Fahrwegen verlaufenden Kabelgräben, Doppelsystem

Kabelsystem in 1,5 m Tiefe in Einebenenanordnung mit einem lichten Aderabstand von 0,3 m; mit Grabenverbau, Doppelsystem, Erdaushub: 5,2 m3/m In der Abb. 30 ist ein Grabenprofil mit drei gebündelt verlegten Drehstromkabelsystemen wie-dergegeben. Diese Art der Verlegung hat besondere Vorteile, wenn es darum geht, den Gra-ben schmal und die Magnetfelder in der Umgebung der Trasse möglichst gering zu halten.

3.1 m

1.75 m 1.5 m

1.2 m1.0 m 1.0 m

Abb. 30: Querschnitt Kabelgraben mit Verbau, Dreifachsystem

Kabelsystem in 1,5 m Tiefe in gebündelter Anordnung mit einem Systemabstand von 1 m; mit Grabenverbau, Drei-fachsystem, Erdaushub: 5,4 m3/m

Der erforderliche Platzbedarf hängt darüber hinaus von den verwendeten Leiterquerschnitten und Materialien (z.B. Kupfer oder Aluminium) ab, da größere Leiterquerschnitte und ein gerin-ger Leiterwiderstand zu einer geringen Wärmeentwicklung führen, so dass die Kabel enger aneinander verlegt werden können.

Baumaßnahmen

Die Baumaßnahmen umfassen zunächst die Räumung des Baufeldes in der für den Kabelgra-ben, die Baufahrzeuge und ggf. den Aushub erforderlichen Breite (Abb. 31). Das mittels Schwertransporter angelieferte Kabel wird dann entweder in einen zuvor ausgehobenen offe-nen Kabelgraben eingezogen oder ausgelegt und anschließend mit Hilfe eines Kabelpflugs oder einer Kabelfräse in den Boden gebracht. Für Kreuzungen von Gewässern oder Ver-kehrswegen, die nicht offen gequert werden können, sind vor der Kabelverlegung Leerrohre

Geländeoberfläche

Geländeoberfläche

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Wirkfaktoren von Hochspannungsleitungen

40 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

durch Bohrungen oder Pressungen einzubringen, in die das Kabel eingezogen wird. Abschlie-ßend sind die einzelnen Teilstücke des Kabels durch Kabelmuffen zu verbinden.

Abb. 31: Vorbereitung des Kabelgrabens

Hier wurde bereits die Baustraße verlegt, der Oberboden abgetragen und die Drainage eingepflügt. Horns Rev II, DK

Verlegung im offenen Graben

In der gesamten Breite des Baufeldes wird der Oberboden zunächst abgetragen und neben dem Kabelgraben gelagert. Die bei offener Bauweise vorgesehene Verlegetiefe beträgt je nach Spannungsebene i.d.R. zwischen 1 und 2 m [68], um Beschädigungen der Kabel durch Erdarbeiten etc. weitgehend ausschließen zu können. Der Graben wird im Normalfall mit ge-böschten Kanten ohne Verbau erstellt. Der Aushub wird gem. DIN 18300 neben der Trasse getrennt nach Ober- und Unterboden gelagert und nach der Verlegung unter Beachtung der DIN 19731 wieder verfüllt. Hierdurch ergibt sich z.B. bei der gebündelten Verlegung von 3 Sys-temen eine Trassenbreite von ca. 12 m während der Bauphase (vgl. Abb. 32). Wenn bei stark ausgelasteten Kabeln in unmittelbarer Umgebung die Gefahr einer partiellen Bodenaustrock-nung (vgl. Kap. 2.2.4 und 5.4.2) – verbunden mit einer verschlechterten Wärmeleitfähigkeit dieses Bodenbereiches – besteht, kann der Nahbereich der Kabel mit einer sogenannten thermischen Stabilisierung versehen werden. Hierunter versteht man Magerbetonmischungen oder korngestufte Sandmischungen, die auch bei erhöhten Temperaturen eine Mindestwärme-leitfähigkeit (z.B. von 1,0 W/(K*m)) beibehalten. Eine Erwärmung des Bodens kann auch durch Zwangskühlung mittels einer Kühlanlage minimiert werden (vgl. Kap. 3.3). Der obere Teil die-ser Schicht kann teilweise durch Betonplatten ersetzt werden, die einen besonders guten me-chanischen Schutz sicherstellen und noch bessere thermische Eigenschaften als Magerbeton aufweisen. Anschließend wird der ursprüngliche Boden getrennt nach Ober- und Unterboden wieder eingebracht und bei Bedarf verdichtet. Ein farbiges Trassenwarnband wird in ca. 50 cm Tiefe verlegt. Überschüssiges Bodenmaterial wird abgefahren. Der Bereich der Fahrspur wird je nach Beanspruchung und Witterungsverhältnissen aufgelockert.

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Wirkfaktoren von Hochspannungsleitungen

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 41

60° 60°

0 .5m 0.5 m

1.5

m

1.5 m 0.9 m0.9 m1.5 m3.0 m 1.5 m 2.5 m

Ba ustra ße Sicherhe its-abstand

Sicherhe its-abstand

Bod ena ushub

AbdeckungWarnbänder

Abb. 32: Querschnitt Kabelgraben mit Baufeld Beispiel: Planung für die Netzanbindung OWP Butendiek [50]

Abb. 33: Kabelverlegung im offenen Graben 110 kV – Erdkabel Fehmarn – Göhl

Bei Baumaßnahmen in Böden mit hoch anstehendem Grundwasserstand (im Küstenraum z.B. Marschen, Niedermoore) ist eine Wasserhaltung bzw. Grundwasserabsenkung für den Zeit-raum der Einbringung des Bettungssandes und der Kabelverlegung erforderlich. Hierzu kann z.B. ein Drainrohr unterhalb der Grabensohle eingepflügt oder nach der Aushebung des Gra-bens in einem Sandbett auf einem Vlies verlegt werden. Über diese Drainage kann bei einem entsprechenden Gefälle des Kabelgrabens auch in nassen Moorböden das Wasser in ausrei-chender Geschwindigkeit abgeführt und an der tiefsten Stelle des Grabens abgepumpt wer-den. Die Kabel werden dann in das durch die Drainage bereits vorhandene Kiesbett verlegt. Die Drainage wird nach Beendigung der Baumaßnahmen außer Betrieb gesetzt und bleibt bei

Geländeoberfläche

Page 56: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Wirkfaktoren von Hochspannungsleitungen

42 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

der Verfüllung des Grabens an Ort und Stelle. Sie hat dann keine ungewollte Entwässerungs-funktion (GROTE mdl. Mitt. 2007).

Abb. 34: Pumpstationen bei der Kabelverlegung Die Pumpstationen sind angeschlossen an die unterhalb des Kabels (nicht sichtbar) verlegten Drainrohre. 150 kV-Kabel Horns Rev II (DK)

Für eine offene Querung von Gewässern kann für die Dauer der Baumaßnahme das Gewäs-ser eingestaut und das Wasser über eine Pumpe um die Baustelle herum abgeleitet werden. Bei größeren Gewässern ist auch ein Ausheben des Kabelgrabens unter Wasser möglich. So wurde bei der Kabelverlegung zwischen Fehmarn und dem schleswig-holsteinischen Festland ein Kabelgraben von einem auf einem Ponton montierten Bagger ausgehoben und das Kabel anschließend eingebracht.

Page 57: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Wirkfaktoren von Hochspannungsleitungen

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 43

Abb. 35: Offene Erdkabelverlegung im Gewässer

Hier: Querung des Fehmarnsund 110 kV-Leitung Fehmarn – Göhl

Verlegung mit Kabelpflug oder Kabelfräse

Eine Alternative zur konventionellen Kabelverlegung in offener Bauweise mit Ausbaggerung des Grabens ist die Verlegung mit Hilfe eines Kabelpflugs oder einer Kabelfräse. Im Gegen-satz zum Pflug, bei dem die Erde verdrängt wird und der daher eine stärkere Zugleistung be-nötigt, schneidet die Fräse ähnlich einer Kettensäge einen Graben in den Boden. Bei dieser Verlegemethode sind Auswirkungen auf Boden und Vegetationsschicht nur gering, da u.a. keine Flächen für Bodenaushub erforderlich sind und das Bodengefüge kaum verändert wird. Eine Kabelfräse wird eingesetzt, wenn aufgrund der Bindigkeit des Bodens das Einpflügen nicht möglich ist.

Die mögliche Verlegetiefe beträgt bei Kabelpflügen je nach Boden 1 – 2 m. Für den Einsatz von Kabelpflug oder Kabelfräse sind tragfähige Böden mit ausreichender Scherfestigkeit erfor-derlich, so dass in Feuchtbereichen diese Verfahren z.T. nicht angewendet werden können. Zudem sind diese Verfahren insbesondere für Erdkabel der Nieder- und Mittelspannungsebe-ne geeignet, während sie auf Hoch- und Höchstspannungsebene kaum Verwendung finden.

Page 58: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Wirkfaktoren von Hochspannungsleitungen

44 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Abb. 36: Kabelpflug

Vibrations-Kabelpflug Typ KV 15 der Firma Lancier. Quelle: [98]

Grabenlose Verlegung

Bereiche, in denen eine offene Kabelverlegung oder das Einfräsen eines Kabels nicht möglich oder nicht gewünscht ist, können mit Hilfe von Leerrohren unterdükert werden. Dazu zählen im Wesentlichen Straßen, Bahntrassen, (lineare) Gewässer oder ökologisch sensible Bereiche. Kürzere, geradlinige Strecken können unterpresst werden. Dazu wird zunächst ein Pilot- sowie nachfolgend Stützrohre mit innenliegender Förderschnecke eingepresst. Das Erdreich wird dabei herausgebohrt und dadurch nicht verdrängt. Nach Erreichen der Zielgrube wird das Pi-lotrohr durch einen Zugkopf ersetzt. Daraufhin wird das Produktrohr am Zugkopf mittels Stahl-seil und Klemmstück befestigt und durch Zurückziehen der Stützrohre eingezogen [99]. Die Ausrichtung erfolgt optisch (Abb. 37).

Abb. 37: Unterpressung, schematisch

Quelle: [99]

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Wirkfaktoren von Hochspannungsleitungen

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 45

Abb. 38: Unterdükerung einer Straße

150 kV-Kabel Horns Rev II (DK)

Längere sowie nicht geradlinig verlaufende Düker werden im Horizontalspülbohrverfahren (Ho-rizontal Directional Drilling, HDD) hergestellt. Es erfolgt hier zunächst eine Pilotbohrung von der Start- zur Zielgrube, anschließend eine Aufweitbohrung und das Einziehen eines Leerroh-res. Dabei wird in allen drei Phasen eine Bentonitspülung zur Stabilisierung der Bohrlochwand und zur Verringerung des Reibungswiderstandes sowie zum Ausspülen des anstehenden Bo-dens eingebracht. Nach der Herstellung des Dükers wird das Kabel in einem zweiten Arbeits-schritt in das Leerrohr eingezogen.

Abb. 39: Bohrgerät für Horizontalbohrungen

Page 60: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Wirkfaktoren von Hochspannungsleitungen

46 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Abb. 40: Prinzipskizze Horizontalbohrung

Bei Dükerlängen unter 300 m wird eine Bohranlage mit einer Zugkraft unter 20 t eingesetzt. Für die Baumaschinen ist nur unwesentlich mehr Platz als für die Verlegung im offenen Gra-ben erforderlich, auch die Anlage von gesonderten Baustraßen ist i.d.R. nicht erforderlich. Bei über 300 m langen Dükerungen kommen größere Bohranlagen zum Einsatz, die mit Schwer-lastern zur Baustelle gebracht werden. Hierfür ist eine Baustraße anzulegen. Die Baustellen-einrichtung für die Bohrmaschinen sowie die Anlagen zur Aufbereitung des Betonits benötigt auf der Seite des Bohrgeräts eine Fläche von rd. 1000 m², auf der Zielseite der Bohrung wer-den rd. 300 m² benötigt (Abb. 41). Als Leerrohr werden HDPE-Leerrohre verwendet, die in Längen von 12 m angeliefert und vor Ort miteinander verbunden werden. In sehr weichen Bö-den, z.B. in Torfen, sind Dükerungen aufgrund der geringen Festigkeit des Bodens nicht mög-lich.

Page 61: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Wirkfaktoren von Hochspannungsleitungen

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 47

Abb. 41: Schematische Darstellung einer Dükerungsbaustelle für lange Dükerstrecken

Quelle: [50], verändert

1: Bohrgerät, 2: Kontroll- und Versorgungseinheit, 3: Rohrlager, 4: Frischwasserpumpe, 5: Mischwassertank, 6: Recyclingeinheit (Trennung Erdreich/Spülflüssigkeit), 7: Pumpe, 8: Bentonit, 9: Generatoren, 10: Magazincontainer, 11: Büro, 12: Mannschaftscontainer, 13: Startgrube, 14: Grube für gebrauchte Spülflüssigkeit Blau: Frischwasser, gelb: aufbereitete Spülflüssigkeit, rot: Spülflüssigkeit mit Erdreich

Verlegung und Gründung von Kabeln bei weichen Untergründen

Bei weichen Untergründen ist das Einziehen der Kabel in den Kabelgraben problematisch, da die zur Steuerung des Kabels verwendeten Rollen hier nicht genügend Halt finden. In solchen kritischen Bereichen können zunächst Leerrohre verlegt und mit Boden abgedeckt werden, in die die Kabel dann eingezogen werden können.

12

11

10

3

1

56

8 9

7 214

134

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Wirkfaktoren von Hochspannungsleitungen

48 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Abb. 42: Verlegung von Kabeln in Leerrohren bei weichen Untergründen

150 kV-Kabel Horns Rev II (DK)

Bei weichplastischen Böden – insbesondere Torfböden – ist aufgrund der zu erwartenden er-heblichen Setzungen des Kabels eine Lastverteilung erforderlich, um Schäden am Kabel aus-zuschließen. Die Gründung kann z.B. durch Eichenholzbohlen, Faserplatten oder auf Filter-vlies und Sandschicht verlegte Ziegel erfolgen. Zudem ist es sinnvoll, das Kabel genügend lose einzubauen, um die Dehnung bei Setzungsprozessen zu minimieren.

Erfahrungen mit Hochspannungserdkabeln in Dänemark weisen allerdings darauf hin, dass Kabelsetzungen in den meisten Fällen nicht zu befürchten sind. Bei den bisher verlegten Ka-beln wurden keine Maßnahmen zur Lastverteilung ergriffen. Bisher kam es bei diesen Kabeln zu keinen setzungsbedingten Störungen.

Baustraßen

Entlang der Kabelgräben sind Flächen für die Baufahrzeuge erforderlich. Sofern nicht oder nur teilweise bestehende Straßen und Wege genutzt werden können, müssen diese neu angelegt werden. Auf tragfähigen Böden können Baustraßen z.B. aus Geotextil mit aufgebrachter Schotterschicht hergestellt werden. Unter schwierigen Verhältnissen, z.B. in Feuchtbereichen, können Baustraßen unter Verwendung von speziellen Stahlplattenelementen hergestellt wer-den, die auch bei weichen Böden eine ausreichende Verteilung der Auflast gewährleisten (Abb. 43). Diese Elemente können auf den Boden ohne Zwischenschicht aufgelegt und nach Abschluss der Arbeiten wieder entfernt werden. In Dänemark werden Baustraßen generell aus Stahlplattenelementen hergestellt, da sie eine einfache und zuverlässige Alternative zu her-

Page 63: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Wirkfaktoren von Hochspannungsleitungen

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 49

kömmlichen Baustraßen darstellen und auch bei nassen Böden problemlos verwendet werden können.

Abb. 43: Baustraße aus Stahlplattenelementen

150 kV-Kabel Horns Rev II

Gräben, über die Baustraßen geführt werden müssen, werden für die Breite der Baustraße zugeschüttet, nachdem zunächst Rohre eingebracht wurden. Solche temporären Grabenque-rungen werden nach Beendigung der Baumaßnahmen wieder zurückgebaut.

Muffenbauwerke

Für die Herstellung der Muffen ist ein ausreichender Arbeitsraum zu schaffen, der vor Witte-rungseinflüssen geschützt ist. Hierfür muss der Kabelgraben aufgeweitet und geringfügig ver-tieft werden, ggf. sind die Böschungen durch Verbau zu sichern. Baugruben für Muffen auf der 110 kV – Ebene sind etwa 2 m tief und beanspruchen eine Fläche von 4 x 8 m [51].

Wiederherstellung von Drainagen

Durch die Verlegung des Kabels werden ggf. vorhandene landwirtschaftliche Drainagen zer-stört und müssen nach Abschluss der Arbeiten wiederhergestellt werden. Dabei ist es oft günstiger, vollständige Drainagesysteme neu zu erstellen, als die vorhandenen Drainagen weiter zu verwenden. Im Bereich des Baufeldes kann ein eigenes Drainagesystem hergestellt werden, um im Reparaturfall die erforderlichen Eingriffe zu begrenzen.

Page 64: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Wirkfaktoren von Hochspannungsleitungen

50 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Abb. 44: Durch den Bau zerstörte und wieder reparierte Drainage

150 kV-Kabel Horns Rev II

Bauzeit

Der Bau ist grundsätzlich ganzjährig möglich. In Feuchtbereichen ist aufgrund der hohen Was-serstände und der geringen Tragfähigkeit des Bodens eine Verlegung außerhalb des Winter-halbjahrs sinnvoll.

Um zeitliche Engpässe zu vermeiden, ist es sinnvoll, vorbereitende Arbeiten wie z.B. die Her-stellung von Dükern abzuschließen, bevor mit der eigentlichen Verlegung des Kabels begon-nen wird. Für kürzere Düker ist mit einer Bauzeit von 2 – 3 Tagen zu rechnen, während für längere Düker etwa 2 – 4 Wochen zu veranschlagen sind.

Der Bereich des offenen Kabelgrabens beschränkt sich jeweils auf wenige Längen eines Ein-zelkabels. Die Dauer der Verlegearbeiten innerhalb eines Kabelabschnitts beträgt weniger als zwei Wochen. Unter Umständen sind die Baugruben für die Muffen länger offen zu halten, wenn die Muffen mit zeitlichem Nachlauf hergestellt werden sollen.

Bei der Verlegung des 150 kV-Kabels Horns Rev II beträgt die Länge des offenen Grabens jeweils 1,8 km; dies entspricht der lieferbaren Kabellänge. Die eigentliche Kabelverlegung er-folgt in einem solchen Abschnitt in der Regel innerhalb einer Woche. Es wird allerdings 3 – 4 Wochen vor Ausschachtung des Grabens bereits mit ggf. erforderlichen Drainagemaßnahmen sowie der Herstellung der Baustraße begonnen.

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Wirkfaktoren von Hochspannungsleitungen

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 51

Wartung und Lebensdauer

Kunststoffisolierte Hochspannungskabel bedürfen bezüglich der eigentlichen Kabelkonstrukti-on und -funktionalität keiner Wartung. Unterschiedlich gehandhabt wird von den Netzbetrei-bern eine intervallweise Überprüfung der nichtlinearen Auskreuzungswiderstände des Schirm-Cross-Bonding-Systems durch Spannungsprüfungen.

Die Lebensdauer von VPE-Kabeln beträgt mindestens 40 Jahre. Erfahrungen mit Ölkabeln lassen vermuten, dass sie wesentlich höher liegt; dies kann aber bislang nicht bestätigt wer-den, weil VPE-Kabel auf Hoch- und Höchstspannungsebene erst seit wenigen Jahrzehnten verwendet werden. Auch ist ein Vergleich nur bedingt möglich, da das Dielektrikum im Gegen-satz zum Ölkabel nicht aus einer Öl-Papier-Isolierung, sondern aus vernetztem Polyethylen besteht.

2.2.4. Kabeltemperatur Durch den Stromfluss im Leiter wird Wärme erzeugt, die über die Isolierung des Kabels an den Boden abgegeben wird. Die zulässige Höchsttemperatur der Isolationsmaterialien, die je nach Material zwischen 70°C (Massekabel) und 90°C (VPE-Kabel) liegt, darf im Betrieb nicht über-schritten werden, da es sonst zu einer beschleunigten Alterung der Kabelisolierung und damit letztlich zu einer Beschädigung der Kabel kommen kann.

Direkt in Erde verlegte Kabel sind auf eine Abfuhr der in ihnen entstehenden Verluste über das umgebende Erdreich zur Erdoberfläche angewiesen. Die Größenordnung der von einem natür-lich gekühlten XLPE-Kabelsystem bei voller Auslastung (90°C Leitertemperatur) an die Umge-bung abgegebene Verlustleistung liegt etwa bei 50…100 W/m. Allerdings ist zu beachten, dass Höchstspannungskabel im normalen Netzbetrieb nie voll ausgelastet werden (vgl. Kap. 1.3.2): Dies bedeutet, dass im störungsfreien Betrieb jedes System nur mit 50 % der Höchst-last das Kabels beansprucht wird. Zudem liegen aufgrund des Lastverlaufs im zeitlichen Mittel ohnehin weniger als 30…40 % der Höchstlast an; bei Ableitung von Strom aus Windenergie-anlagen ist mit einem zeitlichen Mittelwert von rd. 43 % zu rechnen. So wurden beim seit 2002 in Betrieb befindlichen Kabel für die Netzanbindung des dänischen Offshore-Windparks Horns Rev 1 auch in der unmittelbaren Nähe des Kabels nur Temperaturerhöhungen von wenigen K festgestellt. Da die Stromwärmeverluste quadratisch vom Laststrom abhängen, betragen sie – und mit ihnen die Kabelerwärmung – im zeitlichen Mittel nur 10…20 % der für die Höchstlast zu erwartenden Werte. Wegen der großen thermischen Zeitkonstanten der Kabel und vor al-lem des umgebenden Bodens (hier kann u.U. thermisch stabilisierter Boden eingesetzt wer-den, vgl. Kap. 2.2.3) bleiben damit die Kabeloberflächentemperaturen weit unter den oben genannten Höchstwerten. Die tatsächliche Kabeltemperatur ist daher abhängig von den jewei-ligen Verlegebedingungen und bei der Auswirkungsprognose (s. Kap. 4.2.1, Erwärmung und Austrocknung des Bodens) entsprechend zu berücksichtigen.

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Wirkfaktoren von Hochspannungsleitungen

52 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

2.2.5. Elektrische und magnetische Felder Bei Hochspannungserdkabeln wird das elektrische Feld durch eine geerdete metallische Ka-belumhüllung und durch das elektrisch leitende Erdreich fast völlig abgeschirmt, so dass es auf den Bereich der elektrischen Isolierung beschränkt bleibt und damit außerhalb der Kabel-adern zu vernachlässigen ist.

Die Stärke des Magnetfeldes hängt ganz wesentlich von der Verlegeanordnung der Kabel ab. Für alle möglichen Anordnungen gilt, dass das Magnetfeld mit zunehmender Entfernung zur Kabeltrasse rasch abnimmt. Bei Einleiterkabeln, die in größerem Abstand nebeneinander ver-legt werden, kann die magnetische Induktion in einem nahen Umkreis in Ausnahmefällen (z.B. bei großem Achsabstand der Kabeladern) den in der 26. BImSchV festgelegten gesetzlichen Grenzwert für Orte des dauerhaften Aufenthaltes von Menschen von 100 µT überschreiten. Werden die drei Kabel eines Systems dagegen im Dreieck verlegt und mit derselben Strom-stärke belastet, so kompensieren sich die entstehenden magnetischen Felder aufgrund der Phasenverschiebung weitgehend im Fernfeld (Abb. 45). Die Größe des verbleibenden magne-tischen Restfelds ist vom Abstand der Leiter zueinander abhängig. Da dieser aus Gründen der erforderlichen Wärmeableitung mit steigender Spannung größer zu wählen ist, um eine ge-genseitige Erwärmung zu minimieren, sind bei Kabeln der Höchstspannungsebene (220 / 380 kV) auch deutlich höhere Magnetfeldstärken zu erwarten sind als bei 110 kV-Kabeln.

Die Stärke des Magnetfeldes an der Erdoberfläche kann durch eine größere Verlegungstiefe verringert werden ([100], S. 28 f.). Darüber hinaus lassen sich magnetische Felder durch mag-netisch leitende (ferromagnetische) Werkstoffe wie Eisen, Nickel, Kobalt und einige wenige Verbindungen und Legierungen ausschalten oder zumindest mit diesen Elementen abschir-men. Dadurch kann in Einzelfällen erreicht werden, dass auch wesentlich strengere Werte eingehalten werden können. So konnte bei einem Erdkabel in den Niederlanden durch Schir-mungsmaßnahmen der Wert von 0,1 µT eingehalten werden, um Beeinträchtigungen einer nahe gelegenen Forschungseinrichtung auszuschließen (J. SMIT 2008 mdl.). Entsprechende Schirmungsmaßnahmen werden in Abschnitt 3.3 und 3.6 vorgestellt.

Um einen Einblick über die Größe der magnetischen Induktion in der Nähe von Kabeln zu be-kommen, wurden exemplarisch zwei Kabelanlagen der 110-kV-Ebene berechnet. Es handelt sich um eine Einebenenanordnung, Kupferleiterquerschnitt 1600 mm², 2 x 190 MVA, mit einem Achsabstand der Kabel von jeweils 0,2 m und um eine Dreiecksanordnung, Aluminiumleiter-querschnitt 1200 mm², 2 x 190 MVA, mit einem Achsabstand der Kabelsysteme von 0,8 m. Die Adern wurden mit einer Stromstärke von je 1000 A belastet.

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Wirkfaktoren von Hochspannungsleitungen

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0

5

10

15

20

25

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40

0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20

Verlegung im DreieckFlachverlegung

Abstand zur Trassenmittem

µT

Mag

netis

che

Indu

ktio

n

Abb. 45: Magnetische Induktion über einem Erdkabel in 1 m über dem Boden

Jeweils 2 Systeme VPE-Einleiterkabel 110 kV Einebenenanordnung: Kupferleiterquerschnitt 1600 mm², 2 x 190 MVA, 1000 A, Abstand der Kabel jew. 0,2 m Dreiecksanordnung: Aluminiumleiterquerschnitt 1200 mm², 2 x 190 MVA, 1000 A, Abstand der Kabelsysteme 0,8 m

2.2.6. Nutzungsbeschränkungen Die Betriebssicherheit von Erdkabeln kann durch einen oberirdischen Bewuchs, insbesondere von Gehölzen, beeinträchtigt werden. Eine Gefährdung entsteht u.a. durch

- Wurzeln, die Kabel, Kabelumhüllungen oder Muffen umwachsen und dadurch verdrän-gen oder schädigen,

- Belastungen durch Kippmomente, die vom Baum ausgehen, - Entwurzelungen von Bäumen bei Sturm- und Schneebruchschäden, - Entzug von Feuchtigkeit aus dem Erdboden durch Bäume, der zu einer Reduzierung

der Wärmeleitfähigkeit des Bodens und damit der Strombelastbarkeit und der Lebens-dauer von Kabeln führt,

- erschwerte Überwachung des Betriebszustands, - erschwerte Schadensbehebung und damit längere Versorgungsunterbrechung, - Erhöhung der Blitzgefahr durch die Ableitfunktion von Bäumen.

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Wirkfaktoren von Hochspannungsleitungen

54 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Seitens der Netzbetreiber besteht daher ein Interesse, die Trasse einschließlich eines Schutz-streifens von tiefer wurzelnden Gehölzen freizuhalten [177]. Allerdings kann der Schutz der Leitungen auch durch eine tiefere Verlegung (z.B. bei der Querung von Hecken) oder den Ein-bau von Schutzrohren oder Abdeckungen gewährleistet werden, so dass diese Nutzungsbe-schränkungen dann nicht erforderlich sind. Eine Verlegung in Schutzrohren ist beispielsweise in Dänemark bei der Querung von Hecken und Knicks üblich; die Gehölze werden dann an der ursprünglichen Stelle wieder angelegt.

Darüber hinaus ist die landwirtschaftliche Nutzung der Trasse durch eine maximale Grabetiefe von 0,5 m eingeschränkt. Die Trasse darf in ihrer ganzen Länge nicht bebaut werden, damit das Kabel bei evt. auftretenden Störfällen freigelegt werden kann.

2.2.7. Störfälle Es gibt zwei Faktoren, die Einfluss auf den temporären Verlust eines Übertragungssystems haben; einerseits die Ausfallrate verbunden mit der Ausfalldauer und andererseits die War-tungsrate verbunden mit der Wartungsdauer. Bei den entsprechenden statistischen Kennzah-len unterscheiden sich Kabel und Freileitungen erheblich. Störungen an Kabeln sind seltener, ziehen dann aber meist aufwändigere und längere Reparaturmaßnahmen nach sich. Nach den Erfahrungen des dänischen Netzbetreibers Energinet.dk ist bei Störfällen an Kabeln im Durch-schnitt mit einer Reparaturzeit von ein bis zwei Wochen zu rechnen.

Fehler in Kabeln können theoretisch durch Fertigungsfehler, durch Fehler bei Transport, Lage-rung und Verlegung sowie durch Montagefehler entstehen. Während des Betriebs sind Fehler durch mechanische Einwirkung, durch Alterung oder Korrosion, durch Überspannungen oder durch thermische Überbeanspruchung möglich. Zur Behebung der Fehler muss das Kabel freigelegt und der schadhafte Abschnitt ausgetauscht werden. Hierzu sind eine Zuwegung zum Ort des Schadens und die Herstellung einer ausreichend großen Baugrube erforderlich.

Die Gefahr eines Stromschlags ist bei Erdkabeln nur im Zusammenhang mit Erdarbeiten ge-geben.

Für die Behebung eines Kabelschadens z.B. in der 380-kV-Ebene ist im Allgemeinen mindes-tens eine Woche (für Fehlersuche, Erdarbeiten, Montage, Spannungsprüfung) anzusetzen. Erfahrungen gibt es hierzu bisher nur in einem einzigen Fall: Im Berliner 380-kV-Kabel (Vatten-fall, früher BEWAG), das in einem teilweise begehbaren Tunnel verlegt wurde, trat nach über siebenjähriger Betriebszeit ein Muffenfehler auf, der seine Ursache in einem Montagefehler in der Muffenperipherie hatte; es lag also kein ursächliches Versagen der Muffenisolierung vor. Obwohl dieses Ereignis kurz vor Beginn des Wochenendes lag, war die Demontage und die Reparatur der Muffe nach weniger als einer Woche abgeschlossen und das Kabel wieder be-triebsbereit. Während dieser Zeit blieb das im Tunnel parallel liegende Kabel in Betrieb und konnte die Versorgung sicherstellen.

Als weiterer Ausfall eines 380-kV-Kabels ist jetzt eine Störung in Mailand bekannt geworden, bei der ein Bagger ein 380-kV-Kabel beschädigt hat. Dies geschah jedoch nach vorheriger

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Wirkfaktoren von Hochspannungsleitungen

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 55

Warnung, dass sich an dieser Stelle ein Kabel befindet. Das 2. System konnte, wie auch in Berlin, den normalen Netzbetrieb sicherstellen.

Die im Schrifttum zu findenden Angaben zu den Ausfallraten von Kabeln fallen unterschiedlich aus. Meist repräsentieren sie pauschal einen weiten Querschnitt beobachteter Kabelanlagen, die sich einerseits in ihrer Konstruktion und in ihrem Alter und andererseits in der Exposition der Kabel (Innenstadt, Randlage, Außenbereich) unterscheiden.

So finden sich in der veralteten, aber meist zitierten VDN-Störungsstatistik für die Jahre 1994 bis 2001 Ausfallraten für 110-kV-Kabel von 0,0043/(km*a) mit einer mittleren Ausfallzeit von 66,1 h. Wie später gezeigt (vgl. Tab. 3), werden dadurch die Ausfallhäufigkeiten der heute üb-lichen XLPE-Kabel um etwa eine Größenordnung überschätzt.

In einer von dem schwedischen Institut STRI sowie den Firmen ABB und Vattenfall verfassten Studie wurde aus einer umfangreichen Statistik von 110-kV- bis 170-kV-Kabeltrassen eine mittlere Fehlerrate (bei in den letzten Jahren abnehmender Tendenz) von 0,0007/(km*a) (3-phasig) festgestellt. Dies stimmt überein mit den jetzt bei einer CIGRE-Arbeitsgruppe für XLPE-isolierte Hoch- und Höchstspannungskabel und deren Garnituren gesammelten, um-fangreichen statistischen Daten.

Hierbei ist zu unterscheiden zwischen internen Kabelfehlern – die extrem selten auftreten – und Fehlern mit äußerer Einwirkung durch Bagger, Erdbohrer etc.. Wenn es gelingt, durch mechanische Schutzmaßnahmen (Abdeckung mit Betonplatten, Verlegung im begehbaren Kanal etc.) diese äußeren Beeinträchtigungen zu vermeiden, so ist für ein XLPE-isoliertes Ka-belsystem mit einer Länge von 50 km im statistischen Mittel etwa alle 25 Jahre ein Ausfall zu erwarten, wenn äußere Einwirkungen nicht ausgeschlossen werden können, im anderen Fall etwa alle 50 Jahre. Tab. 3 gibt statistische Kennzahlen zur Ausfallhäufigkeit von Hoch- und Höchstspannungs-XLPE-Kabeln mit und ohne äußere Beeinträchtigungen wieder.

Tab. 3: Ausfallhäufigkeit von XLPE-Kabeln nach neuer CIGRE-Statistik

(Veröffentlichung ca. Mitte 2008) mit externen Fehlern nur interne Fehler Ausfallhäufigkeit von XLPE-Kabeln

60…500 kV nach neuer CIGRE-Statistik [Fehler/(System-km*a)] [Fehler/(System-km*a)]

Kabel 0,00079 0,00041 Ausfall bei 50 km Trasse alle 25.3 Jahre alle 48.9 Jahre gleichzeitiger Ausfall eines zweiten Sys-tems (contingency)

alle 32046 Jahre

alle 118977 Jahre

In der gerade veröffentlichten Studie zu einer 380-kV-Verbindung in Österreich [183] kommt der Verfasser (KEMA) zu dem Schluss, dass neben den stochastischen auch die deterministi-schen Ausfallhäufigkeiten berücksichtigt werden müssen mit dem Ergebnis, dass die Verfüg-barkeit von 380-kV-XLPE-Höchstspannungskabeln ebenso hoch ist wie diejenige von Freilei-tungen. Diese Ansicht wird auch durch den dänischen Netzbetreiber Energinet.dk vertreten.

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Wirkfaktoren von Hochspannungsleitungen

56 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

2.2.8. Rückbau Der Rückbau von Erdkabeln umfasst im Grundsatz ähnliche Eingriffe wie der Bau des Kabels, da auf der gesamten Länge der Kabeltrasse der Boden geöffnet und die eingebrachten Mate-rialien (Kabel, Abdeckungen) entnommen werden müssen. Eingriffe in den Wasserhaushalt sind vermutlich nur in Ausnahmefällen erforderlich, da für den Rückbau keine trockene Bau-grube erforderlich ist. Ebenfalls entfallen besondere Baumaßnahmen wie z.B. die Herstellung von Muffen und Dükern. Die Leerrohre der Düker können vermutlich an Ort und Stelle belas-sen werden.

Die eingebauten Materialien, insbesondere die Metalle, können dem Recycling zugeführt wer-den. Die übrigen Baustoffe (Kabelisolierungen aus Kunststoff, Abdeckungen aus Beton oder GFK, PE Rohre etc.) müssen entsorgt werden. Materialien wie Drainagen oder Schutzrohre können voraussichtlich an Ort und Stelle verbleiben, da von ihnen keine Beeinträchtigungen ausgehen und ein Rückbau mit vergleichsweise aufwändigen Eingriffen verbunden wäre.

2.3. Zwischen- und Teilverkabelungen

Wird eine Kabelstrecke zwischen zwei Freileitungsabschnitten geschaltet, so spricht man von einer Zwischenverkabelung; wird hingegen die gesamte Strecke in einen Freileitungs- und einen Kabelabschnitt unterteilt, so ist dies eine Teilverkabelung.

Bei sehr kurzen Kabellängen von nur einigen 100 m ist davon auszugehen, dass das Kabel in einer solchen Anordnung erheblichen Überspannungen ausgesetzt ist: Läuft eine Spannungs-welle, z.B. aufgrund des Blitzeinschlages in ein Freileitungsseil, in das Kabel ein, so finden an den Kabelenden aufgrund der stark unterschiedlichen Wellenwiderstände (Z Ka-bel ≈ 0,1...0,18 Z Freil.) mehrfache (Fast-) Totalflexionen mit jeweiliger Spannungsverdopplung statt. In solchen Anordnungen wird man daher immer beide Kabelenden durch Überspan-nungsableiter schützen, welche die absolute Spannungshöhe begrenzen, und die ersten Spannfelder der an das Kabel angeschlossenen Freileitung mit zusätzlichen Erdseilen ausstat-ten.

Neue wissenschaftliche Untersuchungen einer CIGRE-Arbeitsgruppe weisen aus, dass bei größeren Kabellängen (> 10 km) die Kabel selbstschützend gegenüber Überspannungen wir-ken, d.h. dass die Dämpfung der Kabel dafür sorgt, dass die Überspannungsbeanspruchungen der Kabelisolierungen gering bleiben.

Voraussetzung für die Ergebnisse dieser CIGRE-Untersuchungen war ein besonderer Schutz der angeschlossenen Freileitungen in den letzen beiden Spannfeldern gegen direkte Blitzein-schläge durch zusätzliche Erdseile sowie ein Schutz beider Kabelendverschlüsse durch Über-spannungsableiter. Folgerung ist, dass Hochspannungskabel durch Überspannungsableiter an beiden Enden geschützt sein sollten, was auch gängige Praxis ist.

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Wirkfaktoren von Hochspannungsleitungen

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 57

Weitere ausführliche Untersuchungen zu den Überspannungen beim Ein- und Ausschalten langer 380-kV-Kabelstrecken sowie bei Blitzeinwirkungen bei kombinierten Strecken aus Ka-beln und Freileitungen sind in den beiden neuen Studien [69] und [183] ausführlich beschrie-ben. Auch diese Untersuchungen kommen zu dem Schluss, dass bei geeigneter Auslegung der Kabelanlagen und Beschaltung der Kabelleiter und auch der Kabelschirme mit richtig be-messenen Überspannungsableitern von einem verlässlichen Verhalten der Kabel in allen denkbaren Betriebssituationen auszugehen ist. Dies gilt auch für sehr lange Kabelstrecken sowie für kombinierte Strecken Kabel-OHL (in [183] wurde beispielsweise das Verhalten einer Kombination 100 km Freileitung in Reihe mit 20 km Kabel ausführlich untersucht).

Stationäre Spannungsüberhöhungen durch den sogenannten Ferranti-Effekt, die beispielswei-se in Schwachlastsituationen oder bei plötzlichem Lastabwurf auftreten können, werden bei 380-kV-Kabeln durch die aus anderen netztechnischen Gründen ohnehin erforderliche Be-schaltung der Kabelenden mit Kompensationsdrosseln beherrscht. Prinzipiell tritt der Ferranti-Effekt auch bei 110-kV-Kabeln auf, allerdings ist die absolute Spannungsüberhöhung aufgrund der kleineren Spannungsebene geringer. Kürzere Strecken, wie sie im 110-kV-Netz vorkom-men, reduzieren den Effekt ebenfalls, so dass im Allgemeinen eine Kompensation nicht not-wendig ist. Kurzunterbrechung bei teilverkabelten Strecken

Die Kurztrennung und Automatische Wiedereinschaltung (AWE) wird bei Freileitungsstrecken benutzt, weil die überwiegende Zahl der Fehler auf Hochspannungsfreileitungen einpolige Lichtbogenüberschläge über Isolatoren sind, die von direkten Blitzeinschlägen, rückwärtigen Überschlägen, Fremdschichtüberschlägen, Sturmeinwirkungen, Eislasteinwirkungen usw. her-rühren. In der Koordination der Isolation von Freileitungen werden aus wirtschaftlichen Grün-den Überschläge an den äußeren Isolierstrecken zugelassen, weil diese in der Regel keine großen Schäden verursachen. Dazu kommt, dass Lichtbögen in Luft in den meisten Fällen durch eine Kurztrennung zum Verlöschen gebracht werden können und nach einer span-nungslosen Pause die Luftstrecke soweit verfestigt ist, dass die Spannung wieder zugeschaltet werden kann.

Bei Kabeln treten solche äußeren Einwirkungen nicht auf. Innere Fehler hingegen können gro-ße Schäden verursachen, weshalb die Kabelisolierungen mit einer hinreichend hohen elektri-schen Festigkeit ausgelegt werden. Es wird ein anderes Schutzkonzept angewendet, das die sofortige Ausschaltung im Falle eines (viel weniger wahrscheinlichen) inneren Fehlers vor-sieht. Zur Verwirklichung der selektiven Fehlererfassung und -abschaltung sind sowohl Freilei-tungs- wie (lange) Kabelstrecken beidseitig mit Wandlern, Schutzeinrichtungen und Leistungs-schaltern in den Umspannwerken oder Schaltstationen auszurüsten.

Auch bei einer „Teilverkabelung“, also der Reihenschaltung von Freileitungen und Kabeln, können diese unterschiedlichen Schutzkonzepte verwirklicht werden: der Fehler wird durch die jeweiligen Messeinrichtungen erfasst und örtlich zugeordnet, und durch die nächstliegenden Leistungsschalter wird der fehlerbehaftete Streckenabschnitt herausgeschaltet. Dabei kann bei

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Wirkfaktoren von Hochspannungsleitungen

58 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Fehlern auf Freileitungen selbstverständlich die Kurztrennung und die darauf folgende automa-tische Wiedereinschaltung durchgeführt werden.

In der untenstehenden Abb. 46 ist der Übergang von einem Freileitungs- auf ein Kabelsystem wiedergegeben. Die Freileitung endet an einem Abspannmast, von dem die Phasenseile über ein Portal zu den Kabelendverschlüssen geführt werden. Im einfachsten Fall besteht die Anla-ge aus den Kabelendverschlüssen mit parallelen Überspannungsableitern und Stromwandlern. Nach [5] weist diese Anlage für ein Übertragungssystem eine Grundfläche von 40 m x 50 m auf. Diese Fläche wird größer, wenn mehr als ein System vorhanden ist oder wenn Schaltfel-der erforderlich werden. Nach [5] betragen die Abmessungen für ein Doppelsystem 50 m x 80 m = 4000 m2, nach [6] reichen hierzu auch schon 80 m x 25 m = 2000 m2.

Abb. 46: Abspannmast und Portal am Übergang Freileitung-Kabel

Die Kabelendverschlüsse und Überspannungsableiter können auch direkt auf dem Über-gangsmast angebracht werden. Dies stellt eine wenig aufwendige, platzsparende, aber auch optisch auffälligere Anordnung dar (Abb. 47).

Abb. 47: Anordnung von Kabelendverschlüssen und Überspannungsableiter auf Leitungsmast

Page 73: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Wirkfaktoren von Hochspannungsleitungen

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 59

Kabel und Freileitungen im verzweigten Netzwerk

Die Lastaufteilung in einem verzweigten Netzwerk wird durch die Längs- oder Kurzschluss-impedanzen der Übertragungsmittel bestimmt. Da diese (vornehmlich wegen des Induktivitäts-belags L´) beim Kabel etwa um den Faktor 3 geringer sind, ‚zieht’ das Kabel sozusagen, im Vergleich zu parallelen Freileitungen, im Netz die Last stärker auf sich. Inwieweit dieser Effekt bezüglich der Lastverteilung sich im Netz störend oder aber auch vorteilhaft auswirkt, muss konkret anhand von Lastflussberechnungen beurteilt werden.

Sollte durch die Kabelstrecke eine ungünstigere Lastverteilung im Netz auftreten, so kann prinzipiell das Kabel in seinen Eigenschaften der Freileitung dadurch angepasst werden, dass in einem der beiden Umspannwerke Längsdrosseln in jede Phase eingefügt werden.

Da die Kurzschlussimpedanzen von Kabeln spürbar geringer sind als diejenigen der Freilei-tungen, können bei einem hohen Verkabelungsgrad die Kurzschlussströme im Netz angeho-ben werden, so dass gegebenenfalls zusätzliche Maßnahmen (ebenfalls durch Längsdrosseln) erforderlich würden.

Page 74: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Technische Optimierungsmöglichkeiten bei Freileitungen und Kabeln zur besseren Auslastung

60 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

3. Technische Optimierungsmöglichkeiten bei Freilei-tungen und Kabeln zur besseren Auslastung

3.1. Temperaturmonitoring bei Freileitungen und Kabeln

Um die Anzahl der Trassen so gering wie möglich zu halten, wird eine optimale Auslastung bestehender Trassen angestrebt. Zum Beispiel wird in [6] ausführlich dargelegt, wie ein Kabel je nach Vorlast während der Dauer bis zu 24 h um 20 % bis 30 % überlastet werden kann. Für eine sichere Betriebsführung sind eine genaue Kenntnis des Belastungszustandes und der Belastungsgrenze der Trasse notwendig. Ein Temperaturmonitoring erlaubt es, solche Zu-stände zu überwachen. Solch ein Monitoring ist bei Höchstspannungskabeln ohne weiteres möglich, da entsprechende Konstruktionen mit in den Schirmbereich integrierten Lichtwellen-leitern zur Temperaturmessung bereits erprobt und Stand der Technik sind. Die Auflösung solcher Messeinrichtungen liegt etwa bei + 1 m sowie bei + 1 K. Temperaturmonitoringsyste-me werden hauptsächlich bei neuen Kabelanlagen eingesetzt, da hier Kabel bereits mit integ-riertem Lichtwellenleiter zum Einsatz kommen.

3.1.1. Temperaturmonitoring bei Freileitungen Die thermischen Zeitkonstanten von Freileitungsseilen liegen bei wenigen Minuten. Daher be-trägt die Überlastbarkeitsdauer einer Freileitung je nach Vorlast nur einige Minuten. Eine nutz-bare Überlastbarkeit in diesem Sinne ist also nahezu nicht gegeben. Die Freileitung profitiert allerdings, weit stärker als ein Kabel, von den sich ändernden Umgebungsbedingungen, die in den allermeisten Fällen günstiger sind als die in den Normen unter Aspekten der Betriebssi-cherheit und Allgemeingültigkeit gewählten Standardbedingungen.

Für ein Freileitungsseil vom Typ 243-AL1/39-ST1A bewirkt allein das Ausbleiben von Sonnen-einstrahlung innerhalb kurzer Zeit ein Anstieg des Übertragungsvermögens der Freileitung um rd. 9 %.

Wenn längs der Trasse sichergestellt ist, dass die Queranströmung der Leiterseile mit mindes-tens 0,6 m/s Windgeschwindigkeit überall gegeben ist, so führt – wieder für ein Freileitungsseil vom Typ 243-AL1/39-ST1A - allein die Berücksichtigung einer gegenüber 35°C verminderten Außentemperatur zu Steigerungen, die im Sommer – zumindest nachts mit Θ < 23°C - bis zu rd. 120 % der Nennleistung und im Winter mit Θ < 12°C bis zu rd. 130 % reichen.

Eine Mindest-Queranströmung der Leiterseile von 0,6 m/s wird bei den deutschen EVU in der täglichen Praxis zu jeder Zeit, ohne ein Monitoring, vorausgesetzt. Die Formulierung der DIN EN 50182: „...Für besonders gelagerte Fälle bei ruhender Luft sind die Werte im Mittel um et-wa 30 % herabzusetzen“ wird in der Praxis nicht berücksichtigt bzw. es wird realistischerweise eine aufgrund der Thermik der bodennahen Luftschichten fast immer gegebene minimale Luft-strömung vorausgesetzt.

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Technische Optimierungsmöglichkeiten bei Freileitungen und Kabeln zur besseren Auslastung

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 61

Bei dieser Verfahrensweise kann aber auch ohne besonderes Monitoring am Leiterseil das durch Berücksichtigung sich ändernder Umgebungstemperatur und Sonneneinstrahlung gege-bene Potenzial zum Uprating von Freileitungen genutzt werden.

Für den Fall eines zusätzlichen Temperaturmonitorings der Seiltemperaturen zeigt Abb. 48, dass bei einer verstärkten Windgeschwindigkeit (Queranströmung der Leiterseile) von 1,8 m/s die Berücksichtigung einer gegenüber 35°C verminderten Temperatur zu Belastbarkeitssteige-rungen führt, die im Sommer – zumindest nachts mit Θ < 23°C - bis zu rd. 150 % der Nennleis-tung und im Winter mit Θ < 12°C bis zu rd. 165 % reichen.

Abb. 48 zeigt zusammenfassend die Strombelastbarkeit eines Freileitungsseiles vom Typ 243-AL1/39-ST1A als Funktion von Windgeschwindigkeit (Queranströmung der Leiterseile), Umge-bungstemperatur und Sonneneinstrahlung.

Deutlich wird das große Potential, das mit Hilfe eines Monitoring der Seiltemperatur ausge-schöpft werden könnte. Die – vor allem in den Wintermonaten – sich ergebenden Steigerun-gen der Strombelastbarkeiten würden über spürbare Zeiträume weit oberhalb von 50 % liegen.

Um die Möglichkeiten des Temperaturmonitoring nutzen zu können, muss allerdings zunächst geprüft werden, ob andere Elemente der bestehenden Übertragungskette bei solchen Strom-erhöhungen Fehlfunktionen zeigen bzw. überlastet werden könnten.

Hier ist zunächst zu prüfen, ob die Seilklemmen der Freileitung den erhöhten Betriebsströmen auf Dauer ausgesetzt werden dürfen. Da diese Betriebsweise mit rechtlichen Fragen der Ver-kehrssicherungspflicht und Gewährleistung seitens des Netzbetreibers verknüpft ist, muss dieser Aspekt mit den Lieferanten der Seilklemmen sorgfältig abgeklärt werden.

Es ist weiter an den Netzschutz zu denken, der bei den erhöhten Betriebsströmen nicht vorzei-tig auslösen darf. Der Netzschutz muss also fallweise überprüft und gegebenenfalls neu ein-gestellt werden.

Zu überprüfen sind auch die im Leitungszweig eingesetzten Stromwandler, deren Nennströme nicht überschritten werden dürfen.

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Technische Optimierungsmöglichkeiten bei Freileitungen und Kabeln zur besseren Auslastung

62 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

0 0,5 1 1,5 2 2,5 3100

110

120

130

140

150

160

170

180%

m/s

v

25°C

5°C

II0

Θ = 35°C

0,6 m/s 1,2 m/s

-5°C 15°C

Abb. 48: Strombelastbarkeit eines Freileitungsseils

243-AL1/39-ST1A mit (rot) und ohne (blau) Sonneneinstrahlung, als Funktion der Windgeschwindigkeit (Queran-strömung) und der Umgebungstemperatur

Die vorgeschalteten Transformatoren müssen die erhöhte Leistung übertragen können. Hier sind oft erhebliche Reserven gegeben: ist beispielsweise der auf ein Freileitungssystem mit Standardseilbehang von 2*240/40 (etwa je 120 MVA je Seil) speisende Transformator als Standardtransformator zu 300 MVA Dauerlast ausgelegt (dies ist von Netzbetreiber zu Netz-betreiber unter vielfältigen Aspekten wie Lagerhaltung, Kaufpreis etc. unterschiedlich), so be-deutet das Ausnutzen der Transformator-Nennleistung eine zulässige Dauer-Überlast auf der Freileitung von 25 %. Da Transformatoren zudem erhebliche Überlastbarkeiten aufweisen, sind auch höhere Übertragungsleistungen über begrenzte Zeiten (z.B. über 8 h) möglich. Ge-gebenenfalls kann der Transformator auch, nach Abstimmung mit dem Transformator-Hersteller, durch verbesserte Kühlungsmaßnahmen für den Überlastfall weiter ertüchtigt wer-den.

Auch die Leistungsschalter und Trenner müssen funktional überprüft werden; sie sind meist mit verhältnismäßig hohen Nennströmen dimensioniert, so dass sie keinen Engpass darstellen sollten.

Außerdem muss geklärt werden, wie die Messdaten des Messsystems zur Leitzentrale über-mittelt und dort im Hinblick auf eine nach wie vor sichere Betriebsführung weiterverarbeitet werden können.

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Technische Optimierungsmöglichkeiten bei Freileitungen und Kabeln zur besseren Auslastung

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 63

3.1.2. Temperaturmonitoring bei Kabelanlagen Temperaturmesssysteme für Energiekabel messen die Temperatur mithilfe eines in den Schirm integrierten Lichtwellenleiters und stellen eine etablierte Technologie dar. Während des Betriebs stellen diese Systeme Informationen über die Schirmtemperatur einer bis zu 20 km langen Kabelanlage mit einer Messunsicherheit von + 1 K bei einer Ortsauflösung von + 1 m zur Verfügung. Das aufgesetzte RTTR (Real Time Thermal Rating) interpretiert diese Schirm-temperaturen in Hinblick auf folgende Fragestellungen:

• Wie groß ist die Leitertemperatur und wo sind die Hot-Spots? • Wie lange kann ein bestimmter Strom übertragen werden, bevor eine kritische Temperatur

erreicht wird? • Welche Temperatur wird am Ende eines Zeitintervalls erreicht, wenn die gegenwärtige

Last beibehalten wird?

Wesentlicher Bestandteil eines RTTR sind die korrekt eingestellten elektrischen und thermi-schen Parameter eines Berechnungsmodells für das Kabel und seine Umgebung. Diese Pa-rameter werden mithilfe von Simulationen eingestellt und während des Betriebs ständig an die aktuellen Bedingungen (zum Beispiel zeitlich sich verändernde Bodeneigenschaften) ange-passt.

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Technische Optimierungsmöglichkeiten bei Freileitungen und Kabeln zur besseren Auslastung

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50

60

70

80

90

20 21 22 23 24 25 26

Conductor Temperature FEMScreen Temperature FEM

Conductor Temperature ELNScreen Temperature ELN

Start of Prediction

Period of PredictionPeriod ofAdaptation

ϑ°C

days t

Adaptions-intervall

Prognoseintervall

Leitertemperatur FEMSchirmtemperatur FEMLeitertemperatur ELNSchirmtemperatur ELNStart der Prognose

Abb. 49: Mit der FEM berechnete und mit Hilfe eines adaptiven Temperaturmonitoringsystems prognostizierte Leiter- und Schirmtemperatur

Das adaptive RTTR erlaubt Voraussagen über: • Temperaturentwicklung im Kabel für eine konstante Dauerlast • Temperaturentwicklung im Kabel für eine konstante zyklische Belastung • maximal möglicher Strom über eine vorgegebene Überlastdauer (z.B. 24 h, 1 Woche,

etc.) • maximal möglicher Strom unter Beibehaltung eines Lastprofils oder • maximal mögliche Überlastdauer unter Vorgabe eines Stroms (Dauerlast oder zyk-

lisch).

In allen bisher eingesetzten Kabelanlagen zeigt das RTTR hervorragende Übereinstimmung zwischen den getroffenen Voraussagen und den später ermittelten Messwerten. Die Abwei-chung l ag immer unterhalb der Messunsicherheit des Messsystems.

3.2. Temporäre Überlastbarkeiten

Das oben beschriebene Temperaturmonitoring mit Prognosefähigkeit kann auch gezielt für eine temporäre Überlast eingesetzt werden, um so zu einer optimalen Auslastung der beste-henden Kabelanlagen auch unter kritischen Bedingungen (z.B. Ausfall eines Nachbarsystems) zu gelangen. In der nachstehenden Abb. 50 ist das Erwärmungsverhalten eines 380-kV-Kabelsystems (Kupferleiterquerschnitt 2500 mm2) für den Fall wiedergegeben, dass nach dem

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Technische Optimierungsmöglichkeiten bei Freileitungen und Kabeln zur besseren Auslastung

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 65

Normalbetrieb eines Doppelsystems mit 50 % seiner höchstzulässigen Last ein Kabelsystem ausfällt und das verbleibende System die volle Nennlast des Doppelsystems übernehmen muss. Abb. 51 und Abb. 52 zeigen die entsprechenden Temperaturverteilungen.

Man erkennt, dass bis zum Erreichen der höchstzulässigen Leitertemperatur (90°C) im System eine Zeitspanne von rd. 8 Tagen vergeht. Dies verdeutlicht die großen thermischen Zeitkon-stanten des Erdkabels, vor allem aber auch seiner Umgebung. So vergehen nach dem ersten Einschalten eines ununterbrochen voll ausgelasteten Erdkabels viele Monate, bis sich eine stationäre Temperaturverteilung im Boden eingestellt hat.

0 5 10 15 20 25 30 3530

45

60

75

90

105

120

380 kV, (n-1)-Fall, 2300 MVAmit Vorlast 50%, 1150 MVAλ=1,0 für Bodenreich

ϑ

t

Leiter1 Leiter2 Leiter3

°C

7 Tage 23 Stunden

d

Abb. 50: Verlauf der Leitertemperaturen in einem 380-kV-XLPE-Kabelsystem

(Kupferleiterquerschnitt 2500 mm2) nach vorangegangener Volllast in einem Doppelsystem und Ausfall des zweiten Kabelsystems

Dies bedeutet einerseits, dass Höchstspannungskabel – je nach Vorlast – zeitweilig große Überlastbarkeiten aufweisen und dass andererseits in einem Störungsfall ganz erhebliche Zei-ten für bestimmte Maßnahmen, wie Inbetriebnahme oder Umschalten auf eine andere Kühlsta-tion oder Umschalten auf ein anderes Kabelsystem etc. zur Verfügung stehen. Dies ist bei-spielsweise dann von großer Bedeutung, wenn über Fehlersituationen und die Auslegung von Schaltfeldern z.B. für drei parallele Kabelsysteme diskutiert wird [130].

Page 80: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Technische Optimierungsmöglichkeiten bei Freileitungen und Kabeln zur besseren Auslastung

66 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Abb. 51: Temperaturverteilung im 380-kV-XLPE-Kabel-Doppelsystem (2500 mm2 Cu)

Normalbetrieb, Vorlast 2*50% von 2300 MVA

Abb. 52: Temperaturverteilung im 380-kV-XLPE-Kabel-Doppelsystem, (n-1)-Fall

Nach ca. 8 Tagen tritt in der mittleren Kabelader des verbliebenen Kabelsystems die Grenztemperatur von 90°C auf

Abb. 50 zeigt, dass zur Behebung des Fehlers eine Zeit von 8 Tagen verbleibt, in der die Stromversorgung sichergestellt werden kann, bevor die kritische Leitertemperatur erreicht wird. Ein solches Szenario kann zuverlässig von einem Monitoringsystem mit Prognosefähig-keit vorausberechnet werden.

Um die Belastbarkeit zu erhöhen oder die Intervalle der zulässigen Überlast auszudehnen, kann eine Zwangskühlung der Kabelanlage eingesetzt werden. Die Details solcher Kühlanla-gen sind dem Abschnitt 3.3 zu entnehmen.

Page 81: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Technische Optimierungsmöglichkeiten bei Freileitungen und Kabeln zur besseren Auslastung

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 67

Zum Vergleich zeigt Abb. 53 den gleichen Vorgang in einem 380-kV-Doppelsystem mit Late-ralkühlung. Dabei wird ungünstigerweise davon ausgegangen, dass

• sowohl das rechte Kabelsystem als auch das ihm zugeordnete Kühlsystem gestört sind und

• die Kühlung vor Eintritt der Störung nicht eingeschaltet war, sondern erst mit Fehlerbe-ginn im verbleibenden System wirksam wird.

Abb. 53 verdeutlicht, dass die Kühlung bei geeigneter Auslegung hinreichend rasch wirksam wird und die Kabeltemperaturen in zulässigen Grenzen hält. Dies zeigt die Verlässlichkeit ei-nes weiter unten diskutierten lateralgekühlten Kabelsystems, das so ausgelegt wird, dass es während des normalen Betriebes nicht auf die Zwangskühlung angewiesen ist. Vielmehr kön-nen in beliebigen Betriebsphasen Wartungen und Überprüfungen der Funktionsfähigkeit vor-genommen werden. Selbst wenn dann in einer solchen Phase eine Störung eintreten sollte, so bleibt nach Abb. 53 eine Zeit von zumindest einigen Stunden, um das Kühlsystem wieder in Betrieb zu nehmen.

0 24 48 72 96 120 144 16830

40

50

60

70

80

90

100

t

Leitertemp.1800 mm2

Wassertemp. 1800 mm2

Leitertemp. 2000 mm2

Wassertemp. 2000 mm2

7 Tage

ϑ

°C

h

Abb. 53: Verlauf der Leiter- und der Kühlwasseraustrittstemperatur im (n-1)-Fall

Störung in einem 380-kV-XLPE-Kabel-Doppelsystem (2000 mm2 Cu) nach vorangegangener Volllast; die Kühlung wird erst mit Störungsbeginn in Betrieb genommen

Page 82: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Technische Optimierungsmöglichkeiten bei Freileitungen und Kabeln zur besseren Auslastung

68 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

3.3. Thermische Stabilisierung von Kabelanlagen und Anlagen zur Kühlung sowie Wärmerückgewinnung

Ab einer Bodenerwärmung um 15 K bei Dauerlast und 25 K bei zyklischer Belastung setzt in grundwasserfernen Schichten eine Austrocknung des Bodens ein. Da vollständig ausgetrock-nete Böden nur etwa 40 % der Wärmeleitfähigkeit eines feuchten Bodens aufweisen, wird die Wärme schlechter abtransportiert. Dies kann bei Kabeln, die an ihrer Belastungsgrenze betrie-ben werden, zu einer Überhitzung des Kabels führen. Besonders problematisch sind in dieser Hinsicht Lehmböden, in denen bei Austrocknung Schrumpfungsrisse entstehen. Solche Hohl-räume führen zu einer nochmaligen Verringerung der Wärmeleitung. Aus diesem Grund wer-den Kabel in der Regel unterhalb ihrer thermischen Grenzleistung betrieben. Sollen Kabel hö-her ausgelastet werden, so müssen bei Böden, bei denen durch den Betrieb des Kabels mit einer Austrocknung zu rechnen ist, Maßnahmen zur Reduktion der Bodenerwärmung ergriffen werden. Dies kann entweder durch eine Einbettung des Kabels in thermisch stabilisierte Mate-rialien wie gestufte Sande oder Magerbeton oder auch durch die Sicherstellung des Wärmeab-transports mittels einer Zwangskühlung (z.B. laterale Wasserkühlung) geschehen.

Bei der so genannten Lateralkühlung (oder: indirekten Kühlung) sind wassergefüllte Kunststoff-rohre parallel zu und möglichst dicht neben den Kabeln zu verlegen und mit Hilfe von Kühlsta-tionen ist für eine Wasserumwälzung und Rückkühlung des Kühlwassers zu sorgen. Das sich erwärmende, zirkulierende Kühlwasser wird in einer Kühlstation wieder auf eine bestimmte Temperatur gekühlt und danach wieder dem Kühlkreislauf zugeführt.

Die Störanfälligkeit einer Kühlanlage ist weitaus höher als die des Kabels als Übertragungs-system. Wird die Auslegung der Kabelanlage so vorgenommen, dass im Normalbetrieb der Einsatz des Kühlsystems zwingend erforderlich ist, so steigt die Störanfälligkeit des Gesamt-systems bei entsprechend geringer Verfügbarkeit. Aus diesem Grunde wird meist versucht, auf den Einsatz von Kühlsystemen zu verzichten.

Nachstehend sollen dennoch auch zwangsgekühlte Kabelsysteme betrachtet werden, aller-dings mit einer anderen Betriebsphilosophie: das Kühlsystem wird einerseits redundant ausge-legt und soll andererseits nur dazu eingesetzt werden, in dem sehr selten auftretenden Stö-rungsfall die dann erforderliche, erhöhte Leistung des Kabels sicherzustellen. Da die zeitweilig hohen Überlastbarkeiten der Kabel mit erheblichen Zeitreserven verbunden sind, können somit während des Normalbetriebs Wartungs- und Reparaturanlagen an der Kühlanlage ausgeführt werden, ohne hierdurch die Verfügbarkeit der Kabelanlage zu mindern. Selbst wenn der Stö-rungsfall zufällig mit einer Phase der Wartung oder einer Störung im Kühlsystem zusammen-treffen sollte, so bleibt für die Reparatur bzw. Inbetriebnahme der Kühlanlage eine hinreichen-de Zeitdauer, die (lastabhängig) normalerweise mindestens einige Tage beträgt.

Durch den Einsatz von Kühlsystemen sind zusätzliche Möglichkeiten der Betriebsführung ge-boten, beispielsweise die Minderung der Kabel- und Bodentemperaturen im Normalbetrieb. Den Verlusten des Kühlsystems stehen dann, etwa in gleicher Höhe, die Verlustminderungen

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Technische Optimierungsmöglichkeiten bei Freileitungen und Kabeln zur besseren Auslastung

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 69

im Kabel aufgrund der Temperaturabhängigkeit des Leiterwiderstandes gegenüber. Eine Ver-minderung der Kabeltemperaturen lässt eine vergrößerte Lebensdauer der Kabel erwarten, und eine Verminderung der Bodentemperaturen ist nicht nur unter ökologischen Aspekten be-deutsam, sondern kann durch die Vermeidung partieller Bodenaustrocknung gegebenenfalls auch den Einsatz thermisch stabilisierten Materials ersparen.

Zwei besonders schmale Grabenprofile hierzu sind in den Abb. 54 bis Abb. 56 wiedergegeben. In der Abb. 54 handelt es sich um zwei Drehstromkabelsysteme in Einebenenanordnung, wo-bei jeweils zwei Kunststoff-Kühlrohre zwischen die Kabeladern gelegt sind. In Anbetracht der sehr großen Übertragungsleistungen bzw. Leistungsredundanzen einer solchen Trasse (vgl. Abschnitt 5) bleibt die Trassenbreite mit 3,4 m verhältnismäßig gering.

3.4 m

1.75 m 1.5 m

1.2 m 0.3 m 1.0 m

Abb. 54: Kabel-Doppelsystem in Einebenen-Anordnung mit Lateralkühlung, 2 Rohre je System

Noch schmaler kann die Trasse gehalten werden, wenn die Kabeladern der beiden Dreh-stromsysteme dicht gebündelt verlegt werden. Nach Abb. 55 beträgt die erforderliche Graben-breite hierbei nur 2,2 m.

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Technische Optimierungsmöglichkeiten bei Freileitungen und Kabeln zur besseren Auslastung

70 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

2.2 m

1.75 m 1.5 m

1.2 m

1.0 m1.85 m

Abb. 55: Kabel-Doppelsystem in Dreiecks-Anordnung mit Lateralkühlung

Zur Realisierung besonders hoher Übertragungsleistungen, aber auch besonders großer Re-dundanzen des Kühlsystems können auch je Kabelsystem vier Kühlrohre eingesetzt werden, wie dies in der Abb. 56 für ein Drehstrom-Doppelsystem in Einebenenanordnung wiederge-geben ist. Die erforderliche Grabenbreite beträgt bei den hier gewählten Abständen 4,1 m.

Eine alternative Verlegeart ist die „U-Formation“, wie sie z.B. bei einer 380-kV-Kabelanlage in Wien realisiert wurde, vgl. Abb. 57. In diesem Beispiel liegen die drei Kabeladern in einer Ebe-ne, dazwischen und über den beiden äußeren Kabeladern befinden sich die vier Kühlrohre.

4.1 m

1.75 m 1.5 m0.3 m 1.0 m

1.2 m

Abb. 56: Kabel-Doppelsystem in Einebenen-Anordnung mit vier Kühlrohren je System

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Technische Optimierungsmöglichkeiten bei Freileitungen und Kabeln zur besseren Auslastung

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 71

Kühlrohre

Kabel

Abb. 57: Lateralgekühlte 380-kV-Kabelanlage in Wien

Drei Kabel nebeneinander in Einebenenanordnung, die vier Kühlrohre dazwischen und über den beiden äußeren Kabeladern

Eine typische Kühlanlage besteht aus Verdichter, Wärmetauscher und Regeleinheit. Abb. 58 zeigt den prinzipiellen Aufbau einer Standard-Kühlanlage. Die Abmessungen einer Kühlanlage für eine Kühlleistung von 1,4 MW, wie sie für ein 380-kV-Kabelsystem mit etwa 10…15 km Kühlabschnittslänge (Kühlstationenabstand 20…30 km) ausreicht, zeigt Abb. 59. Eine solche Kühlanlage weist eine platzsparende Containerbauform auf und benötigt eine Grundfläche einschließlich Abzäunung von nur rund 40 m².

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Technische Optimierungsmöglichkeiten bei Freileitungen und Kabeln zur besseren Auslastung

72 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Abb. 58: Schematischer Aufbau einer Kühlanlage

Quelle: Johnson Controls Ltd.

Abb. 59: Kühlanlage in Containerbauform

Quelle: Johnson Controls Ltd.

Diese Kühlanlagen erzeugen einen Schalldruck von 60 dB(A) in einer Entfernung von 10 m. Die Containerbauform erleichtert allerdings die Schallschutzmaßnahmen.

Zwecks guter Wärmeabfuhr und Luftzufuhr steht die Kühlmaschine im Freien (gegebenenfalls mit einem Zaun umgeben). Die Maschine kann auch in einer Versenkung stehen, wenn zur Belüftung rundherum 1,5 m Platz vorhanden ist. In Küstennähe empfiehlt sich die kunststoff-beschichtete Ausführung zum Schutz gegen Korrosion durch Salzwasser. Kühlanlagen weisen keine CO2- und Wärme-Emissionen auf.

800 cm

238 cm

224 cm

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Technische Optimierungsmöglichkeiten bei Freileitungen und Kabeln zur besseren Auslastung

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 73

Abb. 60: Beispiel der Doppelübertragungssysteme und Doppelkühlungssysteme

Versorgt man an einem Standort beidseitig zwei Kühlabschnitte von z.B. 10 km Länge, so er-gibt sich bei großen Trassenlängen ein Abstand solcher Kühlstationenstandorte von 20 km. Wird pro Kühlabschnitt eine Kühlstation entsprechend Abb. 59 benötigt und aus Redundanz-gründen eine dritte Kühlstation vorgesehen, so ergibt sich eine Anordnung der drei Kühlstatio-nen nach Abb. 61. Die optische Beeinträchtigung könnte dadurch – ähnlich wie bei Über-gangsanlagen Freileitung/Kabel schon realisiert - minimiert werden, dass die Kühlstationen in einer vertieften Ebene aufgestellt werden und das Areal durch entsprechende Bepflanzungen um diese Mulde herum optisch unauffällig gestaltet wird.

12 m2.20 m

2.40 m 1.20 m

Abb. 61: Einbindung von Kühlanlagen in die Landschaft

Drei Kühlanlagen (jeweils 2.20 m*2.4 m*8.0 m), jeweils für 1.4 MW), für einen Kühlstationenabstand von 2*10 km = 20 km, davon eine Anlage zur Redundanz, in einer Mulde (etwa 12 m breit und 10 m lang); alternative Abmessungen bei Hintereinander-Aufstellung: 9 m*18 m oder 4 m*30 m

3.3.1. Anlagenkosten der Kühlanlage Die Kosten der Kühlanlagen (je Anlage etwa 200 T€ für 1,4 MW Kühlleistung, d.h. für 10 km Kabellänge) können bei redundanter Auslegung mit einer redundanten Kühlstation je Kühlsta-tionenabstand von 20 km zu 30 T€/km angesetzt werden. Rechnet man bei vier Kühlrohren je Kabelsystem 30 €/m je Kühlrohr incl. Armaturen und Verlegung, so kommt man bei vorsichti-

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Technische Optimierungsmöglichkeiten bei Freileitungen und Kabeln zur besseren Auslastung

74 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

ger Abschätzung für die Kühlanlage insgesamt zu längenbezogenen Kosten je Kabelsystem von rd. 150 €/m.

3.3.2. Wartungskosten der Kühlanlage Die Wartungskosten der Kühlanlage können zu ca. 1 % der Anschaffungskosten pro Jahr ge-rechnet werden, also zu rd. 2 €/km pro Jahr. Sie spielen bei der Wirtschaftlichkeitsberechnung nur eine untergeordnete Rolle.

3.3.3. Verluste der Kühlanlage Die Verluste in der Kühlstation sind mit rd. 30 % der weggekühlten Leistung zu veranschlagen. Werden 35 % der Kabelverluste vom Kühlsystem aufgenommen, so beträgt die Kühlleistung rd. 10 % der Kabelverluste. Werden andererseits die Kabeltemperaturen durch die Kühlung um 20 K gesenkt, so sinken die Kabelverluste um rd. 8 %, so dass insgesamt die Kühlung na-hezu verlustfrei arbeitet. Außerdem ist bei Außentemperaturen ab < 5°C ein sog. free-cooling möglich, bei dem nur noch die geringen Lüfterverluste anfallen.

Die Gesamtheit dieser Verluste kann, wenn Wärmeabnehmer in der Nähe sind, durch Wärme-rückgewinnung genutzt werden. Auf diese Weise könnten im günstigsten Fall die Verluste der Energieübertragung um rd. 35 % vermindert und der Wirkungsgrad entsprechend verbessert werden.

3.3.4. Verfügbarkeit der Kühlanlage Kühlsysteme erreichen bei weitem nicht die Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit von Kabeln, so dass deshalb im allgemeinen Abstand von zwangsgekühlten Kabelanlagen genommen wird. Diese Feststellung zur betrieblichen Nichtverfügbarkeit ist dann richtig, wenn das Kabelsystem so ausgelegt wird, dass es während des Normalbetriebs, in Höchstlastzeiten, auf die Zwangs-kühlung angewiesen ist.

Dies sieht jedoch anders aus, wenn – wie im Folgenden weiterverfolgt – die Kabelanlage so ausgelegt ist, dass sie im Normalbetrieb auch ohne die Kühlanlage auskommt und diese nur im – äußerst seltenen - Störungsfall benötigt. In diesem Fall kann die Kühlanlage im Normal-betrieb dazu eingesetzt werden (sie muss es aber nicht), die Kabel- und Bodentemperaturen niedrig zu halten, um damit beispielsweise Bodenaustrocknung zu verhindern oder die Kabel-verluste zu vermindern. Gegebenenfalls, wenn Wärmeabnehmer wie Treibhäuser o.ä. in der Nähe sind, können sogar die Kabelverluste durch Wärmerückgewinnung teilweise genutzt werden.

Damit ist während des Normalbetriebs auch kontinuierlich die Möglichkeit der Überwachung und auch der Wartung der Kühlanlage gegeben. Sind dann noch zwei Kabelsysteme mit je-weils einer eigenen Kühlanlage vorhanden, wobei die Kühlanlagen auch noch redundant -

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Technische Optimierungsmöglichkeiten bei Freileitungen und Kabeln zur besseren Auslastung

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 75

durch zusätzliche Kühlstationen – ausgelegt sind, so ist die Verfügbarkeit im Störungsfall (con-tingency) sehr hoch.

Selbst wenn der unwahrscheinliche Fall auftreten sollte, dass ausgerechnet in einer War-tungsphase des Kühlsystems eines Kabels das zweite Kabel ausfällt, so bietet die thermische Trägheit des Kabels (siehe Abschnitt „Überlastbarkeiten“) über viele Stunden bis Tage die Möglichkeit, dieses oder das redundante Kühlsystem rechtzeitig wieder in Betrieb zu nehmen. Unter diesem Aspekt lassen sich durchaus zwangsgekühlte Kabelanlagen mit hoher Verfüg-barkeit realisieren.

3.4. Verlegung im begehbaren Kanal und Infrastrukturtunnel

Darüber hinaus besteht auch die Möglichkeit, Erdkabel in geschlossenen Tunneln zu verlegen. Von allen infrage kommenden Verlegearten bietet die Anordnung der Kabelsysteme in einem begehbaren Kanal oder Tunnel die meisten Vorteile:

• Idealer mechanischer Schutz der Kabel, damit hohe Verfügbarkeit, o einfache, problemlose Verlegung, o Nachrüstbarkeit der Kabelanlage, o schnelle Fehlersuche und Reparatur

• z.B. spätere Verlegung oder Austauschen (Retrofitting) von Kabelsystemen, • Reparaturen und Wartungen ohne Erdarbeiten, Flurschäden etc., • Mehrfach-Nutzung durch unterschiedliche Systeme (Strom, Kommunikation, Wasser

etc.), • Zusatzleiter zur magnetischen Schirmung oder zur Erhöhung der Kurzschlussstrom-

Tragfähigkeit sind leicht mitzuführen, • Einfaches Temperaturmonitoring (bzw. Überlastungs-Meldesystem), • Kühlung der Kabel leicht zu realisieren durch natürliche Konvektion, durch Zwangsbe-

lüftung oder durch (ggf. später eingebaute) Wasserkühlung (Verlustsenkung, Wir-kungsgradsteigerung, höhere Leistungsreserven/Überlastbarkeiten)

• Abschnittsweise Kühlung, z.B. von Muffen, leicht zu realisieren • Wärmerückgewinnung möglich • Keine wesentliche thermische Bodenbelastung • Bei mehreren Kabelsystemen sehr schmale Trasse, z.B. unter oder neben Waldweg • Nutzbarkeit der Trasse oberhalb des Tunnels, auch tiefwurzelnde Bepflanzung direkt

neben der Trasse möglich

Diese vergleichsweise aufwändige Verlegetechnik kann sich insgesamt als wirtschaftlich her-ausstellen, da mehrere Kabel in einem Tunnelsystem verlegt werden können und die Kabel für Wartungsarbeiten zugänglich bleiben. Da die Tunnelverlegung sehr aufwändig ist und in der Regel bei der 110-kV-Ebene nicht zum Einsatz kommt, soll hier nur ein Beispiel einer beson-ders kostengünstigen Realisierung gezeigt werden.

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Technische Optimierungsmöglichkeiten bei Freileitungen und Kabeln zur besseren Auslastung

76 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Es handelt sich um ein Verfahren zur Tunnel-Herstellung, das vor zwei Jahren mit dem Inno-vationspreis des Landes Rheinland-Pfalz ausgezeichnet wurde: im offenen Graben werden spezielle Betoniermaschinen abschnittsweise fortbewegt und betonieren pro Tag jeweils einen Kanalabschnitt von 15 m Länge, vgl. Abb. 62. Der begehbare Kanal weist beispielsweise einen lichten Querschnitt von 1,8 m*2,1 m (oder größer) auf. Wegen seiner Gewölbeform bedarf der Kanal keiner Stahlarmierung, wodurch die Lebensdauerbegrenzung üblicher stahlarmierter Tunnel (etwa 50…60 Jahre) entfällt.

Unter dem Aspekt der Kabelbelastbarkeit, des flexiblen Betriebs, der Möglichkeiten zur Belast-barkeitssteigerung im Notbetrieb (thermische Reserven) und gegebenenfalls auch der Ver-lustminderung und Wärmerückgewinnung bietet der begehbare Kanal ideale Voraussetzun-gen. Weitergehende Möglichkeiten der Kühlung solcher Kanäle durch natürliche Konvektion, gegebenenfalls mit Hilfe einer thermischen Aktivierung (Vorkühlung) des Kabelgrabens wäh-rend geeigneter Perioden, sind vielversprechend und werden zur Zeit untersucht.

a)

b)

Abb. 62: Infrastrukturkanal System Dupré, Speyer

a: kontinuierliche Fertigung (15 m/Tag) je Betoniermaschine

b: Kanal während der Installation mit unterschiedlichen Medienleitungen

Page 91: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Technische Optimierungsmöglichkeiten bei Freileitungen und Kabeln zur besseren Auslastung

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 77

2100

1750

Abb. 63: Infrastrukturkanal für zwei bis drei Kabelsysteme

begehbarer Kanal : 15 m Abschnittslänge mit z.B. 1,8 m*2,1 m lichtem Querschnitt

Wird eine Gleitschalung verwendet, so braucht der Graben für diesen Kanal nicht breiter als etwa 4,0 m zu sein. Bei Querung von Waldgebieten besteht damit die Möglichkeit, die Berei-che direkt neben der Kabeltrasse nach Abschluss der Bauarbeiten wieder zu bepflanzen. Aus Gründen der späteren Zugänglichkeit erscheint es sinnvoll, direkt oberhalb oder neben dem Kanal einen befestigten Waldweg anzulegen. Die Breite der verbleibenden Waldschneise kann mit einer solchen Anordnung auf die Breite eines Waldweges minimiert werden.

Hinzu kommt der ökologische Aspekt, dass die thermische Bodenbelastung sehr gering ist: bei entsprechender Belüftung führt der Kanal den größten Teil der Kabelverluste direkt an die Umgebungsluft ab.

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Technische Optimierungsmöglichkeiten bei Freileitungen und Kabeln zur besseren Auslastung

78 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

5601750

befestigter Weg

2100

4000

3500

Abb. 64: Trasse für 3…4 Kabelsysteme unter befestigtem Weg

3.4.1. Anlagenkosten der Belüftungsanlage Die Kosten einer Belüftungsanlage im begehbaren Kanal (Lüfterabstand maximal 5 km; Luft-geschwindigkeit bis 4 m/s bzw. 22,6 m3/s) werden wie zu 150 €/m angenommen.

3.4.2. Wartungskosten der Belüftungsanlage Schätzt man auch hier (wie bei der Zwangskühlung) die Wartungskosten der Belüftungsanlage zu rd. 1 % der Anschaffungskosten pro Jahr, so bedeutet dies Wartungskosten von rd. 2 €/km pro Jahr. Sie spielen bei der Wirtschaftlichkeitsberechnung eine untergeordnete Rolle.

3.4.3. Verluste der Belüftungsanlage Bei der hier vorliegenden Luftkühlung der Kabel lässt sich abschätzen, dass die aufzubringen-de Leistung für die Lüfterantriebe weitaus geringer ist als die Ersparnis bei den Kabelverlusten aufgrund der Absenkung der Leitertemperaturen und damit der ohmschen Leiterwiderstände.

Die Gesamtheit der Kabelverluste kann, wenn Wärmeabnehmer in der Nähe sind, durch Wär-merückgewinnung genutzt werden. Auf diese Weise könnten im günstigsten Fall die Verluste der Energieübertragung erheblich vermindert und der Wirkungsgrad entsprechend verbessert werden.

Kabel in Infrastrukturtunneln nehmen eine Sonderstellung als Verlegeart ein und stellen eine interessante Alternative dar. Im Folgenden soll jedoch von der gängigeren Erdverlegung der Kabel ausgegangen werden.

Page 93: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Technische Optimierungsmöglichkeiten bei Freileitungen und Kabeln zur besseren Auslastung

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 79

3.5. Ferromagnetische Schirmungen von Kabelanlagen zur Mi-nimierung des Magnetfeldes

Mit einer geschlossenen Schirmung in Form eines Stahlrohres können selbst Werte von 0,2 µT, (der gesetzlich vorgeschriebene Grenzwert beträgt 100 µT), unterschritten werden (vgl. Kap. 4.2.4). Wie in Abb. 65 zu sehen ist, wird das Material auf der Rohrinnenseite stark ange-regt, die Permeabilität vergrößert sich, und der magnetische Fluss wird in einer dünnen Schicht auf der Rohrinnenseite geführt. Das Feld kann so, bis auf ein geringes Streufeld, nicht in den Außenraum austreten.

-0,2-0,1

00,1

0,2 -0,2-0,1

00,1

0,2

100200300400500600700800900

1000

µr

x

ym

m

Abb. 65: FEM-Modell einer Kabelanlage im Stahlrohr und Verteilung der relativen Permeabilität im Stahlrohr

Wird ein Stahlrohr, Rohrdurchmesser d = 450 mm, mit der Wanddicke s = 10 mm verwendet, so beträgt die effektive magnetische Induktion B(100A) = 4,4 nT bis B(1000A) = 24,2 nT. Der o.a. Grenzwert von 100 µT für einen dauerhaften Aufenthalt wird weit unterschritten, und der Schirmfaktor beträgt rund 235. In Abb. 66 sind die magnetischen Induktionen in Abhängigkeit der Wanddicke dargestellt. Es zeigt sich, dass eine Wanddicke von etwa s = 6 mm ausreicht, um den Wert von 0,2 µT zu unterschreiten (Schirmfaktor 101,4). Im Vergleich zu einem Rohr der Wanddicke s = 10 mm kann so 40 % an Masse eingespart werden.

Page 94: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Technische Optimierungsmöglichkeiten bei Freileitungen und Kabeln zur besseren Auslastung

80 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

0

0,2

0,4

0,6

0,8

1,0

1,2

1,4

5 6 7 8 9 10mmsmin

B

s

µT

µT2,0eff ≤B

)m1(B

)m0(B

Abb. 66: Magnetische Induktion der Kabelanlage in Abhängigkeit der Wanddicke des Stahlrohrs

Zu den Verlusten der Kabelanlage kommen nun noch die Wirbelstromverluste und Hysterese-verluste des Stahlrohres hinzu. Die Verlustleistung ist in diesem Bereich der Wandstärke na-hezu unabhängig von der Wanddicke und nur eine Funktion des Stroms. Für einen Effektiv-wert der Stromstärke von I = 1000 A beträgt die Verlustleistung P’ = 113 W/m. Stünde diese Last dauerhaft an, würde die natürliche Kühlung des Erdreichs nicht ausreichen. Da diese Spitzenlasten jedoch nur kurzzeitig anstehen, ist die natürliche Kühlung bei thermisch stabili-siertem Kabelgraben für diese Art der Kapselung noch ausreichend. Bereits für I = 800 A geht die Verlustleistung der Kabelanlage auf P’ = 65,5 W/m zurück.

Um die durch die Schirmung verursachten Zusatzverluste, insbesondere die Hystereseverluste zu verringern, werden neuerdings hochpermeable Materialen mit einer maximalen Permeabili-tät von µmax = 40 000 verwendet, die direkt in das Kabel integriert werden. Aufgrund der her-vorragenden Schirmwirkung würde bereits eine Dicke von 0,4 mm des Schirmmaterials aus-reichen (Schirmfaktor 105), um den Wert von 0,2 µT zu unterschreiten. Der Verlustleistungsbe-lag fällt mit P’ = 53,15 W/m bei I = 1000 A sehr gering aus, da bei diesem hochpermeablen Material nur geringe Hystereseverluste in Höhe von P’ = 0,46 W/m auftreten. Der zusätzliche Materialeinsatz beträgt bei s = 0,4 mm nur 4,2 kg/m. Diese Kabel mit integrierter elektromag-netischer Schirmung können auch problemlos in alte Stahlrohre vorhandener Altanlagen (Ret-rofitting) eingezogen werden (siehe Abb. 67).

Page 95: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Technische Optimierungsmöglichkeiten bei Freileitungen und Kabeln zur besseren Auslastung

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 81

1 Kupferleiter 500 mm² mehrdrähtig 2 Conductor screen 3 XLPE-Isolierung (9.5 mm) 4 Insulation screen 5 Leitende Schwellbänder 6 APL-sheath 7 Schwell Füller 8 Earthing conductor 9 Elektromagn. Schirmung 10 PE-sheath 11 Füller 12 Armour 13 Lichtwellenleiter für ortsaufgelöste Temperaturüberwachung 14 Kunststoffrohr

Außendurchmesser: 173 mm

Abb. 67: 110-kV-Kabel mit integrierter elektromagnetischer Schirmung

(Quelle: nkt cables)

Page 96: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Technische Optimierungsmöglichkeiten bei Freileitungen und Kabeln zur besseren Auslastung

82 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

-0.3-0.2

-0.10

0.10.2

0.3 -0.3-0.2

-0.10

0.10.2

0.3

05000

1000015000200002500030000350004000045000

µr

x

ym

m

Abb. 68: Modell einer Kabelanlage mit integrierter hochpermeabler Schirmung im Stahlrohr

Der Anstieg der Verluste eines Kabels mit integrierter hochpermeablen Schirmung in einem Stahlrohr beträgt lediglich etwa ∆P’ = 3 W/m im Vergleich zu den Verlusten einer ungeschirm-ten Kabelanlage, da das Magnetfeld von der hochpermeablen Schicht absorbiert wird und so dass hartmagnetische Stahlrohr nicht mehr anregen kann. Der teilweise im städtischen Be-reich geforderte strengste Vorsorgewert von B = 0,2 µT kann auf diese Weise sicher eingehal-ten werden.

3.6. Kompensationsleiter zur Minimierung des Magnetfeldes im Außenraum einer Kabelanlage

Anstelle von ferromagnetischen Stahlkapselungen kann auch eine Reduktion des Magnetfel-des durch den Einsatz von Kompensationsleitern erreicht werden. Hierfür sprechen wesentlich geringere Zusatzverluste als beim Einsatz eines Stahlrohres und ein wesentlich geringerer Materialeinsatz.

So erreicht man mit Hilfe eines Kompensationsleitersystems, bestehend aus vier 1 kV-VPE-Kabel mit einem Aluminiumleiterquerschnitt von jeweils 300 mm2 in einer Ebene 0,6 m ober-halb der Kabelsysteme nahezu eine Halbierung der magnetischen Feldstärken an der Erd-oberfläche.

Die Zusatzverluste liegen hierbei unter 10 W/m und die zusätzliche Kabelerwärmung beträgt ca. 1 K, was einer Belastbarkeitsminderung von weniger als 0,7 % entspricht.

Page 97: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Technische Optimierungsmöglichkeiten bei Freileitungen und Kabeln zur besseren Auslastung

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 83

0 A(n-1):1671 A1671 Anormal:

2279 A

0,5 m 0,6 m0,5 m

1,5 m

1 2 3 40,9 m

1,80 m 0,27 m -1,80 m-0,27 m

Abb. 69: 380-kV-XLPE-Kabel-Doppelsystems mit vier Aluminium-Kompensationsleitern zur Mag-netfeld-Reduktion

Das Einbringen von Kompensationsleitern stellt eine preiswerte Alternative zur ferromagneti-schen Rohrkapselung mit geringem Materialeinsatz dar. Als Kompensationsleiter können 1 kV-Kabel verwendet werden. Es können Schirmfaktoren von etwa zwei erreicht werden. Für ex-treme Schirmungsaufgaben – z.B. zum Einhalten des Wertes von 0,2 µT, wie in Italien mehr-fach realisiert – gibt es folgende Möglichkeiten:

• Legung im Stahlrohr (z.B. 220 kV-Erdkabel Bad Schwartau [89] u. Genova (Italien)

[27]) oder • Legung im Trog mit Deckel aus ferromagnetischem Material (z.B. 132 kV-Erdkabel Ne-

apel).

Allerdings werden hierbei die Verluste heraufgesetzt und die Belastbarkeit der Kabel wegen der dichten Legung stark vermindert (vgl. Abschnitt 3.3).

Page 98: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Umweltauswirkungen

84 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

4. Umweltauswirkungen

Ausgehend von den im vorhergehenden Kapitel dargestellten Wirkfaktoren von Erdkabeln und Freileitungen lassen sich Wirkungsprognosen für die durch diese hervorgerufenen Auswirkun-gen auf Umwelt, Natur und Landschaft ableiten. Naturgemäß sind bei Freileitungen und Erd-kabeln die zu betrachtenden Wirkfaktoren teils identisch (z.B. Feldwirkungen), teils unter-schiedlich (z.B. Vogelschlag bei Freileitungen, Bodenbewegungen bei Erdkabeln). Die Darstel-lungen der Auswirkungen in diesem Kapitel ist zunächst nach Wirkfaktoren gegliedert, die je-weils zu Wirkungsgefügen zusammengefasst wurden, dabei werden ggf. Freileitungen und Erdkabel gemeinsam behandelt. Die jeweiligen Auswirkungen werden in Anlehnung an die Schutzgüter des UVPG nach Schutzgütern untergliedert. Eine Übersicht über die behandelten Wirkfaktoren und die betroffenen Schutzgüter ist in Tab. 4 dargestellt.

Die Wirkungsprognosen werden in baubedingte Auswirkungen einerseits sowie in anlagen- und betriebsbedingte Auswirkungen andererseits unterteilt. Wartungs- und rückbaubedingte Auswirkungen entsprechen im Wesentlichen den baubedingten und werden daher nicht in ei-nem eigenständigen Abschnitt behandelt, um Redundanzen zu vermeiden.

Im Anschluss an die prognostizierten Auswirkungen werden mögliche Vermeidungs- und Ver-minderungsmaßnahmen genannt, soweit diese vorhanden sind.

Page 99: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Umweltauswirkungen

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 85

Tab. 4: Relevante Wirkfaktoren bei Erdkabeln und Freileitungen Ursache Wirkungsgefüge Betroffene

Schutzgüter

Bauphase

FL / EK: Baustraßen: Versiegelung, Verdichtung; Transporte, Be-trieb von Baumaschinen, Lage-rung Bodenaushub

- Veränderung des Bodenauf-baus

- Lebensraumveränderung

Tiere und Pflanzen Boden und Wasser

Klima und Luft Mensch / Landschaftsbild

Kultur- und Sachgüter EK: Wasserhaltungsmaßnahmen,

Wiederherstellen von Drainagen - Eingriffe in den Bodenwasser-

haushalt Boden und Wasser

Betriebsphase

FL: Fundamente EK: Kabel, Kabeleinbettung, Gra-

benverfüllung (Verdichtung), Wärmeabgabe während des Betriebs

- Veränderung von Bodenauf-bau und Bodenwasserhaus-halt, Lebensraumveränderung

Boden und Wasser Kultur- und Sachgüter

Tiere und Pflanzen

FL / EK: Freihalten von Schneisen - Lebensraumveränderung in Gehölzlebensräumen

Tiere und Pflanzen

FL: Sichtbarkeit der Masten, Seile als Flughindernis, Nutzung der Masten durch Prädatoren

- Lebensraumveränderung in Offenlebensräumen, insbe-sondere für Vögel

Tiere

FL: Sichtbarkeit der Freileitung, Offenhaltung von Gehölz-schneisen, ggf. Schallemission

EK: Offenhaltung von Gehölz-schneisen

- Landschaftsbildveränderung Landschaftsbild Kultur- und Sachgüter

FL: Elektrische und magnetische Felder

EK: Magnetfelder

- Auswirkungen elektrischer und magnetischer Felder

Mensch Tiere und Pflanzen

FL: Koronaentladungen - Auswirkungen von Schall Mensch Tiere

Unterhaltung / Wartung / Rückbau:

FL: Mastanstriche - Eintrag von Schadstoffen Boden und Wasser

Störfälle, Unfälle:

FL: Leiterseil (Unfälle bei Kontakt) EK: Kabel (Unfälle z.B. bei Erdar-

beiten)

- Stromschlag Mensch Tiere

FL: Eiswurf, Mastbruch - Herabfallende Teile Mensch

Page 100: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Umweltauswirkungen

86 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

4.1. Auswirkungen in der Bauphase

4.1.1. Baustraßen und Baufeld, Erdbau Sowohl bei Erdkabeln als auch bei Freileitungen sind für die Errichtung Baustraßen und Erd-baumaßnahmen erforderlich. Während bei Freileitungen nur die Maststandorte angefahren werden müssen und die Strecke zwischen den Masten nur mit leichten Maschinen zur Ausle-gung eines Führungsseils befahren werden muss, erstrecken sich die Eingriffe durch Bautätig-keit bei Erdkabeln dagegen auf die gesamte Länge der Trasse.

Auswirkungen auf Pflanzen und Tiere

Alle in Anspruch genommenen Flächen gehen für die Dauer der Bauzeit als Lebensraum für Pflanzen und Tiere verloren und müssen nach dem Rückbau der Baustraße wiederbesiedelt werden. Die vorhandene Vegetation im Bereich der Baustraße wird zerstört. Während Tiere mit hoher Mobilität den betroffenen Bereich verlassen können, können andere Arten geschä-digt oder getötet werden (vgl. Kap. 6.1).

Darüber hinaus werden gegenüber Lärm, Erschütterungen und optischen Reizen empfindliche Tierarten durch Transportfahrzeuge auch in angrenzenden Lebensräumen gestört. Die Aus-wirkungen können von der Meidung des entsprechenden Gebietes als Nahrungs- und Jagdre-vier bis hin zur Aufgabe von Brutplätzen reichen. Entscheidend für das Ausmaß der Beein-trächtigungen sind Intensität und Dauer der Störungen sowie die Jahreszeit, in der diese statt-finden. Gravierende Auswirkungen auf die Vogelwelt sind beispielsweise nur bei Störungen während der Brutzeit zu befürchten.

Weitere Wirkungen der Baustraße können wandernde Tierarten betreffen, für die Bauflächen und Baustraßen eine Wanderungsbarriere darstellen. Hier sind vor allem wandernde Amphi-bienarten zu nennen. Auch hier gilt, dass eine erhöhte Empfindlichkeit nur in bestimmten Zeit-räumen (Zu- und Abwanderungen zum Laichgewässer) gegeben ist.

Auswirkungen auf Boden und Wasser

In allen Bereichen, in denen im Zuge von Erdarbeiten in den Boden eingegriffen wird, führt die Entnahme und Durchmischung des Substrats zum Verlust oder zu einer nachhaltigen Verän-derung der natürlichen Bodenfunktionen und der Archivfunktion des Bodens entsprechend BBodSchG § 2 Nr. 1 und 2. Zu den natürlichen Bodenfunktionen zählen u.a. die Lebensraum-funktion für Tiere und Pflanzen, die Filterfunktion für Nähr- und Schadstoffe insbesondere zum Schutz des Grundwassers, die Pufferfunktion für Säuren und Basen sowie die Funktion des Bodens als Bestandteil des Naturhaushaltes mit seinen Wasser- und Nährstoffkreisläufen.

Durch den Einsatz schwerer Baumaschinen kommt es zu teilweise gravierenden Auswirkun-gen auf die natürlichen Bodenfunktionen, die unter anderem eine Verdichtung bis in tiefere

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Umweltauswirkungen

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 87

Bodenschichten umfassen kann (s. Abb. 70), wenn das Gelände direkt – ohne das Anlegen von Baustraßen – befahren wird. Besonders gefährdet durch Verdichtung sind feuchte bis nasse Böden. Schon ein einmaliges Überfahren mit schweren Baumaschinen kann bis in den Unterboden zu einer deutlichen Reduktion des Hohlraumvolumens führen [155]. Hiervon sind vor allem die Grobporen mit einem Durchmesser größer 50 µm betroffen, die für den Luftaus-tausch des Bodens verantwortlich sind. Die Folge sind eine verminderte Luftkapazität und -leitfähigkeit des Bodens. Ebenso sinkt die Wasserleitfähigkeit des Bodens, da auch Poren ge-ringeren Durchmessers durch die Verdichtung zerstört werden. Neben der reduzierten Luft- und Wasserversorgung wird das Pflanzenwachstum auf verdichteten Böden auch durch den erhöhten Eindringwiderstand erschwert.

Abb. 70: Verdichtung des Bodengefüges

Quelle: [169]

Bei Freileitungen kann es durch die in regelmäßigen Abständen durchzuführenden Mastanstri-che außerdem zum Eintrag von Schadstoffen in den Boden kommen. Ein mit Bleimennige vor Korrosion geschützter Hochspannungsmast enthält etwa 70 kg Blei, das bei unsachgemäßer Erneuerung zu erheblichen Schwermetallbelastungen des Bodens führen kann. Dies ist insbe-sondere bei sauren Böden als gravierend zu betrachten, da Blei im sauren Milieu mobil und damit pflanzenverfügbar ist und auch zu einer Belastung des Grundwassers führen kann. Problematisch sind darüber hinaus bei Masten, die zwischen 1945 und 1980 gebaut oder er-neuert wurden, die häufig in den Bindemitteln verwendeten PCBs und PAKs [110].

Bei Erdkabeln ist ein Schadstoffeintrag unwahrscheinlich. Beim Rückbau des Kabels könnte es zur Abrasion der Mantelwerkstoffe kommen, wenn das Kabel aus dem Boden gezogen

Page 102: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Umweltauswirkungen

88 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

wird. Sollte ein Rückbau überhaupt stattfinden, ist aber in den meisten Fällen ein erneutes Ausheben des Kabelgrabens notwendig, so dass dieser Fall nicht eintritt.

Ist eine Erneuerung des Drainagesystems notwendig, können durch die Baumaßnahmen we-sentlich größere Flächen betroffen sein, als dies normalerweise der Fall ist.

Auswirkungen auf Klima und Luft

Durch die Baumaschinen und Materialtransporte entstehen in geringem Umfang Emissionen in Form von Abgasen und Stäuben, die an die Luft abgegeben werden.

Auswirkungen auf Mensch und Landschaftsbild

Das Landschaftsbild und damit auch die Wohnumfeld- und Erholungsqualität im Umfeld der Baustraßen wird – abgesehen von der Sichtbarkeit des Baufeldes und der Baustraße – vor allem durch Schallemissionen von Baufahrzeugen beeinträchtigt.

Auswirkungen auf Kultur- und Sachgüter

Besonders durch die umfangreichen Erdarbeiten bei der Verlegung von Kabeln, aber auch durch die Erdarbeiten an den Maststandorten einer Freileitung können archäologische Denk-mäler und Kulturdenkmäler wie beispielsweise Grabhügel, die im Küstenraum häufig vorkom-men, und Geotope beschädigt oder zerstört werden. In Dänemark ist es daher üblich, bei einer Kabelverlegung die gesamte Trasse im Vorfeld von Archäologen untersuchen zu lassen. Ebenso können Freileitungen im Umgebungsbereich archäologischer Denkmäler deren (visu-elle) Erlebbarkeit stark beeinträchtigen (vgl. unter Kapitel 4.2.3 Abschnitt „Flache, strukturarme Landschaften“, S. 121).

Mögliche Minimierungsmaßnahmen

Bei der Verfüllung von Baugruben können Auswirkungen vermieden werden, wenn das Bo-denmaterial getrennt nach Ober- und Unterboden ordnungsgemäß gelagert und in der ur-sprünglichen Schichtung wieder eingebaut wird (vgl. DIN 18915 – Vegetationstechnik im Landschaftsbau – Bodenarbeiten).

Durch den Verzicht auf das direkte Befahren von Böden kann die Bodenverdichtung reduziert werden. Das Anlegen von Baustraßen führt zu einer besseren Lastverteilung. Bei besonders empfindlichen Böden können solche Baustraßen z.B. aus Stahlplatten hergestellt werden, wie es in Dänemark generell üblich ist. Diese sind auch deshalb vorteilhaft, weil durch sie keine weitere Bodenveränderung zu befürchten ist. Die Vegetation treibt nach der Entfernung der Stahlplatten aus dem vorhandenen Wurzelwerk aus, so dass keine nachhaltige Schädigung eintritt.

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Umweltauswirkungen

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 89

Abb. 71: Vegetationsentwicklung nach Entfernung der Baustraße

Links unmittelbar, rechts wenige Wochen nach der Entfernung der Stahlplatten

Schließlich kann das Auflockern des Oberbodens nach Beendigung der Baumaßnahmen we-nigstens teilweise die Funktionsfähigkeit des Bodens wiederherstellen.

Besonders empfindliche Bereiche wie beispielsweise offene Gewässer und lineare Gehölz-strukturen können unterdükert werden, wodurch einerseits Rodungen vermieden werden und andererseits der Eingriff in den Boden deutlich reduziert wird. Ähnlich wie Tiefbohrungen kön-nen auch Dükerungen mit einem Eingriff in das Grundwasser verbunden sein. Um hydrauli-sche Verbindungen zwischen Grundwasserleitern zu vermeiden, die entstehen können, wenn bei der Dükerung wasserundurchlässige Schichten durchstoßen werden, sollten nach Beendi-gung der Bohrung die grundwasserstauenden Schichten wiederhergestellt werden. Dazu die-nen vor allem quellfähige Tone wie Bentonite, die evt. entstandene Wasserwegsamkeiten wie-der sicher verschließen. Vor Beginn der Dükerung sollten Baugrunderkundungen durchgeführt werden, um die hydrogeologischen Verhältnisse zu klären.

Der Eintrag von Schadstoffen in den Boden beim Anstreichen der Freileitungsmasten bzw. beim Abtrag alter Deckschichten kann durch großräumige Bodenabdeckungen sowie durch ein Absaugen der alten Beschichtung am Entstehungsort verhindert werden. Neue Beschichtun-gen kommen ohne Schwermetallgehalte aus.

Bewertung der Auswirkungen

Die Beeinträchtigungen des Bodens beschränken sich auf den Nahbereich der Kabeltrasse. Da bei der Verfüllung des Kabelgrabens das ursprüngliche Bodenmaterial getrennt nach Ober- und Unterboden wieder verwendet wird, wird die chemische Zusammensetzung des Bodens nicht verändert. Eine Beeinträchtigung der natürlichen Bodenfunktionen geschieht daher ledig-lich auf mechanische Weise (Verdichtung, Durchmischung) und ist durch entsprechende Maß-nahmen größtenteils reversibel, so dass nach Beendigung der Bautätigkeit keine oder kaum Beeinträchtigungen verbleiben. Dies gilt nicht für die Archivfunktion des Bodens, die durch die

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Umweltauswirkungen

90 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Bautätigkeiten zerstört wird, sofern es sich um naturnahe Böden handelt. Bei durch (landwirt-schaftliche) Nutzung vorbelasteten und entwässerten Böden, die den Großteil der Böden im Küstenbereich ausmachen und eine geringe naturschutzfachliche Bedeutung aufweisen, kön-nen die Auswirkungen daher als unerheblich bezeichnet werden; bei diesen Böden ist die Funktion als Archiv der Natur- und Kulturgeschichte bereits vor dem Eingriff nicht mehr vor-handen. Gleiches gilt für alle trockenen bis feuchten Böden. Erfahrungen in Dänemark haben gezeigt, dass in durchschnittlichen Grünland- und Ackerlandschaften bereits nach wenigen Wochen an der Oberfläche keine erkennbaren Spuren in der Vegetation mehr vorhanden sind, was als Hinweis darauf gewertet werden kann, dass auch die natürlichen Bodenfunktionen nicht nachteilig verändert wurde.

Anders verhält es sich mit naturnahen Moorböden, die einerseits eine hohe naturschutzfachli-che Bedeutung besitzen und anderseits in ihrer Struktur irreversibel geschädigt und nicht wie-derhergestellt werden können. Bei diesen ist von einer erheblichen Beeinträchtigung auszuge-hen; solche Böden sollten daher gemieden werden, was durch eine geeignete Trassenplanung meist auch möglich ist. Im Küstenbereich sind zwar viele Torfböden vorhanden, naturnahe Moore sind jedoch kaum noch zu finden.

Ebenso besitzen Bereiche, die von besonders geschützten oder streng geschützten Pflanzen-arten besiedelt sind, eine hohe Bedeutung. Auch diese werden irreversibel geschädigt, da die Vegetationsdecke für die Dauer der Bautätigkeiten komplett zerstört werden muss, so dass auch in diesem Fall die Auswirkungen als erheblich einzustufen sind.

Geotope und (eingetragene) archäologische Denkmäler bzw. Kulturdenkmale sowie Böden mit besonderer Bedeutung als Archive der Natur- und Kulturgeschichte sollten aufgrund ihrer Sel-tenheit und ihrer historischen Bedeutung ebenfalls umgangen werden. Die Auswirkungen auf solche Gebiete werden ebenfalls als erheblich eingestuft. Zu beachten ist hierbei, dass bei Erdkabeln nur Auswirkungen bei direkter Querung zu erwarten sind, während Freileitungen die Erlebbarkeit von Kulturdenkmälern auch visuell beeinträchtigen können, wenn das entspre-chende Denkmal nicht direkt überspannt wird (vgl. S. 129).

Der Eintrag von Schadstoffen in den Boden, der beim Bau bzw. der Instandhaltung von Freilei-tungen (Streichen der Masten) eintreten kann, lässt sich durch geeignete Minimierungsmaß-nahmen größtenteils verhindern. Ein verwitterungsbedingter natürlicher Abtrag während der Betriebszeit der Freileitung kann dennoch zu einem leichten Schadstoffeintrag in den Boden führen.

4.1.2. Wasserhaltungsmaßnahmen Wasserhaltungsmaßnahmen sind erforderlich, wenn in den offenen Graben von den Seiten oberflächennahes Grundwasser eindringt. Bei freiem Grundwasser, z.B. im Bereich von Niede-rungen mit geringem Grundwasserflurabstand, führt eine Ableitung des Wassers zu einer loka-len Absenkung des Grundwasserspiegels; dabei ist die Menge des in den Graben fließenden

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Umweltauswirkungen

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 91

Wassers von der Durchlässigkeit des Bodens abhängig. Werden gespannte Grundwasserleiter angeschnitten, kann es zu einem Abfluss von Wasser aus oberhalb liegenden Bereichen kommen. Solche Verhältnisse können z.B. in Senken in hügeligem Gelände bei bindigen Bö-den auftreten.

Auswirkungen auf Boden und Wasser

Eine im Rahmen der Baumaßnahmen durchgeführte Absenkung des Grundwasserstandes im Kabelgraben hat hydraulische Auswirkungen auf das im näheren Umfeld des Kabelgrabens anstehende Grundwasser. Die Reichweite der Grundwasserabsenkung lässt sich z.B. ange-nähert nach folgender empirischen Formel [159] berechnen:

f3000 ksR ⋅⋅=

R = Reichweite (m) s = Absenkungsbetrag des Wasserspiegels (hier: im Kabelgraben) kf = Durchlässigkeitsbeiwert (m/s)

Der Absenkungsbetrag stellt die Differenz der Wasserspiegelhöhen vor und nach der Einlei-tung der Grundwasserabsenkung dar. Die Reichweite der Absenkung ist der Abstand von der Entnahmestelle bis zur Grenze des Entnahmetrichters.

Tab. 5: Durchlässigkeitsbeiwerte wassergesättigter Böden

Bodenhorizont Kf [m/s] (gerundet) Bezeichnung Sd-Horizonte, Knickhorizonte < 10-7 sehr gering Sd-Übergangshorizonte, Sg-Horizonte, weniger ausge-

prägte Knick- und Dwog-Horizonte, stark zersetzte Torfe

10-7 – 10-6 gering

schluffreiche tonarme Schichten, mittel zersetzte Torfe 10-6 – 5 10-6 mittel Horizonte mit guter Gefügeentwicklung, fein- bis mittel-

körnige Sande, mittel bis schwach zersetzte Torfe 5 10-6 – 10-5 hoch

Horizonte mit sehr guter Gefügeentwicklung, mittelkörni-ge Sande, schwach zersetzte Torfe

10-5 – 4 10-5 sehr hoch

schilfdurchwurzelte Tone, Grobsande, Kiese, sehr schwach zersetzte Torfe

> 4 10-5 äußerst hoch

Quelle [2]

Daraus kann sich für Böden mit hohem Durchlässigkeitsbeiwert auch eine größere Reichweite der Grundwasserabsenkung ergeben. Während bei tonreichen Marschböden, wie sie für die Marsch typisch sind, selbst eine 1 m tiefe Grundwasserabsenkung nur rd. 6 m in angrenzende Flächen abstrahlt, ergeben sich in naturnahen Moorböden mit schwach zersetzten Torfen Reichweiten von annähernd 20 m. In sehr schwach zersetzten Torfen wie auch in reinen

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Umweltauswirkungen

92 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Grobsanden und Kiesen wird dieser Wert noch überschritten. Da die Grundwasserabsenkung über die Entfernung von der Entnahmestelle keinen linearen, sondern einen hyperbelartigen Verlauf einnimmt, ist der Absenkbetrag im entfernten Bereich des Entnahmetrichters sehr ge-ring.

Das abgepumpte Wasser wird an anderer Stelle eingeleitet – bei der Verlegung des 150 kV-Kabels Horns Rev II in einer Entfernung von wenigen zehn Metern – und kann dort ebenfalls zu Auswirkungen führen. Nach Abschluss der Kabelverlegung werden die Wasserhaltungs-maßnahmen beendet, so dass sich der ursprüngliche Grundwasserstand wieder einstellen kann.

Aufgrund der geringen Dauer der Maßnahmen ist nicht davon auszugehen, dass es zu irrever-siblen Veränderungen kommt, wie sie z.B. bei einer länger andauernden Abtrocknung von organischen Böden zu erwarten wäre.

Mögliche Minimierungsmaßnahmen

Wasserhaltungsmaßnahmen sind für die Dauer der Bauzeit eines Erdkabels unerlässlich, wenn der Grundwasserspiegel entsprechend oberflächennah ansteht. Die Auswirkungen kön-nen durch eine möglichst kurze Dauer der Bauzeit minimiert werden.

In Einzelfällen kann einer Beeinträchtigung von Feuchtgebieten durch hydraulische Maßnah-men wie z.B. Negativbrunnen technisch begegnet werden. Dabei wird das abgepumpte Was-ser an anderer Stelle wieder in den Boden gepumpt, um einer Absenkung des Grundwasser-spiegels entgegen zu wirken.

Bewertung der Auswirkungen

Die Größe des Bereichs, der durch die Wasserhaltungsmaßnahmen beeinträchtigt wird, hängt von der Bodenbeschaffenheit bzw. dessen Wasserdurchlässigkeit ab; insgesamt kommt es jedoch selbst bei Böden mit hohen Wasserdurchlässigkeitskoeffizienten lediglich zu kleinräu-migen Beeinträchtigungen. Zudem sind die Wasserhaltungsmaßnahmen nur von geringer Dauer, da sie nach der Bauzeit beendet werden; die verursachten Auswirkungen sind reversi-bel und daher insgesamt in den meisten Fällen vernachlässigbar, zumal große Bereiche im Küstenbereich ohnehin drainiert werden.

Eine Ausnahme bilden auch in diesem Fall intakte Moorgebiete, denen im Gegensatz zu den durchschnittlichen Acker- und Grünlandschaften eine hohe naturschutzfachliche Bedeutung zugeordnet wird. Eine Entwässerung würde diese Gebiete selbst bei nur kurzer Dauer erheb-lich beeinträchtigen; sie sollten daher möglichst umgangen werden.

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Umweltauswirkungen

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 93

4.2. Auswirkungen in der Betriebsphase

4.2.1. Beeinträchtigung der natürlichen Bodenfunktionen und der Archivfunktion von Böden

Beeinträchtigungen der natürlichen Bodenfunktionen, insbesondere Veränderungen von Bo-denaufbau, Bodenwasserhaushalt und Lebensraumfunktion sowie der Archivfunktion von Bö-den sind naturgemäß vor allem bei Erdkabeln zu erwarten. Dabei handelt es sich während der Betriebsphase insbesondere um Erwärmungsvorgänge und damit verbundene Auswirkungen. Bei Freileitungen beschränken sich die betriebsbedingten Veränderungen des Bodenaufbaus ausschließlich auf die Mastfundamente. Hier gehen kleinräumig die natürlichen Bodenfunktio-nen vollständig verloren. Aufgrund der geringen Größe der betroffenen Flächen treten aller-dings keine weitreichenden Auswirkungen etwa auf den Bodenwasserhaushalt auf.

Einbringen von Fremdmaterialien in den Boden

Bei Freileitungen beschränken sich die Eingriffe in den Boden auf die Mastfundamente. Je nach Ausgestaltung der Fundamente werden bis zu 100 m³ Fremdmaterial (Rammpfahlfunda-ment, 20 m Tiefe, 1,2 m Pfahldurchmesser) je Mast in den Boden eingebracht. Dieser Bereich geht als Lebensraum für Pflanzen und Tiere komplett verloren.

Bei Erdkabeln werden als Fremdkörper Materialien zur Einbettung des Kabels (Kabelsand, Magerbeton) eingebracht. Die Menge der eingebrachten Materialen ist stark von den jeweili-gen Bodenverhältnissen und der Konfiguration des Kabels abhängig. So ist insbesondere bei einer Austrocknungsgefährdung des Bodens in der Regel die Einbettung des Kabels in Ma-gerbeton erforderlich. Soweit während der Baumaßnahmen die Baugrube drainiert werden muss, verbleiben ggf. auch (außer Funktion gesetzte) Drainrohre in der Baugrube.

Die Fremdkörper vermindern die Menge des natürlich gewachsenen Bodens und damit letzt-lich auch die verfügbaren Bodenfunktionen. Für Pflanzen entsteht ein geringfügiger Verlust an Wurzelraum.

Veränderung der Bodenstruktur

Grundsätzlich wird bei der Verfüllung des Kabelgrabens das ursprüngliche Bodenmaterial wie-derverwendet und nach Ober- und Unterboden getrennt eingebaut. Auch bei Verwendung desselben Bodenmaterials ist in der verfüllten Baugrube allerdings das gewachsene Boden-profil zerstört und kann nur in langen Zeiträumen regenerieren. Soweit der Boden bei der Ver-füllung verdichtet wird, kann es zu einer Verringerung des Porenvolumens gegenüber dem ursprünglichen Zustand kommen, was die Durchwurzelbarkeit sowie die Wasser- und Nähr-stoffaufnahme für Pflanzen einschränkt (s. Kap. 4.1.1). Es liegt eine Meldung über eine Lei-tungstrasse vor, über der ein stark vermindertes Wachstum von Maispflanzen festgestellt wur-

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Umweltauswirkungen

94 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

de, welches möglicherweise von einer starken Bodenverdichtung und einer dadurch bedingten schlechten Wasserversorgung herrührt (HAASE mdl. Mitt. 2007). Bei den bisher in Dänemark verlegten Kabeln wurden allerdings keine derartigen Auswirkungen beobachtet, es gab auch keine dahingehenden Beschwerden von Landnutzern.

Drainagewirkung des Kabelgrabens

Sofern bei der Einbettung des Kabels Sande verwendet werden, kann es durch den Kabelgra-ben zu einer Drainagewirkung kommen. Eine Drainagewirkung kann zum einen eintreten, wenn durch den Kabelgraben durchgängige wasserstauende Bodenhorizonte wie z.B. Ort-steinbildungen in Podsolböden durchstoßen werden. In diesem Fall können staunasse Böden nach unten entwässert werden. Solche Verhältnisse sind allerdings äußerst selten anzutreffen, da Stauhorizonte (Ortsteinschichten) in der Regel für die landwirtschaftliche Nutzung durch-brochen worden sind (Tiefenumbruch).

Zum anderen ist eine Drainagewirkung möglich, wenn der Kabelgraben bei ansonsten bindi-gen Böden ein Längsgefälle aufweist. In kuppigem Gelände kann so z.B. zu Vernässungser-scheinungen kommen, wenn Wasser durch den Kabelgraben in Richtung von (abflusslosen) Geländesenken gelangt. Verläuft der Kabelgraben durch Böden mit hohem Wasserstand oder mit gespannten Grundwasserleitern und besteht in Gefällerichtung die Möglichkeit zum Abfluss des Wassers, so kann es zur Entwässerung kommen. Die genannten Voraussetzungen für solche Auswirkungen sind im Küstenraum allerdings schon aufgrund des geringen Reliefs sel-ten gegeben. Auch in kuppigen Bereichen werden solche Verhältnisse auf Einzelfälle be-schränkt bleiben, die im Rahmen der Planung jedoch identifiziert werden müssen. In diesen Fällen ist die Drainagewirkung z.B. durch den Einbau von Lehmschürzen zu verhindern.

Erwärmung und Austrocknung des Bodens

Das Kabel erwärmt sich während des Betriebs und gibt diese Wärme an den umgebenden Boden ab. Das Ausmaß der Bodenerwärmung ist von der Auslastung des Kabels und damit von der Temperatur des Kabelmantels sowie von den spezifischen Eigenschaften des Bodens abhängig. Die Wärmeleitfähigkeit KH ist eine materialspezifische Konstante. Die volumetrische Wärmekapazität (CV) ist die Wärmemenge, die einer Volumeneinheit Boden zugeführt werden muss, um bei konstantem Druck die Temperatur um ein K zu erhöhen. Sie setzt sich additiv aus den Wärmekapazitäten der einzelnen Phasenbestandteile zusammen. Die Wärmediffusivi-tät DH (DH = KH/CV) charakterisiert die Geschwindigkeit, mit der sich eine Temperaturwelle durch Wärmeleitung im Boden ausbreitet.

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Umweltauswirkungen

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 95

Tab. 6: Wärmekennwerte unterschiedlicher Materialien

Substrat volumetrische Wär-mekapazität CV

[J cm-3 K-1]

Wärmeleitfähigkeit KH [mJ cm-1 K-1 s-1]

Wärmediffusivität DH x 10-2

[cm-2 s-1] Wasser 4,2 6 0,14 Eis bei 0°C 1,9 22 1,15 Luft 0,0013 0,3 20 Quarz 2,0 88 4,4 Tonminerale 2,0 30 1,5 Org. Substanz 2,5 2,5 0,1

Quelle: [54]

Abb. 72: Wärmeleitfähigkeit von Mineralböden und Torfen als Funktion des Wassergehalts

Quelle: [65]

Da Wasser eine vergleichsweise hohe Wärmekapazität aufweist, hat die Bodenfeuchte einen entscheidenden Einfluss auf die Erwärmungseigenschaften des Bodens (Abb. 72, Tab. 7). Feuchte Böden weisen einen geringeren Temperaturgradienten auf und erwärmen sich daher gleichmäßiger und in einem weiteren Umkreis als trockene Böden, was insgesamt zu einer geringeren Erwärmung als im trockenen Boden führt. Je größer der spezifische Wärmewider-stand einer Substanz ist, desto langsamer wird die Wärme an die Umgebung abgegeben. Um-gekehrt besitzen Materialien mit einem hohen spezifischen Wärmewiderstand daher eine ge-ringe Wärmeleitfähigkeit; sie eignen sich somit als Wärmeisolatoren.

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Umweltauswirkungen

96 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Tab. 7: Spezifischer Wärmewiderstand von Böden

Bodenfeuchte Wärmewiderstand ρ [K • m/W]

Sehr feucht 0,7 Feucht 1,0 Trocken 2,0 Sehr trocken (praktisch ausgetrocknet) 3,0 Stabilisierte Böden (Magerbeton) 1,0

Quelle: [104]

Aufgrund der hohen Wärmekapazität des Bodens wirken sich Änderungen der Umgebungs-temperatur nur verzögert aus. Abb. 73 zeigt den Jahresgang der Temperatur in verschiedenen Bodentiefen. Es wird erkennbar, dass die Maxima der Temperaturkurven in größerer Bodentie-fe mit einer Phasenverschiebung auftreten. Der Tagesgang der Temperatur zeigt dagegen nur Auswirkungen bis in etwa 10 cm Bodentiefe. Kurzfristige Leistungsspitzen haben daher gene-rell kaum thermische Auswirkungen auf den Boden.

Abb. 73: Jahres- und Tagesgang der Temperatur in verschiedenen Bodentiefen

Quelle: [65]

In grundwasserfernen Böden kann durch die Temperaturerhöhung in unmittelbarer Umgebung des Kabels Bodenwasser verdunsten und durch Bodenporen in kältere Bereiche abströmen. Nach Abkühlung kondensiert das Wasser und wird kapillar zum Kabel zurückgeführt. Mit die-sem Wasserkreislauf ist ein Wärmetransport durch Konvektion verbunden. Übersteigt die Wassermenge das Leistungsvermögen der Bodenkapillaren, kann es zu einer schleichenden Austrocknung des Bodens kommen. Eine Austrocknung des Bodens erfolgt allerdings nur in längeren Zeiträumen, so dass bei kurzfristigen stärkeren Erwärmungsphasen nur eine vorü-bergehende graduelle Austrocknung eintritt.

Page 111: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Umweltauswirkungen

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 97

In Kabelanlagen mit zyklischem Lastverlauf ergibt sich in der Regel keine Bodenaustrocknung. In [75] wird bei zyklischer Belastung eine kritische Übertemperatur von K25=∆ϑ für die Bo-

denaustrocknung angegeben. Bei einer Umgebungstemperatur von 15°C entspricht dies einer Temperatur von C40krit. °=ϑ .

Da trockene Böden Wärme schlechter transportieren als feuchte Böden, führt eine Austrock-nung gleichzeitig zu einem Anstieg des Temperaturgradienten und damit auch zu einer Erhö-hung der Kabeltemperatur. Bei stark belasteten Kabeln ist daher ein Austrocknen des Bodens z.B. durch die Einbettung des Kabels in thermisch stabilisierte Sande oder Magerbeton zu ver-hindern, da es ansonsten zu Schäden am Kabel kommt. Bei Kabeln mit überwiegend geringer Auslastung und somit nur geringer Wärmeentwicklung kann eine graduelle Austrocknung des Bodens in Kauf genommen werden, da die verbleibende Bodenwärmeleitfähigkeit noch aus-reichend ist, um die kritische Kabeltemperatur nicht zu überschreiten. In weiten Teilen des 20 km-Küstenraums, z.B. in den Marschen und Niederungen, ist der Grundwasserflurabstand in der Regel jedoch gering, so dass eine ständige Rückfeuchtung des Bodens gewährleistet ist.

Abb. 74 bis Abb. 77 zeigen die Bodenerwärmung in der Umgebung von Erdkabeln in Abhän-gigkeit von der Verlegeanordnung, der Auslastung sowie einer ggf. vorhandenen zusätzlichen Kühlung. In den Szenarien wird von einer Bodentemperatur von 15°C ausgegangen. Bei einer Auslastung mit Windstrom (Auslastung 2 x 21 %, Strommittelwert 42,5 %, Abb. 74) kommt es nur zu einer geringen zusätzlichen Erwärmung des Bodens, die in 30 cm (Pflughorizont) Bo-dentiefe etwa 1 K beträgt. Die Maximaltemperatur in der Nähe der Leiter beträgt dann weniger als 20°C. Bei einer Dauerbelastung der Kabel mit 50% der Nennleistung (dies entspricht hier 190 MVA je System) ergeben sich dagegen vor allem in der Nähe der Kabel deutliche Tempe-raturanstiege (Abb. 75 - Abb. 77), in unmittelbarer Nähe der Kabel werden rd. 40°C erreicht. In den oberen 30 cm des Bodens beträgt die Erwärmung dabei bis zu 6 K. Die Erwärmungsprog-nosen bei den unterschiedlichen dargestellten Szenarien unterscheiden sich insgesamt des-wegen kaum, weil die Einzelleiter jeweils so dicht aneinander verlegt werden, wie es die zuläs-sige Temperaturerhöhung erlaubt. Dadurch wirkt sich die erfolgte Optimierung auf den Flä-chenbedarf sowie die entstehenden Magnetfelder aus, weniger jedoch auf die Bodenerwär-mung.

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Umweltauswirkungen

98 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

0

0,5

1,0

1,5

2,0

Tiefem

Abb. 74: Bodenerwärmung bei Flachverlegung des Kabels, Windlast (21,5 % Last), Wärmever-lustleistung 46,2 W/m pro System

0

0,5

1,0

1,5

2,0

Tiefe

m

Abb. 75: Bodenerwärmung bei Flachverlegung des Kabels, 50 % Last, Wärmeverlustleistung 49,8 W/m pro System

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Umweltauswirkungen

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 99

0

0,5

1,0

1,5

2,0

Tiefem

Abb. 76: Bodenerwärmung bei Dreiecksanordnung, 50 % Last, Wärmeverlustleistung 45,3 W/m pro System

0

0,5

1,0

1,5

2,0

Tiefe

mKühlrohre

Abb. 77: Bodenerwärmung bei gebündelter Verlegung nach 7-tägiger Kühlung, Wärmeverlust-leistung 54,2 W/m pro System

Erläuterung Abb. 74 bis Abb. 77: Umgebungstemperatur des Bodens: 15 °C. Temperaturskala:

15 18 21 24 27 30 33 36 39 42 45 48 51 54 57 60 63

Temperatur

°C

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Umweltauswirkungen

100 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

15

20

25

30

35

40

45

50

55

-0,8 -0,6 -0,4 -0,2 0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 1,2

Verlegung im Dreieck, 50 % DauerlastFlachverlegung, 50 % Dauerlast

Flachverlegung, 21,5 % WindlastDreiecksverlegung mit Kühlung, 50 % Dauerlast

Abstand zur Kabelanlage

Tem

pera

tur

ErdbodenhöheLegetiefe

m

°C

Abb. 78: Vergleich der Temperaturverteilung der unterschiedlichen Kabelanlagen im Erdboden

15

20

25

30

35

40

45

50

55

-2 -1,5 -1 -0,5 0 0,5 1 1,5 2

Verlegung im Dreieck 50 % DauerlastFlachverlegung, 50 % DauerlastFlachverlegung, 21,5 % Windlast

Dreiecksverlegung mit Kühlung, 50 % Dauerlast

Abstand zur Kabelanlage

m

°C

Tem

pera

tur

Abb. 79: Vergleich der Temperaturverteilung der unterschiedlichen Kabelanlagen im Erdboden

waagrechte Temperaturabtastung in Legetiefe (1,2 m)

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Umweltauswirkungen

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 101

Eine Erhöhung der Bodentemperatur beeinflusst die Materialeigenschaften der Bodenbestand-teile (z.B. Oberflächenspannung, Viskosität der Bodenlösung) und beschleunigt sowohl die bodenchemischen und -physikalischen Prozesse wie Entkalkung und Nährstoffauswaschung als auch den Stoffwechsel und die Wachstumsprozesse von Organismen (z.B. Keimung von Samen oder Wachstum von Mikroorganismen).

Die Beschleunigung des (biologischen) Abbaus von organischem Material ist besonders in Moorböden von Bedeutung. Bei Untersuchungen in finnischen Mooren konnte gezeigt werden, dass die anaerobe Mineralisation von Torfen durch eine Temperaturerhöhung im Bereich zwi-schen 5 und 60°C um den Faktor 10 gesteigert wird (Abb. 80) [116], [114]. Dabei handelt es sich um mikrobielle Prozesse, die oberhalb von 60°C rasch wieder abnehmen. Es zeigt sich, dass erst eine lang anhaltende Temperaturerhöhung zu einer wesentlichen Steigerung der Abbauraten führt.

Abb. 80: CO2 – Produktion in Torfböden in Abhängigkeit von der Temperatur

Dargestellt ist die CO2 Produktion nach 1, 6, 12, 20, und 27 Tagen nach Beginn der Temperaturerhöhung in µmol / g Trockengewicht. Quelle: [116]

In Moorböden kann es durch Temperaturerhöhung und Abtrocknung zu einer verstärkten Mi-neralisation des Torfes kommen:

- Organisches Material wird zu Verbindungen wie Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4) und Ammoniak (NH3) abgebaut.

Page 116: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Umweltauswirkungen

102 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

- Durch Entzug von Bodenfeuchtigkeit kommt es zum Volumenverlust der organischen Substanz.

- Durch die mit einer Absenkung des Grundwasserspiegels verbundene geringere Auf-triebskraft kommt es zu einem stärkeren Flächendruck auf tiefere Bodenschichten.

In der Abb. 81 ist der Einfluss von Temperatur und Wasserstand auf Torfsackung und Stick-stoffmineralisierung dargestellt. Es wird deutlich, dass diese Prozesse durch eine Temperatur-erhöhung wesentlich beschleunigt werden können. Dieser Effekt ist insbesondere bei entwäs-serten Torfen von hoher Bedeutung, da hier ohnehin hohe Mineralisationsraten auftreten.

Abb. 81: Einfluss von Temperatur und Wasserstand auf Torfsackung und Nitrifikation

Negative Werte bedeuten Torfwachstum

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Umweltauswirkungen

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 103

Die Mineralisation von Torfböden verläuft wesentlich rascher unter aeroben als unter anaero-ben Bedingungen. In entwässerten Mooren kann die jährliche CO2-Emission bis zu 6700 kg Kohlenstoff/ha betragen, während unter anaeroben Bedingungen jährlich bis zu 640 kg CH4-C/ha entweichen können [90]. Die maximalen Mineralisationsraten werden bei Wasserständen um etwa 1 m erreicht, bei tieferen Wasserständen ist die Mineralisation aufgrund der zu hohen Trockenheit des Bodens geringer.

In den tieferen Bodenschichten sind Auswirkungen auf Pflanzenwurzeln sowie auf tiefgraben-de Tiere denkbar, außerdem können Beeinträchtigungen komplexer symbiontischer Beziehun-gen wie der Pilz-Wurzel-Symbiose zwischen Mykorrhizapilzen und Pflanzenwurzeln nicht aus-geschlossen werden. In den oberflächennahen Bodenschichten ist die durch das Kabel verur-sachte Erwärmung im Vergleich zu den natürlichen jahreszeitlichen Temperaturschwankungen gering, was vermuten lässt, dass auch die Auswirkungen auf die Bodenfauna nur ein relativ geringes Ausmaß aufweisen. Zu anderen anthropogenen Wärmequellen im Boden liegen Be-richte über ein verändertes Pflanzenwachstum vor; so wurde über einer mit hoher Temperatur betriebenen Ölleitung von den ansässigen Landwirten eine um ein bis zwei Wochen verfrühte Fruchtreife beobachtet (HAASE mdl. Mitt. 2007). Kausale Zusammenhänge sind bisher jedoch nicht belegt, sie lassen sich lediglich vermuten.

Systematische Untersuchungen zu den Auswirkungen der durch Stromkabel hervorgerufenen Bodenerwärmung auf Bodenorganismen und Pflanzenwurzeln wurden bislang offenbar nicht durchgeführt; Nachfragen bei den Landesumweltämtern von Mecklenburg-Vorpommern, Nord-rhein-Westfalen, Sachsen, Hessen und Baden-Württemberg erbrachten zumindest keine Hin-weise auf evt. vorhandene Untersuchungen oder Erfahrungen.

Mögliche Minimierungsmaßnahmen

Falls wasserstauende Schichten durch den Kabelgraben durchbrochen wurden, können diese durch quellfähige Tone (z.B. Bentonit) wieder abgedichtet werden. Auswirkungen auf den Bo-denwasserhaushalt können damit vollständig vermieden werden.

Die Erwärmung des Bodens kann durch verschiedene Maßnahmen vermindert werden. Hierzu zählt in erster Linie die Wahl des Leitermaterials und -querschnitts, da bei größer dimensio-nierten Kabeln eine geringere Verlustwärme auftritt. Durch eine tiefere Verlegung des Kabels kann der Bereich der Bodenerwärmung in tiefere Bodenschichten und damit aus dem Bereich des belebten Oberbodens hinaus verlegt werden; dies ist auch mit einer Reduktion des Mag-netfeldes an der Bodenoberfläche verbunden. Durch eine externe Kühlung kann die Bodener-wärmung vermindert werden (vgl. Abb. 77).

Bewertung der Auswirkungen

Die Auswirkungen, die durch das Einbringen von Fremdkörpern in den Boden und die Verän-derung des Bodenaufbaus entstehen, beschränken sich auf einen sehr kleinen Raum und sind daher im Normalfall unbedeutend. Besonders wertvolle Bodenbildungen (z.B. Archivböden)

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Umweltauswirkungen

104 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

und Geotope können in der Regel umgangen werden. Sollte dies im Einzelfall nicht möglich sein, handelt es sich jedoch um erhebliche Auswirkungen.

Die Erwärmung und Austrocknung des Bodens führen ebenfalls nur kleinräumig zu Verände-rungen, und auch das nur, wenn das Kabel über eine längere Zeit stark belastet wird. Inwie-fern eine leichte Temperaturerhöhung tatsächlich Bodenorganismen beeinträchtigt, ist nicht bekannt. Bisher wurden hierzu offenbar keine systematischen Untersuchungen an Erdkabeln durchgeführt; dies wäre für die Einschätzung der tatsächlichen Auswirkungen jedoch notwen-dig.

4.2.2. Beeinträchtigung von Lebensräumen Veränderungen in offenen Landschaften treten vor allem bei Freileitungen auf, da Erdkabel nur wenige oberirdischen Anlagenteile besitzen und es dann ggf. durch Nutzungseinschränkungen etwa bei Gehölzbeständen zu Veränderungen der Vegetationsstruktur kommen kann. Als Ausnahmen sind hier z.B. Nebenanlagen wie Drosselspulen oder Kühlanlagen zu nennen, die zu geringfügigen Veränderungen führen können.

Gehölzschneisen

Eingriffe in Gehölzlebensräume treten sowohl bei Freileitungen als auch bei Erdkabeln auf, sofern die Trassen durch solche Lebensräume verlaufen. Während bei Freileitungen – abhän-gig von der Höhe der Leiterseile und der (räumlichen) Lage im Spannfeld – Gehölzaufwuchs bis zu einer bestimmten Höhe toleriert werden kann, ist bei Kabeln u.U. die Entfernung aller tiefwurzelnden Pflanzen erforderlich. Dabei ist die anlagenbedingte Breite der Schneisen bei Kabeln allerdings auf den unmittelbaren Trassenbereich beschränkt (d.h. je nach Anzahl und Anordnung der verlegten Kabelsysteme ein bis etwa 10 m), während sie bei einer Freileitung je nach Spannungsebene und Bauart bis zu 70 m (bei 110 kV etwa 40 bis 50 m) betragen kann.

Die Rodungsarbeiten, die zur Freihaltung der Trasse in regelmäßigen Abständen durchgeführt werden müssen, führen nicht nur zu Schäden an der Vegetation, sondern auch zu Störungen von Tieren. Um solche Störungen so gering wie möglich zu halten, sind in den Landesnatur-schutzgesetzen Sperrzeiten für Rodungsarbeiten festgelegt. So dürfen im Untersuchungsge-biet in der Zeit vom 15.3. bis 30.9. (Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern) bzw. vom 1.3. bis 30.9. (Niedersachsen) keine Gehölze beseitigt werden.

Werden geschlossene Waldbestände durch die Anlage einer Schneise geöffnet, kommt es zu Veränderungen des typischen Waldinnenklimas: Sonneneinstrahlung und Windgeschwindig-keit nehmen zu, womit auch eine verstärkte Verdriftung von Streumaterial sowie – bei ausrei-chender Feuchtigkeit – ein vermehrter Streuabbau verbunden sind. Die Abnahme der Dicke der Streuauflage ist für eine Verschlechterung der Lebensbedingungen für die Bodenfauna verantwortlich, was sich in einer Abnahme der Diversität und der Abundanzen dieser Orga-nismen auswirkt [61]. Dies hat auch Auswirkungen für die folgenden Glieder der Nahrungsket-

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Umweltauswirkungen

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 105

te, die ebenfalls eine schlechtere Nahrungsgrundlage vorfinden. In verschiedenen Studien konnten solche Effekte von Schneisen, die durch Straßen verursacht wurden, bis zu einer Ent-fernung zur Schneise von 50 bis 100 m nachgewiesen werden ([61], [161], zitiert in [139]). Es ist zu vermuten, dass ähnliche Effekte auch bei Schneisen auftreten, die für Energieversor-gungszwecke angelegt wurden.

Derzeit gibt es keine Hinweise, dass von den Wirkfaktorkomplexen von Freileitungen oder Ka-beln und deren Wechselwirkungen Barrierewirkungen für wandernde Tierarten ausgehen. Im Bereich von Waldschneisen ist sekundär eine Beeinträchtigung möglich, da es durch die Waldschneise zu einer erheblichen strukturellen Veränderung des Lebensraums kommt. Unter der ungünstigen Annahme, dass die Schneise breit ist und von höherer Vegetation freigehal-ten wird, ist hier eine gewisse Trennwirkung nicht auszuschließen. Andererseits sind Waldlich-tungen normale Bestandteile von Waldökosystemen und insofern auch für Waldarten kein grundsätzlich neuer Lebensraumtyp. Erschwerend könnten bei Leitungstrassen ggf. die Feld-wirkungen hinzukommen, die bei fehlender höherer Vegetation nicht abgeschirmt werden.

Bäume, die bisher geschlossen standen, sind durch die Freistellung einer erhöhten Wind-bruchgefahr ausgesetzt. Die verstärkte Sonneneinstrahlung führt zum so genannten Rinden-brand, bei dem die Baumrinde aufspringt und abstirbt. Dieser erhöht wiederum das Risiko ei-nes sekundären Pilz- oder sonstigen Schädlingsbefalls.

Während sich Schneisen für typische waldbewohnende Tier- und Pflanzenarten meist negativ auswirken, kann es bei anderen Arten auch zu positiven Effekten kommen. Oft ist im Bereich der Schneisen eine Zunahme der Kleinsäugerarten und -abundanzen zu beobachten sowie eine Verschiebung des Vogelartenspektrums hin zu Arten der Waldränder und Hecken wie z.B. Goldammer, Baumpieper, Neuntöter und Wendehals. Insgesamt können Waldschneisen somit zur Lebensraum- und Artenvielfalt beitragen. Wichtig ist hierbei eine entsprechende Ausgestaltung der Trasse, um Lebensraum für Saum- und Waldrandarten und Arten der Suk-zessionsflächen zu schaffen. Das Anlegen von Feuchtbereichen wird aus Gründen des Vogel-schutzes als kontraproduktiv gesehen. In Nordrhein-Westfalen konnten durch ein geeignetes Trassenmanagement Heideflächen und damit günstige Biotope für Reptilien (insbesondere ein dort stark gefährdete Schlingnatterbestand) geschaffen werden (Marscheider Wald bei Wup-pertal, [146]).

Silhouettenwirkung

Arten des Offenlandes sind durch die Scheuch- und Silhouettenwirkung der Masten betroffen, die als horizontale Struktur den typischen Charakter einer Offenlandschaft zerstören. Von der Feldlerche und mehreren Limikolenarten ist bekannt, dass sie in der Nähe von Freileitungen nicht mehr brüten. Altemüller und Reich [4] fanden in ihrer Untersuchung im Haseldorfer Alt-polder zwar, dass der Kiebitz die dortigen Leitungen (380 und 110 kV) nicht meidet, doch fan-den auch sie keine Brutnachweise innerhalb eines beidseitigen 100-Meter-Korridors entlang der Leitungen. Andere Ergebnisse erhielten sie für den Großen Brachvogel: dieser brütet auch in unmittelbarer Nähe der Leitung.

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Umweltauswirkungen

106 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Von einigen Rastvogelarten wird die nähere Umgebung von Freileitungen gemieden [11]. Kreutzer [95] fand bei seiner Untersuchung zu überwinternden arktischen Wildgänsen am Nie-derrhein ein Meidungsverhalten der leitungsnahen Bereiche, die er auf Probleme beim Anflug zurückführte. Störungen im Verhalten der Gänse (vertikale und horizontale Ausweichreaktio-nen, mehrmalige Anflugversuche, Verluste von Gruppenteilen, Abstoppen mit Schreckreaktio-nen) wurden in 62 % aller Versuche zur Querung der Leitung beobachtet. Während des Äsens wurden die Leitung und die Masten dagegen nicht als Gefahr wahrgenommen, sogar die klei-ne Wiesenfläche innerhalb eines Mastes wurde von den Gänsen in z.T. großer Dichte genutzt [95].

Für manche Vogelarten bedeuten Freileitungen dagegen eine Erweiterung ihres Habitats. Von Raubvögeln werden die Masten sowohl als Jagdansitz als auch als Brutplatz genutzt; so gibt es beispielsweise positive Erfahrungen mit Nisthilfen für Turm- und Baumfalken, die an bzw. auf den Masten von Hochspannungsleitungen angebracht und von den Vögeln auch genutzt wurden [8]. Ebenso sind Mastbruten von Fischadlern bekannt [7]. Anderen Vögeln dienen die Masten oder das Erdseil zur Rast oder als Singwarte [84]. Auch können Freileitungstrassen durch eine geeignete Trassenpflege zu neuen, für die Avifauna wertvollen Biotopen werden (vgl. Minimierungsmaßnahmen auf S. 113).

Mortalität durch Anflug

Ein im Zusammenhang mit Freileitungen häufig diskutiertes Problem betrifft das Kollisionsrisi-ko für Vögel. Am häufigsten kollidieren sie dabei mit dem Erdseil, das i.d.R. als einzelnes Seil von Mastspitze zu Mastspitze verläuft und von Vögeln daher nur sehr schlecht wahrgenom-men werden kann. Auch Kollisionen mit den Leiterseilen werden häufig beobachtet, wohinge-gen die Masten selber offensichtlich nur ein sehr geringes Kollisionsrisiko bergen.

Die Ursachen für eine Kollision können dabei unterschiedlich sein:

- Die Erd- oder Leiterseile werden nicht gesehen. Außer bei ohnehin schlechten Sicht-verhältnissen wie Nebel, Dunkelheit oder starkem Regen kann dies vor allem dann der Fall sein, wenn die Seile mit Aluminiumoxid beschichtet sind und sich die graue Farbe kaum von der Umgebung abhebt. Probleme bereitet die mangelnde Erkennbarkeit der Leitungen darüber hinaus insbesondere Vogelarten wie z.B. Enten (s. unten), bei de-nen die Augen seitlich am Kopf sitzen und die daher nur über ein eingeschränktes bi-nokulares Sehvermögen verfügen. Gefährdet sind auch Vögel, die nachts fliegen oder ziehen.

- Die Leiterseile werden gesehen und lösen eine Ausweichreaktion aus. Die Tiere wei-chen fast immer nach oben aus und kollidieren bei diesem Versuch mit dem Erdseil. Das Erdseil wird zwar möglicherweise auch gesehen, aber nicht beachtet, weil die Aufmerksamkeit auf die viel dickeren und auffälligeren (und daher evt. bedrohlicher wirkenden) Leiterseile gerichtet ist [57]).

Page 121: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Umweltauswirkungen

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 107

- Die Entfernung vom Erdseil kann nicht richtig eingeschätzt werden, da die Entfernung von horizontalen Linien nur sehr schwer durch die Parallaxe zu bestimmen ist [56], [57]. Vogelschutzmarkierungen, die sich als Punkte an der Leitung fixieren lassen, können dieses Problem lösen (s. weiter unten).

- Störungen, wie beispielsweise das Auftauchen von Beutegreifern oder von Spazier-gängern mit Hunden, können panikartige Fluchtbewegungen auslösen, in deren Verlauf die Vögel unkontrolliert in die Leiterseile geraten können.

- Ungünstige Wetterbedingungen wie Nebel, Regen oder starker Gegenwind führen da-zu, dass insbesondere Zugvögel ihre normale hohe Flugbahn verlassen und so in den Bereich der Erd- und Leiterseile geraten [58].

Das Risiko, mit einer Leitung zu kollidieren, ist jedoch nicht für alle Vögel gleich. Es gibt einer-seits artspezifische Unterschiede, die es sinnvoll erscheinen lassen, einzelne Vogelgruppen getrennt voneinander zu betrachten; andererseits spielt auch die Herkunft und der Lebens-raum der Vögel eine Rolle, so dass hier zunächst zwischen Zug-, Rast- und Brutvögeln unter-schieden werden soll.

Zugvögel sind am stärksten von Leitungskollisionen betroffen. Das hat verschiedene Gründe: zunächst einmal findet ein sehr großer Anteil des bei Tag ablaufenden Zuggeschehens in Hö-hen zwischen 20 und 50 m, in geringerem Maße auch zwischen 50 und 150 m statt [92], [93]; dies entspricht genau dem Höhenbereich, in den die Masten von Hochspannungsfreileitungen und damit zumindest auch das gefährliche Erdseil typischerweise hineinragen. Der nächtliche Zug spielt sich dagegen normalerweise in größeren Höhen ab, bei schlechten Witterungsbe-dingungen senken aber auch Nachtzieher (z.B. viele Limikolen und Singvögel) ihre Flughöhe bis in ähnlich tiefe Bereiche ab. Diese sind dann besonders gefährdet, weil Erd- und Leiterseile unter solchen Bedingungen praktisch gar nicht zu erkennen sind. Zugvögel sind außerdem ortsfremd und verbringen nur wenige Zeit im Jahr in der Gegend, so dass kein Gewöhnungsef-fekt wie bei ortsansässigen Vögeln eintreten kann. Sie können also die Gefahren, die von ei-ner Freileitung ausgehen, nicht richtig einschätzen. Darüber hinaus sind sie während des Zu-ges oft in großen Geschwindigkeiten unterwegs, was die Gefahr, mit einer Leitung zu kollidie-ren, noch vergrößert, weil Ausweichmanöver dann häufig erst zu spät stattfinden. Hinzu kommt, dass viele Vogelarten wie beispielsweise Gänse in Formationen ziehen und die ein-zelnen Vögel einem Leittier folgen, ohne selbst genau auf die Flugbahn zu achten. Erkennt das Leittier das Hindernis und weicht aus, können die nachfolgenden Tiere die Reaktion „auf-grund fehlender Wendigkeit und großer Fluggeschwindigkeit“ schlechter nachfliegen ([95], S. 140).

Auch für Rastvögel besteht ein hohes Kollisionsrisiko, weil sie auf Störungen bei der Rast durch Fluchtverhalten reagieren und so die Gefahr besteht, dass sie unkontrolliert in die Lei-terseile fliegen. Besonders problematisch sind für Rastvögel bzw. Wintergäste Leitungen, die Schlafplätze von den Nahrungsflächen trennen und daher täglich zweimal überflogen werden müssen.

Page 122: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Umweltauswirkungen

108 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Brutvögel sind von Kollisionen am wenigsten betroffen. Sie sind an das Vorhandensein der Freileitung in ihrem Habitat gewöhnt, so dass ein zufälliges Hineingeraten in die Leiterseile unwahrscheinlich ist. Dennoch können auch sie gefährdet sein, beispielsweise beim Balzflug, vor allem dann, wenn dieser nachts stattfindet, wie es beispielsweise bei der Bekassine der Fall ist. Ebenso gefährdet sind unerfahrene Jungtiere insbesondere von Großvogelarten wie dem Weißstorch, die die Leitung noch nicht kennen. Darüber hinaus können Brutvögel auch indirekt durch die Freileitung betroffen sein, wenn der Prädationsdruck dadurch steigt, dass Beutegreifer den Korridor verstärkt nach Anflugopfern absuchen und dabei auch Gelege nahe der Leitung ausrauben.

Betrachtet man einzelne Vogelarten, so gelten folgende Gruppen als besonders kollisionsge-fährdet:

Großvögel wie Störche, Kraniche und Reiherartige. Diese Vogelarten sind nicht nur durch Lei-tungsanflug, sondern auch durch Stromschlag (siehe nächster Absatz) gefährdet. Für den Weißstorch sind Unfälle an Stromleitungen (Kollision und Stromschlag) die häufigste Todesur-sache. Meist kollidieren unerfahrene Jungvögel mit den Leitungen, aber auch Vögel, die nach Störungen fluchtartig auffliegen. Ein Grund für die Gefährdung dieser Vogelgruppe dürfte in der Körpergröße selbst liegen: diese bedingt eine geringere Wendigkeit und trägere Reaktio-nen als bei kleineren Vögeln, so dass Großvögel durch schwerfällige Bewegungen Hindernis-sen schlechter ausweichen können, wenn diese erst spät gesehen werden.

Wasservögel, zu denen Gänse, Schwäne, Entenvögel, Taucher, Kormorane und Rallen zäh-len, und Limikolen (Watvögel). Die größeren dieser Arten, insbesondere Schwäne und Gänse, sind wie die Großvögel allein schon durch ihre Körpergröße gefährdet. Hinzu kommt, dass die meisten der hier genannten Arten sich über „Rundumblick“ orientieren, d.h. ihre Augen sitzen seitlich am Kopf, so dass sie nur über ein eingeschränktes binokulares Sehvermögen verfü-gen. Zudem besiedeln diese Vögel im Wesentlichen Lebensräume, in denen natürlicherweise keine vertikalen Strukturen anzutreffen sind. Sie sind daher besonders gefährdet gegenüber Hindernissen im freien Luftraum [108]. Darüber hinaus ziehen die meisten dieser Arten nachts; für die Rallen (Wasserralle, Tüpfelralle, Wachtelkönig, Teichralle, Blessralle) sowie die Eider-ente [144] ist außerdem bekannt, dass sie sehr niedrig ziehen und schon aufgrund dieser Tat-sache als durch Anflug an Stromleitungen gefährdet gelten ([92], S. 166).

Möwen und Seeschwalben. Auch für diese Arten gilt, dass sie in ihren Lebensräumen keine Hindernisse im freien Luftraum kennen und deshalb Freileitungen möglicherweise besonders schlecht oder aber erst zu spät wahrnehmen.

Des Weiteren wurden in Untersuchungen (z.B. [157]) Tauben, Eulen und Stare häufiger als Opfer von Leitungsanflügen gefunden; der Grund für die offensichtlich ebenfalls erhöhte Ge-fährdung dieser Vögel ist nicht bekannt. Andere Singvögel und insbesondere Greifvögel sind in der Regel weniger betroffen. Greifvögel besitzen ein hervorragendes binokulares Sehvermö-gen und beobachten auf der Jagd ihre Umgebung sehr genau, so dass sie offensichtlich auch Freileitungen besser wahrnehmen.

Page 123: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Umweltauswirkungen

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 109

Eine quantitative Abschätzung der Vogelschlagopfer ist sehr schwierig. Verschiedene Unter-suchungen in den Niederlanden ergaben Schätzungen zwischen 500 000 und 1 000 000 Drahtopfer pro Jahr, was bei einer Gesamtlänge der Hochspannungsfreileitungen von 4200 Kilometern etwa 120 bis 240 Vogelschlagopfer pro Leitungskilometer und Jahr bedeutet (Braaksma, Renssen und Koops zitiert in [94]). Ausgehend von einer Untersuchung an der Unterelbe kamen Hoerschelmann et al. [67] zu dem Schluss, dass in Deutschland etwa 400 Anflugopfer pro Jahr und Leitungskilometer zu erwarten sind. Diese Annahme wurde mittler-weile aber u. a. vom Autor selbst relativiert, da Daten von Gebieten, die sowohl als Brutgebiete als auch für den Vogelzug und als Rastplätze besonders wichtig sind, nicht ohne weiteres auf das Binnenland übertragen werden können [66]. Für durchschnittlich strukturierte Gebiete des Binnenlandes ermittelten Bernshausen et al. [14] dagegen die viel geringere Zahl von 6,5 Lei-tungsopfern pro Kilometer und Jahr. Brauneis [22] ermittelte an einer 110-kV-Freileitung im Elbe-Saale-Raum in Sachsen-Anhalt einen Wert von 95 tödlichen Drahtanfügen pro km Lei-tung und Jahr bei Hochspannungsfreileitungen ohne Vogelschutzmarkierungen. Hierbei muss aber beachtet werden, dass die von ihm untersuchte Leitung direkt vor hohen Bäumen verlief und die Vögel deswegen im Allgemeinen schon sehr früh ihre Flughöhe daran anpassten. Ein Trassenabschnitt ohne Vogelschutzmarkierungen in derselben Region hätte in der freien Landschaft sicherlich zu höheren Opferzahlen geführt. Tab. 8 gibt einen Überblick über die von verschiedenen Autoren ermittelten Anflugopfer pro Leitungskilometer und Jahr:

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Umweltauswirkungen

110 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Tab. 8: Vogelschlagopfer pro Leitungskilometer und Jahr, ermittelt durch Untersuchungen ver-schiedener Autoren

Autor Jahr Untersuchtes Gebiet Leitungstyp Anflugopfer pro km und

Jahr Braaksma1 1966 Niederlande 120 - 240 Renssen1 1977 Niederlande > 200 Koops1 1994 Niederlande 190 Hoerschel-mann et al.

1988 Unterelbe (Haseldorfer Marsch, nordwestlich Hamburg)

380 kV, Tonnen- und Do-naumasten, 6 doppelte Lei-terseile, 2 Erdseile

min. 400

Scott et al. 1972 Dungeness, Küste von Kent

zwei 400 kV-Leitungen ne-beneinander, Tonnenmast

600

Heijnis 1976 1980

NSG Westerzijderveld / de Reef (NL); sumpfige Feuchtwiesen mit sehr hohem Rastvogelbestand

150 kV: Donaumast, 6 Leiter- und 2 Erdseile, sowie 380 kV: Donaumast, 6 3er-Bündelleiter und 2 Erdseile

700

Grosse et al. 1980 Talsperre Windischleuba; bedeutendes Rastgebiet für Enten

220 kV, 14 Seile min. 700

Piper et al.* 1992 380-kV-Leitung Lüneburg - Krümmel

380 kV max. 20

Hoerschel-mann*

1993 1997

Bei Biedenkopf 110 kV max. 10

Brauneis 1997 (2003)

Elbe-Saale-Raum zwi-schen Bernburg und Su-sigke

110 kV, Donaumast 95

Bernshausen et al.

1997 Durchschnittlich struktu-rierte Flächen der Kultur-landschaft in West-, Mit-tel- und Südwestdeutsch-land

110 bzw. 380 kV-Leitungen, jeweils Donau- oder Ton-nenmasten

6,5

1 zitiert in [94] * zitiert in [66]

Gerade bei Leitungen mit hohen Vogelschlagverlusten kann dabei von einer hohen Dunkelzif-fer ausgegangen werden, die in die o.g. Untersuchungen mit hohen Opferzahlen bereits mit eingestellt wurde, in die Untersuchungen von Brauneis sowie Bernshausen et al. mit der viel geringeren Opferzahl jedoch nicht. Folgende Faktoren tragen dazu bei, dass Anflugopfer nicht registriert werden:

- Aasfresser (z.B. Rabenkrähen und Elstern) und Beutegreifer wie Greifvögel oder Fuchs suchen den Leitungskorridor verstärkt nach Anflugopfern ab. Schicker [153] wies in Auslegeversuchen mit Vogelkadavern nach, dass bereits nach zwei Tagen etwa 50 % und nach sechs Tagen über 80 % der ausgelegten Tiere verschwunden waren. Er geht deshalb davon aus, dass bei einer täglichen Kontrolle der Flächen noch 70 – 80 % der Kollisionsopfer vorhanden sein müssen und aufgefunden werden können. Andere Au-

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Umweltauswirkungen

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 111

toren (Scott [157], Hoerschelmann et al. [67]) kamen in früheren Untersuchungen zu wesentlich geringeren Fundquoten.

- Leitungen mit besonders hoher Unfallrate werden deutlich häufiger von Beutegreifern kontrolliert als „ungefährliche“ Leitungen, so dass gerade in Gebieten mit hohen Vogel-verlusten deren Anzahl unterschätzt werden kann [108].

- Noch vorhandene Opfer werden nicht gefunden, da sie z.T. weit verstreut liegen. Wenn ein Vogel mit hoher Geschwindigkeit gegen die Seile gerät und sich verletzt, fliegt er möglicherweise noch ein Stück und fällt erst in etwas weiterer Entfernung der Leitung zu Boden, oder er fällt sofort zu Boden, kann sich dann aber noch ein Stück von der Leitung entfernen, bevor er stirbt [62]. Oft wird zudem die Suche nach Opfern auch für Hunde durch die Unzugänglichkeit des Geländes wie z.B. durch dichten Bewuchs er-schwert.

- Manche Arten werden von Beutegreifern deutlich bevorzugt, z.B. Hühner, Limikolen und Tauben. Diese sind in der Kollisionsstatistik dann unterrepräsentiert, weil sie selte-ner aufgefunden werden als z.B. Stare, Greifvögel und Enten [108].

Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass es in den USA neue Entwicklungen gibt, die die Quantifizierung von Kollisionsopfern erleichtern sollen. Dazu werden kleine Geräte (sog. Bird Strike Indicators) in die Leiterseile bzw. in das Erdseil gehängt, die den Anprall von Vö-geln registrieren. Zusätzlich erleichtert ein an dem Mast angebrachter sog. Bird Activity Moni-tor die Aufzeichnung und Überwachung der Flugaktivitäten von Vögeln in der Nähe der Leitung [26].

Abb. 82: Bird Strike Indicator und Bird Activity Monitor

Quelle: [26]

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112 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Mortalität durch Stromschlag

Tiere können an Freileitungen nicht nur durch eine Kollision mit den Seilen, sondern auch durch Stromschlag getötet werden. Ein Stromschlag erfolgt meist durch einen Erdschluss, der durch Überbrückung von spannungsführenden Leitern und geerdeten Bauteilen (Mast) ent-steht. Im Zusammenhang mit einem Leitungsanflug kann auch ein Kurzschluss ausgelöst wer-den, wenn Leiterseile verschiedener Spannung überbrückt werden.

Aufgrund der Länge der Isolatoren ist die Stromschlaggefahr an Hochspannungsleitungen ge-genüber Mittelspannungsleitungen gering. Mittelspannungsleitungen besitzen relativ kurze (5 – 30 cm) Isolatoren, die von Vögeln ab etwa Drosselgröße leicht überbrückt werden können. Besonders gefährlich sind Mittelspannungsmasten aus Metall oder Spannbeton mit stehenden Isolatoren (= Stützisolatoren). Gefährdet sind Arten, die Mastköpfe bzw. Traversen als Sitzwar-te benutzen. Besonders häufig kommen Greifvögel sowie Großvogelarten durch Stromschlag zu Tode (zusammenfassend z.B. [58]). Über 80 % der Leitungsunfälle bei Weißstörchen ge-hen auf Stromschlag zurück – eine bedenklich hohe Zahl, wenn man beachtet, dass auch durch Kollisionen mit der Leitung viele Störche ums Leben kommen [73].

Stromschlag an Hochspannungsleitungen gibt es nur in Ausnahmefällen, da die Isolatoren in der Regel so lang sind, dass sie selbst von großen Vögeln nicht überbrückt werden können. In seltenen Fällen ist es möglich, dass ein geschlossener Kotstrahl von Greifvögeln, die auf den Traversen über den Leiterseilen sitzen, Leiterseile trifft und dadurch einen Erdschluss verur-sacht. Auch Kleinvogel-Schwärme können zwischen Leiter und Traverse einen Lichtbogen-überschlag auslösen [58].

Der Schutz von Vögeln vor Stromschlag an Freileitungen ist mittlerweile gesetzlich verankert. Schon seit 1986 müssen Neubauten die Norm DIN VDE 0210, 1985, erfüllen, die in Abschnitt 8.10 Vogelschutz lautet: „Die Querträger, Isolatorstützen und sonstigen Bauteile der Stark-strom-Freileitungen sind so auszubilden, dass den Vögeln keine Sitzgelegenheit in gefahrbrin-gender Nähe der unter Spannung stehenden Leiter gegeben wird.“ Das novellierte BNatSchG von 2002 thematisiert den Vogelschutz an Freileitungen in § 53: „(1) Zum Schutz von Vogelar-ten sind neu zu errichtende Masten und technische Bauteile von Mittelspannungsleitungen konstruktiv so auszuführen, dass Vögel gegen Stromschlag geschützt sind. (2) An bestehen-den Masten und technischen Bauteilen von Mittelspannungsleitungen mit hoher Gefährdung von Vögeln sind innerhalb von zehn Jahren die notwendigen Maßnahmen zur Sicherung ge-gen Stromschlag durchzuführen. […]“

Weitere Auswirkungen auf Vögel

Neben tödlichen Leitungsunfällen und Verlust bzw. Veränderung von Lebensräumen sind Vö-gel auch durch nicht mess- und quantifizierbare Fitnessverluste betroffen, die durch den er-höhten Energieverbrauch bei mehrmaligen Versuchen zum Überfliegen der Leitung, bei Aus-weichmanövern etc. sowie durch die Entwertung des Gebietes zur Futteraufnahme [95] ent-stehen.

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Umweltauswirkungen

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 113

Mögliche Minimierungsmaßnahmen

Grundsätzlich sollte zumindest in waldarmen Regionen des Küstenraums eine Trassenführung durch Wälder vermieden werden. Ist dies nicht möglich, so können durch ein geeignetes Tras-senmanagement negative Auswirkungen auf Flora und Fauna deutlich verringert werden. Durch eine naturnahe gestufte Waldrandgestaltung und der Pflanzung von Büschen auch im direkten Leitungsbereich wird die Gefahr des Windbruchs sowie die Trennwirkung für waldbe-wohnende Tiere stark reduziert. Voraussetzung hierfür sind regelmäßige Kontrollen der Trasse und Pflegemaßnahmen, um zu verhindern, dass die zulässige Höhe der Bäume und Gebü-sche im Nahbereich der Leitung überschritten wird.

Es sind jedoch auch andere Pflegekonzepte wie beispielsweise die Förderung einer (halb-) offenen Heidelandschaft denkbar, wodurch zwar möglicherweise eine Trennwirkung für Wald-arten konsolidiert wird, dafür aber neue Habitate für andere, oftmals stark bedrohte Arten ge-schaffen werden können. Neben dem bereits erwähnten Schlingnatterschutzprogramm entlang einer Freileitungstrasse bei Wuppertal [146] ist ein in dieser Hinsicht erfolgreiches Beispiel auch die Heidelandschaft bei Mörfelden-Walldorf in Hessen, wo für viele regional bedrohte Arten – neben Vögeln auch Amphibien, Reptilien und Insekten – neue, geeignete Habitate geschaffen werden konnten [71].

Bei der Querung linearer Gehölzbestände ist es häufig möglich, den Bewuchs stehen zu las-sen oder – bei Freileitungen – wenigstens Aufwuchs bis zu einer bestimmten Höhe zu tolerie-ren. Bei Erdkabeln kann durch die Verwendung von z.B. Schutzrohren oder Abdeckungen ge-währleistet werden, dass es nicht zu Schäden durch den Gehölzbewuchs kommen kann. Die betreffenden Gehölze können dann erhalten werden.

Da Vögel in den meisten Fällen zumindest tagsüber nicht mit den Leiterseilen, sondern mit dem Erdseil kollidieren, ist die wirksamste Möglichkeit, das Kollisionsrisiko zu verringern, der Verzicht auf das Erdseil. Wenn dies aus sicherheitstechnischen Gründen nicht möglich ist, sollte der vertikale Abstand zwischen Erdseil und Leiterseilen so gering wie möglich gehalten werden, z.B. durch eine deutlich verkürzte Mastspitze (Abb. 83). Im Zweifelsfall sind aus Sicht des Vogelschutzes zwei Erdseile, die auf der Oberseite der Traverse angebracht werden, bes-ser als ein Erdseil, das von Mastspitze zu Mastspitze verläuft.

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114 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Abb. 83: Vogelschutz an Freileitungen

Rechts: Bahnstromleitung mit kurzer Mastspitze und Vogelschutzmarkierungen („Mercedesstern“) am Erdseil Links: Freileitung mit hoher Mastspitze und ohne Vogelschutzmarkierungen

Eine weitere wichtige und wirksame Maßnahme ist das Anbringen von Vogelschutzmarkierun-gen. Diese sollten insbesondere am Erdseil montiert werden, da dieses aufgrund seiner schlechten Sichtbarkeit für die meisten Kollisionen verantwortlich ist. Dabei wird sowohl die Sichtbarkeit des Erdseils erhöht als auch dafür gesorgt, dass Vögel die Entfernung zu den Leiterseilen bzw. zum Erdseil besser einschätzen können, da sich die Vogelschutzmarkierun-gen als Punkte an der Leitung fixieren lassen, wodurch eine Entfernungsbestimmung durch die Parallaxe ermöglicht wird.

Vogelschutzmarkierungen müssen verschiedene Anforderungen erfüllen: aus technischer Sicht sollten sie möglichst leicht und klein sein, einen geringen Luftwiderstand und eine lange Lebensdauer aufweisen, bei Torsion des Seiles ihr Erscheinungsbild nicht ändern und keine Beschädigung des Seiles hervorrufen. Aus Vogelschutzsicht wünschenswert sind dagegen möglichst auffällige Markierungen. Aus diesen verschiedenen Anforderungen heraus haben sich im Laufe der Zeit ganz unterschiedliche Modelle entwickelt, die sich zunächst an dem orientierten, was auch Menschen als visuell auffällig empfinden. Ein Beispiel dafür sind farbi-ge, meist rote, Kunststoffspiralen, die zumindest bis vor einigen Jahren „wohl die weltweit am häufigsten angewendeten Markierungen“ darstellten ([56], S. 240). Hoerschelmann et al. [67] forderten die Dominanz vertikaler Strukturen bei den Markierungen mit der Begründung, dass Vögel senkrechte Strukturen als Hindernisse kennen und wahrnehmen, während horizontale nicht als solche interpretiert werden. Dieser Forderung kommen Insulokbänder aus Polyami-den und flexible Kunststoffbänder oder feste Kunststoffstäbe nach. All diese Markierungen hatten aber das Problem, dass sie bei Torsion des Seiles ihre vertikale Struktur einbüßten,

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Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 115

entweder indem sie sich um das Seil wickelten oder – bei starren Stäben – in der Horizontalla-ge schlechter sichtbar waren. Hilfskonstruktionen – beispielsweise die Befestigung der Markie-rungen an einer Spirale statt direkt am Seil – konnten dieses Problem teilweise lösen. Weiter-entwicklungen wie der „Mercedesstern“ (drei Kunststoffstäbe, die jeweils um 120° gegenein-ander verschoben sind, s. Abb. 84) umgingen es durch rotationssymmetrische Anordnung der einzelnen Markierungsbestandteile.

Abb. 84: Vogelschutzmarkierung „Mercedesstern“

HAACK [56] beschäftigte sich mit der Frage, wie Markierungen durch eine optimale Farb- und Formgebung für Vögel auffälliger gestaltet werden könnten. Er kam zu dem Schluss, dass dies durch den sog. „Blinkeffekt“ erreicht werden kann. Demnach sind schwarz-weiße Markierun-gen farbigen vorzuziehen, weil erstere durch die Kontrastverschärfung auch bei Dämmerung noch relativ gut sichtbar sind. Wenn sich diese Markierungen bewegen, führt das zu dem ge-wünschten Blinken. Er entwickelte unter anderem die „selbstdrehende Scheibenkugel“ (s. Abb. 85), die bei Drehung durch die ständige Änderung von schwarz und weiß ein besonders auffäl-liges Blinken verursacht. In Tests stellte sich aber heraus, dass seine Markierungen „aus maststatischen (hohes Eigengewicht, hohe zusätzliche Windlast, erhöhte Gefahr der Bildung von Eisanhang) und aus konstruktiven Gründen (hoher Verschleiß durch bewegliche Teile und damit geringe Lebensdauer) für den Einsatz im Hochspannungsnetz nicht geeignet sind“ [13]. Stattdessen sind seit 2005 neu entwickelte Markierungen aus beweglichen schwarz-weißen Kunststoffstäben (Abb. 86 aus [13] S. 9) im Einsatz und haben bisher zu guten Ergebnissen geführt [13]. Eine mit Insulokbändern markierte Trasse am Niederrhein führte bei einer ersten Untersuchung zur Reduktion des Kollisionsrisikos um 93 %, die tödlichen Unfälle konnten so-gar um 96 % gesenkt werden [163]; ähnlich gute Ergebnisse wurden mit Kunststoffspiralen in den Niederlanden erzielt [94]. Von anderen Gebieten berichten frühere Studien dagegen von einer wesentlich geringeren Senkungsquote der Kollisionsopfer (max. 50 %) nach der Ausstat-tung der Leitung mit Vogelschutzmarkierungen [67], [62]. Dies mag einerseits an den verwen-deten, aus heutiger Sicht nicht optimierten Markern liegen – im einen Fall wurden rote, durch-löcherte Gummilappen verwendet, im anderen schwarze Streifen bzw. rote Kunststoffspiralen –, es spiegelt jedoch hauptsächlich ein anderes Artenspektrum wider, da insbesondere bei den nachts ziehenden Vögeln keine oder kaum eine Senkung der Kollisionsrate festgestellt werden konnte. Hoerschelmann et al.[67] folgert daher auch, dass „mit einer Verbesserung der Sicht-

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116 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

barkeit von Freileitungen durch Marker […] nicht allen Vögeln in gleicher Weise geholfen wer-den [kann].“ [67]

Abb. 85: Selbstdrehende Scheibenkugel – Vogelschutzmarkierung mit „Blinkeffekt“

Abb. 86: Neue Vogelschutzmarkierungen, seit 2005 im Einsatz

Neben dem Anbringen von Markierungen können bei Freileitungen weitere Maßnahmen zur Verminderung des Vogelschlagrisikos ergriffen werden. Diese sind sowohl bei der Trassen-wahl als auch bei der Bauweise der Leitung relevant [108]:

- Aussparen von Gebieten, die für den Vogelschutz bedeutsam sind, v.a. Meidung von Feuchtgebieten und Verzicht auf Leitungen, die quer zu der Hauptzugrichtung der Vö-gel liegen,

- Verschattung der Leitungen hinter hohen Straßen- und Eisenbahnbrücken, vor Berg-flanken oder Baumreihen sowie Bündelung mit anderen Stromtrassen, damit das Hin-dernis deutlicher sichtbar wird,

- Wahl einer niedrigen Eintraversenbauweise, so dass einerseits der für die Vögel ge-fährliche Höhenbereich, in dem die Leiterseile hängen, reduziert wird und andererseits das Hindernis durch die Konzentration der Leiterseile auf einer Ebene besser zu sehen

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Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 117

ist. Da die meisten Leitungskollisionen in der Spannfeldmitte beobachtet werden und die Leiterseile in der Nähe der Masten offensichtlich besser wahrgenommen werden [67], ist auch die bei niedrigeren Masten erforderliche Verminderung der Spannfeldwei-te aus Vogelschutzsicht vorteilhaft.

- In dieser Hinsicht sollte auch geprüft werden, ob das Erdseil auf der gleichen Ebene angebracht oder ob sogar ganz darauf verzichtet werden kann [58].

Bewertung der Auswirkungen

Die Wirkung als Flughindernis für Vögel gehört zu den gravierendsten Auswirkungen von Frei-leitungen überhaupt. Während Auswirkungen auf Wälder im Küstenraum durch eine geeignete Trassenwahl vermieden werden können und Vogelverluste durch Stromschlag durch die tech-nische Ausführung der Leitungen der Hochspannungsebene (große Isolatorenlänge, großer Abstand der spannungsführenden Seile voneinander) keine nennenswerte Rolle mehr spielen, lässt sich die Anzahl der Vogelverluste durch Leitungskollision durch geeignete Maßnahmen lediglich reduzieren, nicht jedoch verhindern. In dunklen Nächten und bei gleichzeitiger schlechter Witterung sind markierte Leitungen ebenso vogelgefährlich wie unmarkierte, so dass sich die durch Vogelschutzmarkierungen erzielte Reduktion der Vogelschlagopfer viel stärker bei tags fliegenden Arten bemerkbar macht als bei Nachtziehern.

Ebenfalls unvermeidbar ist die Silhouettenwirkung der Leitung auf Vogelarten des Offenlandes und damit eine Entwertung der Trasse als Lebensraum. Je nach Gebiet sind die genannten Wirkungen von Freileitungen unterschiedlich zu gewichten; im Küstenraum, der einerseits vor allem Offenlebensräume aufweist und andererseits für das Vogelzuggeschehen von großer Wichtigkeit ist, sind sie jedoch generell von großer Bedeutung.

4.2.3. Beeinträchtigung des Landschaftsbildes Freileitungen sind in der Landschaft als technische Objekte sichtbar und verändern somit das Landschaftsbild nachteilig. Es ist davon auszugehen, dass aufgrund der gestiegenen Sensibili-tät in der Bevölkerung gegenüber „Elektrosmog“ neben der nachteiligen ästhetischen Verände-rung im Nahbereich einer Freileitung auch bei fehlenden wissenschaftlichen Belegen zumin-dest teilweise auch ein Gefühl der Gefährdung ausgelöst werden kann. Hierzu kann auch die von der Freileitung ausgehende Geräuschentwicklung beitragen, die bei hoher Spannungs-ebene oder feuchter Witterung besonders deutlich ist.

Landschaftsbildveränderungen sind bei Erdkabeln wegen der fehlenden oberirdischen Anla-genteile außerhalb von Gehölzbeständen nicht zu erwarten. Ausnahmen hiervon können sich lediglich bei Kabeln ergeben, die mit einer externen Wasserkühlung betrieben werden. In die-sem Fall sind die Kühlstationen als Container in der Landschaft sichtbar. Das Ausmaß der Beeinträchtigung veranschaulicht Abb. 61 auf S. 73.

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118 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Auswirkungen

Landschaftsbildveränderungen sind in allen Bereichen zu erwarten, in denen Freileitungen visuell (in Ausnahmefällen auch akustisch) wahrnehmbar sind (Sichtraum). Dieser Wirkraum ist einerseits von der Höhe der Masten sowie andererseits von der Strukturvielfalt und dem Relief der Landschaft abhängig. Während in ebenen, strukturarmen Landschaftsräumen der Sichtraum allein durch meteorologische Bedingungen beschränkt wird und leicht über mehrere Kilometer reicht (vgl. Abb. 89, S. 122), erstreckt er sich in einer hügeligen, strukturreichen Landschaft oft nur über Entfernungen unter einem Kilometer, wie Abb. 87 verdeutlicht.

Abb. 87: Sichtraum einer 110 kV-Freileitung in einer hügeligen, strukturreichen Landschaft

Donaumast, Traversenhöhe 23 m, Gesamthöhe 28 m

Rot: Obere Traverse sichtbar; gelb: Mastspitze sichtbar Blau: Freileitung und Maststandorte; grün: Knicks und Baumreihen (verschattende Elemente)

Innerhalb des Sichtraums hängt die Intensität der Landschaftsbildveränderung von der Auffäl-ligkeit der Masten sowie der ggf. vorhandenen Vorbelastung ab. In Anlehnung an die Vorge-hensweise z.B. bei anderen Vorhabensarten ([63], [179]) kann die Intensität der Beeinträchti-

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Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 119

gung anhand von Zonen unterschiedlich dominanter Wirkung der Freileitung beschrieben wer-den:

- Dominante Wirkung

Die Freileitung nimmt einen großen Anteil des Blickfelds ein, die Leitungsmasten über-ragen die Horizontlinie deutlich und können dadurch „bedrohlich“ wirken. Die Leitungs-trasse tritt als zusammenhängende Struktur in Erscheinung. Die Anlage zieht somit schon aufgrund der Größe und der erkennbaren technischen Einzelheiten die Aufmerk-samkeit unwillkürlich auf sich und beherrscht den Landschaftsbildeindruck. Zumindest bei ungünstigen Verhältnissen ist die Leitung auch akustisch wahrnehmbar.

- Subdominante Wirkung

Die Freileitung ist im Blickfeld deutlich zu erkennen, aufgrund der geringeren scheinba-ren Größe und von Sichtverschattungen aber nicht mehr für den Landschaftsbildein-druck beherrschend. Die Einzelheiten wie z.B. einzelne Leiterseile oder Detailstruktu-ren an den Masten werden nicht mehr (unwillkürlich) aufgelöst und erkannt. Soweit die Trasse über eine größere Länge als zusammenhängende Struktur erkennbar ist, kann eine subdominante Wirkung auch noch bei einem relativ größeren Abstand gegeben sein.

- Marginale Wirkung

Aufgrund des größeren Abstands oder der stärkeren Sichtverschattung ist die Freilei-tung nicht mehr für den Landschaftsbildeindruck prägend. Es sind oft nur einzelne Ab-schnitte der Leitung oder nur die oberen Teile der Leitungsmasten sichtbar. Die Leitung ist als landschaftsfremdes Element aber noch deutlich vorhanden und bewirkt somit ei-ne feststellbare (noch erhebliche) negative Veränderung des Landschaftsbildes.

- Nicht signifikante Wirkung

Die Auffälligkeit der Anlage ist so gering, dass sie als nicht signifikant und somit für das Landschaftsbild unerheblich eingestuft werden kann.

Als Maß für die Wirkung kann die vertikale Ausdehnung der sichtbaren Masten im Blickfeld herangezogen werden, wobei für das Blickfeld von einer vertikalen Ausdehnung von 37° aus-gegangen wird (vgl. [83]). Dabei sollte die obere Masttraverse als besonders auffälliges Bau-werksteil für die Bemessung des Blickwinkels zugrunde gelegt werden.

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Umweltauswirkungen

120 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Tab. 9: Wirkzonen für die Landschaftsbildveränderung bei Freileitungen

Wirkung Anteil im Blickfeld Abstandsfaktor Radius bei h = 25 m Dominant > 25 % < 8 200 m Subdominant > 10 % 8 – 20 500 m Marginal > 5 % 20 – 40 1 km Nicht signifikant < 5 % > 40

Die Wirkzone der subdominanten Wirkung entspricht dabei in etwa dem Wirkraum, der z.B. bei [124] pauschal als Wirkraum für Landschaftsbildbeeinträchtigungen durch Freileitungsmasten zu Grunde gelegt wurde. Die Wirkzonen von Freileitungsmasten sind in Abb. 88 visualisiert.

Abb. 88: Darstellung der Dominanzstufen

Großer Pfeil: Masthöhe mit dominanter Wirkung

Kleiner Pfeil: Masthöhe mit subdominanter Wirkung Entfernungsangaben: Entfernung der einzelnen Masten 380kV und 110 kV Leitung bei Ellingstedt, Schleswig-Holstein. Brennweite 60 mm

Daneben gibt es weitere Faktoren, die die Beeinträchtigungsintensität beeinflussen. So ziehen Objekte, die die Horizontlinie überragen, die Aufmerksamkeit des Beobachters besonders auf sich und erreichen so eine wesentlich höhere Wirksamkeit als Masten, die vor anderen Land-schaftselementen sichtbar sind. Rot-weiße Mastanstriche und Leiterseilmarkierungen im Be-

370 m 635 m 1400 m 1000 m

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Umweltauswirkungen

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 121

reich von Flughäfen oder die Installation von Vogelschutzmarkierungen – vor allem solcher, die durch ihre Form- und Farbgebung besonders auffällig wirken wie beispielsweise die neu entwickelten Markierungen, s. Abb. 86 – können die Auffälligkeit einer Freileitung ebenfalls erheblich erhöhen und so zu einer verstärkten Auswirkung auf das Landschaftsbild führen. Andererseits können unter bestimmten Bedingungen auch besondere „Tarnanstriche“ verwen-det werden, um Leitermasten vor einem spezifischen Hintergrund (z.B. Wald) besonders un-auffällig zu gestalten.

Flache, strukturarme Landschaften

In den für den Küstenraum vielfach typischen flachen, strukturarmen Landschaften (z.B. Mar-schen, Flussniederungen oder Niedermoore) ist die Sichtbarkeit der Freileitung oftmals nur durch die meteorologischen Bedingungen begrenzt und kann sich leicht über mehrere Kilome-ter erstrecken. Auch weit entfernt stehende Masten, die außerhalb der marginalen Wirkzone liegen, können aufgrund der Sichtbarkeit über der Horizontlinie zu erheblichen Beeinträchti-gungen des Landschaftsbildes führen, da in flachen Landschaften die weiträumig wahrnehm-bare Landschaft und die Eigenart der Horizontlinie wertgebende und z.B. für die Erholungsnut-zung maßgebliche Merkmale des Landschaftsbildes darstellen. Durch Freileitungsmasten kann z.B. die Erlebbarkeit von in der Horizontlinie sichtbaren Landmarken und Kulturdenkma-len wie z.B. Kirchtürmen erheblich eingeschränkt werden. Bei Kulturdenkmalen wird daher von der Denkmalschutzbehörde häufig ein Umgebungsbereich definiert, der bis zu mehreren Kilo-metern reichen kann, in dem die Erlebbarkeit des Denkmals durch Bauten wie Freileitungen stark beeinträchtigt würde.

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Umweltauswirkungen

122 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Abb. 89: Landschaftsbildveränderung in flachen Landschaftsräumen

Die Donaumasten mit großen Bauhöhen (u.a. hoher Mastspitze, z.T. doppeltes Erdseil) verursachen Landschafts-bildveränderungen mit Reichweiten über 5 km Halbinsel Eiderstedt, Brennweite 70 mm

Strukturreiche Landschaften

In reliefierten und strukturreichen Landschaften sind Freileitungen oft bereits nach kürzerer Entfernung sichtverschattet. Zudem ist der Anteil von Masten, die die Horizontlinie überragen, i.d.R. wesentlich geringer. Bei einer entsprechenden Ausgestaltung der Trasse (Führung in Tallagen, Verwendung geringer Masthöhen) können die Auswirkungen auf das Landschafts-bild vergleichsweise gering bleiben. Wenn allerdings mit hohen Masten auf Geländekuppen große Spannfeldlängen erreicht werden sollen, kommt es auch hier zu erheblichen und weit reichenden Auswirkungen.

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Umweltauswirkungen

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 123

Abb. 90: Landschaftsbildveränderungen in strukturreichen Landschaftsräumen

Die Einebenenmasten mit geringer Bauhöhe und niedrigerer Mastspitze verursachen nur kleinräumige Landschafts-bildveränderungen Schleswig-Holsteinisches Hügelland, Brennweite 60 mm

Gewässerquerungen

Werden Freileitungen über schiffbare Gewässer geführt, müssen große lichte Höhen für die Schifffahrt freigehalten werden (Nord-Ostsee-Kanal z.B. 42 m). Aber auch bei Querungen von Talräumen oder der Überspannung anderer Objekte sind oft große Masthöhen erforderlich.

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124 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Abb. 91: Querung der Eider bei Friedrichstadt

Die für die Gewässerquerung erforderlichen hohen Leitermasten sind im Landschaftsbild besonders auffällig

Wälder

Wälder können mit besonders hohen Masten überspannt oder in Waldschneisen mit geringen Masthöhen gequert werden. Während es bei einer Überspannung zu sehr weiträumigen Be-einträchtigungen des Landschaftsbildes kommt (Abb. 92), beschränken sich die Beeinträchti-gungen bei einer Trassierung in einer Schneise auf den unmittelbaren Nahbereich der Trasse, wo die Schneise z.B. durch den stärkeren Lichteinfall auffällig ist. Dagegen ist die Leitung au-ßerhalb des Waldes – bei Verwendung entsprechend niedriger Masten – durch die Gehölze vollständig sichtverschattet und somit für das Landschaftsbild ohne Bedeutung. Die Schneise selbst ist – abgesehen von Beobachtungspunkten, die in der Leitungstrasse liegen – außer-halb des Waldes für das Landschaftsbild i.d.R. ohne Bedeutung.

Aufgrund der relativ geringen Dichte von Wäldern im Küstenraum lassen sich Querungen von Waldstücken bei der Trassenwahl allerdings in den meisten Fällen vermeiden.

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Umweltauswirkungen

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 125

Abb. 92: Landschaftsbildveränderung bei Querung des Waldes

Bei der Verwendung hoher Masten braucht der Gehölzbestand nur geringfügig zurückgeschnitten zu werden Links Bahnstromleitung, rechts Drehstromleitung Schleswig-Holsteinische Geest südlich Schleswig, Brennweite 85 mm

Vorbelastungen

Die Auswirkung einer Freileitung auf das Landschaftsbild ergibt sich nicht allein aus der visuel-len Verletzlichkeit des Landschaftstyps. Entscheidend ist auch der Grad der Vorbelastung durch andere technische und infrastrukturelle Bauwerke. Als Vorbelastungen, die die Auffällig-keit von Freileitungen vermindern, sind v.a. technische Bauten mit großer vertikaler Ausdeh-nung wie Windenergieanlagen, Industrieanlagen, Kraftwerke oder Funktürme zu nennen. Ins-besondere die im Küstenraum teilweise häufigen Windenergieanlagen sind durch ihre Höhe (Gondelhöhe einer 2 MW-Anlage i.d.R. bei 60 m), die Bewegung der Rotorblätter und die helle Farbgebung auffälliger als Freileitungsmasten. In einem stark durch Windenergieanlagen ge-prägten Landschaftsbild treten die durch eine Freileitung verursachten Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes daher oft hinter die der Windenergieanlagen zurück (vgl. Abb. 93). Hierbei muss allerdings berücksichtigt werden, dass als echte Vorbelastung nur Windenergieanlagen gezählt werden dürfen, die sich in entsprechenden Eignungsgebieten befinden. Anlagen, die außerhalb solcher Eignungsgebiete errichtet wurden, werden nach Ablauf ihrer Nutzung an dieser Stelle ersatzlos abgebaut. Da die Lebensdauer von Freileitungen wesentlich größer ist

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Umweltauswirkungen

126 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

als die von Windenergieanlagen, können solche Anlagen an Streustandorten nicht als Vorbe-lastung angesehen werden.

Abb. 93: Vorbelastung durch Windenergieanlagen

Trotz des wesentlich größeren Abstands der WEA sind diese im Landschaftsbild auffälliger als die Freileitungsmas-ten im Vordergrund

Wiedingharder Alter Koog

Mögliche Minimierungsmaßnahmen

Die Auswirkungen von Freileitungen auf das Landschaftsbild lassen sich durch die Ausgestal-tung der Trasse – abhängig vom Landschaftsraum – z.T. erheblich vermindern. Dazu zählt vor allen Dingen die Verwendung von Masten geringer Bauhöhe (z.B. Eintraversenmasten an Stel-le von Donaumasten), da dadurch generell die Reichweite der Sichtbarkeit sowie ggf. der An-teil von Masten, die die Horizontlinie überragen, erheblich vermindert werden kann. In Däne-mark werden zur Zeit Masttypen entwickelt, die sich optisch besser als herkömmliche Masten in die Landschaft integrieren lassen und möglichst unauffällig und nur über kurze Distanzen sichtbar sind (Abb. 94). Für eine solche optische Verbesserung werden drei Strategien ange-wandt:

- Verkleinerung der Masthöhe durch Verwendung von Eintraversenmasten,

- Verzicht auf eine Mastspitze und Mitführung der Erdseile (soweit nötig) auf der Traver-se,

- Verwendung neuer (isolierender) Materialien, die den Bau schlankerer Masten ohne zusätzliche Isolatoren erlauben, dadurch wird die Masthöhe und – wegen der geringe-ren Ausschwingung der Leiterseile – auch die Traversenbreite verringert.

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Umweltauswirkungen

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 127

Abb. 94: Entwicklung neuer, visuell optimierter Masttypen

Oben: herkömmliche Donaumastleitung; Mitte: Adlermast - dieser Masttyp ist fertig entwickelt und soll bei Neubau-ten in Dänemark zum Einsatz kommen; unten: Fibermast - dieser Masttyp wird gerade entwickelt und soll in 5 bis 10 Jahren einsatzbereit sein.

Eine Trassenführung in Tallagen führt zu einem geringen Anteil über die Horizontlinie ragender Masten. Dagegen ist bei einer geradlinigen Trassenführung mit langen Spannfeldern über Ge-ländekuppen mit wesentlich weitreichenderen Auswirkungen zu rechnen.

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Umweltauswirkungen

128 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Durch die Bündelung der Trasse mit anderen Vorbelastungen (z.B. vorhandene Freileitungs-trassen, Verkehrswege, stark durch WEA vorbelastete Landschaftsräume; bei Gewässerque-rungen: Bündelung mit Brückenbauwerken, s. Abb. 95) können die Auswirkungen weiter mini-miert werden.

Abb. 95: Bündelung mit Brückenbauwerken

Querung des Nord-Ostsee-Kanals bei Rendsburg

Um Freileitungen möglichst landschaftsverträglich zu gestalten, können die Masten mit einem Tarnanstrich versehen werden, wodurch sie farblich vor dem landschaftlichen Hintergrund we-sentlich unauffälliger wirken. Da für den Vogelschlag vornehmlich die Erd- und in geringerem Umfang auch die Leiterseile verantwortlich sind, ist nicht zu erwarten, dass solche Mastanstri-che zu einer Erhöhung der Anzahl der Drahtanflugopfer führen. Eine farbliche Tarnung der Leiterseile führt hingegen zu einer Verschärfung der Vogelproblematik.

Durch Abpflanzungsmaßnahmen kann zudem die visuelle Wirksamkeit von Freileitungsmasten erheblich eingeschränkt werden (vgl. Abb. 96 für eine Übergangsstation Freileitung-Erdkabel).

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Umweltauswirkungen

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 129

Abb. 96: Abpflanzungsmaßnahmen bei Freileitungsanlagen

nach [5] mit vertiefter Unterbringung in einer Mulde und umgebender Bepflanzung (Abmessungen für Doppelsys-tem: 50 m x 80 m)

Bewertung der Auswirkungen

Neben dem Kollisionsrisiko für Vögel ist die durch Freileitungen hervorgerufene Landschafts-bildbeeinträchtigung als die wesentliche Auswirkung anzusehen; in Dänemark ist die durch Freileitungen verursachte Landschaftsbildveränderung und die damit verbundene Verminde-rung der Immobilienwerte der wesentliche Grund für die geplante vollständige Verkabelung des Hochspannungsnetzes. Ähnlich wie bei der Vogelproblematik gilt auch hier, dass Auswir-kungen zwar durch eine geeignete Trassenwahl und eine technische Optimierung der Masten teilweise vermindert, aber nie vermieden werden können. Das Ausmaß der visuellen Beein-trächtigung hängt stark von den durchquerten Landschaftsräumen ab. In den im Küstenbereich dominierenden flachen, strukturarmen Landschaften ist die visuelle Beeinträchtigung insbe-sondere bei fehlender Vorbelastung als gravierend einzustufen, insbesondere, weil es sich hier um eine sehr großräumige Wirkung handelt. Als starke Beeinträchtigung ist auch anzusehen, wenn zudem noch Kulturdenkmale durch eine Störung der Sichtbeziehungen betroffen sind.

4.2.4. Beeinträchtigungen von Organismen durch elektrische und magnetische Felder

Sowohl Freileitungen als auch Erdkabel erzeugen ein magnetisches Feld, elektrische Felder treten dagegen nur bei Freileitungen auf. Die Felder können in Zellgeweben zu physiologi-schen Veränderungen durch induzierte Ströme führen. Insbesondere stärkere Felder können von Organismen wahrgenommen werden und dann Verhaltensreaktionen auslösen.

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Umweltauswirkungen

130 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Auswirkungen auf den Menschen

Elektrische und magnetische Felder im Niederfrequenzbereich können die Sinnesrezeptoren in der Haut, das Auge sowie Neuronen, Nerven und Muskeln erregen. Dabei reichen die Folgen je nach Feldstärke von der bloßen Wahrnehmung bis zur Schmerzempfindung und können unter Umständen auch lebensbedrohlich sein, wenn beispielsweise der Herzmuskel erregt wird.

Akute Wirkungen elektrischer Felder

Befindet sich ein Mensch in einem niederfrequenten elektrischen Feld, wird dieses bei ausrei-chend hohen Feldstärken zunächst durch Oberflächeneffekte wahrgenommen wie etwa „die Bewegung von Körperhaaren oder die Bildung von Funken zwischen Haut und Kleidung“ ([100], S. 52). Elektrische Feldstärken, wie sie bei Freileitungen der Hoch- und Höchstspan-nungsebene in Deutschland auftreten, erreichen direkt unter der Leitung (380 kV) maximal 5 kV/m [100]. Wie Abb. 97 (aus [100], S. 52) zu entnehmen ist, können Felder mit einer Stärke von etwa 1 kV/m bereits von 2 bis 4 % der Bevölkerung wahrgenommen werden, eine Belästi-gung setzt ab einer Stärke von etwa 4 bis 5 kV/m ein. Akute gesundheitliche Gefährdungen sind damit jedoch nicht verbunden. Der Schwellenwert, ab dem gesundheitlich nachteilige Re-aktionen auftreten, ist laut [12] nicht genau bekannt, liegt aber über 100 kV/m.

Abb. 97: Wirkungen elektrischer 50 Hz-Felder an der Körperoberfläche

Akute Wirkungen magnetischer Felder

Magnetische Wechselfelder induzieren in Organismen elektrische Wirbelströme und -felder, die Nerven- und Muskelzellen erregen können. Diese Felder unterscheiden sich in ihrer Grö-ßenordnung beim Menschen etwa um den Faktor 10-6 zu dem äußeren elektrischen Feld. Der

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Umweltauswirkungen

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 131

Schwellenwert für eine geringe Beeinflussung des Zentralnervensystems liegt laut [115], S. 66 bei 100 mV/m, vielleicht sogar bei nur 10 mV/m, wobei der letzte Wert mit großen Unsicherhei-ten behaftet ist. Diese Werte entsprechen Körperstromdichten im Zentralnervensystem von 10 bzw. 1 mA/m². Die von diesen Werten abgeleiteten Grenzwerte sehen in der 26. BImSchV maximale effektive Feldstärken von 5 kV (elektrisches Feld) bzw. 100 µT (magnetisches Feld) in Gebäuden und auf Grundstücken vor, die bei dauerhaftem Aufenthalt von Menschen zu beachten und nicht zu überschreiten sind. Diese erzeugen im ungünstigsten Fall eine Körper-stromdichte von 2 mA/m².

Beeinträchtigungen bei Patienten mit Implantaten

Implantate, die aus Metall gefertigt oder mit elektronischen Schaltkreisen ausgestattet sind, können durch elektrische und magnetische Felder beeinflusst werden. Potenziell betroffen sind davon künstliche Gelenke (aus Metall hergestellt) sowie Herzschrittmacher, Nervenstimulato-ren, implantierte Insulinpumpen und Hörprothesen (besitzen elektronische Schaltkreise), wobei die Störung elektronischer Implantate das bei Weitem größere Gefährdungspotential darstellt. Die Folgen von Beeinflussung durch elektrische und magnetische Felder reichen von der Wahrnehmung bis zum Hervorrufen lebensbedrohender Situationen, die vor allem dann er-reicht werden können, wenn Herzschrittmacher oder Insulinpumpen in ihrer Funktion beein-trächtigt werden. Am empfindlichsten reagieren unipolare Herzschrittmacher, die bei 50-Hz-Wechselstrom bereits ab einer elektrischen Feldstärke von 2,5 kV bzw. einer magnetischen Feldstärke ab 20 µT gestört werden können. Diese Feldstärken können in der Nähe von Frei-leitungen der Höchstspannungsebene (220, 380 kV) auftreten.

Langzeitwirkungen elektrischer und magnetischer Felder

Bereits seit den 1980er Jahren wird ein möglicher kausaler Zusammenhang zwischen einer langjährigen erhöhten Magnetfeldexposition in der Wohnumgebung und einem vermehrten Auftreten von Leukämie bei Kindern diskutiert. Seitdem wurden speziell zu dieser Frage meh-rere epidemiologische Studien durchgeführt, die in der Mehrheit einen – wenn auch geringen – statistischen Zusammenhang zwischen einer langjährigen Magnetfeldexposition mit Feldstär-ken von mehr als 0,3 bzw. 0,4 µT und einer erhöhten Leukämierate bei Kindern fanden. Statis-tisch signifikant war in der EMF-II-Studie [156] besonders die Erhöhung des Erkrankungsrisi-kos um den Faktor 3 bei nächtlicher Exposition von Feldstärken größer 0,2 µT. Ein belastbarer kausaler Zusammenhang zwischen Feldwirkung und Leukämierate konnte bisher allerdings nicht belegt werden.

Andere Studien befassten sich mit dem Auftreten von Leukämie im Erwachsenenalter und an-deren Krebsarten, konnten aber keinen Zusammenhang mit einer erhöhten Magnetfeldexposi-tion nachweisen. Auch in Tierversuchen ist es nicht gelungen, einen solchen Zusammenhang eindeutig herzustellen.

Einen Hinweis auf einen möglichen Zusammenhang zwischen Krebserkrankungen und der Exposition von elektrischen und magnetischen Feldern lieferte auch die REFLEX-Studie [140], ein von der Europäischen Union gefördertes umfangreiches Gemeinschaftsprojekt, an dem elf

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Umweltauswirkungen

132 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Forschergruppen aus sieben europäischen Ländern vom Jahr 2000 bis 2004 beteiligt waren. Ziel dieser Studie war es, an isolierten Zellkulturen zu untersuchen, ob die Exposition in nie-der- bzw. hochfrequenten elektrischen und magnetischen Feldern zu biologischen Reaktionen führt, die bei der Krebsentstehung eine Rolle spielen. Die beiden Arbeitsgruppen, die sich mit Gentoxizität beschäftigten, konnten beide genschädigende Wirkungen feststellen. Bei nie-derfrequenten EMF war der Effekt bei wechselnder Exposition und Nichtexposition ab einer magnetischen Flussdichte von 35 µT signifikant. Eine Übertragung dieser Ergebnisse, die an isolierten Zellen gewonnen wurden, auf den lebenden Organismus ist jedoch nicht ohne weite-res möglich.

Die WHO kommt daher in ihrem Gutachten von 2002 [178] zu dem Schluss, dass niederfre-quente Magnetfelder für den Menschen möglicherweise kanzerogen sind, wohingegen elektri-sche Felder hinsichtlich ihrer Kanzerogenität für den Menschen nicht klassifizierbar sind.

Ein weiterer Forschungsschwerpunkt lag auf der Untersuchung der Frage, ob der menschliche Melatoninspiegel durch elektrische und magnetische Felder beeinflusst wird, da ein Zusam-menhang vermutet wurde. Melatonin ist ein Hormon, das in der Zirbeldrüse gebildet wird und eine wichtige Funktion bei der Steuerung des Tag-Nacht-Rhythmuses besitzt. Außerdem soll es durch seine Eigenschaft als Radikalfänger der Entstehung von Krebs vorbeugen. Beim Menschen konnte eine solche Beeinflussung des Melatoninspiegels jedoch nicht nachgewie-sen werden.

Auch für neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer, Parkinson und amyotropher Late-ralsklerose wurde der Verdacht geäußert, dass bei erhöhter Feldexposition ein größeres Er-krankungsrisiko besteht. Dieses konnte in manchen Studien beobachtet werden; die Ergebnis-se sind jedoch umstritten [115].

In Einzelfällen wurde bei der Realisierung von Erdkabeln in bewohnten Bereichen bereits ein Grenzwert für das Magnetische Feld von 0,2 µT gefordert [89], [27].

Elektrosensibilität

Beschwerden wie Schlafstörungen, Müdigkeit, Konzentrationsschwäche, Gereiztheit, Angstzu-stände, Schwindelanfälle und Augenschmerzen werden von Personen, die sich für elektrosen-sibel halten, auf die Wirkungen elektromagnetischer Felder zurückgeführt. Obwohl in den letz-ten Jahren verstärkt danach geforscht wurde, konnte die Existenz einer solchen erhöhten Sensibilität nicht bewiesen werden. In so genannten „Provokationsstudien“ wurden Personen, die sich für elektrosensibel halten, in zufälliger Reihenfolge elektromagnetischen Feldern un-terschiedlicher Stärke ausgesetzt. Daraufhin sollten sie sagen, wann sie glaubten, dass das Feld zu- und wann es abgeschaltet war. Die Ergebnisse unterschieden sich nicht signifikant von denen von nicht elektrosensiblen Personen: beide Gruppen konnten Exposition und Scheinexposition nicht zuverlässig voneinander unterscheiden ([115], S. 59). Es ist daher nach derzeitigem Kenntnisstand zu vermuten, dass psychische Faktoren oder andere Umweltein-flüsse für die auf „Elektrosmog“ zurückgeführten Beschwerden verantwortlich sind.

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Umweltauswirkungen

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 133

Auswirkungen auf Tiere und Pflanzen

Von vielen Tierarten ist bekannt, dass sie elektrische und / oder magnetische Felder wahr-nehmen können. Tiere, die sich am Erdmagnetfeld – einem statischen Magnetfeld mit einer Stärke zwischen 40 und 50 µT – orientieren, werden als magnetotaktisch bezeichnet. Bei Pflanzen gibt es Hinweise, dass sie durch EMF in ihrem Wachstum beeinträchtigt werden kön-nen.

Wirkungen elektrischer Felder

Verschiedene Studien haben gezeigt, dass Tiere auf elektrische Felder oberhalb einer Stärke von etwa 3 bis 35 kV/m mit Verhaltensänderungen reagieren (s. [115], S. 62). Es ist anzuneh-men, dass manche Arten bereits elektrische Wechselfelder unterhalb dieser Werte wahrneh-men können. Darüber hinaus besitzen manche Fische wie Haie und Rochen spezielle Organe, die so genannten Lorenzini-Ampullen, mit denen sie sehr schwache statische elektrische Fel-der und Wechselfelder sehr niedriger Frequenzen (<< 50 Hz) ab 1 µV/m im umgebenden Wasser detektieren können. Felder dieser Größenordnung werden von anderen Lebewesen ausgesandt, so dass Fische mit elektrischem Sinn diese zur Nahrungssuche nutzen können [46]. Da solche Fische jedoch i.d.R. Meeresbewohner sind und in den europäischen Süßge-wässern nicht vorkommen, spielen sie bei der weiteren Betrachtung keine Rolle.

Tiere, die sich in einem (homogenen) elektrischen Feld befinden, weisen durch die Deformati-on der Feldlinien an ihrem Körper besonders an stark gekrümmten Körperteilen sehr viel höhe-re Feldstärken auf als sie in der Umgebung gemessen werden können (Abb. 98). Im Bereich des Kopfes kann die elektrische Feldstärke beispielsweise dreimal so hoch sein wie in der Umgebung.

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Umweltauswirkungen

134 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Abb. 98: Deformation des elektrischen Feldes durch den Körper eines Vogels.

a) Flug entlang eines Leiterseils bei einer ungestörten Feldstärke von 10 kV/m

b) Im Bereich des Leiterseils

Sitzt ein Vogel auf einem Leiterseil, so fließt der Strom auch durch den Vogelkörper. Dabei werden in den Beinen die höchsten Körperstromdichten erreicht. Von diesem Strom, der nur bei Tieren auftritt, die mit den Leiterseilen in direktem Kontakt stehen, müssen die durch das sich ändernde Magnetfeld induzierten elektrischen Wirbelfelder unterschieden werden. Diese weisen wesentlich geringere Körperstromdichten auf (Abb. 99).

Die Auswirkungen hoher elektrischer Feldstärken bzw. Körperstromdichten auf Vögel sind nur teilweise bekannt. Von Untersuchungen an Säugetieren weiß man, dass elektrische Felder oberhalb einer Stärke von 5 kV/m eine Vibration des Haarkleides verursachen können, die von den Tieren auch wahrgenommen wird. Eine Reizung von Nerven, Muskeln oder Sinnesrezep-toren ist ab einer Körperstromdichte von 100 µA/cm² möglich; dieser Wert wird bei auf der Lei-tung sitzenden Vögeln häufig überschritten. In zahlreichen Freilanduntersuchungen wurden folgende Auswirkungen von EMF auf Vögel gefunden [160]:

- Vögel meiden den Sitz auf Höchstspannungsleitungen, meistens sind sie auf dem spannungslosen Erdseil zu beobachten;

- Vögel, die unter einer Hochspannungsleitung ausgebrütet wurden, zeigen eine 10 bis 15-prozentige Verzögerung bei der Entwicklung der Jungvögel, diese normalisierte sich aber nach dem Ausfliegen der Jungvögel;

- Bei Nestern unter Hochspannungsleitungen wurde eine 9-prozentige Senkung der Brutrate sowie eine 10 bis 15-prozentige Verringerung der Überlebensrate bei Staren beobachtet.

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Umweltauswirkungen

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 135

Abb. 99: Magnetisches Feld um das Leitungsseil und die Verteilung der induzierten Wirbelströ-me im Körper eines Vogels

In anderen Untersuchungen konnte dagegen kein Einfluss von EMF auf Vögel nachgewiesen werden. So zeigen Vögel, die unter Hochspannungsleitungen ausgebrütet wurden, keine er-kennbaren Krankheitseffekte; zudem sind Anzahl und Größe der gelegten Eier vergleichbar [160]. Auch konnten keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen der Größe von Nes-tern auf Hochspannungsmasten und außerhalb belegt werden. Ebensowenig konnten Verhal-tensänderungen aufgrund der elektrischen und magnetischen Felder eindeutig nachgewiesen werden [160].

Bienenvölker, deren Kästen in der Nähe von Hochspannungsfreileitungen aufgestellt werden und dort einer Feldstärke von 4 kV/m ausgesetzt sind, produzieren weniger Honig und weisen eine höhere Mortalitätsrate auf. Dieser Effekt beruht vermutlich auf elektrischen Schlägen, die die Bienen beim Kontakt mit Oberflächen im Bienenkasten bekommen [46]. Außerdem zeigen sie ein erhöhtes Reizverhalten und sind deutlich schwarmfreudiger [160]. Dies lässt vermuten, dass auch andere Insekten in der Nähe von Hochspannungsfreileitungen Verhaltensänderun-gen zeigen könnten oder beim Berühren von Oberflächen ein höheres Mortalitätsrisiko besit-zen.

Pflanzen, die in der Nähe von Höchstspannungsleitungen wachsen, werden ab einer Feldstär-ke von 20 kV/m durch Koronaentladungen an den Blattspitzen sichtbar geschädigt. An einer 1100-kV-Teststrecke wurde bei einer Feldstärke von 123 kV/m eine Beeinträchtigung der Wachstumsrate bei Eichen und Douglasien festgestellt, außerdem wurden (sichtbare) Korona-entladungen an der Spitze der Blätter beobachtet [46]. Elektrische Feldstärken in dieser Grö-ßenordnung sind in Deutschland an Höchstspannungsleitungen jedoch nicht zu erwarten; von geringeren Feldstärken sind keine Auswirkungen auf Pflanzen bekannt.

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Umweltauswirkungen

136 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Wirkungen magnetischer Felder

Magnetotaxis ist ein Phänomen, das bei vielen verschiedenen Tiergruppen beobachtet werden kann. So ist von marinen Mollusken, Amphibien (Molchen), Fischen (z.B. Forellen, Lachsen), Meeresschildkröten, Insekten (Bienen) und Vögeln (v.a. ziehenden Singvögeln und Brieftau-ben) bekannt, dass sie sich am Erdmagnetfeld orientieren; sogar bei manchen Bakterien konn-te ein Magnetsinn nachgewiesen werden. Bei Zugvögeln wird vermutet, dass sie zur Orientie-rung während des Zuges zumindest zusätzlich zu anderen Orientierungshilfen auch das Erd-magnetfeld benutzen. Dies konnte in verschiedenen Studien bestätigt werden [117]. Verhal-tensexperimente haben gezeigt, dass ziehende Rotkehlchen desorientiert werden, wenn sie schwachen Magnetfeldern (< 1/50 der Stärke des Erdmagnetfeldes) in der Radiofrequenz (1 – 50 MHz) ausgesetzt sind. Es ist laut [117] jedoch weniger wahrscheinlich, dass niederfrequen-te Wechselfelder, wie sie bei Hochspannungsleitungen und Erdkabeln auftreten, eine Auswir-kung auf den Magnetsinn der Vögel haben.

Honigbienen können statische Magnetfelder ab einer Stärke von 26 nT wahrnehmen; bei nie-derfrequenten Feldern steigt die Wahrnehmungsgrenze. Sie liegt bei 60 Hz etwa bei 100 µT [46]. Inwiefern Bienen durch Magnetfelder in ihrem Verhalten beeinflusst werden oder eine physiologische Reaktion zeigen, ist nicht bekannt; die Wirkungen elektrischer Felder scheinen jedoch gravierender zu sein.

Auch Säugetiere zeigen Reaktionen, wenn sie starken elektrischen und magnetischen Feldern ausgesetzt werden. In verschiedenen Studien wurden bei höheren Feldstärken (z.B. ANDERSON et al. 2000: 30 mT bei 60 Hz, s. [46] S. 9) bei Ratten, Rindern und Schweinen Mei-dungsverhalten der Felder und Anzeichen von Stress beobachtet.

Die Reaktion von Pflanzen auf Magnetfelder ist weniger gut untersucht. Manche Autoren be-richten von einer erhöhten Keimungsrate, wenn Pflanzen unter Laborbedingungen magneti-schen Feldern mit einer Stärke von etwa 50 µT ausgesetzt werden (s. [46], S. 9).

Mögliche Minimierungsmaßnahmen

Die Minimierungsmaßnahmen hinsichtlich der Ausdehnung elektrischer und magnetischer Fel-der sind bei Freileitungen begrenzt und beschränken sich auf die Anordnung der Leiterseile. Eine Führung der Seile in einer Dreiecksanordnung, wie sie beim Donaumast gegeben ist, ist dabei als günstigste Möglichkeit anzusehen.

Bei Erdkabeln, bei denen durch die durch die Kabelumhüllung bedingte Schirmung ohnehin kein elektrisches Feld auftritt, lässt sich das Magnetfeld durch die Verlegeanordnung (u.a. möglichst enge Bündelung der Leiter eines Systems, Verlegung in größerer Bodentiefe) erheb-lich reduzieren. Durch technische Maßnahmen zur Abschirmung kann das Magnetfeld erheb-lich reduziert werden (vgl. Kap. 3). Diese Verfahren können eingesetzt werden, wenn hohe Anforderungen an die Minimierung des Magnetfelds gestellt werden.

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Umweltauswirkungen

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 137

Bewertung der Auswirkungen

Die Bewertung der Auswirkungen elektrischer und magnetischer Felder wird dadurch er-schwert, dass nach wie vor umstritten ist, welche Auswirkungen elektrischen und magneti-schen Feldern überhaupt zuzuschreiben sind. Unabhängig davon ist jedoch festzustellen, dass bei Erdkabeln ein deutlich kleinerer Bereich durch magnetische Felder beeinträchtigt wird als bei Freileitungen und elektrische Felder ohnehin nur bei Freileitungen auftreten.

Betrachtet man die möglichen Auswirkungen elektrischer Wechselfelder auf Organismen, so ist ab einer Feldstärke von 1 kV/m mit einer Wahrnehmung des Feldes von Menschen und Tieren zu rechnen. Niedrigere Feldstärken können daher nach derzeitigem Wissensstand als unbedenklich gelten; dies entspricht auch den Einschätzungen der WHO. Bei 110 kV-Freileitungen sind die höchsten erreichten elektrischen Feldstärken direkt unter der Leitung in 1 m über dem Erdboden in der Regel niedriger als 1 kV/m, so dass durch das elektrische Feld keine negativen Auswirkungen zu befürchten sind. Dazu trägt auch die Tatsache bei, dass elektrische Felder durch Vegetation, Hauswände etc. abgeschirmt werden. Es muss jedoch beachtet werden, dass im Nahbereich der Leiterseile die Wahrnehmungsschwelle für Tiere deutlich überschritten wird und bei Feldstärken ab 4 kV/m Auswirkungen z.B. auf Bienen nachweisbar sind.

Magnetische Wechselfelder sind in ihren chronischen Wirkungen umstritten. Akute Wirkungen auf den Menschen sind bekannt und gut untersucht und bilden die Grundlage für den festge-schriebenen gesetzlichen Grenzwert von 100 µT in Bereichen, in denen sich Menschen nicht nur vorübergehend aufhalten. Darüber hinaus ist bekannt, dass unipolare Herzschrittmacher als die empfindlichsten elektronischen Implantate durch ein Magnetfeld ab 20 µT beeinflusst werden können. Chronische Wirkungen auf den Menschen werden ab einem Wert von 0,2 µT diskutiert, auch wenn die Befunde zahlreicher Studien widersprüchlich sind und epidemiologi-sche Studien bisher keine Beweise für kausale Zusammenhänge liefern konnten. Insgesamt wird hier aber der Magnetfeldbelastung eine höhere Bedeutung zugemessen als der Belastung durch elektrische Felder.

Hinsichtlich der Reaktionen von Pflanzen und Tieren auf magnetische Wechselfelder liegen nur wenige Studien vor, die bisher nur Hinweise auf (akute) Wirkungen bei höheren Feldstär-ken ergeben haben. Auch hier ist jedoch zu berücksichtigen, dass insbesondere flugfähige Tiere bei Freileitungen höheren Feldstärken ausgesetzt sind, wenn sie in die Nähe der Leiter-seile gelangen.

4.2.5. Auswirkungen durch Schall Akute gesundheitliche Schäden sind auch bei den höchsten zu erwartenden Schalldruckpe-geln, die von den Koronageräuschen einer Freileitung ausgehen, nicht zu erwarten. Ein Schalldruckpegel von 30 bis 50 oder gar 60 dB, wie er bei Hoch- und Höchstspannungsleitun-gen insbesondere bei feuchten Witterungslagen durchaus vorkommen kann, wird jedoch als

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Umweltauswirkungen

138 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Störgeräusch deutlich wahrgenommen und führt in der freien Landschaft beispielsweise zu einer Minderung der Erholungsfunktion (zum Vergleich: Blätterrascheln erzeugt einen Schall-druckpegel von 10 dB, eine normale Unterhaltung in 1 m Entfernung von 40 – 60 dB). Der Brummton wird nur schlecht von Gebäudehüllen absorbiert. Außerdem ist zu beachten, dass gerade zu Ruhezeiten andere Geräuschquellen verstummen und Schallemissionen von Frei-leitungen dann besonders gut wahrgenommen und als störend empfunden werden.

Inwieweit Tiere durch die Schallemissionen von Freileitungen beeinträchtigt werden, ist nicht bekannt. Fraglich ist beispielsweise, ob Fledermäuse den durch Koronaentladungen ebenfalls emittierten Ultraschall wahrnehmen und mit Verhaltensänderungen darauf reagieren. Bisher liegen hierzu allerdings keine Erkenntnisse vor.

Mögliche Minimierungsmaßnahmen

Koronaentladungen an Hoch- und Höchstspannungsfreileitungen können zwar nicht generell vermieden, sie können jedoch in ihrem Ausmaß und damit in ihrer Belastungsintensität ver-mindert werden. Voraussetzung dafür ist die Verringerung der elektrischen Randfeldstärke. Dies kann durch folgende Maßnahmen geschehen:

- Erhöhung der Anzahl der Leiter im Bündel

- Vergrößerung der Leiterradien

- Beschichtung der Leiterseile mit hydrophilen Materialien1.

Während die ersten beiden Maßnahmen darauf abzielen, die elektrische Feldstärke auf der Oberfläche der Leiterseile direkt zu verringern, soll mit der Beschichtung ein schnelleres Trocknen der Leiterseile erreicht werden, so dass die Rauhigkeit der Oberfläche und damit die lokale Feldüberhöhung an den Wassertropfen nach einem Regenguss möglichst schnell wie-der abnimmt. Diese Maßnahme verringert Koronageräusche also nur nach Niederschlagser-eignissen; allerdings sind die Geräusche zu dieser Zeit auch am stärksten wahrnehmbar und stören daher am meisten.

Eine Studie des TÜV Süddeutschland [134] untersuchte die Geräuschentwicklung von 380 kV-Freileitungen, deren Leiterseile im Viererbündel angeordnet waren. In den Fällen, in denen die Leitung hörbar war, lagen die Schallpegel in einem Abstand zwischen 38 und 88 m zur Leitung zwischen 20 und knapp über 30 dB(A). Hierdurch wird das Minimierungspotential deutlich, das durch eine entsprechende Leiterseilanordnung gegeben ist.

1 Theoretisch sollte die Beschichtung mit superhydrophoben Materialien, an denen alle Wassertropfen sofort abper-len, zum selben Ergebnis führen. Bei Testversuchen konnte eine Reduktion des Schalldruckpegels jedoch nicht bestätigt werden [158].

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Umweltauswirkungen

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 139

Bewertung der Auswirkungen

Werden die Minderungsmaßnahmen beachtet, so ist bei Freileitungen der 110 kV-Ebene nur bei ungünstigen Witterungsbedingungen mit einer nennenswerten Geräuschentwicklung zu rechnen; die Auswirkungen treten in ihrer Bedeutung daher hinter andere Wirkungen, wie z.B. das Kollisionsrisiko für Vögel und die Landschaftsbildbeeinträchtigung zurück. Es ist allerdings zu beachten, dass auch eine geringe Geräuschentwicklung in Wohngebäuden und auf Grund-stücken, auf denen Menschen sich häufig aufhalten, durchaus zu einer subjektiven Belästi-gung führen kann.

4.2.6. Auswirkungen heißer Leiterseile Leiterseile von Freileitungen erreichen im Normalbetrieb bei Dauerlast eine Temperatur von 70 bis 80° C. Durch die Verwendung von Hochtemperatur-Leiterseilen (so genannte Heißleitersei-le), durch die eine Steigerung der Übertragungskapazität von Freileitungen um 50 bis 100 % erreicht werden kann, können allerdings zu Zeiten der Höchstlast Temperaturen bis zu 150 °C auftreten. Bisher ungeklärt ist, inwieweit dies zu Schädigungen bei auf den Seilen rastenden Tieren (insbesondere Vögel) führen kann; akute Verbrennungen an den Füßen sind jedoch zu vermuten. Telefonische Nachfragen bei der Schweizer Vogelwarte und bei Experten erbrach-ten keine Hinweise auf bereits durchgeführte systematische Untersuchungen. Es wäre insbe-sondere zu klären, ob Vögel sich überhaupt auf solche Leiterseile setzen. Auch bei Verwen-dung konventioneller Leiterseile werden Vögel selten auf den spannungsführenden Seilen von Freileitungen der Hoch- und Höchstspannungsebene beobachtet; meistens sitzen sie auf dem Erdseil. Es ist offenbar nicht bekannt, ob es sich hierbei um einen Lerneffekt handelt oder ob Vögel die Leiterseile strikt meiden [64].

4.2.7. Unfallgefahr Unfälle an Freileitungen passieren einerseits durch Abstürze, beispielsweise bei Wartungsar-beiten. Darüber hinaus geschehen immer wieder auch elektrische Unfälle, die bei Hoch- und Höchstspannungsleitungen meist mit schweren Verbrennungen oder mit dem Tod enden. So wurden beispielsweise nach dem Sturm in Südschweden im Januar 2005 Techniker aus ganz Schweden, Dänemark und Deutschland geholt; bei den Arbeiten kamen drei Techniker ums Leben. Der Anteil der (elektrischen) Unfälle an Freileitungen ab einer Spannungsebene von 110 kV an allen gemeldeten Stromunfällen lag in den vergangenen 10 Jahren in Deutschland zwischen 0,07 % und 0,6 %; das sind in absoluten Zahlen zwischen 1 und 11, im Durchschnitt zwischen 5 und 6 Unfälle pro Jahr (Dembski 2008 schriftl.2).

2 Berufsgenossenschaft der Elektro Textil Feinmechanik

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140 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Der Anteil der Unfälle an Erdkabeln ab einer Spannungsebene von 110 kV an allen gemelde-ten Stromunfällen in Deutschland lag in den vergangenen 10 Jahren zwischen 0,05 % und 0,35 %; diese Werte entsprechen absoluten Zahlen zwischen 1 und 6. Im Durchschnitt wurden jährlich zwischen 3 und 4 Unfälle an Hochspannungserdkabeln gemeldet (Dembski 2008 schriftl.²).

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Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 141

5. Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

Anhand dieser aktuell in Planung befindlichen Stromtrasse sollen in verschiedenen Szenarien die Realisierungsmöglichkeiten einer solchen Netzausbaumaßnahme dargestellt und hinsicht-lich der Auswirkungen auf Natur und Landschaft, aber auch hinsichtlich der betriebs- und volkswirtschaftlichen Kosten verglichen werden. Zusätzlich zu den für Freileitung und Erdkabel vorliegenden Planungen wurden naturschutzfachlich optimierte Szenarien entwickelt. Dazu gehören eine durch die Verwendung von Eintraversenmasten niedriger Bauhöhe optimierte Freileitung sowie Erdkabelvarianten mit unterschiedlichen Leitermaterialien, Verlegeanordnun-gen und in einem Fall einer zusätzlichen Kühlung.

In einem betriebswirtschaftlichen Vollkostenvergleich wird – soweit bekannt – der Unterschied zwischen der geplanten Freileitung und den verschiedenen Erdkabelszenarien ermittelt. Die Berechnung erfolgt unter Berücksichtigung von sozialen Kosten und notwendigen Ausgleichs-maßnahmen. Die Ergebnisse stellen einen beispielhaften Vergleich bezogen auf die ausge-wählte Trasse dar und sind nicht auf andere Trassen übertragbar. Eine Kostenberechnung für eine naturschutzfachlich optimierte Freileitung auf der Strecke wurde allerdings nicht durchge-führt, da keine eindeutig belastbaren Daten für die Kosten der Freileitung verfügbar sind.

In einem weiteren Abschnitt in Kap. 5.5.2 wird eine volkswirtschaftliche Betrachtung der Aus-wirkung des verzögerten Netzausbaus auf die Region des Kreises Nordfriesland erstellt. Hier sind insbesondere die durch die Netzengpässe bedingten Investitionshemmnisse auf den Ausbau erneuerbarer Energieprojekte sowie der Einfluss der verminderten Einspeisevergü-tungen auf das Gewerbesteueraufkommen beleuchtet worden. Auch wird der Versuch unter-nommen, den Beschleunigungseffekt, der sich durch einen frühzeitigen Einsatz von Erdkabeln bei 110 kV-Netzverstärkungsmaßnahmen ergibt, zu beziffern.

5.1. Planungshintergrund

Das Land Schleswig-Holstein hat in den vergangenen Jahren bei der Erzeugung von Strom aus regenerativen Quellen eine Vorreiterrolle in Deutschland eingenommen. Dieses ist insbe-sondere auf die guten Standorteigenschaften zur Windstromproduktion und eine Politik zu-rückzuführen, die die erforderlichen Grundlagen für den Ausbau schuf.

Schleswig-Holstein hat sich schon frühzeitig für den Ausbau der Windenergienutzung einge-setzt. Nach einigen Jahren freier Standortwahl wurden in den Regionalplänen rund 120 km2 (ca.1%) der Landesfläche als Eignungsgebiete für Windenergienutzung ausgewiesen. Diese Eignungsflächen sind mittlerweile weitestgehend durch Windenergieanlagen (WEA) bebaut. Ein weiterer Ausbau der Windenergienutzung erfolgt vornehmlich durch das „Repowering“, das Ersetzen älterer Anlagen durch moderne leistungsstärkere Anlagen. So wurden viele kleine

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Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

142 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Altanlagen durch größere leistungsstärkere Anlagen ersetzt. Dieses führt zu einer Reduktion der Anlagenanzahl und einem gleichzeitigen Anstieg der installierten Leistung (vgl. [101]).

In der Netzregion Nordfriesland – westlich der gedachten Verbindungslinie der Städte Flens-burg und Rendsburg und nördlich der Eider – sind derzeit 750 MW an Erzeugungskapazitäten aus Dezentralen Energieerzeugungsanlagen (DEA, hier nur regenerative Energieerzeugungs-anlagen) am Netz [35]. In den nächsten Jahren wird auch weiterhin ein starker Neubau von Windenergieanlagen erwartet. Im September 2005 hat ein Gutachten von WINDTEST im Auf-trag von E.ON Netz GmbH zur Prognose der Windleistung 2010/2011 diesen Trend für Schleswig-Holstein im Besonderen bestätigt (Windtest 2005). Bis 2010 werden einerseits wei-terhin neue Windenergieanlagen gebaut, andererseits aber auch alte Anlagen durch neue, leistungsstärkere ersetzt. Dadurch wird 2010 mit einer Windkraftleistung von rund 1.000 MW in der Netzregion Nordfriesland gerechnet. Da der Stromverbrauch der Region weit unter diesen Werten liegt, muss bei starkem Wind schon heute – und in Zukunft noch in weitaus größerem Umfang – Strom in die verbrauchsstärkeren Gebiete nach Süden geleitet werden. Bislang ge-schieht dies über zwei 110 kV-Leitungen zwischen Niebüll und Flensburg sowie Husum und Audorf. Ihre ausfallgesicherte ("(n-1)-sichere") Übertragungskapazität von 310 MW reicht hier-für aber längst nicht mehr aus.

Gemäß der Auskunft des zuständigen Übertragungsnetzbetreibers E.ON Netz GmbH ist die derzeitige Übertragungskapazität trotz einer Netzoptimierungsmaßnahme (Freileitungsmonito-ring3) um 250 MW geringer als die maximale Einspeisung der Windenergieanlagen. Dieses Defizit kann gegenwärtig nur durch das so genannte Erzeugungsmanagement4 aufgefangen werden. Bei starkem Wind und hoher Windeinspeisung müssen bestimmte Windenergieanla-gen gedrosselt werden, um eine Überlastung der Netze zu vermeiden. Im Jahr 2005 war diese Maßnahme wegen Überlastung der Trasse zwischen Schobüll und Flensburg 24 Mal notwen-dig. Bis 2011 werden voraussichtlich 670 MW mehr Windkraftkapazität installiert sein als mit den heutigen Hochspannungsleitungen abtransportiert werden können.

Im Hinblick auf sich abzeichnende Engpässe in den Übertragungsnetzen wurde frühzeitig eine Netzstudie für Schleswig-Holstein angeregt. Die Universität Dortmund (Prof. E. Handschin) wurde im Jahr 1999 von der Landesregierung Schleswig-Holstein, dem ÜNB (damals Preußen Elektra, heute E.ON Netz) und dem EVU (damals Schleswag, heute E.ON Hanse) beauftragt, die Transportkapazität des Hoch- und Höchstspannungsnetzes für Strom aus DEA in Schles-

3 Das Freileitungsmonitoring (FLM) beschreibt ein Vorgehen, mit dem die realen Umgebungsbedingungen ermittelt werden, die ursprünglich durch die DIN/EN 50182 festgelegt sind. Dieses Verfahren ermöglicht es, die starren theo-retischen Grenzwerte so zu verschieben, dass die noch im Netz verfügbaren Reserven besser genutzt werden kön-nen, ohne die Sicherheit des Netzes zu gefährden. Gerade im Falle der verstärkten Windeinspeisung in Nord-deutschland sind die in der Norm angenommenen Wetterdaten eher unwahrscheinlich.

4 Das Erzeugungsmanagement (ErzMan) beschreibt ein Verfahren zur Drosselung oder Abschaltung von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien bei Netzauslastungen. Das Erzeugungsmanagement ist im § 4 Abs. 3 EEG geregelt. Es bleibt zu ergänzen, dass das Netz gemäß §4, Abs. 3 EEG vollständig durch Strom aus Erneuerbaren Energien oder Grubengas ausgelastet sein muss.

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Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 143

wig-Holstein zu bestimmen. Ergebnis war eine maximal zulässige Transportkapazität von 1.430 MW für Strom aus DEA, die durch den Ausbau der Erneuerbaren Energien bereits im Jahr 2001 erreicht war.

Die Studie offenbarte den dringenden Bedarf, die Hochspannungsnetze auszubauen. Für den Anschluss von DEA an das öffentliche Höchstspannungsnetz folgte für den Netzbetreiber, dass bei Gefährdung der Versorgungssicherheit eine leittechnische Einbindung zur direkten Beeinflussung der Einspeisung gegeben sein muss, solange das Netz noch nicht ausgebaut ist (vgl. [59], S.99f).

In Schleswig-Holstein gibt es zur Schaffung zusätzlicher Netzkapazität seit 2001 Planungen für drei neue 110 kV-Leitungen (Abb. 100) zwischen Göhl und Lübeck, Heide und Pöschendorf sowie Breklum und Flensburg (vgl. [36]).

Den größten Bedarf an zusätzlicher Netzkapazität gibt es in der Netzregion Nordfriesland. Um die vorhandene Bedarfslücke zu schließen, plant E.ON Netz den Bau einer 27 km langen 110 kV-Freileitung zwischen Breklum und Flensburg sowie weitere Ausbaumaßnahmen. Damit wird die sichere Übertragungskapazität in Nordfriesland von 310 MW auf über 1.000 MW er-höht und somit ein sicherer Netzbetrieb weiterhin gewährleistet.

Abb. 100: Der Kreis Nordfriesland und das Hoch- und Höchstspannungsnetz in SH

Die geplante Freileitung soll über eine (n-1)-sichere Übertragungskapazität von 380 MW ver-fügen. Nach E.ON Netz GmbH (2006) wird die geplante zweisystemige Freileitung Breklum-Flensburg unter Berücksichtigung einer 100 %-igen WEA-Einspeisung und eines Normalbe-

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Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

144 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

triebes im Netz eine Leistung von ca. 520 MW übertragen. Für den Fall, dass ein System im Bereich der geplanten Trasse oder des dazugehörigen 380/110 kV-Transformators ausfällt ((n-1)-Fall), übernimmt der zweite Stromkreis ca. 360 MW, die derzeitig vorhandenen 110 kV-Leitungen Niebüll-Flensburg und Niebüll-Husum werden mit zusätzlichen 160 MW belastet. Der Weiterbetrieb des Netzes ist gewährleistet, das (n-1)-Kriterium ist erfüllt. Ein Erzeugungs-management ist nach Aussage von E.ON Netz GmbH dann nicht mehr erforderlich.

Diese Angaben decken sich nicht vollständig mit den vereinbarten Vorgaben der von E.ON beauftragten Studie von Brakelmann [19]: Dort war eine zweisystemige Erdkabelverbindung so dimensioniert und wirtschaftlich bewertet worden, dass die beiden Kabelsysteme durch den im Normalbetrieb gegebenen Lastfluss bei Höchstlast mit 460 MVA (120 % von 380 MVA) ausge-lastet sind, während im (n-1)-Fall ein Kabelsystem die Höchstlast von 380 MVA zu übertragen hat.

Die E.ON Netz GmbH als zuständiger Netzbetreiber stellte bereits im November 2002 den Antrag auf den Bau einer Freileitung. Diese Planung stieß jedoch auf starken regionalen Wi-derstand, was 2004 zur Gründung der Interessengemeinschaft Erdkabel (IGE) führte. Ziel der IGE ist die Realisierung der Netzverstärkung mittels eines Erdkabels.

Daraufhin wurde von der GEO mbH im August 2004 mit der Planung einer alternativen Erdka-beltrasse begonnen (Abb. 101). Nach einem knappen Jahr lagen im Juli 2005 alle Genehmi-gungen und privatrechtlichen Gestattungen vor. Der Netzbetreiber war zu diesem Zeitpunkt aber nicht bereit, diese Planung zu übernehmen, sondern verfolgte weiter die Planung der von ihm favorisierten Freileitung.

Die alternativ geplante und bereits genehmigte Erdkabelverbindung zwischen den Umspann-werken Breklum und Haurup erfüllt nach einer Anpassung ebenfalls die o.g. Anforderungen an die Übertragungskapazität. Entsprechende Änderungsgenehmigungen wurden im Februar 2007 erteilt.

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Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 145

Abb. 101: Übersicht über den Trassenverlauf Breklum – Flensburg

Im Dezember 2005 wurden die ersten vollständigen Antragsunterlagen von E.ON Netz in die Öffentlichkeitbeteiligung gegeben. Notwendige Planänderungen gab es im Mai 2008 und März 2009. Es ist davon auszugehen, dass der Planfeststellungsbeschluss für den Bau der Freilei-tung im Herbst 2009 gefasst wird. Ob dann direkt im Anschluss die Umsetzung beginnen kann, ist zweifelhaft, denn Betroffene haben eine Klage gegen den Beschluss angekündigt und au-ßerdem konnte die Trasse bisher noch nicht vollständig privatrechtlich gesichert werden; hier ist mit einer Zeitverzögerung durch einige Verfahren der vorzeitigen Besitzeinweisung zu rech-nen.

Nach Inkrafttreten des Infrastrukturplanungsbeschleunigungsgesetzes (IPBG) im Dezember 2006 änderte sich die Rechtslage für Erdkabel im Küstenbereich. Demnach ist für Erdkabel-planungen im 20-km-Küstenstreifen5 – in dem sich auch der größte Teil der Erdkabeltrasse Breklum-Flensburg befindet – nach Auffassung des Planungsbüros / Antragstellers die Mög-lichkeit eines Planfeststellungsverfahrens und einer Kostenumlegung gegeben. Da zu dieser

5 vgl. § 43 Satz 3 EnWG: „Für Hochspannungsleitungen mit einer Nennspannung von 110 Kilovolt im Küstenbereich von Nord- und Ostsee, die zwischen der Küstenlinie und dem nächstgelegenen Netzverknüpfungspunkt, höchstens jedoch in einer Entfernung von nicht mehr als 20 Kilometer von der Küstenlinie landeinwärts verlegt werden sollen, kann ergänzend zu Satz 1 Nr. 1 auch für die Errichtung und den Betrieb sowie die Änderung eines Erdkabels ein Planfeststellungsverfahren durchgeführt werden.“

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Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

146 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Zeit für das geplante Erdkabel jedoch bereits alle Genehmigungen vorlagen, beantragte die GEO mbH Anfang 2007 bei der zuständigen Genehmigungsbehörde, dem Landesbetrieb für Straßenbau und Verkehr Schleswig-Holstein (LBV SH), die Feststellung der Nichterforderlich-keit eines Planfeststellungsverfahrens (so genannter „Fall unwesentlicher Bedeutung“). Dies wurde vom LBV SH mit der Begründung abgelehnt, dass die Trasse Breklum – Flensburg gar nicht in den Gültigkeitsbereich des im IPBG geänderten § 43 EnWG falle, weil dieser nur die Planfeststellung von Erdkabeln erlaube, die von der Küstenlinie bis zum nächsten Netzver-knüpfungspunkt verlegt werden, nicht aber von Erdkabeln, die zwei Umspannwerke miteinan-der verbinden. Für dieses Vorhaben bestehe somit gar nicht die Möglichkeit einer Planfeststel-lung, so dass auch nicht die Nichterforderlichkeit eines Planfeststellungsverfahrens erteilt wer-den könne. Diese Auslegung des IPBG würde jedoch auch bedeuten, dass die Mehrkosten für das Erdkabel nicht umgelegt werden könnten, womit eine Realisierung der Freileitungsvariante wahrscheinlicher würde. Nach einem erfolglosen Widerspruch reichte die GEO mbH im Januar 2007 gegen die Entscheidung des LBV SH Klage beim Oberverwaltungsgericht in Schleswig ein; die Klageerwiderung des LBV SH erfolgte wenige Wochen später. Die Gerichtsverhand-lung fand am 12. Februar 2008 statt; die Klage wurde abgewiesen.

5.2. Charakterisierung des Planungsraums

Die geplante Trasse verläuft in ihrer ganzen Länge in der schleswig-holsteinischen Geest. Dieser Naturraum ist unterteilt in die „Hohe Geest“ mit saaleeiszeitlichen, weitgehend abgetra-genen flachen Moränenkuppen, sowie die ebene „Niedere Geest“ mit teilweise vermoorten Sanderflächen.

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Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 147

Abb. 102: Naturräumliche Gliederung des Untersuchungsgebietes

Quelle: Daten des Landesamtes für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume Schleswig-Holstein (LLUR)

Das Gebiet ist ländlich geprägt; die einzige größere Ortschaft ist Breklum im Westen. Bahn-trassen und verkehrsreiche Straßen sind nur dort anzutreffen. Kleine Dörfer und zerstreut lie-gende Einzelgehöfte prägen den Raum. Es findet sowohl Ackerbau- als auch Grünlandnut-zung statt. Das Gebiet wird gegliedert durch ein mehr oder weniger dichtes Netz aus Knicks und Hecken sowie durch einzelne kleine Waldparzellen.

Die Trasse verläuft teilweise in einem Bereich, der im Regionalplan als „Gebiet mit besonderer Bedeutung für Tourismus und Erholung“ ausgewiesen ist.

5.3. Geprüfte Szenarien

Für den hier beabsichtigten Vergleich unterschiedlicher Leitungsalternativen wurden verschie-dene Szenarien entwickelt. Zusätzlich zu den Szenarien, die sich an den laufenden Planungen orientieren, wurden weitere Varianten einbezogen, bei denen mögliche Minimierungsmöglich-keiten durch eine veränderte technische Ausführung berücksichtigt wurden. Alle Varianten sind für die gleichen Leistungsanforderungen ausgelegt.

Der Trassenverlauf für die Erdkabelverbindung sowie die Freileitung wurde aus den aktuellen Planungen übernommen. Die für das Erdkabel zu Grunde gelegten Varianten sind in von Bra-kelmann erstellten Studien ([18], [20]) ausführlich erläutert. Als Variante zur Freileitungstrasse mit Donaumasten wurde eine Leitung mit Eintraversenmasten betrachtet, wobei eine ver-gleichsweise niedrige Bauform gewählt wurde. Es ist an dieser Stelle zu betonen, dass die hier

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Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

148 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

ermittelten Auswirkungen nicht direkt auf die tatsächlich geplanten Leitungen übertragbar sind, zumal in vielen Bereichen im Rahmen der hier verfolgten Fragestellung nur eine generalisierte Betrachtung der Auswirkungen erfolgte.

Als technische Lösungen für die Ausgestaltung der Leitung wurden folgende Szenarien ge-prüft:

1. Erdkabelvariante

A) Verlegung von Kupferkabeln in Einebenenanordnung

Es werden zwei Kupferkabelsysteme mit einem Leiterquerschnitt von 1.600 mm² in einer Einebenenanordnung verlegt. Die einzelnen Adern weisen einen lichten Abstand von 0,20 m auf. Die erforderliche Kabelgrabentiefe beträgt ca. 1,40 m. Die nachfolgende Abb. 103 zeigt den Kabelgraben (ohne Anböschung) und die Anordnung der Kabelsysteme.

Abb. 103: Erdkabel Breklum-Flensburg: Einebenenanordnung

B) Verlegung von Aluminiumkabeln in Dreiecksanordnung

Die Variante führt durch die Dreiecksanordnung zu einer Minimierung des Magnetfeldes. Zur Übertragung der erforderlichen Leistung von 380 MVA ((n-1)-sicher) sind zwei Alumini-umkabelsysteme mit einem Kabelquerschnitt von 2.500 mm² Al erforderlich. Die Kabel werden im Dreieck angeordnet verlegt, wobei die einzelnen Adern wegen der sonst zu starken Bodenerwärmung in einem lichten Abstand von 0,30 m liegen. Die erforderliche Kabelgrabentiefe beträgt hier ca. 1,60 bis 1,70 m und ist somit größer als bei der Einebe-nenanordnung. Die nachfolgende Abb. 104 zeigt den Kabelgraben (ohne Anböschung) und die Anordnung der Kabelsysteme.

1400

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Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 149

300

300 300

300

300 300

1550

500

1200

1560

∆sSys =

∆sAder =

Abb. 104: Erdkabel Breklum-Flensburg: Dreiecksanordnung

C) Im Dreieck gebündelte Verlegung der Aluminium-Einzelleiter mit zusätzlicher Kühlung

Bei dieser Variante werden durch die Kühlung zusätzlich die Auswirkungen durch Boden-erwärmung vermindert. Der dabei mögliche geringere Achsabstand und die geringere Gra-bentiefe führen zu einer weiteren Verminderung des Magnetfelds sowie der Eingriffe in den Boden. Es wird von einem Abstand der Systeme wie bei der vorhergehenden Variante ausgegangen, die Einzelleiter werden jedoch dicht aneinander verlegt. Zusätzlich sind die beiden gebündelt verlegten Kabelsysteme jeweils rechts und links dicht benachbart von Kunststoffkühlrohren, in denen Wasser zur Kühlung der Kabel umgepumpt werden soll. Die erforderliche Kabelgrabentiefe beträgt ca. 1,40 m (Abb. 105).

1200800

1600

1

3

2

6

54I II IVIII

Abb. 105: Erdkabel Breklum-Flensburg: Dreiecksanordnung mit Kühlung

Die Kühlanlage wird redundant, d.h. als zwei Kühlsysteme mit jeweils zwei Kühlrohren ausgelegt. Bei der Dimensionierung wird davon ausgegangen, dass zwei Kühlstationen an

1700

1400

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Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

150 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

beiden Enden der Kabeltrasse und zusätzlich eine (unterirdisch installierte) Pumpenstation am abgewandten Ende jedes Kühlabschnitts, hier also in der Trassenmitte, vorgesehen werden. In jedem der beiden Kühlsysteme wird das Kühlwasser an der Kühlstation in das innen liegende Kühlrohr eintreten, zur Trassenmitte strömen, dort in das zweite, außen lie-gende Kühlrohr eintreten und in diesem Kühlrohr zur Kühlstation zurückgeführt. Als Kühl-rohre werden PE-Rohre mit einem Außendurchmesser von 180 mm und einer Wanddicke von rd. 15 mm vorgesehen.

2. Freileitungsvarianten

D) Freileitung mit Donaumast

Diese Variante entspricht im Wesentlichen der beantragten Freileitungstrasse. Der Do-naumast ist als Standardmasttyp für Freileitungen im betrachteten Raum anzusehen. Die Leitung wird mit insgesamt 85 Maststandorten geplant. Die Spannfeldweite beträgt rd. 360 m. Der Schutzbereich ist in der Feldmitte rd. 40 m breit (20 m zu beiden Seiten). Die zu Grunde gelegten Abmessungen sind in Tab. 11 dargestellt.

E) Freileitung mit Eintraversenmast

Dieses Szenario stellt durch die Verwendung eines Eintraversenmastes mit geringer Bau-höhe eine deutliche Minimierung der Eingriffe in das Landschaftsbild dar. Zusätzlich kommt es zu einer Minimierung der Auswirkungen auf Vögel, weil sich alle Leiterseile in einer Ebene befinden. Die zu Grunde gelegten Abmessungen sind in Tab. 11 dargestellt. Auf-grund der geringeren Höhe der Traverse ergeben sich kürzere Spannfelder. Im Rahmen des Vorhabens wurde von einer Spannfeldlänge von 300 m ausgegangen, hieraus ergibt sich eine Anzahl von 102 Maststandorten. Der Schutzbereich wird ebenfalls mit 40 m an-genommen. Diese Annahme ist trotz der größeren Traversenbreite gerechtfertigt, weil durch die Verkürzung der Spannfelder auch der maximale Seilausschwung geringer wird.

Tab. 10: Technische Daten der zu Grunde gelegten Kabelvarianten

Erdkabel

Verlegeanordnung Einebene Gebündelt Gebündelt, mit Kühlung

Leiter Kupfer, Leiterquerschnitt 1600 mm²

Aluminium, Leiterquer-schnitt 1200 mm²

Aluminium, Leiterquer-schnitt 1200 mm²

Leiterabstand Lichter Abstand der Kabel 0,2 m, lichter Systemab-stand 0,2 m

Lichter Abstand der Kabel 0,3 m, lichter Systemab-stand 0,8 m

Lichter Abstand der Kabel 0,0 m, lichter Systemab-stand 0,8

Äußerer Systemab-stand

1,60m 1,55 m 1,60 m

Grabentiefe 1,4 m 1,7 m 1,4 m

Trassenlänge 31,0 km

Grabenbreite rd. 2,10 m (äußerer Systemabstand zzgl. 0,5 m)

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Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 151

Flächenbedarf in der Bauphase

Baufeldbreite 10 m Trassenbreite auf gesamter Trassenlänge ca. 31 ha

Tab. 11: Technische Daten der zu Grunde gelegten Freileitungsvarianten

Freileitung

Masttyp Donaumast Eintraversenmast

Fundamente 4 Einzelfundamente

Leiter 2er Bündelleiter, auf jeder Seite ein System; 1 Blitzschutzseil an der Mastspitze

Gesamthöhe 34,4 m 21,5 m

Untere Traverse 23 m 17 m

Obere Traverse 27,4 m -

Traversenbreite 16 m 20 m

Schutzbereich 40 m 40 m

Spannfeld 360 m 300 m

Anzahl Masten 85 102

Trassenlänge 27,8 km

Flächenbedarf in der Bauphase

ca. 500 m² pro Mast ca. 4,3 ha ca. 500 m² pro Mast ca. 5,1ha

5.4. Umweltauswirkungen

Analog zur Vorgehensweise in Kap. 3 werden die anlagen- und betriebsbedingten Auswirkun-gen der Freileitung und des Kabels verglichen und quantifiziert. Die bau-, wartungs- und rück-baubedingten Auswirkungen werden hier nicht berücksichtigt, da weder für die Freileitung noch für das Erdkabel genaue Angaben zur Durchführung der Baumaßnahmen (Art, Dauer und Zeitpunkt) vorliegen. Durch entsprechende Minimierungsmaßnahmen (z.B. Verzicht von Bau- und Rodungsarbeiten zur Brutzeit der Vögel von April bis Juni) können viele der baube-dingten Auswirkungen zudem sowohl bei der Freileitung als auch beim Erdkabel gering gehal-ten werden, so dass sie verglichen mit den anlagen- und betriebsbedingten Auswirkungen kaum ins Gewicht fallen. Eine Ausnahme stellen die durch Baustraßen und Baustellenbetrieb benötigten Flächen dar, auf denen die Vegetation größtenteils zerstört und der Boden verdich-tet wird. Diese Flächen sind im Vergleich in Tab. 10 und Tab. 11 aufgeführt.

Grundlage für die Ermittlung der Auswirkungen sind die in den entsprechenden Planunterlagen zu den geplanten Leitungen dokumentierten Angaben zum natürlichen Bestand ([10], [11], [51]). Anhand dieser Daten wurden die jeweiligen Auswirkungen entsprechend der in Kapitel 4 dargestellten Wirkungsprognosen abgeschätzt.

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Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

152 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

5.4.1. Veränderung von Bodenaufbau und -struktur Im Falle der Freileitung werden im günstigsten Fall, d.h. bei Verwendung von je vier Einzelfun-damenten, pro Mast 4 m² Boden versiegelt; das entspricht bei 85 Masten (Donaumast) einer Gesamtfläche von 340 m² sowie bei 102 Masten (Einebenenmast) einer Fläche von rd. 400 m². Bei einer Verwendung von Rammfundamenten mit einer Länge von i.M. 15 m ent-spricht das einem Eingriff in Böden in einer Größenordnung von rd. 5.000 m³ bzw. rd. 6.000 m³.

Bei Realisierung der Kabelvariante wird durch das Kabel selbst bei einem Durchmesser von 10 cm ein Volumen von rd. 1.500 m³ als Fremdkörper in den Boden gebracht, in dem Boden-funktionen nicht zur Verfügung stehen. Evtl. erforderliche zusätzliche Abdeckungen wurden dabei nicht berücksichtigt. Bei der Variante mit zusätzlicher Wasserkühlung erhöht sich das Fremdkörpervolumen durch die Wasserrohre auf 4.650 m³. Darüber hinaus entstehen Verän-derungen des Bodens in erster Linie durch das Ausheben und Verfüllen des Kabelgrabens. Bei einer Breite des Kabelgrabens von rd. 2,10 m ergeben sich bei einer flachen Verlegea-nordnung sowie der Verlegung mit Kühlung bei einer Grabentiefe von 1,40 m Bodenverände-rungen von rd. 91.000 m³. Bei einer Verlegung der Kabel im Dreieck ohne Kühlung ist eine Grabentiefe von 1,70 m erforderlich, so dass sich eine Umlagerung von insgesamt 110.000 m³ Boden bedingt. Mögliche Minimierungsmaßnahmen durch Dükerungen wurden hier nicht be-rücksichtigt.

Bodenversiegelungen entstehen nur bei der Erdkabelvariante mit Kühlung. Hier sind 2 Pump-stationen mit Kühlanlage zu errichten, die einen Flächenbedarf von jeweils rd. 40 m² aufwei-sen. Diese Anlagen können auf dem Gelände der jeweiligen Umspannwerke errichtet werden, so dass sich kein zusätzlicher Flächenbedarf ergibt.

Die Böden entlang der Trasse bestehen im Wesentlichen aus (wenig empfindlichen) Podsolen, Gley-Podsolen und Podsol-Braunerden. Nach dem Moorkataster Schleswig-Holstein werden aber auch einige kleinere Moorflächen tangiert bzw. gequert. Dies betrifft im Falle des Erdka-bels eine Gesamtlänge von etwa 1040 m, im Falle der Freileitung insgesamt 5 Maststandorte. Zu unterscheiden wäre beim Erdkabel jedoch zwischen einer Strecke von etwa 820 m, die entlang einer Straße verläuft, so dass keine Baufahrzeuge den Boden befahren müssen, und der restlichen Strecke von etwa 220 m, die abseits von befestigten Wegen liegt. Da es sich bei den als Moorflächen bezeichneten Bereichen jedoch um Acker- und intensiv genutzte Grün-landflächen handelt, ist davon auszugehen, dass das Bodengefüge bereits jetzt nachhaltig gestört ist und durch die Bauarbeiten am Erdkabel daher nicht wesentlich beeinträchtigt wird.

Drainagen, die durch die Kabelverlegung zerstört werden, werden an Ort und Stelle repariert. Eine großflächige Neuverlegung von Drainagen ist nicht erforderlich, so dass hierdurch keine zusätzlichen Flächen beansprucht und beeinträchtigt werden.

Bekannte Kulturdenkmale werden durch die Erdarbeiten weder bei der Freileitung noch beim Erdkabel beeinträchtigt. In unmittelbarer Trassennähe befindet sich ein Hügelgrab, das jedoch kleinräumig umgangen wird.

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Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 153

5.4.2. Bodenerwärmung Der Betrieb des Erdkabels führt zur Erwärmung des umgebenden Bodens (siehe auch „Wär-meemission bei Hoch und Höchstspannungskabeln“, ew, Jahrgang 108, Heft 10, S. 66-74). Das Ausmaß dieser Erwärmung beträgt in den oberen Bodenschichten bei einer für Windstrom typischen Belastung (vgl. Erwärmung und Austrocknung des Bodens, Kap. 4.2.1) rd. 1 K in den oberen 30 cm sowie rd. 2 K in den oberen 60 cm. Bei einer Belastung des Kabels mit 190 MVA pro System (dies entspricht der halben Maximallast) werden diese Werte deutlich überschritten. Es kann dann zu einer Erwärmung von bis zu 6 K in den oberen 30 cm und max. 12 K in den oberen 60 cm des Bodens kommen (vgl. Abb. 74 ff. auf S. 98 f.). In der Nähe des Kabels treten Erwärmungen bis 20 K auf. Zur Seite hin nimmt die Erwärmung rasch ab, so dass spätestens ab 2 m Entfernung vom Kabelgraben wieder natürliche Temperaturverhältnis-se anzunehmen sind.

Die Szenarien unterscheiden sich hinsichtlich der Bodenerwärmung nicht wesentlich, die Spanne beträgt z.B. in 30 cm Tiefe rd. 1,5 K. Dies liegt daran, dass die Einzelleiter jeweils so dicht aneinander verlegt werden, wie es die zu erwartende Erwärmung erlaubt; somit wird das Optimierungspotenzial überwiegend zur Verringerung der magnetischen Wirkung genutzt.

Für die Ermittlung der betroffenen Flächen wird daher einheitlich von einem Streifen mit Bo-denerwärmungen von 6 m Breite ausgegangen. Es ergibt sich somit eine Fläche von 186.000 m², die von einer Bodenerwärmung betroffen ist.

5.4.3. Rodung von Vegetation Im Baustellenbereich wird die Vegetationsdecke größtenteils zerstört. Je nachdem, um welche Biotoptypen es sich dabei handelt, ist von unterschiedlich langen Regenerationszeiten auszu-gehen. Während sich Acker- und intensiv genutzte Grünlandflächen schnell wieder regenerie-ren, sind hochwertigere Biotope wie beispielsweise Gehölzbiotope u.U. für lange Zeit geschä-digt.

Sowohl die Freileitungs- als auch die Kabeltrasse tangieren nur kleine Wald- bzw. junge Auf-forstungsflächen. Eingriffe in Gehölzbestände treten nur in geringem Umfang auf, regelrechte Waldschneisen werden nicht angelegt. Für die Freileitungstrasse ist die Rodung eines kleinen Waldstücks anstelle der Anlage einer Schneise geplant, um Windbruch bei den ansonsten isoliert stehenden Bäumen zu vermeiden. Die beiden Eingriffe in junge Aufforstungsflächen machen zum jetzigen Zeitpunkt keine Schneisenbildung nötig, da die Bäume bisher eine tole-rierbare Höhe aufweisen, so dass für den Bau der Freileitung lediglich im Bereich der Mastfü-ße Bäume gerodet werden müssen. Insgesamt wird bei der Freileitung von einer Rodungsflä-che von 1080 m² ausgegangen, davon 880 m² in einer Nadelwaldparzelle und 200 m² in jun-gen Aufforstungsflächen. Bei Verwirklichung der Kabelvariante kann der zu rodende Bereich stark reduziert werden, indem das Kabel unter einen Waldweg verlegt wird. Die Fläche, auf der Rodungen unvermeidbar sind, ist mit max. 50 m² daher sehr klein. Die Größe der Rodungsflä-chen ist jeweils unabhängig von der Wahl der technischen Ausführung des Kabels bzw. der

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Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

154 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Freileitung. Sie ist aufgrund des geplanten leicht unterschiedlichen Trassenverlaufs von Frei-leitung und Erdkabel bei den Freileitungsvarianten etwas höher als beim Erdkabel.

Die Planung der Freileitung geht davon aus, dass darüber hinaus insgesamt 50 Einzelbäume gefällt werden müssen. Für die Verlegung des Erdkabels ist eine Entfernung von markanten Einzelbäumen zwar nicht notwendig, es müssen jedoch insgesamt 91 Knicks gequert werden. Diese können theoretisch zwar unterdükert werden; dies würde jedoch zu deutlich höheren Kosten führen und ist deshalb bisher nicht vorgesehen. Die Eingriffsbreite soll bei Knicks auf 6,40 m reduziert werden, so dass insgesamt rd. 580 m Knick durch den Eingriff gerodet wer-den müssen. Geht man von einer durchschnittlichen Knickbreite von 3 m aus, so entspricht dies einer Fläche von 1740 m². Nach Beendigung der Baumaßnahmen werden sie an dersel-ben Stelle wiederhergestellt.

5.4.4. Beeinträchtigung von Lebensräumen Da Offenlebensräume durch ein Erdkabel nicht nachhaltig verändert werden, sind negative Auswirkungen nur im Fall der Verwirklichung der Freileitungsvariante zu befürchten.

Im Rahmen der UVS zu der geplanten Freileitung wurde ein Avifaunistisches Fachgutachten erstellt [84], das das Vogelzuggeschehen und die im Untersuchungsgebiet vorkommenden Brut- und Rastvögel thematisiert. Basierend auf den Arbeiten von Koop [92] folgert Jödicke [84], dass im Untersuchungsgebiet im Wesentlichen ein ungebündelter Breitfrontzug mit der Hauptzugrichtung Nordost – Südwest stattfindet. Da sich die geplante Trasse bis auf wenige kurze Abschnitte in diese Richtung erstreckt und somit von den Zugvögeln kaum gequert wer-den muss, kommt er zu der Einschätzung, dass dem Gebiet im Hinblick auf den konkret ge-planten Trassenverlauf insgesamt eine mittlere Empfindlichkeit und Bedeutung für den Vogel-zug zukommt.

Dieses Gutachten wurde in einer Stellungnahme von Koop [93] kritisiert. Neuere Daten (68 Tageszugerfassungen von der Geest von 2004 bis 2006) hätten ergeben, dass gerade über der Geest ein erheblicher Teil des Vogelzugs der Landvögel im Herbst von Nord nach Süd verläuft. Außerdem sei das Zuggeschehen über der Geest zwar im Wesentlichen ungebündelt (allgemeiner Breitfrontzug), aber zahlenmäßig nicht weniger bedeutsam als über Ostholstein, wo ausgeprägte Vogelzugleitlinien zu finden sind. Wegen der Ausrichtung der Trasse wenigs-tens teilweise quer zur Nord-Süd-Achse müsse man daher von einer hohen Empfindlichkeit ausgehen.

Die Brutvögel wurden im Rahmen der UVS in fünf repräsentativen Probeflächen bis zu einem Abstand von 300 m zu der geplanten Leitung (für Großvogelarten in weitem Umkreis) erfasst. Dabei ergaben sich folgende Ergebnisse (Tab. 12):

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Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 155

Tab. 12: Ergebnisse der Brutvogelkartierung im Untersuchungsgebiet

Art Vorkommen Weißstorch 1 BP (1,8 km von der Trasse) + 2 BP weiter entfernt Rotmilan 1 BP (8 km von der Trasse) Rohrweihe Brutvogel, aber weit entfernt Wiesenweihe Brutverdacht Mäusebussard mehrere BP, z.T. unmittelbar bei der Trasse Uhu 2 BP + 2 BP weiter entfernt Goldregenpfeifer Rastvogel, aber nicht in Trassennähe Kiebitz Brut- und Rastvogel, häufig, auch in Trassennähe Großer Brachvogel Rastvogel, vereinzeltes Vorkommen Bekassine Rastvogel, vereinzeltes Vorkommen Feldlerche regelmäßiger Brutvogel Wiesenpieper vereinzelter Brutvogel Braunkehlchen vereinzelter Brutvogel Die Begehungen der Probeflächen fanden von April bis Juni 2002 statt. Quelle: [84]

Die Empfindlichkeit der einzelnen Arten gegenüber der geplanten Freileitung sowie die Bedeu-tung des Untersuchungsgebietes für die einzelnen Arten sind jeweils unterschiedlich; neben den durch Leitungskollision weniger gefährdeten Singvögeln kommen mit Goldregenpfeifer, Kiebitz, Großem Brachvogel und Bekassine auch die wesentlich stärker gefährdeten Limikolen im Untersuchungsgebiet vor. Zusammenfassend kommen die Autoren der UVS zu der Ein-schätzung, dass mit einer mittleren Belastungsintensität für Brutvögel (im Gegensatz zur ho-hen Belastungsintensität für Zugvögel) zu rechnen ist. Auch diese Einschätzung wird von Koop [93] kritisiert; nach seiner Ansicht sind die Empfindlichkeiten der den verschiedenen Land-schaftstypen zugeordneten Brutvogelgemeinschaften zu niedrig angesetzt, so dass auch die daraus abgeleitete Belastungsintensität erhöht und als „hoch“ eingestuft werden müsste.

Unbestritten ist, dass weder die Auswirkungen der Freileitung auf die Zugvögel noch die Be-einträchtigung des Brutvogelbestandes exakt vorhergesagt werden können. Unabhängig da-von, wie hoch die Belastungsintensität für Vögel eingeschätzt wird, ist jedoch davon auszuge-hen, dass die Auswirkungen zumindest auf Zugvögel bei Verwendung des Donaumastes gra-vierender ausfallen würden als bei Realisierung der Freileitung mit Eintraversenmasten. Für die Reduktion des Kollisionsrisikos im letztgenannten Fall sind zwei Gründe verantwortlich: erstens ragt der niedrigere Eintraversenmast – und damit auch das gefährliche Erdseil – kaum noch in den von Zugvögeln häufig frequentierten Höhenbereich [93] von 20 bis 50 m hinein, und zweitens sind die Leiterseile durch die Anordnung auf einer Ebene besser sichtbar (s. Ka-pitel 4.2.2).

Als Grundlage zur Abschätzung der Auswirkungen durch Vogelschlag dienen die in Tab. 8 (Kapitel 4.2.2, S. 110) zusammengestellten Untersuchungen. Anhand dieser Untersuchungen lässt sich nach derzeitigem Kenntnisstand die grobe Aussage treffen, dass die Anzahl der Vo-gelschlagopfer in durchschnittlich strukturierten Gebieten ohne Bedeutung für den Vogelzug

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Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

156 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

unter 10 Kollisionsopfern pro Leitungskilometer und Jahr liegt, in für das Vogelzuggeschehen sehr wichtigen Gebieten dagegen (z.T. weit) über 200. Gebiete, die weder ein überregional bedeutendes Rastgebiet noch eine durchschnittlich strukturierte Kulturlandschaft ohne Bedeu-tung für den Vogelzug darstellen, liegen zwischen diesen Werten. Da sich die Trasse Breklum – Flensburg in einem solchen mittleren Gebiet befindet, soll für den Donaumast daher mit 100 Opfern pro Leitungskilometer und Jahr gerechnet werden. Dieser Wert korrespondiert gut mit der von Brauneis [22] ermittelte Zahl von 95 Anflugopfern pro Leitungskilometer und Jahr. Die-se Annahme scheint auch insofern gerechtfertigt, als es sich bei der von Brauneis untersuch-ten Leitung ebenfalls um eine 110 kV-Donaumastleitung handelt. Da der von Brauneis unter-suchte Streckenabschnitt jedoch von hohen Bäumen verschattet wurde, sind 100 Kollisionsop-fer pro Leitungskilometer und Jahr eher als konservative Annahme anzusehen. Es ergeben sich für die gesamte Trasse rein rechnerisch somit rd. 2.500 Anflugopfer pro Jahr. Bei der Verwendung eines Eintraversenmastes würde sich diese Zahl aufgrund der geringeren Höhe der Masten sowie der Konzentration der Leiterseile in einer Ebene erheblich vermindern, hier-zu liegen allerdings keine konkreten Zahlenwerte vor. Die Opferzahlen lassen sich nach Bernshausen et. al. [13] durch die Markierung des Erdseils mit Vogelschutzmarkierungen, die sich an den heutigen Kenntnissen zum Auffälligkeitsempfinden von Vögeln orientieren (Domi-nanz vertikaler Strukturen, Verwendung der Kontrastfarben schwarz und weiß), um etwa 90 % verringern. Das ergäbe in dem betrachteten Beispiel eine Anzahl von 250 Individuen (vgl. Mögliche Minimierungsmaßnahmen unter Kap. 4.2.2).

Für die Beeinträchtigung des Brutvogelbestandes wird nach den Untersuchungen von Heijnis ( zitiert in [4] ) angenommen, dass die Freileitung mit Donaumasten bis zu einem Abstand von 100 Metern eine Scheuchwirkung auf Vogelarten des Offenlandes ausübt, so dass dieser Be-reich als Brutplatz gemieden wird. Für die Leitung mit Eintraversenmasten wird diese Entfer-nung aufgrund der geringeren Masthöhe (hier wurde die Höhe der oberen Traverse zu Grunde gelegt) entsprechend um den Faktor 0,6 reduziert, so dass sich ein Bereich von beidseitig 60 m ergibt. Für die Ermittlung der Lebensräume der Offenlandarten werden die Abgrenzun-gen der Landschaftsbildräume verwendet. Als potenzielle Bruthabitate wurden alle Land-schaftsbildräume zu Grunde gelegt, die strukturarm sind und maximal ein lockeres Knicknetz aufweisen (s. Tabelle im Anhang). Für die Freileitung mit Donaumasten ergeben sich Beein-trächtigungen von Offenlebensräumen in einer Größe von rd. 320 ha. Bei einer Verwendung von Eintraversenmasten ergibt sich eine Flächengröße von rd. 190 ha.

5.4.5. Landschaftsbildveränderung Bei Verwirklichung der Kabelvariante ist von keiner oder allenfalls einer äußerst geringen Landschaftsbildveränderung auszugehen. Da für die geplante Kabeltrasse keine Waldschnei-sen angelegt werden, könnten höchstens Durchbrüche durch Hecken und Knicks zu einer Veränderung des Landschaftsbildes führen. Diese Beeinträchtigungen werden vermieden bzw. ausgeglichen, indem solche Gehölzreihen unterdükert oder nach Abschluss der Bauarbeiten wiederhergestellt werden.

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Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 157

Um den Umfang der potenziellen Landschaftsbildbeeinträchtigungen der Freileitungsvarianten abzuschätzen, wurde für beide Szenarien zunächst eine Sichtbarkeitsanalyse der Maststand-orte durchgeführt6.

Die Datengrundlage dafür lieferten die digitalen Höhendaten des Landesamtes für Landwirt-schaft, Umwelt und ländliche Räume Schleswig-Holstein (LLUR)7. Sichtverschattende Baum-reihen, Knicks, Wälder etc. wurden durch eine Überlagerung mit dem digitalen Höhenmodell zusätzlich berücksichtigt. Dabei wurde für Knicks und Feldhecken eine Höhe von 8 m, für Baumreihen und Alleen eine Höhe von 15 m und für Gehölze und Wälder eine Höhe von 20 m angenommen.

Ermittelt wurde der Sichtbereich bis in rd. 5 km Entfernung. Dabei wurden alle Masten als sichtbar eingestuft, wenn mindestens die obere Traverse vollständig sichtbar ist. Die Ergebnis-se sind in Abb. 107 und Abb. 108 dargestellt. Es ergibt sich für die Leitung mit Donaumasten insgesamt ein Sichtbereich von rd. 8.800 ha, während die Freileitung mit Eintraversenmasten einen Sichtbereich von 5.500 ha aufweist. Als Maß für die Länge der sichtbaren Leitung und damit die Intensität der Beeinträchtigung wurde die Anzahl Masten ermittelt, die von einem bestimmten Beobachtungspunkt aus sichtbar ist. Dabei wurde nicht differenziert, ob es sich um eine zusammenhängende Strecke oder Masten in unterschiedlichen Beobachtungsrich-tungen handelt. Die Ergebnisse sind in Tab. 13 und Abb. 106 dargestellt. Auffällig ist, dass vor allem die Bereiche, von denen mehr als 5 Masten sichtbar sind, bei einer Leitung mit Donau-masten wesentlich größer sind als bei Eintraversenmasten.

Bezogen auf die Trassenlänge von rd. 30 km ergibt sich aus den Daten eine mittlere Breite des Sichtraums von 2,8 km bei den Donaumasten und 1,9 km bei den Eintraversenmasten (Abb. 107, Abb. 108).

6 Es wurden hierfür die Maststandorte der geplanten Freileitung mit Donaumasten verwendet. Eine Freilei-tung mit Eintraversenmasten würde mehr und andere Maststandorte aufweisen, die hier allerdings nicht festgelegt wurden. Da für die Sichtbarkeitsanalyse im Wesentlichen die Landschaftsstruktur und weniger der konkrete Mast-standort von Bedeutung ist, sind die Ergebnisse dennoch für den Sichtbarkeitsvergleich geeignet.

7 Aufgrund fehlender Daten des digitalen Höhenmodells wurde die Sichtbarkeitsanalyse auf den Abschnitt Breklum – Großenwiehe beschränkt.

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Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

158 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Tab. 13: Sichtbarkeitsvergleich Freileitung Breklum - Flensburg

Anzahl Eintraversenmast Donaumast 1 2030 2260 2 1323 1615 3 866 1235 4 551 959 5 323 756 6 177 579 7 103 402 8 58 295 9 35 218

> 10 84 477 Summe 5550 8794

Angegeben ist die Flächengröße in ha, von der aus eine bestimmte Anzahl Masten sichtbar ist.

Nur Abschnitt Breklum bis Großenwiehe.

1 2 3 4 5 6 7 8 9 >10

0

500

1000

1500

2000

2500

Fläc

he [h

a]

Eintraversenmast

Donaumast

Abb. 106: Sichtbarkeitsvergleich Freileitung Breklum – Flensburg

Nur Abschnitt Breklum bis Großenwiehe

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Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 159

Abb. 107: Sichtbarkeitsanalyse Freileitung Breklum-Flensburg, Donaumast

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Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

160 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Abb. 108: Sichtbarkeitsanalyse Freileitung Breklum-Flensburg, Eintraversenmast

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Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 161

Zur qualitativen Bewertung der Landschaftsbildbeeinträchtigung wurde der betroffene Raum in Teilräume untergliedert, in denen sich aufgrund der strukturellen Ausstattung sowie der vor-handenen Vorbelastungen die erwarteten Beeinträchtigungen einheitlich bewerten lassen. Dabei wurden die folgenden Teilräume unterschieden:

Teilräume mit erheblichen Vorbelastungen durch WEA

Das Landschaftsbild ist im Bereich der geplanten Trasse durch vorhandene WEA dominiert. Alle betroffenen Räume weisen ein mindestens mäßig dichtes Knicknetz oder andere glie-dernde Strukturen wie kleinere Waldparzellen auf, die für die geplante Freileitung zusätzlich zumindest eine teilweise Sichtverschattung bewirken. Durch die hohe Vorbelastung ist die durch die geplante Freileitung verursachte Landschaftsbildbeeinträchtigung als gering anzuse-hen.

Abb. 109: Teilraum mit erheblicher Vorbelastung durch WEA

Teilräume mit mäßiger Vorbelastung durch WEA

Innerhalb dieser Räume finden sich WEA vor allem in größerem Abstand zur geplanten Freilei-tung, so dass die Vorbelastung wesentlich weniger ins Gewicht fällt. Hinsichtlich ihrer Ausstat-tung mit landschaftsprägenden Strukturen reicht das Spektrum von strukturarmen Räumen mit lediglich einer sehr kleinen Waldparzelle bis zu relativ stark gegliederten Bereichen. Die Vor-belastung im Hintergrund schwächt die zu erwartende Landschaftsbildbeeinträchtigung durch die geplante Freileitung in jedem Falle ab. Im Nahbereich der Leitung tritt die durch die WEA

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Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

162 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

verursachte Landschaftsbildbeeinträchtigung gegenüber dem Erscheinungsbild der Masten zurück; in etwas größerer Entfernung überragt dagegen die scheinbare Höhe der WEA die scheinbare Höhe der Freileitungsmasten, so dass dadurch die Beeinträchtigung einer zusätzli-chen Freileitung durch die WEA stark abgemildert wird.

Abb. 110: Teilraum mit mäßiger Vorbelastung durch WEA

Im Vordergrund zusätzlich Freileitungsmast

Teilräume mit erheblichen Vorbelastungen durch andere Freileitungen

In der Umgebung der Umspannwerke Breklum im Westen und Haurup im Osten ist das Land-schaftsbild bereits durch das Vorhandensein anderer Freileitungen vorbelastet. Im Bereich Breklum verläuft die geplante Freileitung auf einem Abschnitt von ca. 2 km parallel zu einer bereits bestehenden Leitung, im Bereich Haurup ist lediglich der Endpunkt der Leitungen iden-tisch. Beide Landschaftsbildräume weisen zahlreiche gliedernde Strukturen wie Knicks und Baumreihen auf, jedoch tragen diese nur teilweise zur Sichtverschattung bei, da sie insbeson-dere im Bereich Haurup oft rechtwinklig zu der geplanten Leitung verlaufen. Die vorhandenen Freileitungen schwächen die zusätzliche Landschaftsbildbeeinträchtigung durch eine zusätzli-che Freileitung aber stark ab.

Bei der Bewertung der Landschaftsbildbeeinträchtigung muss außerdem beachtet werden, dass in einem Fall ein Hügelgrab direkt überspannt werden soll. Dessen landschaftliche Wahr-nehmung ist jedoch durch eine bestehende Freileitung schon stark vorbelastet (Abb. 111).

Page 177: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 163

Abb. 111: Teilraum mit erheblicher Vorbelastung durch Freileitung

Im Vordergrund von Freileitung überspanntes Hügelgrab

Teilräume ohne oder mit geringer Vorbelastung, strukturreich

Diese Teilräume weisen im Untersuchungsgebiet den höchsten Strukturreichtum und damit auch die größte Dichte an sichtverschattenden Elementen auf. Sie sind gekennzeichnet durch ein dichtes Knicknetz, straßenbegleitende Gehölze und Waldparzellen. Die Empfindlichkeit dieser Landschaftsbildräume ist daher als relativ gering einzustufen. Es sind hier durch den Freileitungsbau daher nur Landschaftsbildbeeinträchtigungen mittlerer Intensität zu erwarten.

Page 178: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

164 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Abb. 112: Teilraum ohne Vorbelastung, strukturreich

Teilräume ohne oder mit geringer Vorbelastung, mäßig strukturreich

Diese Flächen weisen alle ein mäßig dichtes Knicknetz und / oder straßenbegleitende Gehölze und damit insgesamt eine mittlere Empfindlichkeit auf, sie unterscheiden sich aber in der überwiegenden Ausrichtung der Knicks zu der geplanten Leitung. Während parallel verlaufen-de Gehölze für eine gute Sichtverschattung der Leitung sorgen, tragen senkrecht verlaufende Gehölzreihen zwar zur Strukturvielfalt, aber kaum zur Sichtverschattung bei. Durch die geplan-te Leitung entstehen – je nach Abstand zur geplanten Trasse – Beeinträchtigungen mittlerer bis hoher Intensität.

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Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 165

Abb. 113: Teilraum mit geringer Vorbelastung, mäßig strukturreich

Teilräume ohne oder mit geringer Vorbelastung, strukturarm

Diese Flächen sind gekennzeichnet durch ein praktisch fehlendes bis lockeres Knicknetz; Waldparzellen sind in keinem der betrachteten Landschaftsbildräume vorhanden. Durch das Fehlen von sichtverschattenden Elementen weisen sie eine besonders hohe Empfindlichkeit auf. Da sie auch im Hinblick auf die Eigenart nur wenig vorbelastet sind, bedeutet die geplante Freileitung eine schwerwiegende Beeinträchtigung des Landschaftsbilds.

Page 180: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

166 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Abb. 114: Teilraum ohne Vorbelastung, strukturarm

Die Flächenanteile der einzelnen Teilräume im Sichtbereich der Freileitung sind in Abb. 115 dargestellt. Es zeigt sich, dass im Untersuchungsraum der Anteil vor Räumen mit hoher Vor-belastung relativ hoch ist – so machen allein Räume mit starker Vorbelastung durch WEA über 25 % der Fläche aus. Weitere knapp 25 % weisen geringe Vorbelastungen durch WEA oder die vorhandene Freileitung auf. Insgesamt sind rd. 50 % der Flächen im Sichtraum mehr oder weniger frei von erheblichen Vorbelastungen. Aufgrund des flachen Reliefs und der eher ge-ringen strukturellen Ausstattung sind hier überwiegend starke Beeinträchtigungen des Land-schaftsbilds zu erwarten.

Page 181: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 167

0%

5%

10%

15%

20%

25%

30%

1 2 3 4 5 6

Abb. 115: Landschaftsbildbeeinträchtigung in Teilräumen der Trasse Breklum – Flensburg

Abb. 116: Abgegrenzte Teilräume und Vorbelastungen der Trasse Breklum – Flensburg

Die nummerierten Teilräume entsprechen denen in Abb. 115

1 Erhebliche Vorbelas-tung durch WEA

2 Mäßige Vorbelastung durch WEA

3 Erhebliche Vorbelas-tung durch vorhande-ne Freileitung

4 Strukturreiche Räume ohne oder mit geringer Vorbelastung

5 Mäßig strukturreiche Räume ohne oder mit geringer Vorbelastung

6 Strukturarme Räume ohne oder mit geringer Vorbelastung

Page 182: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

168 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

5.4.6. Reichweite elektrischer und magnetischer Felder Für die vergleichende Bewertung der Auswirkungen elektrischer und magnetischer Felder wurde die Ausdehnung des jeweiligen Feldes ermittelt. Dabei wurde ein Dauerlastbetrieb von 190 MVA pro System zugrunde gelegt.

In Bodennähe (0 bis 1 m Höhe) werden weder die Grenzwerte für das elektrische Feld (Freilei-tung) noch für das magnetische Feld (Freileitung und Erdkabel) erreicht. Das elektrische Feld der Freileitung bleibt in dem erwähnten Höhenbereich unterhalb von 1 kV, so dass die Wahr-nehmungsschwelle von Menschen und Tieren nach derzeitigem Kenntnisstand nicht erreicht wird. Tiere, die sich in unmittelbarer Nähe der Leiterseile aufhalten, befinden sich allerdings in Bereichen mit höherer Feldstärke und können dort das elektrische Feld durchaus wahrneh-men.

0

100

200

300

400

500

600

700

800

900

0 100 200 300 400 500 600

DonaumastEinebenenmast

Abstand zur Trassenmitte

m

V/m

Elek

trisc

he F

elds

tärk

e

Abb. 117: Verteilung des elektrischen Feldes bei der Freileitung

In 1 m Höhe über dem Erdboden. Jeweils 2x1000 A bzw. 2x190 MVA

Die folgenden Abb. 118 und Abb. 119 zeigen die Stärke des Magnetfeldes für die untersuchten Alternativen direkt am Erdboden bzw. in 1 m Höhe:

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Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 169

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

0 5 10 15 20

Kabel, Verlegung im DreieckKabel mit Kühlung, Verlegung im Dreieck

Abstand zur Trassenmittem

µT

Mag

netis

che

Indu

ktio

n

DonaumastEinebenenmast

Kabel, Flachverlegung

Abb. 118: Verteilung des Magnetfeldes direkt am Erdboden

Jeweils 2x1000 A bzw. 2x190 MVA

0

5

10

15

20

25

30

35

40

0 5 10 15 20

Kabel, Verlegung im DreieckKabel mit Kühlung, Verlegung im Dreieck

Abstand zur Trassenmitte

m

µT

Mag

netis

che

Indu

ktio

n

DonaumastEinebenenmast

Kabel, Flachverlegung

Abb. 119: Verteilung des Magnetfeldes in 1 m Höhe

Jeweils 2x1000 A bzw. 2x190 MVA

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Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

170 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Es wird deutlich, dass Erdkabel im Nahbereich der Trasse höhere Magnetfelder als Freileitun-gen aufweisen, sofern die Einzelleiter des Kabels nicht eng gebündelt in Dreiecksanordnung verlegt sind. Das Magnetfeld des Kabels nimmt jedoch deutlich rascher ab als das der Freilei-tung, so dass das Feld der Freileitung in größeren Entfernungen höhere Werte aufweist als Magnetfeld des Erdkabels. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich in größerer Höhe (z.B. in Kopfhöhe) das Verhältnis von Freileitung und Erdkabel aufgrund des Abstands zu den Leitern zu Ungunsten der Freileitung verschiebt. Welche der Varianten in dieser Hinsicht als ungünsti-ger zu bewerten ist, hängt daher auch von den betrachteten Schutzgütern ab. Während die vom Erdkabel ausgehenden Feldwirkungen am ehesten Bodenorganismen betreffen könnten, sind für den Menschen die Feldstärken in Brust- bis Kopfhöhe (1,2 – 1,8 m) relevant. Dagegen sind für Vögel auch die in einigen Metern über dem Boden auftretenden hohen Feldstärken der Freileitungen zu berücksichtigen. Für den folgenden Gesamtvergleich werden die Werte in 1 m über dem Boden zu Grunde gelegt. Dies ist als Kompromiss zwischen den in Kopfhöhe (1,5 bis 2 m) und am Boden auftretenden Feldstärken zu verstehen.

Für den Vergleich wird daher die Ausdehnung des Feldes bis zum Wert von 15 µT und bis zu einem Wert von 0,2 µT herangezogen. Bis zu einem Abstand von je nach Verlegeanordnung 2,5 bis 3 m von der Trassenmitte, d.h. in einem 5 – 6 m breiten Streifen direkt auf der Trasse, weisen zwei der drei geprüften Erdkabelszenarien mit Werten über 15 µT ein höheres Magnet-feld als die Freileitung auf. Bei größerer Entfernung ist das Feld der Freileitung höher als das des Erdkabels. Der Wert von 0,2 µT wird bei dem Eintraversenmast bis zu einer Entfernung von rd. 100 m und beim Donaumast bis zu einer Entfernung von 80 m von der Leitung über-schritten. Bei Erdkabeln wird dieser Wert nur bei deutlich geringeren Entfernungen erreicht bzw. überschritten. Ein Magnetfeld besonders geringer Ausdehnung weist hier die gebündelte Verlegung mit Kühlung mit Werten von lediglich rd. 16 m zu beiden Seiten der Trassenmitte auf.

Der Grenzwert von 100 µT wird in keinem Fall überschritten.

5.4.7. Auswirkung durch Schall Schallemissionen entstehen nur im Fall der Verwirklichung der Freileitungsvariante. Durch die Anordnung der Leiterseile im Bündel werden die Koronageräusche bereits weitgehend mini-miert; im Bereich der Alleinführung der geplanten Leitung sind hörbare Schallemissionen da-her – wenn überhaupt – nur bei sehr ungünstiger Witterung (Nebel oder nach starken Regen-fällen) zu erwarten.

5.4.8. Ergebnisse des Vergleichs Anhand der geplanten Leitungstrasse Breklum - Flensburg können die unterschiedlichen Aus-wirkungen von Freileitungen und Erdkabeln für einen konkreten Fall einander gegenüber ge-stellt werden. Eine Übersicht über die ermittelten Auswirkungen bei den fünf geprüften Alterna-tiven gibt Tab. 14:

Page 185: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 171

Tab. 14: Vergleich der Auswirkungen

Erdkabel Freileitung

Flache Verle-gung

Verlegung im Dreieck

Gebündelt, mit Kühlung

Donaumast Einebenenmast

Schutzbereich 16 ha 139 ha 111 ha

Versiegelung - 340 m² 400 m²

Fremdkörper im Boden

1.500 m³ 1.500 m³ 4.650 m³ 5.000 m³ 6.000 m³

Bodenveränderung durch Umlagerung und eingebrachte Sande

91.000 m³ 110.000 m³ 91.000 m³

Bodenerwärmung 19 ha

Knickdurchbrüche 91 Durchbrüche / 580 m Länge -

Verlust Einzelbäume - 50

Rodung von Wald max. 50 m² 1080 m²

Lebensraum Vögel (Scheuchwirkung)1

141 ha 67 ha

Vogelschlagopfer pro Jahr1

2600 <<2600

Vogelschlagopfer pro Jahr bei Ver-wendung von Vogel-schutzmarkierun-gen1

260 <<260

Sichtbereich 2 8.900 ha 5.500 ha

Dominante Wirkzone2

1.360 ha 840 ha

Subdominante Wirkzone2

3.400 ha 2.150 ha

Magnetfeld 0,2 µT* 165 ha 200 ha 95 ha 460 ha 605 ha

Magnetfeld > 15 µT* 19 ha 16 ha - - - 1 getroffene Annahmen s. Text 2 Bereich Breklum - Großenwiehe

* jeweils in 1 m Höhe über dem Erdboden

Es wird deutlich, dass der insgesamt vom Vorhaben betroffene Raum bei Freileitungen um Größenordnungen größer ist als bei Erdkabeln. Die größte Reichweite der Auswirkungen wird bei der Freileitung durch die Sichtbarkeit und damit als Beeinträchtigung des Landschaftsbil-des erreicht. Hier sind insgesamt Flächen mit einer Ausdehnung von über 8.900 ha betroffen, da beachtet werden muss, dass die in Tab. 14 genannten 8.900 ha nur den Bereich Breklum bis Großenwiehe abdecken. Beim Erdkabel erreicht die Ausdehnung des magnetischen Fel-des den größten Wirkraum, der sich über max. 200 ha erstreckt. Die maximalen Wirkräume unterscheiden sich somit größenordnungsmäßig beinahe um den Faktor 50. Bedenkt man die

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Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

172 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

indirekte Wirkung auf den internationalen Vogelzug, so ist sogar noch von einem größeren Faktor auszugehen.

Das Erdkabel ist v.a. im Bereich der Eingriffe in den Boden und in die Vegetation als ungünsti-ger zu bewerten. Hier stehen den Eingriffen bei der Freileitung durch Mastfundamente in einer Größenordnung von rd. 5.000 m³ bei dem Erdkabel zunächst das eingebrachte Kabel selbst mit rd. 1.500 m³ sowie zusätzlich - je nach Alternative - Bodenveränderungen in einem Umfang zwischen 90.000 und 100.000 m³ Boden im Bereich des Kabelgrabens gegenüber. Hier gehen die Bodenfunktionen zwar nicht verloren, es sind jedoch Beeinträchtigungen der Bodenfunkti-onen z.B. durch Gefügeänderungen, Erwärmungsprozesse, geringere Bodenfeuchtigkeit oder durch Verdichtungen nicht auszuschließen. Der Bereich der Bodenerwärmung wird über den Kabelgraben hinaus mit einem insgesamt 6 m breiten Streifen angenommen, so dass sich eine beeinträchtigte Fläche von rd. 19 ha ergibt.

Die Unterschiede in der Betroffenheit von Gehölzen sind nur unerheblich. Auch die Unter-schiede beim Magnetfeld führen nicht zu einer eindeutigen Aussage. Die magnetischen Feld-stärken liegen bei zwei der geprüften Erdkabelvarianten im unmittelbaren Trassenbereich (16 bzw. 19 ha) über denen der Freileitungsalternativen, das Magnetfeld der Freileitungen reicht jedoch wesentlich weiter als das der Erdkabel. So ist die Ausdehnung des Magnetfeldes > 0,2 µT mit 400 ha beim Donaumast bzw. 600 ha beim Eintraversenmast um den Faktor 2 bis 3 größer als bei den Erdkabelvarianten.

Bei der Bewertung der Auswirkungen sind die Wirkreichweite, die Intensität und die Wahr-scheinlichkeit, mit der negative Wirkungen auftreten, zu berücksichtigen. Als besonders gravie-rend werden dabei wegen der – besonders in diesem speziellen Fall – sehr großen Wirkreich-weite die grundsätzlich unvermeidbaren Auswirkungen von Freileitungen auf das Landschafts-bild eingestuft. Gleichfalls schwerwiegend sind die Auswirkungen von Freileitungen auf die Vogelwelt durch Vogelschlag und Silhouettenwirkung zu bewerten, die – insgesamt betrachtet – ebenfalls eine sehr große Wirkreichweite haben und mit an Sicherheit grenzender Wahr-scheinlichkeit eintreten. Auch in diesem Fall kann durch geeignete Minimierungsmaßnahmen lediglich die Intensität der Auswirkungen, d.h. die Anzahl der Vogelschlagopfer bzw. die Reichweite der Scheuchwirkung, verringert werden.

Die anderen Wirkfaktoren treten in ihrer Bedeutung hinter den genannten zurück. Beim Erdka-bel haben Eingriffe in den Boden und eine mögliche (leichte) Bodenerwärmung nur eine sehr geringe Reichweite von max. wenigen Metern. Bodenkundlich, archäologisch oder geologisch wertvolle Bereiche sind von der Erdkabeltrasse nicht betroffen, so dass auch die Intensität der Auswirkungen als gering zu betrachten ist. Elektrische und magnetische Felder weisen eine mittlere Wirkreichweite auf, es ist nach derzeitigem Kenntnisstand aber davon auszugehen, dass es bei der Spannungsebene von 110 kV und den hier betrachteten elektrischen Leistun-gen nicht zu konkreten Auswirkungen auf den Naturhaushalt kommt.

Bei der Gegenüberstellung der einzelnen Alternativen wird deutlich, dass sowohl kabel- als auch freileitungsspezifische Auswirkungen durch eine technische Optimierung erheblich mini-miert werden können. Neben Maßnahmen zur Verhinderung von Auswirkungen auf den Bo-

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Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 173

denwasserhaushalt (Drainagewirkung), betrifft dies beim Kabel vor allem die Verminderung der Bodenerwärmung durch eine Zwangskühlung sowie die Reduktion des Magnetfelds durch eine enge Bündelung der Teilleiter.

Bei der Freileitung ist eine deutliche Minimierung der Auswirkungen auf das Landschaftsbild durch eine Reduktion der Masthöhe unter Verwendung von Eintraversenmasten möglich. Der von potenziellen Landschaftsbildbeeinträchtigungen betroffene Bereich kann so um den Faktor 3 reduziert werden. Gleichzeitig wird so das Kollisionsrisiko für Vögel sowie die Reichweite der Silhouettenwirkung vermindert. In Verbindung mit Vogelschutzmarkierungen am Erdseil stellt der Eintraversenmast daher einen im Hinblick auf den Vogelschutz wie auch auf das Land-schaftsbild optimierten Masttyp dar. Es muss jedoch betont werden, dass diese Maßnahmen die erwähnten Auswirkungen zwar verringern, bei der Freileitung jedoch immer negative Aus-wirkungen auf das Landschaftsbild und die Vogelwelt verbleiben.

Insgesamt stehen lokalen und eng begrenzten Beeinträchtigungen beim Erdkabel großräumi-ge Beeinträchtigungen der Freileitung gegenüber. Die maximalen Wirkräume unterscheiden sich um mehr als eine Zehnerpotenz. Die unvermeidbaren Beeinträchtigungen des Land-schaftsbilds durch visuelle Veränderungen und des Schutzgutes Vögel durch Vogelschlag und Silhouettenwirkung bei der Freileitung überwiegen in der Bewertung die kleinräumigen Verän-derungen des Bodenaufbaus bei dem Erdkabel, zumal keine konkreten Veränderungen der Bodenchemie oder der Bodenorganismen durch diese Wirkfaktoren prognostizierbar sind. Elektrische und magnetische Felder werden bei der Spannungsebene von 110 kV für die Be-wertung als unerheblich eingestuft.

Es ist daher zu folgern, dass für die Trasse Breklum – Flensburg ein Erdkabel aus natur-schutzfachlicher Sicht die umweltverträglichere Variante darstellt – obwohl die Trasse vergli-chen mit dem gesamten deutschen Küstenraum sogar in einem relativ wenig konfliktreichen Raum liegt, da weder Schutzgebiete noch bedeutende Vogelrastgebiete betroffen sind.

5.5. Analyse betriebswirtschaftlicher und gesamtwirtschaftlicher Aspekte

Ein wesentlicher Diskussionspunkt bei dem Vergleich von Erdkabeln und Freileitungen ist die Kostenfrage. Daher soll im Folgenden der Versuch unternommen werden, sowohl betriebs- als auch gesamtwirtschaftlich einen Vergleich zwischen Erdkabeln und Freileitungen vorzuneh-men.

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Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

174 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

5.5.1. Betriebswirtschaftlicher Vergleich

Grundlagen

Das Energiewirtschaftsgesetz definiert seinen Zweck in §1 u.a. wie folgt: „Zweck des Gesetzes ist eine möglichst sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente und umweltverträg-liche leitungsgebundene Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität und Gas.“ Die Umwelt-verträglichkeit wird gleichrangig mit der Preisgünstigkeit und der Sicherheit genannt. Ihr kommt bei Planungen der Netzinfrastruktur eine besondere Rolle zu.

Ein Antrag eines Übertragungsnetzbetreibers muss bei geplanten Netzinfrastrukturmaßnah-men zur Übertragung von Strom einen technischen Vergleich von Übertragungsalternativen (Freileitung, Erdkabel) beinhalten. Die zuständige Genehmigungsbehörde sollte die Entschei-dung der Übertragungstechnik unter Berücksichtigung einer Kostenbetrachtung treffen.

Die Kostenbetrachtung für entsprechende Investitionen erfolgt nach der Kapitalwertmethode (auch: Barwertmethode). Die Kapitalwertmethode berücksichtigt nach OSWALD [129] das Zeit-moment in der Investitionsrechnung, da Ein- und Auszahlungen von der Höhe, dem zeitlichen Anfall und der Dauer unterschiedlich sein können. Zukünftige Ein- und Auszahlungen werden durch Abzinsung auf den Zeitpunkt der Investitionsentscheidung (Stichtag) vergleichbar ge-macht. Die auf den Stichtag abgezinsten Investitionskosten, Betriebskosten sowie Verluste und Restwerte werden als Barwert bezeichnet.

Nach Obermair [125] sind technische Investitionen mit Außenwirkungen, insbesondere solche im Bereich der öffentlichen Energieversorgung, nicht allein nach ihren einzelwirtschaftlichen, sondern nach ihren gesamtwirtschaftlichen Kosten zu beurteilen. Dies ergibt sich u.a. aus dem Gemeinwohlauftrag des Energiewirtschaftsgesetzes. Demzufolge werden nachfolgend auch externe und soziale Kosten in die Kostenbetrachtung des Beispielprojektes Breklum-Flensburg mit einbezogen.

Die Diskussionen um den Neubau von Freileitungen der vergangenen Jahre, die zumeist von den betroffenen Anwohnern von geplanten Netzverstärkungsmaßnahmen ausgingen, führten zu Druck auf Genehmigungsbehörden und Antragsteller. In diesem Zusammenhang wurden für einzelne Netzverstärkungsmaßnahmen Vollkostenberechnungen für Freileitungen und Erd-kabel im Hoch- und Höchstspannungsbereich erstellt.

Folgende Vollkostenberechnungen liegen derzeit vor:

diverse Projekte, 110 kV • Gesamtwirtschaftlicher Kostenvergleich von Erdkabel und Freileitung, in: Obermair et

al (1985) [125]

Page 189: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 175

Projekt Breklum-Flensburg, 110 kV, ca. 30 km

• Studie von Prof. Brakelmann (2004) [18] im Auftrag des Bundesverbandes Windener-gie BWE

• Studie von Prof. Brakelmann (2005) [19] im Auftrag der E.ON Netz GmbH • Studie von Prof. Brakelmann (2006) [21] im Auftrag der Gesellschaft für Energie und

Oekologie mbH

Projekt Netzverstärkung in Osnabrück, 110 kV, ca. 10 km

• Gutachten von Prof. Oswald (2006, 2007) [128] im Auftrag der RWE Transportnetz GmbH

Projekt Netzverstärkung Ganderkesee – St. Hülfe, 380 kV, 56 km

• Gutachten von Prof. Oswald/Forwind (2005) [129] im Auftrag des Niedersächsischen Ministeriums für den ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucher-schutz

Projekt Leitungsprojekt zwischen Vieselbach und Altenfeld, 380 kV, 193 km

• Studie von Fichtner, IBU, Bewag (2005) im Auftrag der Vattenfall Europe Transmission GmbH

Die Gegenüberstellung in Tab. 15 der vorliegenden Wirtschaftlichkeitsvergleiche Erdkabel –Freileitung für geplante 110 kV-Netzverstärkungen zeigt, dass es eine breite Spanne je nach der technischen Ausführung des Erdkabels gibt.

Zur Information werden hier auch die Ergebnisse einer Studie für eine Netzverstärkungs-maßnahme in Osnabrück dargestellt. In Osnabrück soll z.T. im städtischen Bereich eine 110 kV-Freileitung errichtet werden. Die Erdkabelverlegung dort ist aufgrund der sehr aufwän-digen Erdarbeiten im städtischen Bereich deutlich aufwändiger als Erdkabelverlegungen im ländlichen Bereich.

Page 190: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

176 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Tab. 15: Gegenüberstellung von Wirtschaftlichkeitsvergleichen Erdkabel-Freileitung auf der Spannungsebene von 110 kV unter Berücksichtigung der (n-1)-Sicherheit

Projekt Übertra-gungs-

kapazität [MVA]

Vergü-tung

[€/kWh]

**)

Zins-satz

[%]

Zwei- systemige Freileitung

Zwei- systemiges

Erdkabel

Bemerkungen

Aus: Brakelmann [18]

Breklum-Flensburg 260 T€ T€

Investitionen 5,0 9.000 22.350

Wartung 5,0 1.260 420

Leistungskosten(*) 5,0 (10.380) (4.710)

Verluste (Barwert) 0,035 5,0 7.110 4.350

Summe/Barwert für 30km

(27.750)

17.370

(31.830)

27.120

Trasse Erdkabel und Freileitung 30km, Verlust-stundenzahl

2400h, 25a Be-triebszeit

Faktor 1,00 1,56 (1,15)

Aus: Brakelmann [19]

Breklum-Flensburg 380 T€ T€

Investitionen 5,5 8.060 29.617

Verluste (Barwert) 0,035 5,5 7.275 3.165

Summe/Barwert 16.635 33.263

Trasse Erdkabel 30km, Freileitung

27km, Verlust-stundenzahl 900h, 40a Betriebszeit

Faktor 1,00 2,00

Aus: Brakelmann [21]

Breklum-Flensburg 380 T€ T€

Investitionen 5,5 8.060 28.205

Verluste (Barwert) 0,035 5,5 7.662 3.100

Summe/Barwert 17.022 31.787

Trasse Erdkabel 30km, Freileitung

27km, Verlust-stundenzahl

1000h, 40a Be-triebszeit

Faktor 1,00 1,87

Aus: Oswald 2006, 2007

Osnabrück 140 T€ T€

Investitionen 6,0 4.480 13.310-20.168

Verluste (Barwert) 0,06 6,0 1.758 411-801

Summe/Barwert 6.238 14.684-20.637

Vier Erdkabel-varianten gerech-net, Trasse Erd-kabel ca. 13km,

Verlust-stundenzahl

3000h, 40a Be-triebszeit

Faktor 1,00 2,4-3,3

*) Die Leistungskosten berücksichtigen den Mehraufwand bei den Kraftwerken und den Netzen, der zur Bereitstel-lung der Übertragungsverluste aufgebracht werden muss. Laut E.ON sind die Leistungskosten hier nicht zu berück-sichtigen und in den Folgestudien werden auch nur noch die Verluste bei der Übertragung betrachtet (Brakelmann [18]).

**) Die Verlustkosten sind die Kosten für die Stromverluste in Übertragungsmedien.

Page 191: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 177

Bisher wurden bereits drei betriebswirtschaftliche Vergleiche der beiden Ausführungen Erdka-bel und Freileitungen für das Projekt Breklum – Flensburg in Form wissenschaftlicher Gutach-ten von Brakelmann erstellt [18], [19], [21] wobei die erste Studie noch einen allgemeineren Rahmen hatte, alle Spannungsebenen diskutierte und noch nicht die tatsächliche zeitliche Auslastung der Trasse Breklum-Flensburg berücksichtigte. Die beiden nachfolgenden Studien hatten geänderte Marktsituationen zu beachten. Aufgrund stärkerer Nachfrage auf dem Markt haben sich deutlich erhöhte Kabel- und insbesondere Metallkosten entwickelt. Zu berücksich-tigen bleibt, dass aus Kostengründen beim Erdkabel von Kupfer- auf Aluminiumleiter gewech-selt wurde. Die Investitionskosten der Freileitung haben sich nach Angaben von E.ON Netz nicht geändert.

Die hier vorliegende Studie berücksichtigt die Ergebnisse der o.g. wissenschaftlichen Arbeiten zu diesem Thema und beleuchtet drei unterschiedliche Varianten, die geeignet sind, den Zweck der Erhöhung der Übertragungskapazität für Strom aus erneuerbaren Energien zu er-füllen. Dabei werden sowohl die sozialen Kosten als auch Kosten für erforderliche Aus-gleichsmaßnahmen der alternativen Übertragungssysteme Freileitung und Erdkabel in die ver-gleichende Betrachtung eingestellt (Abb. 120). Ergänzend zu der Bewertung eines Betrach-tungszeitraums von 40 Jahren wird in dem vorliegenden betriebswirtschaftlichen Vergleich auch ein Betrachtungszeitraum von 80 Jahren aufgenommen.

Abb. 120: Kostenarten bei der Errichtung und dem Betrieb von Leitungen

Quelle: [130]

Erdkabel aus vernetztem Polyethylen (VPE) werden im Hochspannungsbereich erst seit den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts gebaut. Dabei ist eine kontinuierliche Verbesse-rung der Materialien und der Produktion zu beobachten. Daher lässt sich eine Lebensdauer von 40 Jahren oder mehr voraussetzen.

Page 192: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

178 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Freileitungen bestehen aus zwei grundlegenden Komponenten. Die Masten haben aufgrund vorbeugender und erhaltender Wartungsmaßnahmen eine Lebensdauer von ca. 80 Jahren. Die Leiterseile und Erdseile müssen nach 25 bis 60 Jahren erneuert werden.

Bei dem üblichen Betrachtungszeitraum von 40 Jahren muss zum Schluss dieses Zeitraumes die Kabelanlage erneuert werden, während bei der Freileitung jeweils nach 30 Jahren ein Aus-tausch der Seile vorzunehmen ist.

Diese zusätzlichen Wiederbeschaffungskosten schlagen abgezinst nach Brakelmann [21] mit einem Abzinsungs-Zinsfuß von 5,5 % mit 11,7 % der Investitionskosten zu Buche. Bei der Freileitung nimmt man für die Erneuerung der Seile 25 % der Investitionskosten an, die dann abgezinst 2,9 % der Investitionskosten ergeben.

Für den Wirtschaftlichkeitsvergleich werden alle Einnahmen und Ausgaben, die im Betrach-tungszeitraum anfallen, auf den Zeitpunkt der Investitionsentscheidung abgezinst und auf-summiert. Üblicherweise betrachtet man bei dem Vergleich Freileitung oder Erdkabel lediglich die Investitionskosten, da jede Variante der Stromverteilung dient und von gleichen Einnah-men ausgegangen werden kann. Diese auf den Stichtag summierten Kosten werden als Kapi-talwert oder Barwert bezeichnet. Die Variante mit dem geringsten Kapitalwert gilt dann als die wirtschaftlichste.

Dem Barwert liegen normalerweise folgende Kostenarten zugrunde: • Investitionskosten (incl. Ausgleichskosten) • Betriebskosten • Verlustkosten • Rückbaukosten • Restwert.

Restwerte werden in dieser Betrachtung für die verschiedenen Leitungssysteme nicht berück-sichtigt, da diese üblicherweise nicht genutzt werden können. Restwerte haben aufgrund der Abzinsung lediglich einen marginalen Einfluss auf die Gesamtkosten zum Investitionszeit-punkt.

Ebenso verhält es sich mit den Rückbaukosten. Der betrachtete Zeitraum erstreckt sich aller Erwartung nach nicht über den Rückbau, da die Systeme für einen langfristigen Betrieb ausge-legt werden. Würde der Rückbau mit in die Betrachtung gezogen, so würde durch die Abzin-sung im Vergleich zu den anderen Kosten der Rückbau nur eine untergeordnete Rolle spielen.

Page 193: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 179

Der Barwert berechnet sich nach folgender Formel (vgl. [180], S. 604):

nnxxo qB

qB

qB

qBIA 1...1...11

2210 ++++++=

0I Investitionskosten

xB Kosten im Jahr x p Kalkulationszinsfuß in %

pq += 1 Zinsfaktor

xq1

Abzinsungsfaktor

n Betrachtungszeitraum in Jahren

Die folgende Abb. 121 veranschaulicht die Barwertmethode.

Abb. 121: Barwertmethode mit Investitions- und Betriebskosten

Quelle: nach [128]

Hier wird deutlich, dass später anfallende Kosten im Verhältnis nicht so stark ins Gewicht fal-len wie zeitnahe Kosten. In der Grafik ist auch dargestellt, wie eine spätere Investition, wie z.B. das Austauschen der Leiterseile, berücksichtigt wird.

Fallen nun in allen Perioden die gleichen Kosten an ( )BBx = , so lässt sich die obige Glei-

chung vereinfachen.

( ) nn

n

rBIqq

qBIA ∗+=−−

+= 000 11

Page 194: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

180 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Folglich können die Kosten B mit dem Rentenabwertfaktor nr multipliziert werden.

( )11−−

=qq

qr n

n

n

Investitionskosten

Im Folgenden werden die Investitionskosten für die beantragte Freileitungstrasse der E.ON Netz GmbH zwischen den Umspannwerken Breklum und Haurup sowie die alternativ geplante Verkabelung der Firma GEO dargestellt.

Investitionskosten Freileitungen

Die E.ON Netz GmbH beschreibt eine Investitionssumme anhand einer vergleichbaren Trasse. Unterlagen zu einer Planänderung aus dem Mai 2008 beschreiben Investitionskosten von 9,555 Mio. € (E.ON Netz GmbH 2007). Die Kalkulation wurde nicht offen gelegt.

Die längenbezogenen Kosten umfassen folgende Leistungen:

• Konstruktion • Trassensicherung • Flurschäden • Entschädigungen • Gestattungsverträge • Planung • Genehmigungen • Projektabwicklung.

Es ergeben sich bei einer Länge der Freileitungsstrecke von 27,8 km längenbezogene Kosten von ca. 344 €/m. Kosten für elektrische Kompensationsmaßnahmen wie Blindleistungs-, Erd-schluss- und Impedanz-Kompensation sowie Überspannungsschutz sind in den Kosten enthal-ten.

Investitionskosten Erdkabel

Wie bei Freileitungen fallen bei Kabelanlagen zusätzliche Kosten für Kompensations-maßnahmen an. Besonders in einem Netz, das überwiegend aus Freileitungen besteht, sind diese erforderlich, da Freileitungen und Erdkabel unterschiedliche elektrische Eigenschaften besitzen.

Page 195: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 181

Investitionskosten für Kompensationsmaßnahmen

Mit Anlegen einer Spannung entstehen auch ohne Lastfluss so genannte Ladeströme. Die Ladeströme bei Kabeln sind mit 5,2 A/km um das 26-fache höher als bei Freileitungen mit 0,2 A/km. Die sich dem Transportstrom überlagernden Ladeströme belasten zwar überwie-gend das Erdkabel, aber auch das anliegende Freileitungsnetz durch zusätzliche Stromwär-meverluste. Aufgrund der fließenden Ladeströme kommt es zur Erwärmung des Kabels und dadurch verursachte Stromwärmeverluste, welche die Wirkleistungsübertragung beeinträchti-gen.

Zur Minimierung der Ladeströme und der damit verbundenen Stromwärmeverluste, die unab-hängig von der Leistungsübertragung entstehen, können Kompensationsdrosseln installiert werden. Üblicherweise werden die Kabel an beiden Enden mit ihrer halben Blindleistung (Leis-tung, die nicht als Wirkleistung genutzt werden kann) kompensiert. Bei der 110 kV-Kabeltrasse Breklum – Flensburg mit einer Länge von nur 30 km könnte diese Kompensation entfallen oder nur einseitig durchgeführt werden. Um jedoch die wirtschaftliche Betrachtung allgemeingültig zu halten und zusätzliche Netzverluste zu vermeiden, wird die Ladestromkompensation bei den Investitionskosten mit angeführt.

Für die Blindleistungskompensation sind Kosten in Höhe von 7 T€/MVA zu berücksichtigen. Bei der hier diskutierten Kabeltrasse ist etwa 1 MVA/km bereitzustellen. Somit folgen längen-bezogene Kosten nach [21] für die Trasse Breklum – Flensburg von 14 T€/km für das Zweier-system.

Eine Erdschlussstrom-Kompensation ist erforderlich, um bei Erdkontakt eines Stromleiters die Sicherheit des Netzes und der Umgebung zu gewährleisten. Sie ist stark von der konkreten Netzsituation abhängig. Für eine sichere Berücksichtigung wird die gleiche Blindleistung und der gleiche Kostenaufwand wie bei der Ladestromkompensation nach Brakelmann (2006) mit 14 T€/km für das Zweiersystem angenommen.

Überspannungsschutz wird mit 36 T€ für sechs 110 kV-Ableiter veranschlagt. Damit ergeben sich längenbezogene Kosten der Trasse nach [21] von 2,4 T€/km für das Zweiersystem. Der Überspannungsschutz ist unabhängig von der Länge, daher steigen diese nicht mit zuneh-mender Kabelstrecke.

Im Folgenden werden also die technischen Kompensationsmaßnahmen mit 30 T€/km für das Zweiersystem in den Investitionskosten veranschlagt.

Im Falle der Einbindung der Kabeltrasse in das Freileitungsnetz ist zu beachten, dass auf-grund der unterschiedlichen Impedanzen (Scheinwiderstände) von Freileitungen und Kabeln zusätzliche Längsdrosseln installiert werden müssen. Die Trasse Breklum - Flensburg benötigt eine Längsdrossel mit einer Reaktanz von 7,5 Ω. Die Kosten einer solchen Spule liegen zwi-schen 300 T€ und 450 T€. Daraus folgen längenbezogene Kosten von 30 T€/km für das Zweiersystem.

Page 196: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

182 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Tiefbaukosten für Kabelgraben

Die geprüften Szenarien (s. Kap. 5.3) unterscheiden sich in ihrer Kabelanordnung und in der notwendigen Tiefe des Kabelgrabens. Die erforderlichen Kabelgräben der betrachteten Varian-ten haben eine Sohlenbreite von ca. 2,00 m. Es ergibt sich durch Anböschungen der Graben-kanten eine Baugrubenbreite an den Schultern von ca. 3,20 m.

Es sind keine Kosten für Drainagemaßnahmen berücksichtigt worden. Bei anderen Trassen-planungen ist es vereinzelt erforderlich, im zeitlichen Zusammenhang mit umfangreichen Ka-belverlegungen großräumige und kostenintensive Neudrainagen oder Umverlegungen von bestehenden Drainagen vorzunehmen.

Im Zuge der Trassenplanungen für das Projekt Erdkabel Breklum – Flensburg wurde einver-nehmlich mit den Landeigentümern geklärt, dass lediglich eine Reparatur von vorhandenen Drainagen vorgenommen wird. Die Kosten dafür sind gering und in den Tiefbaukosten enthal-ten.

Einebenenanordnung

Für einen Kabelgraben in normaler, offener Bauweise (incl. Behelfswegen, Vermessung, Aus-hub, Wasserhaltung, Bohrungen, Verrohrungen, Verfüllung, Verdichtung, Wiederherstellung der Oberflächen) werden für eine zweisystemige Erdkabelverbindung in Einebenenanordnung Kosten von 90 T€/km angesetzt.

Dreiecksanordnung

Für diese Dreiecksanordnung muss der Kabelgraben gegenüber dem vorherigen Graben in der Einebenenanordnung tiefer ausgeführt werden. Durch diesen höheren Tiefbauaufwand wird von Kosten in Höhe von 120 T€/km für eine zweisystemige Erdkabelverbindung ausge-gangen.

Gebündelte Verlegung mit Kühlung

Die erforderliche Kabelgrabentiefe beträgt ca. 1,40 m. Für einen Kabelgraben in normaler, offener Bauweise wird von Kosten in Höhe von 100 T€/km für zwei Kabelsysteme ausgegan-gen.

Kabelkosten

In den vergangenen Jahren sind aufgrund der starken Nachfrage die Kabelpreise gestiegen. Die große Nachfrage nach Metall, besonders Kupfer, hat die Beschaffungskosten für Kabel-hersteller steigen lassen. Zudem führt eine steigende Nachfrage für Kabel dazu, dass auch die Kabelhohlpreise anziehen. Der Kabelhohlpreis beschreibt die Kosten für nicht metallisches Material und die Kosten der Kabelherstellung.

Ende 2003 lagen die Metallnotierungen noch bei durchschnittlich 1,89 €/kg Kupfer und 1,63 €/kg Aluminium. Bis 2007 stiegen sie besonders für Kupfer zeitweise über 6 €/kg. Aluminium ist nicht so drastisch gestiegen und daher eine geeignete Alternative. Der nachfolgenden Be-

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Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 183

rechnungen wurden Notierungen vom August 2008 zu Grunde gelegt (Kupfer ca. 5 Euro/kg, Aluminium ca. 2 Euro/kg).

Einebenenanordnung

Für die Trasse mit Kupferleitern wurden Kosten von 960 T€/km für zwei Systeme angesetzt. Diese Kosten beinhalten den Kabelhohlpreis, die Kupferkosten, sowie die Kosten für Verle-gung, Garnituren (Endverschlüsse und Verbindungsmuffen), Montage und Hochspannungs-prüfung.

Dreiecksanordnung

Nach den am Stichtag vorliegenden Notierungen ergibt sich für Aluminiumleiter mit einem Querschnitt von A=2.500 mm2 ein Preis von 740 T€/km für zwei Systeme. Diese Kosten um-fassen den Kabelhohlpreis, die Aluminiumkosten sowie die Kosten für Verlegung, Garnituren, Montage und Hochspannungsprüfung.

Gebündelte Verlegung mit Kühlung

Nach den am Stichtag vorliegenden Notierungen ergibt sich für Aluminiumleiter mit einem Querschnitt von A=2.000 mm2 ein Systempreis von 290 T€/km bzw. ein Preis von 580 T€/km für zwei Systeme. Diese Kosten umfassen den Kabelhohlpreis, die Aluminiumkosten sowie die Kosten für Verlegung, Garnituren, Montage und Hochspannungsprüfung.

Der auf das einzelne Kabelsystem bezogene Investitionsmehraufwand für die Kühlung nach [21] für zusätzliche Einrichtungen wie

• PE-Rohr, 180 mm • Kühlstation mit Flüssigkeitskühler, max. Kühlleistung 1,5 MW • Kühlaggregate (2 Stück) • Umwälzpumpen und Bauwerke

beträgt insgesamt 60 T€/km je Kabelsystem. Damit betragen die Kabelkosten insgesamt bei der gebündelten Verlegung mit Kühlung 700 T€/km für zwei Systeme.

Planungs- und Genehmigungskosten

Bei der Kabeltrasse ist es, wie bei der Freileitung, notwendig, die Trasse durch Entschädigun-gen und Gestattungsverträge zu sichern. Für Flurschäden, Planung und die Projektabwicklung werden mit der Sicherung der Trasse 45 T€/km für zwei Systeme veranschlagt.

Die Investition zur Verkabelung zwischen Breklum und Flensburg umfasst die in der Tab. 16 aufgeführten längenspezifische Kosten.

Page 198: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

184 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Tab. 16: Übersicht der Investitionskosten der drei zweisystemigen Erdkabelvarianten

Kostenanteil System

Tiefbau-Kosten [T€/km]

Kabelkosten [T€/km]

Kompensations-und Planungs-kosten [T€/km]

Summe [T€/km]

Summe [T€/31km]

Einebenen-anordnung (Cu) 90 960 105 1.155,00 35.805

Dreiecks-anordnung (Al) 120 740 105 965,00 29.915

Gebündelte Verlegung mit Zwangs-kühlung (Al)

100 700 105 905,00 28.055

Freileitung Investitionskosten für 27,8 km Freileitung 343,71 9.555

Bei der Einebenenanordnung wurde die Verwendung von Kupferkabeln angenommen, für die Dreiecksanordnungen wurden da-gegen Aluminiumkabel zu Grunde gelegt. Die Verlegekosten sowie ggf. Kosten für Rohre und Kühlanlage sind in den Kabelkosten berücksichtigt.

Tab. 17: Vergleich der Investitionskosten der zweisystemigen Erdkabelvarianten und Freileitung

Kostenanteil System

Investitionskosten* Summe

[T€]

Faktor

Einebenenanordnung (Cu) 35.805 3,75 Dreiecksanordnung (Al) 29.915 3,13 Gebündelte Verlegung mit Zwangskühlung (Al) 28.055 2,94 Freileitung 9.555 1,00

*) es wurde mit Längen von 31 km für das Erdkabel und 27,8 km für die Freileitung gerechnet, da die vorgesehenen Trassenver-läufe nicht ganz identisch sind

Der in Tab. 19 dargestellte Vergleich der Investitionskosten zeigt, dass der Kostenfaktor zwi-schen Kupferkabel und Freileitung 3,75 beträgt. Aluminiumkabel sind deutlich kostengünstiger.

Wartungs- und Betriebskosten

Für eine vollständige Kostenrechnung ist es erforderlich, die zu erwartenden Wartungskosten zu ermitteln. Kunststoffisolierte Hochspannungskabel benötigen konstruktionsbedingt keine Wartung. Jedoch führen einige Netzbetreiber eine jährliche Kontrolle der Auskreuzungswider-stände des Schirm-Cross-Bonding-Systems durch. Die Kosten betragen 100 €/km pro Jahr. Die gleichen Kosten werden angenommen für die Überprüfung der Überspannungsableiter und zusätzlicher Kontrollen der Kabeltrasse. Weitere Kosten fallen für die Überprüfung der Kompensationseinrichtungen an. Daher ergeben sich überschlägig Wartungskosten in Höhe von 1.000 €/km pro Jahr für das Kabeldoppelsystem.

Page 199: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 185

Freileitungen benötigen einen höheren Wartungsaufwand als Kabel. Die Kosten für Instandhal-tungsmaßnahmen der Masten, Freihaltung der überspannten Trasse und das Kontrollieren der Seile und Aufhängungen werden mit Kosten in Höhe von 3.000 €/km pro Jahr für das Freilei-tungsdoppelsystem veranschlagt (vgl. [21], S.27).

Die Wartungskosten der Kühlanlage der Kabelvariante mit Zwangskühlung werden überschlä-gig durch Anheben der bisher angesetzten Wartungskosten auf das Doppelte berücksichtigt und damit zu 2.000 €/km pro Jahr für das Kabeldoppelsystem angesetzt ([21], S.39).

Um später anfallende Kosten zu berücksichtigen, werden sie auf den Zeitpunkt der Investition berechnet. Die Kapitalwert- oder auch Barwertmethode ermöglicht somit eine Berücksichti-gung späterer Kosten wie Wartung und Reparaturen.

Bei einem kalkulatorischen Zinssatz von z = 5,5 % (q = 1 + z) und einem Betrachtungs-zeitraum von 40 Jahren lässt sich der Rentenabwertfaktor auf 16,05 bestimmen. Somit erge-ben sich die nachstehenden kapitalisierten Wartungskosten.

Freileitungs-Doppelsystem:

T€/km4805,16km€000.3

1)-(qq1q

km€000.3´ 40

4040

1ii

i

≈⋅=⋅−

⋅== ∑= q

EW

Kabel-Doppelsystem:

T€/km1605,16km€000.1

1)-(qq1q

km€000.1´ 40

4040

1ii

i

≈⋅=⋅−

⋅== ∑= q

EW

Kabel-Doppelsystem mit Zwangskühlung:

T€/km3205,16km€000.2

1)-(qq1q

km€000.2´ 40

4040

1ii

i

≈⋅=⋅−

⋅== ∑= q

EW

Durch den geringeren Wartungsaufwand haben Kabel gegenüber der Freileitung bei der Be-trachtung der Barwerte einen Kostenvorteil von rund 32 T€/km ohne Zwangskühlung und 16 T€/km mit Zwangskühlung (vgl. Brakelmann, 2006, S.28).

Der Kühlanlage müssen noch die Betriebskosten zugerechnet werden. Die Betriebskosten können laut der Firma York International GmbH mit ca. 18 % der installierten Kühlleistung (hier 3 MW) abgeschätzt werden. Durch die Volllaststundenzahl und geringe Auslastung bei der Versorgung können die Betriebskosten mit ca. 700 €/km pro Jahr angenommen werden. Kapi-

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Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

186 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

talisiert müssen somit noch 11,2 T€/km auf die 32 T€/km für Wartung aufgeschlagen werden (43,2 T€/km). Es wurde ein Dauerbetrieb der Kühlanlage der Berechnung zu Grunde gelegt.

Bei dem vorgegebenen Betrachtungszeitraum von 40 Jahren ist davon auszugehen, dass erst am Ende dieses Zeitraumes die Kabelanlage erneuert werden muss, während bei der Freilei-tung gegebenenfalls ein Austausch der Seile erforderlich wird.

Technische Verluste von Freileitung und Erdkabel

Die Bestimmung der finanziellen Verluste, die bei der Stromübertragung entstehen, benötigen Angaben über den Energieverlust, die Dauer der Belastung und den Vergütungssatz für die elektrische Arbeit. In diesem Kapitel werden die durchschnittliche Belastungsdauer und der längenspezifische Energieverlust beschrieben.

Legt man dem von den Windenergieanlagen erzeugten Strom eine statistische Verteilung der Windgeschwindigkeit z.B. in Form einer Rayleigh-Verteilung sowie eine Leistungsabhängigkeit der WEA in der 3. Potenz zugrunde und moduliert diese noch über das Anfahr- und Abschalt-verhalten der WEA, so ergeben sich Volllaststundenzahlen, die in der Tab. 18 dargestellt sind. Im Zusammenhang der Volllaststunden lassen sich auch die Vollverluststunden bestimmen.

Für den Bereich Nordfriesland ist nach Windenergie Report [77] von etwa 2.000 Volllast-stunden/Jahr der WEA auszugehen, was nach der hier verwendeten Berechnungsmethode einer mittleren Windgeschwindigkeit von rd. 6,2 m/s entspricht. Hierfür erhält man bei reiner Windenergieeinspeisung ohne Berücksichtigung der Lasten der Region aus der Windstatistik eine jährliche Vollverluststundenzahl von tv = 1.200 h/a.

Tab. 18: Jährliche Volllaststunden tP und Vollverluststunden tv

v [m/s]

tP [h/a]

tv [h/a]

5,5 1.454 750 5,8 1.648 900 6,0 1.840 1.060 6,2 1.997 1.200 6,5 2.234 1.410 7,0 2.628 1.778

E.ON-Netz hingegen hat in diesem Netzbereich in den letzten Jahren in der realen Netzsituati-on mit Windenergieeinspeisung und Lasten eine geringere Netzauslastung in Höhe von insge-samt

tv = 880 h/a ermittelt.

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Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 187

Berücksichtigt werden muss der Effekt, dass zeitweise dem „Entsorgungs“-Lastfluss in Stark-windphasen der „Versorgungs“-Lastfluss entgegenwirkt, der in Starkwindphasen auch etwas stärker ausfällt als bei Windstille. Das bedeutet, dass von dem in der Region erzeugten Strom der in der Region verbrauchte Strom abgezogen wird. Die direkt in der Region verbrauchte Energie entlastet so die Stromübertragungsleitungen der 110kV-Spannungsebene. Hinzu kommen einerseits noch Ausfallzeiten der WEA wegen Reparatur oder Wartung oder auch wegen der bei drohender Netzüberlastung durch Erzeugungsmanagement vorgenommenen Abschaltungen von WEA. Bei der Vielzahl der WEA im betrachteten Netzbereich spielt der zweitgenannte Effekt eine untergeordnete Rolle. Aufgrund der Auswertungen seitens E.ON Netz fällt, zumindest für das Jahr 2004, der Einsatz des Erzeugungsmanagements nicht ins Gewicht [80].

Aufgrund der oben genannten Abweichungen wird eine Vollverluststundenzahl zwischen den von E.ON ermittelten 880 h/a und aus der Statistik stammenden 1.200 h/a von 1.000 h/a an-genommen. Die restliche Zeit des Jahres, also 7.760 Stunden, kann das Erdkabel zur Versor-gung der Region genutzt werden (rein rechnerisch nur für diese Betrachtung).

Freileitungs-Doppelsystem

Der maximale Betrag der Verluste einer zweisystemigen Freileitung wird für den „Entsorgungs-fall“ (Auslegung für Windstromabführung) bestimmt. Unter der Annahme der Normbedingun-gen (Umgebungstemperatur 35°C, Windgeschwindigkeit 0,6 m/s senkrecht zum Seil und direk-ter Sonneneinstrahlung; DIN EN 50182) und eines Leiterstromes von 1000 A je Zweierbündel (190,5 MVA je System) ergeben sich für das Doppelsystem Stromwärmeverluste von 388 W/m bei 381 MVA.

Der „Versorgungsfall“ hingegen wird mit einem Leiterstrom von 158 A je Zweierbündel (30,1 MVA je System) vorgegeben. Für die Versorgung ergeben sich Stromwärmeverluste von 9 W/m bei 60 MVA.

Damit ergeben sich über ein Jahr Gesamtverluste in Höhe von

388 kW/km * 1.000 h + 9 kW/km * 7760 h = 457,8 MWh/km pro Jahr.

Bei Annahme der Normbedingungen liegt dieser Wert allerdings etwas höher als im Realfall. Mit einer niedrigeren durchschnittlichen Lufttemperatur von 12°C und einer geringfügig höhe-ren Windgeschwindigkeit von 1 m/s, gemittelt über die gesamte Trasse, ergibt sich ein Strom-wärmeverlust von 350,4 W/m bei 381 MVA (vgl. [21], S.20).

Für „Entsorgung“ und „Versorgung“ entstehen also längenbezogene, stromabhängige Ge-samtverluste bei der Freileitung in Höhe von

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Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

188 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

350,4 kW/km * 1000 h + 9 kW/km * 7.760h = 420,2 MWh/km pro Jahr.

Erdkabel-Doppelsystem

Die Verluste der beiden Leitermaterialien Aluminium und Kupfer unterscheiden sich geringfü-gig. Im Folgenden werden die Verluste des Aluminiumleiters auch für die übrigen Erdkabelva-rianten angegeben. Die Verluste von Kupferleitern sind real ca. 3 W/m geringer.

Der maximale Betrag des Kabel-Doppelsystems wird für den „Entsorgungsfall“ (Auslegung für Windstromabführung) bestimmt. Unter der Annahme einer durchschnittlichen Bodentempera-tur von 15°C und eines Leiterstromes von 1000 A je Ader (190,5 MVA je System) ergeben sich Stromwärmeverluste des Doppelsystems von 87 W/m bei 381 MVA.

Der „Versorgungsfall“ hingegen wird wie bei der Freileitung mit einem Leiterstrom von 158 A je Ader (30,1 MVA je System) vorgegeben. Für die Versorgung ergeben sich Stromwärme-verluste für das Doppelsystem von 4,1 W/m bei 60 MVA.

Für „Entsorgung“ und „Versorgung“ entstehen längenbezogene, stromabhängige Gesamt-verluste in Höhe von

87 kW/km * 1.000 h + 4,1 kW/km * 7.760 h = 118,8 MWh/km pro Jahr.

Zusätzlich zu diesen betriebswirtschaftlichen Kosten soll auch ein Vergleich sozialer Kosten unternommen werden.

Soziale Kosten

Soziale Kosten sind Kosten, die nicht von den verursachenden Wirtschaftsakteuren getragen werden, sondern der Gesellschaft oder Dritten aufgebürdet werden.

„Reinheit von Luft und Wasser, biologische Artenvielfalt, Abwesenheit von Schad- und Giftstof-fen, optische und akustische Qualität einer Umgebung: All das lässt sich nicht privat besitzen und hat keinen Preis“ [125].

Diese öffentlichen Güter sind in der Vergangenheit im Überfluss vorhanden gewesen und schienen gar unerschöpflich. Doch mit zunehmender Verknappung der öffentlichen Güter müsste es eigentlich zu einer Verteuerung kommen. Bei Gütern auf einem Markt kommt es zu einem Preisanstieg, wenn das Angebot knapper wird oder die Nachfrage steigt. Öffentliche Güter sind Güter der Öffentlichkeit und bedürfen einer gerechten Verteilung sofern der Markt zu einer sozialen Ungerechtigkeit führt.

Dieser soziale „Marktausschluss“ kann sich in den sozialen Kosten wieder finden. Unter dem Begriff soziale Kosten sind im Folgenden alle direkten und indirekten Verluste, die Drittperso-nen oder die Allgemeinheit zu tragen haben, als Folge einer uneingeschränkten wirtschaftli-

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Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 189

chen Tätigkeit, definiert. Die sozialen Kosten können in Schädigungen der menschlichen Ge-sundheit, in der Vernichtung oder Verminderung von Eigentumswerten und der vorzeitigen Erschöpfung von Naturschätzen zum Ausdruck kommen. Sie können als Beeinträchtigung weniger greifbarer Werte auftreten [87].

Frühere Arbeiten zur Quantifizierung von Landschafts- und Umweltbelastungen von Freileitun-gen haben soziale Kosten von 0,1 Mio. € bis 0,3 Mio. € pro km Freileitung ergeben, je nach Bauausführung und Art der durchschnittenen Landschaft, dagegen vernachlässigbare soziale Kosten für VPE Erdkabel, sofern sie nicht durch Naturschutz- oder Feuchtgebiete verlegt wer-den [81].

Die Netzverstärkungsmaßnahme zwischen Breklum-Flensburg ist von E.ON-Netz als 110 kV-Freileitung in völlig ebener, teilweise touristisch genutzter Landschaft geplant. Es ist für die Freileitung mit nicht unerheblichen Umweltkosten zu rechnen:

Nimmt man unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Landschaftstypen pauschal den Mit-telwert der oben angegebenen Kosten, also 0,2 Mio. € pro km an, so ergeben sich für die sozi-alen Kosten der Freileitungsausführung etwa 6 Mio. €.

Auch die beim Versuch der Durchsetzung einer Freileitungslösung zu erwartenden erheblichen Mehrkosten durch langwierige Verwaltungsverfahren und gegebenenfalls gerichtliche Ausei-nandersetzungen sind den sozialen Kosten zuzurechnen [80].

In dieser Studie soll es nicht Gegenstand sein, die sozialen Kosten auf der Grundlage subjek-tiver Wahrnehmung zu stützen. Es ist schwer, die Beeinträchtigung der Lebensqualität finan-ziell zu messen und individuell zu interpretieren. Dennoch führen OBERMAIR UND Jarass [125] eine preisliche Bewertung für den Wirkungsbereich von Freileitungen an. Sie differenzieren in fünf unterschiedliche Landschaftstypen mit unterschiedlich hohen sozialen Kosten. Die sozia-len Kosten werden anhand der Verkehrswerte von Flächen mit vergleichbarer ökologischer Funktion, die uneingeschränkt nutzbar sind, ermessen (Substitutionswert).

Die sozialen Kosten ergeben sich aus:

Trassenlänge (hier 1000 m) * Wirkungsbreite * Bewertungszahl * Verkehrswert pro m2

Beispiel: Für einen in Deutschland gemittelten Verkehrswert einer landwirtschaftlichen Fläche von 2,5 €/m2 ergeben sich mit einer Wirkungsbreite der Freileitung von 250 m seitlich und 40 m direkt unter der Trasse und einer Bewertungszahl von 0,08 seitlich und 0,15 unter der Trasse soziale Kosten in Höhe von 115.000 €/km ([125], S.99ff).

Mit Hilfe dieser Berechnungen ergeben sich für die fünf Landschaftstypen die in Tab. 19 ste-henden sozialen Kosten.

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Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

190 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Tab. 19: Soziale Kosten der unterschiedlichen Landschaftstypen

Landschaftstyp Soziale Kosten [T€/km]

Unberührte Landschaft 900 Wirtschaftswald 150 Landwirtschaft 115 Gewerbegebiet 200 Gering belastet mit Wohnnutzung 870

Aktuelle Untersuchungen ergaben für Freileitungen durchschnittliche soziale Kosten von ca. 200.000 €/km ([82], S. 5). In den folgenden Berechnungen werden die konservativen, für eine landwirtschaftliche Fläche ermittelten 115.000 €/km verwendet, um eine nachvollziehbare Ar-gumentation zu nutzen. Sie sind bereits auf den Stichtag abgezinst und können später zum Investitionsbetrag addiert werden. Soziale Kosten treten bei Erdkabeln nach Jarass [80] nicht auf.

Eine in Finnland erschienene Studie unterstreicht die Notwendigkeit der Berücksichtigung der sozialen Kosten. Sie ergab, dass es zu einer signifikanten Wertminderung von Immobilien in der Nähe von Freileitungen kommt. Die Höhe der Wertminderung ist umgekehrt proportional zur Entfernung der Freileitung (vgl. [1]). Diese Studie bezieht sich jedoch, im Gegensatz zu [82], auf eine reine Wertminderung von Immobilien.

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Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 191

Beispiel: Studie Finnland:

Vorgegeben wird eine 400km lange Freileitung. Parallel zu dieser wird alle 500m eine Immobi-lie in 500m Entfernung zur Freileitung, zwei Immobilien mit einer Entfernung von 1.000m und drei Immobilien in 2.000m Entfernung angenommen.

Die Wertminderung wird für die Entfernung von 500m mit 8%, für 1.000m mit 4% und für 2.000m mit 2% beschrieben, wobei die Immobilien einen durchschnittlichen Wert von 150.000€ besitzen (vgl. [1], S.27).

Somit ergeben sich alle 500m entlang der Strecke Wertverluste von

€000.3302,0*€000.150*304,0*€000.150*208,0*€000.150 =++

Für die gesamte Beispielstrecke ergeben sich somit Wertverluste für die Besitzer von

€.4,26€000.33*800 Mio=

Das entspricht sozialen Kosten von 66.000 €/km.

Es ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass die Wertverluste mit der Bevölke-rungsdichte in Zusammenhang stehen. Finnland hat 15,6 Einwohner/km2 und die Bundesre-publik Deutschland (BRD) hat 213 Einwohner/km2. In Bundesländern wie Schleswig-Holstein ist die Bevölkerungsdichte mit 180 Einwohnern/km2 geringer, als die der BRD, dennoch um das zehnfache höher als in Finnland.

Untersuchungen in Großbritannien:

In Großbritannien mit einer Bevölkerungsdichte von 246 Einwohner/km2, ergaben Unter-suchungen eine Wertminderung von 38 % gegenüber vergleichbarer Immobilien ohne Freilei-tung in 100m Entfernung (vgl. [1], S.27).

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Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

192 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Beispiel: Entschädigung in Dänemark

Beim Bau von neuen Freileitungen erfolgt in Dänemark eine zusätzliche Entschädigung für den Wertverlust der anliegenden Häuser:

• Keine Entschädigung erfolgt für Häuser, die mehr als 280 m von der Freileitung entfernt

sind. • zwischen 80 – 280 m werden 50% des Hauspreises als Entschädigung gezahlt • bei Entfernungen von weniger als 80 m muss das Haus sogar gekauft werden.

Bei Erdverkabelungen werden Abstände von mindestens 25 m zu Wohngebäuden eingehal-ten. Eine zusätzliche Entschädigung der Hauseigentümer erfolgt nicht.

Es liegen keine Kenntnisse vor, inwieweit bei der Entschädigungsbewertung in Großbritannien und Dänemark bereits bestehende Vorbelastungen berücksichtigt und ob diese in die Bewer-tung mit einbezogen wurden.

Kosten von Kompensationsmaßnahmen für Eingriffe in Natur und Landschaft

Ausgleichsmaßnahmen für Erdkabel Breklum-Flensburg

In der Tab. 20 sind die Kosten der notwendigen Kompensationsmaßnahmen für die geplante Freileitung sowie das genehmigte Erdkabel zwischen Breklum und Flensburg aufgeführt. Für die Freileitung ergeben sich die Kosten aus den Antragsunterlagen ([106]; [33], S. 55ff). Sie setzen sich zusammen aus:

- Flächenkompensation bei Rodung von Wald

- Kompensation einzelner Bäume

- Ausgleich für das Schutzgut Vögel und Landschaft

Konkrete Kosten für die Flächenkompensation bei Rodung von Wald und die Kompensation einzelner Bäume konnten dem o.g. LBP entnommen werden. Die als Ausgleich für das Schutzgut Vögel und Landschaft vorgesehenen Maßnahmen zum Rückbau von insgesamt ca. 48,8 km Mittelspannungsfreileitungen mussten abgeschätzt werden. In Summe werden Kosten von 1.087.800 € als Kompensation für die Freileitung angesetzt.

Der LBP des genehmigten Erdkabels (GEO mbH 2007) enthält detaillierte Kosten für die ge-plante Kabellegung. Sie betragen für die 31 km lange Trasse 53.700 €.

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Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 193

Tab. 20: Übersicht über die Kosten der Kompensation bei Freileitung und Erdkabel

Kostenanteil System

Ausgleichszahlung [T€/km]

Einebenanordnung 1,732 Dreiecksanordnung 1,732 Gebündelte Verlegung mit Zwangs-kühlung 1,732

Freileitung 39,129

Da die Ausgleichszahlungen zeitnah zur Baumaßnahme anfallen, werden sie ohne Abzinsung den Investitionskosten hinzugefügt. Durch diesen Zuschlag ergeben sich die in der Tab. 21 aufgeführten Investitionskosten und die veränderten Faktoren zu Gunsten des Erdkabels im Vergleich zu Tab. 17.

Tab. 21: Übersicht über die Investitionskosten mit Ausgleichszahlung

Kostenanteil System

Investitions-kosten [T€/km]

Ausgleichs-zahlung [T€/km]

Summe für Gesamtlänge*

[T€]

Faktor

Einebenenanordnung (Cu) 1.155 1,732 35.858,69 3,37

Dreiecksanordnung (Al) 965 1,732 29.968,69 2,82

Gebündelte Verlegung mit Zwangskühlung (Al) 905 1,732 28.108,69 2,64

Freileitung 343,71 39,129 10.642,79 1,00

*) es wurde mit Längen von 31 km für das Erdkabel und 27,8 km für die Freileitung gerechnet, da die vorgesehenen Trassenver-läufe nicht ganz identisch sind

Wirtschaftlichkeitsvergleich

Für die nachstehende Berechnung wird ein Kalkulationszinsfuß z = 5,5% und ein Betrach-tungszeitraum von 40 Jahren angesetzt. Das ergibt einen Rentenabwertfaktor von nr = 16,05.

Zusätzlich wird noch eine Variante mit einem Betrachtungszeitraum von 80 Jahren bewertet.

In die Berechnung gehen Verlustkosten von 6 ct/kWh für den Ent- und Versorgungsfall ein. Kosten von 6 ct/kWh sind Grundlage für die Bemessung von Netzentgelten. Dieser Betrag wird von der Bundesnetzagentur akzeptiert. Oswald [130] hat den Wert von 6 ct/kWh zur Grundlage der Verlustkosten gemacht.

Die konstanten Kosten pro Jahr für die Freileitung und das Kabel sind in der Tab. 24 zusam-men gestellt.

Page 208: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

194 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Tab. 22: Betriebskostenübersicht für Betrachtungszeiträume von 40 und 80 Jahren

Kostenanteil System

Verlust -kosten

[T€/km/a]

Wartungs-kosten

[T€/km/a]

Barwert 40 Jahre [T€/km]

Barwert 80 Jahre* [T€/km]

Einebenenanordnung (Cu) 7,129 1.000 130,439 145,761

Dreiecksanordnung (Al) 7,129 1.000 130,439 145,761

Gebündelte Verlegung mit Zwangskühlung (Al) 7,129 2.000 146,485 163,692

Freileitung 25,214 3.000 452,725 505,903

Die Verlustkosten werden bestimmt durch die Formel:

[ ]htKmkWV

kWhxK ∗

=

K = Verluste

x = Strompreis

V = Stromverluste

t = Dauer der Auslastung

Über einen Betrachtungszeitraum von 40 Jahren ist gemäß Vorgabe eine Neubeseilung der Freileitung notwendig. Der bereits erwähnte Seil- und Garniturenaustausch wird mit 25% (85,9 T€/km) der Investitionskosten abgeschätzt. Nimmt man an, dass der Austausch nach 30 Jahren erfolgt, ist ein Barwert von 17,24 T€/km zusätzlich zu berücksichtigen.

Bei einem Betrachtungszeitraum von 80 Jahren wird beim Erdkabel nach 40 Jahren eine Er-neuerung der Kabelanlage abgezinst, diese schlägt mit zusätzlich 11,7% (64 T€/km) bei den Investitionskosten zu Buche. Bei der Freileitung werden Seil- und Garniturenaustausch nach 30 und 60 Jahren berücksichtigt. Bei einem Austausch der Freileitungsseile nach 60 Jahren ist ein Barwert von 3,46 T€/km zusätzlich zu berücksichtigen.

kmT

kmT €24,17

055.11*€9,85 30 =

kmT

kmT €46,3

055.11*€9,85 60 =

Page 209: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 195

Anhand der vorherigen Berechnungen lassen sich, zum Vergleich der Varianten, die ermittel-ten Ausgleichszahlungen und kapitalisierten Wartungs-, Betriebs- und Verlustkosten mit den Investitionskosten zum Barwert aufsummieren, Vgl. Tab. 23 und Tab. 24.

In Tab. 25 und Tab. 26 werden dann die sozialen Kosten der Freileitung mit 115.000 €/km be-rücksichtigt. Soziale Kosten für Erdkabel sind nicht bekannt oder so gering, dass sie hier ver-nachlässigbar sind. (s.o.)

Tab. 23: Wirtschaftlichkeitsvergleich mit einer Verlustkostenbewertung von 6,0 ct/kWh bei einem Betrachtungszeitraum von 40 Jahren

Kapitalisierte Kosten [T€/km]

Kostenanteil System

Investitions-kosten [T€/km]

Wartung Verlust

Vollkosten

[T€/km]

Summe der Gesamtlänge*)

[T€]

Faktor

Einebenenanordnung (Cu) 1.156,7 16,1 114,4 1.287,20 39.903,20 1,68

Dreiecksanordnung (Al) 966,7 16,1 114,4 1.097,20 34.013,20 1,43

Gebündelte Verlegung mit Zwangskühlung (Al) 906,7 32,1 114,4 1.053,20 32.649,20 1,38

Freileitung 382,8 + 17,24**)

48 404,8 852,84 23.708,95 1,00

*) es wurde mit 31 km für das Erdkabel und 27,8 km für die Freileitung gerechnet, da die vorgesehenen Trassenverläufe nicht ganz identisch sind

**) Es wurde der Barwert einer Neubeseilung nach 30 Jahren berücksichtigt

Page 210: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

196 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Tab. 24: Wirtschaftlichkeitsvergleich mit einer Verlustkostenbewertung von 6,0 ct/kWh bei einem Betrachtungszeitraum von 80 Jahren

Kapitalisierte Kosten [T€/km]

Kostenanteil System

Investitions-kosten [T€/km]

Wartung Verlust

Vollkosten

[T€/km]

Summe der Gesamtlänge*)

[T€]

Faktor

Einebenenanordnung (Cu)

1.156,7 + 135,67**)

17,9 127,8 1.438,07 44.580,17 1,76

Dreiecksanordnung (Al) 966,7 + 113,35**)

17,9 127,8 1.225,75 37.998,25 1,50

Gebündelte Verlegung mit Zwangskühlung (Al)

906,7 + 106,30**)

35,9 127,8 1.176,70 36.477,70 1,44

Freileitung 382,8 + 17,24

+ 3,46***) 53,8 452,1 909,40 25.281,32 1

*) es wurde mit 31 km für das Erdkabel und 27,8 km für die Freileitung gerechnet, da die vorgesehenen Trassenverläufe nicht ganz identisch sind

**) Es wurde der Barwert einer neuen Verkabelung nach 40 Jahren berücksichtigt

***) Es wurde der Barwert einer Neubeseilung nach 30 und 60 Jahren berücksichtigt

Tab. 25: Wirtschaftlichkeitsvergleich mit einer Verlustkostenbewertung von 6,0 ct/kWh mit sozialen Kosten für einen Betrachtungszeitraum von 40 Jahren

KostenanteilSystem

Vollkosten [T€/km]

Summe der Gesamtlänge*) [T€]

Faktor

Einebenenanordnung (Cu) 1.287,20 39.903,20 1,48

Dreiecksanordnung (Al) 1.097,20 34.013,20 1,26

Gebündelte Verlegung mit Zwangskühlung (Al) 1.053,20 32.649,20 1,21

Freileitung 852,84

+ 115,00**) 26.905,95 1,00

*) es wurde mit 31 km für das Erdkabel und 27,8 km für die Freileitung gerechnet, da die vorgesehenen Trassenverläufe nicht ganz identisch sind

**) Es wurden soziale Kosten von 115.000 Euro/km für die Freileitung berücksichtigt

Page 211: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 197

Tab. 26: Wirtschaftlichkeitsvergleich mit einer Verlustkostenbewertung von 6,0 ct/kWh mit sozialen Kosten für einen Betrachtungszeitraum von 80 Jahren

KostenanteilSystem

Vollkosten [T€/km]

Summe der Gesamtlän-ge*)

[T€]

Faktor

Einebenenanordnung (Cu) 1.438,07 44.580,17 1,57

Dreiecksanordnung (Al) 1.225,75 37.998,25 1,33

Gebündelte Verlegung mit Zwangskühlung (Al) 1.176,70 36.477,70 1,28

Freileitung 909,40

+115,00**) 28.478,32 1

*) es wurde mit 31 km für das Erdkabel und 27,8 km für die Freileitung gerechnet, da die vorgesehenen Trassenverläufe nicht ganz identisch sind

**) Es wurden soziale Kosten von 115.000 Euro/km für die Freileitung berücksichtigt

Die Bewertung der Wirtschaftlichkeitsvergleiche bringt folgende Ergebnisse:

Ohne Berücksichtigung sozialer Kosten

- bei einer Vollkostenbewertung über einen Zeitraum von 40 Jahren unter Berücksichti-gung der Ausgleichsmaßnahmen liegen die Kosten

- von Erdkabeln mit Kupferleitern ca. 70% über den Kosten der Freileitung

- von Erdkabeln mit Aluminiumleitern ca. 40% über den Kosten der Freileitung

- bei einer Vollkostenbewertung über einen Zeitraum von 80 Jahren unter Berücksichti-gung der Ausgleichsmaßnahmen liegen die Kosten

- von Erdkabeln mit Kupferleitern ca. 75% über den Kosten der Freileitung

- von Erdkabeln mit Aluminiumleitern ca. 50% über den Kosten der Freileitung

Mit Berücksichtigung sozialer Kosten

- bei einer Vollkostenbewertung über einen Zeitraum von 40 Jahren unter Berücksichti-gung der Ausgleichsmaßnahmen und sozialer Kosten für die Freileitung liegen die Kos-ten

- von Erdkabeln mit Kupferleitern ca. 50% über den Kosten der Freileitung

- von Erdkabeln mit Aluminiumleitern ca. 25% über den Kosten der Freileitung

- bei einer Vollkostenbewertung über einen Zeitraum von 80 Jahren unter Berücksichti-gung der Ausgleichsmaßnahmen und sozialer Kosten für die Freileitung liegen die Kos-ten

- von Erdkabeln mit Aluminiumleitern ca. 30% über den Kosten der Freileitung

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Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

198 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

- von Erdkabeln mit Kupferleitern ca. 66% über den Kosten der Freileitung

In den Kostenvergleich wurden bisher noch nicht die negativen Auswirkungen von Freileitun-gen auf:

• Zugvögel (Vogelschlagopfer) • Wertverlust von Immobilien

kalkulatorisch bewertet.

Die Entwicklung auf dem weltweiten Rohstoffmarkt hat zu erheblichen Preisabschlägen ge-führt. Bei Kupfer ist der Weltmarktpreis zwischen August und Ende Oktober 2008 um ca. 33% eingebrochen. Bei Aluminium wurde eine Senkung der Preise von ca. 15% registriert. Bei Be-rücksichtigung dieser Preisentwicklung ergibt sich eine deutliche Kostenreduktion für die Erd-kabelvarianten.

Weiterhin wurden lediglich die Kosten der Übertragungsmedien Erdkabel und Freileitung in den Vergleich eingestellt. Sofern die Investitionskosten der erforderlichen Anlagen an den Um-spannwerken in Breklum und Haurup (Flensburg) Berücksichtigung finden (Schaltanlage, Transformator etc.) verringert sich der Kostenfaktor noch zu Gunsten des Erdkabels.

Fazit

Die Vergleiche haben gezeigt, dass die Vollkosten für Erdkabel ca. 25 bis 75% über denen von gleichwertigen Freileitungen liegen. Die großen Schwankungen sind dem Umstand geschul-det, dass es derzeit keinen Standard für die Erstellung von Vollkostenvergleichen gibt. Selbst die Verordnung über die Anreizregulierung der Energieversorgungsnetze in seiner neuesten Fassung vom August 2009 [169] nennt in diesem Zusammenhang keine Details. Es heißt dort im §23 in „Erweiterungsinvestitionen zur Errichtung von Hochspannungsleitungen auf neuen Trassen mit einer Nennspannung von 110 Kilovolt als Erdkabel, soweit die Gesamtkosten für Errichtung und Betrieb des Erdkabels die Gesamtkosten der technisch vergleichbaren Freilei-tung den Faktor 1,6 nicht überschreiten und noch kein Planfeststellungs- oder Plangenehmi-gungsverfahren für die Errichtung einer Freileitung eingeleitet wurde, sowie Erdkabel nach § 43 Satz 3 des Energiewirtschaftsgesetzes und § 2 Abs. 1 des Energieleitungsausbaugesetzes“ sind im Rahmen von Investitionsbudgets durch die Bundesnetzagentur zu genehmigen.

Die Verfasser sehen bei der Betrachtung der in [169] genannten Gesamtkosten, dass das be-schriebene Erdkabel zwischen Breklum und Flensburg Fall den Faktor 1,6 unterschreiten wird.

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Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 199

5.5.2. Volkswirtschaftliche Aspekte

Allgemein

Auf Grundlage des Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG 2004) ist es gesetzlich geregelt, dass eine Anlage zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien vorrangig ange-schlossen und der Strom in vollem Umfang durch den Netzbetreiber abgenommen werden muss.

Mit der Novellierung des EEG 2004 wurde in § 4 Abs. 3 Satz 2 jedoch eine Einschränkung bezüglich der Stromabnahme festgelegt. Im Gesetz heißt es:

„ ... Die Verpflichtung nach Absatz 1 Satz 1 zur vorrangigen Abnahme des in diesen Anlagen erzeugten Stroms besteht nur, soweit das Netz oder der Netzbereich nicht durch Strom aus zeitlich vor diesen Anlagen angeschlossenen Anlagen zur Erzeu-gung von Strom aus Erneuerbaren Energien oder Grubengas vollständig ausgelastet ist [...]“(EEG, 2004, §4).

Diese Klausel sollte den weiteren Zubau von Windenergie auch bei verzögertem Netzausbau ermöglichen. Der unverzügliche Netzausbau durch den Netzbetreiber bleibt von dieser Ab-nahmebeschränkung jedoch unberührt. In § 4 Abs. 3 Satz 2 heißt es weiter:

„[...] die Verpflichtung zum unverzüglichen Ausbau nach Absatz 2 Satz 2 bleibt unbe-rührt“ (EEG, 2004, §4).

Die E.ON Netz GmbH als zuständiger Übertragungsnetzbetreiber hat bereits vor der Novellie-rung des EEG 2004 ein System entwickelt, das zur besseren Integration von neu installierten erneuerbaren Energiequellen dienen soll. Wie dieses so genannte Erzeugungsmanagement (ErzMan) in Schleswig-Holstein funktioniert, wird nachfolgend kurz beschrieben.

Schleswig-Holstein ist für die ErzMan-Zwecke in 7 Netzregionen unterteilt (s. Abb. 122, die Nummerierung wurde überarbeitet, die Regionen 4 und 8 fielen weg). Innerhalb dieser Netzre-gionen werden alle WEA gleichermaßen behandelt und bei drohender Netzüberlastung ent-sprechend abgeregelt. Eine Rangfolge zum Abregeln der einzelnen Anlagen existiert nicht. Die Abregelung kann stufenweise von 100% auf 60%, 30% und 0% der installierten Leistung erfol-gen.

Page 214: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

200 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Abb. 122: Netzregionen in Schleswig-Holstein

Quelle: [35]

Das entscheidende Kriterium zum Einsatz des ErzMan ist das Überschreiten eines vorgege-benen Grenzwertes in einem Stromkreis. Dieser Grenzwert wird durch die DIN/EN 50182 be-schrieben. Diese Norm geht von 35°C Umgebungstemperatur, 100 % Sonneneinstrahlung und 0,6 m/s Windgeschwindigkeit quer zum Seil aus.

Um die sich häufenden ErzMan-Schaltungen zu minimieren, wurde im Rahmen eines 2006 gestarteten Feldversuches an der Freileitung zwischen Niebüll und Flensburg ein so genann-tes Freileitungsmonitoring installiert [138]. Dieses Temperaturmonitoring ermöglicht, den Grenzwert aus DIN/EN 50182 den realen Bedingungen anzupassen, d.h. die vorhandenen Betriebsmittel besser auszulasten.

Legende: Angeschlossene UW in den Regionen 1: Niebüll, Dörpum, Breklum, Lindewitt, Schobüll, Flensburg, Weding

2: Dörpum, Breklum, Husum, Rendsburg N., Audorf

3: Weding, Schwensby, Tarp, Schuby, Kropp, Audorf, Nortorf, Kamp

5: Dörpum, Breklum, Husum, Friedrichstadt, Hemme, Linden, Heide, Hardemarschen

6: Dörpum, Breklum, Husum, Friedrichstadt, Hemme, Linden, Heide, Wöhrden, Meldorf, Quickborn/Dith., Marne/W

7: Entspricht Region 6 zuzüglich Osterm./West

9: Höhendorf, Trent, Stolpe, Lütjenburg, Weißenhaus, Heiligenhafen, Lütjenbrode, Göhl, Lensahn, Cismar/W, Rogerfelde, Eutin/S, Bahrenkrug, Scharbeutz, Teutendorf

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Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 201

Dieses erfolgt nach [138] über die • Bestimmung der klimaabhängigen dynamischen Dauerstrombelastbarkeit eines Strom-

kreises; • Überprüfung und Anpassung sämtlicher Stromkreiskomponenten auf maximal erreich-

bare Dauerstrombelastbarkeit; • Einbindung der klimaabhängigen dynamischen Dauerstrombelastbarkeiten in die Netz-

leittechnik.

Nach [138] wurde durch den Einsatz des Freileitungsmonitorings (FLM) die Einsatzdauer des ErzMan um 80 % gesenkt. Die Auslastung der Leitungen kann mit dieser Hilfe um bis zu 50 % gesteigert werden. Zu berücksichtigen bleibt, dass ein Freileitungsmonitoring den verzögerten Netzausbau überbrückt, aber nicht ersetzt. Das FLM kann schon heute nicht alle ErzMan-Schaltungen verhindern.

Folglich muss der Netzausbau mit der gleichen Priorität vorangetrieben werden. In § 4 Abs. 2 Satz 2 EEG steht:

„Ein Netz gilt auch dann als technisch geeignet, wenn die Abnahme des Stroms unbeschadet des Vorrangs nach Absatz 1 Satz 1 erst durch einen wirtschaftlich zumutbaren Ausbau des Netzes möglich wird; in diesem Fall ist der Netzbetreiber auf Verlangen des Einspeisewilligen zum unverzüglichen Ausbau verpflichtet“ (EEG, 2004, §4).

Wirtschaftliche Zumutbarkeit

In einer aktuellen Untersuchung zum Thema „Wirtschaftliche Zumutbarkeit des Netzausbaus für Windenergie“ hat Jarass [80] die Frage beantwortet, wo die Grenze der wirtschaftlichen Zumutbarkeit liegt.

Der Wortlaut des EEG (EEG 2004 §4, Abs.2, Satz 2), insbesondere die dort explizit geregelte Überwälzung der Netzausbaukosten auf die Stromkunden lässt nicht den geringsten Zweifel daran, dass „wirtschaftliche Zumutbarkeit“ sich nicht darauf bezieht, ob der Netzausbau dem Netzbetreiber wirtschaftlich zumutbar ist. Es ist vielmehr zu prüfen, ob volkswirtschaftliche Kosten und Nutzen in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen, also eine volks-wirtschaftliche Abwägung der von allen Verbrauchern zu tragenden Kosten des Netzausbaus und des dadurch erzielten Nutzens der verringerten Abhängigkeit von nicht erneuerbaren Res-sourcen vorzunehmen (vgl. [80], S.63).

Folglich ist für einen volkswirtschaftlichen Kosten-Nutzen-Vergleich das Optimum des Netz-sausbaus im Verhältnis zu den geplanten Einspeisungen aus WEA abzuschätzen.

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Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

202 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Aus mathematischer Sicht ist es einfach und präzise, das Pareto-Optimum zu bestimmen. Das Pareto-Optimum strebt eine Lösung an, die für alle Beteiligten vorteilhaft ist (vgl. [135], S. 763). Es gilt Grenznutzen (zusätzlicher volkswirtschaftlicher Nutzen der zusätzlichen Windenergie-Einspeisung) gleich Grenzkosten (zusätzliche volkswirtschaftliche Kosten für die zusätzlich zu erstellende Übertragungsleitung des Netzes). Die praktische Anwendung ist meist äußerst umfangreich, da es keine plausible, nachvollziehbare und anerkannte geldliche Bewertung der volkswirtschaftlichen Kosten und Nutzen gibt. Im Fall der Einspeisung Erneuerbarer Energie ist es jedoch sehr viel günstiger. Die Rechtslage und anerkannte Verfahren der Bewertung erlau-ben es, Nutzen und Kosten in Abhängigkeit von der durch Netzausbau erreichten Übertra-gungsleistung abzuwägen (vgl. [80], S.67).

Der windbedingte Netzausbau ist bis zu der Grenze wirtschaftlich zumutbar, wo der Wert der zusätzlich einzuspeisenden Windenergie die zusätzlichen Netzkosten noch übersteigt. Für die volkswirtschaftliche optimale Höhe des Netzausbaus bedarf es allerdings immer einer Einzel-falluntersuchung. Entscheidende Kriterien sind die Leistungsdauerlinien der WEA, die Länge des Leitungsabschnittes, das verstärkt oder zugebaut werden muss, und eine Entscheidung darüber, in welcher Form das Netz verstärkt werden soll (Temperaturmonitoring, Neubesei-lung, Neubau als Erdkabel oder Freileitung, etc.).

Nach [80] muss das Netz für Onshore-Windparks über 90 %, in windbegünstigten Lagen über 95 % der jeweils installierten Leistung ausgebaut werden, für Offshore-Windparks bis zu 100 %. Bei einem nach diesen Vorgaben optimierten Netz werden im Mittel über mehrere Jah-re weniger als 1 % der erzeugbaren Windenergie an der Einspeisung gehindert. Die Netzaus-baukosten betragen durchschnittlich knapp 5 % der Investitionen von Windenergieanlagen. Offshore betragen die Netzausbaukosten bis zu 25 % der Installationskosten für WEA (vgl. [80], S.103ff).

Diese Annahme der Kosten für den Netzausbau von 5 % der onshore installierten WEA lässt sich überprüfen, indem die geplante und bereits zuviel installierte Leistung durch WEA mit den zugehörigen durchschnittlichen Investitionskosten für ein kW ins Verhältnis gesetzt werden. Auf das Projekt Breklum-Flensburg bezogen ergeben sich folgende Verhältnisse.

Die prognostizierte Leistung bis 2010/11 beträgt für den Kreis Nordfriesland laut WINDTEST-Studie über 1.000 MW, die sich aus 890 MW aus den Windenergie-Eignungsflächen, 80 MW aus WEA außerhalb dieser Flächen mit einem zusätzlichen Repowering-Potential von 40 MW und 14 MW aus übrigen EEG-Einspeisungen zusammensetzten ([34] S.5). Wird die existie-rende Übertragungsleistung von 310 MW in Abzug gebracht, ergeben sich ca. 700 MW Wind-energie die einen Netzausbau erforderlich machen. Mit den heutigen durchschnittlichen Inves-titionskosten (Anlage, Netzanschluss, Planung, Genehmigung etc.) für ein Kilowatt Windener-gie von 1.300 Euro (M. Schwarze, GEO, pers. Mitteilung vom 27.11.2007) sind Investitionskos-ten für WEA von 910 Mio. Euro zu erwarten. Ein Anstieg der Investitionskosten von 1.300 €/kW ist zu erwarten, da in den vergangenen Jahren die Preise für WEA aufgrund grö-ßerer Nachfrage kontinuierlich gestiegen sind. Der Netzausbau in Höhe von volkswirtschaftlich zumutbaren 5 % der WEA-Investitionen dürfte also 45,5 Mio. Euro kosten.

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Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 203

Nach der Klärung des Begriffs „wirtschaftlich zumutbar“ wird deutlich, dass die Netzausbau-kosten einen kleinen Teil im Vergleich zu den Investitionskosten ausmachen. Bislang liegen die im Abschnitt „Wirtschaftlichkeitsvergleich“ (S. 193 ff.) dargestellten Investitionskosten unter den als zumutbar geltenden 5 %.

Nachfolgend wird in verschiedenen Szenarien ein Überblick über die wirtschaftlichen Konse-quenzen durch das Erzeugungsmanagement gegeben. Dabei werden auch die Auswirkungen auf den Betrieb von Biomasseanlagen und Photovoltaikanlagen diskutiert.

Wirtschaftliche Auswirkungen auf den Betrieb von WEA durch Netzengpässe im Kreis Nordfriesland

Es soll untersucht werden, welche Auswirkungen die Ertragsausfälle auf WEA-Betreiber ha-ben. Ertragsausfälle im Zusammenhang mit den Netzengpässen entstehen durch den Einsatz des ErzMan und durch nicht realisierte Investitionen in Erneuerbare Energien. Die nicht einge-speisten und vergüteten Leistungen können externe Kosten verursachen. Die externen Kosten entstehen durch den Ersatz nicht eingespeister erneuerbarer Energie, die in konventionellen Kraftwerken erzeugt wird.

ErzMan bedingte Ausfälle

Einsätze des ErzMan verursachen Ertragsausfälle bei Betreibern von WEA. Es soll anhand der vorliegenden Daten ermittelt werden, wie hoch die finanziellen Ausfälle im Kreis Nordfriesland sind.

Den Veröffentlichungen der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein (LWK S-H), die jähr-lich erscheinen, sind die installierten WEA-Leistungen zu entnehmen. Die LWK S-H besitzt die umfangreichste Datensammlung über Leistungszuwachs, Neuinstallation und Repowering in Schleswig-Holstein. Für die Jahre 2000 bis 2006 sind die Daten in Tab. 27 dargestellt.

Tab. 27: Installierte WEA-Leistung im Kreis Nordfriesland ab 2000

Jahr Anzahl WEA

Summe der Leistung

[MW]

Zugebaute Anlagen

Neuinstallierte Leistung

[MW]

Abgebaute Anlagen

Deinstallierte Leistung

[MW] 2000 562 272,84 15 20,70 0 0 2001 592 314,00 30 41,16 0 0 2002 634 397,15 46 83,10 4 1,00 2003 651 488,90 55 109,35 39 17,60 2004 667 562,60 44 84,10 28 12,40 2005 633 587,76 22 25,20 56 20,04 2006 612 626,16 19 55,60 40 16,95 2007*) 605 668,30 10 59,10 16 16,96

nach [109]

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Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

204 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Die MW-Angaben beziehen sich auf die Nennleistung der WEA [ *) Stand bis September 2007]

Für die Ertragsausfälle ist lediglich die neu installierte Leistung seit dem Jahr 2001 von Bedeu-tung, da nur diese durch die ergänzenden Netzanschlussregeln für Windenergie zu der Teil-nahme an ErzMan verpflichtet werden. Die „rückgebauten“ Leistungen werden allerdings in Abzug zu den vor 2000 installierten 252 MW gebracht (vgl. [38]). Somit müssten bis Septem-ber 2007 ca. 480 MW installierte Leistung Windenergie von ErzMan betroffen sein.

Anhand der vorliegenden Daten der LWK S-H für den Kreis Nordfriesland werden die Angaben aus den Einsatzberichten des ErzMan der E.ON Netz entsprechend der Regionen auf den Kreis Nordfriesland bezogen (siehe Abb. 123).

Der Kreis Nordfriesland besitzt für die Windenergieeinspeisung fünf wichtige Umspannwerk-Verknüpfungen in das 110 kV-Hochspannungsnetz (Niebüll, Dörpum, Breklum, Husum und Friedrichstadt). Die im Kreis Nordfriesland liegenden Anlagen, die aus netztechnischen Grün-den im Nachbarkreis an das UW Lindewitt angeschlossen wurden, fallen nicht unter ErzMan und sind daher für die weitere Betrachtung nicht relevant.

Da das ErzMan besonders in der westlichen Region Schleswig-Holsteins eingesetzt wird, tre-ten dort die größten Ertragsausfälle auf. Der Kreis Ditmarschen, südlich von Nordfriesland, wird bei der Ermittlung der Ertragsausfälle nicht berücksichtigt. Eine Hochrechnung der Ergeb-nisse für Nordfriesland auf das gesamte Land Schleswig-Holstein ist nicht zulässig, da die An-zahl der WEA und die Häufigkeit der Schaltungen der einzelnen Regionen nicht einheitlich auftreten.

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Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 205

Abb. 123: E.ON Netz ErzMan-Regionen für den Kreis Nordfriesland und Kreis Dithmarschen

Für die Berechnungen sind die detaillierten Einsatzberichte der E.ON Netz vom ersten Einsatz am 04. Februar 2004 bis zum 08. Dezember 2007 ausgewertet worden. Sie werden tabella-risch auf den Internetseiten der E.ON Netz veröffentlicht. Die detaillierten Einsatzberichte sind über einen gesicherten Zugang abrufbar.

Die Auswertung setzt eine nachvollziehbare Zuordnung der angeschlossenen WEA-Leistung an den im Kreis Nordfriesland liegenden Umspannwerken voraus. Die Zuordnung erfolgt über die Standorte der einzelnen WEA. Mit Hilfe der detaillierten Daten der LWK S-H (pers. Zusen-dung von W. Eggersglüß, LWK S-H, 27.11.2007) ist der Standort durch die Postleitzahl, die angeschlossene Nennleistung und das Jahr der Inbetriebnahme gegeben. Die Verteilung der WEA an die 110kV-Umspannwerke erfolgt mit Hilfe der Postleitzahlen. Es wird auch die An-schlussreihenfolge berücksichtigt, um die zu einem Zeitpunkt betroffene Leistung bestimmen zu können. Die ermittelten Leistungen können von der realen Verteilung abweichen.

Bei den Einsätzen der E.ON Netz sind meist mehrere UW betroffen, so dass eventuelle Ab-weichungen der Leistungszuteilung an die UW keine große Rolle mehr spielen. In Tab. 28 sind die angeschlossenen Nennleistungen an den Umspannwerken bis September 2007 angege-ben. Bei einem ErzMan-Einsatz im kompletten Kreisgebiet Nordfrieslands würden folglich mehr als 485 MW gedrosselt.

Relevante Umspannwerke des Kreises Nordfriesland

Region 1: Niebüll, Dörpum, Breklum

Region 2: Dörpum, Breklum, Husum

Region 5: Dörpum, Breklum, Husum, Friedrich-stadt

Region 6: Dörpum, Breklum, Husum, Friedrich-stadt

Region 7: Dörpum, Breklum, Husum, Friedrich-stadt

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Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

206 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Tab. 28: Angeschlossene WEA Leistung an den Umspannwerken im Kreis Nordfriesland

UW Jahr

Niebüll [MW]

Dörpum [MW]

Breklum [MW]

Husum [MW]

Friedrichstadt [MW]

Summe [MW]

Bis Ende 2003 33,60 91,45 16,80 100,91 12,00 254,76 Bis Ende 2004 69,60 93,45 49,40 110,41 18,00 340,86 Bis Ende 2005 139,20 101,45 53,40 110,41 18,00 370,86 Bis Ende 2006 139,20 101,45 55,40 112,41 18,00 426,46 Bis Sept. 2007 189,70 101,45 60,00 116,41 18,00 485,56

Mit der bis zum Ende eines Jahres installierten Leistung an den Umspannwerken lässt sich mit den Einsatzberichten die Höhe der Ausfälle bestimmen. Um genauere Ergebnisse zu bekom-men, werden zwei Berechnungen durchgeführt.

Es wird zunächst eine untere und eine obere Grenze berechnet. Die untere Grenze betrachtet die installierte Leistung, die in dem Jahr auf jeden Fall von ErzMan-Einsätzen betroffen ist, und die obere Grenze berücksichtigt die bis zum Ende des Jahres installierte Leistung. Da nicht alle WEA am Anfang oder am Ende eines Jahres installiert werden, wird der Mittelwert über das ganze Jahr gebildet, um die zeitlich versetzten Installationen innerhalb des Jahres zu be-rücksichtigen.

Durch die Auswertung der Einsatzberichte sind die einzelnen Stufen (60 %, 30 % und 0 %) so umgerechnet, dass eine theoretische Drosselungsdauer auf 0 % für jede Region bestimmt wird. Diese sind in Tab. 29 den einzelnen Regionen zugeordnet (siehe Abb. 123). Für den Fall, dass mehrere Regionen betroffen waren, wurden diese Ausfallzeiten separat betrachtet, um Überschneidungen bei der Berechnung zu vermeiden.

Page 221: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 207

Tab. 29: Vollständige Reduzierungsdauer und Nennleistung der Regionen im Kreis Nordfriesland

Jahr Region (vgl. Abb. )

Reduzierungs-dauer

[h]

Nennleistung untere Grenze

[MW]

Nennleistung obere Grenze

[MW]

Nennleistung Mittelwert

[MW] 1 53,23 141,85 212,45 177,15 5 1,54 221,16 271,26 246,21 2004 6 8,09 221,16 271,26 246,21

1 91,40 212,45 242,45 227,45 2005

1;2;6*) 5,27 340,86 370,86 355,86

1 182,03 242,45 296,05 269,25 5 12,61 172,85 287,26 230,06 6 32,96 172,85 287,26 230,06

1;5 1,85 260,45 426,46 343,46 1;6 3,91 260,45 426,46 343,46

2006

1;5;6*) 3,59 260,45 426,46 343,46

1 40,66 296,05 351,15 323,60 2 47,81 269,26 277,86 273,56 6 3,77 287,26 295,86 291,56

2007

1;2*) 8,65 408,46 467,56 438,01

Regionen und angeschlossene UW 1: Niebüll, Dörpum, Breklum, Lindewitt, Schobüll, Flensburg, Weding 2: Dörpum, Breklum, Husum, Rendsburg N., Audorf 3: Weding, Schwensby, Tarp, Schuby, Kropp, Audorf, Nortorf, Kamp 5: Dörpum, Breklum, Husum, Friedrichstadt, Hemmme, Linden, Heide, Hardemarschen 6: Dörpum, Breklum, Husum, Friedrichstadt, Hemme, Linden, Heide, Wöhrden, Meldorf, Quick-

born/Dith., Marne/W 7: Entspricht Region 6 zuzüglich Osterm./West 9: Höhendorf, Trent, Stolpe, Lütjenburg, Weißenhaus, Heiligenhafen, Lütjenbrode, Göhl, Lensahn,

Cismar/W, Rogerfelde, Eutin/S, Bahrenkrug, Scharbeutz, Teutendorf *) Die Überschneidungen der Regionen wurden berücksichtigt.

Anschließend werden die Umspannwerke mit ihrer in den Betrachtungszeitraum installierten Leistung den Regionen zugeordnet, um für den gesamten Kreis Nordfriesland die Energie-menge zu bestimmen, die durch das ErzMan nicht eingespeist werden konnten.

Die nicht eingespeiste Energie für die Jahre 2004 bis September 2007 ist als Summe in Tab. 30 aufgelistet.

Page 222: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

208 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Tab. 30: Leistungsausfall bei WEA durch ErzMan im Kreis Nordfriesland von 2004 bis 2007

Jahr Leistungsausfall untere Grenze [MWh]

Leistungsausfall obere Grenze [MWh]

Leistungsausfall Mittelwert [MWh

2004 9.680,45 13.920,95 11.800,70 2005 21.214,26 24.114,36 22.664,31 2006 54.445,16 70.967,82 62.706,49 2007*) 29.526,86 32.722,03 31.124,45

Summe 114.866,73 141.725,16 128.295,94

*) mit der installierten Leistung bis Ende September

Bewertet man den Leistungsausfall mit einer durchschnittlichen Vergütung für Windstrom in Höhe von 0,08€/kWh (2000 bis 2007), ergeben sich die in Abb. 124 dargestellten Ertragsaus-fälle für Jahre 2004 bis 2007, wobei untere und obere Grenzen sowie ein Mittelwert dargestellt werden.

1813

5017

2490

944

0

1000

2000

3000

4000

5000

6000

2004 2005 2006 2007

Taus

end

untere Grenze Mittelwert obere Grenze

Abb. 124: Ertragsausfälle in den Jahren 2004 bis 2007 im Kreis Nordfriesland durch ErzMan

mit Betrachtung der unteren und oberen Grenze sowie des Mittelwertes

Werden die Mittelwerte der Ertragsausfälle summiert, ergibt das einen Ertragsausfall in Höhe von 10,3 Mio. Euro für den Betrachtungszeitraum von 2004 bis September 2007.

Auffällig ist, dass das Jahr 2006 die höchsten Ertragsausfälle mit im Mittel 5 Mio. Euro auf-weist. Dieser Umstand kommt nach Auswertung der Einsatzberichte durch „netzbauliche Tä-tigkeiten“ zustande. Netzbauliche Tätigkeiten verursachen Einschränkungen im Netz, durch

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Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 209

das Abschalten einzelner Stromkreise. In einem (n-1)-sicheren Netz dürfte die Abschaltung eines Stromkreises jedoch auf die Übertragungsleistung keinen signifikanten Einfluss haben. Daher werden auch die Schaltungen, die mit diesem Zusatz im ErzMan-Bericht beschrieben sind, berücksichtigt und den Ausfällen zugerechnet.

Die Ausfälle im Jahr 2007 sind im Vergleich zum Vorjahr wieder gesunken. Dies könnte auf weniger netzbauliche Tätigkeiten, auf ein geringeres Windangebot oder auf das beschriebene Freileitungsmonitoring (FLM) zurückgeführt werden, das auf der Trasse Niebüll-Flensburg seit August 2006 in Betrieb ist (vgl. [138], S.26). Allerdings zeigt der Vergleich zum Jahr 2005, dass trotz des FLM die Ertragsausfälle mit der installierten Leistung bis September 2007 und den ErzMan-Einsätzen bis Dezember 2007 um ca. 35% gestiegen sind.

Der theoretische Ertrag der unter ErzMan fallenden Anlagen wird berechnet, um die Größen-ordnung der Ausfälle bewerten zu können. Es werden die für die Region vom Institut für solare Energieversorgungstechnik (ISET) ermittelten 2000 bis 2200 Volllaststunden verwendet.

Die in Tab. 31 dargestellten Ergebnisse zeigen die jährlichen Ertragsausfälle. Für den Kreis Nordfriesland entspricht dies durchschnittlich 4,3 % (10,3 Mio. Euro) des theoretischen Er-trags.

Tab. 31: Theoretischer Jahresertrag der WEA im Kreis Nordfriesland

Jahr Theoretischer Ertrag [MWh]

Ertragsauffall [MWh]

Anteil [%]

2004 591.620 11.801 2,0 2005 707.720 22.666 3,2 2006 793.820 62.709 7,9 2007 908.020 31.737 3,5

Summe 3.001.180 128.913 4,3

Durch die in Abb. 123 dargestellte Verteilung der ErzMan-Regionen kann es vorkommen, dass innerhalb Nordfrieslands einige WEA stärker gedrosselt werden als andere.

Die oben berechneten Werte stützen sich auf der Annahme, dass die WEA bei einer Drosse-lung ihre volle Nennleistung einspeisen würden. Diese Annahme macht eine Fehlerabschät-zung erforderlich.

Eine Berechnung für einen 14 MW Windpark in der Nähe von Husum hat Abweichungen von der Nennlastannahme ergeben. Für diese Berechnungen wurden Windleistungskurven für die einzelnen WEA erstellt. Dies ermöglicht, bei einer Drosselung mit Hilfe der gemessenen Wind-geschwindigkeit, genau zu bestimmen, wie viel Leistung die WEA ohne Drosselung einge-speist hätte. Diese Berechnungen ergaben eine Fehlerabschätzung bei der Nennlastannahme von ca. 20 % (GEO interne Berechnung). Es bleibt zu berücksichtigen, dass die ermittelte Feh-lerabschätzung aufgrund der geringen Anzahl der WEA, die untersucht wurden, als nicht sehr

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Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

210 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

repräsentativ gelten kann. Werden die 20% dennoch auf die im Kreis Nordfriesland stehenden WEA übertragen, können 8,24 Mio. Euro als Ertragsausfall der letzte vier Jahre angeführt wer-den (ca. 2,06 Mio. Euro pro Jahr).

Wirtschaftliche Auswirkungen auf den Betrieb von Biogasanlagen

Die Vergütung von Strom aus der Biomasse-Erzeugung erfolgt nach § 8 EEG (2004). Darunter fallen alle Biogasanlagen in Deutschland. Nach Auskunft des Fachverbandes Biogas e.V. (zit. in:[119]) wird die Anzahl der Anlagen für Ende 2007 auf 3800 geschätzt. Die installierte Leis-tung beträgt dann ca. 1.250 MW.

Nach einer schriftlichen Auskunft des Fachverbandes Biogas e.V. vom 10.05.2007 liegen kei-ne Erkenntnisse auf wirtschaftliche Auswirkungen durch das Erzeugungsmanagement vor. In einer weiteren Nachricht vom 25.05.2007 wurde mitgeteilt, dass der Fachverband diesbezüg-lich eine Umfrage starten werde.

Die Umfrage erbrachte keine Rückmeldung der Biogasanlagenbetreiber. Nach KRAUTKREMER

(ISET, mdl. Mitt. 23.10.2007) gibt es jedoch Hinweise von Betreibern über entsprechende Drosselungen.

Mit Stand Oktober 2007 sind in Kreis Nordfriesland 41 Biogasanlagen in Betrieb, die bei einer geschätzten Nennleistung von jeweils 500 kWel auf ca. 20 MW installierter Leistung kommen. Nach Erfahrungen des Verfassers sind derzeit im Kreis Nordfriesland keine durch das Erzeu-gungsmanagement bedingten Drosselungen oder Abschaltungen bekannt. Die Stromerzeu-gung aus der Biogasproduktion deckt nach Einschätzung des Verfassers den Stromverbrauch in Nordfriesland zu ca. 25 %.

Wirtschaftliche Auswirkungen auf den Betrieb von Photovoltaik-Solaranlagen

Die Stromeinspeisung von kleineren Photovoltaik-Dachanlagen erfolgt zumeist in das Netz des Hausanschlusses. Die Netzbetreiber gehen dabei überwiegend von einer Leistungsgrenze von 30 kW aus, bis zu der die Einspeisung in den Hausanschluss erfolgen kann. Größere Leistun-gen werden in das Mittel-, untergeordnet auch in das Hochspannungsnetz eingespeist. Diese Anlagen werden ab einer Leistung von mehr als 100 kW unter das ErzMan gestellt.

Da aufgrund meteorologischer Umstände Starkwindereignisse und Nenn-Solarstromproduk-tion nur selten zeitlich zusammentreffen sind Voraussetzungen für ErzMan bedingte Drosse-lungen der Stromeinspeisung nur im geringeren Maße gegeben. Dennoch hat es nach Aus-kunft von Verbänden aus der Solarbranche vereinzelt bereits Drosselungen und Abschal-tungen von Anlagen gegeben.

Derzeit sind ca. Photovoltaikanlagen mit ca. 25 MW (Eggersglüß, mdl. Mitt. 28.09.2007) in Nordfriesland am Netz.

Vereinzelt sind Schaltungen bei PV-Anlagen bekannt, jedoch ist eine umfangreiche Datener-fassung im Rahmen dieser Studie nicht möglich gewesen.

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Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 211

Externe Kosten der Netzengpass bedingten Ausfälle

(Kreis Nordfriesland, 128,9 GWh Windenergie)

Mit den externen Kosten werden die Kosten beschrieben, die nicht in den Marktpreisen enthal-ten sind, da sie nicht vom eigentlichen Verursacher getragen werden. Hierzu gehören bei-spielsweise die Kosten für das Waldsterben, Gesundheitsschäden, Bau- und Materialschäden und Veränderungen des Klimas infolge der Emission von Luftschadstoffen.

Die Höhe der externen Kosten lässt sich aufgrund vieler Faktoren nur schwer pauschalisieren. Sie hängt immer sehr stark von den örtlichen Gegebenheiten und der allgemeinen Bewertung des eigenen Nutzens und der Definition von Wohlstand ab (vgl. [135], S.838ff).

Die Bemessung der Ausgleichsmaßnahmen für Investitionsvorhaben, wie in diesem Fall der Ausbau des schleswig-holsteinischen Hochspannungsnetzes, orientiert sich in den Genehmi-gungsverfahren überwiegend an den tatsächlichen Eingriffen in die Natur (vgl. Kapitel 5.5.1, Abschnitt Planungs- und Genehmigungskosten).

Im Allgemeinen werden soziale und externe Kosten als Synonyme verwendet. In dieser Studie werden die Begriffe soziale und externe Kosten differenziert betrachtet, um zwei Themen un-terscheiden zu können. Mit der Bewertung der sozialen Kosten in Kapitel 5.5.1, Abschnitt Soziale Kosten (S. 188) werden die Auswirkungen, die unmittelbar mit der neuen Trasse zu-sammenhängen, bewertet. Unter den externen Kosten werden die Kosten für Umweltschäden durch die „konventionelle“ Stromerzeugung zusammengefasst, also Schäden, die nicht unmit-telbar mit dem Bau in Verbindung gebracht werden.

Das EEG sieht die nachhaltige Entwicklung der Energieversorgung vor. Ein wichtiger Aspekt ist die Absicht, die volkswirtschaftlichen Kosten der Energieversorgung auch durch Einbezie-hung langfristiger externer Effekte zu verringern (EEG, 2004, §1 Abs.1). Somit ist die Notwen-digkeit der Betrachtung externer Kosten schon gesetzlich gefordert. Daher ist es wichtig, die externen Kosten des andauernden Netzausbaus zu bewerten. Im Folgenden werden dazu die externen Kosten aus fossilen Energieträgern ermittelt und den externen Kosten aus erneuer-baren Energieträgern gegenübergestellt. In der Studie von Krewitt [96] für das BMU ist die Ermittlung der externen Kosten zusammenfassend dargestellt.

Anhand verschiedener Umweltschäden wurden die in Tab. 32 dargestellten Kosten unter-schiedlicher Luftschadstoffe ermittelt. Der CO2-Ausstoß hat überwiegend Einfluss auf den Kli-mawandel. Die durch CO2 bedingten Schadenskosten unterliegen einer großen Spannbreite. Die 70€/tSchadstoff geben einen zentralen Mittelwert an. Die Schäden durch die übrigen Luft-schadstoffe, wie Schwefeldioxid (SO2), Stickoxide (NOx), Feinstaub (PM10) und flüchtige orga-nische Verbindungen (NMVOC) sind in Gesundheitsschäden, Ernteverluste und Materialschä-den unterteilt.

Nach KREWITT [96] lassen sich die Kosten für Gesundheitsschäden, Ernteverluste und Materi-alschäden wie folgt ermitteln:

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Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

212 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

• Gesundheitsschäden: Zahlungsbereitschaft der Bevölkerung für Maßnahmen zur Ver-ringerung des Risikos

• Ernteverlusten: Zusammenfassung der toxischen Auswirkungen der Luftschadstoffe auf Pflanzen, wobei eine geringe Erhöhung des SO2 und CO2 in der Umgebungsluft zu einer Ertragssteigerung kommen kann (vgl. [96], S.29ff).

• Materialschäden: Schädliche Auswirkungen auf von Luftschadstoffen beeinflussten Ma-terialien; z.B. das schnellere Altern von Kupferdächern durch sauren Regen [28].

Tab. 32: Quantifizierbare spezifische Schadenskosten verschiedener Luftschadstoffe in Euro je Tonne Schadstoff

CO2

[€/tSchadstoff]

SO2

[€/tSchadstoff]

NOX

[€/tSchadstoff] PM10

[€/tSchadstoff] NMVOC

[€/tSchadstoff] Klimawandel 70 / / / / Gesundheitsschäden / 3.060 3.120 12.000 230 Ernteverluste / -10 130 / 640 Materialschäden / 230 70 / / SUMME 70 3.280 3.320 12.000 870

Quelle: [96], S.34

In der Tab. 32 sind somit die wichtigsten Luftschadstoffe, die in einem normalen Lebenszyklus einer Energieerzeugungsanlage vorkommen, wiedergegeben. Nicht enthalten ist die Wirkung von Luftschadstoffen auf naturnahe Ökosysteme (Biodiversität) und große nichtnukleare Unfäl-le, da ihre Datenerhebung ungenau oder unsicher ist (vgl. [96], S.34). Kernenergie ist in den externen Kosten nicht berücksichtigt, da die externen Effekte eines nuklearen Zwischenfalls nicht abzuschätzen sind und nach heutiger Gesetzgebung ein Atomausstieg festgelegt wurde.

Zusammen mit der Lebenszyklusanalyse der verschiedenen Energieerzeuger werden die „Le-bensdaueremissionen“ pro produzierte Kilowattstunde beschrieben (Uni Stuttgart, 2007). Die Abschätzung externer Kosten für die betrachteten Technologien sind in Tab. 33 wiedergege-ben.

Page 227: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 213

Tab. 33: Lebensdaueremissionen von Energieerzeugern

CO2 [g/kWh]

SO2

[mg/kWh]

NOX

[mg/kWh] PM10

[mg/kWh] NMVOC

[mg/kWh] Photovoltaik 99 288 340 119 1) 20 Wind 1,5 MW Onshore 10 40 31 42 1) 26 Wind 2,5 MW Offshore 9 35 21 11 1) 2

Braunkohle DK η= 40% 1054 402 830 94 n.V. Braunkohle GuD η= 48% 873 235 354 79 n.V. Steinkohle DK η= 43% 838 351 696 40 n.V. Steinkohle GuD η= 46% 780 287 435 34 n.V. Erdgas GuD η= 58% 386 125 351 21 n.V.

η =Wirkungsgrad; n.V. = nicht verfügbar; DK = Dampfkraftwerk; GuD = Gas- und Dampfkraftwerk; 1) gesamte Partikelemissionen

Aus der Multiplikation der Emissionen und den spezifischen Schadenskosten werden die ex-ternen Kosten der jeweiligen Energieerzeugung ermittelt (vgl. [96], S.35).

Tab. 34: Quantifizierbare externe Kosten der verschiedenen Stromerzeugungstechnologien

Klimawandel [ct/kWh]

Gesundheit [ct/kWh]

Ernteverluste [ct/kWh]

Materialschäden [ct/kWh]

Photovoltaik 0,69 0,34 0,005 0,009 Wind 1,5MW Onshore 0,07 0,07 0,002 0,001 Wind 2,5MW Offshore 0,06 0,03 0,004 0,001

Braunkohle DK η= 40% 7,4 0,50 0,010 0,015 Braunkohle GuD η=

48% 6,4 0,28 0,004 0,008

Steinkohle DK η= 43% 5,9 0,37 0,009 0,013 Steinkohle GuD η= 46% 5,5 0,26 0,005 0,010 Erdgas GuD η= 58% 2,7 0,17 0,004 0,005

η =Wirkungsgrad; DK = Dampfkraftwerk; GuD = Gas- und Dampfkraftwerk

Um eine möglichst zuverlässige Aussage zu treffen, ist vom Umweltbundesamt (UBA) eine Vielzahl von Studien zu den externen Kosten der Stromerzeugung ausgewertet worden. Die Ergebnisse der einzelnen Studien zu den externen Kosten der Stromerzeugung weisen eine hohe Bandbreite auf, die bei der Stromerzeugung aus fossilen Energieträgern etwa von 1 ct/kWh bis 25 ct/kWh reicht. Bei der Kernenergie liegt die Bandbreite sogar zwischen unter 1 ct/kWh bis zu 200 ct/kWh. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass die Autoren unter-schiedliche Kostenansätze für die Bewertung der Treibhausgasemissionen verwenden und die Risiken der Kernenergienutzung unterschiedlich gewichten. Aus Sicht des UBA gibt es zu den externen Kosten der Kernenergie keine belastbaren Schätzungen.

Page 228: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

214 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Bei der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien ist dagegen eine starke Konvergenz der Werte erkennbar. Für die Schäden aus Luftschadstoffen gibt es aus dem europäischen Projekt ExternE (External Costs of Energy) zur Methodenentwicklung und Untersuchung inzwischen aussagekräftige Ergebnisse. Die Methodik und die Ergebnisse sind ausführlich dokumentiert und auf andere Studien übertragbar ([167], S. 4 f). Mit diesen Rahmenbedingungen lassen sich die externen Kosten der Stromerzeugung heute auf eine untere Grenze festlegen. Diese Grenzen sind in Tab. 35 aufgelistet.

Tab. 35: Externe Kosten der Stromerzeugung in Deutschland

Energieträger Externe Kosten [ct/kWh]

Photovoltaik 0,8 Windkraft 0,1

Braunkohle 8,7 Steinkohle 6,8 Erdgas 3,9

(Quelle: FiFo, 2007 zitiert nach UBA, 2007 S.5)

Für die Substitution der Ertragsausfälle aus WEA wird ein Energiemix der drei konventionellen Energieträger aus Tab. 35 ermittelt. Der gesamte Energiemix in Deutschland setzt sich aus 46 % Braunkohle, 40 % Steinkohle und 14 % Erdgas zusammen [16]. Dazu ist zu berücksich-tigen, dass die Erneuerbaren Energien den größten Einfluss auf Mittellastkraftwerke haben. Prof. Hohmeyer hat die Zusammensetzung der Mittellastkraftwerke in einer Studie für das UBA ermittelt (vgl. [70], S.22). Die Anteile betragen ca. 13,9 % Braunkohle, 55,8 % Steinkohle und 30,2 % Erdgas. Deutlich wird, dass die Energieträger Steinkohle und Erdgas den größten Mit-tellastanteil ausmachen. Braunkohle dient eigentlich zur Stromerzeugung in den Grundlast-kraftwerken und ist durch Strom aus Erneuerbaren Energien nur bedingt betroffen.

Mit diesem Energiemix lässt sich die Höhe der externen Kosten konventioneller Energie auf 6,1 ct/kWh festlegen.

Die externen Kosten, der durch Netzengpässe verhinderten Windenergie, werden von den externen Kosten des Energiemix abgezogen. Die ermittelte Differenz von 6,0ct/kWh beschreibt folglich die externen Kosten, die zusätzlich entstehen für die Substitution von Windenergie.

Werden die durch den Einsatz des ErzMan verhinderten 128,9 GWh Windenergie aus Kapitel 5.5.2, Abschnitt „ErzMan bedingte Ausfälle“ (S. 203) verwendet, ergeben sich zusätzlich zu den Ertragsausfällen der WEA-Betreiber externe Kosten von 7,7 Mio. Euro. Unter der Berück-sichtigung, dass nicht immer zu Zeiten des eingesetzten Erzeugungsmanagements Nennlast vorherrschte, wird ein Sicherheitsabschlag von 20 % (s.o.) eingestellt. Somit ist von reduzier-ten externen Kosten von 6,2 Mio. Euro auszugehen.

Page 229: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 215

Fazit

Als Fazit kann folgendes zusammengefasst werden:

• Der verzögerte Netzausbau in Nordfriesland hat ErzMan-bedingte Abschaltungen zur Folge.

• Dadurch werden Erneuerbare Energien „ausgesperrt“

• Die Substitution des nicht eingespeisten Stroms aus Erneuerbaren Energien durch ei-nen Energiemix aus fossilen Quellen verursacht externe Kosten zwischen 6,2 bis 7,7 Mio. Euro

5.5.3. Berücksichtigung wirtschaftlicher Aspekte in Dänemark Das dänische Höchstspannungsnetz (400 kV) gehört und wird betrieben vom staatseigenen Energieversorger Energinet.dk. Das Hochspannungsnetz (132 kV im Osten, 150 kV im Wes-ten/Jütland) gehört zum Teil regionalen Distributoren, wird aber ebenfalls von Energinet.dk betrieben und verwaltet. Langfristig ist geplant, dass auch das Hochspannungsnetz in den Besitz von Energinet.dk übergehen soll, daher bestehen Regelungen, dass bei Änderungen am bestehenden Netz dieses von Energinet.dk aufgekauft werden kann. Energinet.dk ist dar-über hinaus für die Planung neuer Leitungen zuständig.

Die Gesamtsituation stellt sich in Dänemark anders als in Deutschland dar, da Energinet.dk als nationaler Versorger in Staatseigentum keinen Gewinn erwirtschaften darf (bzw. muss). Daher ist man sehr aufgeschlossen, Projekte so durchzuführen, wie die Bevölkerung bzw. die Politik dies wünscht.

Aktuelle Auskünfte über Kosten von 132/150 kV Freileitungen konnte Energinet.dk nicht ge-ben, da seit längerem keine neuen Freileitungen gebaut wurden. Preisvergleiche seien zudem immer sehr projektabhängig, so dass keine generellen Faktoren angegeben werden konnten. Trotzdem gibt es in verschiedenen offiziellen Richtlinien und Strategiepapieren grobe Angaben zu den erwarteten Kosten.

Bei der Erstellung politischer Richtlinien für den Bau von Leitungen spielten neben landschaft-lichen Aspekten ökonomische Gesichtspunkte eine Rolle (vgl. Kap. 7). Durch die politische Festlegung, dass grundsätzlich – bis auf wenige Ausnahmen – auf 132/150 kV-Ebene Erdka-bel vorzusehen sind, spielen die Mehrkosten für ein Erdkabel auch eine wesentlich geringere Rolle bei Entscheidungen über die Planung neuer Leitungen. Ein Kostenfaktor von 1:2 im Ver-gleich Freileitung zu Erdkabel auf der Spannungsebene 132/150 kV wird dabei von Energi-net.dk grundsätzlich als akzeptabel angesehen.

Man geht davon aus, dass Erdkabel 2- bis 4-mal so teuer wie Freileitungen sind, falls man dieselbe Übertragungskapazität benötigt, die eine Freileitung bietet. Da die Übertragungska-pazität von Freileitungen aber aus technischen Gründen in den meisten Fällen höher ist als die tatsächlich benötigte Kapazität, ließen sich mit Erdkabeln deutlich günstigere Lösungen finden,

Page 230: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

216 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

so dass man insgesamt davon ausgeht, dass die tatsächlichen Mehrkosten für Erdkabel in der benötigten Variante „nicht besonders hoch“ seien, zumal der Preis für Kabel, insbesondere für 132/150 kV-Kabel, seit 1995 gefallen ist [37],[166].

Die Kosten für die Verlegung von 400 kV Erdkabeln werden dagegen als deutlich teurer einge-stuft und liegen nach Schätzungen von 2008 beim 3 bis 6-fachen für vergleichbare Kapazitä-ten [166].

In [166] stellt man desweiteren Schätzungen der Kosten für die Verkabelung des gesamten bestehenden Freileitungsnetzes auf (Tab. 36), die z.B. für die Verkabelung des 132/150 kV-Netzes ca. 1.495 Mio. € kosten wird.

Tab. 36: Verteilung von Erdkabeln und Freileitungen im bestehenden dänischen Netz und die Kosten der Verkabelung.

Gesamt-länge Erdkabel Frei-

leitungenKosten für Erdverkabelung

der bestehenden Freileitungen Span-nungs- ebene [km] [km] [km] [DKKbn] ca. [Mio. Euro]

6-20 kV 61.566 53.428 8.138 3 390 30-60 kV 8.465 2.760 5.705 7-8 910 – 1040

132-1508 kV 4.062 611 3.451 11,5 1.495

220-4009 kV 1.478 164 1.314 37 4.810

Alle Längen sind als Systemkilometer angegeben. Übersicht nach [37], Seite 4, ergänzt um €-Werte (Umrechnungs-faktor 1 DKK = 0,13 €)

Die Kosten für neue Leitungen bzw. Verkabelungen bestehender Leitungen werden auf den Stromkunden umgelegt. Man geht 2008 bei den 3 wahrscheinlichsten Szenarien des weiteren Netzausbaus von Tarifsteigerungen zwischen

• 0,09 ct/kWh (Szenario D – neue Freileitungen in Gebieten, in denen bereits Freileitun-gen bestehen)

• bis zu 0,5 ct/kWh (Szenario B – alle neuen Leitungen als Kabel) aus.

Im unrealistischen Szenario A (komplette Verkabelung aller bestehenden Freileitungen) ist mit einer Preissteigerung von bis zu 1,2 ct/kWh bis zum Jahr 2030 zu rechnen (vgl. Tab. 37).

Trotz dieser Kosten wird von Energinet.dk eine politische Entscheidung für die Verkabelung des gesamten 132/150 kV-Netzes erwartet.

8 Diese Spannungsebene entspricht der 110-kV-Ebene in Deutschland.

9 Diese Spannungsebene entspricht der 220- bzw. 380kV-Ebene in Deutschland.

Page 231: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 217

Tab. 37: Wichtige Werte für die 6 Ausbau- und Verkabelungsszenarien

Parameter Year

Principle A

Principle B

Principle C

Principle D

Principle E

Principle F

2015 1100 1100 1100 1100 1280 1100 2020 740 1100 1100 1100 1360 1100 2025 370 1100 1100 1100 1360 1100

Total no. of km of 400 kV overhead line

2030 0 9 1100 1100 1100 1360 1100

2015 1940 1940 1940 2330 2330 2330 2020 1300 1300 1300 2330 2330 2330 2025 650 650 650 2330 2330 2330

Total no. of km of 132 kV and 150 kV

overhead line 2030 0 0 0 2330 2330 2330

Mrd. DKK

Mrd. €

Mrd. DKK

Mrd. €

Mrd. DKK

Mrd. €

Mrd. DKK

Mrd. €

Mrd. DKK

Mrd. €

Mrd. DKK

Mrd. €

Investment costs 400 kV, total – DKKbn /

Millarden € (2008 prices)10

36,6 4,76 8,1 1,05 5,6 0,73 3,8 0,49 2,5 0,33 0,0 0,00

Investment costs 132 kV

and 150 kV, total – DKKbn / Millarden €

(2008 prices)

11,5 1,50 11,5 1,50 11,5 1,50 0,2 0,03 0,2 0,03 0,0 0,00

øre/ kWh

ct/ kWh

øre/ kWh

ct/ kWh

øre/ kWh

ct/ kWh

øre/ kWh

ct/ kWh

øre/ kWh

ct/ kWh

øre/ kWh

ct/ kWh

2015 0,5 0,07 1,2 0,16 0,8 0,10 0,3 0,04 0,3 0,04 1,0 0,13 2020 3,2 0,42 2,6 0,34 2,3 0,30 0,6 0,08 0,4 0,05 2,7 0,35 2025 6,2 0,81 3,3 0,43 3,0 0,39 0,7 0,09 0,5 0,07 4,4 0,57

Tariff impact øre/kWh11 / ct/kWh

2030 9,5 1,24 3,9 0,51 3,5 0,46 0,7 0,09 0,5 0,07 - Mrd.

DKK Mrd. €

Mrd. DKK

Mrd. €

Mrd. DKK

Mrd. €

Mrd. DKK

Mrd. €

Mrd. DKK

Mrd. €

Mrd. DKK

Mrd. €

2015 0,0 0,00 0,4 0,05 0,2 0,03 0,0 0,00 0,0 0,00 0,3 0,04 2020 1,4 0,18 1,1 0,14 0,8 0,10 0,1 0,01 0,0 0,00 1,0 0,13 2025 3,0 0,39 1,4 0,18 1,2 0,16 0,1 0,01 0,0 0,00 1,4 0,18

Socioeconomic costs/year12–

DKKbn. Principle E (existing principles) has been used as

reference. 2031 5,0 0,65 1,8 0,23 1,6 0,21 0,1 0,01 0,0 0,00 -

Security of delivery13 - Medium Medium High High -

Technical feasibility14 Not possible

today Low Medium High High High

9 Complete undergrounding at 400 kV level will not be technically possible in 2030, but it will be used as an example in order to compare the principles. 10 Costs of expanding interconnections and landing facilities for offshore wind farms are not included in the investment costs. 11 Tariff impact for the 400 kV grid and the 132 kV grids owned by Energinet.dk, is calculated as 4.3 per cent nominal interest, linear depreciation and 2 per cent inflation. The tariff impact for regional grids (132-150 kV) is, on the other hand, calculated as the benchmark long-term mortgage bond rate + 1 per cent (presently corresponding to 6.7 per cent) in pursuance of the Danish Ex-ecutive Order no 1520 of 23 December 2004. 12 In the calculation of the socioeconomic costs, distortion losses of 20 per cent of the additional cost of using underground cables instead of overhead lines have been included. Distortion losses are socioeconomic losses resulting from distortion of the market balance due to the additional costs of using underground cables. 13 The level of security of delivery is primarily based on deterministic analyses of the system adequacy supplemented with a few probabalistic calculations. Differences in "energy not supplied" are relatively small and can probably be countered in a subsequent detail projection. See also chapter 7.12. 14 Technical feasibility means an overall assessment of the technical risks of the principle and the possibility of implementing the principle within the time frame provided. Risks in connection with the public authorities' consideration are not assessed under technical feasibility.

Page 232: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg

218 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Übersicht aus [37], Seite 14, €-Werte ergänzt (Umrechnungsfaktor 1 DKK = 0,13 €), Erläuterung der Szenarien vgl. Kap. 7.3, Abb. 128

5.6. Fazit

Im naturschutzfachlichen Vergleich von Freileitung und Erdkabel ergibt sich für die Hochspan-nungsverbindung Breklum – Flensburg eine klare Präferenz für eine Erdkabellösung. Hierfür sind insbesondere die weitreichenden Auswirkungen auf das Landschaftsbild, die unvermeid-baren Beeinträchtigungen von Vogellebensräumen durch Vogelschlag und die Silhouettenwir-kung sowie die gegenüber einem Erdkabel wesentlich weiter reichenden elektrischen und magnetischen Feldwirkungen verantwortlich.

Darüber hinaus zeigt sich, dass mit der aktuell zwischen Breklum und Flensburg geplanten Freileitung mit Donaumasten Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft verbunden sind, die durch die Wahl von Eintraversenmasten verminderbar sind.

Das Ergebnis der betriebswirtschaftlichen Bewertung zeigt bei Berücksichtigung von Verlust-kosten von 6 ct/kWh eine um 20 bis 60 % teurere Alternative mittels Erdkabeln. Die absoluten Unterschiede liegen in dem untersuchten Fall bei ca. 6 bis 16 Mio. Euro. Auch ein Betrach-tungszeitraum von 80 Jahren im Rahmen des Barwertvergleiches ergibt im Verhältnis keine signifikanten Abweichungen.

Volkswirtschaftlich ergeben sich durch die netzengpassbedingten Ausfälle seit der Einführung des Erzeugungsmanagements im Jahre 2004 bis Ende 2007 Ertragseinbußen beim Betrieb von WEA von ca. 8 bis 10 Mio. Euro allein im Landkreis Nordfriesland.

Die externen Kosten aus fossilen Energieträgern, die dadurch entstehen, dass der Strom aus erneuerbarer Erzeugung netzengpassbedingt nicht eingespeist werden kann und durch kon-ventionelle Erzeugung substituiert werden muss, lagen im gleichen Zeitraum in Nordfriesland bei etwa 6,2 bis 7,7 Mio. Euro.

Page 233: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Raumwiderstandsanalyse für den Küstenraum

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 219

6. Raumwiderstandsanalyse für den Küstenraum

Abhängig von der jeweiligen naturräumlichen Ausstattung ist mit jeweils unterschiedlichen öko-logischen Risiken durch den Bau und den Betrieb von Stromkabeln zu rechnen. Die Überlage-rung dieser Risiken lässt sich als Raumwiderstand gegenüber den jeweiligen Stromleitungen darstellen. Im Rahmen einer Raumwiderstandsanalyse soll für den Küstenraum entsprechend der Definition des Infrastruktur-Planungs-Beschleunigungs-Gesetzes (IPBG) der Raumwider-stand gegenüber Freileitungen und Erdkabeln abgeschätzt und verglichen werden.

Dazu wird zunächst geprüft, welchen Raumeinheiten sich nach fachlichen Kriterien ein beson-deres ökologisches Risiko durch den Bau oder den Betrieb von Leitungen zuordnen lässt. An-schließend wird mit Hilfe der verfügbaren Daten beispielhaft eine Risikobewertung für die ein-zelnen Schutzgüter im Küstenraum durchgeführt; diese erhebt jedoch keinen Anspruch auf Vollständigkeit, da sich die relevanten umweltfachlichen Gebietsmerkmale nicht immer mit den für diese Studie verfügbaren Daten decken.

Die erforderlichen Daten können sich auf unterschiedliche Raumkriterien beziehen, z.B.: - Landnutzungstyp, z.B. Siedlung, Wald, - Ziel der Raumordnung, z.B. Vorranggebiet für die Erholung, - Schutzstatus, z.B. Naturschutzgebiet, - Umweltfachliches Gebietsmerkmal, z.B. bedeutendes Vogelrastgebiet.

Durch die Überlagerung der schutzgutbezogenen Risiken wird in einem anschließenden Schritt der Raumwiderstand ermittelt.

6.1. Raumeinheiten mit besonderem ökologischen Risiko

Für die Bewertung des Risikos wurden Art und Umfang möglicher Umweltfolgen (Beeinträchti-gungsintensität) sowie deren Eintrittswahrscheinlichkeit abgeschätzt und mit der Bedeutung des Schutzobjekts verknüpft (vgl. z.B. [72]). Dabei wurde für

- Mensch - Pflanzen und Tiere (biotische Schutzgüter) - Boden, Wasser, Klima und Luft (abiotische Schutzgüter) - Landschaftsbild und Erholung - Kultur- und Sachgüter

jeweils eine gemeinsame Risikostufe ermittelt. Ausschlaggebend für die Einstufung war dabei jeweils das höchste Einzelrisiko innerhalb der Schutzgüter.

Page 234: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Raumwiderstandsanalyse für den Küstenraum

220 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Die Bereiche mit besonderem Risiko wurden in drei Kategorien klassifiziert: - sehr hohes Risiko, - hohes Risiko, - erhöhtes Risiko.

Ein sehr hohes Risiko wird z.B. angenommen, wenn bei einem Schutzgut von naturschutz-fachlich hoher Bedeutung eine erhebliche Schädigung wahrscheinlich ist.

Auch in Flächen, die keine besonderen Risiken gegenüber Stromleitungen aufweisen, führt der Bau und Betrieb von Stromleitungen zu Beeinträchtigungen von Umwelt, Natur und Land-schaft. Diese Flächen weisen daher ein allgemeines ökologisches Risiko auf.

6.1.1. Freileitung

Schutzgut Mensch und menschliche Gesundheit

Während sich die Auswirkungen von Freileitungen in Gebieten, die für die landschaftsgebun-dene Erholung bedeutsam sind, im Wesentlichen auf die (visuelle) Beeinträchtigung des Land-schaftsbildes beschränken, spielen in Siedlungsbereichen auch die Wirkungen elektrischer und magnetischer Felder sowie die Geräuschemissionen eine Rolle. Es gibt wissenschaftliche Untersuchungen, die Hinweise auf mögliche Gesundheitsschädigungen durch niederfrequente Magnetfelder ab einer Stärke von 0,2 µT auf den Menschen geben, wenn eine langjährige Ex-position solcher Magnetfelder stattfindet; allerdings ist ein klarer Kausalzusammenhang derzeit nicht belegbar [156]. Aufgrund solcher Hinweise gibt es auf internationaler Ebene Diskussio-nen über die anzuwendenden Grenzwerte von magnetischen Feldern. Dieser Wert von 0,2 µT wird in einem bis über 100 m breiten Bereich beidseitig einer Freileitung überschritten.

Wegen der hohen Bedeutung der menschlichen Gesundheit als Schutzgut wurde, trotz der geringen Wahrscheinlichkeit von konkreten Auswirkungen, Wohngebieten einschließlich eines 200 m breiten Pufferstreifen ein sehr hohes Risiko gegenüber Freileitungen zugewiesen. Dies entspricht dem Abstand, den das niedersächsische Erdkabelgesetz als Tabufläche vorsieht, mit der Begründung, dass in diesem Bereich die Feldbelastungen durch die Freileitung noch über dem anzunehmenden Grundbelastungsniveau liegen. In einem 500 m breiten Puffer um Siedlungen herum wurde aufgrund der generell hohen Bedeutung dieser Räume als Wohnum-feld und für die Naherholung darüber hinaus ein hohes Risiko angenommen. Auch sonstigen Siedlungsbereichen ohne direkte Wohnfunktion (Gewerbe und Industrie) wurde ein hohes Ri-siko zugeordnet.

Page 235: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Raumwiderstandsanalyse für den Küstenraum

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 221

Schutzgut Pflanzen und Tiere

Vögel

Vögel weisen aufgrund des Kollisionsrisikos eine hohe Empfindlichkeit gegenüber Freileitun-gen auf (vgl. Kapitel 4.2.2). Besonders kritisch sind Freileitungen für Zugvögel. Über das Un-tersuchungsgebiet, das sich auf dem East-Atlantic-Flyway der Wat- und Wasservögel aus Nordeurasien nach Nordafrika befindet, ziehen zweimal jährlich Schätzungen zufolge zwi-schen 500 Millionen und einer Milliarde Vögel in ihre Brut- bzw. Überwinterungsgebiete [92]. Im Wattenmeer der Nordsee, an Binnengewässern und in den Niederungen und Feuchtgebie-ten des Festlandes rasten die meisten dieser Vögel für längere oder kürzere Zeit. Neben aus-geprägten Vogelzugrouten entlang von Leitlinien findet in der gesamten deutschen Küstenre-gion ein allgemeiner Breitfrontzug statt, so dass fraglich ist, ob nicht dem kompletten Untersu-chungsgebiet schon allein wegen dieser Tatsache ein besonderes Risiko zuzuordnen wäre. Durch den Einsatz von Vogelschutzmarkierungen auf den Erdseilen sowie die Verwendung von Einebenenmasten kann dieses Risiko allerdings erheblich vermindert werden.

Neben den Auswirkungen durch Vogelschlag stellen Freileitungen für Offenlandbrüter und Nahrungsgäste ein besonderes Risiko dar, weil aufgrund der Silhouettenwirkung der Freilei-tung Brut- und Nahrungshabitate zumindest teilweise entwertet werden.

Die für den internationalen Vogelschutz wichtigsten Gebiete sind als Europäische Vogel-schutzgebiete oder als Ramsargebiete ausgewiesen. Aufgrund der hohen Wahrscheinlichkeit von Schädigungen von Vögeln durch Freileitungen weisen diese Räume ein sehr hohes Risiko gegenüber diesen auf. Da bei Vögeln als hochmobiler Tiergruppe davon ausgegangen werden kann, dass auch die angrenzenden Gebiete als Lebensraum genutzt oder wenigstens häufig überflogen werden, wurde zusätzlich einem Pufferstreifen von einem Kilometer um europäi-sche Vogelschutzgebiete herum ein hohes Risiko zugeordnet.

Weitere für Vögel wichtige Bereiche sind IBA-Gebiete, bedeutende Überwinterungs- und Rast-gebiete sowie bedeutende Brutgebiete für Wiesenvögel. Diesen Bereichen wurde daher ein hohes Risiko zugeordnet. Darüber hinaus kann davon ausgegangen werden, dass Feuchtge-biete generell eine hohe Bedeutung als Brutgebiet für Wiesenbrüter aufweisen, so dass hier zumindest von einem erhöhten Risiko ausgegangen werden muss.

Naturhaushalt

Der Bau einer Freileitung kann darüber hinaus zu allgemeinen Beeinträchtigungen des Natur-haushalts führen. Neben den bau- und wartungsbedingten Auswirkungen (Rodung von Gehöl-zen, Anlage von Baustraßen, Lärmemissionen der Baufahrzeuge, Schadstoffemissionen durch Mastanstriche etc.) können auch Wirkungen elektrischer und magnetischer Felder sowie Schallemissionen der Freileitung nicht ausgeschlossen werden. Dabei werden Beeinträchti-gungen u.U. nicht durch einen einzelnen Wirkfaktor, sondern durch das Zusammenspiel vieler Wirkfaktoren hervorgerufen. Nach derzeitigem Kenntnisstand lassen sich konkrete Schädigun-gen oder die Eintrittswahrscheinlichkeiten allerdings nicht im Einzelnen vorhersagen. Dennoch

Page 236: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Raumwiderstandsanalyse für den Küstenraum

222 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

wird aus Vorsorgegründen naturschutzrechtlich geschützten Teilen der Natur, deren primäres Ziel der Schutz von Tieren und Pflanzen und ihrer natürlichen Lebensräume ist, in dieser Hin-sicht ein besonderes Risiko zugeordnet, da diese Bereiche in der Regel einen relativ geringen Störungsgrad ihres Naturhaushaltes aufweisen und denen darüber hinaus auch eine hohe Bedeutung zukommt.

Das Schutzziel in Nationalparken, Biosphärenreservaten und Naturschutzgebieten umfasst in der Regel, die Natur in ihrer Gesamtheit zu erhalten, zu pflegen, zu entwickeln oder wieder-herzustellen. Es ist davon auszugehen, dass dieses Schutzziel durch Freileitungen – wenn auch u.U. nicht in hoher Intensität - Beeinträchtigungen erfährt. Aufgrund der sehr hohen Be-deutung, die diese Gebiete für den Naturhaushalt haben, ist daher von einem hohen Risiko auszugehen. Bei UNESCO-Biosphärenreservaten wurde nur der Kernzone ein hohes Risiko zugeordnet, während die Pflege- und Entwicklungszonen lediglich mit erhöhtem Risiko verse-hen wurden.

In FFH-Gebieten ist das Risiko abhängig von den jeweiligen Erhaltungszielen (Lebensraumty-pen bzw. Arten). Vogelarten spielen dabei nur eine untergeordnete Rolle, da diese nur im Ein-zelfall als charakteristische Arten bestimmter Lebensraumtypen unter das Schutzregime eines FFH-Gebiets fallen können. Für FFH-Gebiete wäre daher die jeweilige Betroffenheit der ein-zelnen Schutzziele für eine Beurteilung des Risikos zu prüfen. Im Rahmen des Vorhabens wurde auf eine differenzierte Betrachtung der Schutz- und Erhaltungsziele jedoch verzichtet und allen FFH-Gebieten ein erhöhtes Risiko zugeordnet. Auch den nach Landesrecht ge-schützten Biotopen wurde ein erhöhtes Risiko zugeordnet.

In Wälder besteht ein besonderes Risiko gegenüber Freileitungen, wenn diese Bereiche nicht überspannt, sondern in Schneisen gequert werden. Hier kommt es durch Rand- und Zer-schneidungseffekte zu gravierenden Veränderungen der Waldstruktur, des Waldinnenklimas und der spezifischen Lebensgemeinschaft. Aber auch bei Überspannen der Waldflächen er-geben sich gravierende Probleme, hier sei insbesondere noch einmal auf das Kollisionsrisiko für Vögel und Fledermäuse hingewiesen. Waldflächen wurde daher ein hohes Risiko zugeord-net.

Schutzgut Landschaft einschließlich Erholungsnutzung

Die Eignung eines Gebietes für die (landschaftsgebundene) Erholung hängt ganz wesentlich von der Natürlichkeit seines Landschaftsbildes ab. Technische Bauten wie Freileitungen beein-trächtigen dieses und mindern damit die Erholungseignung. Das Risiko im Hinblick auf das Landschaftsbild und die Erholung wurde anhand der aktuellen Erholungseignung sowie der Einsehbarkeit der Landschaft beurteilt.

Zu den Gebieten mit einer besonderen Bedeutung für die Erholung und einer damit begründe-ten hohen Empfindlichkeit zählen zunächst alle naturschutzrechtlich geschützten Bereiche, deren primärer Schutzzweck die landschaftsgebundene Erholung des Menschen ist, also Landschaftsschutzgebiete und Naturparke. Darüber hinaus werden in den Landschaftsrah-

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Raumwiderstandsanalyse für den Küstenraum

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 223

menplänen der Länder bzw. den Regionalen Raumordnungsplänen Vorrang- bzw. Vorsorge-gebiete für die landschaftsgebundene Erholung ausgewiesen. Diesen Gebieten wird grund-sätzlich ein erhöhtes Risiko zugeordnet.

Befinden sich diese Bereiche darüber hinaus in Gebieten mit einer weiten Einsehbarkeit und sind somit gegenüber den visuellen Wirkungen einer Freileitung besonders empfindlich, so wird von einem hohen Risiko ausgegangen.

Auch historisch gewachsene Kulturlandschaften besitzen ein erhöhtes Risiko gegenüber Frei-leitungen, wenn diese Landschaftsräume aufgrund der weiten Einsehbarkeit eine hohe Emp-findlichkeit gegenüber technischen Bauwerken wie Freileitungen aufweisen.

Darüber hinaus wurde schiffbaren Gewässern ein erhöhtes Risiko zugeordnet. Sollen diese mit Freileitungen überspannt werden, so sind dafür besonders hohe Masten erforderlich, die entsprechend weit zu sehen sind. Die Räume weisen somit eine besonders hohe Empfindlich-keit auf.

Schutzgut Sach- und Kulturgüter

Die Erlebbarkeit von Kulturgütern kann durch auffällige Freileitungsmasten in deren Umge-bung deutlich herabgesetzt werden. Hierzu zählen z.B. Kirchtürme, Windmühlen oder Grabhü-gel. Solchen Bereichen ist ein hohes Risiko gegenüber Freileitungen zuzuordnen.

Zusammenfassung

Die Raumeinheiten mit einem besonderen Risiko gegenüber einer Freileitung sind in Tab. 38 zusammengefasst. Es zeigt sich, dass insbesondere im Hinblick auf die Schutzgüter Pflanzen und Tiere sowie Landschaft und Erholung zahlreichen Raumkategorien ein erhöhtes Risiko zugeordnet werden muss. Hinsichtlich der Schutzgüter Boden, Wasser, Klima und Luft sind keine Flächen mit einem besonderen Risiko zu berücksichtigen, da der Eingriff in diese Schutzgüter sich auf die Maststandorte beschränkt. Kulturdenkmale weisen zwar ein hohes Risiko auf, sind aber aufgrund ihrer Kleinflächigkeit nicht für die Flächenermittlung relevant.

Page 238: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Raumwiderstandsanalyse für den Küstenraum

224 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Tab. 38: Kriterien für die Risikobewertung bei Freileitungen

Schutzgut Sehr hohes Risiko Hohes Risiko Erhöhtes Risiko

Mensch Wohnsiedlungen inkl. Sied-

lungsfreiflächen Sonstige Siedlungsflächen

(Gewerbe) 500 m-Abstandspuffer

Tiere und Pflanzen Vogelschutzgebiete Ramsargebiete

IBA Bedeutende Brutgebiete für

Wiesenvögel 1000 m Abstandspuffer um

Vogelschutzgebiete Bedeutende Vogelrast- und

Überwinterungsgebiete Kernzonen von Biosphärenre-

servaten NSG Nationalpark Wälder

Niederungen / Feuchtgebiete Biosphärenreservate außerhalb

der Kernzone FFH-Gebiete Geschützte Biotope*

Boden, Wasser, Klima, Luft

Landschaft und Erholung

LSG und Erholungsraum Naturpark und Erholungsraum LSG und weite Einsehbarkeit Naturpark und weite Einsehbar-

keit

LSG Naturpark Erholungsraum Historische Kulturlandschaft

und weite Einsehbarkeit1 Große Flussniederungen

(schiffbare Flüsse / Kanäle)

Kultur- und Sachgü-ter

Kulturdenkmale*

1 nicht in Kartendarstellung übernommen (keine Daten vorhanden) * aus Maßstabsgründen nicht für die flächenhafte Darstellung geeignet

Vergleich mit den anderen Ansätzen

Für das Raumordnungsverfahren zur 380 kV-Höchstspannungsverbindung Wahle-Mecklar in Niedersachsen wurde ebenfalls ein Modell zur Ermittlung des Raumwiderstandes erstellt (Tab. 39). Der Vergleich des eigenen Kriterienkatalogs mit dem aus Niedersachsen zeigt in großen Teilen Übereinstimmung, lediglich in einigen wenigen Punkten ergeben sich grundsätzliche Abweichungen.

Page 239: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Raumwiderstandsanalyse für den Küstenraum

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 225

Tab. 39: Niedersächsisches Modell zur Ermittlung des Raumwiderstandes

Schutzgut Sehr hoher Raum-widerstand

Hoher Raumwider-stand

Mittlerer Raumwi-derstand

Geringer Raumwi-derstand

Mensch Siedlungsflächen mit

Wohnfunktion inkl. Siedlungsfreiflächen

200 m-Abstandspuffer um Wohnsiedlungen

Sonstige Siedlungsflä-chen (Gewerbe)

500 m-Abstandspuffer um Wohnsiedlungen

Nicht belegt

Flächen ohne Siedlungs-

funktion

Tiere, Pflan-zen und biologische Vielfalt

Europäische Vogel-schutzgebiete inkl. Gebietsvorschläge

Nationalparke Waldflächen in FFH-

Gebieten

FFH-Gebiete (außerhalb von Wäldern)

1000 m Abstandspuffer um Vogelschutzge-biete und Gebiets-vorschläge

NSGs Biosphärenreservate Feuchtgebiete internati-

onaler Bedeutung (Ramsargebiete)

Avifaunistisch bedeut-same Bereiche

IBA-Gebiete

Nicht belegt Landwirtschaftliche Flächen

Sonstige Freiflächen ohne Schutzstatus

Landschaft Nicht belegt Unzerschnittene Räume

> 100 km² Waldflächen mit Schutz-

status LSG

Unzerschnittene Räume 50 – 100 km²

LSGs Wälder außerhalb von

LSGs Naturparke

Sonstige Freiflächen ohne Schutzstatus

Quelle: [40]

So wurden insbesondere die unzerschnittenen Räume nicht berücksichtigt, da es weder bei Freileitungen noch bei Erdkabeln zu einer Barrierewirkung kommt, die mit einer Zerschneidung durch Verkehrstrassen vergleichbar ist. Wanderungen von Tieren oder Trennung von Popula-tionen werden in keinem Fall eingeschränkt. Auch die Wirkungen auf das Landschaftsbild sind ausschließlich visueller Natur, während Verkehrswege als echtes Hindernis zu betrachten sind, das z.B. bei Bahnlinien und größeren Straßen nur über Brücken oder spezielle Übergän-ge gequert werden kann. Eine Verknüpfung mit dieser Flächenkategorie erscheint daher nicht zielführend.

Als weniger risikoträchtig wurden auch FFH-Gebiete bewertet, da – abgesehen von Vögeln – die Eintrittswahrscheinlichkeit und die potenzielle Beeinträchtigungsintensität von Lebensräu-men oder Arten durch Leitungen eher als gering zu betrachten sind, so dass trotz der hohen Bedeutung dieser Bereiche das Risiko innerhalb des betrachteten Küstenraums nur als erhöht betrachtet wurde.

Page 240: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Raumwiderstandsanalyse für den Küstenraum

226 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

6.1.2. Erdkabel

Schutzgut Mensch und menschliche Gesundheit

Auch Erdkabel weisen ein Magnetfeld auf, das im Gegensatz zu dem einer Freileitung jedoch sehr rasch mit seitlicher Entfernung abnimmt, so dass bereits nach wenigen Metern Werte erreicht werden, die hinsichtlich des Schutzgutes Mensch als unbedenklich einzustufen sind (s. Feldberechnung in Abschnitt 5.4.6). Im Einzelfall kann das Magnetfeld zusätzlich auch da-durch weiter reduziert werden, dass das Kabel entsprechend tiefer verlegt, durch eine ferro-magnetische Kabelumhüllung abgeschirmt oder das Feld durch Kompensationsleiter vermin-dert wird. Elektrische Felder treten darüber hinaus nicht auf.

Aufgrund der hohen Bedeutung der menschlichen Gesundheit werden Siedlungsflächen dem-nach mit einem erhöhten Risiko bewertet.

Schutzgut Pflanzen und Tiere

Wälder weisen eine hohe Empfindlichkeit gegenüber Erdkabeln auf, da es im Normalfall durch die erforderliche Waldschneise stets auch zu Veränderungen des Lebensraums kommt; dies ist nur dann nicht der Fall, wenn Erdkabel unter bestehenden Wegen verlegt werden können. Durch Rand- und Zerschneidungseffekte können erhebliche Auswirkungen entstehen. Wald-flächen wurden daher hinsichtlich des Naturhaushalts mit einem hohen Risiko versehen.

In Feuchtgebieten sind darüber hinaus baubedingte Beeinträchtigungen aufgrund der Empfind-lichkeit der Vegetationsdecke gegenüber dem Befahren mit schweren Fahrzeugen zu erwar-ten. Diese Beeinträchtigungen sind u.U. nicht nur von vorübergehender Natur, so dass hier von einem erhöhten Risiko auszugehen ist.

Ferner sind Beeinträchtigungen von Pflanzen und Tieren durch Erdkabel aufgrund der Verän-derung des Bodenaufbaus und der lokalen Erwärmung des Bodens sowie durch das vom Ka-bel ausgehenden magnetischen Feld nicht auszuschließen. Allerdings sind konkrete nachteili-ge Veränderungen etwa im Hinblick auf Lebensräume oder bodenchemische Veränderungen nicht bekannt, darüber hinaus handelt es sich lediglich um kleinräumige Veränderungen. Aus Vorsorgegründen ist Bereichen mit einer hohen Schutzbedürftigkeit des Naturhaushalts den-noch ein höheres Risiko zuzuordnen. Deshalb werden Naturschutzgebiete und Kernzonen von Biosphärenreservaten, die eine hohe Bedeutung für den Naturhaushalt aufweisen, in Bezug auf Erdkabel mit einem hohen Risiko belegt. FFH-Gebieten, deren Schutzziel auf einzelne Lebensräume oder Arten ausgerichtet ist, wird ein erhöhtes Risiko zugeordnet.

Schutzgut Boden

Der Bau und der Betrieb von Erdkabeln führen immer zu kleinräumigen Bodenveränderungen wie Bodenumlagerung und -erwärmung.

Page 241: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Raumwiderstandsanalyse für den Küstenraum

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 227

Bei Vorhandensein besonderer Bodenbildungen oder wichtiger Fossil- oder Mineralfundstellen (Archivböden) sind auch kleinräumige Eingriffe von Bedeutung. Als in dieser Hinsicht beson-ders wertvolle Bereiche lassen sich Geotope sowie Bodendenkmale benennen. Viele Geotope sind als flächenhaftes Naturdenkmal ausgewiesen. In diesen Bereichen besteht ein sehr ho-hes Risiko gegenüber dem Bau von Erdkabeln.

Darüber hinaus können empfindliche Böden insbesondere durch die Eingriffe in das Bodenge-füge beim Bau sowie durch die Erwärmung während des Kabelbetriebs in Mitleidenschaft ge-zogen werden. Hier sind insbesondere (naturnahe) Moorböden hervorzuheben, da diese auch etwa gegenüber baubedingten Wasserhaltungsmaßnahmen sowie gegenüber der durch Er-wärmung bedingten beschleunigten Mineralisationsprozesse eine erhöhte Empfindlichkeit aufweisen. Des Weiteren sind Waldböden besonders schutzwürdig, da sich unter einer konti-nuierlichen Waldbestockung besonders typische, ungestörte Bodenprofile ausbilden. Naturna-he Moore und alte Wälder sind i.d.R. als Naturschutzgebiete ausgewiesen; diesen Gebieten wurde aufgrund ihrer besonderen Schutzwürdigkeit ein hohes Risiko zugeordnet. In allen übri-gen Fällen wird von einem erhöhten Risiko ausgegangen.

Schutzgut Kultur- und Sachgüter

Archäologische Denkmale (z.B. Grabhügel) können durch den Bau einer Kabeltrasse zerstört werden. Aufgrund ihrer i.d.R. hohen Bedeutung weisen diese Bereiche daher gegenüber ei-nem Erdkabel ein sehr hohes Risiko auf.

Grabungsschutzgebiete sind von der Denkmalschutzbehörde ausgewiesene Bereiche, von denen bekannt ist oder bei denen zumindest ein starker Verdacht besteht, dass sich dort ar-chäologische Denkmäler befinden. Diese weisen daher gegenüber Erdkabeln ein hohes Risiko auf.

Zusammenfassung

Im betrachteten Küstenraum sind nur wenige Räume vorhanden, in denen der Bau und der Betrieb eines Erdkabels ein sehr hohes ökologisches Risiko auslöst. Zu nennen sind hier ins-besondere hochwertige Bodenformationen wie Bodendenkmale oder Geotope sowie archäo-logische Denkmale, bei denen die Verlegearbeiten zu irreversiblen Schädigungen führen wür-den. Dabei handelt es sich jedoch um kleinflächige Bereiche, die bei der Trassenplanung meist umgangen werden können und in der Maßstabsebene des Küstenraums kaum darstell-bar sind. Zu berücksichtigen sind bei der Ermittlung des Raumwiderstands daher in erster Li-nie die Naturschutzgebiete und die Kernzonen der Biosphärenreservate mit einem hohen Risi-ko sowie Wohnsiedlungen, FFH-Gebiete und Moorböden mit einem erhöhten Risiko. Insge-samt ergeben sich die folgenden Raumeinheiten (Tab. 40):

Page 242: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Raumwiderstandsanalyse für den Küstenraum

228 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Tab. 40: Kriterien für die Risikobewertung bei Erdkabeln

Schutzgut Sehr hohes Risiko Hohes Risiko Erhöhtes Risiko

Mensch Wohnsiedlungen

Tiere und Pflanzen NSG Kernzonen von Biosphären-reservaten Wälder

FFH-Gebiete Feuchtgebiete

Boden, Wasser, Klima, Luft

Geotope* Bodendenkmale*

Waldböden in NSG Moorböden in NSG

Waldböden Moorböden

Landschaft und Erholung

Kultur- und Sachgü-ter

Archäologische Denkmale*

Grabungsschutzgebiete

* aus Maßstabsgründen nicht für die flächenhafte Darstellung geeignet

6.2. Datengrundlage

Die für die Abgrenzung der Raumeinheiten zu Grunde gelegten Daten umfassen - Landnutzungsdaten (Siedlungsflächen, Wälder), - Naturschutzfachliche Daten (z.B. Vogelrastgebiete), - Schutzgebiete (LSG, NSG, NATURA 2000), - Ziele der Raumordnung (z.B. Schwerpunkträume für die Erholung).

Die berücksichtigten Daten sind in Tab. 41 zusammengefasst.

Page 243: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Raumwiderstandsanalyse für den Küstenraum

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 229

Tab. 41: Grundlagen und Quellen zur Ermittlung der Raumwiderstände

Schleswig-Holstein Niedersachsen Mecklenburg-Vorpommern

Siedlungen CLC CLC CLC Sonstige Siedlungsflä-chen

CLC CLC CLC

Vogelschutzgebiete LLUR (2006) NLWKN (2007) LUNG (2007) Biosphärenreservate BfN (2007) BfN (2007) BfN (2007) NSG LLUR NLWKN LUNG LSG BfN (2005) BfN (2005) BfN (2005) FFH BfN (2006) BfN (2006) BfN (2006) IBA BfN (2006) BfN (2006) BfN (2006) Naturparke BfN (2005) BfN (2005) BfN (2005) Bedeutende Brutgebie-te für Wiesenvögel

LLUR NLWKN LUNG

Vogelrastgebiete LLUR NLWKN LUNG Wälder CLC CLC CLC Moore Moorkataster (LLUR) NLWKN LUNG Niederungen / Feucht-gebiete

LLUR NLWKN LUNG

Weite Einsehbarkeit LLUR NLWKN LUNG Erholungsraum LLUR LK Wesermarsch, LK

Cuxhaven, LK Witt-mund, LK Aurich, LK Stade, LK Friesland, LK Leer

LUNG

Vorhandene Freileitun-gen

ATKIS Basis-DLM ATKIS Basis-DLM ATKIS Basis-DLM

Vorhandene WP ATKIS Basis-DLM ATKIS Basis-DLM ATKIS Basis-DLM CLC = CORINE Land Cover; Umweltbundesamt, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, 2004 BfN = LANIS-Bund, Bundesamt für Naturschutz LLUR = Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume Schleswig-Holstein NLWKN = Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz; LUNG = Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie Mecklenburg-Vorpommern ATKIS Basis-DLM = Digitales Basis-Landschaftsmodell; Vermessungsverwaltungen der Länder und Bundesamt für Kartographie und Geodäsie (BKG), 2003

Die Informationen lagen z.T. bundesweit einheitlich vor, wie die aus dem CLC 2000-Programm gewonnenen Daten zu Siedlungsflächen und Wäldern. Teilweise werden die Daten aber auch von den Bundesländern bereitgestellt, in diesen Fällen können die Daten hinsichtlich inhaltli-chem Umfang, Präzision oder Aktualität divergieren. So wurden Angaben zur Einsehbarkeit der Landschaft der naturräumlichen Gliederung des jeweiligen Landes entnommen, für die in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich große Raumeinheiten zu Grunde gelegt wurden; die Daten Schleswig-Holsteins sind z.B. wesentlich detaillierter als die aus Mecklenburg-Vorpommern. Es wurden jeweils die aktuellsten verfügbaren Datensätze verwendet.

Page 244: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Raumwiderstandsanalyse für den Küstenraum

230 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Teilweise wurden zu bestimmten Themen Daten in den einzelnen Bundesländern nach unter-schiedlichen Kriterien, unvollständig oder gar nicht erfasst (Tab. 42). So liegen beispielsweise für Teile Schleswig-Holsteins keine Daten zu bedeutenden Vogelbrut- und Rastgebieten vor, ebenso verhält es sich mit den Erholungsgebieten. In Niedersachsen waren Daten zu den Er-holungsräumen nicht auf Landesebene verfügbar, sie mussten daher bei den einzelnen Land-kreisen angefragt werden. Für die Stadtkreise Emden und Wilhelmshaven konnten hier keine Daten zur Verfügung gestellt werden, da diese in ihrem Flächennutzungsplan keine Erho-lungsgebiete ausgewiesen haben.

Page 245: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Raumwiderstandsanalyse für den Küstenraum

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 231

Tab. 42: Daten mit unterschiedlichen Erfassungskriterien in den einzelnen Bundesländern

Schleswig-Holstein Niedersachsen Mecklenburg-Vorpommern

Bedeutende Brutgebiete für Wiesenvögel

Brutgebiete für Wiesenvögel aus dem LRP 2005.

Anm.: Zur Zeit sind noch nicht alle Daten für ganz Schleswig-Holstein digital erfasst. Die Daten liegen für die Kreise Nordfries-land, Schleswig-Flensburg, Dithmarschen, Steinburg und zum Teil für Ostholstein und Lübeck vor.

Avifaunistisch wertvolle Bereiche in Niedersachsen 1992 sowie 1993 bis 2003

Anm.: Bewertung der avifaunisti-schen Daten bis 1992: Aus eini-gen Gebieten liegen nach 1992 keine neueren Erhebungen vor, daher wird diese Darstellung nicht vollständig von den aktuelleren Bewertungen abgedeckt. Für nicht abgegrenzte und nicht bewertete Bereiche liegen keine oder nicht ausreichende Brutvo-gel-Bestandszahlen vor, so dass keine Einstufung erfolgen konnte, diese sind aber nicht ohne Be-deutung!

Bewertung von Brutvogeldaten aus dem Zeitraum 1993 bis 2003: Ab 1998 erfolgte eine Aktualisie-rung der Bewertung nur im Be-darfsfall, nicht flächendeckend für Niedersachsen.

Bedeutende Brutgebiete gefähr-deter Watvogelarten sowie Brut-vorkommen großer Vogelarten

Vogelrast-gebiete

Brut- und Rastgebiete für Was-servögel und Limikolen aus dem LRP 2005

Anm.: Zur Zeit sind noch nicht alle Daten für ganz Schleswig-Holstein digital erfasst. Die Daten liegen für die Kreise Nordfries-land, Schleswig-Flensburg, Dithmarschen, Steinburg und zum Teil für Ostholstein und Lübeck vor.

Avifaunistisch wertvolle Bereiche für Gastvögel in Niedersachsen

Anm.: Bewertung der avifaunisti-schen Daten aus dem Zeitraum 1997 bis 2006. Für die Bewertung eines Gebietes wurden Daten aus einem Zeitabschnitt von 5 Jahren (je nach Datenlage und Bearbei-tungsstand) zur Bewertung he-rangezogen wurden. Die regel-mäßige Erhebung und Bewertung von Daten zu Gastvögeln erfolgt ausschließlich auf den dargestell-ten Flächen.

Bereiche mit Rastplatzfunktionen für Vögel

Bereiche mit besonderer Bedeu-tung für die Rastplatzfunktion (Bewertungen hoch/sehr hoch)

Ableitung aus Analyse und Be-wertung des Arten- und Lebens-raumpotentials, I.L.N. Greifswald 1998

Niederungen / Feuchtgebiete

Gebiete mit dem Attribut „Niede-rungen und Moorgebiete“ aus der naturräumlichen Gliederung Schleswig-Holsteins

Hochmoore aus dem Moor-schutzprogramm und Feuchtgrün-land

Vernässungs- und Überflutungs-gebiete aus dem Gutachterlichen Landschaftsprogramm 2003

Weite Einseh-barkeit

Gebiete mit dem Attribut „Mar-schen“ und „Niedere Geest“ aus der naturräumlichen Gliederung Schleswig-Holsteins

Gebiete mit dem Attribut „Watten und Marschen“ aus der natur-räumlichen Gliederung Nieder-sachsens und Bremens

Gebiete mit dem Attribut „Nord-östliches Flachland“ aus der naturräumlichen Gliederung Mecklenburg-Vorpommerns

Erholungsraum Gebiete mit besonderer Erho-lungseignung, Stand 2004

Anm.: liegt nur für LRP II,IV und V vor

Liegt für folgende Landkreise vor: Wesermarsch, Cuxhaven, Stade, Wittmund, Aurich, Friesland, Leer

Die Stadtkreise Emden und Wil-helmshaven haben im Flächen-nutzungsplan keine Erholungs-räume ausgewiesen.

Räume mit aktuell starker Inan-spruchnahme von Natur und Landschaft durch Erholungsnut-zungen; Räume mit günstigen Voraussetzungen zur Förderung natur- und landschafts-verträglicher Erholungsnutzun-gen; Bereiche mit hoher und sehr hoher Bewertung des Land-schaftsbildes und daher hoher Eignung für das Natur- und Land-schaftserleben

6.3. Flächenbilanz und Aggregierung zum Raumwiderstand

Page 246: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Raumwiderstandsanalyse für den Küstenraum

232 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Die den einzelnen Risiken zugeordneten Flächeneinheiten wurden im GIS überlagert und so das jeweilige Risiko für die Schutzgüter ermittelt. Die Werte sind jeweils für Freileitungen und Erdkabel in Tab. 43 und Tab. 44 zusammengefasst, dabei wurde auf 10 km² gerundet. Flä-chen mit besonderem Risiko für verschiedene Schutzgüter können sich überlagern.

Es zeigt sich, dass bei Freileitungen insbesondere hinsichtlich der Schutzgüter Pflanzen und Tiere über 80 % der Flächen im Küstenraum ein besonderes, d.h. ein mindestens erhöhtes Risiko aufweisen, was aufgrund der hohen Bedeutung dieses Raums für den Vogelschutz nicht verwunderlich ist (Tab. 43). Aber auch im Hinblick auf Landschaft und Erholung sind in über 50 % der Fläche besondere Risiken zu konstatieren. Dagegen bestehen für das Schutz-gut Mensch nur auf ca. 20 % der Fläche besondere Risiken.

Da sowohl der Bau einer Freileitung als auch die Verlegung eines Erdkabels zwangsläufig zu Auswirkungen auf Natur und Landschaft führen, gibt es keine Bereiche, denen überhaupt kein Risiko zugeordnet wird. Gebiete, die kein erhöhtes Risiko aufweisen, werden in Tab. 43 daher unter dem Eintrag „allgemeines Risiko“ geführt.

Tab. 43: Flächen mit besonderem Risiko gegenüber Freileitungen

Risiko Mensch Pflanzen u. Tiere Landschaft u. Erholung

Sehr hohes Risiko 1.220 km² 3.250 km² Hohes Risiko 3.970 km² 8.540 km² 2.520 km² Erhöhtes Risiko 7.120 km² 9.360 km² Allgemeines Risiko 17.410 km² 3.690 km² 10.720 km² Küstenraum ge-

samt 22.600 km²

Im Gegensatz dazu nehmen Flächen mit besonderem Risiko gegenüber Erdkabeln einen sehr viel geringeren Flächenanteil ein (Tab. 44). Mit über 30 % des Küstenraums haben hier Flä-chen mit einem besonderen Risiko hinsichtlich des Schutzguts Boden den höchsten Anteil, während Flächen mit besonderem Risiko für Pflanzen und Tiere nur einen Anteil von rd. 23 % aufweisen. Hinsichtlich des Schutzgutes Mensch wurden rd. 5 % der Flächen mit einem be-sonderen Risiko bewertet.

Page 247: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Raumwiderstandsanalyse für den Küstenraum

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 233

Tab. 44: Flächen mit erhöhtem Risiko gegenüber Erdkabeln

Risiko Mensch Pflanzen u. Tiere Boden, Wasser, Klima, Luft

Sehr hohes Risiko Hohes Risiko 3.020 km² 3.340 km² Erhöhtes Risiko 1.120 km² 2.280 km² 4.210 km² Allgemeines Risiko 21.480 km² 17.300 km² 15.050 km² Küstenraum ge-

samt 22.600 km²

Zur Ermittlung des Gesamtraumwiderstandes erfolgte eine Aggregierung der Flächen mit er-höhtem schutzgutbezogenen Risiko. Dabei wurden folgenden Zuordnungen vorgenommen (Tab. 45):

Tab. 45: Kriterien zur Ermittlung des Gesamtraumwiderstands

Raumwiderstand Kriterium Sehr hoch Sehr hohes Risiko bei mindestens einem Schutzgut Hoch - sehr hoch Hohes Risiko bei mindestens zwei Schutzgütern Hoch Hohes Risiko bei einem Schutzgut Erhöht Erhöhtes Risiko bei mindestens einem Schutzgut

Bei Verwendung der Kriterien von Tab. 38 bzw. Tab. 40 ergibt sich für den Raumwiderstand gegenüber Freileitungen bzw. Erdkabeln im Küstenraum folgende Flächenberechnung:

Tab. 46: Raumwiderstand gegenüber Freileitungen und Erdkabeln im Küstenraum

Erdkabel Freileitung Raumwiderstand Fläche [km²] Anteil Fläche [km²] Anteil Sehr hoher Raumwiderstand 0 0% 4.459 20%Hoher bis sehr hoher Raumwiderstand 334 1% 2.326 10%Hoher Raumwiderstand 2.683 12% 8.882 39%Erhöhter Raumwiderstand 4.219 19% 3.216 14%Allgemeiner Raumwiderstand 15.363 68% 3.716 16%

Gesamtgröße des Küstenraums: 22 600 km²

Die Aggregierung erfolgte durch eine Überlagerung der Flächen in einem GIS. Eine direkte rechnerische Nachvollziehbarkeit, wie sich die Werte aus Tab. 44 in Tab. 46 wiederfinden, ist somit nicht gegeben.

Page 248: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Raumwiderstandsanalyse für den Küstenraum

234 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Der jeweilige Raumwiderstand gegenüber Freileitungen und Erdkabel unterscheidet sich deut-lich. Während bei Erdkabeln weniger als 50 % des Küstenraums einen besonderen Raumwi-derstand aufweisen, nehmen Flächen mit besonderem Risiko gegenüber Freileitungen einen Anteil von über 90 % auf. Flächen mit sehr hohem Risiko treten nur bei Freileitungen auf.

Etwa 20 % des Küstenraums weisen gegenüber Freileitungen einen sehr hohen Raumwider-stand auf. Dieses Ergebnis unterstreicht die hohe Bedeutung, die Norddeutschland für den internationalen Vogelschutz besitzt, da der größte Teil dieser Flächen aus Europäischen Vo-gelschutzgebieten und Ramsargebieten besteht (rd. 2 750 km²); Siedlungsflächen machen einen deutlich geringeren Anteil aus.

Auch zu den nachfolgenden Raumwiderstandskategorien tragen die für den Vogelschutz wich-tigen Flächen in einem entscheidenden Maße bei; so sind vor allem in Mecklenburg-Vorpommern große Flächen als IBA-Gebiete und / oder als bedeutende Vogelbrut- und -rastgebiete ausgewiesen.

Bei der Bewertung des Risikos hinsichtlich des Landschaftsbildes und der Erholung war neben naturräumlichen Gegebenheiten (weite Einsehbarkeit, Flussniederungen) auch maßgeblich, ob die entsprechenden Gebiete als Landschaftschutzgebiete oder Naturparke ausgewiesen sind. Im Küstenraum gibt es an der Nordseeküste keine Naturparke und die dort vorhandenen LSG machen eine vergleichsweise geringe Fläche aus, so dass trotz der höheren Empfindlichkeit des Landschaftsbildes im Nordseeküstenraum – bedingt durch die weite Einsehbarkeit und die Strukturarmut der Marschen – verglichen mit der Ostseeküste die Kriterien für einen sehr ho-hen Raumwiderstand nur selten erfüllt werden. Offensichtlich wurde dem Ostseeküstenraum hier insgesamt eine höhere Bedeutung für die Erholung beigemessen.

Flächen mit nur allgemeinem Raumwiderstand gegenüber Freileitungen sind vor allem im Be-reich des Schleswig-Holsteinischen Hügellands sowie der angrenzenden Teile der Mecklen-burger Seenplatte vorhanden.

Hinsichtlich des Erdkabels weist der überwiegende Teil der Flächen dagegen nur ein allge-meines Risiko auf. Größere zusammenhängende Bereiche mit einem besonderen Risiko fin-den sich vor allem im Osten Mecklenburg-Vorpommerns. Darüber hinaus treten Flächen mit einem besonderen Risiko eher kleinflächig auf, so etwa im Bereich von Siedlungen, Wäldern oder Moorböden.

In den kartografischen Darstellungen wurden zusätzlich zu den Raumwiderstandseinstufungen vorhandene Freileitungen sowie Räume mit hoher Dichte von WEA (mindestens sechs WEA in einem Abstand von max. 1 km) als (vornehmlich visuelle) Vorbelastungen nachrichtlich darge-stellt. Diese Vorbelastungen beziehen sich vorwiegend auf die Aspekte Landschaftsbild und Vogelschlag, die insgesamt als die höchsten Risiken aufzufassen sind. Eine Abwertung des Raumwiderstands aufgrund einer vorhandenen Vorbelastung erfolgte jedoch nicht, da dies nicht berücksichtigen würde, dass Flächen mit einem sehr hohen Risiko auch dann als solche angesehen werden sollten, wenn dort bereits Hochspannungsfreileitungen oder WEA vorhan-den sind. Führt beispielsweise eine vorhandene Freileitung durch ein Europäisches Vogel-

Page 249: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Raumwiderstandsanalyse für den Küstenraum

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 235

schutzgebiet, so spricht viel für den Rückbau dieser Freileitung, nichts jedoch für den Bau ei-ner neuen. Zudem hätte diese Vorgehensweise den Effekt, dass Gebiete, die bereits über ein zumutbares Maß hinaus von einer Landschaftsverkabelung durch Freileitungen betroffen sind, gerade wegen dieser Verkabelung als besonders geeignet für neue Freileitungen erscheinen würden. Außerdem stellt sich die Frage, wie groß der Pufferabstand um die bereits existieren-den Freileitungen vernünftigerweise – auch im Hinblick auf die Darstellbarkeit in der Karte – zu wählen wäre.

Bei einem Vergleich des spezifischen Raumwiderstands gegenüber Freileitungen und Erdka-beln zeigt sich bei den einzelnen Raumeinheiten, dass im Küstenstreifen erheblich mehr Flä-chen ein besonderes Risiko gegenüber Freileitungen aufweisen, als dies für Erdkabel der Fall ist. Im direkten Vergleich weisen rd. 75 % der Flächen ein höheres Risiko gegenüber Freilei-tungen als gegenüber Erdkabeln auf, während nur knapp 2 % der Flächen ein höheres Risiko gegenüber Erdkabeln als Freileitungen zugeordnet wurde. In rund 23 % der Fläche ist das Risiko gegenüber Freileitungen und Erdkabeln gleich hoch eingeschätzt worden, dabei liegt der Flächenanteil im Küstenraum, in dem sowohl gegenüber Freileitungen als auch gegenüber Erdkabeln nur ein allgemeiner Raumwiderstand festzustellen ist, insgesamt bei etwa 15 %.

Vergleich Raumwiderstand Freileitung - Erdkabel

gleicher (allgemeiner)Raumwiderstandgleicher (besonderer)RaumwiderstandErdkabel höhererRaumwiderstandFreileitung höhererRaumwiderstand

Abb. 125: Vergleich Raumwiderstand Freileitung – Erdkabel

Zahlenangaben in km²

16.884

3.463

1.854

400

Page 250: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Raumwiderstandsanalyse für den Küstenraum

236 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

6.4. Fazit

Abhängig von der spezifischen Empfindlichkeit der einzelnen Schutzgüter gegenüber Freilei-tungen bzw. Erdkabeln kann einzelnen Teilräumen des Küstenraums ein Raumwiderstand gegenüber diesen Stromleitungen zugeordnet werden. Dabei sind Erdkabel im Vergleich zu Freileitungen i.A. in folgenden Räumen naturschutzfachlich als nachteilig zu bewerten:

- Bodendenkmale und Geotope,

- Archäologische Denkmale,

- (Naturnahe) Moorböden aufgrund der höheren Empfindlichkeit gegenüber Bodenver-änderungen und der Erwärmung, soweit nicht gleichzeitig auch für den Vogelschutz oder die Erholung bedeutsam,

- Feuchtbereiche insbesondere aufgrund von möglichen baubedingten Schäden an den oberen Bodenschichten, soweit nicht gleichzeitig auch für den Vogelschutz oder die Erholung bedeutsam.

Dagegen ist in den folgenden Raumeinheiten aus naturschutzfachlicher Sicht ein Erdkabel im Regelfall einer Freileitung vorzuziehen:

- Siedlungsräume,

- Bedeutende Räume für den Vogelschutz (VSch-Gebiet, Ramsargebiete, bedeutende Brutgebiete für Offenlandbrüter, insbesondere Wiesenvögel, sonstige Rastgebiete),

- Bedeutende Räume für die Erholung sowie historische Kulturlandschaften, insbesonde-re, wenn es sich um Räume mit aufgrund von Relief und Strukturarmut weiter Einseh-barkeit handelt,

- Vorhandensein von (insbesondere raumwirksamen) Kulturdenkmalen in der Nähe der Trasse.

Folgende Raumeinheiten sind sowohl hinsichtlich von Freileitungen als auch hinsichtlich von Erdkabeln als bedenklich einzustufen, hier sollte im Einzelfall eine naturschutzfachliche Bewer-tung vorgenommen werden:

- NSG sowie gesetzlich geschützte Biotope,

- Wälder,

- FFH-Gebiete.

Räume mit geringem Konfliktpotenzial sowohl hinsichtlich Freileitungen als auch gegenüber Erdkabeln sind u.a. reliefierte, strukturierte Landschaftsräume ohne besondere Bedeutung hinsichtlich Landschaftsbild und Erholungsnutzung.

Page 251: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Raumwiderstandsanalyse für den Küstenraum

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 237

Insgesamt zeigt sich, dass im Küstenraum Bereiche mit höherem Raumwiderstand gegenüber einer Freileitung als gegenüber einem Erdkabel überwiegen. Insbesondere ist darauf hinzu-weisen, dass es sich bei den Raumeinheiten mit Präferenz für Freileitungen oft um kleinräumi-ge Bereiche handelt, die durch eine geeignete Trassenplanung umgangen werden könnten (Bodendenkmale, archäologische Denkmale).

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Genehmigungsvoraussetzungen und -verfahren für Freileitungen und Erdkabel

238 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

7. Genehmigungsvoraussetzungen und -verfahren für Freileitungen und Erdkabel

In diesem Kapitel sollen die Auswirkungen der unterschiedlichen Zulassungsverfahren für Frei-leitungen und Erdkabel auf die Verfahrensdauer und damit zusammenhängend die Zeiträume bis zur Realisierung von Netzverstärkungsmaßnahmen näher betrachtet werden.

Damit soll der Schwerpunkt nicht auf den allgemein bekannten Gesetzesvorgaben liegen, sondern auf den sich daraus ergebenden Konsequenzen und den Erfahrungen aus der Praxis.

Am 17.12.2006 trat das Infrastrukturplanungsbeschleunigungsgesetz (IPBG) in Kraft und führ-te Änderungen im EnWG ein. Das Ziel des IPBG war die Beschleunigung der Verwirklichung von Infrastrukturvorhaben. Neu sieht dieses nun unter anderem die Option einer Planfeststel-lung für 110kV-Erdkabel im 20km-Küstenkorridor vor. Der Anwendungsbereich ist jedoch um-stritten. Nach den Beschlüssen der Bundesregierung in ihrem Klimaschutzpaket vom 5.12.2007 soll daher eine Klarstellung erfolgen. Da dies für das vorliegende F+E-Vorhaben von besonderem Interesse ist, werden die sich ergebenden Änderungen gesondert betrachtet.

Der Überbegriff für Planfeststellung, Plangenehmigung, Erlaubnis, Bewilligung ist „Zulassung“. Da allgemein die Begriffe „Genehmigung“ bzw. „Genehmigungsverfahren“ genutzt werden, werden diese im Weiteren als Oberbegriffe mitverwendet. Dem Genehmigungsverfahren vor-gelagert ist ggf. ein Raumordnungsverfahren (ROV) als vorklärendes Gutachten zur Beurtei-lung der Raumverträglichkeit raumbedeutsamer Einzelvorhaben mit überörtlicher Bedeutung durchzuführen.

Es wird zunächst auf die gesetzlichen Grundlagen nach den landes- bzw. bundesweit gelten-den Fachgesetzen eingegangen. In einem zweiten Schritt werden die Ergänzungen bzw. Än-derungen dargestellt, die sich durch das Inkrafttreten der mit dem IPBG veranlassten EnWG-Änderungen für Erdkabelplanungen im Küstenraum ergeben.

7.1. Freileitung

Die Genehmigung von Freileitungen erfolgt entsprechend den Vorgaben im EnWG. Nach § 43 S. 1 Nr. 1 EnWG ist für Hochspannungsfreileitungen von mindest. 110 kV eine Planfeststellung durch die nach Landesrecht zuständige Behörde notwendig. Wenn nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, ist auf Antrag des Trägers des Vorhabens nach § 43b Nr. 2 EnWG an Stelle eines Planfest-stellungsbeschlusses eine Plangenehmigung zu erteilen.

Planfeststellungsverfahren sind komplexe, zeit- und kostenaufwendige Verfahren, die für be-stimmte raumbedeutsame Projekte vorgesehen sind, weil hierdurch die Rechte der Vorha-bensträger, öffentliche Belange, der Schutz der Allgemeinheit und der Schutz einzelner Betrof-fener am Besten gewährleistet werden.

Page 253: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Genehmigungsvoraussetzungen und -verfahren für Freileitungen und Erdkabel

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 239

Dem Planfeststellungsverfahren soll für Freileitungen ab 110 kV gemäß § 1 Nr. 14 der Raum-ordnungsverordnung (ROV [150]) ein Raumordnungsverfahren nach § 15 Raumordnungsge-setz (ROG [149]) und den Landesplanungsgesetzen vorgelagert sein, wenn das Vorhaben im Einzelfall raumbedeutsam ist oder überörtliche Bedeutung hat. Verläuft die geplante Freilei-tung in einem bereits durch ein (Landes-) Raumordnungsprogramm als geeignet festgestellten Trassenkorridor, so kann die erneute Prüfung der Vereinbarkeit mit Erfordernissen der Raum-planung entfallen; dies hängt von der landesrechtlichen Ausgestaltung ab (vgl. Kap.7.3).

Der Ablauf eines Raumordnungsverfahrens und eines Planfeststellungs- bzw. Plangenehmi-gungsverfahrens für eine Freileitung ist beispielhaft in der Abb. 126 bzw. Abb. 127 dargestellt.

Page 254: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Genehmigungsvoraussetzungen und -verfahren für Freileitungen und Erdkabel

240 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Abb. 126: Raumordnungsverfahren in Niedersachsen – Ablaufschema

(Quelle: Nds. Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung)

Page 255: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Genehmigungsvoraussetzungen und -verfahren für Freileitungen und Erdkabel

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 241

Prüfung der UVP-Pflicht

Standortbezogene

Vorprüfung des Einzelfalls

für Freileitungen mit einer Nenn-spannung von mindest. 110 kV

und einer Länge von weniger als 5 km.

Allgemeine Vorprüfung

des Einzelfalls

für Freileitungen mit einer Nenn-spannung von mindest. 110 kV und einer Länge von mehr als

5 km.

Screening

UVP-Pflicht

für Freileitungen mit einer Nenn-spannung von mindest. 220 kV und einer Länge von mehr als

15 km.

Das Ergebnis der Feststellung ist öffentlich zugänglich zu machen und ist nicht selbständig anfechtbar

Ergebnis:

keine UVP-Pflicht

Ergebnis: Feststellung

der UVP-Pflicht

Scopingtermin

Erstellung der UVS

Plangenehmigungsverfahren - Einreichung der Trassierungsunterlagen und

des Landschaftspflegerischen Begleitplanes - Abwägung der öffentlich-rechtlichen und der

privatrechtlichen Belange - Aktualisierung energiewirtschaftliche Begrün-

dung

Planfeststellungsverfahren - Einreichen der Trassierungsunterlagen und

Umweltverträglichkeitsstudie - Abwägung der öffentlich-rechtlichen und der

privatrechtlichen Belange - Aktuelle energiewirtschaftliche Begründung - Öffentlichkeitsbeteiligung mit öffentlicher Aus-

legung der Unterlagen, der Möglichkeit, Ein-wendungen zu erheben, und Erörterungster-min

Plangenehmigung Planfeststellungsbeschluss

Sowohl Plangenehmigung als auch Planfeststellung besitzen enteignungsrechtliche Vorwirkung.

Abb. 127: Ablauf eines Zulassungsverfahrens

Fristen im Verfahren

Im Planfeststellungs- bzw. Plangenehmigungsverfahren sind die §§ 72 bis 78 des Verwal-tungsverfahrensgesetzes (VwVfG 2004) bzw. die entsprechenden landesrechtlichen Regelun-gen zu beachten. Ergänzende Festlegungen im EnWG sind in dessen § 43a Nr. 5 die Festle-

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Genehmigungsvoraussetzungen und -verfahren für Freileitungen und Erdkabel

242 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

gung, dass die Anhörungsbehörde die Erörterung innerhalb von 3 Monaten nach Ablauf der Einwendungsfrist abzuschließen hat und in § 43e Abs. 1, dass eine Anfechtungsklage gegen einen Planfeststellungsbeschluss keine aufschiebende Wirkung hat. Eine Übersicht über die Fristsetzungen im Planfeststellungsverfahren gibt Tab. 47. Demnach lässt sich dieser Teil des Verfahrens – ohne Berücksichtigung von Planungsänderungen oder Klagen – in weniger als einem Jahr durchführen.

Tab. 47: Fristen im Planfeststellungsverfahren nach VwVfG und EnWG

VwVfG und EnWG (2005) Verfahrensschritt Einreichung vollständige Planungsunterlagen innerhalb von 2 Wo-chen

Genehmigungsbehörde for-dert Behörden und Natur-schutz- und Umweltverbände zur Stellungnahme auf und veranlasst Auslegung in Ge-meinden

3 Wochen Innerhalb von 3 Wochen nach Eingang der Unterlagen hat die Gemeinde die öffentliche Auslegung zu beginnen

1 Monat Dauer der öffentlichen Auslegung der Unterlagen

3 Monate Max. Frist für Stellungnahmen der Behörden

2 Wochen nach Ausle-gungsende

Einwendungsfrist für Stellungnahmen von weiteren Betroffenen

3 Monate nach Ende der Ein-wendungsfrist

Erörterungstermin mit Abschluss innerhalb von 3 Monaten

2 Wochen Bei Änderungen ist die Möglichkeit zu Stellungnahmen und Ein-wendungen zu geben

Möglichst innerhalb eines Monats nach Abschluss der Erörterung

Die Anhörungsbehörde gibt zum Ergebnis des Anhörungsverfah-rens eine Stellungnahme ab und leitet diese der Planfeststellungs-behörde zu.

2 Wochen Bekanntmachung und ggf. öffentliche Auslegung des Planfeststel-lungsbeschlusses

1 Monat Rechtsbehelfsfrist Keine aufschiebende Wirkung

Anfechtungsklage

Keine Vorgaben Enteignungsverfahren 10 Jahre plus 5 Jahre Verlänge-rung

Baubeginn innerhalb von … Jahren nach Unanfechtbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses.

Durch das IPBG wurde im EnWG eine Reihe von verfahrensbezogenen Erleichterungen ein-geführt. Die Fristen im Planfeststellungsverfahren werden geringfügig verschärft (z.B. Verkür-zung der Frist zum Beginn der Beteiligung von Behörden von 4 auf 2 Wochen).

Des Weiteren wird eine Neuregelung der Beteiligung von anerkannten Naturschutz- und Um-weltverbänden eingeführt. Hier wird unter anderem die Frist für Stellungnahmen auf zwei Wo-chen nach Ablauf der Auslegungsfrist festgesetzt.

Page 257: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Genehmigungsvoraussetzungen und -verfahren für Freileitungen und Erdkabel

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 243

Bisher trat ein Planfeststellungsbeschluss fünf Jahre nach Eintritt der Unanfechtbarkeit außer Kraft, wenn nicht vorher mit der Durchführung des Vorhabens begonnen worden war. Diese Geltungsdauer eines Planfeststellungsbeschlusses ist durch das IPBG von 5 auf 10 Jahre an-gehoben worden. Hinzu kommt neu die Möglichkeit, die Gültigkeitsdauer um weitere 5 Jahre verlängern zu lassen. Dies dürfte eher eine Verlängerung von Netzverstärkungsmaßnahmen zur Folge haben als eine Beschleunigung, da der Druck auf den Netzbetreiber entfällt, inner-halb von 5 Jahren ein genehmigtes Projekt auch tatsächlich zu realisieren.

Beim Punkt der Anfechtungsklage (§43e Abs. 1 EnWG) wird die Möglichkeit, einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung zu stellen, eingeschränkt. Künftig kann der zuvor un-befristet zulässige Antrag nur noch innerhalb einer Frist von einem Monat gestellt werden.

Anforderungen nach UVPG

Nach dem „Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung“ [170] ist für Freileitungen mit einer Nennspannung von mindestens 110 kV und einer Länge von mehr als 5 km (Anlage 1, zum UVPG Nr. 19.1 ff.) eine Allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls vorgesehen, in der von der zu-ständigen Behörde geprüft werden soll, ob vom Vorhaben erhebliche nachteilige Auswirkun-gen ausgehen können, die bei der Prüfung der Umweltverträglichkeit nach §12 UVPG zu be-rücksichtigen wären.

Eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls ist für Vorhaben mit einer Länge von weni-ger als 5 km und einer Nennspannung von 110 kV oder mehr durchzuführen. Erst bei einer Nennspannung von mindestens 220 kV ist ab einer Länge von 15 km das Vorhaben ohne wei-tere Vorprüfung UVP-pflichtig.

Die Umweltverträglichkeitsprüfung stellt einen unselbständigen Teil des verwaltungsbehördli-chen Verfahrens dar, das der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens dient. Die Einführung der Planfeststellungspflicht für Hochspannungsfreileitungen hat ein Trägerverfah-ren für die Umweltverträglichkeitsprüfung geschaffen; sie entfaltet überdies Konzentrationswir-kung betreffend alle anderen erforderlichen öffentlich-rechtlichen Zulassungen.

Das EnWG regelt nicht spezialgesetzlich, welche Unterlagen vorzulegen sind. Daher sind die Anforderungen der jeweils einschlägigen Fachgesetze zu erfüllen. Dies sind insbesondere: - Umweltverträglichkeitsprüfung (§ 6 Abs. 3 u. 4 UVPG) - Eingriffsregelung (§ 18 BNatSchG und landesrechtliche Regelungen) - Artenschutz (§§ 41, 42 BNatSchG und landesrechtliche Regelungen) - Biotopschutz (§ 30 BNatSchG und landesrechtliche Regelungen) - NATURA 2000 (§ 34 BNatSchG und landesrechtliche Regelungen)

Des Weiteren sind Genehmigungen für die Beeinträchtigung / die Nutzung von Wasserschutz-gebieten und für Gewässerquerungen erforderlich, der Küstenschutz und der Denkmalschutz und die Grenzwerte entsprechend 26. Bundesimmissions-Schutz-Verordnung (BImSchV) und Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA-Lärm) sind zu beachten. Schutzgebiets-verordnungen können weitere Verbote enthalten. Soweit Verbotstatbestände erfüllt werden, ist

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Genehmigungsvoraussetzungen und -verfahren für Freileitungen und Erdkabel

244 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

jeweils eine Befreiung bzw. Ausnahmegenehmigung notwendig. Dem Planfeststellungsverfah-ren kommt hierbei eine Bündelungswirkung zu.

Alternativenvergleich

Im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung ist eine Prüfung sowohl der räumlichen als auch der technischen Alternativen durchzuführen. Hierbei sind die nicht umlagefähigen Mehr-kosten zurzeit das Hauptargument gegen eine Erdverkabelung.

Nach dem mit dem IPBG geänderten EnWG ergibt sich die Umlagemöglichkeit für Mehrkosten einer Erdverkabelung im Küstenraum (vgl. Kap. 7.2). Danach sollte in der Alternativen-Abwägung eines Genehmigungsverfahrens der Kostenpunkt nicht mehr als Hauptargument für eine Freileitung und gegen eine Erdverkabelung herangezogen werden können.

Damit erhielten dann die ökologischen Belange in der Abwägung eine größere Bedeutung. Ihre Beeinträchtigung ist durch Freileitungen in der Regel größer als durch ein Erdkabel (vgl. Kap. 4 Umweltauswirkungen).

Enteignung

Das EnWG sieht in § 45 die Möglichkeit eines Enteignungsverfahrens für planfestgestellte oder plangenehmigte Vorhaben nach § 43 EnWG vor. Über die Zulässigkeit ist bereits im Plan-feststellungs- bzw. -genehmigungsverfahren zu entscheiden. Es werden keine weiteren Vor-gaben zu einzuhaltenden Fristen gemacht.

Wegen der meist starken Proteste in der betroffenen Bevölkerung sind Enteignungsverfahren häufig notwendig, um eine Freileitung zu realisieren. Auf Grund von Klagemöglichkeiten mit aufschiebender Wirkung ist es hier bisher zu erheblichen zeitlichen Verzögerungen gekom-men.

Vorzeitige Besitzeinweisung

Die Regelungen zur Enteignung nach § 45 EnWG werden durch das IPBG um den § 44b EnWG „Vorzeitige Besitzeinweisung“ verschärft. Der Enteignungsbehörde werden zudem Fris-ten gesetzt:

• Spätestens 6 Wochen nach Eingang des Antrags auf Besitzeinweisung muss die Behörde

mit den Beteiligten mündlich verhandeln. • Spätestens 2 Wochen nach der mündlichen Verhandlung ist der Beschluss über die Be-

sitzeinweisung zuzustellen. • Spätestens 2 Wochen nach der Zustellung des Beschlusses soll der Zeitpunkt der Besitz-

einweisung sein. • Keine aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen die vorzeitige Besitzeinweisung.

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Genehmigungsvoraussetzungen und -verfahren für Freileitungen und Erdkabel

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 245

Die Gesamtdauer eines Verfahrens über die vorzeitige Besitzeinweisung beträgt damit weni-ger als 3 Monate. Da bisher für die Enteignung z.T. mehrere Jahre eingeplant werden muss-ten, bietet sich mit dieser Gesetzesänderung die Möglichkeit einer deutlichen Beschleunigung des Baubeginns.

Fraglich ist, ob der Netzbetreiber sofort ein solches Verfahren beginnen wird oder ob er aus Imagegründen erst weitere Verhandlungen mit den Eigentümern führen wird, um zu einem finanziellen Ausgleich und zu einer größeren Akzeptanz in der Region zu gelangen.

Verfahrensdauer

Nach Jarass [79] ist bei der Realisierung einer Freileitung mit einem Zeitverzug von 10 Jahren und mehr zu rechnen. Anträge, Bescheide, Klagen, Enteignung sowie weitere Gerichtsverfah-ren über zwei und ggf. mehr Verfahrenszüge führen erfahrungsgemäß dazu, dass sich die Verfahren über viele Jahre hinziehen. Der Ausgang all dieser Verfahren ist ungewiss, häufig muss nach einigen Jahren mit Alternativplanungen begonnen werden.

Auch nach den aktuellen Gesetzesänderungen sieht Jarass [80] noch zeitliche Verzögerungen von 5 bis 10 Jahren.

Die Gründe für längere Genehmigungsverfahren bei Freileitungen liegen in den massiven Wi-derständen in den betroffenen Gemeinden und bei der Bevölkerung, zudem gibt es regelmäßig Bürgerinitiativen gegen eine Freileitung (u.a. [79])

Ohms [127] sieht die Gründe für lange Verfahren hauptsächlich auf Seiten der Genehmi-gungsbehörde. Einmal gäbe es seiner Meinung nach unnötig zeitraubende Verfahrensabläufe, in denen es zu einer „Doppelprüfung“ von Aspekten im ROV und im Planfeststellungsverfahren komme, u.a. gäbe es häufig eine doppelte Öffentlichkeitsbeteiligung. Zum anderen komme es zu Verzögerungen, da aus dem Wunsch der Genehmigungsbehörde, Fehlentscheidungen zu vermeiden, Nacherhebungen und weitere Gutachten gefordert werden bzw. übergeordnete Stellen einbezogen würden.

Von Seiten der Genehmigungsbehörden wird dagegen darauf hingewiesen, dass solche Prob-leme durch eine gute und gründliche Vorbereitung und Abstimmung des Verfahrens zwischen Planer und Genehmigungsbehörde im Vorfeld des Verfahrens minimiert werden könnten, was zu einer schnelleren und zügigeren Durchführung beitrage [154].

Ein ebenfalls grundlegendes Problem auf Behördenseite ist nach Ohms [127] die häufige per-sonelle Unterbesetzung der Genehmigungsbehörde und die sich daraus ergebenden längeren Wartezeiten. Es wird versucht, dies durch Fristsetzungen für Entscheidungen gesetzlich zu optimieren. Jedoch ist die Einhaltung dieser Fristen nicht einklagbar, so dass sie zugunsten sachlich gut vorbereiteter Entscheidungen oft genug vernachlässigt werden.

Dass Verfahrenszeiten von 10 Jahren nichts Ungewöhnliches sind, bestätigt auch Maslaton

[112]. Er sieht die Gründe vor allem im langwierigen Anhörungsverfahren. Hier wurde zwi-

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Genehmigungsvoraussetzungen und -verfahren für Freileitungen und Erdkabel

246 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

schenzeitlich mit der Novellierung des EnWG (12. Juli 2005) schon eine zeitliche Straffung des Verfahrens eingeführt, u.a. durch die Einführung von Einspruchsfristen auch für Naturschutz-verbände.

Das zuständige Ministerium in Mecklenburg-Vorpommern [88] berichtet, dass kurze Freileitun-gen (z.B. Lückenschluss) bis 20 km in der Regel schnell und problemlos genehmigt würden. Zwischen Torgelow und Pasewalk bei Ückermünde sei aktuell eine 6km lange 110 kV-Freileitung zum Lückenschluss sogar in einem halben Jahr genehmigt worden. Hier hätte es aber auch nur wenig Protest von den Anwohnern gegeben, die letztlich finanziell abgefunden worden wären, so dass keine Enteignung notwendig wurde. Bei Neuplanungen ab 100 km komme es aber zu Genehmigungsverfahren von 5-6 Jahren und länger.

E.ON Netz Sprecher Christian Schneller berichtet sogar aktuell [42] von Raumordnungs- und Planfeststellungsverfahren für Freileitungen von bis zu 14 Jahren Dauer.

Eine Gliederung in die einzelnen Verfahrensschritte stellt Salje [152] vor. Es gibt einen deutli-chen Unterschied zwischen der Dauer eines optimalen Verfahrens und den tatsächlich benö-tigten Zeiträumen (Tab. 48). Die tatsächlich benötigten Zeiträume werden auch von der Bun-desnetzagentur [25] in einem aktuellen Bericht zum IPBG angenommen.

Tab. 48: Verfahrensdauer Freileitung

Salje 2005 Vorklärung 3 – 6 Monate ROV 6 – 24 Monate Erstellung der naturschutzrechtlichen Genehmigungsunterlagen (u.a. UVS,

FFH-VP etc.) 4 – 16 Monate

Planfeststellungsverfahren 12 – 48 Monate Enteignungsverfahren 18 Monate Gesamt: ca. 4 – 8 Jahre Zusätzlicher Zeitbedarf für möglichen Rechtsschutz (Klage gegen Planfeststellung beim OVG / VGH)

Bis zu 5 Jahre (ohne aufschiebende Wir-kung)

nach [152], geändert

Zusammenfassend zeigt sich, dass ein Zeitraum von 10 Jahren von verschiedenen Autoren als realistisch angesehen wird. Hierbei muss beachtet werden, dass diese Erfahrungswerte alle aus Verfahren stammen, die noch vor den Gesetzesänderungen von 2005 und 2007 durchgeführt oder zumindest begonnen wurden. Erfahrungen, inwiefern die zur Beschleuni-gung eingeführten Gesetzesänderungen tatsächlich die Verfahren verkürzen, können noch gar nicht vorliegen.

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Genehmigungsvoraussetzungen und -verfahren für Freileitungen und Erdkabel

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 247

7.2. Erdkabel

Bei der Genehmigung eines Erdkabels gibt es kein Verfahren mit Konzentrationswirkung. Es bedarf nach den bauordnungsrechtlichen Vorschriften der Länder in der Regel auch keiner Baugenehmigung (z.B. gemäß § 69 Abs. 1 Nr. 2 (bzw. Nr. 20) LBO SH), da es sich um eine Anlage zur öffentlichen Versorgung mit Elektrizität /bzw. eine Energieleitung) handelt.

Dementsprechend sind bei verschiedenen Stellen Unterlagen einzureichen und Genehmigun-gen zu beantragen. Erstreckt sich die Planung über mehrere Landkreise, so werden von jedem einzelnen Kreis die entsprechenden Genehmigungen benötigt. Eine Reihenfolge der Erteilung der Genehmigungen ist nicht festgelegt, in der Praxis bestehen aber gewisse Abhängigkeiten: Genehmigungsbehörden stimmen sich untereinander ab oder warten auf die Entscheidung anderer Genehmigungsbehörden.

Der Umfang der einzureichenden Unterlagen richtet sich nach Maßgabe der Genehmigungs-behörde. Im Vergleich zum Freileitungsverfahren ist keine Umweltverträglichkeitsprüfung not-wendig, die naturschutzfachlichen Fragestellungen werden in einem weniger aufwändigen Verfahren behandelt. So ist das Erfordernis einer naturschutzrechtlichen Genehmigung von der jeweiligen Ausgestaltung der landesrechtlichen Regelungen abhängig (vgl. 8.4.1). Dane-ben werden i.d.R. weitere Genehmigungen benötigt. Es handelt sich um dieselben fachgesetz-lichen Genehmigungen, die bei einer Freileitung (vgl. Kap. 7.1) notwendig sind. Allerdings fehlt hier die Konzentrationswirkung, so dass eigene Anträge zu erarbeiten sind:

• die Wasserrechtliche Genehmigung z.B. für Gewässerquerungen nach Landesrecht • Denkmalrechtliche Genehmigung nach Landesgesetzen (Kulturdenkmale, archäologi-

sche Denkmale, Grabungsschutzgebiete u.a.) • Kreuzungsgenehmigungen für Bahnstrecken mit der DB AG und für Landes- und Bun-

desstraßen mit den Landesbetrieben für Straßenbau und Verkehr.

Enteignung

Die Enteignungsmöglichkeiten sind für ein nicht planfestgestelltes bzw. nicht plangenehmigtes Vorhaben vergleichsweise aufwendiger. Da es sich um sonstige Vorhaben zum Zweck der Energieversorgung im Sinne von § 45 Abs. 1 Nr. 2 EnWG handelt, muss die Zulässigkeit der Enteignung gemäß § 45 Abs. 2 S. 3 EnWG erst von der zuständigen Behörde festgestellt wer-den.

Im Rahmen der konkreten Netzanbindungsplanung für Offshore-Windparks im Raum Dithmar-schen wurde die Enteignungsvariante durchgerechnet und mit der Begründung aufgegeben, dass ein Enteignungsprozess auf jeden Fall teurer wäre als die Forderungen der Eigentümer nach zusätzlichen Entschädigungen [132]. Auch ist es bei einem Erdkabel auf Grund der ge-ringeren Trassenbreite und der fehlenden Notwendigkeit eines unbedingt geradlinigen Tras-senverlaufs vergleichsweise einfacher, die Enteignungsproblematik zu vermeiden, indem al-ternative Trassenführungen gewählt werden.

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Genehmigungsvoraussetzungen und -verfahren für Freileitungen und Erdkabel

248 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Verfahrensdauer

Auf Grund des deutlich weniger aufwändigen Genehmigungsverfahrens, der geringeren Wi-derstände in den betroffenen Gemeinden und bei der Bevölkerung (häufig wird die Erdverka-belung von Bürgerinitiativen als Alternative zu Freileitungen gefordert) und des daher meist nicht notwendigen Enteignungsverfahrens, ist mit einer wesentlich kürzeren Verfahrensdauer für ein Erdkabel zu rechnen (u.a. [78].

In dem in Kap. 5 (Vergleich von Erdkabel und Freileitung am Beispiel der Trasse Breklum – Flensburg) vorgestellten Beispiel eines Genehmigungsverfahren für ein 110 kV-Erdkabel zwi-schen Breklum und Flensburg konnten alle Genehmigungen in weniger als einem Jahr erwirkt werden – inklusive aller privatrechtlichen Gestattungen.

Auch eine Netzverstärkungsmaßnahme zwischen Fehmarn und Göhl konnte 14 Monate nach Planungsbeginn des 110 kV-Erdkabels bereits in Betrieb genommen werden – das eigentliche Genehmigungsverfahren dauerte sogar nur 3 bis 4 Monate [43]. Der Verfahrensablauf ist in Tab. 49 dargestellt. Die Leitung war nach Angaben der Fehmarn Netz GmbH [43] im Rahmen des Repowerings von Windparks auf Fehmarn als Netzverstärkung der bestehenden Strom-anbindung notwendig. Diese wurde als Anschlussleitung vom Windparkbetreiber geplant, ge-baut und finanziert. Es handelte sich um die Verlegung von 31 km Erdkabel (1 System 110 kV, 150 MW) einschließlich der 2 km langen Fehmarnsundquerung sowie dem Bau von 2 Um-spannwerken. Die vorzulegenden Unterlagen für das Genehmigungsverfahren waren wegen der Fehmarnsundquerung vergleichsweise aufwendig, konnten aber in relativ kurzem Zeitraum zusammengestellt werden.

Tab. 49: Verfahrensdauer Erdkabel Fehmarn - Göhl

Juli 2005 Einigung zwischen Vorhabensträger und E.ON Netz GmbH, in der der Ein-speisepunkt für die Repowering-Windparks auf Fehmarn von Lütjenbrode ins 10 km weiter südlich gelegene Göhl verlegt wurde

Juli 2005 Planungsbeginn

Dezember 2005

Genehmigung für das Erdkabel. Die eigentliche Genehmigungsphase dauerte 3 – 4 Monate, die Genehmigungen für die Umspannwerke dauerten für das UW Fehmarn 4 Wochen, für das UW Göhl 3 Monate

April bis Juni 2006

Im folgenden Frühjahr konnte dann das Kabel verlegt werden.

September 2006

Inbetriebnahme des Kabels 14 Monate nach Planungsbeginn

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Genehmigungsvoraussetzungen und -verfahren für Freileitungen und Erdkabel

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 249

Änderung des § 43 EnWG durch das IPBG vom 17.12.2006

Der bisherige Ablauf mit Eingriffsgenehmigung nach Landesnaturschutzgesetz und weiteren fachgesetzlichen Genehmigungen bleibt für den „Normalfall“ weiterhin bestehen.

Bis zum 17.12.2006 bestand in der Regel keine Umlagefähigkeit der Kosten eines entspre-chend Kap. 7.2 „einfach“ genehmigten Erdkabels, eine Ausnahme war nur im Falle einer feh-lenden Planfeststellungsfähigkeit einer Freileitung, wie es z.B. bei Trassen im städtischen Be-reich mehrfach vorgekommen ist, möglich. Hier wurde durch das IPBG ergänzend die Mög-lichkeit einer Planfeststellung nach § 43 S. 3 EnWG für

„Hochspannungsleitungen mit einer Nennspannung von 110 Kilovolt im Küstenbereich von Nord- und Ostsee, die zwischen der Küstenlinie und dem nächstgelegenen Netz-verknüpfungspunkt, höchstens jedoch in einer Entfernung von nicht mehr als 20 Kilo-meter von der Küstenlinie landeinwärts verlegt werden sollen“

eingeführt, wobei Mehrkosten eines solchen Erdkabels nach § 21a Abs. 4 S. 3 EnWG als nicht beeinflussbare Kostenanteile gelten und somit umlagefähig werden. Die zuständige Behörde für die Zulassung wäre entsprechend den Verfahren für Freileitungen z.B. in Schleswig-Holstein der Landesbetrieb für Straßenbau und Verkehr (LBV SH).

Für ein Planfeststellungs- bzw. die Plangenehmigungsverfahren gelten dann auch für Erdkabel wie für Freileitungen die in Tab. 47 dargestellten Fristen. Es ist trotzdem weiterhin mit kürzeren Verfahren für Erdkabel zu rechnen, da diese einen geringeren Eingriff in die Natur und das Landschaftsbild darstellen und mit weniger Widerstand in der Bevölkerung bzw. von Seiten der Naturschutzverbände zu rechnen ist. Mangels UVP-Pflicht wird überdies das einfachere Ver-fahren einer Plangenehmigung ausreichen, s. § 43b Nr. 2 EnWG.

Für ein nach § 43 EnWG planfestgestelltes Erdkabel ergibt sich die Option, auch für ein Erd-kabel nach § 44b bzw. § 45 Abs. 1 Nr. 1 EnWG eine vorzeitige Besitzanweisung bzw. ein Ent-eignungsverfahren zu beantragen. Die Fristen für die vorzeitige Besitzeinweisung sind ent-sprechend: wie bei einer Freileitung dauert das Verfahren maximal 3 Monate.

Rechtsprobleme im Zusammenhang mit der Umsetzung des § 43 EnWG

Es zeigte sich jedoch, dass es große Interpretationsunterschiede gibt; das Gesetz führte nicht wie politisch beabsichtigt zu einer Erleichterung der Entscheidung für Erdkabel im Küstenbe-reich. Problematisch ist vor allem die Interpretation, auf welche Erdkabelplanungen das Ge-setz überhaupt anzuwenden ist.

Einerseits wurde (und wird) die Meinung vertreten, dass der § 43 EnWG für alle Leitungspla-nungen gilt, die in einem 20 km-Küstenstreifen liegen, mithin auch für Onshore-Leitungen, Netzverstärkungsmaßnahmen und Teilabschnitte von Leitungen, die in diesem Bereich verlau-fen (vgl. ausführliche Darstellung der Rechtsprobleme in [136], [181]).

Andererseits wird von Seiten der Netzbetreiber, der Bundesnetzagentur, in der Verwaltungs-praxis und der Rechtsprechung der § 43 S. 3 EnWG allein auf die Anbindung von Offshore-

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Genehmigungsvoraussetzungen und -verfahren für Freileitungen und Erdkabel

250 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Windparks bezogen. Dies zeigte sich am Beispiel der Netzverstärkung zwischen Breklum und Flensburg.

Interpretation des § 43 EnWG am Beispiel Breklum-Flensburg

Das Wirtschaftsministerium (MWWV) mit der nachgeordneten Genehmigungsbehörde Lan-desbetrieb für Straßenbau und Verkehr Schleswig-Holstein (LBV SH) erkennt die Änderungen im §43 EnWG hinsichtlich der Planfeststellungsmöglichkeit für ein 110kV-Erdkabel für das vermaschte Netz nicht an.

Diese Auslegung von § 43 S. 3 EnWG zeigt sich im Projekt Breklum-Flensburg. Die von GEO geplante Erdkabeltrasse liegt bis auf 3,7 km im Bereich des 20-km-Küstenstreifens, damit wä-re ab Dez. 2006 ein Planfeststellungverfahren inkl. einer Umlegung der Kosten für eine Erd-verkabelung für den größten Teil der Trasse möglich gewesen.

Da schon alle notwendigen öffentlich-rechtlichen Genehmigungen und privatrechtlichen Ges-tattungen vorlagen, wurde Anfang 2007 statt eines Planfeststellungsbeschlusses die Feststel-lung eines „Falles unwesentlicher Bedeutung“ beantragt. Dieser wurde aber vom LBV-SH im März 2007 mit der Begründung abgelehnt, dass eine Feststellung der Nichterforderlichkeit eines Planfeststellungsverfahrens nur dann erfolgen könnte, wenn

„das Vorhaben als solches überhaupt der Möglichkeit einer Planfeststellung unterfällt. Dies ist jedoch nicht der Fall.

§ 43 EnWG erlaubt die Planfeststellung eines 110 kV-Erdkabels nur für Kabel im Küs-tenbereich, die von der Küstenlinie bis zum nächsten Netzverknüpfungspunkt verlegt werden. Eine Planfeststellung für Erdkabel, die dagegen zwischen zwei Umspannwer-ken und damit zwischen zwei Netzverknüpfungspunkten verlegt werden sollen, ist da-gegen nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht möglich.“ [107]

Gegen diese Entscheidung wurde zunächst Widerspruch und später Klage erhoben. Im Feb-ruar 2008 erging die gerichtliche Entscheidung:

Die Klage vor dem schleswig-holsteinischen OVG in Schleswig gegen Ablehnung des Antrags auf Feststellung eines Falls unwesentlicher Bedeutung für eine ansonsten vollständig geneh-migte alternative Erdkabelplanung zwischen Breklum und Flensburg wurde abgelehnt. Als Be-gründung wurde insbesondere angeführt, dass ein Erdkabel zwischen Breklum-Flensburg nicht planfeststellungsfähig sei, da es nicht der Netzanbindung eines Offshore Windparks die-ne und § 43 S. 3 EnWG nur für Kabel mit einer Verlaufsrichtung von der Küstenlinie zum Netzanknüpfungspunkt gilt. In diesem Fall verläuft das Kabel aber zwischen zwei Netzver-knüpfungspunkten im Landesinneren.

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Genehmigungsvoraussetzungen und -verfahren für Freileitungen und Erdkabel

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 251

7.3. Exkurs: Vorgaben und Richtlinien in Dänemark

In Dänemark ist Energinet.dk als staatseigenes Unternehmen für die Planung des Hoch- und Höchstspannungsnetzes verantwortlich. Bei der Entscheidung zwischen Erdkabel und Freilei-tung sind dabei verschiedene politischen Richtlinien zu beachten, die im Folgenden kurz dar-gestellt werden.

Staatliche Richtlinie zur Etablierung und Sanierung von Hochspannungsanlagen

In Dänemark gibt es seit dem Jahr 1995 eine staatliche Richtlinie zur Erstellung und Erneue-rung von Hochspannungsanlagen („Gældende statslige retningslinjer for etablering og sane-ring af højspændingsanlæg“, [37] 10), die durch das dänische Ministerium für Umwelt und E-nergie festgelegt wurde. In dieser Richtlinie wurden Prinzipien für die Wahl zwischen Freilei-tung und Erdkabel aufgestellt und es wurden in einer generellen und übergeordneten Abwä-gung ökonomische und landschaftliche Interessen berücksichtigt. Im Folgenden werden einige zentrale Argumente und Prinzipien dieser Richtlinie dargestellt, da diese bis heute die Grund-lage für Planungen darstellen:

- Eine Reduktion des Freileitungsnetzes über 100 kV wird angestrebt. Dies ist bei der Pla-

nung von neuen 400 kV und 132/150 kV Leitungen zu berücksichtigen.

- 400 kV Verbindungen bilden das übergeordnete Übertragungsnetz für hohe Übertragungs-kapazitäten über große Entfernungen. 400 kV-Verbindungen können normalerweise als Freileitungen geplant werden, z.B. wenn diese durchs offene Land verlaufen. In besonde-ren Fällen kann überlegt werden, ein 400 kV-Kabel über kürzere Strecken zu verlegen, z.B. als Zuleitung größerer Orte oder falls eine Freileitung wesentliche Auswirkungen für die na-tionalen Naturinteressen hätte und keine akzeptable alternative Trassenführung gefunden werden kann.

- 132/150 kV-Leitungen können als Freileitungen gebaut werden, wenn dies als kombinierte 400 kV - 132/150 kV-Freileitungen erfolgen kann.

- Grundsätzlich gilt darüber hinaus, dass neue 132/150 kV-Leitungen als Erdkabel erstellt werden sollen.

- Nur in ganz besonderen Fällen – zum Beispiel dem ersten Abschnitt einer im Weiteren kombinierten 400-132/150 kV Leitung oder falls sehr hohe Übertragungskapazitäten auf 132/150 kV-Ebene über große Entfernungen benötigt werden – sollen Freileitungen erwo-gen werden.

10 Es liegt keine offizielle Übersetzung aus dem Dänischen vor, die folgenden Abschnitte geben die dänischen Richtlinien daher nicht wörtlich wieder.

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Genehmigungsvoraussetzungen und -verfahren für Freileitungen und Erdkabel

252 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

- In Verbindung mit der Reduktion des Freileitungsnetzes ist das Entfernen oder Verkabeln der existierenden 132/150 kV-Freileitungen in Bereichen anzustreben, in denen die Trasse ungünstig im Verhältnis zu städtischer Bebauung oder wesentlichen Naturinteressen ver-läuft.

- Grundsätzlich wird eine Genehmigung für die Verkabelung von bestehenden 132/150kV Freileitungen erteilt, wenn diese in oder in der Nähe von Wohngebieten, in empfindlichen Naturgebieten oder in übrigen Stadtgebieten verlaufen.

- Neue Leitungen unter 100 kV sind zu verkabeln.

- Existierende 50/60 kV-Freileitungen sind zu verkabeln, wenn die Leitungen nachteilig im Verhältnis zu städtischer Bebauung oder wesentlichen Naturinteressen sind.

- Bei großen Sanierungsarbeiten sollen existierende Leitungsanlagen wie neue Anlagen behandelt werden.

Aktionsplan für die zukünftige Elektrizitätsinfrastruktur – Perspektiven bis 2010

Am 29.03.2004 erreichte dann die Regierung eine breite politische Übereinkunft in Überein-stimmung mit den meisten anderen Parteien, um eine verlässliche Elektrizitätsinfrastruktur für die Zukunft zu sichern [166].

In dem Beschluss geht man davon aus, dass Erdkabel auf der 400 kV-Ebene 3-6mal so teuer sind wie Freileitungen mit vergleichbaren Übertragungskapazitäten. Da es sich zudem bei 400 kV-Verbindungen meist um lange Strecken im übergeordneten Übertragungsnetz handelt, wird eine generelle Entscheidung zur Verkabelung auf 400 kV-Ebene als sehr teuer einge-schätzt. Aus rein wirtschaftlicher Sicht müsste daher Freileitungen der Vorzug gegeben wer-den. Da aber Freileitungen das Landschaftsbild beeinträchtigen, müssen die beiden Möglich-keiten entsprechend den Richtlinien von 1995 abgewogen werden.

Die Regierung erachtet es daher für wichtig, dass neue 400 kV und kombinierte 400 kV -132/150 kV-Leitungen weiterhin in offenen Gebieten als Freileitungen gebaut werden, wenn dies ohne Konflikte mit besonderen nationalen Naturinteressen erfolgen kann.

Wenn neue 400 kV-Freileitungen gebaut werden, sollte dies mit Verkabelungen auf niedrigerer Spannungsebene kompensiert werden, so dass die Gesamtlänge der Freileitungen über 100 kV reduziert wird.

Veränderungen in den Kosten von 400 kV-Kabeln sollen sorgfältig beobachtet werden, so dass Erdkabel verstärkt genutzt werden, wenn die Preise vergleichbarer werden.

Auf 132/150 kV-Ebene ließen sich dagegen Erdkabellösungen finden, deren Mehrkosten als nicht besonders hoch eingeschätzt wurden. Daraus folgernd hat die Regierung entschieden, dass neue 132/150 kV-Leitungen generell als Erdkabel gebaut werden sollen. Ausnahmen

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Genehmigungsvoraussetzungen und -verfahren für Freileitungen und Erdkabel

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 253

bestehen weiterhin entsprechend den Richtlinien von 1995 für kombinierte 400-132/150 kV-Leitungen bzw. für sehr hohe Übertragungskapazitäten.

In der Frage der Verkabelung bestehender 132/150 kV Freileitungen hat der Wirtschaftsminis-ter im Juni 2004 entschieden, dass generell die Genehmigung erteilt wird, bestehende Freilei-tungen zu verkabeln, wenn die Freileitungen in der Nähe von oder durch Wohngebiete verlau-fen oder durch andere städtische Gebiete oder besondere Naturgebiete.

Technischer Bericht über den zukünftigen Ausbau und die Verkabelung des Stromüber-tragungsnetzes (2008)

Dem 2007 gegründeten dänischen „Elektrizitäts-Infrastruktur-Komitee“ wurde die Aufgabe ge-geben, alternative Strategien für die Entwicklung des Übertragungsnetzes (über 100 kV) zu analysieren, insbesondere die Aussichten für eine Verkabelung auch auf der Höchstspan-nungsebene (400kV).

Dabei sollten sowohl die technologischen Entwicklungen als auch die Sozioökonomie betrach-tet werden. Der im April 2008 veröffentlichte Bericht des Komitees [37] stellt 6 Szenarien dar (Abb. 128), über die zur Zeit noch auf politischer und gesellschaftlicher Ebene diskutiert wird. Bei Energinet.dk ging man im Oktober 2008 davon aus, dass es bald eine politische Entschei-dung für eines der folgenden drei Szenarien geben würde:

D – Neue 400 kV-Freileitungen in Gebieten, in denen bereits Freileitungen bestehen

C – Neue 400 kV-Leitungen als Kabel, unauffälligere Masten für bestehende Freileitungen

B – Alle neuen 400 kV-Leitungen als Kabel

Anfang November kam es dann zu einer Entscheidung seitens der dänischen Regierung. Der Ausbau der 132/150-kV-Leitungen soll demnach als Erdkabel erfolgen, 400-kV-Leitungen sol-len teilweise als Erdkabel realisiert werden.

Die Richtlinien (1995/2005) zur Verkabelung neuer 132/150 kV-Leitungen werden beibehalten, in die wirtschaftlichen Betrachtungen geht nun bei einigen Szenarien (A-C) auch die vollstän-dige Verkabelung des bestehenden Hochspannungsnetzes ein. Energinet.dk geht davon aus, dass im längerfristigen Zeitrahmen (bis 2030) alle bestehenden 132/150 kV Leitungen als Ka-bel verlegt werden, man erarbeitet bereits eine Rangliste für die Umsetzung.

Die Szenarien „A – komplette Verkabelung“ bzw. „F – kein Netzausbau“ werden als unrealis-tisch betrachtet. Die Verkabelung auf 400 kV-Ebene wird, auch auf Grund fehlender Erfahrun-gen über lange Strecken, noch als eine große technologische Herausforderung angesehen und als deutlich teurer im Vergleich zu Freileitungen eingestuft. Eine komplette Verkabelung des 400 kV-Netzes wird daher zum heutigen Zeitpunkt als nicht realistisch eingestuft, statt dessen wird aber angestrebt, neue Masttypen bei bestehenden 400 kV-Freileitungen einzuset-

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Genehmigungsvoraussetzungen und -verfahren für Freileitungen und Erdkabel

254 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

zen, die sich besser in die Landschaft eingliedern lassen und unauffälliger sind (vgl. Kap. 4.2.3, S. 126 f.)

Abb. 128: Ausbauszenarien für das dänische Stromnetz

Quelle: [37]

Beispiel: Planung der Netzanbindung von Horns Rev 2

In Dänemark muss nach Auskunft von Energinet.dk der (prinzipielle) Neubau einer Leitung zunächst durch die Regierung beschlossen werden. Als nächstes wird dann als „Right of Way“ ein ca. 300-400 m breiter Korridor festgelegt, in dem die Trasse verlaufen soll. Dieser Korridor wird nach sehr allgemeinen Ausschlusskriterien gewählt, z.B. Meidung von Städten, Meidung von Schutzgebieten, Zusammenlegung mit bestehenden Netzen.

In diesem Korridorbereich wird dann die genaue Trassierung in Verhandlungen mit den An-wohnern durchgeführt. Hierbei kommt es zu ähnlichen Problemen wie in Deutschland: Die Anwohner lehnen Freileitungen auf ihren Flurstücken ab und sind weniger ablehnend gegen-über Erdkabeln. Die Landbesitzer werden entsprechend der genutzten Flächen entschädigt. Beim Bau von Freileitungen erfolgt im Gegensatz zu Deutschland eine zusätzliche Entschädi-gung für den Wertverlust der anliegenden Häuser (vgl. Kap. 5.5.1).

Die Netzanbindung für den OWP Horns Rev 2 konnte auf Grund von Ortschaften und Schutz-gebieten nicht auf direktem, geradem Weg erfolgen, weswegen ein deutlich längerer Verlauf gewählt wurde. Die Trasse folgt im südöstlichen Abschnitt einer bereits vorher geplanten Tras-se (Verlauf Nord-Süd). Diese Trasse war schon länger als Netzverstärkung geplant gewesen, allerdings als Freileitung höherer Spannungsebene. Als die Planungen mit der Netzanbindung des OWP Horns Rev 2 zusammengelegt wurden, war es neben den politischen Vorgaben auch aus zeitlichen Gründen notwendig, die Planungen im Weiteren als Erdkabel durchzufüh-ren. Nach Auskunft von Energinet.dk hätte eine Genehmigung als Freileitung mit den darauf

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Genehmigungsvoraussetzungen und -verfahren für Freileitungen und Erdkabel

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 255

folgenden Klagen und Enteignungsverfahren von Anwohnern zu lange gedauert, um den Netzanschluss rechtzeitig vor Inbetriebnahme des OWP fertig zu stellen.

Zusammenfassung

In Dänemark wird das Thema „Freileitung oder Erdkabel als Übertragungstechnologie“ schon länger diskutiert. Der Übertragungsnetzbetreiber energiennet.dk ist ein staatliches Unterneh-men und besitzt daher andere Spielräume als ein gewinnorientiertes Privatunternehmen. In Dänemark entspricht die politische Einstellung zur Verkabelung von neuen und von bestehen-den Leitungen auf 132/150 kV-Ebene der Einstellung, die man in Deutschland in Bezug auf 30/60 kV Leitungen antrifft: - Erdkabel werden als weniger störanfällig als Freileitungen angesehen, auch bei extremen

Witterungsbedingungen. - Kabel sind Stand der Technik. - Verkabelung ist Wunsch der Bevölkerung. - Verkabelung führt zur Aufwertung des Landschaftsbildes. - Verkabelung von bestehenden Freileitungen wird als Kompensation für neue 400 KV-

Freileitungen durchgeführt. - Naturschutzfachliche Aspekte (z.B. Vogelzug) spielen dagegen bei der Diskussion zu den

Vor- und Nachteilen von Erdkabeln und Freileitungen keine oder nur eine untergeordnete Rolle.

Somit wurde schon 1995 bzw. 2005 die Verkabelung (fast) aller neuen Leitungen der 132/150 kV-Ebene beschlossen und auch die Verkabelung aller bestehenden Freileitungen dieser Spannungsebene ist geplant.

Ähnlich wie in Deutschland auf Ebene der 110 kV-Leitungen wird in Dänemark dagegen zur Zeit die Frage „Kabel oder Freileitung?“ auf der 400 kV-Ebene diskutiert. Dabei verläuft die Diskussion, ob alle neuen 400 kV-Leitungen als Kabel durchzuführen sind, offen und wenig kontrovers. Nach Einschätzung von Energinet.dk ist damit zu rechnen, dass zumindest teilwei-se in Zukunft neue 400 kV-Leitungen auch als Kabel verlegt werden.

7.4. Fazit

Beim Vergleich der Verfahrensdauer Erdkabel – Freileitung muss mit berücksichtigt werden, dass Freileitungen und Erdkabel bei den jeweiligen Verfahren derzeit vor neuen Bedingungen stehen. Wird für das Erdkabel ebenso ein Planfeststellungsverfahren wie für die Freileitung eingeführt, könnten die Genehmigungszeiträume ebenfalls länger werden.

Zusammenfassend muss man auch weiterhin von einer längeren Genehmigungs- und Reali-sierungsphase für Freileitungen als für Erdkabel ausgehen. Der Unterschied dürfte trotz der

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Genehmigungsvoraussetzungen und -verfahren für Freileitungen und Erdkabel

256 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

beschleunigenden Wirkung des IPBG noch bei 3 bis 7 Jahren liegen. Diese zusätzliche Verzö-gerung von Netzverstärkungsmaßnahmen muss in die betriebswirtschaftlichen und gesamt-wirtschaftlichen Betrachtungen einbezogen werden (vgl. Kap. 5.5, Analyse betriebswirtschaftli-cher und gesamtwirtschaftlicher Aspekte).

Zum einen bedeutet eine längere Planungszeit mit aufwendigeren (ökologischen) Gutachten und langwierigeren Gerichtsverfahren direkte Mehrkosten für den Planer, zum anderen führt jede Verzögerung des Netzausbaus zu weiteren Verlusten der vom Erzeugungsmanagement betroffenen Betreiber von regenerativen Energieanlagen und verzögert den weiteren Ausbau bzw. das Repowering.

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Rechtliche und planerische Steuerungsinstrumente

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 257

8. Rechtliche und planerische Steuerungsinstrumente

Auf die Planung von Stromleitungen kann seitens der öffentlichen Hand durch verschiedene Steuerungsinstrumente Einfluss genommen werden. Die Möglichkeiten umfassen u.a.

- spezialgesetzliche Vorgaben z.B. für bestimmte Stromleitungen, - raumordnerische Vorgaben (Landesraumordnungsplan, Regionalplan), - landschaftsplanerische Vorgaben (Landschaftsprogramm, Landschafsrahmenplan), - aus naturschutzrechtlichen Schutzvorschriften abgeleitete Verbote, - Schaffung wirtschaftlicher Anreize.

8.1. Spezialgesetzliche Regelungen

Auf Bundesebene wurde im Mai 2009 das sog. Energieleitungsausbaugesetz (EnLAG) be-schlossen. Ziel des Gesetzes ist die Regelung zum Ausbau des 380-kV-Netzes im Bundesge-biet. Hierbei sind ebenfalls 4 Trassen für den Netzausbau in Form von Erdkabeln vorgesehen. Der Netzausbau auf der 110-kV-Ebene ist als Erdkabel möglich, soweit die hierdurch entste-henden Kosten nicht das 1,6-fache der Freileitung übersteigen.

Auf Länderebene gibt es in Niedersachsen das „Niedersächsische Erdkabelgesetz“ (Nds. Ge-setz über die Planfeststellung für Hochspannungsleitungen in der Erde), das am 18.12.2007 in Kraft getreten ist und die Möglichkeit zur Planfeststellung von Erdkabeln anstelle von Freilei-tungen eröffnet. Danach kann für Hochspannungskabel mit einer Nennspannung von mehr als 110 kV ein Planfeststellungsverfahren durchgeführt werden, wenn eine Freileitung aufgrund der nicht einzuhaltenden Mindestabstände zu Wohngebäuden oder aufgrund der Lage in Landschaftsschutzgebieten nicht errichtet und betrieben werden kann. Unabhängig davon kann eine Planfeststellung durchgeführt werden für Vorhaben, bei denen nicht höhere Kosten zu erwarten sind als für die Errichtung und den Betrieb einer Hochspannungsfreileitung, die den selben Zweck erfüllt. Das Gesetz schafft damit die verfahrensrechtlichen Vorschriften zur Umsetzung der materiellen Regelungen des Landesraumordnungsprogramms (LROP, s.u.). Dadurch wird erreicht, dass im Abstand von 200 m zu Einzelwohnhäusern und 400 m zu Wohnhäusern in Wohnsiedlungen der Netzausbau nicht als Freileitung, sondern nur als Erd-kabel erfolgen darf. Auch Landschaftsschutzgebiete dürfen nicht von Freileitung gequert bzw. durchzogen werden. Das Niedersächsische Erdkabelgesetz ermöglicht auch eine Gesamtver-kabelung, wenn z.B. durch Vermeidung langer Umwegstrecken dem Wirtschaftlichkeitsgebot des Energiewirtschaftsgesetzes des Bundes Rechnung getragen werden kann.

Damit ist Niedersachsen das erste Bundesland, das rechtliche Möglichkeiten für die unterirdi-sche Verlegung von Hochspannungsleitungen schafft. Ob bei einer konkreten Planung der Erdverkabelung der Vorzug vor einer Freileitung zu geben ist, wird dabei in dem jeweiligen Planungs- oder Zulassungsverfahren beurteilt, in dem in der Regel auch eine Umweltverträg-

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Rechtliche und planerische Steuerungsinstrumente

258 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

lichkeitsprüfung durchzuführen ist. Dabei wären die Möglichkeiten und Grenzen einer Erdver-kabelung im Einzelfall zu berücksichtigen.

8.2. Raumordnerische Vorgaben

Aufgabe der Raumordnung ist die Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Gesamtraums, indem unterschiedliche Anforderungen an den Raum aufeinander abgestimmt und Konflikte ausgeglichen werden. Als Instrumente der Raumordnung sind Raumordnungspläne und Raumordnungsverfahren von Bedeutung.

Grundlage für die Raumordnungspläne der Länder sind neben dem Bundesraumordnungsge-setz (ROG, vgl. §§ 8 und 9 ROG) die Landesplanungsgesetze der einzelnen Länder. Wichtigs-tes Planungsinstrument in den Flächenländern sind der Raumordnungsplan (Landes-Raumordnungsprogramm, Landesentwicklungsplan) für das Landesgebiet mit Text- und Kar-tenteil, der in regelmäßigen Abständen fortgeschrieben wird, und die Regionalpläne, die aus dem Landesentwicklungsplan (LEP) zu entwickeln sind. Raumordnungspläne haben die Stel-lung einer überfachlichen integrierten Planung.

Ziele der Raumordnung haben für die einzelnen Fachplanungen und ihre konkreten Projekte nicht nur einen empfehlenden, sondern einen rechtlich verbindlichen Steuerungscharakter.

Nach §§ 2 Abs. 2 Nr. 2 und 7 Abs. 2 Nr. 3b ROG sollen Raumordnungspläne Festlegungen zur Raumstruktur enthalten. Dazu zählen auch zu sichernde Standorte und Trassen für Infra-struktur wie z.B. Ver- und Entsorgungsinfrastruktur. Darüber hinaus können nach § 7 Abs. 4 ROG Gebiete bezeichnet werden, die bestimmte raumbedeutsame Nutzungen ausschließen, soweit diese mit den vorrangigen Funktionen, Nutzungen oder Zielen der Raumordnung nicht vereinbar sind. Unterschieden werden hier Vorrang-, Vorbehalts- und Eignungsgebiete. Vor-ranggebiete sind von entgegenstehenden Nutzungen freizuhalten, sofern diese mit der festge-legten Nutzung nicht vereinbar sind, während die Bezeichnung „Vorbehaltsgebiet“ eine abge-schwächte Wirkung besitzt und mit anderen Nutzungsarten abgewogen werden kann. Eig-nungsgebiete können für bestimmte raumbedeutsame Nutzungen ausgewiesen werden und besitzen einen ähnlichen Status wie Vorbehaltsgebiete. Im Gegensatz zu Vorbehaltsgebieten sind die in Eignungsgebieten festgelegten Nutzungen jedoch in anderen Bereichen des Pla-nungsraumes ausgeschlossen. Da die Festlegungen nach § 7 Abs.3 ROG auch die raumbe-deutsamen Erfordernisse und Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege um-fassen können, können die Raumordnungspläne in dieser Hinsicht auch die Funktion von Landschaftsprogrammen und Landschaftsrahmenplänen übernehmen.

Somit sind grundsätzlich die rechtlichen Voraussetzungen gegeben, um im Rahmen der Raumordnung entweder durch die Darstellung von Energietrassen oder durch die Darstellung von Ausschlussgebieten auf die Ausgestaltung des Stromnetzes Einfluss zu nehmen. In den Raumordnungsplänen der Küstenländer werden diese Möglichkeiten bisher aber kaum ge-

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Rechtliche und planerische Steuerungsinstrumente

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 259

nutzt. Trassen für Stromleitungen werden bisher nur teilweise dargestellt. Es finden sich fol-gende Darstellungen:

8.2.1. Niedersachsen Im am 18.12.2007 beschlossenen Landes-Raumordnungsprogramm Niedersachsen werden als Ziele der Raumordnung Vorranggebiete „Leitungstrassen“ und „Kabeltrassen für die Netz-anbindung“ dargestellt. In die zeichnerische Darstellung wurden bestehende und geplante Freileitungstrassen sowie eine Kabeltrasse zur Anbindung von Offshore-Windparks in der AWZ („Norderney-Trasse“) aufgenommen. Für eine zweite Trasse zur Anbindung von Offsho-re-Windparks werden in der beschreibenden Darstellung Rahmenvorgaben formuliert. In der beschreibenden Darstellung wird für die Norderney-Trasse weiter ausgeführt, dass für die Wei-terleitung vom Anlandungspunkt an der Küste bis zum Anschlusspunkt an das Hoch- und Höchstspannungsnetz eine unterirdische Trasse als Vorranggebiet in den Regionalen Raum-ordnungsprogrammen vorzusehen ist.

Leitungstrassen sowie Standorte und Flächen, die zur Sicherung und Entwicklung der regiona-len Energiegewinnung und -verteilung erforderlich oder vorsorgend zu sichern sind, sollen in den Regionalen Raumordnungsprogrammen festgelegt werden. Dabei sollen die Belange der Gesundheit der Bevölkerung, der Siedlungsentwicklung sowie des Landschaftsbildes und -er-lebens durch hinreichende Abstände berücksichtigt werden. Insbesondere sollen hochenerge-tische Freileitungen so geplant werden, dass die Belastung von Menschen durch elektrische und magnetische Felder möglichst gering gehalten wird.

Darüber hinaus wurden bestehende und zwei geplante 220 und 380 kV-Trassen dargestellt. Zwei weitere geplante Trassen (380 kV-Verbindungen von Wahle nach Mecklar und von Diele Richtung Niederrhein) wurden dagegen nicht in das LROP aufgenommen, da hier eine intensi-ve Abstimmung im Rahmen eines Raumordnungsverfahren erforderlich ist.

Grundsätzlich sollen Hoch- und Höchstspannungsleitungen mit einer Nennspannung von mehr als 110 kV auf neuer Trasse unterirdisch verlegt werden. Hiervon kann nur abgewichen wer-den, wenn

– die unterirdische Verlegung nicht dem Stand der Technik entspricht oder wirtschaft-lich nicht vertretbar ist oder die Sicherheit der Energieversorgung nicht gewährleisten kann,

– die durch unterirdische Verlegung verursachten Schäden und Beeinträchtigungen die durch unterirdische Verlegung vermeidbaren Schäden und Beeinträchtigungen überwiegen oder

– es sich um ein Vorhaben handelt, bei dem die Nutzung einer vorhandenen Freilei-tungstrasse möglich ist.

Leitungen, die in einem Landschaftsschutzgebiet oder in einem Abstand von weniger als 400 m zu Wohngebäuden liegen, die im Geltungsbereich eines Bebauungsplans oder im un-beplanten Innenbereich im Sinne des § 34 BauGB oder in einem Abstand von weniger als 200 m von Wohngebäuden, die im Außenbereich im Sinne des § 35 BauGB liegen, sind unab-hängig von den genannten Einschränkungen aber in jedem Fall unterirdisch zu verlegen. Eine

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Rechtliche und planerische Steuerungsinstrumente

260 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Ausnahme bildet hier nur die Verlegung innerhalb des 200 m-Abstands um Wohnhäuser im Außenbereich, wenn ein gleichwertiger Schutz vor Wohnumfeldstörungen gewährleistet wer-den kann.

Außerdem ist vorgesehen, die unterirdische Führung von Hoch- und Höchstspannungsleitun-gen im Übertragungsnetz auf größerer Distanz zu erproben.

Die Begründungen der Abstandsregelungen des LROP zielen vor allem auf den Schutz der Wohnumfeldqualität und des Landschaftsbildes. Den festgelegten Mindestabständen liegt die Annahme zu Grunde, dass bei einem Abstand von rd. 100 m zu den Leitungen die gesetzli-chen Anforderungen hinsichtlich der Auswirkungen durch elektrische und magnetische Felder zwar voll erfüllt sind, die Belastungen allerdings noch über dem Niveau der anzunehmenden Grundbelastung liegen. Bei einem Abstand von 200 m zu den Leitungen lägen diese Auswir-kungen auf dem Niveau der allgegenwärtigen Grundbelastung und seien insoweit nicht mehr messbar. Durch eine weitere Verdoppelung des Abstandes auf 400 m bei geschlossener Wohnbebauung sollen die typischen wohnumfeldnahen Aktivitäten (Nutzung von Spiel- oder Sportplätzen, ortsrandnahe Wanderwege) berücksichtigt werden.

Landschaftsschutzgebiete werden als Ausschlussgebiete betrachtet, weil sie aufgrund ihrer Ausdehnung (20,3 % Anteil an der Landesfläche Niedersachsens) und der weitgehend unein-geschränkten Zugänglichkeit eine besondere Funktion für das Landschaftserleben sowie für Freizeit und Erholung haben.

Eine Berücksichtigung von Naturschutzgebieten, insbesondere von europäischen Vogel-schutzgebieten, erfolgt in diesem Zusammenhang allerdings nicht.

8.2.2. Mecklenburg-Vorpommern In der Karte zum Landesraumentwicklungsprogramm von 2005 (LEP) sind marine Vorbehalts-gebiete für Leitungen dargestellt, um durch eine entsprechende Bündelung die Rechtfertigung für die Durchschneidung sensibler Gebiete (z.B. Greifswalder Bodden) zu erreichen. Außer-halb dieser Leitungskorridore dürfen Leitungen ebenfalls verlegt werden, dann allerdings nur nach Durchführung eines Raumordnungsverfahrens. Für terrestrische Flächen werden dage-gen keine Festlegungen getroffen, obwohl angesichts der Großräumigkeit dieses die richtige Planungsebene wäre (die Trassenfindung bleibt einem Raumordnungsverfahren n. § 15 ROG vorbehalten). In den Entwürfen der Regionalen Raumentwicklungsprogramme finden sich – neben nachrichtlichen Übernahmen bestehender oder geplanter Energietrassen – ebenfalls keine Darstellungen. Es werden in den jeweiligen Textteilen allerdings allgemeine Grundsätze für Leitungstrassen aufgestellt. So wird in [142] gefordert, dass beim Neu- und Ausbau von Leitungssystemen wie z.B. Elektro-, Gas- und Fernwärmeleitungen eine Parallelführung und Bündelung mit bestehenden Infrastrukturtrassen anzustreben ist. Leitungen sollen in Sied-lungs- und hochwertigen Landschaftsbereichen unterirdisch verlegt werden. Nach [143] sind Leitungen, soweit es wirtschaftlich vertretbar ist, in sensiblen Landschaftsbereichen unterir-disch zu verlegen. Durch Parallelführung und Nutzung vorhandener Trassen sowie durch Bün-

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Rechtliche und planerische Steuerungsinstrumente

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 261

delung von Trassen sind der Landschaftsverbrauch sowie Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu minimieren. Während also die Darstellung von Trassen im LEP rechtlich mög-lich ist, sollte eine Entscheidung über eine Erdverlegung nur im präziseren Maßstab der Regi-onalpläne im Einzelfall erfolgen.

8.2.3. Schleswig-Holstein In Schleswig-Holstein gibt es im bestehenden Raumordnungsplan keine Darstellungen von Energietrassen. In dem in Aufstellung befindlichen Landesentwicklungsplan 2009 wurde als Ziel aufgenommen, dass Transportleitungen Natur und Landschaft möglichst wenig beein-trächtigen sollen. Als raumordnerischer Grundsatz wird formuliert, dass Leitungen zu verka-beln sind, soweit dies technisch möglich und wirtschaftlich vertretbar ist. Die Belange der Sied-lungsentwicklung und des Städtebaus sowie des Natur- und Landschaftsschutzes sind beim Neubau von Hochspannungsfreileitungen zu berücksichtigen.

In der Begründung wird ausgeführt, dass Erdkabeln der Vorrang eingeräumt werden soll, da sie die Landschaft schonen, den Tourismus und die Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Flä-chen nicht beeinträchtigen und bei extremen Wetterereignissen eine bessere Versorgungs-sicherheit bieten.

Es ist nach dem LEP vorgesehen, in die Regionalpläne u.a. Leitungen zur Elektrizitätsversor-gung als regional bedeutsame Planungen und Maßnahmen aufzunehmen.

8.3. Landschaftsplanerische Vorgaben

Gemäß § 13 BNatSchG hat die Landschaftsplanung die Aufgabe, die Erfordernisse und Maß-nahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege für den jeweiligen Planungsraum dar-zustellen und zu begründen. Sie dient der Verwirklichung der Ziele und Grundsätze des Natur-schutzes und der Landschaftspflege auch in den Planungen und Verwaltungsverfahren, deren Entscheidungen sich auf Natur und Landschaft im Planungsraum auswirken können.

Die Erfordernisse und Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege sind nach § 14 BNatSchG in Landschaftsprogrammen oder Landschaftsrahmenplänen sowie in Land-schaftsplänen darzustellen. Die Pläne sollen u.a. Angaben zu Erfordernissen und Maßnahmen enthalten, die zur Vermeidung, Minderung oder Beseitigung von Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft erforderlich sind. Stromtrassen können somit im Rahmen der Landschaftspla-nung aufgegriffen werden, soweit in bestimmten Räumen besondere Anforderungen an solche Leitungen zu stellen sind, um Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu vermeiden.

Im LNatG M-V wird in § 2 (2) zwar als Grundsatz des Naturschutzes und der Landschaftspfle-ge genannt, dass die Zerschneidung ungestörter, großflächiger und unzerschnittener Land-schaftsräume durch Verkehrswege und oberirdische Leitungen auf das notwendige Maß zu begrenzen ist, es wird allerdings auf eine mögliche Trassenbündelung als Minimierungsmaß-

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Rechtliche und planerische Steuerungsinstrumente

262 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

nahme verwiesen. Eine Erdverkabelung spielt hier also keine Rolle. Darüber hinaus wird in keinem der Länder Schleswig-Holstein, Niedersachsen oder Mecklenburg-Vorpommern die Frage von Stromleitungen im Rahmen der Landschaftsplanung thematisiert.

8.4. Naturschutzrechtliche Zulassungsvoraussetzungen

Die in den Naturschutzgesetzen des Bundes und der Länder verankerten Vorschriften zum Schutz von Natur und Landschaft und zur Genehmigung von Eingriffen sind bei der Planung und Genehmigung einer Freileitungs- oder Erdkabeltrasse zu beachten. Dabei haben die auf-grund dieser Vorschriften zu erlassenden Genehmigungen, Ausnahmen oder Befreiungen oft die Prüfung bzw. Umsetzung von Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen zur Voraus-setzung, die auch technische oder räumliche Alternativen umfassen können. Die naturschutz-rechtlich erforderlichen Prüfschritte ergeben sich insbesondere aus der Eingriffsregelung (§§ 18f BNatSchG), dem Biotopschutz (§§ 30 BNatSchG), der Verträglichkeitsprüfung für Gebiete von gemeinschaftlichem Interesse oder europäischen Vogelschutzgebieten (§ 34 BNatSchG), dem besonderen Artenschutz (§§ 42f BNatSchG) sowie den Verbotstatbeständen, die in den zu Schutzgebieten erlassenen Verordnungen aufgeführt sind.

8.4.1. Eingriffsregelung Nach der Naturschutzgesetzgebung des Bundes und der Länder (§§ 18f BNatSchG und ent-sprechende Länderregelungen §§ 10ff LNatSchG SH, §§ 7ff NNatG, §§ 14ff LNatG M-V) stellt sowohl die Errichtung von Freileitungen als auch die Verlegung von Erdkabeln einen Eingriff in Natur und Landschaft dar. In Niedersachsen ist dennoch für eine Kabelverlegung keine natur-schutzrechtliche Eingriffsgenehmigung erforderlich, weil diese gem. § 9 NNatG nur für Eingriffe vorgesehen ist, die nach öffentlichem Recht einer behördlichen Genehmigung oder eines ent-sprechenden Verwaltungsaktes bedürfen oder einer Behörde anzuzeigen sind, nach öffentli-chem Recht einer Planfeststellung bedürfen oder von einer Behörde durchgeführt oder geleitet werden. Dagegen ist für eine Kabelverlegung in Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein grundsätzlich eine Eingriffsgenehmigung durch die zuständige Naturschutzbehörde erforderlich. Der Verursacher eines Eingriffs ist dabei verpflichtet, vermeidbare Beeinträchti-gungen von Natur und Landschaft zu unterlassen. Dieses Vermeidungsgebot ist striktes Recht und unterliegt ausschließlich dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

Beeinträchtigungen sind vermeidbar, wenn zumutbare Alternativen, den mit dem Eingriff ver-folgten Zweck am gleichen Ort ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zur erreichen, gegeben sind. Es ist daher vom Vorhabensträger nachzuweisen, dass eine naturschutzfachlich günstigere Lösung tatsächlich mit einem nicht mehr vertretbaren Aufwand verbunden ist, da ansonsten immer die umweltverträglichere Variante zu wählen ist. Dies umfasst die Prüfung, inwieweit durch andere technischen Lösungsmöglichkeiten (z.B.

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Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 263

technische Optimierung der Masten und Leitungen, Erdkabel statt Freileitung) die Beeinträch-tigungen von Natur und Landschaft vermieden werden können.

Soweit ein Eingriff zugelassen wird, ist der Verursacher zu verpflichten, unvermeidbare Beein-trächtigungen durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege vorrangig auszugleichen (Ausgleichsmaßnahmen) oder in sonstiger Weise zu kompensieren (Ersatz-maßnahmen). Hieraus ergibt sich – zumindest im Grundsatz – ein Ansatz zur Steuerung, da ein adäquater Ausgleich der verursachten Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft bei einer naturschutzfachlich ungünstigen Technologie zu entsprechenden Mehrkosten führt, der seinerseits einen Anreiz für die Wahl einer umweltverträglicheren Variante darstellt.

8.4.2. Geschützte Bestandteile von Natur und Landschaft Nach der Naturschutzgesetzgebung des Bundes und der Länder (§ 22 ff. BNatSchG, § 33 BNatSchG, § 15 LNatSchG SH, §§ 24 ff NNatG, §§ 20, 21 LNatG M-V) können Teile von Natur und Landschaft u.a. zu Naturschutzgebieten, Nationalparken, Biosphärenreservaten, Land-schaftsschutzgebieten, Naturdenkmalen oder geschützten Landschaftsbestandteilen erklärt werden. Dabei sind im Rahmen der Erklärung auch die zur Erreichung des Schutzzweckes notwendigen Verbote zu benennen. So ist es in Natur- und Landschaftsschutzgebieten regel-mäßig untersagt, durch die Errichtung von baulichen Anlagen den Charakter des Gebietes zu verändern, insbesondere wenn sie den Naturhaushalt schädigen, den Naturgenuss beein-trächtigen oder das Landschaftsbild verunstalten können. Die Errichtung von Freileitungen oder Erdkabeln bedarf dann einer entsprechenden Befreiung durch die zuständige Natur-schutzbehörde. Durch eine restriktive Haltung bei der Erteilung von Ausnahmen oder Befrei-ungen kann auf die Trassierung und technische Ausgestaltung von Stromleitungen Einfluss genommen werden. Dadurch ergeben sich für Stromtrassen, die gesetzlich geschützte Teile von Natur und Landschaft berühren, regelmäßig höhere Hürden für die Vorhabensbegründung und Zulassung.

8.4.3. Biotopschutz In § 30 BNatSchG werden gesetzlich geschützte Biotope definiert, die durch die Länderge-setzgebung (§ 25 LNatSchG SH, § 20 LNatG M-V sowie § 28a NNatG) erweitert werden kön-nen.

Führt ein Eingriff zu einer Zerstörung geschützter Biotope, so ist hierfür eine gesonderte Aus-nahmegenehmigung bzw. eine Befreiung durch die zuständige Behörde zu erteilen. Dies setzt in der Regel den Nachweis voraus, dass der Eingriff weder durch technische Maßnahmen noch durch die Trassenwahl vermieden werden kann. Ähnlich wie bei Eingriffen in Schutzge-biete ergibt sich hier die Möglichkeit, auf eine naturschutzfachliche Optimierung von Strom-trassen hinzuwirken.

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264 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

8.4.4. Natura 2000 Mit der Ausweisung von europäischen Vogelschutz- und FFH-Gebieten soll innerhalb der EU das kohärente Schutzgebietsnetz Natura 2000 errichtet werden. Die europäischen Vorgaben der Vogelschutzrichtlinie und der FFH-Richtlinie werden in den §§ 32 ff BNatSchG in nationa-les Recht umgesetzt. Entsprechende Regelungen finden sich in den Ländergesetzgebungen (§§ 27 ff. LNatSchG SH, § 34a ff NNatG, § 28 LNatG M-V). Sind durch ein Projekt oder das Zusammenwirken verschiedener Projekte erhebliche Beeinträchtigungen eines FFH- oder Vo-gelschutzgebietes nicht auszuschließen, so ist vor der Zulassung oder Durchführung des Pro-jektes im Rahmen einer FFH-Verträglichkeitsprüfung abzuklären, ob das Projekt mit den Erhal-tungszielen des jeweiligen Gebietes verträglich ist. Ergibt die FFH-Verträglichkeitsprüfung, dass das Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele des FFH- / VSch-Gebietes führt, ist das Projekt nur zulässig, wenn es

1. aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich sol-cher sozialer oder wirtschaftlicher Art, notwendig ist und

2. zumutbare Alternativen, den mit dem Projekt verfolgten Zweck an anderer Stelle ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen zu erreichen, nicht gegeben sind (§34 (3) BNatSchG).

Sind diese beiden Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahme gegeben, so sind Maß-nahmen zur Sicherung der Kohärenz des Netzes „Natura 2000“ vorzusehen.

Für den Fall, dass sich in dem entsprechenden Natura 2000-Gebiet prioritäre Lebensraumty-pen oder Arten nach den Anhängen I und II der FFH-RL befinden, können nach § 34 (4) BNatSchG als zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses nur solche im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen, der öffentlichen Sicherheit einschließlich der Landesverteidigung und des Schutzes der Zivilbevölkerung, oder den maßgeblich günsti-gen Auswirkungen des Projekts auf die Umwelt geltend gemacht werden. Sonstige Gründe im Sinne des Absatzes 3 Nr. 1 können nur berücksichtigt werden, wenn die zuständige Behörde zuvor über das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit eine Stel-lungnahme der Kommission eingeholt hat.

Sind erhebliche Beeinträchtigungen eines FFH- oder Vogelschutzgebiets durch eine Strom-trasse zu erwarten, ist demnach zwingend eine Alternativenprüfung erforderlich, wobei auch Erdkabellösungen zu betrachten sind. Es ist davon auszugehen, dass Freileitungen in Vogel-schutzgebieten aufgrund der Kollisionsgefahr für Vögel regelmäßig zu einer erheblichen Be-einträchtigung der Erhaltungsziele des VSch-Gebietes führen werden. Wenn eine Umgehung des Gebiets durch eine Veränderung der Trassenführung nicht möglich ist, ist in jedem Fall zu prüfen, ob eine Erdkabelvariante zu geringeren Beeinträchtigungen des Gebiets führen würde. In FFH-Gebieten, die auf die Erhaltung bestimmter Lebensraumtypen abstellen, kann dage-gen, je nach Einzelfall, eine Erdkabellösung die ungünstigere Variante darstellen.

Bei der Betroffenheit prioritärer Arten oder Lebensräume wird die Durchführbarkeit sowohl von Freileitungs- als auch von Erdkabelprojekten deutlich erschwert. Da beim Bau von Energielei-

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tungen keine Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses zum Schutz des Menschen oder der maßgeblich günstigen Auswirkungen des Projekts auf die Umwelt angeführt werden können, ist das Projekt i.d.R. unzulässig. Als letzte Möglichkeit ist in diesem Fall das Einholen einer Stellungnahme der Kommission gegeben, was bisher allerdings erst in sehr wenigen Fällen geschehen ist und auch nicht immer positiv beschieden wurde.

8.4.5. Artenschutz Die artenschutzrechtlichen Bestimmungen sind in § 42 BNatSchG verankert. Danach ist es verboten,

1. wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,

2. wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungs-zeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Stö-rung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert,

3. Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,

4. wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstö-ren.

Dabei ist derzeit nicht geklärt, inwieweit der Vogelschlag an Freileitungen den Tötungstatbe-stand gem. § 42 (1) Nr. 1 BNatSchG erfüllt. Entsprechend den Ausführungen in der Begrün-dung zur kleinen Novelle des BNatSchG [32] erfüllt die Verwirklichung sozialadäquater Risi-ken, wie etwa unabwendbare Tierkollisionen im Verkehr, nicht die Tatbestände des Tötungs-verbots. Hieraus könnte gefolgert werden, dass dieser Tatbestand auch durch Freileitungen nicht erfüllt wird. Im Guidance document der EU [41] wird eine hohe Eintrittswahrscheinlichkeit („most likely“) als Voraussetzung für die Erfüllung des Tötungstatbestandes gem. Art. 12 (1) FFH-RL genannt und als Beispiel der Tod von Fledermäusen durch Windenergieanlagen oder im Straßenverkehr für die Nichterfüllung dieser Voraussetzung angegeben. Nach Auffassung des BVerwG wird der Verbotstatbestand des Tötens erst dann erfüllt, wenn sich das Tötungs-risiko vorhabensbedingt in signifikanter Weise erhöht (vgl. z.B. Urteil vom 9. Juli 2008, BVerwG 9 A 14.07, Rn. 89ff BVerwG 9A 3.06: RN 219). Dies bedeutet, dass in jedem Einzel-fall zum einen zu prüfen ist, ob alle Möglichkeiten zur Vermeidung von Kollisionen ausge-schöpft wurden und zum anderen, ob das verbleibende Kollisionsrisiko signifikant erhöht ist. Eine derartig signifikante Erhöhung kann aus artspezifisch besonders hohen Empfindlichkeiten bzw. Risiken oder besonderen räumlichen Konfliktkonstellationen resultieren, wie sich diese z.B. bei der Errichtung von Freileitungen in stark frequentierten Flug- und Zugkorridoren für Fledermäuse und Vögel ergeben. Dies trifft für große Bereiche des norddeutschen Küsten-raumes zu, da dieser eine sehr hohe Bedeutung für den internationalen Vogelzug aufweist und

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266 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

gleichzeitig selbst Lebensraum für zahlreiche Vogelarten ist. Besteht die Gefahr einer signifi-kanten Erhöhung des Tötungsrisikos, so muss das vorhabensbedingte Kollisionsrisiko artspe-zifisch durch geeignete Vermeidungsmaßnahmen reduziert werden. Die Anforderungen an derartige Vermeidungsmaßnahmen sind umso größer, je bedeutsamer die betroffenen Flug- bzw. Wanderkorridore sind und je empfindlicher und gefährdeter die voraussichtlich betroffe-nen Arten sind. Gemäß Art. 12 (5) FFH-RL ist zudem für alle Tötungen und Schädigungen von Tierarten des Anhangs IV FFH-RL, die nicht den Tatbestand des Art. 12 (1) erfüllen, ein Sys-tem zur fortlaufenden Überwachung des unbeabsichtigten Fangs oder Tötens einzuführen.

Darüber hinaus können durch die Entfernungen von Gehölzen sowie die Entwertung von Brut-habitaten aufgrund der Silhouettenwirkung Fortpflanzungs- oder Ruhestätten zerstört werden.

Während der Bauphase können artenschutzrechtliche Konflikte bei Freileitungen und Erdka-beln durch baubedingte Störungen von Fortpflanzungs- oder Ruhestätten sowie durch Eingriffe in Lebensräume entstehen, die zur Tötung z.B. von streng geschützten Arten führen.

Die artenschutzrechtlichen Belange sind in einer Artenschutzrechtlichen Prüfung zu beurteilen. Um das Eintreten der Verbotstatbestände zu verhindern, sind Vermeidungsmaßnahmen, so-weit möglich, zwingend erforderlich. Ist dies zur Vermeidung des Eintretens der Verbotstatbe-stände nicht ausreichend, so sind vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen (CEF-Maßnahmen) notwendig, um die Funktionalität von Lebensstätten für die betroffenen Arten im räumlichen Zusammenhang kontinuierlich zu wahren. Hierzu zählen vor allem die Herrichtung und Ent-wicklung neuer Lebensstätten der jeweils betroffenen Arten. CEF-Maßnahmen müssen vor dem eigentlichen Projekt realisiert werden, damit sie zum Zeitpunkt der Beeinträchtigung wirk-sam sind (CEF = Continuous Ecological Functionality). Wird die Funktionalität durch das Er-greifen von CEF-Maßnahmen gewahrt, so gelten die Verbotstatbestände als nicht erfüllt.

Sofern Verbotstatbestände erfüllt werden, kann eine Ausnahme gem. § 43 (8) BNatSchG nur erteilt werden, wenn zumutbare Alternativen nicht gegeben sind und sich der Erhaltungszu-stand der Populationen einer Art nicht verschlechtert. Hierzu sind u.U. FCS-Maßnahmen (FCS = Favourable Conservation Status) erforderlich. Insoweit ist dann auch aus artenschutzrechtli-chen Gründen ein adäquater Alternativenvergleich geboten.

8.5. Wirtschaftliche Anreize

Die Entscheidung, ob eine Stromleitung als Freileitung oder als Erdkabel hergestellt werden soll, obliegt zunächst dem Betreiber der Leitung oder des Netzes, der diese Entscheidung vor allem nach wirtschaftlichen Kriterien treffen wird. Insoweit sind alle Regelungen, die zu einer wirtschaftlichen Förderung einer bestimmten Technologie führen, geeignete Steuerungsin-strumente auf letztlich freiwilliger Grundlage. Hierzu zählen insbesondere finanzielle und pla-nungsrechtliche Anreize.

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Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 267

8.5.1. Finanzielle Anreize Finanzielle Anreize können sich aus der Umlagefähigkeit höherer Investitionskosten als auch durch direkte Übernahme von Mehrkosten ergeben. Derzeit ist die Umlagefähigkeit von höhe-ren Investitionskosten allerdings umstritten (vgl. Kap. 5.1), so dass hier dringend eine rechtli-che Klarstellung erforderlich ist.

Darüber hinaus wird im Rahmen der Eingriffsregelung der Abbau von Freileitungen als Aus-gleichsmaßname u.a. für den Bau neuer Freileitungen regelmäßig eingefordert. Der Abbau von Freileitungen bzw. deren Verkabelung könnte entsprechend auch über ein Ökokonto zur Kompensation von Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft verwendet werden. Dabei ist jedoch sowohl die verbleibende Lebensdauer der abzubauenden Freileitung als auch die durch die Charakteristika der Leitung und die jeweilige landschaftsökologische Situation be-dingte tatsächlich herbeigeführte Entlastung der Umwelt im Einzelfall angemessen zu bewer-ten.

8.5.2. Planungsrechtliche Anreize Planungsrechtliche Anreize für die Verwirklichung einer bestimmten Technologie können sich durch eine Vereinfachung der Genehmigungsverfahren unter bestimmten Voraussetzungen ergeben. So stellt bereits derzeit das kürzere Planungs- und Genehmigungsverfahren bei Erd-kabeln (z.B. Trasse Breklum-Flensburg: 12 Monate bis zum Erhalt aller Genehmigungen ge-genüber bisher schon 5,5 Jahren im nicht abgeschlossenen Verfahren für die Freileitung) ei-nen erheblichen Anreiz für die betroffenen Stromerzeuger der Region dar.

Für Erdkabel wurden bisher keine Planfeststellungsverfahren durchgeführt, was u.a. zu Nachteilen wegen der fehlenden enteignungsrechtlichen Vorwirkung führte [181]. Nach dem durch das IPBG geänderten § 43 Satz 3 EnWG kann für Hochspannungsleitungen mit einer Nennspannung von 110 kV im Küstenbereich von Nord- und Ostsee, die zwischen der Küsten-linie und dem nächstgelegenen Netzverknüpfungspunkt, höchstens jedoch in einer Entfernung von nicht mehr als 20 Kilometer von der Küstenlinie landeinwärts verlegt werden sollen, auch für die Errichtung und den Betrieb sowie die Änderung eines Erdkabels ein Planfeststellungs-verfahren durchgeführt werden. Gleichzeitig wurde die Möglichkeit zur Umlage der höheren Investitionskosten geschaffen. Wie das Beispiel der Trasse Breklum-Flensburg gezeigt hat, ist aber derzeit noch offen, ob das IPBG überhaupt auf Trassen des Verteilnetzes im Küstenraum Anwendung finden kann (vgl. Kap. 5.1). Durch die Regelung des Bundes bestehen für die Länder für diese Spannungsebene keine weiteren gesetzgeberischen Spielräume. Für andere Spannungsebenen können allerdings – wie im Falle des niedersächsischen Erdkabelgesetzes – auf Länderebene planungsrechtliche Anreize geschaffen werden.

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268 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

8.6. Fazit

Bei der Planung von Stromleitungen beschränkte sich die Einflussnahme durch öffentliche Stellen bisher im Wesentlichen auf die Inhalte des Raumordnungsverfahrens, das für ein kon-kret beantragtes Vorhaben durchgeführt wurde. Dabei oblag die Wahl der Übertragungstech-nik grundsätzlich wie auch die Konzeption des Netzes allein dem jeweiligen Vorhabensträger.

Erst in der jüngeren Vergangenheit gibt es Bestrebungen, im Rahmen der Raumordnung Ver-kabelungen in besonders sensiblen Bereichen einzufordern. Derartige Ziele und Grundsätze finden sich in den aktuellen bzw. in Aufstellung befindlichen Landesraumordnungsplänen. Eine Umsetzung in die jeweils konkretisierten regionalen Planwerke erfolgte bisher jedoch nicht. Steuerungsmöglichkeiten im Rahmen von Landschaftsplanung und Naturschutz werden nicht genutzt.

Entscheidend für Abwägungsentscheidungen sind die Einschätzung der technischen und wirt-schaftlichen Machbarkeit der jeweiligen Kabellösungen einerseits und die Bewertung der je-weils ausgelösten ökologischen Risiken andererseits. Hier stehen teilweise erheblich divergie-rende Auffassungen gegeneinander. Dabei sind letztlich auch volkswirtschaftliche Vorteile, die sich durch die Schonung von Natur und Landschaft, durch kürzere Planungszeiträume oder höhere Ausfallsicherheiten ergeben, bei der raumordnerischen Abwägung in Wert zu setzen.

Eine verstärkte raumordnerische Auseinandersetzung mit der Frage von Freileitungen und Kabeln erscheint im Hinblick auf die Identifizierung und Abgrenzung besonders sensibler Be-reiche geboten. Durch die Schaffung geeigneter rechtlicher Rahmenbedingungen ist sicherzu-stellen, dass Verkabelungen hinsichtlich der Genehmigungs- und Umsetzungsfähigkeit Freilei-tungen gleichgestellt werden. Die Umlagefähigkeit erhöhter Investitionskosten ist insbesondere bei einem öffentlichen Interesse an Verkabelungen, wie es sich z.B. durch die Vermeidung von ökologischen Risiken oder volkswirtschaftlichen Verlusten ergibt, sicherzustellen.

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Handlungsempfehlungen

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 269

9. Handlungsempfehlungen

Es sei zunächst angemerkt, dass sich die im Rahmen dieses Vorhabens gewonnenen Er-kenntnisse ausschließlich auf den 20 km Küstenstreifen sowie die Spannungsebene 110 kV beziehen und sie daher weder auf andere Landschaftsräume (insbesondere Mittelgebirge) noch auf andere Spannungsebenen ohne Weiteres übertragbar sind.

1. Erdkabel und Freileitungen bieten im Hochspannungsnetz ausgereifte und zuver-lässige Lösungen zur Stromübertragung.

Die Erfahrungen mit zahlreichen mittlerweile verlegten Erdkabeln auf der Spannungsebene von 110 kV belegen, dass neben Freileitungen auch Erdkabel als ausgereifte Lösungen für den Stromtransport im Hochspannungsnetz zur Verfügung stehen. Inwieweit wirtschaftliche oder naturschutzfachliche Belange für oder gegen die jeweilige Technologie sprechen, ist im Einzelfall zu bewerten.

2. Das naturschutzrechtliche Minimierungsgebot erfordert regelmäßig eine Alternati-venprüfung. Die spezifischen Auswirkungen von Erdkabeln und Freileitungen auf Natur und Landschaft sind je nach naturräumlicher Ausstattung differenziert zu bewerten. Einheitliche Ansätze zur Bestimmung der Kompensation bei Freileitun-gen und Erdkabeln sind nach fachlichen Kriterien zu entwickeln.

Das Minimierungsgebot der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung gebietet dem Vorhabens-träger, unvermeidbare Beeinträchtigungen zu unterlassen. Daher ist grundsätzlich zu prüfen, ob und in welchem Umfang durch eine Verkabelung Beeinträchtigungen von Natur und Land-schaft vermieden werden können.

Ein Variantenvergleich von Freileitung und Erdkabel muss auf einer konkreten Ermittlung der jeweiligen Auswirkungen beruhen. Allgemeine Aussagen, dass auch Erdkabel zu Auswirkun-gen auf Natur und Landschaft führen und dass deswegen nicht von einem generellen Vorzug des Erdkabels vor Freileitungen ausgegangen werden kann, entsprechen nicht dem wissen-schaftlichen Kenntnisstand und sind für eine Abwägungsentscheidung nicht hinreichend. Die konkret zu erwartenden Auswirkungen sind abhängig von den jeweiligen Schutzgütern, aber auch von der jeweiligen technischen Ausgestaltung der Leitung. Für eine belastbare natur-schutzfachliche Bewertung sind die Auswirkungen hinsichtlich ihrer Intensität und Reichweite abzuschätzen und einander gegenüberzustellen. Dabei sind insbesondere weit reichende Auswirkungen, die sich u.a. auf Vögel, das Landschaftsbild sowie die Erholungseignung erge-ben, angemessen zu berücksichtigen. Bei der Prognose der Auswirkungen durch Erwärmung, elektrische und magnetische Felder sind realistische Lastannahmen zu verwenden. Die Beur-

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Handlungsempfehlungen

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teilung von Feldwirkungen sollte nicht allein auf die gesetzlichen Grenzwerte, sondern auf fachliche Maßstäbe (z.B. Wahrnehmungsschwellen bei Tieren) abstellen.

Gegebenenfalls ist – insbesondere bei langen Stromtrassen – zu prüfen, ob durch Zwischen-verkabelungen in besonders sensiblen Bereichen naturschutzfachlich optimierte Kompromiss-lösungen gefunden werden können.

3. Beim Vergleich der Wirtschaftlichkeit sind neben den Investitionskosten auch Ausgleichskosten und soziale Kosten zu berücksichtigen.

Es sollte ein Standard für die vergleichenden Kostenbetrachtungen entwickelt werden. Da der Eingriff in Natur und Landschaft bei Freileitungen im Küstenraum oft größer ist als bei adäqua-ten Erdkabeln, sind die Kompensationsleistungen für Freileitungen signifikant höher. Diesem Umstand sollte die vergleichende Kostenbetrachtung Rechnung tragen. Auch sollte der Kos-tenvergleich berücksichtigen, dass es durch den Bau einer Freileitung zu einer Entwertung des Raums kommt, der von einer Freileitung beeinträchtigt wird. Die Entwertung des Raumes er-streckt sich insbesondere auf die Erholungsfunktion, auf Eigentumswerte und evt. auf die menschliche Gesundheit. Diese Kosten werden als „soziale Kosten“ bezeichnet.

4. Hinsichtlich der Betrachtung der Ausfallsicherheit sind insbesondere im Küsten-raum witterungsbedingte Schäden an Stromleitungen zu berücksichtigen.

Grundsätzlich wird bei der Errichtung von Stromleitungen eine (n-1)-Sicherheit gefordert, d.h., dass zwei Systeme so verlegt werden, dass bei dem Ausfall eines Systems das jeweils andere die gesamte zu übertragende Leistung übernehmen kann. Dabei ist die Belastbarkeit von Erd-kabeln im (n-1)-Fall aufgrund der damit einhergehenden, langsamen Erwärmung des umge-benden Bodens zeitlich begrenzt, da es über lange Zeiträume zu einer Überhitzung des Ka-bels kommen kann, was u.U. als wirtschaftliches Argument gegen Erdkabel angeführt werden kann. Dem ist allerdings entgegenzuhalten, dass es bei Starkwindereignissen bei Freileitungen zu Mastbrüchen kommen kann, die naturgemäß zum kompletten Ausfall aller Systeme der Leitung führen, so dass eine (n-1)-Sicherheit dann nicht mehr gegeben ist.

5. Im Rahmen der Raumordnung sollte erreicht werden, Energietrassen unter Be-rücksichtigung insbesondere der Belange der Bevölkerung sowie von Natur und Landschaft festzulegen. Dabei können auch Kriterien für die Wahl der Übertra-gungstechnik vorgegeben werden.

Die Ergebnisse der vorangegangenen Kapitel haben gezeigt, dass Freileitungen aus natur-schutzfachlicher Sicht gegenüber Erdkabeln im Küstenraum in vielen Teilräumen ungünstiger sind. Die gravierenden Auswirkungen, die Freileitungen auf das Landschaftsbild und auf die Vogelwelt haben, wiegen in einer flachen, weit einsehbaren Landschaft mit einer hohen Be-

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Handlungsempfehlungen

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 271

deutung für den Vogelzug in der Regel stärker als die möglichen Vorzüge, die Freileitungen gegenüber Erdkabeln z.B. für das Schutzgut Boden aufweisen.

Im Rahmen der Raumordnung sollten Räume identifiziert werden, in denen Freileitungen nicht oder nur unter besonderen Voraussetzungen, die im Einzelfall belegt werden müssen, errichtet werden dürfen. Nicht akzeptabel sind Freileitungen z.B. in Vogelschutzgebieten und in Sied-lungsbereichen. Auch in relief- und strukturarmen Erholungsgebieten sollten grundsätzlich keine Freileitungen errichtet werden. Bei Erdkabeln sind erhebliche Risiken dagegen vor allem kleinräumig, so dass hier durch die Trassenwahl Beeinträchtigungen in den meisten Fällen vermieden werden können.

Im Rahmen der Raumanalyse für den Küstenraum wurden Vorschläge für Kriterien entwickelt, die auf der Ebene der Raumordnung eine differenzierte Bewertung des Raumwiderstands ge-genüber Freileitungen oder Erdkabeln ermöglichen. Im Rahmen der regionalen Raumordnung der Länder sollte versucht werden, auf dieser Grundlage konkrete Entscheidungskriterien für die Wahl der Übertragungstechnologie und ggf. auch möglicher Trassen zu entwickeln.

6. Erdkabel und Freileitungen müssen hinsichtlich der Genehmigungsverfahren so-wie der Umlagefähigkeit der Kosten gleichgestellt werden. Soweit erforderlich, ist auch für Erdkabel die Möglichkeit der Planfeststellung zu eröffnen.

Um einen natur- und landschaftsverträglichen Netzausbau gerade im Küstenbereich zu ge-währleisten, ist die Schaffung entsprechender Rahmenbedingungen unerlässlich. Bisher fehlt für Bereiche, in denen eine Freileitung grundsätzlich genehmigungsfähig ist, eine gesetzliche Grundlage für die Umlage von höheren Investitionskosten für ein Erdkabel, so dass die Netz-betreiber einen Ausbau mit Freileitungen favorisieren. Dies kann mit Hilfe verschiedener In-strumente geändert werden. Eine Möglichkeit ist die Weiterentwicklung wirtschaftlicher Anrei-ze, wie sie z.B. mit dem EnLAG vorgesehen werden. Als weitere Maßnahme sind ordnungs-rechtliche Regelungen nach Vorbild des Niedersächsischen Erdkabelgesetzes denkbar, die Verbotsflächen für Freileitungen festlegen. Schließlich können durch die Landes- und Regio-nalplanung Vorgaben für zukünftige Energieleitungen gemacht werden, indem z.B. Vor-zugstrassen festgelegt werden.

7. Stromleitungen sind verpflichtend naturschutzfachlich zu optimieren, um ver-meidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu unterlassen.

Für Freileitungen und Erdkabel bestehen vielfältige Möglichkeiten zur Reduktion der Auswir-kungen auf Natur und Landschaft. Die wichtigsten Punkte sind im Folgenden zusammenge-stellt:

a. Freileitungen

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Handlungsempfehlungen

272 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Anpassung der Trassenführung an das Relief und an Landschaftsstrukturen

Durch eine geeignete Trassenführung können Auswirkungen auf das Landschafts-bild sowie auf Vögel vermindert werden. Insbesondere sind Maststandorte auf Kuppen nach Möglichkeit zur vermeiden. In für den Vogelschutz wichtigen Offenle-bensräumen sollten Freileitungstrassen - wenn überhaupt - nur randlich oder ent-lang vorhandener (Gehölz-) Strukturen geführt werden, um die Silhouettenwirkung zu vermindern. Vorhandene Landschaftsstrukturen sind durch eine Parallelführung der Trasse möglichst zur Sichtverschattung zu nutzen.

Wahl von möglichst niedrigen Masttypen

Die Höhe des Mastes trägt maßgeblich zu Wirkreichweite sowohl im Hinblick auf das Landschaftsbild als auch auf Vögel (Silhouettenwirkung) bei. Größere Spann-feldweiten bedingen auch eine größere Breite des Sicherheitsstreifens. Die Mast-höhe ist daher so gering wie unter den jeweiligen Voraussetzungen möglich zu wählen. Diese Forderung führt i.d.R. zur Verwendung von Eintraversenmasten (s.u.), wie auch Bestrebungen in Dänemark zeigen, wo neue, möglichst unauffälli-ge Masttypen mit einer Traverse und geringer Höhe entwickelt werden.

Wenn eine Trassenführung durch Waldgebiete nicht zu vermeiden ist, sollten Frei-leitungen in diesen Bereichen zur Vermeidung von Auswirkungen auf das Land-schaftsbild und den Vogelzug nicht oberhalb der Baumschicht, sondern in einer Waldschneise verlaufen. Die Waldschneise ist unter ökologischen Gesichtspunk-ten zu gestalten. Ein Aufwuchs von Gehölzen sollte mindestens bis zu einer Höhe von etwa 2 m zugelassen werden, um eine Deckung für Wildtiere zu gewährleisten und eine Barrierewirkung der Schneise zu vermeiden. Im Übergangsbereich zum geschlossenen Waldbestand sind gestufte Waldränder anzustreben, um Beein-trächtigungen des Waldklimas zu vermeiden.

Verwendung von Eintraversenmasten

Abgesehen von der bei Eintraversenmasten gegebenen geringeren Bauhöhe (s.o.) führen sie auch zu wesentlich geringeren Auswirkungen auf Vögel, da die Leiter-seile in einer Ebene liegen und von Vögeln besser wahrgenommen werden kön-nen. Insgesamt sind Eintraversenmasten gegenüber Donaumasten naturschutz-fachlich als günstigere Mastform anzusehen.

Führung des Erdseils in geringem vertikalen Abstand über der Ebene der Lei-terseile

Das Erdseil sollte mit geringem Abstand oberhalb der Ebene der Leiterseile geführt werden, im Fall von Eintraversenmasten am besten direkt auf der Traverse. Ein Verzicht auf die oberhalb der Traverse angeordneten Mastspitzen (bei zwei Erdsei-len als Doppelspitze) führt darüber hinaus zu einer geringeren Masthöhe mit den bereits genannten Vorteilen. Als Vorbild können hier wiederum die neu entwickel-

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Handlungsempfehlungen

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 273

ten dänischen Masten zählen, die auf eine Mastspitze komplett verzichten und die Erdseile auf der Traverse mitführen.

Verwendung von Vogelschutzmarkierungen, wenn die Schutzwürdigkeit von Vögeln höher einzustufen ist als die des Landschaftsbildes

In allen Bereichen, in denen mit einer besonderen Bedeutung für den Vogelzug zu rechnen ist, sollten die Erdseile generell mit geeigneten Vogelschutzmarkierungen ausgestattet werden, da dadurch die Verluste durch Vogelschlag um bis zu 90 % reduziert werden können. Eine höhere Wirkintensität im Hinblick auf das Land-schaftsbild ist dabei in Kauf zu nehmen. In Bereichen mit erhöhter Bedeutung für die Erholungsnutzung und geringer Bedeutung für den Vogelschutz sollte dagegen auf solche Markierungen verzichtet werden.

Abpflanzung von Maststandorten und Nebenanlagen

Da die Masten im Landschaftsbild wesentlich auffälliger sind als die Leiterseile, können in besonders sensiblen Bereichen die Maststandorte beidseitig der Trasse abgepflanzt werden, um die Reichweite der Auswirkungen zu vermindern. Eine weitere Vermeidungsmaßnahme besteht in der Anwendung von Aluminiumoxid-Anstrichen.

Bündelung von Trassen mit Infrastrukturanlagen

Durch die Bündelung von Freileitungstrassen mit Infrastrukturanlagen können Auswirkungen auf das Landschaftsbild vermindert werden. Dies gilt insbesondere für die Parallelführung mit Brücken, da es sich hier um lineare Bauwerke mit gro-ßer Höhe handelt, die in der Landschaft eine ähnliche visuelle Reichweite aufwei-sen. Eine Bündelung mit Verkehrstrassen ist grundsätzlich ebenfalls sinnvoll, aller-dings sind hier die Minimierungspotenziale aufgrund der geringen vertikalen Aus-dehnung dieser Verkehrswege begrenzt.

Verminderung von Koronageräuschen

Die Koronageräusche, die von einer Freileitung ausgehen, können durch eine Er-höhung der Teilleiter im Bündel, die Vergrößerung der Leiterradien und die Be-schichtung der Leiterseile mit hydrophilen Materialien wirksam vermindert werden.

b. Erdkabel

Anpassung der Trassenführung zur Vermeidung von lokalen schutzwürdigen Bereichen

Durch die Trassenführung sollten Eingriffe in wertvolle Böden und Vegetationsbe-stände sowie in archäologisch bedeutsame Bereiche umgangen werden.

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Handlungsempfehlungen

274 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

Vermeidung von baubedingten Beeinträchtigungen

Die Verlegung von Kabeln mit Hilfe eines Kabelpfluges oder einer Kabelfräse ver-kürzt nicht nur die Bauzeit, sondern verringert auch die Auswirkungen auf den Bo-den. Ist diese Möglichkeit nicht gegeben, ist der Boden entsprechend der gelten Normen sachgerecht zu lagern und nach Abschluss der Bauarbeiten wieder einzu-bringen. Beeinträchtigungen durch Bodenverdichtung sind durch mobile Baustra-ßen zu vermeiden. Durch die Bauarbeiten verdichteter Boden sollte nach Ab-schluss der Baumaßnahmen aufgelockert werden. Eine mögliche Drainagewirkung des Kabelgrabens ist durch den Einsatz entsprechender Techniken (z.B. Verwen-dung von Bentonit für die Abdichtung durchbrochener Grundwasserstauer) mög-lichst zu vermeiden. In Gehölzbeständen ist die Breite des Baufeldes auf das tech-nisch erforderliche Mindestmaß zu beschränken.

Baubedingte Störungen sind u.a. durch den Verzicht auf Bauarbeiten im Frühjahr und Sommer möglichst zu vermeiden. Die für Bautätigkeiten benötigten Flächen sollten so klein wie möglich und die Bauzeit so kurz wie möglich gehalten werden.

Unterdükerung von naturschutzfachlich wertvollen Bereichen

Lassen sich naturschutzfachlich wertvolle Bereiche nicht umgehen, so sind diese zu unterbohren, um Eingriffe zu vermeiden. Dies gilt z.B. für die Querung von Fließgewässern oder linearen Gehölzbeständen.

Verlegung der Erdkabel in möglichst enger Dreiecksanordnung zur Vermin-derung von Magnetfeldern

Durch eine enge Dreiecksanordnung kann die Ausdehnung des Magnetfeldes wirksam reduziert werden, allerdings wird dadurch auch eine stärkere Erwärmung des Bodens verursacht. Die naturschutzfachlich günstigste Verlegeanordnung ist unter Berücksichtigung der zu erwartenden Übertragungsleistung und der spezifi-schen Bodenverhältnisse zu ermitteln. Werden an die Höhe des Magnetfeldes z.B. in Siedlungsräumen besondere Anforderungen gestellt, so kann eine weitere Re-duktion z.B. durch eine größere Verlegetiefe oder Abschirmung des Magnetfeldes erreicht werden.

Minimierung von Nutzungseinschränkungen

Nutzungseinschränkungen insbesondere im Hinblick auf Gehölzaufwuchs oberhalb der Trasse sind auf unabdingbare Vorgaben zu beschränken.

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Handlungsempfehlungen

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 275

8. Kenntnislücken hinsichtlich der Auswirkungen von Freileitungen und Erdkabeln sind zu schließen.

In einigen Bereichen besteht erheblicher Forschungsbedarf hinsichtlich der Auswirkungen auf Natur und Landschaft sowie die Wirksamkeit von Minimierungsmaßnahmen. Dies betrifft ins-besondere

a. Freileitungen

Quantifizierung des Vogelschlags und Wirksamkeit von Vogelschutzmarkie-rungen

Hinsichtlich der Quantifizierung des Vogelschlags an Freileitungen sowie der Wirk-samkeit unterschiedlicher Vogelschutzmarkierungen liegen zwar einige Untersu-chungen vor, die Datenlage ist allerdings insgesamt noch als unzureichend zu be-trachten. Dies ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass bei der Erfassung der Vogelopfer durch Nachsuche ein (u.U. beträchtlicher) Teil der tatsächlichen Opfer übersehen wird. Es sollte geprüft werden, ob mit automatischen Erfassungseinrich-tungen (z.B. „Bird-Strike-Indicator“, vgl. Kap. 4.2.2) zuverlässigere Methoden ent-wickelt werden können, mit denen sich sowohl die Auswirkungen von Freileitungen z.B. in unterschiedlichen Naturräumen als auch die Wirksamkeit von Vogelschutz-markierungen ermitteln lassen.

Wirkungen von Feldern mit hoher Feldstärke im Nahbereich von Leitungen

Hinsichtlich der möglichen Auswirkungen von elektrischen und magnetischen Fel-dern auf Pflanzen und Tiere bestehen Wissensdefizite hinsichtlich von Tieren, die in größere Nähe zu den Leitern gelangen, etwa weil sie in Masten oder in Gehöl-zen unterhalb der Leitung nisten, die Leiterseile als Sitzwarten nutzen oder im Flug in die Nähe der Leitungen gelangen (z.B. bei der Nutzung von Schneisen als Flug-korridore). Unter diesen Umständen können wesentlich höhere Feldstärken auftre-ten, als sie für den Immissionsort am Boden oder 1m oberhalb der Bodenoberflä-che angegeben werden.

Auswirkungen von Heißleiterseilen

Freileitungsseile werden nicht selten von Vögeln als Ansitz, Sing- und Sitzwarte genutzt. Inwieweit die Verwendung sogenannter Heißleiterseile, die unter Maximal-last Temperaturen über 100°C aufweisen können, zu Schädigungen der Tiere füh-ren können, ist derzeit nicht bekannt. Da Schädigungen von europäischen Vogelar-ten einen artenschutzrechtlichen Verbotstatbestand erfüllen, wäre hier eine Ermitt-lung möglicher Auswirkungen dringend erforderlich.

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Handlungsempfehlungen

276 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

b. Erdkabel

Auswirkungen durch Bodenerwärmung und -austrocknung

Bisher liegen keine Erkenntnisse über mögliche Auswirkungen von Erdkabeln durch Bodenerwärmung und -austrocknung vor. Dies kann zum einen auf die ge-ringe Wahrscheinlichkeit solcher Auswirkungen, zum anderen aber auch auf bisher fehlende Monitoring-Untersuchungen zurückgeführt werden. Insbesondere in emp-findlichen Lebensräumen (austrocknungsgefährdete und erwärmungsempfindliche Böden, insbesondere Moorböden) sollte daher geprüft werden, ob und in welchem Umfang Veränderungen der abiotischen Standortparameter (z.B. Bodenfeuchte und -gefüge) oder der Lebensgemeinschaften (Bodenfauna und Vegetation) im Be-reich des Kabelgrabens feststellbar sind.

Übertragbarkeit der Ergebnisse auf andere Landschaftsräume, höhere Span-nungsebenen und andere Übertragungstechniken

Die im Rahmen dieses Vorhabens gewonnenen Erkenntnisse beziehen sich aus-schließlich auf den 20 km Küstenstreifen sowie die Spannungsebene 110 kV und sind weder auf andere Landschaftsräumen (insbesondere Mittelgebirge) noch auf andere Spannungsebenen übertragbar. Es wäre wünschenswert, in einem weite-ren Schritt die naturschutzfachlichen Auswirkungen von Stromleitungen unter-schiedlicher Spannungsebenen in unterschiedlichen Naturräumen Deutschlands zu betrachten. Dabei wäre auch die Gleichstromtechnik zu betrachten, da sich die-se Technik für die Übertragung großer Leistungen über weite Entfernung als wirt-schaftlich und naturschutzfachlich günstige Lösung erweisen könnte.

Insbesondere hinsichtlich von Auswirkungen, die zur Schädigung oder zum Tod von streng geschützten Tierarten führen können, sind aufgrund der artenschutzrechtlichen Implikationen (vgl. Kap. 8.4.5) besondere Maßnahmen zur Vermeidung erforderlich. Gem. Art. 12 (5) FFH-RL sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, ein System zur fortlaufenden Überwachung des unbe-absichtigten Fangs oder Tötens der in Anhang IV Buchstabe a) genannten Tierarten einzufüh-ren. Anhand der gesammelten Informationen sind dann durch die Mitgliedstaaten weitere Un-tersuchungs- oder Erhaltungsmaßnahmen einzuleiten, die erforderlich sind, um sicherzustel-len, dass der unbeabsichtigte Fang oder das unbeabsichtigte Töten keine signifikanten negati-ven Auswirkungen auf die betreffenden Arten haben.

9. Es ist zu prüfen, ob Anreize zum Rückbau bestehender Freileitungen etwa im Rahmen von Ökokonten geschaffen werden können.

Der Rückbau bestehender Freileitungen ist aufgrund deren nachteiliger Auswirkungen auf Na-tur und Umwelt zu begrüßen. Sofern solche Leitungen im Rahmen der normalen Unterhaltung erneuert werden müssen, ist grundsätzlich zu prüfen, ob eine Verkabelung zur Vermeidung von Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft angemessen ist.

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Handlungsempfehlungen

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 277

Die Verkabelung bestehender Freileitungen (auch der Mittelspannungsebene) könnte – insbe-sondere, wenn dieser ohne technische oder rechtliche Notwendigkeit erfolgt – im Rahmen von Ökokonten angerechnet werden. Hierdurch könnten Anreize zum Rückbau solcher Leitungen geschaffen werden. Bei der Verrechnung von rückgebauten Mittelspannungsleitungen als Kompensation für neu errichtete Hochspannungsleitungen ist allerdings die wesentlich gerin-gere Wirkreichweite von Mittelspannungsleitungen gegenüber Hochspannungsleitungen zu berücksichtigen. Darüber hinaus ist zu prüfen, ob es sich tatsächlich um besondere Aufwen-dungen des Energieversorgers aus Gründen des Naturschutzes handelt oder lediglich um die Aufgabe nicht mehr benötigter Leitungen. Es kann jedenfalls nicht von einem „Bestands-schutz“ für die Gesamtlänge des aktuellen Freileitungsnetzes ausgegangen werden. Beim Rückbau von Stahlrohrmasten ist darauf zu achten, dass entsprechende Vorsorgemaßnahmen getroffen werden, um Bodenkontaminationen zu vermeiden.

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Zusammenfassung

278 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

10. Zusammenfassung

Die ständig steigende Windkraftnutzung in der Küstenregion Deutschlands macht einen Aus-bau des Stromnetzes auf Hoch- und Höchstspannungsebene dringend erforderlich. Damit die-ser Netzausbau möglichst umwelt- und naturverträglich gestaltet werden kann, ist eine umfas-sende Analyse der von Freileitungen und Erdkabeln ausgehenden Wirkfaktoren und ihrer Aus-wirkungen auf Natur und Landschaft unerlässlich.

Im Rahmen des Vorhabens wurden dazu zunächst die vorhabensspezifischen Wirkfaktoren von Freileitungen und Erdkabeln analysiert. Technische Optimierungspotenziale zur Verringe-rung möglicher Umweltauswirkungen und zur besseren Auslastung von Erdkabeln und Freilei-tungen werden dabei in einem eigenen Kapitel ausführlich beschrieben und bei der Wirkungs-prognose berücksichtigt.

Es stellt sich heraus, dass bei Freileitungen und Erdkabeln teilweise gleiche Wirkfaktoren zum Tragen kommen, so z.B. durch Baumaßnahmen oder Magnetfelder verursachte Wirkungen. In anderen Bereichen unterscheiden sich die Wirkfaktoren und damit verbunden auch die Aus-wirkungen von Erdkabeln und Freileitungen jedoch deutlich voneinander. So beeinträchtigt eine Freileitung durch ihre Sichtbarkeit insbesondere das Landschaftsbild und führt als Hin-dernis in der freien Landschaft außerdem zu einer starken Gefährdung von Vögeln, die mit den Seilen kollidieren können. Erdkabel hingegen sind für diese Schutzgüter nicht oder kaum rele-vant, bedeuten jedoch einen gravierenden Eingriff in den Boden und können dort zu erhebli-chen Beeinträchtigungen führen. Die Auswirkungen einer Freileitung können zum Teil durch geeignete Minimierungsmaßnahmen wie die Verwendung von Vogelschutzmarkierungen und die Wahl einer niedrigen Eintraversenbauweise reduziert werden; es verbleiben aber immer unvermeidbare Auswirkungen, etwa auf das Landschaftsbild oder durch die Emission elektri-scher und magnetischer Felder. Beim Erdkabel umfassen die möglichen Minimierungsmaß-nahmen vor allem Maßnahmen zum Schutz des Bodens vor Verdichtung, Entwässerung und Erwärmung. Dazu gehören je nach Bodenbeschaffenheit das Anlegen geeigneter Baustraßen zur besseren Lastverteilung und Maßnahmen zum Schutz von Grundwasserleitern sowie eine sekundäre Wasserkühlung des Kabels. Im Gegensatz zur Freileitung ist die Vermeidung nega-tiver Auswirkungen beim Erdkabel daher eher eine Frage der Kosten als der technischen Machbarkeit.

Anhand der Beispieltrasse Breklum – Flensburg werden die Auswirkungen einer Freileitung und eines Erdkabels auf einen konkreten geographischen Raum bezogen, quantifiziert und gegenübergestellt. Trotz des für den Küstenraum eher geringen Raumwiderstandes wiegen die Nachteile der Freileitung – weite Sichtbarkeit, Risiko des Vogelschlags – in der flachen, weit einsehbaren Landschaft deutlich stärker als die möglichen negativen Auswirkungen des Erdkabels, zumal die Erdkabeltrasse durch überwiegend landwirtschaftlich und durch Entwäs-serung vorbelastete Böden führt. Beim betriebswirtschaftlichen Vergleich dieser Trasse zeigt sich, dass bei ausschließlicher Betrachtung der Investitionskosten das Erdkabel je nach Aus-gestaltung der Trasse etwa um den Faktor 2,9 bis 3,8 teurer ist als die Freileitung. Werden

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Zusammenfassung

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 279

dagegen die betriebswirtschaftlichen Gesamtkosten berücksichtigt, also neben den reinen In-vestitionskosten auch die aufzubringenden Ausgleichszahlungen sowie Wartungs-, Betriebs- und Verlustkosten, so verringert sich die Differenz je nach Betrachtungszeitraum (40 oder 80 Jahre, mit oder ohne Kabelneuverlegung) auf den Faktor 1,4 bis 1,8. Kostenvorteile für das Erdkabel zeigen sich dagegen bei einem volkswirtschaftlichen Vergleich der Trasse, da bei dieser Betrachtungsweise auch die sozialen Kosten sowie die durch den verzögerten Netz-ausbau entstandenen Ertragsausfälle bei Betreibern von WEA und die externen Kosten der für die Substitution der nicht eingespeisten Windenergie notwendigen fossilen Energie berück-sichtigt werden.

Die kleinmaßstäbliche Raumanalyse des deutschen Küstenraums verwendet die Ergebnisse der vorangegangenen Kapitel, um Raumeinheiten mit erhöhten Raumwiderständen einzelner Schutzgüter gegenüber Freileitungen bzw. Erdkabeln abzugrenzen. Anschließend wird ein Schema entwickelt, um die ermittelten Raumwiderstände der einzelnen Schutzgüter zu einem Gesamtraumwiderstand zu aggregieren. Es wird dabei deutlich, dass im Küstenraum ein ho-hes Konfliktpotenzial zwischen dem Bau neuer Freileitungen und den Belangen von Natur und Landschaft existiert, während sich derartige Konflikte bei Erdkabeln weitaus seltener ergeben.

Im Kapitel „Genehmigungsvoraussetzungen“ werden die rechtlichen und planerischen Anfor-derungen an die Genehmigungsverfahren von Erdkabeln und Freileitungen erläutert. Bisher war die Genehmigungsdauer von Freileitungen aufgrund der Pflicht zur Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens deutlich länger als die von Erdkabeln. Wird für das Erdkabel nun ebenso ein Planfeststellungsverfahren wie für die Freileitung eingeführt, könnten die Geneh-migungszeiträume ebenfalls länger werden. Zusammenfassend muss man jedoch auch wei-terhin von einer um 3 bis 7 Jahre längeren Genehmigungs- und Realisierungsphase für Freilei-tungen als für Erdkabel ausgehen.

Insgesamt zeigt sich, dass Erdkabel im betrachteten Küstenraum aus naturschutzfachlicher Sicht häufig die bessere Alternative darstellen. Es sollten daher günstige Rahmenbedingungen für einen möglichen Netzausbau mit Erdkabeln geschaffen werden, da seitens der Netzbetrei-ber aufgrund der wirtschaftlichen Vorteile häufig Freileitungen der Vorzug gegeben wird. Infra-ge kommen ordnungsrechtliche Regelungen auf Bundes- und Länderebene genauso wie wirt-schaftliche Anreizinstrumente (z.B. Umlagefähigkeit der Mehrkosten) und Vorgaben der Raumordnung.

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Summary

280 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

11. Summary

Because of the continuously increasing use of wind power in the coastal region of Germany there is an urgent need for extending the high-voltage power grid. To extend the grid in an en-vironmentally and ecologically friendly way, an extensive analysis of the impact factors of overhead lines and underground cables and their impacts on the environment and the land-scape is needed.

The first step of this project consisted in analysing the project-specific impact factors of over-head lines and underground cables. Technical optimisation potentials to reduce possible im-pacts on the environment and to increase the transmission load of overhead lines and under-ground cables are also taken into account and are described in a separate chapter.

Some impact factors turn out to originate from both overhead lines and underground cables, e.g. impacts caused by construction measures or magnetic fields. However, other impact fac-tors and the associated environmental impacts differ considerably between overhead lines and underground cables. For example, overhead lines can be seen over a long distance and they therefore affect the overall appearance of the landscape. Besides this, they pose a thread for birds which can collide with the lines. Underground cables, on their part, are not relevant for these subjects of protection, but they imply a serious interference into the soil and can cause significant impacts there. The environmental impacts of overhead lines can partially be re-duced by minimisation measures such as the use of relatively small masts with only one trav-erse or the use of bird markers on the lines, but there still remain unavoidable impacts e.g. on the landscape or by emitting electrical and magnetic fields. Regarding underground cables, possible minimisation measures include actions to protect the soil against compaction, dewa-tering and heating. Depending on the soil consistence, adequate actions consist for example in the establishing of construction roads for a better weight distribution, in actions to protect the aquifers and in a secondary water cooling of the cable. Compared to overhead lines, avoiding negative effects from underground cables is rather a question of costs than of technical possi-bilities.

By analysing the power line Breklum – Flensburg the environmental effects of an overhead line and an underground cable are referred to a concrete geographical area and are then quanti-fied and compared. Despite the low spatial resistance of the analysed area compared to other coastal regions, the disadvantages of the overhead line in this plain area (far reaching visibility, risk of bird collisions) outweigh the possible negative effects of the underground cable, partially due to the fact that the cable runs through agricultural land prestressed by dewatering. Re-garding the economic comparison of this power line on a business level, the investment costs of the underground cable exceed the investment costs of the overhead line by the factor 2,9 to 3,8. If you consider the overall costs for the business (e.g. investment costs, compensation costs, operating costs, maintenance costs), the cost difference decreases to the factor 1,4 to 1,8 depending on the given period (40 or 80 years, with or without replacement of the under-ground cable). If you compare the costs in terms of the overall economy, you will find advan-

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Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 281

tages for the underground cable as you have to consider social costs, costs which result in the loss of revenue of the owners of wind turbines due to the delayed grid extension, and the ex-ternal costs of the fossil fuels which are necessary to substitute the wind energy which could not be transmitted by the grid as well.

The small-scale spatial analysis of the German coastal region uses the results of the proceed-ing chapters to define areas with increased spatial resistance of particular objects of protec-tion. Afterwards, a scheme is developed to aggregate the spatial resistances of the individual objects of protection to an overall spatial resistance. The result emphasizes the high conflict potential in the coastal region between the construction of new overhead power lines and the interests of nature and landscape, whereas similar conflicts are much less frequent with un-derground cables.

In chapter 7 (“Conditions of approval”) the legal and planning requirements as to the approval process of overhead lines and underground cables are explained. Up to now the duration of the approval has been much longer for overhead lines than for underground cables due to the obligation to perform an official planning approval for overhead lines, but not for cables. If there is an obligation to perform an official planning approval for underground cables, too, the dura-tion of the approval will be longer as well. However, you still have to face 3 to 7 additional years for the planning and the realisation of an overhead line compared to an underground cable.

As a result you can summarize that underground cables often are the better alternative in the analysed coastal region in respect of the concerns of nature conservation. However, the grid operator will generally prefer overhead lines because of the economical advantages for his business; for this reason favourable general conditions for a possible grid extension by under-ground cables should be created. Possible tools to reach this goal are regulatory instruments as well as economical incentives (e.g. the possibility to allocate the additional costs of an un-derground cable) or requirements of the regional planning.

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Quellen

282 Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen

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Page 305: Endbericht Ausbau Stromleitung Kueste

Anhang

Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen 291

13. Anhang

Karte 1: Raumwiderstandskarte für den Küstenraum - Freileitung

Karte 2: Raumwiderstandskarte für den Küstenraum - Erdkabel