energeia Nr. 4 / 2013

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Newsletter des Bundesamts für Energie BFE Nummer 4 | Juli 2013 Energie und Meteorologie Wind und Wetter beeinflussen Energiesektor Interview Silvana Baselgia von MeteoSchweiz erklärt, warum der Energiesektor stärker auf Wetterdaten setzt Forschung & Innovation Kennt man die Einflüsse des Wetters auf die Stromleitungen, lassen sich diese sicherer und effizienter betreiben

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Energie und Meteorologie: Wind und Wetter beeinflussen Energiesektor

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Newsletter des Bundesamts für Energie BFENummer 4 | Juli 2013

E n e r g i e u n d M e t e o r o l o g i e

Wind und Wetter beeinflussen EnergiesektorI n t e r v i e w

Silvana Baselgia von MeteoSchweiz erklärt, warum der Energiesektor stärker auf Wetterdaten setzt

F o r s c h u n g & I n n o v a t i o n

Kennt man die Einflüsse des Wetters auf die Stromleitungen, lassen sich diese sicherer und effizienter betreiben

Page 2: energeia Nr. 4 / 2013

The European forum for market players and decision makersin the renewable energy industry

THE AGE OF RENEWABLE ENERGY: GRID AND MARKET INTEGRATION

October 10 and 11, 2013 | Geneva, Switzerland

Partners

www.greenpowermarkets.eu

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Page 3: energeia Nr. 4 / 2013

Editorial 1

I n t e r v i ew

Silvana Baselgia, Leiterin Business Development bei MeteoSchweiz, erklärt, warum der Energiesektor stärker auf Wetterdaten setzt 2

En e r g ie m a r k t

Das Stromsystem wird zunehmend wetterfühlig 4

R i s i k o m a n a ge m e n t

Das Wetter – ein Unsicherheitsfaktor gegen den man sich versichern kann 6

G e b ä u d e

Intelligente Gebäude planen das Wetter ein 8

St ro m n e t z

Das Stromnetz ist Wind und Wetter ausgesetzt 10

Po i n t d e v u e d ’e x p e r t

Der Klimawandel erfordert eine ganzheitliche Ausrichtung der Wasserkraft 11

F or s c h u n g & I n n o v a t i o n

Wetterfühlige Leitungen 12

Wi s s e n

Ein Auf und Ab hinter den Staumauern 14

Kurz gemeldet 15

Aus der Redaktion 17

Impressum

energeia – Newsletter des Bundesamts für Energie BFE Erscheint 6-mal jährlich in deutscher und französischer Ausgabe. Copyright by Swiss Federal Office of Energy SFOE, Berne. Alle Rechte vorbehalten.

Postanschrift: Bundesamt für Energie BFE, 3003 Bern Tel. 031 322 56 11 Fax 031 323 25 00 [email protected]

Chefredaktion: Matthieu Buchs (bum), Marianne Zünd (zum)

Redaktion: Sabine Hirsbrunner (his), Philipp Schwander (swp)

Freie Mitarbeit für diese Ausgabe: Benedikt Vogel (vob), Dr. Vogel Kommunikation, Berlin

Grafisches Konzept und Gestaltung: raschle & kranz, Bern. www.raschlekranz.ch

Internet: www.bfe.admin.ch/energeia

Informations- und Beratungsplattform: www.energieschweiz.ch

Quellen des Bildmaterials

Titelbild: MeteoSchweiz;

S. 1: Shutterstock; S. 2: Markus Forte / Ex-Press; S. 4 – 5: Groupe E; S. 6 – 7: Kantonspolizei Zürich; S. 8 – 9: ETH-Studio Monte Rosa /Tonatiuh Ambrosetti; Swiss Prime Site AG; S. 10: Alpiq; S. 11: Rolf Weingartner; S. 12: U. Steinegger, Meteodat GmbH; S. 13: ETH ZürichS. 14: Bundesamt für Energie (BFE); S. 15 – 16: Markus Käch, Hochschule Luzern; EnergieSchweiz; SBB; S. 17: Swisstopo

The European forum for market players and decision makersin the renewable energy industry

THE AGE OF RENEWABLE ENERGY: GRID AND MARKET INTEGRATION

October 10 and 11, 2013 | Geneva, Switzerland

Partners

www.greenpowermarkets.eu

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«Auf Regen folgt Son-

nenschein.» «Wer Wind

sät, wird Sturm ernten.»

«Wie vom Donner ge-

rührt sein.» Die vielen

Sprichwörter über un-

sere Emotionen und das

Wetter zeigen, dass wir

alle stark vom Wetter be-

einflusst werden.

Genau so auch der Ener-

giesektor: Nur wenn

der Wind bläst, drehen

sich die Rotorblätter der

Windkraftanlagen. Nur

wenn die Sonne scheint,

produzieren die Solar-

zellen Energie. Und dass die Schweiz die Wasserkraft so erfolgreich

nutzen kann, liegt nicht nur an der günstigen Topografie, sondern auch

an den grossen Niederschlagsmengen.

Bis vor kurzem wurden meteorologische Daten von der Energie branche

stiefmütterlich behandelt. Heute ändert sich die Situa tion, der Umgang

mit dem Wetter wird auch in diesem Sektor zusehends professioneller.

In einem vermehrt wettbewerbsorientierten Markt, wo der Strom an

den Börsen gehandelt wird und die Preise sehr schnell ändern können,

setzen die Grosshändler bei der Planung ihrer Tagesgeschäfte immer

mehr auf leistungsfähige meteorologische Vorhersagemodelle. In die-

ser energeia-Ausgabe erfahren Sie mehr darüber.

In alten Zeiten mussten unsere Vorfahren lernen, die Zeichen der Natur

zu deuten, um den Boden möglichst gut nutzen zu können. In Zukunft

wird die Energiebranche immer mehr meteorologische und klimato-

logische Informationen beachten, um die Leistungen optimieren zu

können. Und so schliesst sich der Kreis.

Wir wünschen Ihnen eine unterhaltsame Lektüre und einen schönen

Sommer.

Matthieu Buchs, für die energeia-Redaktion

Editorial

Wir, die Energie und das liebe Wetter

1

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Frau Baselgia, eine Studie * des Beratungsun-ternehmens Econcept von 2011 kommt zum Schluss, dass die Leistungen von Meteo-Schweiz deutlich mehr volkswirtschaftlichen Nutzen bringen, als sie Kosten verursachen. Wie sieht es für den Energiesektor aus? Auch im Bereich Energie sind die Vorteile für

die Branche höher als unsere Investitionen.

Die Studie, die Sie ansprechen, geht davon

aus, dass sich der wirtschaftliche Nutzen

alleine für die Stromunternehmen jährlich

zwischen 6 und 13 Millionen Franken bewegt.

Wichtig ist aber zu erwähnen, dass die Studie

vor der Energiestrategie 2050 entstanden ist.

Ich bin überzeugt, dass mit der Umsetzung

der Strategie die wirtschaftliche Bedeutung

unserer Arbeit noch viel grösser sein wird.

Können Sie das genauer erläutern?Die Abkehr vom Atomstrom und der vermehrte

Einsatz von neuen erneuerbaren Energiequel-

len werden zur Folge haben, dass der Energie-

sektor stärker vom Wetter abhängig sein wird.

Es wird zuverlässige Prognosen brauchen,

um die Produktion der Kraftwerke im Voraus

genau berechnen zu können, das gilt insbe-

sondere für Wasserkraft-, Wind- und Solar-

anlagen. Je zuverlässiger die Prognosen sein

werden, desto besser wird die Nutzung der

Kraftwerke und somit deren Wirtschaftlichkeit

sein. Umgekehrt kann ein unvorhergesehener

I n t e r v i e w

«Gestern die Geologen, morgen die Meteorologen»

Mit dem Aufkommen der neuen erneuerbaren Energien steigt der

Bedarf an zuverlässigen und effizienten meteorologischen Werk-

zeugen rapide an. MeteoSchweiz erarbeitet derzeit neue Konzepte,

um diese zentralen Aufgaben bei der Umsetzung der Energiestrategie

2050 des Bundesrates übernehmen zu können. Ein Gespräch über die

wachsende Bedeutung der Meteorologie für den Energiesektor mit

Silvana Baselgia, Leiterin Business Development bei MeteoSchweiz.

Wetterwechsel schwerwiegende wirtschaftli-

che Folgen haben. Der fehlende Strom muss

auf dem Markt kurzfristig und in der Regel

sehr teuer eingekauft werden. Den Nutzen,

den Meteo rologie und Klimatologie für die

Energie branche und indirekt auch für Bürger-

innen und Bürger in Bezug auf preiswerte und

konstante Energieversorgung erbringen kann,

wird stark zunehmen.

Was bedeutet das konkret für MeteoSchweiz?Wir möchten ganz klar zentraler Akteur bei

der Entwicklung der Energiemeteorologie

«In Zukunft wird die Energie-versorgungssicherheit immer stärker von den Sektoren Meteorologie und Klimatologie abhängig sein.»

2

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Profil

Silvana Baselgia (geboren 1965) arbeitet als Lei-

terin Business Development beim Bundesamt für

Meteorologie und Klimatologie MeteoSchweiz

in Zürich. Davor war sie in verschiedenen Funk-

tionen in grösseren Unternehmen tätig. Silvana

Baselgia hat an der Hochschule Luzern Betriebs-

ökonomie studiert und an der Universität Zürich

den Master in Neuropsychologie erworben.

sein, denn wir verfügen über Kompetenzen,

Messinfrastrukturen und Computermodel-

le, die für die Energiewende entscheidend

sind. Im Auftrag des Bundes arbeiten wir

ausserdem weltweit eng mit führenden Wet-

terdiensten zusammen. Wir wollen unser

Wettermodell noch besser an die Belange

der Energiewirtschaft anpassen und nutzen

dafür auch die Erfahrungen unserer Kollegen

im Ausland. Seit letzten Sommer arbeiten wir

konkret an einem Konzept, das uns ermögli-

chen soll, diese aktive Rolle bei der Umset-

zung der Energiestrategie 2050 des Bundes-

rates zu übernehmen. Das Konzept sollte in

den nächsten Monaten fertig gestellt werden.

Welche Beziehungen pflegen Sie derzeit mit der Energiebranche? Zu unseren Kunden zählen heute schon viele

im Energiesektor tätige Unternehmen. Die

einen interessieren sich in erster Linie für

unsere in Echtzeit gelieferten meteorologi-

schen Daten, die von unseren eigenen Mess-

stationen oder von Satellitenbildern und

Radarsystemen stammen. Sie verwenden die

Daten, um ihre Produktionsanlagen zu steu-

ern und zu überwachen. Mitunter sind unsere

klimatologischen Daten massgebend, um ins-

besondere das Wind-, Sonnen- oder Wasser-

potenzial eines bestimmten Standortes ab-

zuschätzen. Andere Unternehmen wiederum

machen sich unsere Erfahrungen in Sachen

Vorhersagemodelle und anwendungsorien-

tierter Forschung zunutze. Diese letztge-

nannte Form der direkten Zusammenarbeit

ist insofern sehr interessant, weil durch den

Austausch neue Erkenntnisse gewonnen wer-

den können. Generell ist aber zu sagen, dass

man im Energiesektor die meteorologischen

Informationen noch relativ wenig nutzt und

das heute verfügbare Fachwissen noch nicht

voll ausgeschöpft wird.

Können Sie Beispiele der direkten Zusam-menarbeit nennen, die über den einfachen Transfer von Rohdaten hinausgehen?Selbst die besten Vorhersagemodelle sind

lückenhaft. Das Phänomen Bodennebel bei-

spielsweise ist sehr schwer zu prognostizie-

ren. Der Betreiber einer Photo voltaikanlage

kann erheblich prof it ieren, wenn die

vorhandenen Rohdaten vor Ort mit dem lo-

kalen Fachwissen eines Prognostikers kombi-

niert und damit eine individuelle Beurteilung

vorgenommen wird.

Sie haben auch von anwendungsorientierter Forschung gesprochen …Ja, mit dem Ziel, die Vorhersagequalität für

Standorte mit Sonnen- und Windanlagen

zu verbessern, laufen verschiedene Projek-

te zusammen mit privaten Unternehmen.

Dazu vergleichen wir systematisch unsere

meteorologischen Modelle mit den Echt-

zeitmessungen am Standort. Bei komplexen

Projekten mit neuen Anforderungen an die

Energiebranche arbeiten wir auch mit Orga-

nisationen aus dem akademischen Umfeld

Konzept, das wir in den nächsten Monaten

abschliessen werden.

Wie haben sich die Bedürfnisse der Unterneh-men in den letzten Jahren gewandelt?Bis vor kurzem war die Meteorologie für den

Energiesektor nicht von grosser Bedeutung.

Zwar weiss man seit langem um die Korrelati-

on zwischen dem Wetter und dem Strom- und

Wärmebedarf, die Frage wurde aber häufig

grob vereinfachend behandelt. Mit dem Aus-

bau der neuen erneuerbaren Energiequellen

und besonders mit der Energiestrategie 2050

haben sich die Dinge geändert: Gestern wa-

ren es die Geologen, die neue Energiequellen

entdeckten, morgen werden es die Meteoro-

logen sein.

Gibt es Konkurrenz in diesem Sektor?Es gibt tatsächlich einige private Unterneh-

men, die im Bereich der Energiemeteorologie

spezialisierter sind als wir. Als Bundesamt

erfüllen wir einen öffentlich-rechtlichen

Auftrag. Der Wettbewerb findet deshalb in

erster Linie unter den privaten Unternehmen

statt. Diese nutzen oftmals unsere Daten, um

beispielsweise die Planung von Solar- oder

Windanlagen zu unterstützen. MeteoSchweiz

erfüllt so häufig eine ergänzende Funktion.

Interview: Matthieu Buchs

* «Der volkswirtschaftliche Nutzen von Meteorolo-

gie in der Schweiz – Verkehr und Energie», Econcept,

Schlussbericht, 15. Juni 2011, www.bit.ly/econcept

zusammen. Ein Beispiel ist das Projekt Opti-

control, das wir in Zusammenarbeit mit Sie-

mens Schweiz, Gruner SA, der Empa und der

ETH Zürich durchführen und das Swisselec-

tric Research unterstützt. Ziel des Projekts

ist die Reduktion des Energiebedarfs von

Gebäuden, indem die neusten Entwicklun-

gen in der Gebäudetechnik mit numerischen

Vorhersagemodellen verknüpft werden. Das

Sparpotenzial kann bis 20 Prozent erreichen.

Entwickeln Sie auch individuelle, kundenbe-zogene Dienstleistungen? Im Rahmen des Auftrags, den uns der Bund

erteilt hat, stellt MeteoSchweiz seine Dienst-

leistungen einer breiten Öffentlichkeit zur

Verfügung. Wie liefern derzeit hauptsäch-

lich standardisierte Produkte – auch an un-

sere Kunden aus der Energiebranche. Mit der

Energiestrategie 2050 und der neuen Strategie

Stromnetze steigt die Abhängigkeit des Ener-

giesektors von den Wetter bedingungen. Eine

Erweiterung unserer Arbeit auf spezifische

Dienstleistungen für die Energiebranche wür-

de daher wesentlich zur Stromversorgungssi-

cherheit der Schweiz beizutragen. Wie schon

erwähnt, arbeiten wir im Moment an einem

«MeteoSchweiz will eine aktive Rolle spielen bei der Umsetzung der Energie-strategie 2050 des Bundesrates.»

3

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E n e r g i e m a r k t

Das zunehmend wetterempfindliche Stromsystem

Die Tätigkeit der Elektrizitätsunternehmen hängt stark von den Wetterbedingungen ab. In den letzten Jahren

hat der Bedarf an effizienten Prognosemodellen mit der Strommarktliberalisierung und der verstärkten

Nutzung erneuerbarer Energiequellen weiter zugenommen.

Das Schweizer Stromsystem ist wetter-

empfindlich, das zeigt ein einfacher Blick

auf die jährliche Elektrizitätsstatistik. 2012

stieg der Stromverbrauch in der Schweiz

gegenüber dem Vorjahr um 0,6 Prozent auf

59 Mil liarden Kilowattstunden (kWh) an. Im

gleichen Zeitraum nahmen die Heizgradtage

um knapp zwölf Prozent zu. Zwischen 2010

und 2011 sank der Elektrizitätsverbrauch um

zwei Prozent, die Heizgradtage um 18,1 Pro-

zent. Damit ist klar: Je kälter, desto höher der

Stromverbrauch.

«Für unser Unternehmen sind die Wetterdaten

sehr wichtig», bestätigt Pascal Bersier, Leiter

des Geschäftsbereichs Versorgung und Tra-

ding bei Groupe E, einem der grössten Strom-

versorger in der Westschweiz. Das Unterneh-

men berücksichtige die Wetterprognosen

bereits seit vielen Jahren, hauptsächlich wegen

seiner Abhängigkeit von der Wasserkraft-

produktion. In den letzten zehn Jahren sei die

Tätigkeit aber klar professioneller geworden.

«Aufgrund der Marktliberalisierung müssen

wir uns schneller anpassen und genauere

Prognosen erstellen können. Eine zusätzliche

Herausforderung ist die Entwicklung der

neuen erneuerbaren Energien, deren Produk-

tion von den meteorologischen Bedingungen

abhängt und stark schwankt.»

Ein Grad weniger, ein Prozent Strom mehrIm Westschweizer Konzern überwachen Fach-

leute für den kurzfristigen Handel die Wetter-

daten und beurteilen ihre Auswir kungen auf

die Nachfrage und das Angebot von Strom.

«Beim Verbrauch spielen die Sonnenschein-

dauer und die Temperaturen die grösste Rolle»,

erklärt Thibault Gobbé, Kurzfrist-Portfolio-

manager bei Groupe E. Der Spezialist arbei-

tete vor dem Wechsel zum Stromversorgungs-

unternehmen drei Jahre als Meteorologe. Er

betont, die Wechselwirkung sei im Winter am

grössten. «In unserem Versorgungsnetz gibt

es noch zahlreiche Elektroheizungen. Sinkt

die Umgebungstemperatur um ein Grad, steigt

der Stromverbrauch um rund ein Prozent.» Bei

grosser Hitze im Sommer nähme hingegen der

Elektrizitätsbedarf für Klimaanlagen zu. «Seit

2003 hat sich dieses Phänomen verstärkt. Setzt

sich diese Entwicklung fort, könnte der Strom-

markt im Sommer ebenso empfindlich auf die

Wetterbedingungen reagieren wie im Winter»,

erklärt Gobbé.

Bei der Stromproduktion sind die Nieder-

schlagsmengen für Groupe E die wichtigsten

meteorologischen Daten. Dies weil das Unter-

nehmen vorwiegend Fluss- und Speicherkraft-

werke betreibt. Am Ende des Winters ist auch

die Nullgradgrenze eine wichtige Informa-

tion. «Sie ermöglicht es, die Schneeschmelze

vorherzusagen. Damit können wir Hochwas-

ser früher erkennen und einem starken Pegel-

anstieg vorbeugen», sagt Thibault Gobbé.

Noch verfügt das Unternehmen nicht über

Windturbinen, Winddaten sind deshalb für

die Produktion wenig relevant. «Sie können

aber einen Einfluss auf den Stromverbrauch

haben: beispielsweise wenn eine Bisenlage

vorliegt, die die Häuser abkühlt», erklärt der

Spezialist weiter.

Wetterüberwachung auslagern?Angesichts der Bedeutung der Meteorologie

für den Geschäftsalltag der Stromunterneh-

men bieten heute verschiedene Unterneh-

men professionelle Prognosedienste speziell

für diesen Markt an. Groupe E hat aber eine

andere Lösung gewählt: «Im Gegensatz zu

anderen Unternehmen erstellen wir unsere

Wetterprognosen selbst», erklärt Alexandre

4

Page 7: energeia Nr. 4 / 2013

PONTIA0.4 MW

MONTBOVON15.5 MW

LESSOC3.5 MW

BROC21.9 MW

PONT DE BROC30.2 m3/s

SAINT-ANNE1.8 MW

ROSSINIERE18.6 m3/s

GRUYERE16.6 m3/s

MONTSALVENS17.4 m3/s

MORON39.7 m3/s

PEROLLES11.5 m3/s

LESSOC4.0 m3/s

0.2 m3/s

0.3 m3/s

858.22

772.79

792.71

0.0 m3/s

25.4 m3/s

19.1 m3/s

0.6 m3/s20.1 m3/s

OELBERG13.7 MW86.2 m3/s

1

1 2

1 32

1110.00

1 6432

HAUTERIVE58.5 MW

673.66

72.7 m3/s

1 642

CHATELOT28.0 MW

709.98

751.46

41.9 m3/s

21

553.12

4.0 m3/s

0.0 m3/s

1 6432

SCHIFFENEN35.0 MW98.4 m3/s

529.93321

ST-SULPICE2.0 MW

RETENUE DE LA DOUX

790.43

6.3 m3/s

1 6432

0.3 m3/sM

0.5 m3/sM

3.5 m3/s

2.0 m3/s

LES BRENETS(37.0 m3/s)

1

PONT DE BERNE86.0 m3/s

SCHIFFENEN3.8 m3/s

Gal, ebenfalls Kurzfrist-Portfoliomanager.

Der Mathematiker erklärt, dass die im Unter-

nehmen entwickelten Instrumente eine grös-

sere Anpassungsfähigkeit ermöglichen und

deshalb zusätzliche Vorteile bieten. «Es sind

erhebliche zeitliche und personelle Investiti-

onen. Aber sie ermöglichen uns schliesslich,

die Parameter entsprechend der Entwicklung

unserer spezifischen Bedürfnisse besser anzu-

passen. Und vor allem haben wir festgestellt,

dass unsere Modelle nicht schlechter sind als

die auf dem Markt erhältlichen», verrät Gal.

Die benötigten Rohdaten bezieht das Unter-

nehmen grösstenteils von MeteoSchweiz.

«Dabei handelt es sich um Echtzeitdaten wie

Sonnenscheindauer, Temperatur, Nieder-

schläge, Windverhältnisse oder die relative

Luftfeuchtigkeit», sagt Thibault Gobbé. Diese

Informationen werden mit frei verfügbaren,

kostenlosen Daten aus dem Internet vervoll-

ständigt, beispielsweise mit den Daten des

amerikanischen Modells der numerischen

Wettervorhersage GFS (Global Forecast Sys-

tem). Schliesslich werden sie ergänzt durch

ein eigenes Messnetz, das sich hauptsächlich

in der Nähe der grössten Stauanlagen des Un-

ternehmens befindet.

Abweichung von 15 bis 20 Prozent Diese Rohdaten speisen anschliessend ein

numerisches Modell, mit dessen Hilfe der

Auch der Preis ist wetterempfindlichDas Wetter wirkt sich nicht nur auf Angebot

und Nachfrage von Elektrizität aus, sondern

auch auf die Preisentwicklung. Betroffen da-

von sind in erster Linie Energieversorgungs-

unternehmen, die einen Teil der Elektrizität

an der europäischen Strombörse European

Power Exchange (Epex Spot) in Paris han-

deln. Endverbraucherinnen und -verbraucher

dagegen zahlen einen Durchschnittspreis, bei

dem die Unterschiede zwischen Spitzen- und

Niedriglaststunden nicht stark ausgeprägt

sind. «Die starke Entwicklung der Solar-

energie, insbesondere in Süddeutschland,

hat dazu beigetragen, dass beispielsweise die

Super-Nachfragepeaks um die Mittagszeit

verschwunden sind», erklärt Thibault Gobbé.

«Manchmal ist der Strompreis tagsüber sogar

tiefer als nachts.»

Die starken Preisschwankungen und der be-

trächtliche Einfluss auf Verbrauch und Pro-

duktion von Elektrizität zeigen: nicht nur

Urlauber haben ein wachsames Auge auf die

Wetterentwicklung der anstehenden Sommer-

ferien. (bum)

Energieverbrauch für den Folgetag bestimmt

werden kann. «Natürlich handelt es sich nicht

um ein Modell, das den Gesamtenergiebedarf

auf der Grundlage der Wetterbedingungen

allein bestimmt», erwähnt Thibault Gobbé.

«Das Modell verwendet eine Verbrauchskur-

ve, die entsprechend einem mehrjährigen

Durchschnitt vorgegeben ist. Anhand der

eingegebenen Daten wird die Höhe der Kurve

angepasst. Wir können Abweichungen von bis

zu 20 Prozent gegenüber der Standardkurve

feststellen.»

Mit dem Modell kann auch der Wasserzufluss

aller Einzugsgebiete im Produktionsgebiet

von Groupe E vorhergesagt werden. Meteo-

rologe Gobbé erklärt: «Indem wir die tages-

zeitgebundene Entwicklung des Strompreises

und die technischen und umweltbedingten

Einschränkungen der verschiedenen Seen

berücksichtigen, können wir anschliessend

die verfügbare Wasserkraftproduktion fest-

legen.» Da das Unternehmen keine grossen

Speicherbecken besitze, müsse es manchmal

sehr rasch reagieren können, vor allem bei

Gewitterlagen.

Groupe E achtet wegen seiner grossen Abhängigkeit von der Wasserkraft ganz speziell auf die Vorhersagen von Niederschlägen.

? Wussten Sie, dass ...

… 2011 etwas mehr als 12 Prozent des gesamten Stromverbrauchs in der Schweiz zum Heizen (7,8 Prozent) sowie für Warmwasser (4,5 Prozent) aufgewendet wurden?

5

Page 8: energeia Nr. 4 / 2013

Glaubt man einer Schätzung, hängt der Er-

folg von über 80 Prozent der weltweiten Wirt-

schaftsaktivitäten direkt oder indirekt vom

Wetter ab. In Westeuropa sollen rund fünf

Prozent des Bruttosozialprodukts den Wet-

tereinflüssen unterliegen. Wetterereignisse

wie Hitze, Wolken, Regen oder Trockenheit

stellen Unsicherheiten und damit unter Um-

ständen erhebliche Geschäftsrisiken dar. Das

Wetter ist aber weder beeinfluss- noch lang-

fristig zuverlässig prognostizierbar und ist

damit für Unternehmen ein wichtiges Thema

des Risikomanagements.

So überrascht es wenig, dass Wetter schon

lange versichert wird: Seit über 130 Jahren

können Bäuerinnen und Bauern ihre Felder

gegen Hagelschlag versichern, Anfang des 19.

Jahrhunderts weiteten viele Gebäudeversiche-

rungen die Deckung der Feuerversicherungen

auch auf «Naturgewalten» wie Sturmwind

oder Hochwasser aus. Heute sind Elemen-

tarschadenversicherungen in der Schweiz in

vielen Kantonen obligatorisch und nicht mehr

wegzudenken. Sie decken Schäden an Infra-

strukturanlagen durch seltene und extreme

Wetterereignisse.

Schwankende Produktion und NachfrageNatürliche Wetterschwankungen stellen in-

des ebenfalls Risiken im Sinne unternehme-

rischer Unsicherheiten dar. Energieunterneh-

men gehörten zu den ersten, die sich intensiv

R i s i k o m a n a g e m e n t

Wetter ist auch ein Risiko

mit solchen Unsicherheiten beschäftigten.

Sie sind diesen Risiken in besonderem Mass

ausgesetzt, denn das Wetter ist eine der wich-

tigsten Einflussgrössen, sowohl der Energie-

nachfrage als auch der Produktion: In einem

warmen Winter sinkt die Energienachfrage

deutlich, in einer Trockenperiode kann in

Wasserkraftwerken weniger Strom produziert

werden und in einem verregneten Sommer

bleibt die Produktion der Photovoltaikanlagen

hinter den Erwartungen zurück.

Der Index entscheidetSolche Produkte gleichen in ihrer Konstruk-

tion derivativen Finanzgeschäften – die

Aus zahlung ist von der Entwicklung eines

zugrundeliegenden Wertes abhängig. Bei

Wetterderivaten sind diese Basiswerte In-

dices wie Temperatur, Niederschläge aber

auch Globalstrahlung, Abflussmengen oder

Pegelstände. «Wir berechnen und bewerten

jedes Risiko einzeln. Unser Algorithmus

analysiert historische Daten, aktuelle Trends

Ferien und dann sieben Tage Regenwetter – Pech gehabt. Anders bei Firmen,

Unsicherheiten des Wetters können empfindliche Schäden verursachen und sind

daher Teil der Unternehmensrisiken, die sich versichern lassen. Dabei geht es

nicht nur um Extremereignisse wie Überschwemmungen sondern um die tägliche

Volatilität von Niederschlag oder Wind. Mit Wetter derivaten lassen sich auch

solche Risiken absichern.

Der Rückversicherer Swiss Re sieht ein wachsendes Bedürfnis zur Absicherung von Wetterrisiken.

Für die Absicherung nachteiliger Wetterent-

wicklungen über meist längere Zeitabschnit-

te eignen sich klassische Versicherungen nur

bedingt. In den USA entstanden daher Ende

der 90er Jahre eine neue Art von Instrumen-

ten, die sogenannten Wetterderivate. Mark

Rüegg, CEO der Zürcher Firma Celsius pro,

erklärt: «Ereignisse mit einer kleinen Ein-

trittswahrscheinlichkeit bei gleichzeitig

hoher potenzieller Schadenssumme werden

klassisch versichert. Wetterderivate im Un-

terschied haben eine deutlich höhere Ein-

trittswahrscheinlichkeit, hingegen tiefere

Auszahlungen.» Dabei gehe es weniger um

eigentliche Schäden, als vielmehr um den

Ausgleich von Ertragsschwankungen, er-

gänzt der Finanzspezialist.

und Mittelfristprognosen um beispielsweise

Phänomene wie El Niño berücksichtigen zu

können», erklärt Rüegg das Prinzip. Daraus

würden die Eintrittswahrscheinlichkeiten

und schliesslich die Prämien berechnet.

Ein Beispiel: Energieversorgungsunterneh-

men können an milden Wintertagen weniger

Energie absetzen und damit weniger Gewinn

erwirtschaften. Um sich gegen diesen Er-

tragsausfall abzusichern, schliesst ein Unter-

nehmen deshalb einen Vertrag ab: Fallen im

Winter beispielsweise weniger als 2000 Heiz-

gradtage an, erhält die Firma eine im Voraus

bestimmte Auszahlung.

6

Page 9: energeia Nr. 4 / 2013

Wetten, dass der Juli heiss wird?Über- oder unterschreitet das Wetter den

Grenzwert eines bestimmten Index, f liesst

Geld. Ganz egal ob ein Schaden tatsächlich ein-

getreten ist. Das hat den grossen Vorteil, dass

kein Schaden nachgewiesen oder kompliziert

berechnet werden muss. «Die Auszahlung ist

automatisiert und hat nur mit dem Indexwert

und nicht mit einem Schaden zu tun», erklärt

Mark Rüegg. Diese Tat sache reduziert den ad-

ministrativen Aufwand und damit die Kosten

drastisch. «Klar, auch Zocker könnten ihr Glück

versuchen und auf einen heissen Juli spekulie-

ren», bestätig der CEO von Celsiuspro. Das Ziel

sei aber, Ertragsschwankungen von Unterneh-

men aufgrund des Wettereinflusses ausgleichen

zu können. Wetterderivate sind Instrumente

des Risikomanagements und erlauben den

Risiko transfer auf einen Dritten. Indirekt wer-

den damit die unternehmerischen Cashflows,

die Kapitalkosten, der Unternehmenswert und

somit auch der Aktien kurs beeinflusst. In libe-

ralisierten Märkten ist das wichtig, haben doch

Energieversorger durch zunehmende Konkur-

renz weniger Spielraum, Kostenschwankungen

auf Kunden zu überwälzen.

Kein Thema in der SchweizVerwenden auch Schweizer Energieversor-

ger solche Produkte? Markus Mooser, Leiter

Versicherungsmanagement der BKW FMB

Energie AG, winkt ab: «Wir haben Wetterde-

rivate zur Absicherung von Ertragsausfällen

verschiedentlich geprüft, zur Anwendung

aber kamen diese Instrumente bisher nicht.»

Mooser erklärt auch weshalb: «Die BKW ver-

fügen über einen breit diversifizierten Kraft-

werkpark, eine zusätzliche Absicherung der

Schwankungen über Derivate drängt sich der-

zeit nicht auf.»

«Mir ist nicht bekannt, dass Schweizer Energie-

konzerne ihre Ertragsschwankungen absi-

chern», sagt auch Rüegg. Anders im Ausland:

Energiekonzerne wie die deutschen RWE und

EON oder die französische EDF nutzen nicht

nur Wetterderivate, sondern haben spezielle

Handelsabteilungen, die das Risiko aktiv be-

wirtschaften. Der Rückversicherer Swiss Re

sieht ebenfalls ein wachsendes Bedürfnis zur

Absicherung von Wetterrisiken. Nicht nur die

Liberalisierung der Märkte, vielmehr auch die

stark zunehmende Bedeutung der erneuer-

baren Energien wirke sich signifikant auf die

Nachfrage aus. «Die Produktion von Wind-

und Solarstrom ist stärker von den Launen der

Natur abhängig», begründet Juerg Trueb. Er

ist Leiter des Bereichs Environment und Com-

modity Markets bei Swiss Re und überzeugt,

dass sich darüber hinaus die grossen Kapazi-

täten erneuerbarer Energien in Märkten wie

Deutschland sogar auf thermische Energieer-

zeugung auswirken.

Globale Erwärmung heizt Markt anNoch handle es sich bei Wetterderivaten um

ein relativ neues Nischenprodukt, sind sich

die Experten einig. Eine Studie aus dem Jahr

2011 zeigt, dass sich nur vier Prozent der

Produzenten von Windenergie gegen wet-

terbedingte Volumenrisiken absichern. Zum

Vergleich: Über 60 Prozent der Energieunter-

nehmen bedienen sich klassischer Versiche-

rungen für sonstige Risiken. Gleichzeitig ist

die globale Erwärmung speziell für die Ener-

giebranche eine grosse Herausforderung.

Allgemein wird angenommen, dass extreme

Wetterphasen in Zukunft vermehrt auftreten.

Die Ertragsausfallsproblematik sei mit Blick

in die Zukunft ein wichtiges Thema im Risiko-

management, bestätigt Mooser von der BKW.

Und Juerg Trueb erkennt bei der Absicherung

witterungsbedingter Volumenrisiken auch in

der Schweiz einen Zukunftsmarkt, besonders

wenn die Investitionen in erneuerbare Ener-

gien weiter steigen. Er denkt dabei zugleich

über den Energie-Tellerrand hinaus: Das Ri-

sikomanagement der Landwirtschaft, Tou-

rismus, Baubranche aber auch in der Lebens-

mittelindustrie und im Detailhandel verlangt

künftig ebenfalls eine breite Verfügbarkeit

von Absicherungsprodukten wie Wetterde-

rivate. «Everybody talks about the weather,

but nobody does anything about it.» Dieses

bekannte amerikanische Bonmot entspricht

heute in der Schweiz der Realität – vermutlich

aber nicht mehr lange. (swp)

7

Page 10: energeia Nr. 4 / 2013

G e b ä u d e

Wenn Gebäude in die Zukunft schauen

In intelligenten Gebäuden kommunizieren Heizung, Lüftungs-, Klima-, Kälte-, Sanitär und Elektroinstallationen

miteinander. Sie wissen wie das Wetter in den kommenden Tagen wird und regulieren das Raumklima entspre-

chend. Eine solch ausgeklügelte Gebäudeautomation wird zwar erst selten eingesetzt. Weil nicht nur der Komfort

dank der Gebäudeautomation steigt, sondern auch rund 20 Prozent Energie in Gebäuden gespart werden kann,

dürfte sich dies in Zukunft ändern.

? Wussten Sie, dass ...

… Gebäude rund die Hälfte des gesamten Energie-verbrauchs in der Schweiz beanspruchen? 40 Prozent entfallen auf Heizung / Warmwasser, fünf Prozent auf Elektrizität und fünf Prozent auf Bau und Unterhalt.

Einfache Regelsysteme in Gebäuden, beispiels-

weise die über die Aussentemperatur gesteuerte

Heizung, sind längst Standard. Im Zuge der Ent-

wicklungen der Kommunikationstechnologie

ist es seit längerer Zeit möglich, dass nicht nur

Einzelgeräte reguliert, sondern verschiedene

Anlagen vernetzt werden und untereinander

kommunizieren können. Kabel-, Starkstrom-

oder Funkleitung ermöglichen den einzelnen

Teilen, untereinander Daten auszutauschen.

Sensoren (bspw. Bewegungssensoren, Sensor

für CO2 in der Luft etc.) geben den einzelnen An-

lagen den Befehl, nach Programm zu handeln.

Befehlsempfänger sind dann beispielsweise

die Lampen, die Heizung, die Lüftung oder die

Jalousien.

Prädiktive Regelung«Die Funktionen können höchst individuell

und in einer Vielzahl programmiert werden»,

erklärt Hans Rudolf Ris von der Gebäude

Netzwerk Initiative (GNI). «Nehmen wir das

Beispiel Licht: ich kann die Lichtquellen bei-

spielsweise so programmieren, dass sie sich

erst ab einem bestimmten Dämmerungsgrad

einschalten. Oder ich kann bestimmen, dass

ich am Abend, wenn es dunkel ist eine hohe

Lichtstufe will. Wenn ich aber nachts aufste-

he, soll das Licht nur gedimmt sein.» So kann

im Bereich Licht nicht nur viel Energie gespart

werden, auch der Komfort erhöht sich.

Die Möglichkeiten im Bereich Gebäudeauto-

mation gehen aber bezüglich Regelstrategien

noch viel weiter. Bei der sogenannten prädik-

tiven Regelung werden Faktoren wie die zu

erwartende Belegung eines Gebäudes oder

Wetterprognosen in das Gebäudeautoma-

tionssystem eingespeist. «Gerade für Zweck-

bauten – Bürogebäuden, Schulhäusern –, die

sehr unterschiedliche Belegungsfrequenzen

haben, liegt darin ein hohes Energiesparpo-

tenzial. Je nach Optimierungsgrad sind Ein-

sparungen bis 20 Prozent möglich», sagt Ris.

Opticontrol fokussiert auf RegelstrategienIm Rahmen des Forschungsprojekts Op-

timal Building Climate Control (Opticon-

trol) arbeiten die ETH Zürich, die Empa,

MeteoSchweiz sowie Unternehmen aus der

Privatwirtschaft an der Entwicklung von

solchen vorausschauenden Regelungskon-

zepten. Im Zentrum von Opticontrol steht

insbesondere die integrierte Raumauto-

mation in Bürogebäuden. Bei dieser geht

es um die automatisierte Regelung von

Jalousien, Beleuchtung, Heizung, Kühlung

und Lüftung in einzelnen Gebäudeteilen.

Erste Erkenntnisse aus dem Forschungs-

projekt werden seit Herbst 2011 in einem

Feldversuch getestet. Mit dem fünf jährigen

Bürogebäude der Firma Actelion in Allschwil

wurde für den Versuch ein für den Schweizer

Standard möglichst typi scher Bau gewählt.

Die Resultate aus dem Versuch werden noch

in diesem Jahr erwartet.

Die Wetterprognosen werden zwar erst in

den wenigsten Gebäuden vom Regelsystem

berücksichtig. Verschiedene Strategien der

prädiktiven Regelung haben sich in der Pra-

xis aber bereits bewährt. Bei der Monte-Rosa-

Hütte (siehe Kasten 2) basiert die Regelung auf

der Formel «wenn – dann». Das heisst, wenn

bestimmte Bedingungen geben sind, reagiert

das System auf eine festgelegte Weise, sind sie

nicht vollumfänglich gegeben, reagiert es an-

ders. Beim Messeturm Basel (Kasten 1) werden

statt aktueller Messerwerte Vorhersagen für

den Folgetag verwendet und darauf basierend

die Vorlauftemperatur der Heizungsanlage

bestimmt. (his)

8

Page 11: energeia Nr. 4 / 2013

Vollautomatisierte Berghütte

Die im Sommer 2010 neu eröffnete Monte-Rosa-Hütte zeigt eindrücklich, was

bezüglich Gebäudeautomatisation heute möglich ist. Um einen Selbstversor-

gungsrad von 90 Prozent zu erreichen, wurden nicht nur einzelne Komponenten

energieeffizient ausgelegt, sondern auch das Zusammenspiel mittels intelli-

genter Regelung optimiert. Konventionelle Regelstrategien sind auf aktuelle

Umgebungswerte wie Aussentemperatur oder Sonneneinstrahlung ausgerichtet.

Bei der Monte-Rosa-Hütte werden nun auch Gästebuchungen, sprich die ange-

nommene Belegung sowie die Wetterprognosen für die nächsten fünf Tage in das

Gebäudeautomationssystem eingespeist. Dieses vorausschauende System hat

grosse Vorteile wie das Beispiel des Abwasserreinigungsprozesses zeigt: Ist der

Abwassertank in der Hütte voll, würde eine normale Gebäuderegelung sofort den

Klärungsprozess starten – selbst wenn in den nächsten Tagen keine Besucher

angekündigt und wegen einer Schlechtwetterperiode die Batterie mehrere Tage

nicht mit Sonnenenergie aufgeladen werden kann. Da die Abwasserreinigung ein

stromintensiver Prozess ist, muss mit grösster Wahrscheinlichkeit im Laufe des

Klärungsprozesses die zusätzliche Energiequelle, in dem Falle das mit Rapsöl

betriebene Blockheizkraftwerk, hinzu geschaltet werden. Die vorausschauende

Regelung weiss hingegen, dass in den nächsten Tagen wenig Besucher kommen

und nach drei Tagen wieder so viel Sonnenenergie zur Verfügung steht, um

das gesamte Abwasser zu klären. Sie startet also den Klärungsprozess später

und verhindert so, dass auf das Blockheizkraftwert zugegriffen werden muss.

Wenn der nächste Besucheransturm kommt, ist der Abwassertank leer und die

Batterie wieder voll.

Turm mit Weitsicht

Der 105 Meter hohe Messeturm Basel wartet mit einem ausgeklügelten

Gebäudemanagementsystem auf. Wichtiger Bestandteil der Steuerung von

Heizung und Kühlung ist das sogenannte Thermoaktive Bauteilsystem (Tabs).

Die Heiz- und Kühlschlangen sind direkt in Decken eingelegt und nutzen so

die hohe Trägheit der thermischen Masse der Betonelemente (die Reakti-

onszeit beträgt etwa zehn bis zwölf Stunden) zur Kühlung und Heizung. Die

Bestimmung der Tabs-Vorlauftemperatur erfolgt unter Berücksichtigung

der Temperatur- und Wetterdaten von MeteoSchweiz für den kommenden

Tag. Relevante Grössen sind die mittlere Aussentemperatur, die Differenz

zwischen maximaler und mittlerer Aussentemperatur sowie die Globalstrah-

lung des Folgetages. Ziel ist, dass die Innentemperatur in den Büros die

Komfortzone zwischen 20 und 26 Grad Celsius möglichst selten über- oder

unterschreitet. Im Sommer 2009 wurde selbst bei einer Aussentemperatur

von 30 Grad in den Büros des Messeturms die 25-Grad-Marke nicht über-

schritten. Die Messungen für das gleiche Jahr ergaben zudem, dass fürs Hei-

zen neun Prozent weniger und fürs Kühlen sogar 32 Prozent weniger Energie

verbraucht wurde.

9

Page 12: energeia Nr. 4 / 2013

S t r o m n e t z

Das Netz mit HerkuleskräftenDas Schweizer Stromnetz ist dem Wetter zwar nicht gänzlich schutzlos ausgeliefert. Auf extreme Wetter-

phänomene kann man es aber kaum vorbereiten. Für Swissgrid, die Betreiberin des Schweizer Übertragungs-

netzes, sind daher eine vorausschauende Planung sowie der seriöse Unterhalt umso wichtiger.

Es sind die grossen Pannen im Schweizer

Hochspannungsnetz, die in Erinnerung blei-

ben: zum Beispiel Ende September 2003, als

nach dem Ausfall von zwei wichtigen Übertra-

gungsleitungen grosse Teile Italiens und der

Südschweiz ohne Strom waren. Oder im Juni

2005, als aufgrund einer überlasteten Leitung

das gesamte Eisenbahnnetz der SBB lahmge-

legt war. Viel öfter als Unregelmässigkeiten in

den Stromflüssen beeinträchtigen allerdings

Wetterereignisse das Übertragungsnetz. Da-

mit die Masten unter den Kräften von Wind

und Wetter nicht wie Streichhölzer knicken,

bestehen von rechtlicher Seite genaue Anfor-

derungen. «Die Leitungsverordnung (LeV)

schreibt vor, dass die Masten neben dem Ei-

gengewicht des Leitungsseils eine Zusatzlast

von mindestens zwei Kilogramm Eis pro Lauf-

meter Seil tragen müssen – dies unabhängig

davon, wo die Masten stehen und wie dick die

Seile sind», erklärt Martin Weber, Verantwort-

licher im Bereich Netzprojekte bei Swissgrid.

Für Belastungen durch Wind müssten abhän-

gig von der Höhe über Boden unterschiedliche

Winddrücke auf Mast- und Seilflächen ange-

nommen werden. Ausserdem erwähne die

Verordnung, dass speziellen Bedingungen vor

Ort, sei dies viel Wind oder Schnee, berück-

sichtigt und entsprechend höhere Zusatzlas-

ten angenommen werden müssten.

Herausforderungen für Planerinnen und PlanerDafür sind gute Ortskenntnisse unabding-

bar. «Grosse Zusatzlasten entstehen oft im

Bereich der Null-Grad-Grenze, wo zusätzlich

hohe Luftfeuchtigkeit und spezielle Winde

herrschen», sagt Weber. Dieses Risiko müs-

sen die verantwortlichen Ingenieurinnen und

Ingenieure einschätzen können und entspre-

chend planen: beispielsweise indem sie die

Mastkonstruktion verstärken, ein stärkeres

Seil verwenden oder die Spannweite zwischen

den einzelnen Masten verkürzen. Zentral ist

zudem insbesondere für Leitungen durch

Waldareal das regelmässige Schneiden der

nächstgelegenen Bäume. Der Abstand zwi-

schen den Bäumen und der Leitung muss so

gross sein, dass auch bei grösserem Strom-

durchfluss und entsprechend höherem Durch-

hang keine Gefahr einer Annäherung und so-

mit eines elektrischen Überschlags besteht.

Trotz vorausschauender Planung erlebt auch

Swissgrid Überraschungen: So geschehen

im März 2011 an der San Bernardino-Leitung

auf der Höhe des Nordportals. An der Stark-

stromleitung hatte sich wegen ungünstiger

Wetterbedingungen so viel Eis gesammelt,

dass sie aufgrund des grossen Durchhangs

die darunterliegende Mittelspannungsleitung

touchierte und darum abgeschaltet wurde.

«Wir haben berechnet, dass die Leitung durch

das Eis mit einer Zusatzlast von 40 Kilogramm

pro Laufmeter Seil belastet war», sagt Weber.

Obwohl sie nur für eine Zusatzlast von acht

Kilogramm ausgelegt war, hat die Leitung

keinen Schaden genommen. Solange die Be-

lastung konstant ist, können Leitungen weit

mehr tragen als die berechnete Höchstlast. «Zu

Schäden kann es dann kommen, wenn die Last

plötzlich ändert, also das Eis abbricht, oder ein

Baum auf die Leitung fällt», schildert Weber.

Machtlos gegen Lawinen und StürmeQuasi machtlos ist Swissgrid, wenn es um den

Schutz des Netzes vor Lawinen und Stürmen

geht. «Selbstverständlich werden bei der Pla-

nung der Leitungen in den Alpen die jeweiligen

Lawinenzüge oder Sturmgebiete berücksich-

tigt. Vor Lawinen schützen wir die Masten mit

Lawinenkeilen, die die Schneemassen nach

links und rechts ablenken», erklärt Weber.

Diese schützen die Masten in der Regel. Lösten

sich jedoch unerwartet grosse Schneemassen,

würden sie die Keile überfliessen oder suchten

sich einen ganz neuen Weg. Mit Abstand am

meisten Schäden an den Leitungen verursa-

chen Stürme. Insbesondere Äste oder ganze

Bäume, die auf die Leitungen kippen, fallen

ins Gewicht. «Wirksamstes Mittel hier ist die

Baumpflege. Aber bei Sturm können selbst

gesunde Bäume umkippen und das Netz be-

schädigen», sagt Weber. Insgesamt beurteilt

er die Netzinfrastruktur aber positiv: «Dank

guter Vorschriften und vorbildlicher Planung

profitieren wir von einem sicheren Netz.» (his)

? Wussten Sie, dass ...

… das Schweizer Übertragungsnetz 6700 Kilometer lang ist und aus rund 15 000 Strommasten besteht?

10

Page 13: energeia Nr. 4 / 2013

P o i n t d e v u e d ’ e x p e r t

Klimawandel verlangt ganzheitliche Ausrichtung der Wasserkraftnutzung

Das Klima in der Schweiz ändert sich und mit ihm die hydrologischen Verhältnisse. Die Abflüsse werden im

Sommer ab-, jene im Winter zunehmen. Eine Ausnahme bilden die stark vergletscherten Einzugsgebiete, die in den

nächsten Jahrzehnten von der zusätzlichen Eisschmelze profitieren werden. Interessanterweise werden sich die

Jahresabflussvolumina zumindest bis Mitte dieses Jahrhunderts gegenüber heute nicht signifikant verändern. Das

Hauptaugenmerk für nötige Adaptationsmassnahmen gilt somit der veränderten Saisonalität im Abflussgeschehen.

Kurz, angesichts der Breite möglicher Ver-

änderungen durch den Klimawandel wäre es

unverantwortlich, wenn die Kraftwerke ihre

Anpassungsmassnahmen allein auf die Pro-

duktions- und Gewinnoptimierung ausrich-

ten würden. Gefragt ist vielmehr eine ganz-

heitliche Strategie, welche die Bedürfnisse der

übrigen Wassernutzer mitberücksichtigt. Die

Wasserkraftbranche ist gefordert, von einem

Dargebotsmanagement – man nutzt, was man

hat – zu einem Verbrauchsmanagement über-

zugehen, das insbesondere auch eine gerech-

te Verteilung des Wassers in wasserknappen

Perioden vorsieht. Gefragt ist eine multifunk-

tionale Speicherbewirtschaftung, welche die

Interessen aller Wassernutzer mit einbezieht.

Um aber dahin zu gelangen, benötigen wir

einen Paradigmenwechsel. Die Herausforde-

rung besteht darin, den Beitrag der Wasser-

kraftwerke zur gesellschaftlichen Wohlfahrt

neu zu definieren. Die vielen in den nächsten

Jahren und Jahrzehnten auslaufenden Kon-

zessionen eröffnen uns interessante Mög-

lichkeiten zur Entwicklung ganzheitlicher Lö-

sungen, welche es erlauben, die Wasserkraft

gewinnbringend zu nutzen und gleichzeitig

die Folgen des Klimawandels im ganzen Was-

sersektor abzuschwächen. Noch haben wir es

selbst in der Hand, uns an den Klimawandel

anzupassen – ein Privileg im Vergleich zu an-

dern Regionen der Erde, in denen der Klima-

wandel zu drastischen, ja unlösbaren Verän-

derungen führen könnte.

* www.hydrologie.unibe.ch/projekte/ccwasserkraft.

html

Wie sind diese Ergebnisse nun aus der Sicht

der Wasserkraftproduktion zu werten? Re-

sultate der im Jahr 2011 abgeschlossenen Stu-

die CCWasserkraft * zeigen für die Mitte des

21. Jahrhunderts, dass die Produktion der

Wasserkraftwerke im Winter insgesamt um

rund zehn Prozent zu-, jene im Sommer hinge-

gen um etwa fünf Prozent abnehmen wird. Bei

der Jahresproduktion ergibt sich eine relative

Zunahme von um ein bis zwei Prozent. Dabei

ging man allerdings von der einschränken-

den Annahme aus, dass sich der Strommarkt

und das Konsumverhalten im Vergleich zu

heute nicht verändern werden. Die Wasser-

kraftwerke können also ihren wesentlichen

Beitrag zur Stromproduktion beibehalten,

wenn es gelingt, auf die veränderte Saiso-

nalität mit entsprechenden Massnahmen zu

reagieren – vor allem auch im Bereich der

Speicherbewirtschaftung.

Meines Erachtens greift aber diese rein pro-

duktionsorientierte Sichtweise zu kurz. Die

Anpassungsmassnahmen der Kraftwerke

müssen verstärkt den Gesamtkontext der

hydrologischen Veränderungen mitberück-

sichtigen. Trockenere Sommer erfordern zu-

sätzlichen Speicherraum zur Überbrückung

allfälliger Wasserknappheit in der Landwirt-

schaft und beim Trinkwasser, aber auch zur

Aufrechterhaltung der Ökosystemleistungen

unserer Fliessgewässer. Angesichts des ge-

planten und bereits realisierten Ausbaus der

Solar- und Windenergie muss zudem die Bat-

teriefunktion der alpinen Speicherseen the-

matisiert werden. Und auch zur Verminderung

grosser Hochwasser, die je nach Region eher

zunehmen werden, können Speicher einen

wichtigen Beitrag leisten.

Prof. Dr. Rolf Weingartner, Professor für

Hydrologie, Direktor des Geographischen Instituts

der Universität Bern.

11

Page 14: energeia Nr. 4 / 2013

Fachleute sprechen von «dynamischem Ther-

morating» oder – gut Deutsch – von «dyna-

mischer Kapazitätsauslastung». Dahinter

steckt die Idee, den Stromtransport in Über-

landleitungen auf das jeweils herrschende

Wetter abzustimmen. Dieses hat nämlich

erheb lichen Einfluss auf die Übertragungs-

leistung von Hochspannungsleitungen. Kalte

Seile leiten Strom gemäss den physikalischen

Gesetzen besser als warme. Hinzu kommt,

dass Leiter seile aus Stabilitätsgründen nur

bis zu einer bestimmten Temperatur erhitzt

werden dürfen. Bei den gebräuchlichen Frei-

leitungen wird diese Grenztemperatur bei

80 °C angenommen. Herrscht nun kühles

Wetter, kühlt dieses das Leiterseil, die Seil-

temperatur steigt also durch den Stromfluss

weniger schnell an. Anders ausgedrückt: Bei

F o r s c h u n g & I n n o v a t i o n

Wetterfühlige StromleitungenSollen Betreiber von Hochspannungs leitungen darauf achten, welches

Wetter gerade herrscht? Nicht-Fachleute mögen diese Idee belächeln.

Dabei wird genau dies im kleinen australischen Bundesstaat Tasmanien

schon seit 20 Jahren erfolgreich praktiziert. Und vielleicht bald auch in

der Schweiz. Entsprechende Forschungs arbeiten laufen auf Hochtouren.

kühler Umgebungstemperatur kann mehr

Strom transportiert werden, bis die Leitung

ihre Maximaltemperatur von 80 °C erreicht.

Wie gross der Einfluss des Wetters ist, ver-

anschaulicht das folgende Beispiel: Kann ein

bestimmtes Seil bei einer Seiltemperatur von

40 °C 700 Ampere Strom transportieren, dann

steigt die Übertragungsleistung dieses Seils

bei – 10 °C auf stolze 1200 Ampere. Mit anderen

Worten: Bei eisigem Winterwetter kann sich

die Übertragungsleistung einer Hochspan-

nungsleitung gegenüber extremer Sommer-

hitze fast verdoppeln.

Sicherer und effizienter Betrieb der LeitungsnetzeAngesichts solcher Unterschiede verwundert

es nicht, dass heute viel Forscherfleiss darauf

verwendet wird, den Einfluss des Wetters auf

die Transportleistung von Überlandleitungen

zu untersuchen. Ziel dieser Forschung ist,

die Netzsicherheit zu erhöhen. Denn in den

letzten Jahren ist das Hochspannungsnetz

immer stärkeren Belastungen ausgesetzt.

Noch in guter Erinnerung ist der Blackout

vom 28. September 2003, als die Stromver-

sorgung Italiens mehrere Tage beeinträchtigt

war, nachdem die Versorgungsleitungen über

den Lukmanier und den San Bernardino we-

gen Überbelastung kollabiert waren. Zu dem

Sicherheitsaspekt gesellt sich seit einiger Zeit

der Wunsch, die Netze effizienter zu betrei-

ben, sie also – unter Beibehaltung der nötigen

Sicherheitsmargen – an die Auslastungsgren-

ze heranzufahren. Dahinter stecken kommer-

zielle Überlegungen, aber auch die Hoffnung,

12

Page 15: energeia Nr. 4 / 2013

letztlich weniger neue Leitungen bauen zu

müssen. So könnten die langwierigen Reali-

sierungszeiten von bis zu 20 Jahren umgan-

gen werden, mit denen heute – auch wegen des

Widerstands der Anwohner – zu rechnen ist.

Freileitungen bestehen in den meisten Ländern

aus ACSR-Seilen (Aluminium conductor steel-

reinforced cable), zusammengesetzt aus einem

Stahlseil, das die mechanische Festigkeit des

Seils sicherstellt, sowie einem Aluminium-

Mantel, der den Strom leitet. Gross britannien

und die Schweiz setzen dagegen die etwas

leichteren AAAC-Seile (All Aluminium Alloy

Conductor) ein. Diese kommen ohne Stahlkern

aus, sie bestehen durchgehend aus Aluminium,

genauer gesagt aus der Aldrey-Legierung. Die-

se verleiht dem Seil besondere Zugfestigkeit

und Korrosionsbeständigkeit. Beide Seiltypen

sind seit Jahrzehnten zuverlässig im Einsatz.

Allerdings wissen selbst Experten und Her-

steller nicht ganz genau, wo die maximalen

Belastungsgrenzen der Leiterseile und damit

der Netze liegen. Christian Franck, Elektro-

technik-Professor an der ETH Zürich, fasst

den aktuellen Wissensstand pointiert zusam-

men «So, wie wir die Netze bisher betreiben,

ist es im Grund fast wie im Blindflug. Aber da

wir auf der sicheren Seite weit genug von der

Grenze entfernt fliegen, ist das nicht riskant.»

Vor diesem Hintergrund wollen Forscher nun

exakt verstehen, welchen Einfluss Stromdurch-

leitung oder Wettereinflüsse (Lufttemperatur,

Wind, Eis usw.) auf den Zustand des Leiterseils

(Seiltemperatur, Seilqualität usw.) haben.

Tests bei 4000 AmpereChristian Franck arbeitet in Zürich in der

Nähe des ETH-Hauptgebäudes. Er führt den

Besucher in einen turnhallengrossen Raum.

Hier im Hochspannungslabor der ETH steht

der Prüfstand, an dem Franck und seine For-

scherkollegen in einem aktuellen Projekt mit

dem Namen «Temperaturabhängige Kapazi-

tätsausnutzung für Freileitungen» (TeKaF)

die maximale Stromtragfähigkeit von Aldrey-

Freileitungen untersuchen. Auf dem Prüfstand

sind zwei Aldrey-Leitungen aufgespannt und

zu einem Stromkreis verbunden. Die Seile

können – bei niedriger Spannung von einigen

Volt – mit einem Wechselstrom bis zu 4000 Am-

pere belastet und einer Zuglast von bis zu 50

kNewton ausgesetzt werden. Hier untersuchen

die ETH-Forscher, wie verschiedene Typen von

Aldrey-Seilen auf verschiedene Stromstärken

und Zugspannungen reagieren, wie sie sich er-

hitzen und wie sich die Temperatur innerhalb

des Seils radial und in der Länge ausbreitet.

Dabei beobachteten die Forscher zum Bei-

spiel, dass sich Aldrey-Seile innen stärker er-

hitzen als aussen, was zu einer mechanischen

Verformung der einzelnen Adern führt; im Ex-

tremfall bis zu einer irreversiblen Schädigung

des Seils. Wenn die ETH-Forscher Sonnenein-

strahlung nachahmen wollen, benutzen sie

eine Infrarotlampe.

Messstationen und Kameras in luftiger HöheWer die Wettereinflüsse auf die Freileitun-

gen in ihrer Komplexität untersuchen will,

der muss nach draussen gehen, auf den

Bernina pass oder den Lukmanier, in jene

Gebiete, wo die Hochspannungsleitungen

die Alpen queren und extremen Wetter- und

Temperaturbedingungen ausgesetzt sind.

Hier oben in den Bergen setzt ein zweites

aktuelles Forschungsvorhaben mit dem Titel

«Optimierung des Betriebes von Freileitun-

gen aus meteorologischer Sicht» an. Dieses

will ergründen, wie das Wetter auf Freileitun-

gen wirkt, wie Lufttemperatur, Wind, Regen

und Schnee die Seiltemperatur beeinflussen,

welche Rolle die Oberf lächenbeschaffen-

heit und das Alter des Seils spielen. Um die

Wettereinflüsse zu bestimmen, haben die

Forscher im vergangenen Jahr an wichtigen

Nord-Süd-Transitleitungen Messgeräte ins-

talliert. Sie ermitteln Seiltemperatur, Luft-

temperatur und -feuchtigkeit, Windrichtung

und -stärke sowie die Globalstrahlung (di-

rekte und reflektierte Sonneneinstrahlung).

An ausgewählten Messstationen erfassen

Webkameras allfällige Eisbildung.

Seit letztem Herbst liefert das von Alpiq, BKW,

Repower, Swissgrid und dem Bundesamt für

Energie unterstützte Programm Messwerte.

Forscher können die Daten über einen Web-

browser abrufen und analysieren. So auch Urs

Steinegger, der jetzt in seinem Büro im Tech-

nopark Zürich vor dem Computerbildschirm

sitzt. Steinegger ist Co-Geschäftsführer

von Meteodat, einem Spin-Off der ETH Zü-

rich. Auf der Grundlage der Messwerte will

Steinegger das dynamische Thermorating

möglich machen, also einen Betrieb der

Überlandleitungen, der exakt auf das jewei-

lige Wetter zugeschnitten ist. Die Dispacher

der Netzbetreiber könnten dann bei der Fest-

legung der maximalen Strommenge – so das

Fernziel – für jede Überlandleitung auf das

aktuelle regionale Wetter abstellen.

Heute wird dem Betrieb der Freileitungen

nicht die aktuelle Temperatur zugrunde ge-

legt, sondern eine für die ganze Schweiz pau-

schal ermittelte Durchschnittstemperatur:

40 °C im Sommer, 10 °C im Winter, und 20 °C

in den Zwischenmonaten April und Oktober.

Das dynamische Leiterseilrating brächte ge-

genüber der aktuellen Praxis einen Effizienz-

vorteil: «Für einzelne Tage könnten wir fünf

bis zehn Prozent mehr Strom durchleiten»,

schätzt Steinegger. Das gilt insbesondere für

kühle Sommertage oder sehr kalte Winter-

tage. Hingegen müsste die Strommenge an

vergleichsweise warmen Wintertagen vermut-

lich tendenziell reduziert werden. (vob)

F o r s c h u n g & I n n o v a t i o n

Wetterfühlige Stromleitungen

3000

2500CIGREIECIEEE

2000

1500

00 2 4 6 8 10

500

wind velocity (m/s)max

imal

curr

ent c

apac

ity (A

)1000

Ta = –10˚CTa = 20˚CTa = 40˚C

Die Grafik zeigt, wie stark die Lufttemperatur die Durchleitungskapazität einer Freileitung beeinflusst. Die Kurven veran-schaulichen diesen Einfluss für den Sommer: Beträgt die Lufttemperatur nicht 40 °C, sondern – 10 °C, könnte die Leitung ca. 50 % mehr Strom transportieren, ohne zu überhitzen. Bläst der Wind, steigt die Durchleitungskapazität ebenfalls markant an. In der Realität sind nicht nur die Leitungen für die Durchleitungskapazität verantwortlich; daher handelt es sich um theoretische Werte. Grafik: ETH.

13

Page 16: energeia Nr. 4 / 2013

W i s s e n

Ein Auf und Ab hinter den Staumauern

Die Kurve des Füllungsgrads der Speicherseen folgt einem gleichbleibenden, saisonalen Zyklus. Die gering-

fügigen jährlichen Abweichungen hängen sowohl von der Preissituation auf dem Elektrizitätsmarkt als auch

von den Wetterbedingungen ab.

gelegenen Speicherseen nördlich der Alpen,

bringt aber für die Becken auf der Alpensüdseite

wenig Vorteile», sagt Christel Varone. «Hinge-

gen nützt ein regenreicher Sommer sowohl den

Kraftwerken unter 1700 Metern über Meer als

auch allen Speicherseen im Tessin.»

Anfang Oktober gefülltInsgesamt hängt der durchschnittliche Fül-

lungsgrad der Staubecken weniger von den

Wetterbedingungen als von den saisonalen

Schwankungen ab. Anders ausgedrückt: Die

Kurve hat jedes Jahr ungefähr denselben Ver-

lauf. In der Regel sind die Speicherbecken

Anfang Oktober gut gefüllt und leeren sich

anschliessend allmählich. Die Winternieder-

schläge werden in höheren Lagen in Form

von Schnee gespeichert. Im langjährigen

Verlauf wird der Mindestfüllungsgrad typi-

scherweise gegen Ende April erreicht, danach

füllen sich die Speicherseen mit der Schnee-

schmelze wieder. Doch unterscheiden sich

die verschiedenen Seen teilweise erheblich:

Einige Speicherbecken sind nur einmal im

Jahr gefüllt, andere wiederum füllen sich

jährlich mehrmals. Dies hängt im Wesentli-

chen mit dem Verhältnis zwischen der Grösse

des Einzugsgebiets und der maximalen Spei-

cherkapazität zusammen.

Am 15. April 2013 sank der durchschnittliche

Füllungsgrad der Speicherseen in der Schweiz

unter die 9 Prozent-Grenze. Die Becken waren

also fast leer. Im Kanton Graubünden lag der

Wert sogar bei 5,5 Prozent. Das ist der tiefste

Wert seit Beginn der elektronischen Daten-

erhebung durch das Bundesamt für Energie

vor fünfzehn Jahren. In der Zwischenzeit hat

sich die Situation normalisiert. Ende Mai lag

der durchschnittliche Füllungsgrad wieder bei

für diese Jahreszeit üblichen 18 Prozent.

Paradoxerweise folgte dieses Jahr die sehr ge-

ringe Wassermenge in den Speicherseen Mitte

April auf eine relativ ergiebige Niederschlags-

periode. Gemäss dem Klimabulletin von

MeteoSchweiz fielen im Winter 2012/2013 über-

durchschnittlich hohe Niederschlagsmengen.

Auf der Alpennordseite und im Wallis wurden

110 bis 140 Prozent der Norm für den Zeitraum

1980 – 2010 gemessen. Für Christel Varone, Me-

diensprecherin des Unternehmens Alpiq, ist

dies kein Widerspruch: «Die Niederschläge im

Herbst und Winter stellen nur einen sehr klei-

nen Teil der natürlichen Zuflüsse dar. Die Saison

wird weitgehend durch den Zufluss im dritten

Quartal bestimmt.» Und es gibt grosse regionale

Unterschiede. «Ein heisser Sommer, der zu einer

starken Gletscherschmelze führt, füllt die hoch

«Üblicherweise sind die Strompreise in den ers-

ten drei Monaten des Jahres am höchsten, da

der Verbrauch dann ebenfalls am grössten ist»,

hält Christel Varone fest. «Die Produzenten, die

beispielsweise dank Wasserkraftwerken über

Flexibilität verfügen, werden in dieser Periode

oft angefragt, Strom zu liefern.» Überraschen-

derweise waren im vergangenen Winter vor al-

lem die unterdurchschnittlichen Temperaturen

und die geringe Sonnenscheindauer auf der

Alpennordseite für den Verlauf verantwortlich.

Diese beiden Faktoren hatten den Anstieg des

Stromverbrauchs zur Folge und trugen zusam-

men mit einer späten Schneeschmelze dazu

bei, dass der Tiefststand der Speicherbecken

in diesem Jahr etwas früher erreicht wurde.

Preisabhängige KurveIn den Richtlinien für den Betrieb der Spei-

cherkraftwerke sind im Übrigen eine Unter-

und eine Obergrenze festgelegt. «Diesbezüg-

lich gibt es keinen Spielraum, die Risiken

wären andernfalls zu gross», erklärt Christel

Varone. Die Produktion einschränken können

auch weitere – gesetzliche oder vertragliche –

Vorgaben. «Wenn es die Umstände zulassen,

so wird die Entleerungskurve durch die Preis-

kurve bestimmt», schliesst die Alpiq-Medien-

verantwortliche. (bum)

Januar Februar März April

50%

Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember

Durchschnittlicher Füllungsgrad der Speicherseen in der Schweiz 1997 bis 2012.

14

Page 17: energeia Nr. 4 / 2013

K u r z g e m e l d e t

Die Zahl

Der Watt d'Or, die

prestigeträchtige

Auszeichnung des

Bundesamts für

Energie, wird am

9. Januar 2014 zum

achten Mal verlie-

hen. Gesucht wer-

den überraschen-

de, innovative und

zukunftsweisende

Energie-Initiativen, Technologien, Pro-

dukte, Geräte, Anlagen, Dienstleistungen,

Strategien, Gebäude oder energieeffizien-

te Raumkonzepte. Kurz: Gesucht werden

Bestleistungen im Energiebereich! Vor-

schläge können bis Ende Juli 2013 einge-

reicht werden. Infos gibt's im Internet auf

www.wattdor.ch.

S o l a r D e c a t h l o n : M i t t e n a u s d e m T e a m L u c e r n e – S u i s s e

Teilen, Tauschen und mehrIm Laufe des Frühjahrssemesters entwickel-

ten interdisziplinäre Teams fünf Konzept-

ideen. Nach einer Auswahl arbeitet nun das

ganze Team Lucerne – Suisse an einem Projekt

weiter: your + fokussiert – ergänzend zu den

zehn Disziplinen des Solar Decathlon – auf

Teilen und Tauschen, also auf urschweizeri-

sche und (eid-)genossenschaftliche Ideen.

Denn: In Zukunft wird der bestmögliche

Zugang zu Dingen wie Räumen, Objekten,

Dienstleistungen, Mobilität und Energie

von hoher Bedeutung sein. Diesen optima-

len Zugang ermöglichen wir in unserem

Projekt durch einen Kreislauf des Teilens

und Tauschens. Ein gesellschaftliches Netz

trägt dazu bei, dass Räume oder Energie

effizienter und ressourcenschonender ge-

nutzt werden können. Unsere Auffassung von

Suffizienz zeigt sich in einem Lebensmodell

– wir suchen darum nicht nur eine Lösung für

einen Ort, sondern eine Lösung im System.

Der tief in der Schweizer Tradition verwur-

zelte Genossenschaftsgedanke wird dabei

neu interpretiert. Wir zielen bewusst auf die

Heterogenität. Für den Kreislauf des Teilen

und Tauschens schaffen viele unterschiedli-

che Benutzerinnen und Bewohner eine breite

Vielfalt und erweitern die Optionen. Ein viel-

fältiges und benutzerspezifisches Angebot

verringert Raumbedarf und Mobilität und

schont somit Ressourcen.

N a c h h a l t i g e E n t w i c k l u n g

Der lange Weg zur 2000-Watt-GesellschaftDie Ergebnisse einer Studie der Empa und

der ETH Zürich zeigen, dass Herr und Frau

Schweizer noch weit von einem nachhaltigen

Lebensstil entfernt sind. Von 3369 befragten

Haushalten erfüllte kein einziger die Bedin-

gungen der 2000-Watt-Gesellschaft oder dem

Ausstoss von einer Tonne CO2 pro Person

und Jahr. Dennoch halten dir Forschenden

die Umwandlung unserer Gesellschaft in

eine nachhaltige 2000-Watt-Gesellschaft für

möglich – allerdings nur mit «grösstmögli-

cher Anstrengung».

Atelier Solar Decathlon / Team Lucerne – Suisse

Das Projekt des Teams Lucerne – Suisse erforscht für den Solar Decathlon 2014 räumliche, strukturelle

und soziale Phänomene und sucht angepasste, effiziente und innovative Bautechnologien, die als

integraler Bestandteil des Gebäudes wirken. Dabei werden verschiedene Massstabsebenen – Bauteil,

Pavillon, Gebäude, Quartier – in einem dichten, urbanen Kontext vernetzt.

G e o d a t e n

Storymap: Die 25 grössten Stauanlagen der SchweizIn der Schweiz sind 25 Stauanlagen höher

als 100 Meter, vier davon sogar höher als

200 Meter. Eine Storymap von swisstopo

und dem Bundesamt für Energie (BFE)

liefert allerlei Informationen zu den

grössten Schweizer Stauanlagen – von der

Lage über Luftaufnahmen bis hin zu den

Sperrenhöhen.

www.bit.ly/storybfe

1515

Page 18: energeia Nr. 4 / 2013

K u r z g e m e l d e t

Abonnemente und BestellungenSie können energeia gratis abonnieren: Per E-Mail ([email protected]), per Post oder Fax

Name:

Adresse: PLZ / Ort:

E-Mail: Anzahl Exemplare:

Nachbestellungen energeia Ausgabe Nr.: Anzahl Exemplare:

Den ausgefüllten Bestelltalon senden / faxen an: Bundesamt für Energie BFE Sektion Kommunikation, 3003 Bern, Fax: 031 323 25 10

E n e r g i e e f f i z i e n z

Settop-Box und Router: Stromverbrauch um einen Drittel reduzierenRund 500 Gigawattstunden Strom verbrau-

chen die in der Schweiz installierten Modems,

Router und Settop-Boxen pro Jahr. Knapp ein

Drittel davon könnte eingespart werden, wenn

die Benutzerinnen und Benutzer die Einstel-

lungen ihrer Geräte optimieren und den effi-

zientesten Modus wählen würden. Um die

Bevölkerung darüber zu informieren, welche

Einstellungen an den Geräten optimal sind,

lancierten das Bundesamt für Energie und die

Anbieter Sunrise, Swisscom und upc cable-

com eine Informationskampagne.

Weitere Informationen unter

www.energieschweiz.ch

B i l d u n g

Klassenzimmer im ZugDer neue SBB Schul- und Erlebniszug bietet Schulklassen der 5. bis 9. Schulstufe eine

einzigartige Lernumgebung rund um die Themen Sicherheit, nachhaltige Energie-

nutzung und Mobilität. Das Programm EnergieSchweiz unterstützt den Schulzug mit

dem Ziel, Kinder und Jugendliche für die nachhaltige Nutzung von Energie zu sensi-

bilisieren. Lehrpersonen können sich online für einen kostenlosen Besuch anmelden.

Weitere Informationen: www.energieschweiz.ch/schulzug

Rund 180 Gigawattstunden – das entspricht dem durchschnittlichen Stromverbrauch von rund 40 000 Haushalten – könnten eingespart werden, wenn bei den Geräten der jeweils bestmögliche Energiesparmodus eingestellt würde.

Der SBB Schul- und Erlebniszug sensibilisiert in Energiefragen.

16

Page 19: energeia Nr. 4 / 2013

A u s d e r R e d a k t i o n

Wenn energeia eine Reise tut5 . B I S 8 . S E P T E M B E R 2 0 1 3

Bauen und modernisieren, Zürich

Die 44. Messe für Bauen, Wohnen und Energie bietet viel Information rund ums energieeffi-ziente Bauen und Renovieren. Etwa 600 Ausstel-lerinnen und Aussteller zeigen ihre Produkte und vermitteln Trends und neue Entwicklungen.

Weitere Informationen: www.bauen-modernisieren.ch

5 . / 9 . / 1 2 . S E P T E M B E R 2 0 1 3

Energiesalon, Zürich

An drei Abendveranstaltungen widmet sich das Architekturforum dem Thema «Energie und Stadt». Anhand von drei Beispielen (Zürich, Hamburg und Hyderabad in Südindien) diskutie-ren Fachleute verschiedene Strategien nachhal-tiger Stadtentwicklung.

Weitere Informationen: www.energiekonzepte.ch/?p=1663

1 1 . U N D 1 2 . S E P T E M B E R 2 0 1 3

Swiss Energy and Climate Summit, Bern

Zum zweiten Mal findet in Anwesenheit ver-schiedener bekannter Persönlichkeiten aus dem In- und Ausland auf dem Bundesplatz der «Swiss Energy and Climate Summit» statt. Im Zentrum des Gipfels stehen die Themen Klima, Energie und Innovation.

Weitere Informationen: www.swissecs.ch

1 0 . U N D 1 1 . O K T O B E R 2 0 1 3

8th European Conference on Green Power Markets, Genf

Expertinnen und Experten stellen die neuesten Trends und Entwicklungen in den europäischen Grünstrommärkten vor. Das Forum wird zum achten Mal durchgeführt und findet in Genf statt.

Weitere Informationen: www.greenpowermarkets.eu

Weitere Veranstaltungen: www.bfe.admin.ch/kalender

Matthias Claudius dichtete einst: «Wenn je-

mand eine Reise tut, So kann er was verzäh-

len. D'rum nahm ich meinen Stock und Hut;

Und tät das Reisen wählen.» Dem schliesst

sich unser Redaktionsmitglied an: mit dem

mediterranen Klima, idyllischen Täler und

Seen und nicht zuletzt mit gutem Wein lockt

das Tessin. So fährt es ein langes Wochenende

in die Südschweiz – ganz umweltbewusst mit

der Bahn von Bern via Luzern nach Lugano.

3 Stunden 47 Minuten dauert die Reise, der

Zug ist praktisch leer und sehr bequem. Und

das Gute, die Reise per Bahn braucht prak-

tisch keine Energie.

Keine Energie? «Allein, wie kann ein Mensch

sich trügen», fährt Claudius in seinem Ge-

dicht fort. Wir prüfen also mit dem SBB

Umweltrechner, wie viel es tatsächlich ist:

Umgerechnet 11,7 Liter Benzin. Hoppla! Und

dann heisst es, der Kluge reist im Zuge? Auf

der Rückreise am Sonntagnachmittag ist die

Bahn bis auf den letzten Platz gefüllt. Wir

wählen beim Umweltrechner entsprechend

«hoher Auslastungsfaktor» und siehe da, die

Rückreise benötigt umgerechnet nur noch 1,8

Liter Benzin und verursacht 137 mal weniger

CO2 als wenn dieselbe Strecke mit dem Auto

zurücklegt würde.

Ein Ausflug des Redaktionskollegen führt

ihn mit seiner Familie in den Aquaparc in Le

Bouveret. Die Kinder freuen sich riesig, trotz

Regenwetter werden sie tropische Abenteuer

erleben. Mit dem Auto würde die Reise eine

gute Stunde dauern, mit der Bahn über zwei

Stunden. Trotzdem entscheidet er sich für die

ökologische Variante. Zurück im Büro gibt der

Umweltrechner erneut Auskunft: 12,2 Liter

Benzinäquivalent benötigte der Ausflug pro

Person. Doch Moment: Mit dem Auto wären's

nur 5,8 Liter gewesen, weniger als die Hälfte.

Immerhin hat die Wahl der Bahn knapp drei

Kilogramm CO2 eingespart.

Die Ergebnisse überraschen. Zwar ist die Bahn

mit einer durchschnittlichen Auslastung rund

vier Mal energieeffizienter als das durch-

schnittlich besetzte Auto über die gleiche Stre-

cke. Doch zeigt sich gleichzeitig wie schwierig

die Optimierung unseres Mobilitätsverhaltens

sein kann, wenn Energie, Umwelt, Komfort

und Reisezeit mit in die Überlegungen einbe-

zogen werden. Gegen Ende der Reise und auch

des Gedichts wächst die Einsicht: «Fand über-

all 'n Sparren, Die Menschen grade so wie wir,

Und ebensolche Narren.» Wir haben gelernt:

Die Auslastung eines Fahrzeugs ist entschei-

dender Faktor für den Energieverbrauch pro

Kopf. Nächstes Mal stören wir uns natürlich

trotzdem, wenn wir wie Sardinen im Zug von

Bern nach Zürich reisen – das Wissen um die

grösstmögliche Effizienz lässt den Ärger aber

schnell verfliegen. (swp)

www.sbb.ch/umweltrechner

Mobilität benötigt viel Energie: 2011 war es mehr als ein Drittel des

gesamten Energieverbrauchs der Schweiz. Und doch, Sommerzeit ist

Reisezeit und auch die energeia-Redaktion verreist immer wieder gerne

kurz oder lange, sei's nur um die Ecke oder etwas weiter.

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Page 20: energeia Nr. 4 / 2013

Premium-Partner Main-Partner

11./12. September 2013 Bundesplatz Bern Parallel zur Herbstsession

Energieeffizienz Klima-Adaption Gas-Fracking

Netzstabilität Energiestrategie Technologien

2. Swiss Energy and Climate Summit

www.swissECS.ch

Inserat–Energeia–­BFE_210x280.indd 1 04.06.13 12:15