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2. Fachkonferenz der Begleitforschung zum KfW-Förderprogramm Energetische Stadtsanierung Energiewende im Quartier: Herausforderungen für die Wohnungswirtschaft 24. Mai 2019 in Hannover Dokumentation

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2. Fachkonferenz der Begleitforschung zumKfW-Förderprogramm Energetische Stadtsanierung

Energiewende im Quartier:Herausforderungen für die

Wohnungswirtschaft

24. Mai 2019 in Hannover

Dokumentation

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„Energiewende im Quartier: Herausforderungen für die Wohnungswirtschaft“ 2. Fachkonferenz im KfW-Förderprogramm Energetische Stadtsanierung, 24. Mai 2019 in Hannover

Bearbeitung

Arge Urbanizers • plan zwei • KEEA

Urbanizers Büro für städtische Konzepte, Berlin

Dr. Gregor Langenbrinck

Anna Eckenweber

plan zwei • Stadtplanung und Architektur, Hannover

Dr. Klaus Habermann-Nieße

Kirsten Klehn

Lena Rosenau

Maximilian Rohland

KEEA Klima- und Energieeffizienz Agentur UG, Kassel

Armin Raatz

Thomas Duwe

Matthias Wangelin

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THEMENWERKSTATT 06 UND 07

Inhalt

Energiewende im Quartier: Herausforderungen für die Wohnungswirtschaft 6

Begrüßung 6

Einführung: Hintergrund und Ziele der Fachkonferenz 7

Entwicklung energieeffizienter Quartiere: Der Beitrag der Wohnungswirtschaft 8

Podiumsgespräch Klimaneutraler Wohnungsbestand 2050: Das Quartier als Handlungsebene 9

Forum 1 Gebäudeeffizienz und energieeffiziente Wärmeversorgung: Der optimale Mix auf Quartiersebene 10

Sanierung im Passivhausstandard als Unternehmensstrategie 10

Energieeffizient sanieren, bezahlbare Mieten sichern - Energetische Stadtsanierung Büchenbach-Nord 10

Ergebnisse und Hinweise aus der Diskussion 11

Forum 2: Anforderungen an zukunftsweisende Energieversorgung im Quartier: Der Beitrag der Wohnungswirtschaft 12

Energetischer Quartiersumbau als kooperativer Prozess – das Beispiel Hildesheim-Drispenstedt 12

Ergebnisse und Hinweise aus der Diskussion 12

Isarwatt eG: Sektorkopplung als Dienstleistung für die Wohnungswirtschaft 13

Ergebnisse und Hinweise aus der Diskussion 14

Energetische Stadtsanierung im Wohnquartier Ziehers-Nord in Fulda 15

Zusammenfassung 16

Weitere Informationen zur Energetischen Stadtsanierung 17

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„Energiewende im Quartier: Herausforderungen für die Wohnungswirtschaft“ 2. Fachkonferenz im KfW-Förderprogramm Energetische Stadtsanierung, 24. Mai 2019 in Hannover

Energiewende im Quartier: Herausforderungen für die WohnungswirtschaftSeit seinem Start 2011 leistet das KfW-Programm Energetische Stadtsanierung einen wich-tigen Beitrag zur lokalen Umsetzung der Ziele der Energiewende in Deutschland. Energe-tische Gebäudesanierung, effiziente Versorgungssysteme und der Ausbau erneuerbarer Energien werden auf der Quartiersebene verknüpft. Integrierte Quartierskonzepte und Sanierungsmanagements, die der Programmteil 432 fördert, bilden die strategische Ba-sis. Sie verbinden die Energiewende mit demografischen, ökonomischen, städtebaulichen und wohnungswirtschaftlichen Herausforderungen. Über die investiven Programmteile (201/202) Quartiersversorgung wird das Handeln vor Ort durch den energieeffiziente Aus-bau der Versorgungsinfrastruktur gefördert.

Die Energiewende im Gebäudesektor ist ein zentraler Baustein um die energie- und kli-maschutzpolitischen Ziele der Bundesregierung zu erreichen. Die Wohnungswirtschaft nimmt beim energetischen Umbau im Quartier eine zentrale Rolle ein. Im Rahmen der Konferenz wurde gemeinsam konkretisiert, welchen Beitrag die Wohnungswirtschaft lei-sten kann und wie sie das KfW-Programm 432 nutzen kann, um die Energiewende auf Quartiersebene gezielt voranzubringen.

Zentrale Themen der Konferenz waren:

• Gebäudeeffizienz und energieeffiziente Wärmeversorgung: Wie sieht das optimale Zusammenspiel dieser Handlungsfelder für einen klimaneutralen Gebäudebestand aus?

• Energieeffizient und bezahlbar: Mit welchen Konzepten kann die energetische Mo-dernisierung wirtschaftlich und bezahlbar umgesetzt werden? Was können Mieter-strommodelle beitragen?

• Sektorkopplung auf Quartiersebene: Welchen Beitrag kann die Wohnungswirtschaft leisten?

• Wohnungsunternehmen und Energiedienstleister: Wie werden erfolgreiche Koope-rationen zwischen Wohnungsunternehmen und Energieversorgern gestaltet?

BegrüßungKatharina Voss, Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI)

Frau Voss, als Referentin im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat zuständig für die Energetische Stadtsanierung, begrüßte die Teilnehmenden der Fachkonferenz. Sie betonte die Bedeutung der Wohnungswirtschaft als wichtigen Partner bei der Energiewen-de und dabei konkret der Wärmewende. Zum Erreichen der Klimaschutzziele der Bundes-regierung ist strukturiertes, umfassendes politisches Handeln nötig. Das KfW-Förderpro-gramm Energetische Stadtsanierung ist hierfür ein wichtiger Baustein, da es als einziges Förderprogramm Klimaschutz und Quartiersebene verknüpft. Diesen integrierten Ansatz des Förderprogramms hob sie als wichtiges Alleinstellungsmerkmal hervor.

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THEMENWERKSTATT 06

Einführung: Hintergrund und Ziele der FachkonferenzKirsten Klehn, Begleitforschung Energetische Stadtsanierung

Frau Klehn führte als Vertreterin der Begleitforschung in das Thema der Fachkonferenz ein. Der Gebäudesektor bietet ein großes Potenzial für die Minderung von Treibhausgase-missionen. Vor dem Ziel, dass der Gebäudesektor bis 2050 nahezu klimaneutral sein soll, besteht trotz aller Sanierungserfolge weiterhin ein erhebliches Handlungspotenzial: In einem integrierten Energiesystem werden Gebäude zukünftig eine noch wichtigere Rolle spielen, auch im Hinblick auf ihre Speicherpotenziale und ihre Einbindung und Verknüp-fung mit den Bereichen Energieerzeugung und Energieverteilung, Verkehr und Industrie.

Seit dem Beginn der Energetischen Stadtsanierung vor etwa sieben Jahren hat im Zu-sammenhang mit dem Thema Sektorkopplung die klimagerechte Mobilität erheblich an Bedeutung gewonnen. Dies spiegelt sich auch in den Konzepten und Sanierungsmanage-ments wieder, für die seit dem Programmstart 1.200 Förderzugsagen ausgesprochen wer-den konnten.

Die zweite Phase der Begleitforschung startete im Jahr 2018 und wird bis 2022 andauern. Dabei werden 70 Praxisprojekte begleitet und ausgewertet. In zahlreichen ist die Woh-nungswirtschaft ein aktiver Partner. Beispielsweise saniert in Regensburg-Margaretenau eine Genossenschaft eine denkmalgeschützte Siedlung aus dem Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts unter energetischen Gesichtspunkten. Ein weiteres Beispiel ist Hamburg-Dudenweg, wo die grundlegende Modernisierung einer Siedlung aus den 1950er Jahren ansteht.

Die Wohnungsunternehmen sind herausgefordert, die Voraussetzungen für die Wärme-wende in Gebäuden zu schaffen. Die Energieeffizienz der Gebäude ist dabei nur ein Aspekt. Wichtig sind ebenso der Ausbau objektnaher erneuerbarer Energien sowie das Zusam-menspiel verschiedener erneuerbarer Wärmetechnologien und effiziente Kopplung mit dem Stromsektor. Die Digitalisierung der Energiewirtschaft bringt weitere Anforderungen an die Wohnungswirtschaft mit sich.

Die Wohnungsunternehmen können die Energetische Stadtsanierung bei der Bewälti-gung der benannten Herausforderungen für sich nutzen. Mit Quartierskonzepten kann eine ganzheitliche Quartiersentwicklung mit dem Fokus Energie strategisch vorbereitet werden. Wohnungsunternehmen können damit effiziente und wirtschaftlich tragfähige Sanierungskonzepte für ihre Bestände erarbeiten oder die Erprobung neuer innovativer Lösungen ermöglichen. Das Sanierungsmanagement kann die Umsetzung von Maßnah-men vor Ort vorbereiten und unterstützen, die nötigen Partner gewinnen und Bewohner-beteiligung sicherstellen.

Ziel der Veranstaltung ist, die Anwendungsmöglichkeiten und den Wert der Energetischen Stadtsanierung für die Wohnungswirtschaft an praktischen Beispielen zu verdeutlichen.

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„Energiewende im Quartier: Herausforderungen für die Wohnungswirtschaft“ 2. Fachkonferenz im KfW-Förderprogramm Energetische Stadtsanierung, 24. Mai 2019 in Hannover

Entwicklung energieeffizienter Quartiere: Der Beitrag der WohnungswirtschaftGuido Schwarzendahl, Bauverein Halle & Leuna eG

Herr Schwarzendahl berichtete über die Rolle der Wohnungsgenossenschaften im Zuge der Energiewende un den entstehenden Herausforderungen. Der Bauverein Halle & Leuna eG verfügt über Bestände an vier Standorten – in Halle und Mittelstädten im Umkreis. Die bekannten strukturellen Probleme der Region führten zu Leerstandsquoten von bis zu 25 %, konnten aber – auch mit Hilfe von Abrissmaßnahmen – auf aktuell 8,8 % verringert werden. Das Mitpreisniveau ist entsprechend im bundesdeutschen Vergleich unterdurch-schnittlich, da sich zudem etwa die Hälfte der Bestände in Plattenbauten befindet. Die Genossenschaft verfügt über verschiedene Beteiligungen, darunter eine Verwaltungsge-sellschaft sowie ein Energie- und Service-Unternehmen. Dies erlaubt der Genossenschaft zum bereits seit Jahren wichtiger werdenden Thema Nachhaltigkeit selbst aktiv zu werden. Auch abseits von Leuchtturmprojekten muss sie umfassend im Bestand und auf Quar-tiersebene sowie teils im Mobilitätsbereich tätig werden. Hierbei muss immer abgewogen werden, wie umfassend Umbaumaßnahmen ausfallen können, ohne Mieterhöhungen zu verursachen.

Rückblickend konnten seit den 1990er Jahren große Einsparungen durch grundlegende Modernisierungen des Bestandes erreicht werden. Aktuell zeichnet sich der Gebäudebe-stand durch einen Vollmodernisierungsgrad von nahezu 73 % aus, ein großer Teil davon ist auch nach aktuellen Maßstäben – hinsichtlich der energetischen Qualitäten – vorbildlich. Weitere deutliche Einsparungen werden hingegen voraussichtlich relativ schwerer und damit ggf. gerade für die Mieterschaft schwieriger zu stemmen sein, da sie höhere Kosten verursachen. Der Bauverein Halle & Leuna verfolgt einen integrierten und integrierenden Ansatz, wobei sich die Herausforderungen in Bestandsvierteln stark mit dem Programm 432 (Konzepterstellung und Sanierungsmanagement) deckt.

Herr Schwarzendahl beschrieb als besondere Chance, dass es das KfW-Programm 432 ermöglicht, externe Experten zu beauftragen. So können bewusst neue Wege gegangen werden und neue Erfahrungen in das Unternehmen eingebracht werden. Dadurch sind beispielsweise im Lutherviertel in Halle heute die Wärme- und Stromversorgung für die Mieter und Mieterinnen günstiger als zuvor, nachdem u.a. das Wärmenetz auf 1.150 m neu verlegt und damit 14 Gaskesselanlagen abgelöst wurden. Auch ein E-Carsharing-Angebot und E-Bikes gehören zum Maßnahmenpaket vor Ort.

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Podiumsgespräch Klimaneutraler Wohnungsbestand 2050: Das Quartier als HandlungsebeneDr.-Ing. Ingrid Vogler, Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V. (GdW)

Hiram Kahler, Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft in Niedersachsen und Bremen e.V. (vdw)

Guido Schwarzendahl, Bauverein Halle & Leuna eG

Das Quartier als Handlungsebene –Chancen und Grenzen des Quartiersansatzes der Energetischen Stadtsanierung

Herr Kahler betonte, dass die Wohnungsunternehmen offen für Lösungen auf Quartiers-ebene und bereit zur Mitwirkung seien. Besonders handlungsfähig sei man in Quartieren mit homogenen Bestandssituationen, wie am Beispiel Halle aufgezeigt.

Frau Vogler unterstrich die Herausforderungen, die sich aus dem Zusammenwirken ver-schiedene Gesetze und Richtlinien aus unterschiedlichen Bereichen beim Thema Ener-giewende ergeben. Es werde sich zeigen, welche Änderungen das Gebäudeenergiegesetz (GEG) hier bringen wird. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen erschweren die Umset-zung komplexer Lösungsansätze, z.B. im Bereich der Sektorkopplung. Daran anschließend berichtete Herr Schwarzendahl von in Halle beteiligten Unternehmen, die wechselseitig ihr jeweiliges Know-How einbrachten, um die vorgestellten Projekte gemeinsam umzu-setzen. Problematisch sei, dass Wissen auch über „Misserfolge“ generiert werde – das kön-ne sich die Wohnungswirtschaft nur begrenzt leisten.

Voraussetzungen für eine gelingende Kooperation zwischen Stadtwerken und Wohnungswirtschaft in Hinblick auf die Wärmewende im Quartier

Frau Vogler berichtete von unterschiedlichen Erfahrungen mit Stadtwerken. sie lägen zwischen Kooperation und Konkurrenz. Gerade angesichts hoher Investitionssummen bei Energieerzeugung und -umwandlung an Gebäuden müsse die Frage gestellt werden, wer diese leisten könne. Es solle bedacht werden, dass die Wohnungswirtschaft dies nicht allein tragen könne.

Verantwortung der Wohnungswirtschaft für die Energiewende im Quartier

Frau Vogler wies zunächst daraufhin, dass die Mitgliedsunternehmen des GdW nur über einen kleinen Teil des Wohnungsbestands in Deutschland verfügen. Der größte Teil sei im Besitz privater Eigentümer. Die Energiewende müsse „herbeiinvestiert“ werden. Ten-denziell übernehme die organisierte Wohnungswirtschaft eher die Verantwortung für die ärmeren Bewohnerschichten und stehe damit vor der besonderen Herausforderung, die energetische Bestandsmodernisierung bezahlbar zu gestalten.

Herr Schwarzendahl hob hervor, dass 20 % Energieeinsparung über das Verbrauchsverhalten der Bewohnerinnen und Bewohner zu erschließen sei. Beratungen zum Themen Energiespa-ren können somit zu großen Fortschritten führen. Die nicht- und gering-investiven Maßnah-men können große Effektivität entfalten und müssten strategisch betrachtet werden.

Herr Kahler ergänzte, dass besonders in unsanierten Beständen absehbar große Einspa-rungen zu erreichen sein, auch wenn Investitionsvolumen oft abschreckten. Frau Vogler setzte sich hier dafür ein, den Wohnungsunternehmen Spielraum bei der Erreichung der verpflichtenden Energiestandards einzuräumen und durch eine Quartiersbetrachtung so-wie quartiersbezogene Einsparziele individuelle Lösungen zu ermöglichen.

Zum Thema CO2-Besteuerung merkte Frau Vogler an, dass Mieterhöhungen die Folge sein könnten, die besonders Niedrigverdienende belasten. Auch seien die Investitionsquoten der Unternehmen begrenzt, weshalb eine abrupte Intensivierung der Gebäudesanie-rungen kaum möglich wäre. Herr Schwarzendahl betonte, dass eine Besteuerung mit einer Umverteilung zu koppeln sei. Der Blick sei hier aber auch auf den noch verbrauchsinten-siven Verkehr zu richten.

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„Energiewende im Quartier: Herausforderungen für die Wohnungswirtschaft“ 2. Fachkonferenz im KfW-Förderprogramm Energetische Stadtsanierung, 24. Mai 2019 in Hannover

Forum 1 Gebäudeeffizienz und energieeffiziente Wärmeversorgung: Der optimale Mix auf Quartiersebene

Sanierung im Passivhausstandard als UnternehmensstrategieSabina Germeroth, Wohnbau Gießen GmbH

Frau Germeroth, Leiterin des Kundenservices der Wohnbau Gießen, berichtete einleitend von den Rahmenbedingungen vor Ort. Das Unternehmen ist größter Wohnungsanbieter in Gießen und auf untere Einkommensschichten fokussiert. Die Mietermitbestimmung ist dem Unternehmen sehr wichtig und so sind unter anderem zwei Mietervertreter im Aufsichtsrat vertreten. Die Wohnbau Gießen sieht sich als Partner der Kommune in der Quartiers- und Stadtentwicklung in Gießen.

In den kommenden Jahren werden 400 neue Sozialwohnungen errichtet. Das kommunale Klimaschutzkonzept wird in Kooperation mit den Stadtwerken und Hochschulen um-gesetzt. Ein Baustein ist die Sanierung im Passivhausstandard, die die Wohnbau Geißen durch eine Kombination von Bundes-, Landes- und kommunalen Fördermitteln sozial-verträglich gestaltet. So gelingt es Kaltmietenerhöhungen im Zuge der Sanierung zu mi-nimieren. Im vorgestellten Beispiel „Eichgärtenallee“ ist die Kaltmiete nach Sanierung für Bestandsmieter zwar von 4,30 €/m² auf 6,00 €/m² gestiegen. Für die Warmmiete bedeute dies einen Anstieg von 6,05 €/m² auf 6,30 €/m². Die Endenergie wurde von 232 kWh/m² auf 24 kWh/m² reduziert. Die Verbrauchssenkung wurde anhand von Verbrauchswerten bestätigt. In der Mieterschaft trifft das Sanierungskonzept auf große Zufriedenheit, da bei vergleichsweise geringer Mieterhöhung eine hohe Wohnwertverbesserung erreicht wird.

Energieeffizient sanieren, bezahlbare Mieten sichern – Energetische Stadtsanierung Büchenbach-Nord Gernot Küchler, GEWOBAU Erlangen mbH

Die Stadt Erlangen hat etwa 113.000 Einwohner. Sie ist Hauptstandort der Siemens AG und durch eine hohe Anzahl weiterer Industrieunternehmen geprägt. Die Neuvermietungs-preise steigen stetig.

Herr Küchler berichtete von der Unternehmensstrategie „Bezahlbares Wohnen“. Demanch sieht die GEWOBAU Erlangen vor, 2.000 neue Wohnungen bis 2023 zu errichten. Bereits in den vergangen Jahren wurden verschiedene Neubauvorhaben – speziell auch über Nach-verdichtungen – realisiert. Im vorgestellten Viertel Büchenbach-Nord ist eine umfassende Bürgerbeteiligung essentiell gewesen, um Akzeptanz für die umfassenden Maßnahmen zu sichern. Bürgerinnen und Bürger wurden von Anfang an eingebunden und erhielten beispielsweise die Möglichkeit, beim Architekturwettbewerb mitzuentscheiden. Die Ein-bindung des Oberbürgermeisters erhöhte die Glaubwürdigkeit und damit das Vertrauen in eine ernst gemeinte Beteiligung.

Bereits 2013 wurde vorbereitend ein Quartierskonzept erarbeitet, um anschließend in drei Bauabschnitten tätig werden zu können. Eine Kooperation mit dem Unternehmen Sie-mens ermöglichte es, mit Hilfe von Simulationen eine optimale Maßnahmenmischung zu berechnen: Mieterstrom wurde als ein wichtiger Baustein des Energiekonzeptes heraus-gearbeitet. Auf eine zentrale Warmwasserversorgung wird aufgrund der Streckenverluste verzichtet. Der Passivhausstandard wird aus wirtschaftlichen Gründen nicht realisiert, stattdessen wurden die Modernisierung als KfW-Effizienzhaus 55 vorgenommen. Die Mo-dernisierung zieht eine Mieterhöhung von 0,50 €/m2 nach sich, so dass die Mieten nun im Schnitt bei 5,50 €/m2 liegen. Neben KfW-Fördermitteln wurden Mittel aus dem baye-rischen Modernisierungsprogramm eingesetzt.

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Ergebnisse und Hinweise aus der DiskussionDie Umsetzung der jeweiligen kommunalen Klimaschutzstrategien ist für die Wohnbau Gießen und die GEWOBAU Erlangen eine entscheidende Motivation, hohe Ansprüche an die energetische Bestandsmodernisierung zu stellen. Weil sie sich als „Bestandshal-ter“ definieren, sanieren sie den Bestand nachhaltig und machen ihn zukunftsfähig. Frau Germeroth von der Wohnbau Gießen vertrat den Standpunkt, dass Wohnungs-unternehmen in gewisser Hinsicht „idealistische“ Ansprüche haben müssen, da sie als Beschaffer von Wohnraum für breite Schichten und über Generationen hinweg Verant-wortung auch abseits von kurzfristigen Gewinnzwängen verfolgen. Auch in Erlangen sieht sich das Unternehmen mit engem Bezug zur Kommune. Durch das bayerische Modernisierungsprogramm (0 %-Finanzierung) wird ein zusätzlicher Anreiz geschaf-fen, um eine sinnvolle Aufwertung des Stadtteils – auch mit der Akzeptanz der Miete-rinnen und Mieter – zu realisieren.

Folgende Herausforderungen für die Umsetzung der Sanierung wurden benannt:

• Die grundlegende Sanierung im bewohnten Zustand ist eine große Herausforde-rung für die Organisation des Bauprozesses und für die Mieterinnen und Mieter.

• Es muss eine sinnvolle Abwägung zwischen ehrgeizigen Klimaschutzzielen und bezahlbaren Mieten getroffen werden.

• Die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Umsetzung von Mieterstrommodel-len sind kompliziert.

• Die Nachverdichtung von Wohnsiedlungen ist ein wichtiger Aspekt in der Wirt-schaftlichkeit des Gesamtvorhabens, erfordert in der Umsetzung allerdings eine intensive Bürgerbeteiligung.

• Die „Mietererziehung“ zu klimabewusstem Verbrauchsverhalten funktioniert nur über die Preissteuerung.

Folgende Erfolgsfaktoren haben die Umsetzung der hohen energetischen Standards bei bezahlbaren Mieten ermöglicht:

• In Erlangen wurde eine deutliche Baukosteneinsparung (etwa 30 %) durch strategische Aspekte in Vereinbarung zwischen Wohnungsunternehmen und Kommune erzielt (z.B. Verzicht auf öffentliche Ausschreibung, Reduzierung des Stellplatzschlüssels, Erhöhung des Nachverdichtungspotenzials durch Anpassung der Abstandsregeln).

• Ohne die kombinierte Nutzung aller zur Verfügung stehenden Fördermittel auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene wäre die nahezu warmmietenneutrale Modernisierung in beiden Beispielen nicht möglich gewesen.

• Der „optimale Mix“ zwischen Energieeffizienz der Gebäude und Effizienz bzw. CO2-Reduktion über das Wärmeversorgungssystem ist in jedem Projekt individu-ell zu ermitteln (Stichwort: Pareto-Optimum).

• Wichtig ist der integrierte Ansatz als Grundlage der Erneuerungsstrategie für das Quartier.

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„Energiewende im Quartier: Herausforderungen für die Wohnungswirtschaft“ 2. Fachkonferenz im KfW-Förderprogramm Energetische Stadtsanierung, 24. Mai 2019 in Hannover

Forum 2: Anforderungen an zukunftsweisende Energieversorgung im Quartier: Der Beitrag der Wohnungswirtschaft

Energetischer Quartiersumbau als kooperativer Prozess – das Beispiel Hildesheim-DrispenstedtWolfram Poppenhäger, Gemeinnützige Baugesellschaft zu Hildesheim AG (gbg)

Klaus Blome, Energieversorgung Hildesheim GmbH & Co. KG (EVI)

Herr Poppenhäger (Gemeinnützige Baugesellschaft zu Hildesheim) und Herr Blome (En-ergieversorgung Hildesheim) stellten gemeinsam das Projekt Hildesheim-Drispenstedt vor. Hier wird das Ziel verfolgt, mindestens 80 % der Wärmeversorgung über erneuerbare Energieträger zu realisieren und den Energieverbrauch des Quartiers von 11,5 GWh auf 8 GWh zu reduzieren.

Die Notwendigkeit eines neuen Wärmelieferungsvertrags war ausschlaggebender Faktor für die Umsetzung. Diesen auszuhandeln hat etwa zwei Jahre gedauert und war ein hartes Ringen. Denn sowohl auf der Gebäude- als auch auf der Wärmelieferungsseite mussten und müssen zukünftig abgestimmte Rahmenbedingungen eingehalten werden. Außerdem durfte der neue Wärmelieferungspreis (9 ct/kWh) für die Mieterinnen und Mieter nicht zur Kostenfalle werden. Auch die Übergabe der Energieversorgungsanlagen vom Wohnungs-unternehmen an den Energieversorger war ein Aspekt der Verhandlungen.

Parallel wurden die Energieversorgung des Quartiers umgestellt und der Energiever-brauch der Gebäude reduziert. Seit 2014 wurden mehrere Gebäude des Wohnungsun-ternehmens im KfW-Effizienzhausstandard 75 bzw. 55 saniert. Die bereits in den 1990er Jahren sanierten Gebäude wurden nicht erneut angefasst. Das vorhandene Nahwärme-netz blieb erhalten, die BHKW-Anlage wurde 2016 optimiert und im folgenden Jahr ein Wärmespeicher (300 m3) als imageprägendes Element am Quartiersplatz errichtet. Da die Netztemperaturen abgesenkt wurden, wird gebäudeseitig eine Biofiltrierung eingesetzt, um einen ausreichenden Legionellenschutz zu gewährleisten.

Für die Zukunft ist geplant, ein solarthermisches Feld mit einem saisonalen Speicher zu errichten. Dies scheitert derzeit an den stadtplanerischen Zielen und bauplanerischen Festsetzungen der Kommune. Auch die Reduktion der Netztemperatur sowie der Umgang mit Engpassleistungen sind wichtige Zukunftsaufgaben.

Der Austausch mit den unterschiedlichen wohnungswirtschaftlichen und energietech-nischen Verbänden, sowie die Beforschung durch unterschiedliche Hochschulen hat dazu beigetragen, das Projekt zu optimieren und einen hohen Innovationsgrad zu erreichen.

Ergebnisse und Hinweise aus der Diskussion• Ein saisonaler Multivalenzspeicher (= im Jahresverlauf Trinkwasser erwärmen

und Heizwasser puffern) soll das Projekt komplettieren.• Mieterinnen und Mieter sollen vom „Konsumenten“ (z.B. Konsum von Strom)

zum „Prosumenten“ (z.B. Produktion und Konsum von Mieterstrom) werden.• Da Photovoltaik (für Mieterstrom) auf den Dachflächen abgewickelt werden soll,

sind sie zu „wertvoll“ für Solarthermie. In der Diskussion zeigte sich, dass vor die-ser Herausforderung auch weitere Quartiere stehen (z.B. Flächenkonkurrenz von Solarthermie und Biomasse im Freiraum).

• Die Heizkörper in den Bestandsgebäuden in Drispenstedt waren nach der Gebäu-dedämmung überdimensioniert. Mit der Umstellung auf Niedertemperatur sind die größeren Heizflächen wieder passend und zur Weiternutzung geeignet.

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Isarwatt eG: Sektorkopplung als Dienstleistung für die WohnungswirtschaftGerhard Schönleber, Isarwatt eG, München

Insgesamt 14 (Wohnungs-)Genossenschaften und Unternehmen haben sich zur Isar-watt zusammengeschlossen. Die Isarwatt ist eine Dienstleistungsgenossenschaft. Sie bietet Wärme und Strom aus BHKW, Mieterstrom (bei neuen PV-Anlagen, alte Anlagen werden weiterhin eingespeist), Sharing-Angebote (E-Auto, E-Fahrrad, E-Lastenfahrrad, ÖPNV-Tickets). Herr Schönleber ist sowohl Vorstandsmitglied der Isarwatt als auch der Wohnungsbaugenossenschaft Wagnis eG. Er berichtet, dass ein Auslöser für die Gründung gewesen sei, dass Genossenschaften, die keine Körperschaftssteuer zahlen, maximal 10 % Gewinn erwirtschaften dürfen. Aufgrund der umfangreichen Angebote einzelner Woh-nungsgenossenschaften im Bereich erneuerbarer Energien, war dieser Schritt notwendig geworden. Ihre Angebote wiederum sind in die Isarwatt eingeflossen und wurden weiter ausgebaut.

Um die vielfältigen Aufgaben und Tätigkeitsfelder zu koordinieren hat die Isarwatt eigene Mitarbeiter, die sich ausschließlich mit der Entwicklung von Apps und Marktbewegungen befassen.

Die aktuellen Herausforderungen der Isarwatt im Bereich Mobilität liegen darin, wie E-Fahrzeuge, die in Garagen auf Nachbargrundstücken geparkt werden, über Schlüssel und Öffnungssysteme geteilt werden können. Es wird überlegt, ob Mietgebühren für Stellplät-ze von Lastenfahrrädern erhoben werden sollen. Aktuell betrifft dies nur Pkw-Stellplätze. Um das nachhaltige Mobilitätskonzept zu stärken wird im Mietvertrag fixiert, dass die Mieterinnen und Mieter kein eigenes Auto besitzen, auch wenn dies rechtlich nicht un-bedingt durchsetzbar ist.

Im Bereich Energie liegen die aktuellen Aufgaben in der Vielfältigkeit des Energiemixes. Welcher Energieträger, in welcher Menge eingespeist und abgenommen wird, ist über ein online-Tool (https://www.buzzn.net/energiegruppen/isarwatt/) ablesbar. Das virtuelle Kraftwerk trägt dazu bei, dass nicht nur gemessen wird, sondern auch simple grafische, minutenaktuelle Darstellungen das Thema greifbar und verständlich machen. Buzzn fun-giere aber auch als „Zwischenhändler“; beispielsweise kauft die Firma Einspeisestrom zu-nächst ein, um ihn dann an die Mieterinnen und Mieter zurück zu verkaufen.

Aus der Praxis der Wohnungsbaugenossenschaft Wagnis berichtete Herr Schönleber, dass für die E-Mobilität ein Lademanagementsystem aufgebaut wurde, das aus zwei Anschlüs-sen à 22 kw und einem Stromspeicher besteht.

Bei Neubauten werden außerdem Messdienste z.B. für die Wärmeabrechnung instal-liert. Dadurch, dass die Zähler übers Internet digital abgelesen werden, ist es möglich, die Grundgebühr um 60 € deutlich zu senken.

Ziel der Isarwatt ist außerdem, Know-How an Dritte zu vermitteln und so die Gründung von Stadtteilgenossenschaften zu fördern.

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„Energiewende im Quartier: Herausforderungen für die Wohnungswirtschaft“ 2. Fachkonferenz im KfW-Förderprogramm Energetische Stadtsanierung, 24. Mai 2019 in Hannover

Ergebnisse und Hinweise aus der Diskussion• Die Abrechnung von Mieterstrom ist kompliziert. Beispielsweise zahlt die Woh-

nungsbaugenossenschaft Wagnis der Isarwatt die Einspeisevergütung. Weiter behindert würden Mieterstrommodelle dadurch, dass die gesetzlichen Rahmen-bedingungen nur eine zeitlich kurze Verlässlichkeit hätten.

• Die Leistungsfähigkeit der Stromnetze ist begrenzt und der E-Mobilitätsausbau deshalb nicht in jedem Haushalt möglich.

• E-Fahrzeuge sind noch nicht in den Massen auf dem Markt, wie es den (ursprüng-lichen) Klimaschutzzielen der Bundesregierung entspricht. Auch Forschung und Entwicklung spiegeln dies nicht wieder, denn Elektroantriebe würden überwie-gend für Fahrzeuge hoher Gewichtsklassen (SUV) entwickelt.

• Mit Blick auf die Verfügbarkeit von erneuerbaren Stromlieferanten (Photovolta-ik) könnte ein Lösungsweg sein, tauschbare Akkus zu verwenden. Während eine Akku im Fahrzeug in Betrieb ist, wird der zweite aufgeladen.

• Der Umnutzung von (Tief-)Garagen von Pkw- zu Lastenfahrradstellplätzen ist zwar in Bayern möglich, in Niedersachsen wiederum nicht. Hier untersagt die „Garagenverordnung“ der NBauO die Fremdnutzung.

• In München wird die Mieterberatung und -befragung mit 6.000 € gefördert.• Die Stadt München schreibt unterschiedliche Stellplatzschlüssel vor. Dieser ist

vom jeweiligen Mobilitätskonzept in einem Neubaugebiet abhängig.

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Energetische Stadtsanierung im Wohnquartier Ziehers-Nord in FuldaUlrich Türk, Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte/Wohnstadt

Das Unternehmen ist aktuell der größte Wohnungsanbieter in Hessen und sowohl als Wohnungsbauer als auch Stadtentwickler tätig: 70 angestellte Stadtplanerinnen und Stadtplaner erlauben die Betreuung von Städtebauförderprogrammen. Der Zielauftrag des Landes Hessen sieht aktuell vor, im Laufe der kommenden Jahre 6.000 Wohnungen zu errichten.

Herr Türk stellte das Projekt in Fulda Ziehers-Nord vor: Der Stadtteil wird von etwa 1.800 Menschen bewohnt und ist überwiegend durch Zeilenbebauung aus der Nachkriegszeit geprägt. Eine Gebäudesanierung in den Beständen der Wohnstadt stand an. Hier plante das Unternehmen bereits eigenständig Maßnahmen und entschied sich, das KfW-Programm ergänzend hinzuzuziehen. Je ein Drittel des Eigenanteils zu der KfW-Förderung wurde von der Stadt Fulda, dem Energieversorger Rhön-Energie sowie der Unternehmensgrup-pe Nassauische Heimstätte/Wohnstadt eingebracht. Aufbauend auf dem Quartierskon-zept wurde ein Sanierungsmanagement beantragt. Seit Fertigstellung des Konzepts 2013 werden die Bestände der Wohnstadt im Quartier sukzessive modernisiert. Bis 2022 soll die Modernisierung abgeschlossen werden.

Schwerpunkt der Tätigkeit des Sanierungsmanagements ist die Öffentlichkeitsarbeit im Quartier. Regelmäßige Sprechstunden, eine Homepage über das Projekt, Erstberatungen sowie ein „Energiepavillon“ für Kinder sind Bausteine der Öffentlichkeitsarbeit. Ziel ist es, das Energiesparverhalten der Bevölkerung zu stärken – auch unter Zuhilfenahme auf-suchender Beratungen. Die Eigentümeraktivierung zählt zu den zentralen Herausforde-rungen der Quartiersentwicklung.

Der Quartiersansatz ist im Unternehmensleitbild und der Nachhaltigkeitsstrategie der Wohnstadt verankert. Ziele der sozialgerechten und klimafreundlichen Quartiersentwick-lung sind es,

• den Wohnungsbestand bedarfsgerecht sowie nachhaltig zu erhalten und zu entwickeln,• Budgetmittel gezielt und kostenbewusst einzusetzen sowie• eine ganzheitliche Betrachtung, die neben wirtschaftlichen Belangen, die ökolo-

gischen und sozialen Aspekte berücksichtigt.

Die Quartiersbetrachtung ist damit auch Teil des Portfoliomanagements. Hier geht es zu-künftig darum, harte technische und kaufmännische Bewertungskriterien mit weichen Kriterien des sozialen Umfelds und möglichen Kooperationsansätzen mit anderen Gesell-schaften und Institutionen zu verknüpfen.

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„Energiewende im Quartier: Herausforderungen für die Wohnungswirtschaft“ 2. Fachkonferenz im KfW-Förderprogramm Energetische Stadtsanierung, 24. Mai 2019 in Hannover

ZusammenfassungWolfgang Neußer, Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR)

Herr Neußer bedankte sich bei allen Teilnehmenden für die informativen und anregenden Vorträge sowie die intensiven Diskussionen, die auch jenseits der Arbeitsgruppen stattfan-den. Die Praxisbeispiele und Erfahrungen der Anwesenden zeigten, dass die Wohnungs-wirtschaft bereits vielerorts eine wichtige Rolle bei der Umsetzung von kommunalen Klimaschutzkonzepten spielt und sowohl als Bestands(er)halterin als auch als Innovati-onspartnerin in technischer Hinsicht eine stadtbildprägende Position in der Quartiersent-wicklung einnimmt. Dabei sind Umsetzungserfolge nicht nur vom Willen der jeweiligen Unternehmen abhängig – häufig sind sie nur realisierbar, wenn durch Förderprogramme von Bund, Land und Kommune die Wirtschaftlichkeit der Sanierung bzw. der Energiein-frastruktur unterstützt wird.

Es ist zu erwarten, dass heute angesprochene Themen wie Mieterstrom, Flächenkonkur-renzen für unterschiedliche Energiequellen und Bedeutung des geplanten Gebäudeener-giegesetztes auch in den kommenden Jahren die Energetische Stadtsanierung beschäfti-gen werden. Schließlich sollte gemeinsam weiter daran gearbeitet werden, dass auch die kleineren Unternehmen der Wohnungsversorgung die „Kultur“ einer integrierten Ener-getischen Stadtsanierung zu einem Teil ihrer Unternehmensphilosophie machen und mit Leben füllen.

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Weitere Informationen zur Energetischen StadtsanierungBroschüren

Energetische Stadtsanierung in der Praxis I: Grundlagen zum KfW-Programm 432

https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/publikationen/themen/bauen/energetische-stadtsanie-rung-1.pdf?__blob=publicationFile&v=4

Energetische Stadtsanierung in der Praxis II: Erste Ergebnisse der Begleitforschung und gute Beispiele

https://www.klimaschutz-niedersachsen.de/_Resources/Persistent/1d86b429d568123fd710a70096dfd5dc711e1f56/stadtsanierung_energetisch_praxis_2_bf.pdf

Energetische Stadtsanierung in der Praxis III: Umsetzungserfolge und Herausforderungen für die Zukunft

https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/publikationen/themen/bauen/energetische-stadtsanie-rung-3.pdf?__blob=publicationFile&v=4

Internetseite

Begleitforschung Energetische Stadtsanierung

www.energetische-stadtsanierung.info

Internet-Community

Diskutieren Sie im online-Forum

www.energetische-stadtsanierung.info/forums/

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www.energetische-stadtsanierung.info/newsletter/

KfW-Internetseiten

432 | Energetische Stadtsanierung – Zuschüsse für Quartierskonzepte und Sanierungsma-nager

www.kfw.de/inlandsfoerderung/%C3%96ffentliche-Einrichtungen/Energetische-Stadtsanierung/Finanzierung-sangebote/Energetische-Stadtsanierung-Zuschuss-Kommunen-(432)/

201 | IKK: Energetische Stadtsanierung – Kredit für Quartiersversorgung

https://www.kfw.de/inlandsfoerderung/%C3%96ffentliche-Einrichtungen/Energetische-Stadtsanierung/Finanzie-rungsangebote/Energieeffiziente-Quartiersversorgung-Kommunen-(201)/

202 | IKU: Energetische Stadtsanierung – Kredit für Quartiersversorgung

https://www.kfw.de/inlandsfoerderung/%C3%96ffentliche-Einrichtungen/Energetische-Stadtsanierung/F%C3%B6rderprodukte/Energieeffiziente-Quartiersversorgung-kommunale-Unternehmen-(202)/

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