Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines...

141
Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen elektrischen Maschinen Vom Fachbereich Maschinenwesen der Universität Duisburg-Essen zur Erlangung des akademischen Grades eines Doktor-Ingenieurs (Dr.-Ing.) genehmigte Dissertation von Dipl.-Ing. Kai Müller aus Wittingen Vorsitzender: Prof. Dr.-Ing. D. Wissussek 1. Gutachter: Prof. Dr.-Ing. R. Busch 2. Gutachter: Prof. Dr.-Ing. habil. V. Hans Tag der mündlichen Prüfung: 15. September 2003

Transcript of Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines...

Page 1: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur

Erfassung von Teilentladungen bei an

Frequenzumrichtern betriebenen elektrischen Maschinen

Vom Fachbereich Maschinenwesen

der

Universität Duisburg-Essen

zur Erlangung des akademischen Grades eines

Doktor-Ingenieurs (Dr.-Ing.)

genehmigte Dissertation

von

Dipl.-Ing. Kai Müller

aus Wittingen

Vorsitzender: Prof. Dr.-Ing. D. Wissussek

1. Gutachter: Prof. Dr.-Ing. R. Busch

2. Gutachter: Prof. Dr.-Ing. habil. V. Hans

Tag der mündlichen Prüfung: 15. September 2003

Page 2: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

Vorwort I

Intellektuelle haben als Hofnarren der modernen Gesellschaft geradezu die Pflicht, alles Unbezweifelte anzuzweifeln, über alles Selbstverständliche zu erstaunen, alle Autorität kritisch zu relativieren und alle jene Fragen zu stellen, die sonst niemand zu stellen wagt. Ralf Dahrendorf

Vorwort Die vorliegende Dissertation entstand während meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher

Mitarbeiter im Fachgebiet Elektrotechnik des Fachbereiches 12 der Universität Duisburg-

Essen.

Herrn Prof. Dr.-Ing. R. Busch, dem Leiter des Fachgebietes, gebührt mein besonderer Dank

für die Vorgabe des Themas, für viele wertvolle Anregungen, klärende Diskussionen und für

sein stets förderndes Interesse und seine Unterstützung.

Herrn Prof. Dr.-Ing. habil. V. Hans danke ich sehr herzlich für das Interesse an dieser Arbeit

und für die bereitwillige Übernahme des Korreferates.

Weiterhin danke ich den ehemaligen und jetzigen Mitarbeitern des Fachbereiches, sowie den

Mitarbeitern der Firmen DuPont und Siemens, für ihre tatkräftige Unterstützung bei

Problemen aller Art sowie die angenehme Arbeitsatmosphäre, von der die Arbeit ohne

Zweifel enorm profitiert hat.

Mein besonderer Dank gilt meiner lieben Frau Heide-Kathrin, die nicht nur durch ihr großes

Verständnis, sondern insbesondere auch durch ihre umfassende Motivation in

unnachahmlicher Weise stets für ein angenehmes Umfeld gesorgt, mir den Rücken

freigehalten und Korrektur gelesen hat. Sie hat damit ganz besonders zum Erfolg der Arbeit

beigetragen.

Essen, im September 2003 Kai Müller

Page 3: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

Inhaltsverzeichnis II

Inhaltsverzeichnis Formelzeichen und Abkürzungen

Übersicht 1 Einleitung und Aufgabenstellung 1

2 Stand der Technik / Grundlagen 4

2.1 Aufbau des Isolationssystems 4

2.2 Diagnoseverfahren 7

2.2.1 Messungen im Zeitbereich 8

2.2.2 Messungen im Frequenzbereich 10

2.3 Der Teilentladungsprozess an lackisolierten Drähten 11

2.4 Aufbau und Funktionsweise von Frequenzumrichtern 15

2.4.1 Prinzipieller Aufbau eines Spannungszwischenkreisumrichters 15

2.4.2 Spannungsbildung bei einem Pulswechselrichter 16

2.4.3 Steuerverfahren für Pulswechselrichter 18

2.4.4 Verwendete Frequenzumrichter 19

2.5 Pulsfrequenzumrichter mit hoher Taktfrequenz an langen Leitungen 20

2.6 Ausbreitung der Umrichterimpulse auf Leitungen 21

2.7 Übertragungsverhalten der Wicklung für Teilentladungssignale 23

2.8 Anforderungen an ein TE-Messsystem für Frequenzumrichterbetrieb 24

3 Alterungsgesetze und Alterungsvorgänge 26

3.1 Thermische Alterung 26

3.2 Elektrische Alterung der Wicklungsisolierung bei Frequenzumrichterbetrieb 27

4 Messungen zum Ladungsspeicherverhalten von lackisolierten Drähten 35

4.1 Theoretische Grundlagen zum Ladungsspeicherverhalten 35

4.1.1 Das Bändermodell 35

4.1.2 Ladungsträgerbereitstellung in Isolierstoffen 36

4.2 Messung thermisch stimulierter Ströme 38

4.2.1 Beschichtete Prüflingsdrähte 40

4.2.2 Gewickelte Twiste 43

4.3 Messung des Verlustfaktors 45

4.4 Vergleich zwischen den Ergebnissen der TSC- und der Verlustfaktormessung 47

Page 4: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

Inhaltsverzeichnis III

4.5 Einfluss der thermischen Beanspruchung durch die TSC-Messung 49

4.6 Auswertung des Stromsignales bei der TSC-Messung 51

4.6.1 Berechnung der Haftstellenenergien 52

4.6.2 Bestimmung der Haftstellentiefe 53

4.7 TSC-Messung an am Frequenzumrichter belasteten Twisten 55

4.8 Zusammenfassung 58

5 Messung von Teilentladungssignalen bei Frequenzumrichterbetrieb 59

5.1 Aufbau eines Messsystems zur Teilentladungsmessung bei Frequenzumrichterbetrieb 60

5.1.1 Überlegungen zur Separation von Teilentladungssignalen und Umrichtersignalen 60

5.1.2 Separation von Teilentladungssignalen und Umrichtersignalen mit Hilfe

eines Hochpassfilters ohne galvanische Trennung 61

5.1.3 Untersuchungen verschiedener Signaleinkopplungsmethoden mit Hilfe

eines Spektrumanalysators 62

5.2 Anpassung des Teilentladungsmesskreises an ein Oszilloskop 65

5.3 Anpassung des Messsystems an den verwendeten Frequenzumrichter 66

5.4 Aufbau eines Kalibrators für das neue TE-Messsystem 70

5.5 Ausbreitung des TE-Signals 72

5.6 Zusammenfassung 73

6 Teilentladungsverhalten und Lebensdauer von Twisten 74

6.1 Untersuchungen zur Abhängigkeit des Teilentladungseinsatzes 74

6.1.1 Abhängigkeit des Teilentladungseinsatzes von der Spannungsform 74

6.1.2 Abhängigkeit des Teilentladungseinsatzes von der Lackschichtdicke und

der Permittivität 77

6.1.3 Abhängigkeit des Teilentladungseinsatzes von der Temperatur 78

6.1.4 Abhängigkeit des Teilentladungseinsatzes von der Frequenz 79

6.2 Teilentladungsverhalten von Twisten während der Alterung 80

6.3 Frequenzabhängigkeit der Lebensdauer 84

6.4 Zusammenfassung 85

7 Untersuchungen zum Teilentladungsverhalten bei Motoren 87

7.1 Untersuchungen an serienmäßigen Asynchronmotoren (690 V, 2,2 kW) 87

7.1.1 Versuchsaufbau und elektrische Belastung 87

7.1.2 Teilentladungsmessung beim Umrichterbetrieb von Motoren 90

Page 5: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

Inhaltsverzeichnis IV

7.1.3 Alterung des Motors A bei Speisung über eine Spulengruppe 92

7.1.4 TE-Messungen bei offenem Sternpunkt 92

7.1.5 Alterung von Motor B bei Einspeisung über die Einzelspule bei offenem

Sternpunkt 94

7.1.6 Zusammenfassung 95

7.2 Teilentladungsuntersuchungen an verbesserten 690 V-Asynchronmotoren im Neuzustand 96

7.2.1 Spezifikation der Prüfkörper 96

7.2.2 Versuchsaufbau und Durchführung 97

7.2.3 Ergebnisse der Teilentladungsmessungen am Frequenzumrichter 98

7.3 Variation der Nutauskleidung 100

7.3.1 Prüfkörper 100

7.3.2 Versuchsaufbau und Durchführung 100

7.3.3 Ergebnisse der Variation der Nutauskleidung 100

7.4 Zusammenfassung 101

8 Untersuchungen zum Lebensdauerverhalten von Asynchronmaschinen ohne

Phasentrenner 102

8.1 Versuchsbedingungen und Durchführung 103

8.2 Entwicklung der dielektrischen Werte über der Betriebszeit der Motoren 104

8.2.1 Entwicklung des tan δ und dessen Aufteilung in Cp und Rp 104

8.2.2 Entwicklung der Rückkehrspannung 108

8.2.3 Entwicklung des Isolationswiderstandes Riso (60s) 109

8.2.4 Entwicklung des Polarisationsindexes PI (600s/60s) 110

8.3 Entwicklung des Teilentladungsverhaltens der Niederspannungsmotoren beim Betrieb am

Frequenzumrichter 111

8.4 Zusammenfassung 114

9 Zusammenfassung 115

Literaturverzeichnis 122

Page 6: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

Formelzeichen und Abkürzungen V

Formelzeichen und Abkürzungen

a Konstante

A Fläche / Lageparameter

AC Wechselspannung

b Konstante / Heizrate

B thermischer Lebensdauerexponent

c0 Vakuumlichtgeschwindigkeit

C Kapazität

C´ Kapazitätsbelag

C0 Geometrische Kapazität

CP Parallele Ersatzkapazität

°C Temperatur

C++ Programmiersprache

d Abstand

dB Dezibel

du Spannungsänderung

dt Zeitintervall

DC Gleichspannung

eV Elektronenvolt

EMV Elektromagnetische Verträglichkeit

ESU Entladespannungsuntersuchung

f Frequenz / Funktion

fG Grundfrequenz des Frequenzumrichters

fP Pulsfrequenz des Frequenzumrichters

FU Frequenzumrichter

g Funktion

G´ Ableitungsbelag

GR Gleichrichter

GTO Gate Turn Off Thyristor

Hits/s normierte Häufigkeit

Hz Frequenz

I Strom

iv Verschiebungsstrom

Page 7: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

Formelzeichen und Abkürzungen VI

ITE Teilentladungsintensität

IGBT Insulated Gate Bipolar Transistor

IRC Entladestromuntersuchung

ISO Isolationswiderstandsmessung

k0 Konstante

kd Lageparameter

kHz Kilohertz

kV Kilovolt

K Kelvin

lK Kabellänge

L´ Induktivitätsbelag

LCR komplexer Widerstand

Lth thermische Lebensdauer

Lel elektrische Lebensdauer

m Index

mbar Millibar

mV Millivolt

min Minute

MHz Megahertz

n Index / Lebensdauerexponent

nd Durchschlagsimpulszahl

N Newton / Windungszahl

NSM Niederspannungsmaschine

NTE Teilentladungshäufigkeit

PC Personalcomputer

pC Picocoulomb

pTE Teilentladungswahrscheinlichkeit

PAI Polyamidimid

PEI Polyesterimid

PWM pulse-wide-modulation (Pulsbreitenmodulation)

Q Ladungsmenge

Qs Scheinbare Ladung

r Reflexionsfaktor

R Widerstand

Page 8: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

Formelzeichen und Abkürzungen VII

R´ Widerstandsbelag

RISO Isolationswiderstand

RP Paralleler Ersatzwiderstand

RSU Rückkehrspannungsuntersuchung

s Sekunde

Std. Stunden

t Zeit

ta Anstiegszeit eines Impulses/Schaltwelle

tan δ Verlustfaktor

tE Entladezeit

tF Formierzeit

tLade Ladezeit

tMessung Messzeit

T Zeitkonstante / Temperatur

TE Teilentladung

TF Formiertemperatur

Tm Temperatur des Depolarisationstrompeaks

TSC Thermisch stimulierte Ströme

U Spannung

UF Formierspannung

UHF Ultra High Frequency

Uipp Spitze-Spitze Wert der Teilentladungseinsetzspannung

ULL Spannungsamplitude zwischen zwei Phasen

Ust Steuerspannung

UTA Amplitude der Teilentladungs-Aussetzspannung

UTE Amplitude der Teilentladungs-Einsetzspannung

UZK Zwischenkreisspannung

Ûd Durchschlagsspannungsamplitude

ÛLL Maximalwert der Spannungsamplitude zwischen zwei Phasen

ÛRSU Maximum der Rückkehrspannung

URSU Rückkehrspannung

UV Ultraviolet

v Ausbreitungsgeschwindigkeit

VHF Very High Frequency

Page 9: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

Formelzeichen und Abkürzungen VIII

W Energielücke / Bandabstand

WR Wechselrichter

z Ausbreitungsrichtung

Z komplexer Widerstand (Wellenwiderstand)

ZL komplexer Leitungswiderstand

Zm komplexer Motorwiderstand

β Dämpfungskonstante

ν Ausbreitungsgeschwindigkeit

h Temperatur

εr´ Permittivitätszahl

εr´´ Imaginärteil der Permittivität

τ Zeitkonstante

γ Gleichstromleitfähigkeit

ω Kreisfrequenz

Ω Einheit des elektrischen Widerstandes

µr relative Permeabilität

µs Mikrosekunde

ϕ Winkel

Page 10: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

Übersicht IX

Übersicht

Fortschritte in der Automatisierung sind wesentliche Voraussetzungen zur Sicherung der

Wettbewerbsfähigkeit. In diesem Prozess nimmt die elektrische Antriebstechnik mit ihren

geregelten Antrieben zunehmend eine Schlüsselposition ein. Aufgrund ihrer guten

Regelbarkeit, ihres günstigen Preises und des sehr geringen Wartungsaufwandes kommen

hierbei immer mehr frequenzumrichtergesteuerte Drehstromantriebe zum Einsatz. Dabei

kommt und kam es immer wieder zu sogenannten Frühausfällen von Drehstrommotoren durch

Isolationsversagen, welche gerade in der chemischen Industrie zu großen wirtschaftlichen

Schäden führten, da dort eine hohe Betriebssicherheit von geradezu elementarer Bedeutung

ist. Es wird vermutet, dass das Isolationsversagen auf Teilentladungen zurückzuführen ist.

Bisherige Teilentladungsmesssysteme können nur bei einer sinusförmigen Prüfspannung

verwendet werden, während die über einen Puls-Frequenzumrichter betriebenen Maschinen

und Geräte impulsförmigen Betriebsspannungen ausgesetzt sind, so dass zwischen Prüfung

und Betrieb erhebliche Unterschiede bestehen und die Ergebnisse nicht ineinander überführt

werden können. Bei Impulsspannungen treten nicht nur erhöhte Klemmenspannungen durch

Reflexionen auf, sondern die Spannungsverteilung über den Wicklungssträngen ist zudem

nichtlinear, so dass nicht nur zwischen den Phasen sondern auch zwischen einzelnen

Windungen desselben Stranges hohe Spannungen und damit Teilentladungen auftreten

können. Motoren oder Geräte, die an einem Puls-Frequenzumrichter betrieben werden, sind

diesen Spannungsspitzen bei jedem Takt ausgesetzt und bei heute üblichen Taktfrequenzen

von bis zu zwanzig Kilohertz somit einer viel stärkeren potentiellen Alterung unterworfen, als

bei 50 Hz-Netzbetrieb.

In der vorliegenden Arbeit wird ein TE-Messsystem entwickelt und angewendet, welches

ermöglicht Teilentladungen auch bei Impulsspannungen und in einer elektromagnetisch stark

beeinflussten Umgebung zu messen. Anhand von grundlegenden Untersuchungen an

Modellprüfkörpern und realen Motoren werden anschließend das Teilentladungsverhalten und

die Lebensdauer von verschiedenen Isolationssystemen bei Frequenzumrichterbelastung

bestimmt, sowie Hinweise zur Konstruktion von für den Pulsumrichterbetrieb geeigneten

Maschinen gegeben.

Page 11: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

1 Einleitung und Aufgabenstellung 1

1 Einleitung und Aufgabenstellung

Durch die weit verbreitete Automatisierungstechnik werden immer mehr drehzahlverstellbare

Antriebe benötigt, welche heutzutage überwiegend mit Pulsumrichtern realisiert werden

[1,2,3,4,5,6]. Um in der Motorwicklung einen Strom einstellbarer Frequenz zu erzeugen,

werden bei Pulsumrichtern aus der Zwischenkreisgleichspannung Spannungsimpulse erzeugt.

Durch eine geeignete Steuerung der Pulsbreite kann dabei ein oberwellenarmer und

näherungsweise sinusförmiger Motorstrom erzielt werden [7,8,9,11]. Die dabei verwendeten

Halbleiterschalter erlauben Schaltfrequenzen von bis zu 20 kHz mit sehr geringen

Schaltzeiten im Bereich von 0,03 bis 0,3 µs.

Effekte, wie die Ausbildung von Wanderwellen auf der Motorzuleitung [12,13,14,15] und

eine ungleichmäßige Spannungsverteilung in der Wicklung, führen dabei zu einer vielfach

höheren elektrischen Belastung der Wicklungsisolierung als bei Netzbetrieb, bei dem diese

praktisch nur thermisch altert [5]. Die Windungsisolierung, die bei Niederspannungsmotoren

aus einer wenigen µm-dicken Drahtlackschicht und einem Imprägnierharz oder -lack besteht

und eine vergleichsweise geringe elektrische Festigkeit aufweist, wird dabei besonders hoch

elektrisch beansprucht. Ihr Durchschlag infolge Teilentladungserosion kann zu einem

Windungsschluss und damit zu einem Ausfall des gesamten Antriebs führen [16,17].

Um einen zuverlässigen Betrieb von Pulsumrichterantrieben zu gewährleisten, sind Grenzwerte für maximal zulässige Spannungen nach DIN VDE 0530-1, Bbl.2 (identisch mit IEC (CO) 566), Entwurf 09/1995 [4] einzuhalten. Die Einhaltung dieser Grenzwerte erfordert jedoch auf der Seite des Umrichters einen erheblichen Aufwand, der zu einer Verringerung des Wirkungsgrades des Antriebs führt [18,19,20]. Zur Einhaltung dieser Grenzwerte werden deshalb Niederspannungsantriebe durch eine verstärkte Wicklungsisolierung oder durch Maßnahmen zur Reduzierung der Spannungsspitzen so gestaltet, dass während des Betriebes keine Teilentladungen auftreten sollen [2,3,21]. Dies verursacht jedoch hohe Kosten und führt bei gleicher Leistung zu einer größeren mechanischen Bauform. Ohne diesen zusätzlichen Aufwand sind Niederspannungsmotoren nach Untersuchungen von Kaufhold [2,16] und Berth [3,16] für den Betrieb über Pulsumrichter am 400 V Netz nur bedingt und an Netzen über 400 V, z.B. am 690-V-Netz, nicht geeignet. Zur Isolation derselben werden bisher auf Grund ihrer guten elektrischen Eigenschaften und der wirtschaftlich günstigen Herstellung und Verarbeitung hauptsächlich Hochpolymere verwendet [23]. Dabei handelt es sich im Allgemeinen um Lacke und Folien auf der Basis von Polyamid, Polyester, Polyesterimid, Polyurethan sowie Kombinationen dieser Stoffe (zum Beispiel. Zwei- oder

Page 12: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

1 Einleitung und Aufgabenstellung 2

Dreischichtlackdrähte). Die bisher üblichen Isolierlacke zeigen jedoch eine nur sehr geringe Resistenz gegenüber auftretenden Teilentladungen. Erst die neuen Generationen von Teilentladungsstabilen Drahtlacken [24], weisen auch eine genügende mechanische Festigkeit für die maschinelle Verarbeitung auf. Bei diesen Drahtlacken ist es daher wichtig nachzuweisen, dass die verlängerten Lebensdauern tatsächlich aufgrund einer Teilentladungsresistenz und nicht auf einer Veränderung der Teilentladungseinsetzspannung oder anderen Effekten beruhen [25,26].

Da bisherige Teilentladungsmesssysteme für die Messungen von Teilentladungen in am

Frequenzumrichter betriebenen Maschinen gänzlich ungeeignet sind und diese schon allein

durch das ausgesendete Störspektrum von in der Umgebung betriebenen Frequenzumrichtern

derartig beeinträchtigt werden, dass bereits eine Messung bei Sinusspannung nicht möglich

ist, konnte die Teilentladungsfreiheit und damit die Wirksamkeit der Isolationsmaßnahmen

bisher nur in zeitaufwendigen Lebensdauerversuchen, durch Betrieb von kompletten

Maschinen an Frequenzumrichtern, nachgewiesen werden[5].

Klarheiten bei der Aufstellung von Grenzwerten für die Spannung an den Motorklemmen,

deren Einhaltung einen sicheren Betrieb gewährleistet, kann es daher erst dann geben, wenn

es möglich ist, Teilentladungen bei Frequenzumrichterbetrieb zu messen. Eine numerische

Einschätzung der elektrischen Belastung der Wicklungsisolierung bei Speisung durch einen

Frequenzumrichter ist sehr komplex und ungenau, da diese sowohl von Frequenzumrichter-

parametern (Anstiegszeit, Zwischenkreisspannung, Pulsmuster), Motorparametern

(Isolationsausführung, Windungsdesign) als auch von Parametern des verwendeten

Anschlusskabels (Kabellänge, Wellenwiderstand, Dämpfung) abhängig ist [2,3,13,15,16,17].

Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist es daher, ein Messsystem zu entwickeln und zu

erproben mit dem es möglich ist, auftretende Teilentladungen beim Betrieb von

Niederspannungsmaschinen am Frequenzumrichter zu messen und über die Betriebsdauer des

Motors langfristig zu verfolgen. Die dargestellte Problematik impulsbelasteter Wicklungen ist

dabei nicht nur bei durch Frequenzumrichter gesteuerten Antrieben, sondern auch bei

Zeilentransformatoren, Hochfrequenztransformatoren von Schaltnetzteilen u.ä. von Interesse.

Mit einem solchen System ist es nicht nur möglich, die Effizienz von Maßnahmen zur

Verbesserung der Motorenqualität messtechnisch innerhalb kürzester Zeit nachzuweisen,

sondern zugleich eine zustandsorientierte Instandhaltung einzuführen.

Page 13: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

1 Einleitung und Aufgabenstellung 3

Im einzelnen werden nachfolgende Schwerpunkte behandelt:

Theoretische Grundlagen

Das Ladungsspeicherverhalten von Lackdrähten

Entwicklung und Aufbau eines Messsystems zur Teilentladungsmessung bei

Frequenzumrichterbetrieb

Teilentladungsverhalten während der Alterung von für NSM eingesetzten Lackdrähten bei

Frequenzumrichterbetrieb (Twiste nach IEC 815-5 [33] als Prüfkörper)

Langzeituntersuchungen kompletter Maschinen bei Frequenzumrichterbelastung und

Messung der auftretenden Teilentladungen

Die Ergebnisse der Untersuchungen sollen dazu beitragen, die Grenzen der zulässigen elektrischen Belastungen für einen sicheren Betrieb von Niederspannungsmaschinen neu zu definieren.

Page 14: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

2 Grundlagen und Stand der Technik 4

2 Stand der Technik / Grundlagen

Die Betriebssicherheit und Lebensdauer einer Maschine am Frequenzumrichter wird sowohl

durch den konstruktiven Aufbau [2,3,17,22] als auch durch die Betriebsbedingungen

bestimmt. Dabei treten neben thermischen [27,28], mechanischen und klimatischen

Beanspruchungen viel stärkere elektrische Einflüsse durch den Frequenzumrichterbetrieb

[29], als beim Betrieb am 50 Hz-Netz, auf. Im folgenden werden der Aufbau des

Isoliersystems für Niederspannungsdrehstrommaschinen [22,30], Diagnoseverfahren zur

Untersuchung der Isolationseigenschaften [5,25,26,31,32,33,34,35,36], die Grundlagen der

Teilentladung [25,37,38,39,40,41], der Aufbau und das Verhalten von Frequenzumrichtern

[1,10,11], der Einfluss von langen Leitungen [12,14], sowie die daraus resultierenden

Anforderungen an ein Teilentladungsmesssystem vorgestellt.

2.1 Aufbau des Isolationssystems Die Statorwicklung von Niederspannungsmotoren hat die Aufgabe, ein möglichst

kreisförmiges magnetisches Drehfeld zu erzeugen. Sie besteht zumeist aus mehreren Spulen,

die verteilt über den Umfang in die Nuten des Stators eingelegt sind [2,3,17,22,105]. Mehrere

konzentrisch angeordnete oder gleichmäßig versetzte Spulen bilden jeweils eine

Spulengruppe. Bei Drehstrommotoren werden die Spulen zu drei Strängen

zusammengeschaltet, die in Dreieck- oder Sternschaltung an das Drehstromnetz

angeschlossen werden können. Der Läufer einer Asynchronmaschine enthält keine

ausgebildeten Wicklungsstränge, sondern einen Kurzschlusskäfig [4,42]. Dieser besteht aus

Stäben, die in den Läufernuten liegen und nicht gegen das Blechpaket isoliert sind. Die

elektrische Lebensdauer der Maschine wird somit wesentlich durch den Alterungszustand der

im Ständer befindlichen Wicklung bestimmt. Eine Einteilung der Isolierung der

Statorwicklung ist in Phasen-, Haupt- und Windungsisolierung möglich (Bild 2.1). Die

Isolierung zwischen den Spulen der unterschiedlichen Stränge bezeichnet man als

Phasenisolierung. Sie befindet sich bei Einschichtwicklungen im Wickelkopf, bei

Zweischichtwicklungen kann sie zusätzlich zwischen zwei in einer Nut befindlichen Spulen

sein. Zusätzlich zur Drahtisolierung werden zur Trennung der Phasen häufig

Flächenisolierstoffe (Phasentrenner) aus Polyester-Verbundvlies eingesetzt, die eine gute

Imprägnierfähigkeit aufweisen.

Page 15: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

2 Grundlagen und Stand der Technik 5

Bild 2.1: Isolationssystem

Die Isolierung der in der

geerdet wird, wird als H

Aramidpapier, Polyester

Einziehen der Spulen in

Nutabdeckung aus dem gl

Die Windungsisolierung

Lackschichten sich berü

einzelnen Spulen des glei

sie nicht durch zu

Niederspannungsmaschin

deren Lackzunahmen be

bzw. DIN EN 60317-0-1

b).

Bild 2.2a: Lackisolierter D

g

Hauptisolierun

Phasenisolierung

des Ständers ein

Nut befindlichen

auptisolierung

-Verbundspan o

die Nuten werde

eichen Material v

wird auch als

hrender Drähte

chen Wicklungss

sätzliche Fläch

en werden vorzu

zogen auf den v

[43] in Gruppen

raht Grad 2

Windungsisolierung

er Asynchronmaschine

Spulen gegenüber dem Blechpaket, das meistens

bezeichnet. Als Isoliermaterial werden dort z.B.

der Polyesterfolie verwendet [23]. Nach dem

n diese häufig mit einem Deckschieber bzw. einer

erschlossen.

Längsisolierung bezeichnet und besteht aus den

der Spulen. Auch die Isolierung zwischen den

tranges wird als Windungsisolierung bezeichnet, da

enisolierstoffe getrennt werden. Bei den

gsweise Ein- und Zweischichtlackdrähte eingesetzt,

erwendeten Drahtdurchmesser nach IEC 317-0-1

(Grad 1, Grad 2,...) eingeteilt sind (Bild 2.2 a und

Bild 2.2b: Ein- und Zweischichtlackierter Draht

Leiter

Lackisolation

Overcoat

Basecoat

Page 16: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

2 Grundlagen und Stand der Technik 6

Hohe Abriebfestigkeit und glatte Oberflächen sind dabei wichtige Faktoren für die

Verarbeitung der Lackdrähte auf modernen Hochgeschwindigkeitswickelautomaten [44].

Durch den niedrigen Reibungskoeffizienten können mehr Wicklungen in einer Nut

untergebracht werden. Da sich die einzelnen Leiter dabei aber nicht, wie bei den in der

Hochspannungstechnik verwendeten Formspulen [45], in einer exakt definierten Lage

befinden, bezeichnet man diese Spulen auch als „wild“ gewickelt. Da Elektromotoren

heutzutage bei gleicher Leistung zur Verbesserung des Wirkungsgrades immer kleiner

dimensioniert werden, wird die Isolation, nicht zuletzt durch die immer weitere Verringerung

der Schichtdicken, immer stärker elektrisch und thermisch belastet[46,47].

Am Ende des Herstellungsprozesses wird die Wicklung mit einem Imprägnierharz oder –lack

überzogen und dadurch mechanisch verfestigt [48]. Gleichzeitig wird durch die

Imprägnierung die elektrische Festigkeit des Isolationssystems erhöht [49], eine bessere

Abführung der beim Betrieb entstehenden Verlustwärme und ein Schutz der elektrischen

Leiter vor Feuchtigkeit und Staub gewährleistet. Als Imprägnierverfahren kommen dabei

verschiedene Methoden zum Einsatz:

Tauch-Tränkung [48]: Bei der Tauch-Tränkung wird der Stator kurz in kaltes Harz

eingetaucht und anschließend nach einer Abtropfzeit von ca. 30 min, je nach

verwendetem Tränkharz, bei etwa 130 bis 160 °C ein bis zwei Stunden im Ofen

ausgehärtet. Als Tränkharze werden ungesättigte Polyesterimidharze verwendet.

Durch Variation der Viskosität der verwendeten Harze, der Eintauchgeschwindigkeit

und der Härtungsgeschwindigkeit lässt sich die Harzaufnahme und damit die Qualität

der Tränkung in engen Grenzen steuern. Nach der Tränkung ist eine Säuberung des

Blechpaketes von Harzrückständen notwendig.

Vakuum-Tränkung [48,50]: Bei der Vakuum-Tränkung wird die Vakuumkammer

zunächst bis ca. 25 mbar evakuiert. Erst dann wird das Tränkharz hinzugefügt und

durch das Vakuum in den Stator gezogen. Nach ca. 5 bis 10 min wird dann belüftet.

Um eine Blasenbildung zu vermeiden, verbleibt der Stator noch 20 bis 30 min im

Harz, wird dann herausgezogen und nach einer Abtropfzeit von etwa 20 bis 30 min bei

ca. 150 °C ein bis zwei Stunden lang im Ofen ausgehärtet. Als Einflussgrößen auf die

Qualität der Tränkung sind, neben dem verwendeten Harz, die Größe des eingestellten

Vakuums und die Belüftungszeit zum Brechen des Vakuums zu nennen. Eine

Steuerung der Harzaufnahme ist auch hier nur in engen Grenzen möglich. Auch bei

der Vakuumtränkung ist eine anschließende Säuberung des Blechpaketes

Page 17: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

2 Grundlagen und Stand der Technik 7

unvermeidbar. Es werden Harze auf der Basis von ungesättigten Polyesterimidharzen

verwendet.

Strom-UV-Tränkung [51,52]: Bei der Strom-UV-Tränkung wird der Stator zunächst

durch einen durch die Wicklung fließenden Strom auf 110 bis 120 °C vorgeheizt.

Anschließend wird der vorgeheizte Stator für ca. 1 - 2 min in das Harz getaucht. Nach

der Tauchphase folgt dann eine 10 - 20 minütige Abtropfphase. Anschließend wird

der Stator erneut durch einen Strom zum Aushärten des Harzes auf ca. 150 - 170 °C

erwärmt. Nach ca. 10 - 20 min wird der Stator, damit auch das Harz an der

Wicklungsoberfläche aushärten kann, ca. 10 min lang mit UV-Licht bestrahlt. Hierzu

ist es erforderlich, dass UV-härtende Harze auf der Basis ungesättigter

Polyesterimidharze verwendet werden. Durch Änderung der Vorwärmtemperatur und

der Aushärtungsgeschwindigkeit, jeweils steuerbar durch den durch die Wicklung

fließenden Strom und durch Harzvariation, lässt sich die Harzaufnahme des Stators

gezielt beeinflussen. Daneben zeichnet sich die Strom-UV-Tränkung weiter durch die

sehr kurzen Härtezeiten, die sehr hohen Harzaufnahmen und die erhaltenen sauberen

Blechpakete aus. Ein mühsames Säubern der Blechpakete von Harzrückständen ist

nicht notwendig.

Bei all diesen Tränkverfahren kann aber, trotz teils beachtlicher Tränkmittelaufnahme, nicht

gewährleisten werden, dass die Imprägnierung an allen Stellen vollständig ist und sich

nirgends Lunker gebildet haben.

2.2 Diagnoseverfahren

Die Beurteilung des Zustandes der Wicklungsisolierung rotierender Maschinen mit Hilfe

diagnostischer Messtechnik [25,26,33,34,35] erfolgt generell mit integralen Verfahren über

das gesamte jeweils in die Messung einbezogene Isolierstoffvolumen wie

Verlustfaktormessung, Isolationswiderstandsmessung, Rückkehrspannungsanalyse,

Ladestromanalyse, LCR-Messung [53,54,55,56,57] oder mit der TE-Mess- und

Analysetechnik [17,37,38,39,40,41,58,59], die im Gegensatz zu den davor aufgezählten

Diagnoseverfahren lokal stark begrenzte Defekte detektieren kann.

Mit solchen diagnostischen Messungen werden unterschiedliche Zielstellungen verfolgt: Neue

Isoliersysteme werden untersucht, um deren Eignung im Rahmen von Entwicklungsprozessen

Page 18: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

2 Grundlagen und Stand der Technik 8

hinsichtlich der eingesetzten neuen Werkstoffe, Fertigungstechnolgien oder

Konstruktionsprinzipien zu beurteilen. Es werden aber auch an gefertigten Maschinen

regelmäßig Messungen im Prüffeld durchgeführt, um die Qualität nachzuweisen und um

„Neuwerte“ für spätere Trendanalysen zu generieren. Auch für die zustandsorientierte

Wartung und Instandhaltung hat die TE-Messung und Analyse an Bedeutung gewonnen, da es

durch Trend- und Kollektivbewertung der Messergebnisse möglich ist, den

Instandhaltungsaufwand unmittelbar auf die betroffenen Maschinen zu fokussieren und damit

keine unnötigen Demontage und Wartungsarbeiten an betriebssicheren Maschinen

durchzuführen. Damit können bei erhöhter Prozesssicherheit die Life-Cycle-Costs erheblich

reduziert werden.

Das Potential der TE-Messtechnik, lokale Änderungen und Defekte des Isoliersystems zu

detektieren, wird durch PC-gestütze Messung und Analyse erschließbar, die eine für die

Auswertung hilfreiche Datenkompression gestattet und damit TE-Muster und Kennzahlen wie

TE-Häufigkeiten und TE-Amplituden liefert. Für die nachfolgenden Untersuchungen wurden

teilweise selbstangefertigte Mess- und Steuerprogramme (in C++ und in LabView

programmiert) verwendet.

2.2.1 Messungen im Zeitbereich Bei der Diagnose im Zeitbereich wird an die Isolation (Dielektrikum) für eine definierte Zeit

(tLade oder tF) eine Gleichspannung angelegt (Formierphase) und der zeitliche Verlauf des

Ladestromes gemessen (ISO). Nach Abschalten der Gleichspannung, also nach Beendigung

der Formierphase, können drei weitere Diagnosegrößen gewonnen werden. Das ist einmal der

zeitliche Verlauf der Entladespannung am Dielektrikum (ESU), weiterhin nach kurzzeitigem

Kurzschließen (0,5 s) und dadurch erzieltem Entladen der irrelevanten Hauptkapazität der

Verlauf des Entladestromes (IRC) und / oder der Verlauf der nach dem Kurzschluss

rückkehrenden Spannung an der Isolation (RSU) [54,55,56,57,60,61,62].

Die Diagnoseverfahren im Zeitbereich können somit grundsätzlich in Strom- und

Spannungsmessverfahren unterteilt werden. Die Strommessverfahren haben gegenüber den

Spannungsmessverfahren den Vorteil, dass durch Transformation des gemessenen

Polarisations- oder Depolarisationsstromes vom Zeit- in den Frequenzbereich die

Polarisationsverluste εr´´ (Imaginärteil der Permittivität) ermittelt werden können und sich

somit physikalisch interpretierbare Zusammenhänge ergeben. Für den Polarisations- bzw.

Depolarisationsstrom, der durch i(t) ~ t-n für kurze Zeiten und durch i(t) ~ t-m-1 für lange

Page 19: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

2 Grundlagen und Stand der Technik 9

tfft 1,0: ====⇒⇒⇒⇒

ttikr ⋅⋅⋅⋅⋅⋅⋅⋅==== )(´´ 0εεεε

Zeiten beschrieben werden kann, hat Hamon [57] ein praktikables Verfahren für die

Durchführung der Transformation von i(t) in den Frequenzbereich angegeben. Danach folgt

für die Bestimmung der Polarisationsverluste aus dem gemessenen Stromsignal:

(2.1)

Die Zeit-Frequenz-Zuordnung ist dabei gegeben durch:

(2.2)

Die Größe k0 ist von der Geometrie der Versuchsanordnung und der Formierspannung

abhängig. Sie ist damit für ein gegebenes Untersuchungsobjekt und eine feste

Formierspannung eine Konstante, die bekannt sein muss, wenn man den genauen Wert von

εr´´ ermitteln will. Für das Isoliersystem elektrischer Maschinen ist eine Bestimmung der

Konstante k0 durch die außerordentlich komplizierte Geometrie des Dielektrikums nicht

möglich. Um über den qualitativen Verlauf der Polarisationsverluste diagnostische Aussagen

zum Zustand der Isolierung machen zu können, genügt jedoch die Proportionalität

εr´´ = g(f) ~ i(t)⋅t = f(t)

(2.3)

Weiterhin ist die Zeit-Frequenz-Transformation nicht zwingend erforderlich, da der zu εr´´

spiegelbildliche Verlauf i(t)⋅t alle für die Diagnose wichtigen Informationen enthält.

Bei der Depolarisationsstrom-Analyse ist zu beachten, dass der Verlauf des

Depolarisationsstromes und damit der von i(t)⋅t von dem Verhältnis aus Lade- bzw.

Formierzeit tLade und der Messzeit tMessung abhängt. Um von diesen Bedingungen, die nicht die

Physik des Alterungsprozesses charakterisieren, unabhängig zu sein wird von Jonscher

[61,62] tMessung / tLade ≤ 0,1 empfohlen. Da die Messzeit nicht beliebig verkürzt werden kann,

sind zur Einhaltung dieser Bedingung sehr lange Formierzeiten erforderlich, wodurch der

Aufwand beträchtlich vergrößert wird. Von Jonscher [61] wurde jedoch gezeigt, wie man eine

richtige Interpretation der Alterung auch bei Werten tMessung / tLade > 0,1 erzielt, die

Formierzeit also verkürzt werden kann.

Aus der Dissertation von Hilfert [5] ist zu entnehmen, dass bei den Kurvenverläufen der

Ladestrom-, Depolarisationsstrom- und Rückkehrspannungs-Analyse eine gute Korrelation

besteht, das heißt alle drei Verfahren reagieren in ähnlicher Weise auf die

Eigenschaftsänderungen des Isoliersystems der Maschinen. Bei der

Page 20: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

2 Grundlagen und Stand der Technik 10

Entladespannungs-Analyse konnten hingegen nur sehr geringe Veränderungen der

Zeitverläufe der Entladespannung und des gewählten Diagnoseparameters festgestellt werden,

so dass dieses Verfahren zur Diagnose von thermischen Alterungsprozessen des

Isoliersystems nicht geeignet ist. Die Eigenschaftsänderungen des Isoliersystems von

thermisch hoch belasteten Maschinen können, ausgehend von den ermittelten

Diagnoseparametern, in die folgenden drei Zeitbereiche eingeteilt werden:

a) Kurze Betriebszeit: RISO steigt, Maximum i(t)*t sinkt, Maximum URSU sinkt; Abnahme

der Polarisierbarkeit bzw. des Ladungsspeichervermögens durch Trocknung, weitere

Vernetzung der Isolierstoffmoleküle und Entweichen von Lösungsmitteln

b) Mittlere Betriebszeit: RISO steigt, Maximum i(t)*t sinkt, Maximum URSU sinkt; Abnahme

der Polarisierbarkeit bzw. des Ladungsspeichervermögens infolge der Abnahme der

Lackschicht und eventuell weitere Vernetzung der Isolierstoffmoleküle

c) Lange Betriebszeit: RISO sinkt, Maximum i(t)*t steigt, Maximum URSU steigt; Zunahme

des Ladungsspeichervermögens bzw. der Polarisierbarkeit infolge der thermischen

Alterung, d.h. Zerstörung des Isolierstoffes durch das Brechen von chemischen

Bindungen, durch Aufspaltung von Polymerketten und durch Entstehung von Zonen

unterschiedlicher Leitfähigkeit und Permittivität (Maxwell-Wagner-Effekt)

Die unter b) und c) dargestellten Vorgänge laufen grundsätzlich gleichzeitig ab. Die

Änderung der Diagnoseparameter hängt jedoch davon ab, welcher dieser Prozesse überwiegt.

2.2.2 Messungen im Frequenzbereich Zur Durchführung diagnostischer Untersuchungen im Frequenzbereich wird eine

sinusförmige Wechselspannung fester oder variabler Frequenz an das Diagnoseobjekt gelegt.

Zur Beurteilung der Güte eines Isoliersystems wird häufig der Verlustfaktor ermittelt

[45,53,57]. Ab einer Frequenz, die vom Aufbau des Motors abhängt, steigt er stark an, da der

Einfluss der Wicklungsinduktivität zunimmt. Dadurch wird die Ermittlung von

Diagnoseparametern im oberen Frequenzbereich erschwert. Bei niedrigen Frequenzen kann

das Dielektrikum der Statorwicklung durch eine Parallelschaltung eines Widerstandes (Rp)

mit einer Kapazität (Cp) beschrieben werden. Der Widerstand Rp wird durch die

Gleichstromleitfähigkeit (γ) und die Polarisationsleitfähigkeit, die Kapazität Cp durch die

geometrische Kapazität C0 und die Permittivität bestimmt:

(2.4) dACmit

CCund

dAC

R rp

r

p

00

0

0

´´´

1

εεεε

εεεεγγγγεεεεωωωω

====

====++++

====

Page 21: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

2 Grundlagen und Stand der Technik 11

Darin sind εr´ und εr´´ der Real- bzw. Imaginärteil der komplexen Permittivitätszahl. Der

Verlustfaktor ist:

´´´

´1tan

0 r

r

rppCR εε

εωεγ

ωδ +==

(2.5)

Während der thermischen Belastung ist meist am Anfang eine Abnahme (Konditionierungs-

phase) und später eine Erhöhung des Verlustfaktors feststellbar. Diese Parameteränderung ist,

wie bei den Messungen im Zeitbereich, von der thermischen Belastung der Isolierung

abhängig.

Durch die thermischen Alterungsprozesse erfolgt ein Abbau der Drahtisolation [66]. Da sich

die Elektrodenanordnung (Lage der einzelnen Leiter zueinander) in der Motorisolation nicht

ändert, dringt Luft als Ersatzisolierstoff in die Wicklung ein. Dadurch sinken die

Permittivitätszahl εr´ und die durch εr´´ bestimmten Polarisationsverluste sowie die

Leitfähigkeit γ, so dass entsprechend Gl. (2.4) Rp steigen und Cp fallen muss.

Der Verlustfaktor wird nach Gl. (2.5) durch das Produkt von Rp und Cp bestimmt. Da sich Rp

stärker als Cp ändert, vergrößert sich das Produkt während der Betriebszeit und somit sinkt

der Verlustfaktor. Würde Rp in gleichem Maße steigen wie Cp sinkt, dann wäre keine

Änderung des Verlustfaktors zu verzeichnen. Aus diesem Grund ist die Bestimmung der

Einzelgrößen (Rp, Cp) der alleinigen Bestimmung des Verlustfaktors vorzuziehen.

Die Parameter der Messung im Frequenzbereich, wie z.B. die äquivalente Parallelkapazität,

ändern sich über die Betriebszeit stetig, so dass durch diese Messung eine Verfolgung der

Alterungsprozesse möglich erscheint [5].

2.3 Der Teilentladungsprozess an lackisolierten Drähten

Eine Teilentladung (TE) stellt einen lokal begrenzten, meist energieschwachen

Überschlagsprozess dar, welcher nicht die gesamte Strecke zwischen zwei auf

unterschiedlichem Potential befindlichen Elektroden überbrückt. Wird die Isolation

vollständig überbrückt, spricht man von einem Durchschlag (Bild 2.3). Bei kurzer Einwirkzeit

der TE tritt in der Regel keine Schädigung der Isolation auf. Daher können

Teilentladungsmessungen bei kurzer Messdauer zu den zerstörungsfreien Messverfahren

gezählt werden [63]. Eine langzeitige Einwirkung von TE hat bei einer Vielzahl der im

Bereich der Elektrotechnik verwendeten Dielektrika eine stetige Zersetzung des

Page 22: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

2 Grundlagen und Stand der Technik 12

Isolationsmaterials zur Folge [67] und bewirkt meist die Ausbildung von Erosionskanälen

(treeing) [39,40]. Physikalisch handelt es sich bei der Teilentladung um eine extrem schnell

ablaufende lawinenartige Bewegung von Ladungsträgern innerhalb eines Zeitbereiches von

wenigen Nanosekunden. In der Literatur wird zwar oft zwischen inneren und äußeren

Teilentladungen unterschieden, die grundlegenden physikalischen Modellvorstellungen zum

Ablauf der Entladungsprozesse sind jedoch für innere und äußere Teilentladungen weitgehend

identisch.

Bild 2.3: Durchschlagsstelle am Twist

Die selbstständige Gasentladung bildet dabei die Grundlage zur Beschreibung der

physikalischen Prozesse, da es sich auch bei inneren Teilentladungen meist um Entladungen

in gasgefüllten Teilvolumina handelt [41]. Bei den in dieser Arbeit verwendeten

Isoliersystemen handelt es sich ausschließlich um lackisolierte Twiste oder um das

Isolationssystem von Niederspannungsmaschinen. Im Vergleich zu Entladungen an

metallischen Elektroden müssen hier gegenüber der klassischen Gasentladungstheorie jedoch

zusätzliche beziehungsweise modifizierte Sekundärprozesse, insbesondere an dielektrischen

Grenzschichten, berücksichtigt werden. Bei dem Einfluss dieser Grenzschichten handelt es

sich im wesentlichen um lokale Feldveränderungen in der gasförmigen Entladungstrecke, z.B.

durch Oberflächenladungen oder Raumladungen [64,65], sowie um eine gegenüber

metallischen Elektroden veränderte Sekundärelektronenerzeugung.

Eine notwendige Voraussetzung für das Auftreten einer Ladungsträgerlawine ist, dass die

Feldstärke über einem Teilbereich der Isolation ausreichend groß ist, um freie Ladungsträger

auf kinetische Energien zu beschleunigen, die eine Ionisation von Gasmolekülen infolge von

Stoßprozessen erlauben. Diese Ladungsträger werden dann entsprechend der Feldrichtung

und Polarität bewegt, bis die entstehende Raumladung oder bei den dielektrischen

Grenzflächen die Oberflächenladung, das elektrische Feld im Entladungsbereich so weit

schwächt, dass dadurch die selbstständige Entladung verlöscht. Dabei sind die zur Ausbildung

lokal begrenzter Ladungsträgerlawinen erforderlichen Feldstärken meist auf eine

geometriebedingte Ausbildung von Gebieten mit lokal erhöhter Feldbelastung

zurückzuführen. Mit diesen Entladungsabläufen sind kurze Stromimpulse verbunden, die

Page 23: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

2 Grundlagen und Stand der Technik 13

beispielsweise bei Teilentladungen in Luft Anstiegs- und Abfallzeiten von wenigen

Nanosekunden aufweisen.

Als zweite notwendige Voraussetzung wird ein Startelektron für die Einleitung des

Entladungsprozesses benötigt. Liegt im Augenblick des Überschreitens der kritischen

Feldstärke kein freier Ladungsträger vor, so kommt es erst nach einer Streuzeit, das heißt

wenn ein Startelektron zur Verfügung steht, zu einem verzögerten Entladungseinsatz. Das

Produkt aus Streuzeit und Spannungsänderungsgeschwindigkeit zum Zeitpunkt des

Erreichens der kritischen Feldstärke entscheidet darüber, inwieweit die tatsächliche

Zündfeldstärke der Teilentladung die minimal erforderliche Zündfeldstärke überschreitet.

Wichtige Kenngrößen bei Teilentladungen sind:

Scheinbare-Ladung Qs. Sie wird gewöhnlich in Picocoulomb (pC) angegeben. Sie

entspricht der Ladung, die bei einem Teilentladungsvorgang an den äußeren Klemmen des

Prüflings messbar ist, ist aber stets kleiner als die wirklich bei einer inneren Teilentladung

umgesetzten Ladung. Dabei ist das Verhältnis zwischen wahrer und scheinbarer Ladung

bei realen Isolierungen im Normalfall unbekannt, da die Geometrie der Fehlstelle genauso

wie die Gasparameter nur bei künstlichen Fehlstellen überblickt werden kann.

Teilentladungseinsetzspannung UTE bzw. Teilentladungsaussetzspannung UTA

Durch gleichzeitiges Messen von Teilentladungssignal und anliegender

Versorgungsspannung lässt sich die Grenzspannung für eintretende Teilentladungen

ermitteln, wobei sich die Werte in Abhängigkeit von der Spannungsform der

Versorgungsspannung (Sinus oder Impuls) aufgrund der unterschiedlichen

Spannungsverteilungen innerhalb der Maschine oder des Gerätes, wie bereits erwähnt

wurde, stark unterscheiden können. Die Teilentladungs-Einsetzspannung ist jener Wert

bei steigender Prüfspannung, ab dem ein über dem Grundstörpegel liegender

Entladungswert dauernd angezeigt wird. Die Teilentladungs-Aussetzspannung ist jener

Spannungswert, der bei fallender Prüfspannung vorhanden ist, wenn die

Teilentladungsanzeigewerte nicht mehr vom Grundstörpegel separiert werden können.

Die Teilentladungshäufigkeit NTE gibt die Anzahl von Teilentladungsvorgängen mit

einer bestimmten (Mindest-) Amplitude innerhalb eines bestimmten Zeitfensters (zumeist

1 Sekunde) an.

Die Teilentladungsintensität ITE wird zumeist als Maß für die Stärke von

Teilentladungen verwendet und bei konventionellen TE-Messsystemen in pC angegeben.

Bei nicht konventionellen TE-Messsystemen wird die Teilentladungsintensität je nach

System beispielsweise auch in dB, dBm oder in mV angegeben.

Page 24: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

2 Grundlagen und Stand der Technik 14

In der nachfolgenden Tabelle sind Teilentladungscharakteristiken an fehlerhaften

Isolierstoffen aufgeführt [98]:

Verlauf der Teilentladungsspannung Mögliche Ursachen

Vereinzelt auftretende Ausschläge Meist äußere Störeinflüsse, die entweder

elektromagnetisch oder trotz aller Vorsichts-

massnahmen über das Netz einstreuen.

Spontaner Einsatz mit hohen Anzeigen bei

niedrigen Spannungen

Meistens Kontaktfehler oder Unterbrechung

in der Hochspannungswicklung, seltener: Riss

in der Isolation in Feldrichtung, der sofort

zum Durchschlag führt.

Spontaner Einsatz mit mittleren Anzeigen

bei mittleren Spannungen

Meist größerer Hohlraum an einer feldmäßig

günstigen Stelle; je nach Lage ist baldiger

Defekt anzunehmen (Risse, Lunker,

Ablösungen, Luftschichten).

Stetiges Ansteigen Entweder viele verschieden große,

gleichmäßig verteilte Hohlräume oder

Einstreuung durch nicht geerdete, glimmende

Metallteile im Prüfraum bei hohen

Spannungen.

Steil ansteigende und dann wieder fallende

Teilentladungsspannungen

Ein großer Hohlraum quer zur Feldrichtung,

der sich allmählich mit einer Glimmhaut

überzieht, bis die einen Messanteil gebenden

Oberflächenelemente immer kleiner werden.

Bei konstanter Erregerspannung mit der

Zeit steigende Werte

Durch vergrößerten Hohlraum.

Bei konstanter Erregerspannung mit der

Zeit fallende Werte (nicht reversibel)

Die glimmenden Hohlräume werden bei

länger anstehendem Glimmen oberflächlich

verkohlt und damit leitend.

Bei konstanter Erregerspannung mit der

Zeit fallende Werte (reversibel)

Aufbau von Raumladungen im Isolierstoff.

Keine Teilentladungen auch bei hohen

Spannungen

Gutes Dielektrikum

Tabelle 2.1: Teilentladungscharakteristika in Abhängigkeit von der Versorgungsspannung

Page 25: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

2 Grundlagen und Stand der Technik 15

2.4 Aufbau und Funktionsweise von Frequenzumrichtern

Grundsätzlich gibt es zwei Klassen von Zwischenkreisfrequenzumrichtern: Strom-

zwischenkreis- und Spannungzwischenkreisumrichter [1,11], wobei die Strom-

zwischenkreisumrichter heutzutage nur noch zu einem sehr geringen Anteil eingesetzt

werden.

Die Spannungszwischenkreisumrichter dominieren den Weltmarkt und beherrschen

zunehmend die Drehstromantriebstechnik. Sie stellen als Ausgangsspannung

Rechteckimpulse konstanter Amplitude und unterschiedlicher Dauer zur Verfügung, die in

den Strängen der Motoren ein näherungsweise sinusförmiges Drehstromsystem variabler

Frequenz hervorrufen.

2.4.1 Prinzipieller Aufbau eines Spannungszwischenkreisumrichters Die Spannungszwischenkreisumrichter werden meistens in der PWM- (pulse-wide-

modulation / Pulsbreitenmodulation) Technik ausgeführt. Dabei besteht in der preiswerten

Ausführungsform der Eingangstromrichter aus einer ungesteuerten Diodenbrücke. Die

Zwischenkreisspannung wird über Kondensatoren gepuffert. Diese bewirken eine

Entkopplung zwischen Eingangsgleichrichter (GR) und Ausgangswechselrichter (WR), der

mit leistungselektronischen Schaltern (z.B. GTO, IGBT) aus der Zwischenkreisspannung

Spannungsimpulse konstanter Amplitude und unterschiedlicher Pulsbreite und -frequenz

erzeugt. Durch dieses Prinzip können neben der Drehzahlstellung oder Drehzahlregelung auch

andere Funktionen wie z.B. “Sanftanlauf“ (Drehfeldfrequenzerhöhung während des

Anlaufvorganges) und mit zusätzlichem Aufwand auch Bremsbetrieb mit Rückspeisung der

elektrischen Energie, sowie Positionierung realisiert werden. Im unbelasteten Zustand lädt

sich dabei die Zwischenkreisspannung UZK auf den Scheitelwert der Netzspannung auf. Sie

ändert sich im normalen Betriebsbereich bei Vorhandensein eines genügend großen

Zwischenkreiskondensators nur geringfügig, so dass man von einer praktisch konstanten

Zwischenkreisspannung ausgehen kann [11].

Page 26: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

2 Grundlagen und Stand der Technik 16

2.4.2 Spannungsbildung bei einem Pulswechselrichter

Bild 2.4: Schaltbild eines Drehstromumrichters

Die Funktionsweise des Wechselrichters (Bild 2.4) mit abschaltbaren Bauelementen (IGBTs

= Insulated Gate Bipolar Transitors) in einer Brückenschaltung mit dazu parallel liegenden

Freilaufdioden entspricht idealisiert der einer Schalteranordnung gemäß Bild 2.5:

Bild 2.5: Funktionsprinzip des Wechselrichters und mögliche

Schaltkombinationen

Die Schalterstellung spiegelt dabei den Schaltzustand der Leistungshalbleiter wieder und

zwar in der Weise, dass nur eines der beiden Ventile einer Diagonale des Wechselrichters

eingeschaltet sein kann. Danach können in jedem Ausgang des Wechselrichters zwei diskrete

Spannungspotentiale erzeugt werden und zwar das Plus- und das Minuspotential des

Spannungszwischenkreises. Drei Schalter mit jeweils zwei Schaltzuständen erzeugen acht

Schaltkombinationen, also auch acht diskrete Spannungszustände am Ausgang des

Wechselrichters bzw. an der Ständerwicklung des angeschlossenen Motors. Die an den drei

UZK

Netz

Gleichrichter Zwischenkreis Leiter L1 Leiter L2 Leiter L3Wechselrichter

Spannungssteuerung

Ständerwicklung inSternschaltung

U1U

V

WN

UL1L2

L1

L2

L3

U V W

- +

Motor

S1

S2

S3

S1 S2 S3I 1 0 0II 1 1 0III 0 1 0IV 0 1 1V 0 0 1VI 1 0 1VII 1 1 1VIII 0 0 0

Page 27: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

2 Grundlagen und Stand der Technik 17

Ständerwicklungen eingeprägte Spannung kann in ihrer resultierenden Wirkung als

Spannungszeiger dargestellt werden. Greift man beispielsweise die Schalterkombination I

heraus, so wird an der Klemme U des Motors das Potential „Plus“ und an den Klemmen V

und W jeweils „Minus“ erzeugt. Geht man ferner von einer Sternschaltung aus und nimmt an,

das die Impedanzen der drei Stränge aus Gründen der Symmetrie gleich groß sind, so nimmt

die Spannung am Strang L1 den Wert (2/3) UZK und die Spannung an den Strängen L2 und

L3 den Wert –(1/3) UZK an. Die Winkellage der resultierenden Motorspannung, des

Spannungszeigers, folgt schließlich aus der geometrischen Addition der drei

Strangspannungen, die räumlich um 120° versetzt sind. Zu der Schaltkombination I gehört

also der Spannungszeiger I gemäß Bild 2.6, dessen Winkellage mit der Wicklungsachse des

Stranges L1 zusammenfällt.

Bild 2.6: Schaltkombinationen und Spannungs-

zeiger an der Kombination Frequenzumrichter /

Motor

Spielt man in dieser Weise alle Schaltkombinationen durch, so erhält man zunächst sechs

diskrete Spannungszeiger im Winkel von 60° zueinander, deren Werte sich unmittelbar aus

der Zwischenkreisspannung ableiten und deren Winkellage, bezogen auf das ständerfeste

Koordinatensystem, unmittelbar und eindeutig dem jeweiligen Schaltzustand im

Wechselrichter zugeordnet sind. Bei den Schaltkombinationen VII und VIII entsteht an allen

drei Ausgangsklemmen des Wechselrichters das gleiche Potential, entweder das Plus- oder

das Minuspotential aus dem Zwischenkreis. Für den Motor kommt dies der Wirkung eines

Klemmenkurzschlusses gleich, es wird also die Spannung 0 V an den Motorwicklungen

eingeprägt. Nach diesen Ausführungen handelt es sich bei einem Pulswechselrichter um ein

Spannungsstellglied, das sieben eindeutig bestimmte Spannungszustände ermöglicht, die in

beliebiger Reihenfolge und in eindeutiger Weise mit Hilfe eines Steuersignals (Ust = 3

bit/Signal) erzeugt werden können.

Motor

I

II VI

III

IV

V

VIIVIII

L3

L1

L2

Page 28: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

2 Grundlagen und Stand der Technik 18

2.4.3 Steuerverfahren für Pulswechselrichter Für die Frequenzsteuerung einer Drehfeldmaschine müssen die Größen „Spannung und

Frequenz“ in gewisser Weise unabhängig voneinander eingestellt werden können. Betrachtet

man den stationären Betrieb, so entspricht dies einer Führung des Maschinen-

Spannungszeigers Uωt auf einer Kreisbahn. Die Länge des Spannungszeigers ist ein Maß für

den Wert der Motorspannung und die Umlaufgeschwindigkeit entspricht der augenblicklichen

Betriebsfrequenz.

Die Aufgabe des Pulssteuersatzes besteht nun darin, den Idealwert der Motorspannung

bestmöglichst durch Pulsen der realen Spannungszustände abzubilden. Dazu wurde in der

Vergangenheit eine Vielzahl von Gesetzmäßigkeiten beschrieben. Ein besonders

zweckmäßiges Verfahren, auch im Hinblick auf die Realisierung in einem digitalem

Steuersatz , nennt sich Raumzeigermodulation und wurde 1981 unter der Nummer DE 31 31

344 C2 zum Patent angemeldet [68].

Die Funktionsweise lässt sich relativ einfach aus Bild 2.7 ablesen.

Bild 2.7: Bildung eines Raumzeigers

Gemäß dieser Darstellung befindet sich der Augenblickswert des abzubildenden Sollwert-

Spannungszeigers räumlich zwischen den realen Spannungszeigern I und II. Man kann sich

nun leicht vorstellen, dass der Sollwert Uωt durch kurzes Pulsen der benachbarten Zeiger als

Mittelwert nachgebildet werden kann. Über das Pulsverhältnis der Zeiger zueinander lässt

sich eindeutig die Winkellage der Spannung steuern. Den richtigen Betrag erhält man dann,

wenn man auch einen der beiden Nullspannungszeiger innerhalb der für die

Mittelwertbildung festgelegten Gesamtperiodendauer für eine definierte Zeit, die sich aus

dem Betrag der abzubildenden Spannung ableitet, realisiert. In der Praxis verwendet man

beide Kombinationen (VII und VIII) zur Erzeugung des Nullspannungszeigers, um von einem

Schaltzustand zum anderen durch Betätigung nur eines Schalters im Wechselrichter zu

gelangen und damit die Schaltfrequenz zu minimieren. Nach dem Prinzip der

Mittelwertbildung kann jeder Spannungszeiger abgebildet werden, der das durch die realen

Spannungszeiger I bis VI aufgespannte Sechseck nicht überschreitet.

ωt

I

II

VIIVIII

Page 29: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

2 Grundlagen und Stand der Technik 19

Die früher sehr populären Unterschwingungsverfahren, vor allem in der Ausführung als

Sinus-Dreieck-Modulation (Bild 2.8), sind heute praktisch in Vergessenheit geraten, da sie

zumeist einen zu hohen Oberschwingungsanteil hatten, der zu heutzutage nicht mehr

vertretbaren zusätzlichen Verlusten und damit zur Verschlechterung des Wirkungsgrades

führt. Nachteile von Pulsumrichtern resultieren aus den Folgen der nicht sinusförmigen

Spannungen und Ströme. So erhöhen Pendelmomente und Wirbelströme die im Motor

anfallenden Verlustleistungen, wodurch es zu einer wesentlich höheren Erwärmung als bei

Netzbetrieb kommt [27,28]. Weiter kommt es durch die Anregung mechanischer Resonanzen

im kHz-Bereich zu verstärkten Geräuschentwicklungen (Pfeifen) und durch den Einsatz

gesteuerter Gleichrichter von Pulsumrichterantrieben zu Netzrückwirkungen, die die

Netzqualität erheblich beeinträchtigen können [9].

Bild 2.8: Generierung der Steuerspannung

nach dem Unterschwingungsverfahren

2.4.4 Verwendete Frequenzumrichter Bei den in dieser Arbeit verwendeten Frequenzumrichtern handelt es sich ausschließlich um

(pulsbreitenmodulierte) PWM-Frequenzumrichter mit Spannungszwischenkreis und zwar mit

einer Speisespannung von 400 V und 690 V. Diese Frequenzumrichter sind vom

Steuerungsprinzip her selbstführend, das heißt sie steuern ihr Impulsmuster über einen

Mikroprozessor in einer Art und Weise, dass der eingestellte Effektivwert der

Ausgangsspannung bei Nennfrequenz in weiten Bereichen unabhängig von der anliegenden

Versorgungsspannung ist. Die verwendeten 400 V-Frequenzumrichter der Firma SEW

Eurodrive vom Typ Movitrac 31C055-503-4-00 besitzen dabei einen sehr breiten

Eingangsspannungsbereich (inklusive Toleranzbereich) von bis zu 550 V. Der verwendete

UStL1

Page 30: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

2 Grundlagen und Stand der Technik 20

690 V-Frequenzumrichter der Firma Siemens vom Typ SIMOVERT MASTER DRIVE

6SE7028-2HF84-1HH0 darf jedoch nur mit maximal 5% Überspannung betrieben werden,

um insbesondere die Kondensatoren und die IGBTs nicht zu überlasten [69]. Die

Frequenzumrichter sind serienmäßig ohne Ausgangsdrosselspulen ausgeführt. Mit

Drosselspulen würde zwar die elektrische Belastung der Prüfkörper reduziert, aber die

elektrischen Verluste im Frequenzumrichter, seine Baugröße und sein Preis würden steigen.

Aus diesen Gründen und um einen möglichst hohen Wirkungsgrad zu erzielen, lässt man

solche Elemente in der Regel bei Serienerzeugnissen weg, bietet sie aber als Sonderzubehör

bei Bedarf an.

2.5 Pulsfrequenzumrichter mit hoher Taktfrequenz an langen

Leitungen

Die Entwicklung auf dem Gebiet der Leistungselektronik ermöglicht es, immer schneller

schaltbare Leistungshalbleiter herzustellen. Neben den guten Eigenschaften dieser Bausteine,

gute Wirkungsgrade zu erreichen und mit Taktfrequenzen zu arbeiten, die über der

Hörschwelle des menschlichen Ohres liegen, gibt es aber auch Problempunkte, die hier kurz

aufgezeigt werden sollen.

Bei den Spannungszwischenkreisumrichtern verursacht jeder Puls eine hohe

Spannungsänderung in sehr kurzer Zeit, das heißt ein großes du/dt für den angeschlossenen

Motor [18,20]. Dies bedeutet einerseits erhöhte kapazitive Verschiebungsströme und damit

Umpolarisationsverluste in der Isolation mit entsprechender Isolationserwärmung [27,28].

Andererseits verhindern die hohen Frequenzanteile der steilen Flanken eine lineare und

gleichmäßige Spannungsverteilung in der Ständerwicklung [14,13,15]. Berücksichtigt man

zusätzlich den Einziehvorgang der Motorwicklung in die Statornut, bei dem die Wicklung

meist als „wilde“ Niederspannungswicklung ausgeführt ist, so können bei Umrichterbetrieb

hohe Spannungsunterschiede an zufällig ungünstig nebeneinanderliegenden Windungen

auftreten. Dabei kann im ungünstigsten Fall zwischen zwei Wicklungsdrähten einer Spule,

oder aber auch Spulengruppe, die volle Spulenspannung auftreten [15,17]. An solchen Stellen

ist die Isolation außerdem durch die dielektrische Verlustleistung gegenüber der

Sinusbelastung erhöht beansprucht und damit die Durchschlagsfestigkeit herabgesetzt [70].

Bei Umrichterbetrieb sind solche Stellen also vorbelastet und daher besonders für

Teilentladungen gefährdet. Deshalb ist nicht allein der Maximalwert der Einschwingspannung

Page 31: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

2 Grundlagen und Stand der Technik 21

für einen Wicklungsschaden verantwortlich, sondern auch die Dauer der Spannungsimpulse

pro Umrichtertakt, die Taktfrequenz des Umrichters, die Höhe der Einschwingfrequenz, die

Anstiegsgeschwindigkeit, das Wicklungsdesign sowie die Isolationsausführung.

Messungen zeigen, dass mit zunehmender Länge der Motorleitung die transienten

Überspannungen an den Motorklemmen ansteigen. Dabei konnte beobachtet werden, dass bei

jeder Schaltflanke eine gedämpfte Schwingung („ringing“) im Frequenzbereich bis zu einigen

MHz, abhängig von der Impulsanstiegszeit und der Kabellänge, auftritt [2,3,5,6,8,12-15].

Weiterhin wurde beobachtet, dass der Motor selbst immer dämpfend auf die Schwingungen

wirkt. Bei offenem Leitungsende wurden daher die um 5 bis 10 % höheren Spannungen

gemessen.

2.6 Ausbreitung der Umrichterimpulse auf Leitungen

Elektrische Wellen breiten sich bei Schaltvorgängen in der elektrischen Leitung mit einer von

den Leitungseigenschaften vorgegebenen endlichen Geschwindigkeit aus [14,15,77-79].

rrr

ccvεµε00 =

∗= , denn 1=rµ bei Leitungen

(2.6)

Da die isolierenden Medien Permittivitätszahlen in der Größenordnung 3…4 besitzen, liegt

die Ausbreitungsgeschwindigkeit etwa im Bereich von 50 bis 60 % der Lichtgeschwindigkeit

co. Dadurch kann es vorkommen, dass bei sehr steilen Schaltflanken die Spannung am

Leitungsanfang bereits vollständig anliegt, während sie am Leitungsende noch Null ist.

Man unterscheidet:

Elektrisch kurze Leitungen, bei denen sich die Augenblickswerte der Spannungen und

Ströme am Leitungsanfang und -ende nur unwesentlich voneinander unterscheiden.

Elektrisch lange Leitungen, bei denen sich die Augenblickswerte der Spannungen und

Ströme über die Leitung wesentlich unterscheiden.

Die geometrische Größe, ab der eine Leitung als „elektrisch“ lang zu betrachten ist, hängt

zum einen von den Eigenschaften der Leitung (Ausbreitungsgeschwindigkeit der elektrischen

Welle) und der Form (Frequenz und Anstiegszeit) der zu übertragenden Spannung ab. Ist die

Anstiegszeit der Spannung nicht wesentlich größer als die Laufzeit der elektrischen Welle,

handelt es sich um eine elektrisch lange Leitung [45,59]. Die Vorgänge der Impulsausbreitung

Page 32: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

2 Grundlagen und Stand der Technik 22

können dann mit dem Wanderwellenmodell beschrieben werden, wobei sich die Spannung

aus einer vor- und einer rückwärtslaufenden Spannungswelle, die wiederum über den

Wellenwiderstand Z mit dem Strom verknüpft ist, zusammensetzt.

´´´

CjLjRZ

ωω+= (G´ vernachlässigt wegen G´ << ωC´ bei Motorkabeln)

(2.7)

Das Verhalten dieser elektrisch langen Leitung wird dabei hauptsächlich durch die äußere

Beschaltung bestimmt. Wenn man nun näherungsweise den Innenwiderstand des

Frequenzumrichters, aufgrund des Kondensators im Spannungszwischenkreis, zu Null

annimmt und weiterhin berücksichtigt, dass der Motorwellenwiderstand (Zm im betrachteten

Frequenzbereich mehrere kΩ) um einiges größer als der Wellenwiderstand der Leitung (ZL ≈

50 bis 150 Ω) ist, kann man für eine vereinfachte Betrachtung der Reflexionsvorgänge das

Leitungsende, an dem der Frequenzumrichter angeschlossen ist, als kurzgeschlossen

(Reflexionsfaktor r = -1) und das motorseitige Ende als offen (r = 1) annehmen. Dadurch

ergibt sich an den Motorklemmen eine Verdoppelung der Impulsspannung [78,79].

Bild 2.9 a,b: Impulse auf Leitungen (ideal)

t

t

UZk

UZk

2 UZk

2 UZk

tL 4 tL

a) ohne Dämpfung

b) mit Dämpfung

umotor

umotor

Page 33: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

2 Grundlagen und Stand der Technik 23

Bild 2.9c: Impulse auf Leitungen (real)

Der entstehende Einschwingvorgang hat eine Periodendauer in Höhe der vierfachen

Leitungslaufzeit, was je nach Leitungslänge einer Frequenz im kHz bis MHz Bereich

entspricht [15]. Diese Überspannung klingt allerdings exponentiell aufgrund der

Leitungsdämpfung ab (Bild 2.9).

Wenn jedoch der Frequenzumrichter bei sehr hohen Taktfrequenzen innerhalb der transienten

Zeit, das heißt wenn die Spannung am Kabelende noch nicht auf ihren stationären Wert

eingeschwungen ist, erneut schaltet, kann sich die Spannung am Leitungsende sogar

verdreifachen [15,71]. Dies entspricht dann bei einem 400 V Frequenzumrichter, der eine

Zwischenkreisspannung von ca. 560 V hat, einer Spannung von mehr als 1500 V gegen Erde.

Diese hohe Spannung stellt dabei eine große Gefahr für die verwendeten

Niederspannungsisolationssysteme dar, die für derartige Spannungen nicht bemessen sind

[2,3].

2.7 Übertragungsverhalten der Wicklung für Teilentladungs-

signale

Die Ausbreitung der TE-Impulse durch die Wicklung der Maschine beeinflusst maßgeblich

das Ergebnis einer TE-Messung [59]. Bevor die TE-Signale an den Klemmen einer Maschine

vom TE-Messsystem erfasst werden, durchlaufen diese, ausgehend vom Ort ihres Entstehens

in der Maschine ein Netzwerk aus verschiedenen kapazitiven und induktiven Koppelwegen.

Die Statorwicklung lässt sich so als ein Kettenleiternetzwerk aus gekoppelten Reaktanzen

beschreiben. Die magnetische Kopplung tritt dabei als Selbstinduktivität im Nut- und

t

UZk

4 tL

c) Oszilloskopisch gemessen Zeitmaßstab gedehnt gegenüber a) und b)

umotor

Page 34: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

2 Grundlagen und Stand der Technik 24

Wickelkopfbereich und als Gegeninduktivität zwischen den einzelnen Leitern im

Wickelkopfbereich auf. Eine kapazitive Kopplung besteht sowohl im Nut- wie im Endbereich

als auch zwischen den Spulen im Wickelkopf [14]. Der TE-Impuls durchläuft somit ein

Netzwerk mit vielen Resonanzfrequenzen und wird oszillierend. Welche Form der Impuls

schließlich an den Klemmen hat, hängt daher vom Aufbau der Maschine, den dielektrischen

Eigenschaften der verwendeten Materialien und vor allem vom Ort der Fehlstelle, von dem

der Impuls ausgeht, ab. Diese Eigenschaften der Maschine auf das

Signalübertragungsverhalten der TE-Impulse haben wesentliche Einflüsse auf die Bewertung

durch das angeschlossene TE-Messgerät und somit letztendlich auf das Diagnoseergebnis

selbst. Der Ort und die Art der Auskopplung, die Signalverarbeitung des TE-Messgerätes, die

zur TE-Diagnose herangezogenen Merkmale und der Umfang der verfügbaren

Vergleichsmessdaten entscheiden wesentlich über die Güte der anhand einer TE-Messung

getroffenen Aussage.

2.8 Anforderungen an ein TE-Messsystem für Frequenz-

umrichterbetrieb

Wie erläutert, führt das Übertragungsverhalten der Wicklung zu erheblichen Beschränkungen

der Aussagefähigkeit einer Kalibrierung bezüglich der „scheinbaren Ladung“. Ein relativ

invarianter Parameter zur Einschätzung der von Teilentladungen ausgehenden Gefährdung der

Isolation ist die TE-Impulshäufigkeit [39,59]. Diese Kenngröße hat aufgrund ihrer

Diskretisierbarkeit eine hohe Bedeutung, denn bei durchschlaggefährdeten Isolationen können

TE-Impulshäufigkeiten bis zu 105 s-1 auftreten. Daher muss es mit dem Meßsystem möglich

sein, Impulsabstände kleiner als 1 µs zu erfassen.

Außerdem sei betont, dass quantitative Grenzwerte der scheinbaren Ladung, ausgedrückt in

pC, die geeignet sind, den Ausfall der Isolation elektrotechnischer Betriebsmittel

vorauszusagen, nur für wenige Testgeräte in der Mittelspannungsebene und

Hochspannungsebene, in der häufig teilentladungsbeständige Isolierungen verwendet werden,

existieren [25,26,45]. Bei den hier untersuchten Niederspannungsmaschinen existieren bisher

keine solchen Grenzwerte und erst durch die Einführung von teilentladungsbeständigen

Isolationssystemen [6,21,24,72] macht es überhaupt Sinn, Teilentladungen zuzulassen und

nicht die absolute Teilentladungsfreiheit in allen Betriebszuständen zu fordern. Daher

beruhen die Diagnosemessungen zumeist auf einem Vergleich der TE-Pegel an

Page 35: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

2 Grundlagen und Stand der Technik 25

vergleichbaren Prüfobjekten oder auf einer Erfassung des zeitlichen Verlaufs von

Teilentladungen an einem Prüfobjekt. Für das Messsystem sollte aber trotzdem ein Kalibrator

vorgesehen werden, um dessen Verhalten charakterisieren und Verbesserungen, sowohl des

Messsystems als auch von Isolationsgüten quantifizieren zu können. Zudem ist es notwendig,

eine möglichst hohe Empfindlichkeit für Teilentladungen zu realisieren, da bekanntlich nicht

nur die starken Teilentladungen, sondern auch viele schwache das Isolationssystem von

Niederspannungsmaschinen zerstören können. Weiterhin sollte das Messsystem eine

galvanische Trennung zwischen Prüf- und Messspannung ermöglichen, um auch in nicht

geerdeten Systemen messen zu können.

Page 36: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

3 Alterungsmechanismen 26

3 Alterungsgesetze und Alterungsvorgänge

Zum Ermitteln des Alterungsverhaltens und der Lebensdauerkennwerte elektrischer

Maschinen sind viele Messverfahren und Messtechniken gleichzeitig entwickelt worden,

siehe auch Kapitel 2.2. Beispiele sind die Teilentladungsmessung, die Verlustfaktor- und

Kapazitätsmessung, die Messung des Isolationswiderstandes bzw. des Ableitstromes, die

Rückkehrspannungsmessung und die Bestimmung von statistischen Größen wie Ausfallrate

oder Ausfallzeit [73].

3.1 Thermische Alterung

Werden Niederspannungsmaschinen mit einer sinusförmigen Wechselspannung im

stationären Betrieb betrieben, ist die elektrische Belastung im Allgemeinen so gering, dass die

Alterung und damit der Ausfall der Isolierung dominierend durch die thermische

Beanspruchung bestimmt wird [46,74]. Die Alterungsprozesse der Windungsisolierung durch

thermische Beanspruchung unterliegen dann den Gesetzen der chemischen Reaktionskinetik

nach dem Gesetz von Arrhenius und lassen sich infolgedessen mit dem thermischen

Lebensdauergesetz beschreiben [66]:

(3.1)

wobei Lth die Lebensdauer, T die absolute Temperatur, A der Lageparameter und B der

thermische Lebensdauerexponent ist. Der Lebensdauerexponent B ist von der chemischen

Struktur der Isolierung abhängig. Der Lageparameter wird vom Isolierstoff, dem

geometrischen Aufbau der Isolierung und den Prüfbedingungen bestimmt. Die Logarithmus-

Form von Gleichung 3.1 ist:

log Lth = a + b / T

(3.2)

mit a = log A und b = 0,43B. a und b sind die entsprechend umgeformten Konstanten. In

halblogarithmischer Darstellung stellt somit Gleichung (3.2) über 1/T eine Gerade dar.

Bei umrichtergespeisten elektrischen Maschinen können, wie in den Kapiteln 2.5 und 2.6

beschrieben, impulsförmige Überspannungen mit kurzen Anstiegszeiten entstehen, deren

Amplitude die Werte der Betriebsspannung um ein Vielfaches überschreitet. Die Folge sind

TB

th eAL ⋅=

Page 37: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

3 Alterungsmechanismen 27

kurzzeitig hohe elektrische Beanspruchungen, die in der Praxis zu Frühausfällen der Isolation

führen. In diesem Fall wird die Lebensdauer der Isolierung zusätzlich zur thermischen

Alterung auch durch die elektrische Alterung bestimmt.

3.2 Elektrische Alterung der Wicklungsisolierung bei Frequenz-

umrichterbetrieb

Bei der elektrischen Alterung muss man zwischen der reinen Feldalterung, der

Teilentladungsalterung und der elektrothermischen Alterung unterscheiden [26].

Bei der Feldalterung ist nur die elektrische Feldstärke als Belastungsgröße

anzusehen. Dabei werden die im Isolierstoff vorhandenen Ladungsträger im

elektrischen Feld beschleunigt, nehmen Bewegungsenergie auf und geben diese

anschließend durch Stoßprozesse an die Atome oder Moleküle des Isolierstoffes

wieder ab. Dabei kann es bei ausreichender Energiezufuhr zu einer Zerstörung des

Isolierstoffes durch Brechen der chemischen Bindungen oder durch Anregung und

Ionisation der Atome kommen, wodurch eine Verringerung der elektrischen Festigkeit

eintritt. Die Alterungsprozesse der Feldalterung laufen hierbei ähnlich wie die der

thermischen Alterung ab [76].

Die Teilentladungsalterung ist eine der häufigsten Ausfallursachen fester

Isolierstoffe. Teilentladungen treten im Inneren der Isolierung in Schichtungsspalten,

Rissen, Hohlräumen, Fehlstellen wie z.B. Verunreinigungen (innere Teilentladungen)

oder an der Oberfläche der Isolierung (äußere Teilentladungen) auf. An diesen Stellen

kommt es zu einer Erhöhung der lokalen Feldstärke, wobei die Durchschlagsfeldstärke

überschritten werden kann. Die Zerstörungsprozesse der Teilentladungen führen dabei

zur Ausbildung von verästelten Kanälen (electrical treeing) und damit zu einer

irreversiblen Zerstörung des Dielektrikums. Durch die bei den Teilentladungen

entstehenden Reaktionsprodukte (Ozon, Stickoxide usw.) wird der Isolierstoff

zusätzlich chemisch angegriffen. Hinzu kommt, dass in den Fußpunkten der

Entladungen lokal hohe Temperaturen auftreten, die ebenfalls zu einer Zerstörung des

Isolierstoffes beitragen [25,26].

Bei der elektrothermischen Alterung sollen nach Rechenberg [80] die höheren

dielektrische Verluste bei Wechselrichterbetrieb schon bei Spannungen unterhalb der

TE-Einsetzspannung zu einer zusätzlichen Erwärmung der Isolierung führen. Die bei

Page 38: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

3 Alterungsmechanismen 28

dtduCiv ⋅=

Wechselrichterbetrieb auftretenden hochfrequenten, steilen Spannungsflanken führen

dabei in Verbindung mit den Kapazitäten zwischen den Wicklungen des Motors,

entsprechend Gleichung (3.3), zu hohen transienten Verschiebungsströmen.

(3.3)

Diese fließen nur zu einem geringen Teil durch die drahtgebundenen Impedanzen

sondern hauptsächlich längs und quer durch den Isolierstoff. Die dadurch entstehenden

dielektrischen Verluste können nach Rechenberg bei ungünstiger Windungslage zur

Verringerung der Lebensdauer der Motorisolation führen. Die von Braun [27]

durchgeführten Temperaturmessungen an verschiedenen Wicklungspunkten einer

Asynchronmaschine ergaben, dass im Vergleich zum Netzbetrieb sich bei

Umrichterbetrieb die Ständerwicklung um bis zu 3,5 K stärker erwärmt, was durch

Verschiebungsströme erklärt wird. Diese Erwärmung erfolgt dabei nicht gleichmäßig

verteilt, sondern konzentriert sich auf bestimmte Punkte der Isolation. Besonders

starke Erwärmungen werden an Berührungspunkten verschiedener Spulen bzw.

Windungen einer Spule mit hohen Spannungsdifferenzen und großen zeitlichen

Spannungsänderungen auftreten. Als besonderen Stress für die Wicklung sieht

Rechenberg [80] an, dass diese dielektrischen Verluste durch die steilen

Spannungsimpulse bei Wechselrichterbetrieb in einem sehr kurzen Zeitabschnitt sehr

konzentriert auftreten. Es sei deshalb von großen Temperaturdifferenzen innerhalb des

Isolierstoffes auszugehen. Seine Untersuchungen an gekreuzten Drähten, die

thermisch und gleichzeitig elektrisch durch eine Wechselrichterhalbbrücke belastet

wurden, haben ergeben, dass die Lebensdauer des untersuchten Isolierstoffes durch die

aufgrund der höheren dielektrischen Verluste auftretenden höheren Temperaturen

negativ beeinflusst wird.

Der Ausfall eines Motors tritt dann ein, wenn sich die elektrische Festigkeit der Isolierung

infolge der elektrischen Alterung so weit verringert, dass die beanspruchende elektrische

Feldstärke größer als die vorhandene Druchschlagfeldstärke des Isolierstoffes ist [25,26].

Zur Bewertung der elektrischen Festigkeit von Isolierstoffen wird häufig der

Konstantspannungsversuch angewendet. Hierbei wird der Prüfling mit einer konstanten

Spannung beansprucht und die Zeit bis zum Ausfall der Isolierung gemessen. In einer

Page 39: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

3 Alterungsmechanismen 29

ndel UkL −⋅=

doppeltlogarithmischen Darstellung ergibt der Zusammenhang zwischen der Ausfallzeit Lel

und der angelegten elektrischen Spannung U, sobald die Spannung größer als eine bestimmte

Schwellenspannung ist, einen linearen Verlauf. Ist diese Schwellenspannung z.B. mit der TE-

Einsetzspannung identisch, handelt es sich bei der elektrischen Alterung um eine

Teilentladungsalterung.

Das Langzeitverhalten elektrischer Isolierungen bei Gleich- und Wechselspannung kann mit

Lebensdauerkurven entsprechend dem empirisch ermittelten Lebensdauergesetz für

elektrische Isolierungen, dem „inverse power law“, beschrieben werden [47]:

(3.4)

Der Lebensdauerexponent n bestimmt dabei die Neigung der Lebensdauerkurve und ist vom

Isolierstoff sowie vom Alterungsprozess abhängig. Der Lageparameter kd ist eine durch die

Elektrodengeometrie, den Elektrodenabstand, die Spannungsform und die

Isolierstoffeigenschaften bestimmte Konstante.

Dass es sich bei der elektrischen Alterung, ähnlich wie bei der thermischen Alterung, um

chemische Reaktionen handelt bzw. chemische Reaktionen eine bedeutende Rolle spielen,

wurde von Kiersztyn [76] nachgewiesen. Kiersztyn stellte auf der Grundlage der chemischen

Reaktionskinetik ein mathematisches Modell für die elektrische Alterung auf, das mit dem

empirisch gefundenen Gesetz zur elektrischen Alterung (Gleichung 3.4) übereinstimmt.

Zum Langzeitverhalten der Isolierung von Niederspannungsmotoren bei Wechselspannung

gibt es zahlreiche ältere Veröffentlichungen [31,32,46,47,66,74,81]. Zum Einfluss elektrischer

Impulsbelastungen, wie sie bei Umrichterbetrieb auftreten, auf das Verhalten von

Isolierungen und im Besonderen der Windungsisolierung von Niederspannungsmaschinen

liegen in der Literatur nur wenige Erkenntnisse vor. In jüngerer Zeit wurde das elektrische

Alterungsverhalten von Drahtlackisolierungen bei Impulsbelastung von Guerra [29],

Kaufhold [2], Pohlmann [6] und Hilfert [5] untersucht.

Guerra [29] führte Untersuchungen zur elektrischen Lebensdauer bei Belastungen mit

Impulsspannungen (1,2/50 µs) an Modellwindungsisolierungen durch. Seine Untersuchungen

führten zu dem Ergebnis, dass die Lebensdauer bis hin zu Impulsfolgefrequenzen von einigen

Kilohertz nicht von der Belastungszeit, sondern ausschließlich von der Impulszahl bestimmt

Page 40: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

3 Alterungsmechanismen 30

nddd Ukn −⋅= ˆ

wird. Die experimentell ermittelten Wertepaare aus konstanter Durchschlags-

spannungsamplitude Ûd und Anzahl der Impulse bis zum Durchschlag nd zeigten in

doppellogarithmischer Darstellung fallende Geraden und folgten demzufolge der Beziehung:

(3.5)

Da dieser Zusammenhang dem Lebensdauergesetz der elektrischen Alterung entspricht,

konnte somit gezeigt werden, dass das „inverse power law“ [47] auch bei impulsförmigen

Belastungen Gültigkeit besitzt.

Guerra [29] stellt weiter fest, dass die Durchschlagsimpulszahl nd seiner

Modellwindungsisolierung von der Impulsform abhängt. Bei seinen Untersuchungen mit

verschiedenen Anstiegszeiten im Bereich von 0,3 bis 4,8 µs und konstanter Amplitude

(10 kV) war die Durchschlagimpulszahl um so geringer, je kleiner die Anstiegszeit war. Eine

aperiodische Impulsspannung führte außerdem zu größeren Durchschlagsimpulszahlen als

eine Impulsspannung gleicher Amplitude, der eine Schwingung von ca. 165 kHz auf dem

Impulsrücken überlagert war. Hieraus wurde geschlussfolgert, dass die elektrische Feldstärke

in der Isolierung nicht nur von deren Geometrie und der belastenden Spannung, sondern auch

von der zeitabhängigen Ausbildung von Raumladungen beeinflusst wird. Durch den Aufbau

von Raumladungen reduziert sich die Feldstärke gegenüber dem raumladungsfreien Zustand

und damit die Beanspruchung der Isolierung. Da der Aufbau von Raumladungen eine gewisse

Zeit beansprucht, wird das elektrische Feld bei kürzeren Anstiegszeiten aufgrund der

geringeren Raumladungsdichte weniger geschwächt, als bei längeren Anstiegszeiten. Bei

Anstiegszeiten unterhalb von 0,1 µs stellte Guerra [29] keine Beeinflussung der

Durchschlagimpulsspannung durch Raumladungen fest.

Die Ausbildung von Raumladungen kann aber auch zu einer Reduzierung der Lebensdauer

führen. Durch Diffusionsvorgänge (Raumladungsdurchschlag nach Boeck [64]) oder durch

Ladungsträgerinjektion infolge von Teilentladungen [82] können Raumladungen im Inneren

des Isolierstoffes entstehen, die zum einen die Durchschlagfeldstärke infolge lokaler

Feldverzerrungen herabsetzen und zum anderen Schwingungsenergien erzeugen, die zu einer

Zerstörung des Isolierstoffes führen können. Ob durch die Ausbildung von Raumladungen die

elektrische Alterung beschleunigt oder verlangsamt wird, hängt vom Ort der Ausbildung der

Raumladungen ab. Guerra [29] geht bei seinen Untersuchungen von einer Ausbildung der

Page 41: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

3 Alterungsmechanismen 31

Raumladungen vor den Elektroden, das heißt auf der Oberfläche der Leiter aus, wodurch das

Feld im Zwickel sich berührender Drähte und damit die TE-Einsetzspannung beeinflusst wird.

Die von Guerra [29] gefundenen Ergebnisse wurden durch die Lebensdaueruntersuchungen

von Kaufhold [2] bestätigt. Kaufhold führte Lebensdaueruntersuchungen mit unipolaren und

alternierenden Impulspannungen mit einer Impulsfolgefrequenz von 0,5 bis 20 kHz durch.

Diese ausgewählten Spannungsformen entsprechen umrichtertypischen Belastungen. Zur

Nachbildung der Windungsisolation verwendete er als Prüfkörper imprägnierte Ringspulen

aus zwei parallel gewickelten Drähten. Die Bestimmung der elektrischen Lebensdauer

erfolgte mittels des Konstantspannungsversuches. Kaufhold stellte fest, dass die elektrische

Lebensdauer der untersuchten Modellwindungsisolierungen sowohl von der Amplitude als

auch von der Form der verwendeten Impulsspannung abhängig ist. Die ermittelten

Lebensdauerkennlinien lassen sich entsprechend Bild 3.1 in drei Bereiche unterteilen:

Bild 3.1: Lebensdauerkennlinie und Verhaltensfunktion der TE-Wahrscheinlichkeit

einer Drahtlackisolierung bei Belastung mit Spannungsimpulsen mit wechselnder und

gleichbleibender Polarität nach Kaufhold [2]

Im Bereich 1, bei Spannungen, die wesentlich über der TE-Einsetzspannung der

Windungsisolierung liegen, kann die elektrische Alterung mit dem „inverse power

law“ [47] beschrieben werden. Die begleitenden TE-Untersuchungen zeigten, dass in

diesem Bereich jeder Impuls zu einer Entladung in den luftgefüllten Hohlräumen

(Zwickel) zwischen einander sich berührenden Lackdrähten führt.

Page 42: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

3 Alterungsmechanismen 32

dTE

d nUp

n ⋅=)ˆ(

11

Im Bereich 2 wurden bei den Lebensdauerversuchen wesentlich größere

Durchschlagsimpulszahlen ermittelt, als sie sich aus dem empirischen

Lebensdauergesetz (s. Gleichung 3.5) ergeben. Begründet wurde dieses Verhalten mit

der TE-Wahrscheinlichkeit, d.h. dass sich die erhöhten Durchschlagimpulszahlen

darauf zurückführen lassen, dass bei kleinen Impulsspannungen nicht jeder Impuls zu

einer Teilentladung führt. Bei der Berechnung der Lebensdauer muss deshalb die TE-

Wahrscheinlichkeit pTE (s. Bild 3.1 rechts) entsprechend Gleichung (3.6) einbezogen

werden, so dass nur die Impulse (nd1) berücksichtigt werden, die Teilentladungen

verursachen und damit zur Alterung der Isolierung beitragen:

(3.6)

Im Bereich 3 unterschreitet die Spannung die TE-Einsetzspannung, die bei der

untersuchten Modellisolierung 750 V bei alternierenden und 1250 V bei unipolaren

Impulsspannungen betrug. Die TE-Wahrscheinlichkeit in diesem Bereich betrug 0 und

es konnte - selbst nach zweijähriger Belastung - kein Ausfall festgestellt werden. Da

bei den von Kaufhold durchgeführten Untersuchungen die Schwellenspannung der

elektrischen Alterung mit der TE-Einsetzspannung der untersuchten

Modellwindungsisolierung übereinstimmte, wurde der Erosionsdurchschlag infolge

von Teilentladungen als der wirksame Zerstörungsmechanismus bei

Drahtlackisolierungen unter Impulsbelastung nachgewiesen.

Dieses Ergebnis wurde durch die Untersuchungen von Hilfert [5] an kompletten

Niederspannungsasynchronmaschinen bestätigt. Um den Einfluss der deutlich höheren

elektrischen Beanspruchung des Isoliersystems einer Asynchronmaschine bei Speisung durch

einen Frequenzumrichter mit Spannungszwischenkreis gegenüber dem Betrieb am starren

50 Hz-Netz festzustellen, führte Hilfert [5] Langzeituntersuchungen unter Praxisbedingungen

durch. Zur Verfolgung der Alterungsprozesse des Isoliersystems durch die im Betrieb

auftretenden thermischen und elektrischen Belastungen wurden zerstörungsfreie

Diagnoseverfahren angewendet, die eine Bestimmung des Alterungszustandes ermöglichten.

Im Ergebnis der Langzeituntersuchungen über eine Betriebszeit von 10.000 h hat sich gezeigt,

dass die mittels 400 V-Frequenzumrichter gespeisten Asynchronmaschinen keinen

Alterungsprozessen unterliegen, die auf die höhere elektrische Belastung des Isoliersystems

gegenüber dem Betrieb am 50 Hz-Netz zurückzuführen sind. Begleitende Untersuchungen zur

Page 43: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

3 Alterungsmechanismen 33

TE-Einsetzspannung und zur elektrischen Beanspruchung der untersuchten Maschinen

zeigten, dass die Phasen- (Faktor 2,4), Haupt- (Faktor 2,9) und Windungsisolation (Faktor

7,2) gegenüber Netzbetrieb elektrisch deutlich höher beansprucht wurden, aber während der

gesamten Untersuchungszeit die TE-Einsetzspannung nicht überschritten wurde und deshalb

keine Teilentladungen auftraten.

Ob Teilentladungen auftreten hängt, wie bereits erwähnt, neben der Amplitude auch von der

Form der belastenden Spannung ab, wie der Unterschied zwischen den im Bild 3.1

dargestellten Alterungskennlinien für unipolare und alternierende Impulse zeigt.

Gleiche Durchschlagsimpulszahlen wie bei unipolarer Belastung werden bei alternierender

Impulsfolge erreicht, wenn die Spannungsamplitude nur etwa halb so groß ist. Kaufhold [2]

begründet diese Abhängigkeit der elektrischen Alterung mit der Ausbildung von

Grenzflächenladungen auf den Lackoberflächen. Während die Oberflächenladung bei der

Belastung der Isolierung mit gleichbleibender Polarität der Impulsspannung den Gleichanteil

der Feldstärke in den luftgefüllten Zwickeln entsprechend Bild 3.2 nahezu kompensieren,

wirkt bei wechselnder Polarität der Impulsspannung die volle elektrische Feldstärke

entsprechend dem Scheitelwert der Impulse.

-

t

+ -++ + + +

t

Polaritätsfolge

Feld

stär

ke im

Luftz

wic

kel E

Luft Ed

-Ed

Elek

trode

n-sp

annu

ng U Ud stat

-Ud stat

Obe

rflä

chen

-la

dung

sdic

hte -σO

-σO

e- e- e- e- e- e- e- e-

e- e-e- e-

e- e-

t

Bild 3.2: Zeitabhängigkeit der Feldstärke und der Oberflächenladungsdichte von Drahtlack-

isolierungen bei unipolarer und alternierender Belastung (nach Kaufhold [2])

Page 44: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

3 Alterungsmechanismen 34

Die gemessenen TE-Einsetzspannungen an gekreuzten Drähten bei Spannungen mit

wechselnder und gleichbleibender Polarität [65] mit dem im Rahmen dieser Arbeit

aufgebauten neuen TE-Messsystems, zeigen ein Verhältnis von etwa 1:2 und bestätigen somit

die von Kaufhold aufgestellte Annahme.

Für praxisnahe Lebendaueruntersuchungen an Lackdrahtuntersuchungen ist es also wichtig,

neben der Spannungsamplitude auch die Spannungsform so zu wählen, dass sie möglichst der

beim praktischen Betrieb auftretenden Spannung entspricht.

Die vorgenannten Faktoren der elektrischen Alterung werden zusätzlich durch die Temperatur

beeinflusst. Beim Temperatureinfluss sind zwei Dinge besonders zu berücksichtigen:

Zum einen ändern sich durch die Temperaturabhängigkeit der elektrischen Festigkeit der Luft

und der Permittivität die Teilentlantladungsbedingungen. Eine Erhöhung der Temperatur

bewirkt eine Abnahme der elektrischen Festigkeit der Luft und eine Zunahme der

Permittivität, wodurch die Feldstärke innerhalb der Luftstrecke ansteigt. Durch diese beiden

Prozesse wird die elektrische Alterung beschleunigt. Zum anderen führt eine zusätzliche

Zufuhr von Wärmeenergie zu stärkeren thermischen Molekülschwingungen, wodurch die

Wahrscheinlichkeit von Bindungsabbrüchen im Dielektrikum steigt.

Da, wie bereits erwähnt, die Ladungsverteilung innerhalb der Isolierstoffe einen

entscheidenden Einfluss auf die Alterung und damit auch auf die Lebensdauer der

Isolationssysteme hat, wird im nachfolgenden Kapitel das Ladungsspeicherverhalten von

lackisolierten Drähten mit Hilfe der Messung von thermisch stimulierten Strömen näher

untersucht.

Page 45: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

4 Ladungsspeicherverhalten von lackisolierten Drähten 35

4 Messungen zum Ladungsspeicherverhalten von lackisolierten

Drähten

Für die Entwicklung von Isolationslacken ist es wichtig, die Mechanismen, die zur Zerstörung

des Dielektrikums führen können, näher zu untersuchen [25]. Die Alterung der Isolationslacke

ist dabei ein komplexer Vorgang, bei dem neben der elektrischen auch mechanische und

thermische Beanspruchungen sowie die chemische Alterung einwirken [32,33] (siehe auch

Kapitel 3). Eine strenge Trennung dieser Mechanismen ist meist jedoch nicht möglich, da

eine wechselseitige Beeinflussung auftritt [47,70,76]. Es wird vermutet, dass die dielektrische

Alterung im starken Maße mit dem Aufbau von Raumladungen im Isolierstoff verbunden ist

[39,64,83,89]. In dem vorliegenden Kapitel wird anhand der Messung der thermisch

stimulierten Depolarisation [84,85,86,87,93,95] das Ladungsspeicherverhalten von

unterschiedlichen lackisolierten Drähten untersucht. Dabei wird durch Variation der

Versuchsparameter eine Unterscheidung zwischen Raumladungen und Polarisationsladungen

getroffen. Gleichzeitig wird versucht, eine Korrelation zwischen den einzelnen Arten des

Ladungsspeicherverhaltens und der Lebensdauer von lackisolierten Drähten, insbesondere

beim Einsatz in Verbindung mit einem Frequenzumrichter, zu finden. Parallel zur Messung

der thermisch stimulierten Ströme an unterschiedlich ausgeführten Prüflingskörpern werden

dielektrische Verlustfaktormessungen (tan δ-Messungen) an unterschiedlichen

Isolationslackmaterialien in einem Temperaturbereich zwischen 30 °C und 300 °C und einem

Frequenzbereich zwischen 20 Hz und 1 MHz durchgeführt.

4.1 Theoretische Grundlagen zum Ladungsspeicherverhalten

4.1.1 Das Bändermodell

Nach der Theorie des Bändermodells [91,92] lassen sich die energetischen Zustände innerhalb

eines Feststoffes in zwei so genannte Energiebänder, das Leitungs- und Valenzband,

aufteilen. Dabei ist das Valenzband weitgehend mit Elektronen besetzt, das Leitungsband

weitgehend unbesetzt. Nur Elektronen im Leitungsband sind beweglich und nehmen am

Ladungstransport durch den Feststoff teil (Elektronenleitung), Valenzelektronen sind

demgegenüber an Atome und Moleküle des Feststoffes gebunden und demzufolge nicht direkt

an Leitungsprozessen beteiligt. Bei nicht vollbesetztem Valenzband ist jedoch beim Anliegen

Page 46: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

4 Ladungsspeicherverhalten von lackisolierten Drähten 36

eines elektrischen Feldes ein Platzwechsel von Valenzelektronen in benachbarte unbesetzte

Elektronenplätze möglich, wodurch die Leerstelle in Richtung auf die Kathode bewegt wird

(Löcherleitung). Die Lage von Leitungs- und Valenzband zueinander ist nun entscheidend

dafür, ob es sich bei einem Feststoff um einen Leiter, Halbleiter oder Isolator handelt.

Beim Leiter überlappen sich Leitungsband und Valenzband, daher können jederzeit

Elektronen aus dem vollbesetzten Valenzband in die freien Zustände des Leitungsbandes

gelangen und dort am Ladungstransport teilnehmen.

Beim Halbleiter sind Leitungs- und Valenzband durch eine Energielücke W < 1 eV

voneinander getrennt. In dieser Bandlücke, der so genannten „verbotenen Zone“, ist beim

fehlstellenfreien Idealkristall ein Aufenthalt von Elektronen aus energetischen Gründen

nicht möglich. Elektronen aus dem Valenzband können die verbotene Zone nur nach

Aufnahme ausreichender thermischer oder elektrischer Energie überwinden und ins

Leitungsband gelangen.

Isolatoren unterscheiden sich von Halbleitern lediglich darin, dass die Breite der

verbotenen Zone mit W = 2...10 eV wesentlich größer und demzufolge die

Wahrscheinlichkeit für den Übergang von Valenzelektronen ins Leitungsband sehr viel

geringer ist. Dies erklärt die niedrige Eigenleitfähigkeit nicht verunreinigter Isolierstoffe.

Bei der Alterung der Isolation entstehen über der Lebensdauer immer mehr so genannte

„Fehlstellen“ oder auch als Defekte im Gefüge bezeichnete Stellen, wobei sich jede dieser

Stellen wie eine Verunreinigung im Isolator auswirkt, die für die Bildung von Raumladungen

oder Polarisationsladungen mit verantwortlich zeichnet und die damit anhand der TSC-

Messung quantifiziert werden können.

4.1.2 Ladungsträgerbereitstellung in Isolierstoffen

Die Bereitstellung von Ladungsträgern in Isolierstoffen erfolgt durch unterschiedliche und

voneinander unabhängige Mechanismen [91]:

An der Übergangsstelle zwischen Metall und Isolierstoff tritt durch die thermische

Gleichgewichtsbedingung, die zu einer Gleichheit der Fermieenergien in Metall und

Isolierstoff führt, eine Bandverbiegung innerhalb des Isolierstoffs auf (Richardson-

Schottky). Diese verursacht einen Ladungsübergang durch rein thermische Anregung, die

Kontaktaufladung, deren Quelle in einem elektrischen Gleichfeld die Kathode ist. Da in

einem Gleichfeld die Elektroneninjektion gegenüber der Extraktion von Ladungsträgern

Page 47: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

4 Ladungsspeicherverhalten von lackisolierten Drähten 37

überwiegt, bildet sich vor der Kathode eine ortsfeste elektronische Raumladung aus. Die

Elektronen werden dabei in so genannten Haftstellen, die energetisch unterhalb des

Leitungsniveaus liegen, festgehalten.

Daneben können Ladungsträger auch durch feldunterstützte Injektion (Fowler-Nordheim)

die Grenzfläche Metall(Leitschicht)-Isolierstoff überwinden. Die Fowler-Nordheim-

Gleichung gilt ab Feldstärken von etwa 200 kV/mm und ist daher bei den in dieser

Versuchsreihe benutzten Feldstärken von bis zu 20 kV/mm für den Aufbau von

Raumladungen nicht von Interesse.

Zusätzlich können sich Flächenladungen innerhalb des Dielektrikums zwischen Zonen mit

unterschiedlicher Dielektrizitätszahl oder Leitfähigkeit ausbilden (Maxwell-Wagner

Effekt). Es bildet sich dabei eine Grenzflächenpolarisation und gegebenenfalls eine

Randschichtpolarisation aus. Die Ursache dafür sind freie Ladungsträger, die sich an

Grenzflächen, zum Beispiel an Korngrenzen in polykristallinen Material, in Abhängigkeit

von der Orientierung des elektrischen Feldes ansammeln.

Parallel zu diesen Grenzflächeneffekten ist es möglich, dass freie Ladungsträger im

Isolierstoffvolumen generiert werden und Raumladungen bilden. Dabei gibt es

Elektronenplätze innerhalb der verbotenen Zone. Wenn diese Elektronenplätze im

elektrisch neutralen Zustand unbesetzt sind spricht man von Haftstellen. Sind sie im

elektrisch neutralen Zustand mit Elektronen besetzt, spricht man wie in der

Halbleiterphysik von Donatoren, beziehungsweise donatorähnlichen Zuständen. Aus

diesen können bereits bei wesentlich geringeren Temperaturen und Feldstärken

Elektronen freigesetzt werden, die dann für Leitungsprozesse zur Verfügung stehen

(Poole-Frenkel-Effekt).

Es können aber auch im Material vorhandene Dipole ausgerichtet werden, die bei der

Umorientierung einen Stromfluss im Messkreis bewirken.

Zusätzlich ist aber auch eine Bereitstellung von Homoladungen durch

Entladungsprozesse möglich, die dann Raumladungen aufbauen.

Während für kristalline Festkörper das Bändermodell zulässig ist, welches durchgehende

Energiebänder und eine scharfe Abgrenzung des Valenz- und des Leitungsbandes vorsieht,

gilt dies nicht für teilkristalline Werkstoffe. Der Grund hierfür liegt darin, dass eine

Voraussetzung für die Ausbildung einer durchgehenden Bandstruktur, die Periodizität der

Atom- bzw. Molekülgruppenanordnung und der damit verbundenen Fernordnung der

einzelnen Gitterbausteine, nicht gewährleistet ist. Demnach können bei diesen Stoffen

Page 48: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

4 Ladungsspeicherverhalten von lackisolierten Drähten 38

innerhalb der „verbotenen Zone“ lokalisierte Energieebenen existieren, die voneinander durch

Potentialberge getrennt sind. Damit wird für teilkristalline oder amorphe Isolierstoffe der

sonst konstante Bandabstand W als mittlerer energetischer Abstand zwischen Leitungs- und

Valenzniveaus definiert.

Die Unterscheidung, ob es sich bei den gemessenen Strompeaks um Depolarisations- oder

Raumladungspeaks handelt, kann durch Variation der Formierparameter erreicht werden [84-

89]. Es wird dabei allgemein davon ausgegangen, dass die Depolarisationsströme bis zur

vollständigen Polarisation linear von der Formierspannung abhängig sind und die

Raumladungsströme sich nicht linear verhalten, da deren treibendes Feld von ihnen selbst

erzeugt wird.

4.2 Messung thermisch stimulierter Ströme

Die Prüflinge, nachfolgend in Kapitel 4.2.1 und 4.2.2 beschrieben, werden hierbei zunächst

bei der Formiertemperatur TF mit einem elektrischen Feld beaufschlagt. Die

Formiertemperatur beträgt in der vorliegenden Arbeit im Normalfall 240 °C, wurde jedoch für

vergleichende Messungen bis auf 300 °C, somit der maximalen Temperatur des verwendeten

Umluftofens (Heraeus UT 6200 mit 2,8 kW Anschlussleistung und digitalem

Temperaturregler thermicon P) entsprechend erhöht. Das Ablaufdiagramm für die TSC-

Messung ist schematisch im Bild 4.1 dargestellt.

Bild 4.1:

Ablaufdiagramm für die

TSC-Messung mit

Versuchsparametern

Formierspannung UF

Formiertemperatur

Zeit

Heizr

ate

Formierzeit tF

Formierung TSC

Page 49: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

4 Ladungsspeicherverhalten von lackisolierten Drähten 39

Durch das Feld der Formierspannung erfolgt ein Aufbau von Raumladungen und die

Orientierung der beweglichen Dipole. Durch Erhöhung der Temperatur wird dieser Prozess

entsprechend stimuliert beziehungsweise erleichtert. Die Formierung erfolgt in dieser

Versuchsreihe mit Gleichspannung von bis zu 1000 Volt. Dies entspricht je nach Prüfling

einer Feldstärke von bis zu 20 kV/mm. Damit es bei diesen Spannungen und Temperaturen

nicht zu Isolationsproblemen zwischen Ofen und Prüfling kommt, wurde die

Ofendurchführung aus Teflon hergestellt.

Die Formierung der Prüflinge kann aber auch mit Stoßspannung erfolgen. Nach Erreichen der

Formierzeit tF wird der Prüflingskörper bei der Gleichspannungsformierung unter Spannung

auf Raumtemperatur abgekühlt. Durch die nun deutlich verringerte Beweglichkeit der

Ladungsträger bleibt der Ladungszustand erhalten, auch wenn die Formierspannung

abgeschaltet wird. Es findet somit ein „Einfrieren“ des elektrischen Zustandes zum Zeitpunkt

tF statt, da die Relaxationszeiten in die Größenordnung von mehreren Stunden ansteigen.

Anschließend werden die Prüflinge direkt über ein Elektrometer (Keithley 6517) [96]

kurzgeschlossen (siehe Bild 4.2) und nach fünf Minuten - damit sich die äußere Kapazität

entladen kann - mit einer konstanten Heizrate erwärmt. Diese Energiezufuhr führt zu einer

Reaktivierung der eingefrorenen Ladung. Die Freisetzung der Ladungsträger äußert sich in

charakteristischen Peaks des Stromsignales, durch die Aussagen zur Natur der Ladung und

zur energetischen Tiefe von Haftstellen gewonnen werden können. Dabei kann aber nicht

immer differenziert werden, ob die jeweiligen Peaks von einzelnen Relaxationen oder von

mehreren sich überlagernden Relaxationen stammen, da die energetischen Abstände sehr

unterschiedlich sein können.

Bild 4.2:

Versuchsaufbau für die

TSC-Messung

A

Temperaturfühler

Umluftofen mit digitaler Temperaturregelung

Elektrometer als Spannungsquelleund Amperemeter

Probe

Teflondurchführung

Page 50: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

4 Ladungsspeicherverhalten von lackisolierten Drähten 40

Die Bestimmung der in der Isolation gespeicherten Gesamtladung ist mit diesem

Messverfahren nicht möglich. Das elektrische Feld, das sich in der Lackschicht aufgrund der

gespeicherten Raumladung aufgebaut hat, verursacht je nach Lage der Fläche mit der Hälfte

der äußeren Spannung, das Abfließen der Ladungsträger zu beiden Elektroden. Somit ist die

detektierte Ladung immer kleiner als die reale Raumladung, hingegen können

Depolarisationsströme vollständig gemessen werden [84-87].

4.2.1 Beschichtete Prüflingsdrähte

Um ein möglichst großes Isolierstoffvolumen zu erhalten, das zugleich den realen praktischen

Bedingungen entspricht, wird auf den lackisolierten Drähten ein 2 m langer Abschnitt mit

0,1 mm starkem geglühtem Blankdraht aus Kupfer umwickelt, zur Spule geformt und

anschließend mit einer Graphitlösung (Hydro-Kollag) eingestrichen, damit eine möglichst

gleichmäßige, großflächige und leitfähige Außenelektrode an dem Prüfling zur Strommessung

entsteht. Die für die TSC-Messung sonst üblichen flachen Prüflinge konnten nicht verwendet

werden, da kein Hersteller ein Produkt mit äquivalenter Isolation im Programm führt. Auf ein

Aufdampfen einer Außenelektrode wird bewusst verzichtet, da dabei mit größter

Wahrscheinlichkeit der Isolationslack, der nur eine Stärke zwischen 15 und 35 µm besitzt,

beschädigt würde. Die Prüflinge wurden, um gleiche Bedingungen für alle Prüflinge

herzustellen, vor der ersten Messung über einen Zeitraum von 60 Stunden bei 90 °C im

Umluftofen bei geöffneter Abluftklappe getrocknet, damit die Graphitschicht keine

Wasserreste mehr enthält, deren Polarisierbarkeit die Messwerte stark verfälschen würde.

Die Messung von thermisch stimulierten Strömen ist ein bezüglich der

Ladungsspeichereigenschaft und der Eigenschaftsveränderung der Prüflinge sehr

empfindliches Messverfahren. Die einzelnen Arten der Isolierlacke unterscheiden sich bei der

TSC- Messung deutlich im Ladungsspeicherverhalten und lassen sich anhand ihrer Strom-

Temperaturkurven gut voneinander unterscheiden. Dabei ist eine Formierzeit von 90 min bei

den hohen Temperaturen ausreichend, da auch Messungen mit einer Formierzeit von 600 min

bis zur Formiertemperatur identische Kurvenverläufe und Amplituden ergaben (Bild 4.3).

Page 51: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

4 Ladungsspeicherverhalten von lackisolierten Drähten 41

Bild 4.3:

TSC-Messung bei

Variation der

Formierzeit

Das lässt schlussfolgern, dass die Formierung bei der erhöhten Temperatur schon innerhalb

von 90 min abgeschlossen ist. Die Formierzeit von 600 min wird aber aus rein

verfahrenstechnischen Gründen beibehalten, da es so möglich ist, die Prüflingskörper über

Nacht zu formieren und auf Raumtemperatur abzukühlen.

Von einem Formieren mit gleichzeitiger Strommessung wurde abgesehen, da im Falle des

elektrischen Versagens der Prüflingskörper die Formierspannung von bis zu einem kV direkt

am Elektrometer Keithley 6517 anliegen würde, was nicht tolerierbar ist.

Das im Bereich von 240 °C bei den meisten Prüflinge erkennbare lokale Maximum stammt

von der gewählten Formiertemperatur. Bei einer Formiertemperatur von 300 °C existiert

dieses Maximum nur noch bedingt in dieser Form, da die meisten Prüflingskörper auch

oberhalb von 240 °C Ladungen speichern können, die Prüflinge haben jedoch im Bereich von

Raumtemperatur bis 240 °C identische Kurvenverläufe (siehe Bild 4.4 und Bild 4.5).

Deshalb sind vor allem Peaks unterhalb der gewählten Formiertemperatur interessant, da

deren Form auch bei höherer Formiertemperatur, unabhängig davon, ob die Prüflinge 90 oder

600 Minuten formiert wurden, bei sonst unveränderten Versuchsparametern erhalten bleibt.

Bei ihnen kann eine eindeutige Spannungsabhängigkeit bestimmt werden. Die Peaks sind in

diesem Bereich nur noch von der Formierspannung und der Temperaturkurve abhängig.

0 50 100 150 200 250 300oCProbentemperatur

0

1

2

3

4

5

6

7nA

Stro

m

90 min formiert Probe gealtert90 min formiert Probe gealtert600 min formiert Probe gealtert600 min formiert Probe gealtert

TSC-Messung bei 3 K/min (PAI/PEI)400V UF bei 240oC (Probenlänge 2m, Ø = 0.65mm, Zweischichtlack, Lackzuwachs 55µm)

Formiertemperatur 240oCFormiertemperatur 240oC

Page 52: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

4 Ladungsspeicherverhalten von lackisolierten Drähten 42

Bild 4.4:

TSC-Messung an

neuen PAI/PEI-

Lackisolierten

Drähten bei

unterschiedlicher

Formiertemperatur

Im Beispiel des Bildes 4.4 ist auch der Peak bei 240°C ein echter Peak, da er seine Lage auch

bei einer Formation bei höherer Formiertemperatur nicht mehr ändert. Bei gealterten

Prüflingen ist diese Aussage nur noch eingeschränkt gültig, da sich der Stromverlauf bei der

höheren Formiertemperatur aus mehreren sich überlagernden Peaks zusammensetzt (Bild

4.5).

Bild 4.5:

TSC-Messung an

gealterten PAI/PEI-

Lackisolierten

Drähten bei

unterschiedlicher

Formiertemperatur

Der Anstieg des Stromes bei Temperaturen in der Nähe von 300 °C beruht darauf, dass sich

die Prüflinge aufgrund der Schichtenfolge (Kupfer, Isolationslack - eventuell

Mehrschichtlacksysteme -, Kupfer + Graphit) wie Thermoelemente verhalten, die mit der

Temperatur eine Ziehspannung aufbauen und sich zudem noch die Leitfähigkeit mit der

Temperatur erhöht. Deshalb wurde auch bei nicht formierten Prüflingen der Strom beim

0 50 100 150 200 250 300oCProbentemperatur

0

2

4

6

8

10

12

nA

Stro

m

bei 300oC 90min formiert Probe neubei 300oC 90min formiert Probe neubei 240oC 90min formiert Probe neubei 240oC 90min formiert Probe neu

TSC-Messung bei 3 K/min (PAI/PEI) bei 400V UF formiert (Probenlänge 2m, Ø = 0.65mm, Zweischichtlack, Lackzuwachs 55µm)

0 50 100 150 200 250 300oCProbentemperatur

0

2

4

6

8

10

12

nA

Stro

m

bei 300oC 90min formiert (gealterte Probe)bei 300oC 90min formiert (gealterte Probe)bei 240oC 90min formiert (gealterte Probe)bei 240oC 90min formiert (gealterte Probe)

TSC-Messung bei 3 K/min (PAI/PEI) bei 400V UF formiert (Probenlänge 2m, Ø = 0.65mm, Zweischichtlack, Lackzuwachs 55µm)

Page 53: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

4 Ladungsspeicherverhalten von lackisolierten Drähten 43

Aufheizen gemessen (siehe Bild 4.6), um ihn bei der Auswertung in Abzug bringen zu

können.

Bild 4.6:

TSC-Messung an

nicht formierten

Prüflingen bei

unterschiedlicher

Heizrate und

Alterungszustand

Fast alle Messungen mit formierten Prüflingen werden bei einer Heizrate von 3 K/min

durchgeführt, um in einer annehmbaren Zeit von 90 min das Temperaturband zwischen 30 °C

und 300 °C zu durchlaufen. Eine noch höhere Heizrate ist mit dem vorhandenen Umluftofen

aufgrund seiner begrenzten Heizleistung nicht möglich. Eine geringere Heizrate von zum

Beispiel 1 K/min führt zu einer feineren Detailauflösung in den einzelnen Relaxationspeaks,

sorgt aber gleichzeitig für ein entgegengesetzt proportional zur Heizrate vermindertes

Stromsignal, da bei einer verlängerten Versuchsdauer trotzdem nur die gleiche gespeicherte

Ladung zur Verfügung steht. Es ist bei diesen Messungen für eine Reproduzierbarkeit

wichtig, immer die gleiche Temperaturkurve zu durchfahren, weil sich sonst die einzelnen

Relaxationen verschieben können.

4.2.2 Gewickelte Twiste

Um den möglichen Einfluss der Schichtenfolgen [91] - insbesondere bei

Mehrschichtlacksystemen – auszuschließen, wurde für eine zweite Versuchsreihe eine

modifizierte Prüflingsform genutzt. Die neuen Prüflinge sind aus lackisolierten Drähten

gedrehte Twiste, die aber im Gegensatz zu Standard-Twisten nach IEC 815-5 [33] eine Länge

von 50 cm aufweisen und mit einer Kraft von 13,45 N gespannt werden, um eine möglichst

große Kontaktfläche zwischen den Drahtstücken herzustellen. Dabei zeigt sich, das selbst

0 50 100 150 200 250 300oCProbentemperatur

0

2

4

6

8

10

12

nA

Stro

m

3 K/min Probe neu3 K/min Probe neu1 K/min Probe gealtert1 K/min Probe gealtert3 K/min Probe gealtert3 K/min Probe gealtert3 K/min Probe weiter getrocknet (60h bei 90oC)3 K/min Probe weiter getrocknet (60h bei 90oC)

TSC-Messung (PAI/PEI)Probe unformiert (Probenlänge 2m, Ø = 0.65mm, Zweischichtlack, Lackzuwachs 55µm)

Page 54: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

4 Ladungsspeicherverhalten von lackisolierten Drähten 44

geringe Unterschiede in den Oberflächeneigenschaften einen Einfluss auf die

Potentialdifferenz zwischen Metall und Isolator haben. So beträgt beispielsweise die

Elektronenaustrittsarbeit von polykristallinen Kupfer 4,65 eV, bei einkristallinen Kupfer je

nach Orientierung zur Netzebene zwischen 4,48 und 4,98 eV und bei Kupferoxid 5,15 eV,

weshalb selbst bei der Verwendung von Twisten, bei denen die Elementspannungen

entgegengesetzt orientiert sind, sich die Potentialdifferenzen nicht immer vollständig

kompensieren lassen [90,92].

Der bei den nicht formierten Prüflingen in Form von langen Twisten vorhandene

Stromanstieg bei hohen Temperaturen ist bei neuen Prüflingen gering, im Vergleich zu den

umwickelten Drähten, und steigt mit der Anzahl der Versuchsdurchläufe - immer mit der

gleichen Orientierung - bis zu einem Grenzwert an. Parallel dazu steigt auch die gemessene

Eigenspannung der Prüflinge im gealterten Zustand (zwischen Null und 0,4 V). Das bedeutet,

dass sich die Kontakteigenschaften während der Messung in Abhängigkeit von der

Feldorientierung unterschiedlich ändern.

Bei entgegengesetzter Orientierung des formierenden elektrischen Feldes (eines wiederholt

mit Gleichspannung formierten langen Twistes) ist es möglich, die Amplitude des

intrinsischen Stromflusses bei hohen Temperaturen in der Orientierung umzukehren. Das

bedeutet, dass die Veränderung der Kontakteigenschaften nicht auf einen festen Wert

hinausläuft, sondern von der Vorbehandlung der Prüflinge abhängig ist. Dabei stellt sich die

Frage, in welcher Geschwindigkeit und ab welcher Temperatur diese Umkehr der Polarität

stattfinden wird. Wenn diese Umkonditionierung auch bei der Belastung am Umrichter

stattfindet, könnte dies eventuell zu einer Verminderung der Belastung führen, da das

Eigenfeld des Prüflings das äußere Feld phasenverschoben dämpfen kann.

Page 55: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

4 Ladungsspeicherverhalten von lackisolierten Drähten 45

4.3 Messung des Verlustfaktors

Wird an durch Materie isolierte Elektroden Spannung angelegt, treten dielektrische Verluste

auf, so dass außer dem kapazitiven Strom IC noch der Wirkstrom IW fließt [25,26,45,90].

Solche Verluste werden zum einen durch die meist sehr geringe elektrische Eigenleitfähigkeit

des Werkstoffes und zum anderen durch den Energiebedarf hervorgerufen, den die ständige

Umpolarisierung der Dipole bei Wechselspannung benötigt. Der von dem Gesamtstrom I und

dem kapazitiven Strom IC eingeschlossene Winkel wird als Verlustwinkel δ bezeichnet. Es ist

dann mit der Spannung U und der Kreisfrequenz ω der Verlustfaktor

d = tan δ = IW/IC = (U/R)/(UωC) = 1/(RωC)

(4.1)

bestimmbar.

Der dielektrische Verlustfaktor tan δ wird mit Hilfe eines Präzisions-LCR-Messgerätes von

Hewlett Packardt (HP 4284A) [97] in einem Frequenzbereich von 20 Hz bis 1 MHz, bei einer

Spannungsamplitude von nur einem Volt, zerstörungsfrei gemessen. Dabei wird entweder bei

der gleichen Temperaturrampe wie bei der TSC-Messung (von 30 °C bis 300 °C bei einer

Heizrate von 3 K/min) über fünf Dekaden zwischen 100 Hz und 1 MHz in 30 Sekunden

Abständen der tan δ bestimmt oder aber, um eine genauere Frequenzabhängigkeit zu

erhalten, noch zusätzlich bei festen Temperaturen das mögliche Frequenzband mit 61

ausgewählten Stützstellen isotherm ausgemessen (siehe Bild 4.7 – Bild 4.11).

Bild 4.7: tan δ Erstmessung von PAI Bild 4.8: tan δ Zweitmessung von PAI

tan δ Neukurve von PAI Lackdrahtin Abhängigkeit von Frequenz und Temperatur

0

0.01

0.02

0.03

0.04

0.05

Farb

achs

e

tan δ 2. Durchgang von PAI Lackdrahtin Abhängigkeit von Frequenz und Temperatur

0

0.01

0.02

0.03

0.04

0.05

Farb

achs

e

Page 56: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

4 Ladungsspeicherverhalten von lackisolierten Drähten 46

Bild 4.9: tan δ von Dreischichtlackdraht Bild 4.10: tan δ von Einschichtlackdraht

mit Titan modifiziert mit Titan modifiziert

Bild 4.11:

tan δ von Zweischichtlack-

draht mit Chromtrioxid

modifiziert

Da die Messgrößen bei einem gegebenen Prüfling von der Temperatur der Frequenz und den

Stoffparametern wie Art, Zusammensetzung, Struktur, Reinheit und Vorgeschichte abhängig

sind, werden die Messreihen, bei denen die Temperaturrampe durchfahren wird, mehrmals

durchgeführt, um einen möglichen Einfluss der thermischen Alterung (elektrische Alterung

kann aufgrund der sehr geringen Prüfspannung von nur einem Volt ausgeschlossen werden)

der Prüfkörper bezüglich der Abhängigkeit des dielektrischen Verlustfaktors zu erhalten.

tan δ von chromtrioxidmodifiziertem Zweischichtlackdrahtin Abhängigkeit von Frequenz und Temperatur

0

0.01

0.02

0.03

0.04

0.05

Farb

achs

e

tan δ von titanmodifiziertem Einschichtlackdrahtin Abhängigkeit von Frequenz und Temperatur

0

0.01

0.02

0.03

0.04

0.05

Farb

achs

e

tan δ von titanmodifiziertem Dreischichtlackdrahtin Abhängigkeit von Frequenz und Temperatur

0

0.01

0.02

0.03

0.04

0.05

Farb

achs

e

Page 57: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

4 Ladungsspeicherverhalten von lackisolierten Drähten 47

4.4 Vergleich zwischen den Ergebnissen der TSC- und der

Verlustfaktormessung

Beim Vergleich der TSC- mit der tan δ-Messung scheint sich bei den meisten Prüflingen eine

gute Übereinstimmung zu ergeben (siehe Bild 4.12).

Bild 4.12:

Vergleich von TSC

- Messung und tan δ

- Messung am

Beispiel des

titanmodifizierten

Dreischichtlackes.

Insofern ergänzen sich die beiden Messmethoden und man erhält durch beide Methoden

Informationen über die Eigenschaften der Isolierstoffe bezüglich des Depolarisationsstromes

und der dielektrischen Verluste. Aber bei der tan δ-Messung können auch sehr kleine

Prüflinge verwendet werden, da die Messwerte sowohl an einem 10 cm langen, als auch an

einem 1,10 m langen Prüfling aus dem gleichen Material sich nicht unterscheiden (siehe Bild

4.13).

Bei den tan δ-Messungen kann man auch sehr gut eine Veränderung der Prüflinge durch die

thermische Alterung beobachten. Die Erstmessung an dem thermisch unbelasteten Prüfling

zeigt einen sehr schlechten tan δ über der Temperatur. Nach zwei TSC-Messungen, bei denen

der Prüfling jeweils zehn Stunden bei 240 °C formiert wurde, ist der Anstieg vom tan δ um

60 K zu höheren Temperaturen verschoben.

0 60 120 180 240 300oCProbentemperatur

0

2.4

4.8

7.2

9.6

12

nA

Stro

m

0

0.03

0.06

0.09

0.12

0.15

tan

δ

90 min formiert 1. Zyklus90 min formiert 1. Zyklus

TSCTSC

600 min formiert 2. Zyklus600 min formiert 2. Zyklus

LeermessungLeermessung

1 kHz tan δ1 kHz tan δ

(TSC + tan δ)-Messung mit titanmodifiziertem Dreischichtlackbei 240oC mit 400V formiert (Probenlänge 2m, Ø = 1.30mm, Lackzuwachs = 81µm)

Page 58: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

4 Ladungsspeicherverhalten von lackisolierten Drähten 48

Bild 4.13:

Vergleich der

Temperatur- und

Geometrieabhängig

-keit des tan δ von

Lackdrähten

Bei den anschließenden Wiederholungsmessungen zeigt sich, dass mit der Anzahl der

Temperaturzyklen, bei denen der Prüfling kurzzeitig bis 300 °C erwärmt wird, der Anstieg

der tan δ Kurve sich wieder zu niedrigeren Temperaturen verschiebt (Bild 4.14).

Bild 4.14:

Wiederholte tan δ-

Messung über der

Temperatur

Das bedeutet, dass wieder mehr bewegliche Ladungsträger entstehen. Wenn die Prüflinge

jedoch für die TSC-Messung zwischenzeitlich formiert werden, ist anschließend der tan δ bei

hohen Temperaturen niedriger und bei niedrigen Temperaturen höher als in den

vorangegangenen Messreihen. Die tan δ-Messungen zeigen somit das gleiche

Alterungsverhalten der Prüflinge wie die TSC-Messungen. Um herauszufinden, ob die

anfänglich sehr starke Verschiebung der tan δ-Kurve schon allein durch die thermische

0 50 100 150 200 250 300oCProbentemperatur

0

0.05

0.1

0.15

0.2

tan

δ

1 kHz mehrere Durchgänge1 kHz mehrere DurchgängeZwischendurch eine ITC-MessungZwischendurch eine ITC-MessungZwischendurch eine ITC-MessungZwischendurch eine ITC-Messung

erster Durchgangerster Durchgang

zweiter Durchgangzweiter Durchgang

tan δ-Messung bei 3 K/min und 1kHzProbe: Zweischichtlackdraht (1,1m) mit Chromtrioxid modifiziert

Anzahl der DurchgängeAnzahl der Durchgänge

0 50 100 150 200 250 300oCProbentemperatur

0

0.03

0.06

0.09

0.12

0.15ta

n δ

chromtrioxidmodifizierer Zweischichtlackdrahtchromtrioxidmodifizierer Zweischichtlackdraht

0.1m "neu"0.1m "neu"

1.1m "neu"1.1m "neu"

"gealtert""gealtert"

tan δ-Messung bei 3 K/min und f = 1kHz

Page 59: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

4 Ladungsspeicherverhalten von lackisolierten Drähten 49

Belastung verursacht werden kann, wurde ein neuer und unbelasteter Prüfling von

chromtrioxidmodifiziertem Zweischichtlackdraht direkt hintereinander mit Hilfe der tan δ-

Messung über fünf Dekaden zwischen 100 Hz und einem MHz ausgemessen und mit

vorangegangenen Messungen verglichen. Dabei stellt man fest, dass die Neukurven der tan δ-

Messung verschiedener, auch unterschiedlich langer, Prüflinge praktisch identisch sind und

somit die Messung reproduzierbar ist (Bild 4.13). Das einmalige Durchfahren der

Temperaturkurve verursacht eine starke Verschiebung in der tan δ Kurve hin zu höheren

Temperaturen. Diese Verschiebung könnte mit einem Nachvernetzen des Isolationslackes

begründet werden, da Feuchtigkeit in den Prüflingen aufgrund der langen Trocknungszeit von

60 h bei 90 °C bei dem 1,1 m langen Prüfling als dominierender Parameter ausgeschlossen

werden kann.

4.5 Einfluss der thermischen Beanspruchung durch die TSC-Messung

Auch bei den TSC-Messungen an umwickelten Drähten ist durch die wiederholten

Messungen eine Veränderung der Prüflingseigenschaften auszumachen. Bei wiederholten

Messungen an einem Prüfling fällt die Ladungsspeicherfähigkeit im Temperaturbereich über

200 °C stetig ab, steigt aber unterhalb davon auf einen Grenzwert an. Deshalb ist es für

weitergehende Untersuchungen wichtig, mit einem Satz von Prüflingen zu arbeiten, die bei

veränderten Formierparametern alle gleich gealtert sind, um anhand dieser Messungen

festzustellen, wie sich das Speicherverhalten für die einzelnen Ladungsarten, wie

Raumladung oder Dipolorientierung, durch die thermische Degradation des Isolationslackes

ändert. Eine thermische Degradation des Isolationslackes ist deutlich nachzuweisen, da die

Schichtdicke des Isolationslackes nach fünf TSC-Messzyklen um bis zu 20 Prozent abnahm.

Das detektierte Stromsignal nahm aber im Verlauf der einzelnen Messzyklen noch stärker ab

und sank innerhalb von fünf Zyklen auf 40 Prozent (Bild 4.15). Somit kann die Veränderung

des TSC-Stromsignales nicht allein mit der Volumenabnahme des Isolationslackes begründet

werden, sondern zeigt zusätzlich noch eine Veränderung der dielektrischen Eigenschaften des

Isolierstoffes an.

Page 60: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

4 Ladungsspeicherverhalten von lackisolierten Drähten 50

Bild 4.15:

Veränderung des

TSC-Signales durch

thermische Alterung

Wie anhand des mit Titan modifizierten Dreischichtdrahtlackes nachgewiesen werden kann,

kann man sowohl mit der tan δ-Messung als auch mit der TSC-Messung kritische

Temperaturgrenzen für die Lebensdauer in einem Materialsystem ausmachen (Bild 4.12).

Beim mit Titan modifizierten Dreischichtdrahtlack ist ein ab etwa 150 °C zunächst langsamer,

dann schnell steiler werdender Anstieg des TSC-Stromes erkennbar. Die mit diesem Draht

durchgeführten Lebensdauerversuche zeigen folgende Lebensdauerwerte:

155 °C 172 Std.

170 °C 43 Std.

190 °C 39 Std.

Die Temperatur, bei der eine rapide Abnahme der Lebensdauerwerte eintritt, ist also durchaus

mittels der TSC-Messung feststell- und voraussagbar.

Der PAI-Einschichtlackdraht zeigt bei Materialuntersuchungen eine hohe

Glasübergangstemperatur und eine hohe elektrische Festigkeit. Diese Festigkeit verliert das

Material aber schon im Temperaturbereich über 100 °C. So kann der 1 mm starke PAI-

Einschichtlackdraht eine Formierspannung von 200 V ertragen, versagt aber schon bei 300 V,

wohingegen alle anderen Prüflinge wiederholt mit 400 V formiert werden können. Dieses

Verhalten tritt bei den Twisten aus PAI nicht auf, diese lassen sich bei 240°C problemlos mit

bis zu 1000 V formieren ohne dabei durchzuschlagen, das könnte bedeuten dass bei den mit

Blankdraht umwickelten Prüfkörpern der Draht bei den hohen Temperaturen in die Isolation

einsinkt und diese deshalb schon bei niedrigen Feldstärken durchschlägt. Ein Einsinken des

Blankdrahtes konnte aber mit dem im Institut zur Verfügung stehenden Lichtmikroskop nicht

0 50 100 150 200 250 300oCProbentemperatur

0

2

4

6

8

10

12

nA

Stro

m

LeermessungLeermessung

1. Zyklus 600 min formiert (600 min bei 240oC)1. Zyklus 600 min formiert (600 min bei 240oC)2. Zyklus 600 min formiert (1200 min bei 240oC + eine Leermessung)2. Zyklus 600 min formiert (1200 min bei 240oC + eine Leermessung)3. Zyklus 600 min formiert (1800 min bei 240oC + zwei Leermessungen)3. Zyklus 600 min formiert (1800 min bei 240oC + zwei Leermessungen)4. Zyklus 600 min formiert (2400 min bei 240oC + drei Leermessungen)4. Zyklus 600 min formiert (2400 min bei 240oC + drei Leermessungen)

TSC-Messung bei 3 K/min (PEI)400V UF bei 240oC (Probenlänge 2m, Ø = 1.30mm, Einschichtlack, Lackzuwachs 85µm)

Page 61: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

4 Ladungsspeicherverhalten von lackisolierten Drähten 51

ausgemacht werden. Hingegen sind Risse im deutlich versprödeten Isolationslack

auszumachen. Weiterhin war das Depolarisationsstromsignal beim PAI-Einschichtlackdraht

sowohl bei 100 V als auch bei der anschließenden Messung mit 200 V Formierspannung

identisch. Das bedeutet das entweder alle Dipole bereits bei 100 V ausgerichtet werden

können oder aber, dass die Lackisolation sehr stark degradiert. Dieses von der

Formierspannung weitgehend unabhängige Speicherverhalten ist auch bei den Twisten aus

PAI-Einschichtlackdraht ausgeprägt, zudem findet ab einer gewissen thermischen Alterung

eine nahezu plötzliche Verschiebung der Strommaxima um 25 K zu höheren Temperaturen

hin statt, wobei gleichzeitig die Amplitude um 30 Prozent absinkt. Bei mit Chromtrioxid

modifizierten Zweischichtlackdrähten zeigt sich hingegen eine deutliche lineare Abhängigkeit

zwischen Stromsignal und Formierspannung, so dass die Formierung selbst bei Spannungen

von 1000 V nicht vollständig abgeschlossen ist. Das bedeutet aber auch, dass die

Lackisolierung ihre Vorgeschichte lange speichern kann, was bei manchen Prüflingen, die

zum ersten Mal nach der Herstellung erhitzt werden, deutlich durch das gemessene

Stromsignal belegt werden kann. Manche „neue“ Prüflinge verursachten bei der ersten

Leermessung eine Messbereichsüberschreitung, verhielten sich aber bei den anschließenden

Messreihen wieder normal. Der Isolationslack könnte beispielsweise durch elektrostatische

Aufladung im Trockenofen während des Herstellungsprozesses bereits formiert werden. Diese

gespeicherte Ladung wird dann beim ersten Aufheizen des kurzgeschlossenen Prüflings

wieder abgegeben, wobei im unterem Temperaturbereich fast keine Ladung detektiert wird,

da diese bereits während der bis zur mehreren Monaten andauernden Lagerungszeit zwischen

der Lackierung der Drähte und der Versuchsdurchführung relaxiert ist.

4.6 Auswertung des Stromsignales bei der TSC- Messung

Wenn man nur die maximalen Stromamplituden in Abhängigkeit von der Formierspannung

miteinander vergleicht, so kommt man zu dem Ergebnis, dass sowohl PAI- als auch PEI-

Einschichtlacke nur Raumladungen speichern. PAI/PEI- Zweischichtlacke sowie der mit

Titan modifizierte Dreischichtdrahtlack zeigen im Gegensatz dazu die Fähigkeit,

Polarisationsladungen zu speichern. Somit ist gesichert, dass bei den Mehrschicht-

lacksystemen eine Grenzflächenpolarisation (Maxwell-Wagner Effekt) stattfindet. Bei einem

auf die Temperatur bezogenen Vergleich der Stromsignale in Abhängigkeit von der

Formierspannung stellt man zusätzlich noch einen Depolarisationbereich um 220°C beim

Page 62: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

4 Ladungsspeicherverhalten von lackisolierten Drähten 52

PEI- Einschichtlack fest, der aber beim PAI- Einschichtlack in keinem Temperaturbereich

festzustellen ist.

4.6.1 Berechnung der Haftstellenenergien

Bei der Messung der thermisch stimulierten Ströme wird die Temperatur linear mit der Zeit

verändert [84-87], wobei T0 die Anfangstemperatur und b die Heizrate ist.

T(t) = T0 + bt

(4.2)

Zudem kann die Temperaturabhängigkeit der Relaxationszeit mit der Arrhenius-Funktion

beschrieben werden:

τ(T) = (τ0) exp(E/(kT))

(4.3)

Somit ergibt sich die Polarisationsgleichung zu:

dP/dT = (1/(qτ0))T(P0-P∞) exp(-E/(kT))

(4.4)

Wenn die Polarisation (P) sich mit der Zeit ändert, fließt ein Strom durch den Widerstand des

angeschlossenen Elektrometers. Dieser verursacht einen Spannungsabfall im Messkreis

derart, so dass er der Polarisationsänderung entgegenwirkt. Der Depolarisationsstrom kann

daher folgendermaßen beschrieben werden:

I(T) = -Ab(dP/dT)

(4.5)

Wobei A die Prüflingsfläche darstellt. Bei genügend niedriger Temperatur (kT << E), das

heißt wenn die Depolarisationsrate niedrig ist, kann man die zeitabhängige Polarisation

folgendermaßen beschreiben:

P(T) = P0 exp[-k/(bEτ0)T³ exp(-E/(kT)) -T0³ exp(-E/(kT0))]

(4.6)

Und der Depolarisationsstrom beträgt somit:

I(T) = B exp[-E/(kT) - k/(Ebτ0) T³ exp(-E/(kT))]

(4.7)

Wobei bei niedrigen Temperaturen der erste Exponentialterm überwiegt, so dass man für den

Anfangsbereich des Depolarisationsstrom näherungsweise schreiben kann:

Page 63: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

4 Ladungsspeicherverhalten von lackisolierten Drähten 53

I(T) ≈ T exp(-E/(kT))

(4.8)

Diese Näherungen ermöglichen es die Aktivierungsenergie des Depolarisationsprozesses

abzuschätzen. Das Maximum des Depolarisationsstromes verschiebt sich zu höheren

Temperaturen, wenn die Heizrate b [K/s] erhöht wird. Wenn man nun die

Depolarisationspeaks bei zwei unterschiedlichen Heizraten b1 und b2 aufzeichnet, kann man

die Aktivierungsenergie des Prozesses folgendermaßen berechnen:

E/k = ln[Tm³(1)/b1] – ln[Tm³(2)/b2]/1/Tm(1) – 1/Tm(2)

(4.9)

Hierbei sind Tm [K] die jeweiligen Temperaturen in Kelvin, an denen der Depolarisationstrom

maximal wird. Es muss aber bei den hier angegebenen Näherungen stets darauf geachtet

werden, dass die gemachten Vereinfachungen bei der Berechnung in ihrem Gültigkeitsbereich

bleiben; das heißt zum einen, dass es sich zum einen bei den Depolarisationsstrommaxima um

echte Maxima handeln muss, die nicht durch die Formiertemperatur begrenzt wurden und

zum anderen muss der Depolarisationsstrom, bevor der Bereich der Eigenleitung sich

abzeichnet, in der Temperaturkurve weitgehend abgeklungen sein.

Das bedeutet, dass diese Näherungsgleichungen nur begrenzt bei den in dieser Arbeit

verwendeten Isolationslackdrähten verwendet werden können, da die meisten Strompeaks erst

bei sehr hohen Temperaturen und zwar in der Nähe der Glasübergangstemperatur zu

lokalisieren sind.

4.6.2 Bestimmung der Haftstellentiefe

Um die Aktivierungsenergie und damit die Haftstellentiefe bei den verwendeten

Isolationslacken zu bestimmen, werden bei Twisten aus titanmodifiziertem

Dreischichtlackdraht und bei Twisten mit Lackisolation aus PAI die Heizraten bei der TSC-

Messung variiert. Aus den sich dabei verschiebenden Strommaxima, Tm(1) = 470,65 K und

Tm(2) = 474,85 K bei Titan beziehungsweise Tm(1) = 446,55 K und Tm(2) = 458,15 K bei

PAI, kann man mit Hilfe der Gleichung (4.9) auf die Aktivierungsenergie der jeweiligen

Haftstelle schließen.

Bei dem titanmodifiziertem Dreischichtlackdraht (Bild 4.16) ergibt sich eine Aktivierungs-

energie von 4,9 eV, also eine sehr tiefe Haftstelle. Der PAI-Isolationslackdraht (Bild 4.17)

Page 64: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

4 Ladungsspeicherverhalten von lackisolierten Drähten 54

besitzt unterhalb der Formiertemperatur eine Haftstelle mit deutlich niedrigerer

Aktivierungsenergie von 1,55 eV. Dies könnte auch die relative Unabhängigkeit des

Depolarisationsstromsignales beim PAI-Isolationslackdraht erklären, da die Haftstellen im

PAI schon bei relativ niedrigen Spannungen bis zur Sättigung gefüllt sind. Die beim

titanmodifizierten Dreischichtlackdraht bestimmte Aktivierungsenergie ist mit besonderer

Vorsicht zu betrachten, da erstens die Eigenleitung schon bei relativ niedrigen Temperaturen

einsetzt und zweitens der Umluftofen im Anfangsbereich der Messung mit der niedrigeren

Heizrate nicht linear geregelt hatte, wie nachträglich festgestellt wurde.

Bild 4.16:

Variation der

Heizrate zur

Bestimmung der

Haftstellentiefe in

Titanmodifiziertem

Dreischichtlackdraht

Bild 4.17:

Variation der

Heizrate zur

Bestimmung der

Haftstellentiefe in

PAI-

Einschichtdrahtlack

0 50 100 150 200 250 300oCProbentemperatur

-10

0

10

20

30

40

50

60

70

80pA

Stro

m

LeermessungLeermessung

Heizrate 1 K/minHeizrate 1 K/minHeizrate 3 K/minHeizrate 3 K/min

TSC-Messungbei 240 oC 600 min mit 1000 V formiert (Twist PAI 58µm)

0 50 100 150 200 250 300oCProbentemperatur

0

40

80

120

160

200

pA

Stro

m

mit 1000V 600min formiert Heizrate 3 K/minmit 1000V 600min formiert Heizrate 3 K/minmit 1000V 600min formiert Heizrate 1 K/minmit 1000V 600min formiert Heizrate 1 K/min

Temperaturregelung gestörtTemperaturregelung gestört

TSC-Messungbei 240oC formiert (Twist aus titanmodifiziertem Dreischichtlackdraht)

Page 65: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

4 Ladungsspeicherverhalten von lackisolierten Drähten 55

4.7 TSC-Messung an am Frequenzumrichter belasteten Twisten

Eine TSC-Messung an in einem Gestell befestigten Prüflingssatz von 10 Twisten ist nicht

möglich, da das Metallgestell sich zu sehr als Antenne für elektromagnetische Einkopplungen

auswirkt. Deshalb werden für die weiteren Versuche wieder einzelne Twiste von 50 cm Länge

verwendet, die aufgrund ihrer verdrillten Struktur recht unempfindlich gegenüber

elektromagnetischen Einkoppllungen aus der Umgebung sind. Für die Messungen werden

jeweils neue Prüflinge verwendet, um eine Veränderung der Signalverläufe bei

unterschiedlicher thermischen Vorgeschichte auszuschließen.

Beim Messen des Depolarisationsstromes nach einer 15 minütigen Umrichterbelastung (16

kHz Pulsfrequenz und 25 m langem Anschlusskabel) bei Raumtemperatur stellt man fest, dass

sich der Strom ähnlich wie bei einer Kondensatorentladung verhält (Bild 4.18), nur dass die

Zeitkonstanten in den Bereich von wenigen Minuten verlagert sind. Es kann aber keine

Anregung von tieferliegenden Haftstellen - durch die Belastung des Twistes am

Frequenzumrichter - nachgewiesen werden, da sich das Stromsignal bei steigenden

Temperaturen nicht mehr verstärkt und die Depolarisation praktisch bei Raumtemperatur

stattfindet. Bei der direkt nach der Umrichterbelastung gemessenen Ladung könnte es sich

somit um eine Oberflächenladung handeln, die aufgrund des hohen Oberflächenwiderstandes

nur sehr langsam abfließen kann.

Bild 4.18:

TSC-Signal nach

Umrichterbelastung

0 60 120 180 240 300oC (s)

Probentemperatur (Versuchszeit)

-20

0

20

40

60

80

100

pA

Stro

m

Stromsignal über der Temperatur bei einer Heizrate von 3 K/min nach 3min VorlaufStromsignal über der Temperatur bei einer Heizrate von 3 K/min nach 3min Vorlauf

Stromsignal über der Zeit in SekundenStromsignal über der Zeit in Sekunden

TSC-Messung nach 15 min Umrichterbelastungmit 16 kHz Taktfrequenz und 25m Kabel (Twist PAI 58µm)

Page 66: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

4 Ladungsspeicherverhalten von lackisolierten Drähten 56

TSC-Messungen, bei denen der Prüfling wiederholt mit 1000 V Gleichspannung formiert

wird, (Bild 4.19) zeigen eine deutliche Reduzierung des gemessenen

Depolarisationsstromsignales nach der Belastung des Prüflings am Frequenzumrichter im

Vergleich zur Neukurve.

Bei der Wiederholung der TSC-Messung verschiebt sich anschließend das

Depolarisationsstrommaxima zu höheren Temperaturen; diese Verschiebung durch die

thermische Alterung war bereits an nicht am Frequenzumrichter gealterten Prüflinge aus PAI-

Lackdraht festgestellt worden.

Bild 4.19:

Veränderung des

TSC-Messsignales

von PAI Twisten

durch

Umrichterbelastung

Die Prüflinge aus titanmodifiziertem beziehungsweise siliziummodifiziertem Lackdraht

wurden am Frequenzumrichter unterschiedlich lange bei Raumtemperatur elektrisch

vorbelastet. Anschließende TSC-Messungen, bei denen die Prüflinge zuvor bei 240 °C über

600 min mit 1000 V Gleichspannung formiert wurden, zeigen ein deutlich unterschiedliches

Verhalten der beiden Lacksysteme. Bei dem titanmodifiziertem Lackdraht (Bild 4.20) zeigt

sich eine deutliche Zunahme der Speicherfähigkeit der Lackschicht, wohingegen der

siliziummodifizierte Lackdraht keine markante Veränderung im Ladungsspeicherverhalten

zeigt (Bild 4.21).

0 50 100 150 200 250 300oCProbentemperatur

0

10

20

30

40

50

pA

Stro

m

Neue Probe (600 min formiert)Neue Probe (600 min formiert)Nach 15min Umrichterbelastung und Leerkurve (90 min formiert)Nach 15min Umrichterbelastung und Leerkurve (90 min formiert)Probe nach zwei weiteren TSC-Zyklen (600 min formiert)Probe nach zwei weiteren TSC-Zyklen (600 min formiert)Probe nach einem weiteren TSC-Zyklus (90 min formiert)Probe nach einem weiteren TSC-Zyklus (90 min formiert)

TSC-Messungbei 240 oC mit 1000 V formiert (Twist PAI 58µm)

Page 67: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

4 Ladungsspeicherverhalten von lackisolierten Drähten 57

Bild 4.20:

Veränderung des

TSC-Messsignales

von

titanmodifizierten

Twisten durch

Umrichterbelastung

Bild 4.21:

Veränderung des

TSC-Messsignales

von SiO2-

modifizierten

Twisten durch

Umrichterbelastung

Man kann also durch vergleichende TSC-Messungen feststellen, dass die Umrichterbelastung

bei Raumtemperatur beim titanmodifizierten Lackdraht zu einem Aufbrechen der Strukturen

führt und damit eine nicht reversible Veränderung des Materials bewirkt. Eine Veränderung

des tan δ ist aber bei einer vergleichenden tan δ-Messung im Frequenzbereich zwischen 100

Hz bis 1 MHz nicht nachweisbar (Bild 4.22).

0 50 100 150 200 250 300oCProbentemperatur

0

20

40

60

80

100

120

pA

Stro

m

nicht vorbelastete Probenicht vorbelastete Probeanschließende Leermessunganschließende Leermessung3 h Umrichtervorbelastung bei Raumtemperatur3 h Umrichtervorbelastung bei Raumtemperatur24 h Umrichtervorbelastung bei Raumtemperatur24 h Umrichtervorbelastung bei Raumtemperatur52 h Umrichtervorbelastung bei Raumtemperatur52 h Umrichtervorbelastung bei Raumtemperatur

TSC-Messung (3 K/min)bei 240oC 600min mit 1000V formiert (Twiste 64µm mit Titan modifiziert)

0 50 100 150 200 250 300oCProbentemperatur

0

20

40

60

80

100

120

pA

Stro

m

nicht vorbelastete Probenicht vorbelastete Probe3 h Umrichtervorbelastung bei Raumtemperatur3 h Umrichtervorbelastung bei Raumtemperatur24 h Umrichtervorbelastung bei Raumtemperatur24 h Umrichtervorbelastung bei Raumtemperatur52 h Umrichtervorbelastung bei Raumtemperatur52 h Umrichtervorbelastung bei Raumtemperatur

24 h Umrichtervorbelastung bei 155oC24 h Umrichtervorbelastung bei 155oC

582 h Umrichtervorbelastung bei Raumtemperatur582 h Umrichtervorbelastung bei Raumtemperatur

TSC-Messung (3 K/min)bei 240 oC 600 min mit 1000 V formiert (Twiste 70µm mit SiO2 modifiziert)

Page 68: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

4 Ladungsspeicherverhalten von lackisolierten Drähten 58

Bild 4.22:

Veränderung des

tan δ über der

Frequenz bei

Frequenz-

umrichterbelastu

ng von mit Titan

modifizierten

Twisten

Beim siliziummodifizierten Lackdraht ist selbst nach 500 h Umrichtervorbelastung erst eine

sehr geringe Veränderung im TSC-Verhalten nachweisbar, dies spricht für eine sehr gute

Beständigkeit gegenüber Teilentladungsbelastung. Deshalb ist es für weitere Untersuchungen

wichtig, ein Messsystem zur Verfügung zu haben, mit dem ein Nachweis von Teilentladungen

während der Belastung am Frequenzumrichter möglich ist. Ein solches TE-Messsystem wird

im folgenden Kapitel 5 näher beschrieben.

4.8 Zusammenfassung Die TSC-Messung ist auch bei lackisolierten Drähten in der Lage, den eindeutigen Nachweis

über die Art der gespeicherten Ladung zu führen. Dabei ist es für eine möglichst lange

Lebensdauer der Prüflinge am Frequenzumrichter wichtig, dass nur ein geringer

Ladungsaufbau innerhalb der Isolation stattfindet. Ähnlich wie ein geringer Verlustfaktor

meist auf eine gute Isolation zurückzuführen ist. Die TSC-Messung ist ein deutlich

empfindlicheres Verfahren als die Verlustfaktormessung, um Veränderungen im

Isolierstoffvolumen durch Degradation am Frequenzumrichter nachzuweisen.

102 5 103 5 104 5 105 5 106

Messfrequenz

0

0.01

0.02ta

n δ

ohne Vorbelastungohne Vorbelastung3 h Umrichtervorbelastung3 h Umrichtervorbelastung24 h Umrichtervorbelastung24 h Umrichtervorbelastung52 h Umrichtervorbelastung52 h Umrichtervorbelastung

tan δ-Messung(Proben: Titanmodifizierte Twiste)

Page 69: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

5 Aufbau eines Teilentladungsmesssystems für Frequenzumrichterbetrieb 59

5 Messung von Teilentladungssignalen bei Frequenz-

umrichterbetrieb

Für die Detektion von Teilentladungen bei 50 Hz-Wechselspannung stehen konventionelle,

mit Koppelkondensator und Ankoppelvierpol versehene, elektrische TE-Messsysteme zur

Verfügung. Mit solchen Messsystemen können Teilentladungsereignisse mit einer

scheinbaren Ladung von in der Regel größer als 5 pC detektiert werden. Bei sehr kurzen

Spannungsimpulsen mit Anstiegszeiten im Bereich von wenigen Mikrosekunden bis herab zu

einigen zehn Nanosekunden, wie sie bei Frequenzumrichterbetrieb auftreten, sind diese

elektrischen Messsysteme aber nicht anwendbar. Zudem besteht die Notwendigkeit, den

Prüfkreis zu erden und der verwendete Koppelkondensator verhindert überdies eine Messung

bei Sonderspannungsformen, wie zum Beispiel die Messung der TE-Einsatzspannung bei

einer gleichgerichteten Sinusspannung, da er diese glätten würde.

Die Spannungsbelastung und damit auch das TE- Verhalten einer kompletten Wicklung bei

Impulsbelastung ist entsprechend den Ausführungen im Kapitel 2.5 und Kapitel 2.6 eine

gänzlich andere als bei einer 50 Hz-Wechselspannung. Es können bei Impulsbelastung

zusätzlich Teilentladungen zwischen den einzelnen Windungen innerhalb einer Spule

auftreten. Somit ist bei einer sinusförmigen 50 Hz-Wechselspannungsprüfung eine direkte

Prüfung der bei Frequenzumrichterbetrieb besonders gefährdeten Windungsisolierung nicht

möglich.

Auch optische (der Entladungsort in der Wicklung ist im allgemeinen aufgrund der

geschlossenen Gehäuse der Motoren im Gegensatz zu den frei zugänglichen Twist-

Prüfkörpern verborgen und daher nicht sichtbar) und akustische (zu geringer Abstand

zwischen Nutz- und Störsignal aufgrund der Umrichter- und Maschinengeräusche)

Messsysteme sind bei der Detektion von Teilentladungen in der Isolierung kompletter

Maschinenwicklungen nicht geeignet. Deshalb besteht für die Untersuchung des

Teilentladungsverhaltens bei Frequenzumrichterbetrieb die Notwendigkeit, ein elektrisches

TE-Messsystem aufzubauen. Mit diesem Messsystem soll ermöglicht werden, während des

Betriebes Teilentladungen in mechanisch geschlossenen rotierenden Maschinen bei

beliebigen Spannungsformen zu detektieren.

Page 70: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

5 Aufbau eines Teilendladungsmesssystems für Frequenzumrichterbetrieb 60

5.1 Aufbau eines Messsystems zur Teilentladungsmessung bei Frequenz-

umrichterbetrieb

Der vorherige Abschnitt hat noch einmal verdeutlicht, wie wichtig es für den sicheren Betrieb

von elektrischen Geräten unter Impulsspannungsbelastung ist, Teilentladungen unter

Betriebsbedingungen detektieren zu können. Dies zeigt sich auch bei Motoren, die am Netz

betrieben werden, da bei ihnen im Mittel 90 % mit einem Windungsschluss ausfallen [81,99],

und ein Windungsschluss kann praktisch nur bei Impulsspannungsbelastung auftreten [17].

5.1.1 Überlegungen zur Separation von Teilentladungssignalen und

Umrichtersignalen Teilentladungsimpulse besitzen eine relativ kurze Impulsdauer im Bereich von 20 bis 500 ns

und Anstiegszeiten von 0,2 bis 50 ns und daher sollte die Möglichkeit bestehen, diese im

Frequenzbereich von den Umrichterimpulsen und den auf den Zuleitungen entstehenden

Wanderwellen zu separieren (siehe auch Kapitel 5.3). Problematisch für die Analyse sind

dabei mehrere Faktoren:

Der große Spannungsunterschied zwischen Umrichterimpulsspannung von über einem

kV und Teilentladungsspannung im Bereich von mehreren mV.

Das unregelmäßige Taktmuster der Frequenzumrichter.

Die sehr kurzen Impulsanstiegszeiten moderner Frequenzumrichter bis herab zu 35 ns.

Wenn jetzt für die Analyse vereinfacht angenommen wird, dass das Frequenzumrichtersignal

periodisch ist, kann dieses mit Hilfe der Fourieranalyse in ein Amplitudendichtespektrum

umgewandelt werden [100]. Durch diese Analyse ist bei einer direkten Messung der

Umrichterspannung nur das Amplitudendichtespektrum des angeschlossenen

Frequenzumrichters bestimmbar, da ein mögliches Teilentladungssignal durch den beim

Echtzeitsampling auf 8 Bit begrenzten Analog-Digitalwandler des verwendeten

Speicheroszilloskopes TDS 784 D [101] von Tektronix sich im Grundrauschen verliert.

Ein besseres Nutz- zu Störsignalverhältnis soll durch Dämpfung des Störspektrums im

nachfolgenden Abschnitt durch einem Hochpassfilter erreicht werden.

Page 71: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

5 Aufbau eines Teilendladungsmesssystems für Frequenzumrichterbetrieb 61

5.1.2 Separation von Teilentladungssignalen und Umrichtersignalen mit

Hilfe eines Hochpassfilters ohne galvanische Trennung

Zweck des Hochpassfilters soll es sein, die Umrichtersignale möglichst gut zu dämpfen und

die Teilentladungsimpulse mit möglichst geringer Dämpfung zum Oszilloskop durchzulassen.

Um mit einfachen Mitteln die Durchlässigkeit des Hochpassfilters für die

Teilentladungsimpulse abzuschätzen, wird an den Eingang des Filters ein Kalibrator für

Teilentladungsmessungen von Lemke Diagnostics (Typ LDC-5) mit einer einstellbaren

Ladungsmenge zwischen 5 und 500 pC angeschlossen. Dieser Signalpegel wird mit dem

Pegel hinter dem Hochpassfilter verglichen, wobei sich eine Dämpfung von ungefähr 3 dB

ergibt. Da die Filterelemente allerdings nur eine Spannungsfestigkeit von 500 V besitzen,

muss dem Filtereingang ein Spannungsteiler vorgeschaltet werden. Hierbei ergibt sich das

Problem, dass der ansonsten für die Messungen am Frequenzumrichter verwendete

Hochspannungsdifferentialtastkopf P5210 von Tektronix nicht verwendet werden kann, weil

es sich hierbei um einen aktiven Tastkopf handelt, der direkt mit dem Oszilloskop verbunden

sein muss und zudem nur eine eingeschränkte Bandbreite von 50 MHz besitzt.

Deshalb wurden die Vorversuche zur Untersuchung der Detektierbarkeit von

Teilentladungsimpulsen bei Sinusbelastung durchgeführt, da hierbei die Möglichkeit besteht,

den Messkreis zu erden und mit einem konventionellen Hochspannungstastkopf mit einer

Bandbreite von 300 MHz bis zu einer Spannung von 2,5 kV zu arbeiten. Diese Versuche

zeigten aber, dass das detektierte Teilentladungssignal durch den Hochspannungstastkopf

(Teilerverhältnis 1:100) für eine empfindliche Messung zu stark bedämpft wird. Gleichzeitig

wurden die Umrichtersignale durch einen einfachen Hochpassfilter dritter Ordnung - auch

nach Erhöhung der Grenzfrequenz auf 80 MHz, entsprechend der 13. Oberwelle des

Spannungsanstieges des Frequenzumrichters - nicht ausreichend bedämpft, so dass eine

Messung von Teilentladungssignalen in dieser Konfiguration bei Umrichterbetrieb nicht

möglich ist.

Page 72: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

5 Aufbau eines Teilendladungsmesssystems für Frequenzumrichterbetrieb 62

5.1.3 Untersuchung verschiedener Signaleinkopplungsmethoden mit Hilfe

eines Spektrumanalysators

Da die Ausführungen im Kapitel 5.1.1 gezeigt haben, dass von den Frequenzumrichtern und

den Wanderwellen auf den Leitungen ein nicht unerhebliches Störspektrum ausgeht, wurde

für die nachfolgenden Untersuchungen - um ein möglichst breites Frequenzspektrum

messtechnisch abdecken zu können - ein Spektrumanalysator verwendet. Zudem wurden

freundlicherweise von der Firma Rohde & Schwarz verschiedene Einkopplungsmedien zur

Verfügung gestellt. Nachfolgend sind die hiermit durchgeführten Untersuchungen kurz

aufgeführt:

Mit dem zur Verfügung gestellten Nahfeldsondensatz für die EMV-

/Feldstärkemesstechnik bestehend aus zwei passiven H-Feldsonden (9 kHz bis 30

MHz und 30 MHz bis 1 GHz) und einer aktiven E-Feldsonde (9 kHz bis 1 GHz)

wurde versucht, das Spektrum der Teilentladungsimpulse bei Sinusbetrieb

auszumessen. Dabei zeigte sich, dass die passiven H-Feldsonden zu unempfindlich

sind ein Teilentladungssignal zu detektierten. Mit der aktiven E-Feldsonde ist es

möglich, ein Teilentladungssignal am Twist zu detektieren, sobald man sich dem

Twist mit der Messspitze bis auf wenige Millimeter nähert. Wenn man aber versucht,

die Teilentladungssignale an einem Stator zu detektieren, befindet sich das

Messsystem mit der Nahfeldsonde aufgrund der viel höheren Feldstärke des Stators

bereits in der Sättigung, weit bevor die Spannung auf ein Niveau gestellt ist, bei dem

die Teilentladungen auftreten können. Es zeigt sich also das gleiche Problem von Stör-

zu Nutzsignalverhältnis wie im vorherigen Abschnitt. Somit ist es aussichtslos, mit

Hilfe von Nahfeldsonden für die EMV-Prüfung Teilentladungen an

frequenzumrichterbetriebenen Maschinen nachweisen zu wollen.

Bei Verwendung einer Antenne mit einem extrem breitbandigen Frequenzbereich von

30 MHz bis 1 GHz (CBL 6111 von Chase), die für Störemissions- und

Störfestigkeitsmessungen konstruiert wurde, ist es möglich, Teilentladungsimpulse am

Twist nachzuweisen. Allerdings werden auch alle Signale aus der Umgebung, wie

zum Beispiel die von Radio- oder Fernsehsendern detektiert. Beim anschließenden

Versuch die Teilentladungssignale auch an einem Stator nachzuweisen zeigte sich,

dass das möglich ist. Wenn die Antenne allerdings nicht in den offenen Stator hinein,

Page 73: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

5 Aufbau eines Teilendladungsmesssystems für Frequenzumrichterbetrieb 63

sondern auf das Statorgehäuse ausgerichtet ist, ist es aufgrund der abschirmenden

Wirkung des Gehäuses nicht mehr möglich, die Teilentladungen mit der durch den

Spektrumanalysator gegebenen Empfindlichkeit zu detektieren. Somit wird es auch

nicht möglich sein, an einem kompletten Motor mit entsprechender Empfindlichkeit

Teilentladungen mit diesem Messaufbau nachzuweisen.

Um möglichst alle konventionellen Messaufnehmer die für diese Messaufgabe in

Frage kommen zu erproben, wurde zusätzlich ein VHF-Stromwandler ESV-Z1 von

Rohde & Schwarz, der für die selektive oder breitbandige Messung von sowohl sehr

kleinen als auch sehr großen HF-Strömen in elektrischen Leitern entwickelt wurde und

elektrostatisch abgeschirmt ist, getestet. Dieser Stromwandler besitzt einen

Frequenzbereich von 20 bis 300 MHz, wobei der maximale Grundstrom 50 A

betragen darf. Bei den Messungen mit diesem Stromwandler am Frequenzumrichter

zeigt sich, das bei eingeschaltetem Frequenzumrichter ein sehr ausgeprägtes Signal

vorhanden ist. Dieses Signal ist aber unabhängig davon, ob ein Twist angeschlossen

ist oder nicht. Somit ist es daher auch mit dem VHF-Stromwandler allein nicht

möglich, Teilentladungssignale bei Frequenzumrichterbetrieb nachzuweisen, wohl

aber lässt sich mit ihm das Störspektrum sehr gut bestimmen.

Da mit allen getesteten Sensoren das Ergebnis sehr unbefriedigend war, wurde ein eigener

Sensor erprobt, der das Signal der Teilentladungen auskoppeln soll und zugleich von der

Umgebung möglichst wenig beeinflusst wird. Dabei ist auf eine gute galvanische Trennung

zu achten, damit die bereits oben angegebenen Probleme der leitungsgebundenen Messung

bezüglich der Potentiale der Frequenzumrichterspannungen vermieden werden können. Als

einfache Lösung könnte man beispielsweise kapazitiv auskoppeln, indem man einen

Metallblock um das Zuleitungskabel fixiert. Die Kabelisolation würde in diesem Fall als

Kondensatordielektrikum fungieren. Mit diesem „Koppelkondensator“ scheint es möglich zu

sein, mit einem sehr guten Wirkungsgrad die Teilentladungssignale auszukoppeln. Er hätte

aber den Nachteil, dass er bei jedem Kabel aufgrund von unterschiedlichen geometrischen

Abmessungen bei gleicher TE-Quelle stark unterschiedliche Messwerte liefern würde. Um

weitgehend unabhängig von den geometrischen Kabelabmessungen detektieren zu können

und die Möglichkeit zu haben, einen mobilen Sensor für die Einkreisung von TE-Quellen in

ausgedehnten Anlagen zu haben, fiel die Wahl auf einen ringförmigen Sensor, der sich im

genutzten Frequenzbereich wie eine Nahfeldantenne verhält. Der Messring wird auf einem

Page 74: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

5 Aufbau eines Teilendladungsmesssystems für Frequenzumrichterbetrieb 64

Tragring aus Kunststoff fixiert, um der Messanordnung die nötige Stabilität zu geben (Bild

5.1).

Stromführende LeitungTragring aus Kunststoff

Koaxialleitung

Bild 5.1: Ringförmiger TE-Sensor

Mit der Anordnung nach Bild 5.2 können Teilentladungsimpulsspektren am Twist und an

frequenzumrichterbetriebenen Motoren mit Frequenzen bis in den Gigahertz-

Frequenzbereich nachgewiesen werden (siehe auch Bild 5.7 in Kapitel 5.3), wobei das durch

die Frequenzumrichter und Rundfunksender beeinträchtigte Frequenzband sich hauptsächlich

unterhalb von 200 MHz befindet.

Bild 5.2:

Prinzipielle

Messanordnung

H.V.

Prüfobjekt

Anschlusskabel

TwistoderMotor

Prüfspannungsquelle

WR

WRGR

GR

ZK

L1

L2L3

UVW

Anzeige + Auswertung

Sensor

Ansc hlußkabel

Filter

Page 75: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

5 Aufbau eines Teilendladungsmesssystems für Frequenzumrichterbetrieb 65

5.2 Anpassung des Teilentladungsmesskreises an ein Oszilloskop

Eine genaue zeitliche Zuordnung von Spannungsverläufen und Teilentladungssignalen ist für

eine nähere Untersuchung von elektrischen Betriebsmitteln bei Impulsspannungsbelastung

unerlässlich. Dies ist aber bei der Verwendung von Spektrumanalysatoren nicht möglich.

Vorteilhaft ist daher eine Erweiterung des Messkreises, so dass auch mit einem Oszilloskop

gearbeitet werden kann.

Durch die vorausgegangenen Messungen hatte sich herausgestellt, dass sich das

Frequenzspektrum der Störungen bei den Teilentladungsmessungen bei Betrieb am

Frequenzumrichter hauptsächlich auf den Bereich unterhalb von 200 MHz erstreckt (siehe

auch Bild 5.5 im Kapitel 5.3) und die Teilentladungsimpulse auch in einem deutlich höheren

Frequenzbereich nachgewiesen werden können. Deshalb wird jetzt ein Hochpassfilter mit

einer Grenzfrequenz von 240 MHz aufgebaut, der das komplette Störspektrum unterdrückt

und die Teilentladungsimpulse im oberen Frequenzspektrum ungedämpft durchlässt.

Mit einem Hochpassfilter 4.Ordnung ist das Nutzsignal noch zu stark gestört. Um deshalb das

Nutzsignal / Störsignal-Verhältnis erheblich weiter zu verbessern, wurden mit Hilfe eines

Spektrumanalysators mit eingebautem Mitlaufgenerator Filter höherer Ordnung, und zwar bis

zur 10. Ordnung aufgebaut (Bild 5.3).

Bild 5.3:

Filterkurven der

Hochpassfilter 4. – 10.

Ordnung (240 MHz)

Die Abstimmung der Filter höherer Ordnung auf eine möglichst geringe Dämpfung im

Durchlassbereich ist dabei durch Simulationstools wie zum Beispiel PSpice [102] nur

eingeschränkt möglich, da es aufgrund der Streugrößen in diesem Frequenzbereich nicht nur

auf die Werte der einzelnen Bauteile, sondern auch auf ihre Lage zueinander ankommt. Bei

Frequenzkurven der 240 MHz Filter

100,00

90,00

80,00

70,00

60,00

50,00

40,00

30,00

20,00

10,00

0,000 100 200 300 400 500

Frequenz [MHz]

Däm

pfun

g [d

B]

240 MHz 4. Ordnung240 MHz 6. Ordnung240 MHz 10. Ordnung

Page 76: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

5 Aufbau eines Teilendladungsmesssystems für Frequenzumrichterbetrieb 66

einem gut abgestimmten Filter ändert sich nur die Dämpfung im Sperrbereich in

Abhängigkeit von der Filterordnung, nicht jedoch die Dämpfung im Durchlassbereich, wie

die Simulation mit PSpice und die Messung mit dem Spektrumanalysator bestätigen. Somit ist

es möglich, ein gutes Verhältnis von Nutz- zu Störsignalen bei der Teilentladungsmessung am

Frequenzumrichter zu erreichen (Bild 5.4).

TE-Messsystem am 400V Frequenzumrichter in der ersten Ausführungsvariante

0

2

4

6

8

10

12

14

16

18

Amplitude desFrequenzumrichters allein

Amplitude desMesssystems ohne Twistmit Frequenzumrichter

Amplitude desMesssystems mit Twist

(900V TE-Einsatz)

Amplitude desMesssystems mit Twist

(700V TE-Einsatz)

Rel

ativ

e Ei

nhei

t

Bild 5.4: Relative Signalleistungen der ersten Ausführungsvariante eines Messsystems zur

Messung von Teilentladungen bei Frequenzumrichterbetrieb

5.3 Anpassung des Messsystems an den verwendeten Frequenzumrichter

Um eine möglichst hohe Empfindlichkeit der Teilentladungsmessungen bei Umrichterbetrieb

zu erreichen, ist es notwendig, das Störspektrum des jeweils verwendeten Frequenzumrichters

zu kennen (Bild 5.5). Dieses Störspektrum ist dabei nicht nur von dem verwendeten

Umrichter, sondern auch von der Kabellänge zwischen Frequenzumrichter und Prüfobjekt

abhängig. Durch die Filterschaltung wird das Störspektrum komplett unterdrückt, und alle

Signale die oberhalb des Grundrauschens angezeigt werden, sind folgerichtig TE-Signale.

Page 77: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

5 Aufbau eines Teilendladungsmesssystems für Frequenzumrichterbetrieb 67

Bild 5.5: Spektren

am

Frequenzumrichter

mit und ohne Filter

bei Nutzung des

Sensors

Da mit zunehmender Kabellänge die Anstiegszeit der Schaltimpulse größer wird (direkt am

Frequenzumrichter ca. 85 ns und bei einer Kabellänge von 25 m ca. 150 ns), nimmt das

Störspektrum mit größerer Kabellänge ab. Dies bedeutet aber auch, dass bei Messungen direkt

am Frequenzumrichter, das heißt ohne Kabel eine recht hohe Grenzfrequenz für den

Hochpassfilter gewählt werden muss, um die Umrichterstörungen hinreichend zu

unterdrücken. Je höher die gewählte Grenzfrequenz gewählt wird, desto geringer wird aber

auch die erzielbare Empfindlichkeit des Messsystems, da die Amplitude des

Teilentladungsspektrums mit der Frequenz abnimmt. Aus diesen oben genannten Gründen ist

es für eine möglichst empfindliche Teilentladungsmessung bei Frequenzumrichterbetrieb

wichtig, einen Filter möglichst hoher Ordnung mit geeigneter Grenzfrequenz zu wählen.

Deshalb wurden für weitergehende Untersuchungen Filter 10. Ordnung mit einer

Grenzfrequenz von 240 MHz genutzt. Mit dieser Anordnung wurden die

Teilentladungsfrequenzspektren von Twisten am Frequenzumrichter nach den Bildern 5.6 und

5.7 aufgezeichnet, die einen guten Überblick über den nutzbaren Frequenzbereich von

Teilentladungssignalen an Twisten liefern.

Bild 5.6:

Teilentladungsspektren

von Twisten am

Frequenzumrichter

(Messbereich bis 400

MHz)

Spektren am Frequenzumrichter mit 25m Kabel

-80

-70

-60

-50

-40

-30

-20

0 50 100 150 200 250 300 350 400

Frequenz [MHz]

Sign

alst

ärke

[dBm

]

Spektrum des Frequenzumrichters mit Sensor ohne Filter

Spektrum des Frequenzumrichters mit Sensor und Filter

Spektren des Messsystemes am Frequenzumrichter mit 25m Kabel

-80

-70

-60

-50

-40

-30

-20

0 100 200 300 400

Frequenz [MHz]

Sign

alst

ärke

[dB

m] Frequenzumrichter mit Tw ist niedriger TE-Einsatzspannung

FU mit Tw ist hoher TE-Einsatzspannung

Frequenzumrichter ohne Tw ist

Page 78: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

5 Aufbau eines Teilendladungsmesssystems für Frequenzumrichterbetrieb 68

Bild 5.7:

Teilentladungsspektrum

eines Twistes am

Frequenzumrichter

(Messbereich bis 5 GHz)

Es zeigt sich bei näheren Untersuchungen zum Signalübertragungsverhalten des Sensors, dass

die geometrische Größe einen starken Einfluss auf die detektierte Amplitude des

Teilentladungssignales hat [59], da zum einen die Ringantenne Hochpasseigenschaften besitzt

und die Grenzfrequenz bei kleinen Abmessungen ansteigt und zum anderen die Feldstärke mit

der Entfernung zum Leiter abnimmt [77]. Allgemein werden Rahmenantennen mit sehr

kleinen Rahmenabmessungen gegenüber der Betriebswellenlänge gebaut. Für kleine Werte

des Verhältnisses von Antennenabmessung zur Wellenlänge wird die Amplitude der

Feldstärke sehr klein, weil gegenläufige Ströme in geringem Abstand ihre Ausstrahlung

größtenteils kompensieren [103]. Sie bildet damit einen guten Hochpass, da ihre Feldstärke

außerdem mit dem Quadrat der Wellenlänge abnimmt. Durch eine Erhöhung der

Windungszahlen um den Faktor n wird kein n-faches Nutzsignals erreicht, sondern die

Rahmenantenne bekommt eine ausgeprägte Bandpasseigenschaften, da das HF-Signal

aufgrund der Streukapazitäten zwischen den Windungen im hohen Frequenzbereich wieder

eine starke Dämpfung erfährt.

Die oben erwähnte Hochpasseigenschaft des Sensors kann aber auch dazu benutzt werden, um

Teilentladungen bei Sinusbetrieb direkt mit einem Oszilloskop zu detektieren und zwar mit

der gleichen Qualität wie mit den konventionellen industriellen Teilentladungsmesssystemen

mit Koppelkondensator und Verstärker (Bild 5.8).

Spektren des Messsystemes am Frequenzumrichter mit 25m Kabel

-80

-70

-60

-50

-40

-30

-20

0 1000 2000 3000 4000 5000Frequenz [MHz]

Sign

alst

ärke

[dB

m]

Frequenzumrichter ohne Tw ist

Frequenzumrichter mit Twist

D-Netz E-NetzFernsehen

Page 79: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

5 Aufbau eines Teilendladungsmesssystems für Frequenzumrichterbetrieb 69

Bild 5.8: Vergleich der

Teilentladungssignale am Twist

bei Sinusspannung,

Kanal 1: Signal des Sensors

vom neuentwickelten TE-

Messsystems

Kanal 2: Signal des

konventionellen TE-

Messsystems

Kanal 3: Verlauf der

Sinusspannung am Twist

Um im unbeaufsichtigten Messbetrieb mit dem Digitalspeicheroszilloskop TDS 784D

(Tektroniks) eine möglichst hohe Messempfindlichkeit und gleichzeitige

Störunempfindlichkeit zu erreichen, wurde für die nachfolgenden Messungen ein rauscharmer

Verstärker mit einer Verstärkung von 20 dBm, dem je ein Hochpassfilter zehnter Ordnung mit

einer unteren Grenzfrequenz von 260 MHz vor und nachgeschaltet ist (Bild 5.9). Um

gleichzeitig eine Störung des Messsignales durch Mobilfunksignale auszuschließen, wurden

in die Filter zusätzliche Notchfilter entsprechender Frequenz mit je 40 dBm Dämpfung

eingefügt. Somit wird die Messung auch dann nicht durch das gepulste Digitalsignal der

Mobiltelefone beeinflusst, falls in direkter Nähe der Messung telefoniert wird. Die analogen

Rundfunk- und Fernsehsignale machen sich bei der Messung am Oszilloskop nur als leicht

erhöhtes Grundrauschen bemerkbar und müssen daher nicht besonders nachbehandelt werden.

Bild 5.9: Kennlinie der

verwendeten Filter 10.

Ordnung mit Notchfilter

Frequenzkennlinie des verwendeten Filters 10. Ordnung

100,0090,0080,0070,0060,0050,0040,0030,0020,0010,000,00

0 200 400 600 800 1000

Frequenz [MHz]

Däm

pfun

g [d

B]

Page 80: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

5 Aufbau eines Teilendladungsmesssystems für Frequenzumrichterbetrieb 70

5.4 Aufbau eines Kalibrators für das neue TE-Messsystem

Grundvoraussetzung dafür, dass die Messwerte der Teilentladungsmessungen auf Basis der

TE- Kenngröße „scheinbare Ladung“ eingeordnet werden können, ist die Kalibrierung des

Messkreises durch Injektion von definierten Ladungsimpulsen. Deshalb muss ein geeignetes

Kalibrierverfahren für das System gewählt werden. Bei der Verwendung eines TE-

Messkreises nach IEC 270 beziehungsweise VDE 0434 [104], ist die dort beschriebene

Kalibriermethode zur Quantifizierung des Messergebnisses „scheinbare Ladung“

anzuwenden. Dazu werden TE-Kalibratoren verwendet, die im Prinzip aus einem

Rechtecksprunggenerator und einer in Reihe geschalteten Kalibrierkapazität bestehen. Die

eingespeiste Kalibrierladung Q0 wird als Produkt des Spannungssprunges ∆U an der

Kalibrierkapazität C0 angegeben:

00 *CUQ ∆=

5.1

Dabei besteht an die Anstiegszeit zum einen die Forderung, dass sie kleiner als 60 ns sein soll

und zum anderen, dass sie bei breitbandigen Messungen mit einer oberen Grenzfrequenz über

500 kHz zugleich auch der folgenden Beziehung genügt:

2

03,0f

tr ≤

5.2

Die Frequenz f2 stellt dabei die untere Grenzfequenz des TE-Messsystems dar. Damit soll

sichergestellt werden, dass der Integrationsfehler des TE-Messsystems bezüglich der

Kalibrierimpulse gering bleibt.

Es wäre nahe liegend, das bei der Standard-Messung praktizierte Kalibrierverfahren auch auf

die TE-Sondenmessung zu übertragen. Versuche diesbezüglich ergaben jedoch, dass das

standardisierte Kalibrierverfahren bei der Feldkopplung zu physikalisch bedingten Fehlern

führen kann. Folgende Besonderheiten seien daher genannt:

1. Beim Standard-Verfahren wird bekanntlich die Einspeisung von Kalibrierladungen in

beide Prüflingsklemmen vorgenommen, die gleichzeitig auch zur Auskopplung der TE-

Signale dienen. Bei der TE-Sondenmessung erfolgt dagegen die Signalauskopplung an

nur einer Prüflingsklemme. Damit liegt eine unipolare Kopplung vor, obwohl die zweite

Prüflingsklemme am Zustandekommen des transienten Ausgleichsvorganges beteiligt ist,

Page 81: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

5 Aufbau eines Teilendladungsmesssystems für Frequenzumrichterbetrieb 71

das heißt als virtueller Gegenpol wirkt. Bezüglich der Injektion von Kalibrierimpulsen

bietet es sich daher an, diese vorzugsweise dort einzuspeisen, wo die unipolare

Signalauskopplung erfolgt.

2. Beim Standard-Verfahren wird die „elektrische Länge“ maßgebend durch die

Integrationseigenschaften des TE- Prüfkreises einschließlich Messgerät bestimmt. Sie

liegt im allgemeinen zwischen einigen 10 und 100 m. Prüfobjekte dieser Dimension

können noch als „konzentriert“ angesehen werden. Im Gegensatz dazu sind bei der

Feldkopplung Dimensionen von wenigen Metern als „elektrisch lang“ zu bewerten. Damit

können bereits unterschiedlich lange Zuleitungen der Kalibrierladungsquelle das Ergebnis

der Kalibrierung beträchtlich beeinflussen. Außerdem geht auch die Form des

Kalibrierimpulses bei der Feldkopplung signifikant in das Ergebnis ein, während sie im

Fall der Standard-Messung bei Einhaltung der spezifizierten Toleranzgrenzen keinen

nennenswerten Einfluss hat.

Trotzdem sind in Analogie zur Standardmessung auch die bei der TE-Sondenmessung

bewerteten Ladungsimpulse ein Maß für die an der TE-Fehlstelle umgesetzten Ladung. Bei

TE-Sondenmessungen sind jedoch meist weder die Dämpfung des Signals auf dem Weg zur

Koppeleinrichtung noch die dadurch bedingte Änderung der Impulsparameter bekannt. Es

wird somit sehr oft im Vergleich zum standardisierten Verfahren ein unbekannter und

außerdem stark reduzierter Anteil des Original-Impulses erfasst. Dieser kann aber in Analogie

zur Standard-Messung mit Hilfe eines Kalibrierverfahrens ebenfalls als Ladungswert

quantifiziert werden. Um eine Kalibrierung der TE-Sonde in den verschiedenen

Messbereichen zu ermöglichen, sind verschiedene Ladungswerte in den Prüfkreis

einzuspeisen.

Bei gleich bleibendem Versuchsaufbau sind dabei sehr gut reproduzierbare Messergebnisse

erreichbar, wie sie beispielsweise für eine Trend-Bewertung notwendig sind.

Page 82: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

5 Aufbau eines Teilendladungsmesssystems für Frequenzumrichterbetrieb 72

5.5 Ausbreitung des TE-Signals

Durch die Nutzung des UHF-Spektrums des Teilentladungssignals bildet sich in den Motoren

eine so genannte kapazitive Sofortverteilung aus, die im Gegensatz zur induktiven Verteilung

bei niedrigen Frequenzen nur eine geringe Dämpfung erfährt. Dadurch hat die Lage der TE-

Quelle keinen so starken Einfluss auf das Messsignal wie bei einer niederfrequenten

Auswertung und das Motorengehäuse kann in diesem Fall als kapazitiver Strahler wirken.

Das Teilentladungssignal breitet sich auf den Zuleitungen ähnlich wie die so genannte

Leckwelle unter dem Winkel ϕ gegen die Längsrichtung weiter aus mit

5.3

und nimmt senkrecht dazu exponentiell ab. Es ist eine bezüglich der Richtung von β eine

quergedämpfte Welle. Sie ist streng genommen keine Eigenwelle des Wellenleiters, hat aber

folgende physikalische Bedeutung:

Wenn bei 0=z im Stoffbelag ein Feld angeregt wird, das dieser Welle entspricht, dann wird

bei der Ausbreitung in z-Richtung, also entlang des Leiters, kontinuierlich unter dem Winkel

ϕ in Richtung von β Energie abgestrahlt. Dieser Energieverlust macht sich als Dämpfung in

z-Richtung bemerkbar. Die Welle ist daher nicht vollständig an den Wellenleiter gebunden

und läuft allmählich aus. Oberflächenwellen und Leckwellen haben praktische Bedeutung zur

Anregung von Strahlungsfeldern. Dabei ist bei der Oberflächenwellenantenne die Welle an

den Wellenleiter gebunden. Energie wird nur an Diskontinuitäten abgestrahlt, also am Anfang

und Ende und an zusätzlichen Störstellen. Bei der Leckwellenantenne strahlt die Welle

kontinuierlich entlang des Wellenleiters. Deshalb kann ein geschirmtes Kabel mit einer

Oberflächenwellenantenne verglichen werden, bei der der Sensor als strahlungsverursachende

Diskontinuität wirkt und ein ungeschirmtes Kabel mit einer Leckwellenantenne. Deshalb ist

es für eine möglichst gute Signalauskopplung der Teilentladungssignale wichtig, möglichst

nahe an ihrem physikalischen Entstehungsort zu messen.

ββϕ

z=cos

Page 83: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

5 Aufbau eines Teilendladungsmesssystems für Frequenzumrichterbetrieb 73

5.6 Zusammenfassung

Mit dem in dieser Arbeit neu aufgebauten TE-Messsystem ist es nicht nur möglich

Teilentladungen mit der gleichen Empfindlichkeit bei Sinusanregung wie mit konventionellen

industriellen Messsystemen zu erfassen, sondern es gelingt auch erstmalig der sichere

Nachweis von Teilentladungen in komplexen Prüflingen während des Betriebes am

Frequenzumrichter. Für alle nachfolgenden Messungen wird daher das neu aufgebaute TE-

Messsystem verwendet, soweit nichts anderes ausdrücklich erwähnt wird. Durch die starke

Störunempfindlichkeit ist es von nun an auch möglich, TE-Messungen mit hoher

Empfindlichkeit in nicht abgeschirmten Räumen durchzuführen.

Page 84: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

6 Teilentladungsverhalten und Lebensdauer von Twisten 74

6 Teilentladungsverhalten und Lebensdauer von Twisten

Für grundlegende Untersuchungen zum Teilentladungs- und Alterungsverhalten von

Lackisoliertendrähten sollen möglichst einfache kostengünstige Prüfkörper und nicht komplex

aufgebaute Motoren verwendet werden. Im Rahmen dieser Arbeit wurden für diese

grundlegenden Untersuchungen hauptsächlich Twiste nach DIN IEC 815-5 [33] verwendet. Um

einen differenzierten Eindruck von der Teilentladungsgefährdung einer Isolation zu erhalten,

wurden zunächst verschiedene Abhängigkeiten zwischen Teilentladungseinsatz und

verschiedenen möglichen Einflussgrößen untersucht und anschließend wurden die Lebensdauern

bei unterschiedlichen Belastungen bestimmt.

6.1 Untersuchungen zur Abhängigkeit des Teilentladungseinsatzes

6.1.1 Abhängigkeit des Teilentladungseinsatzes von der Spannungsform Um den Einfluss der Spannungsform auf die Teilentladungseinsetzspannung von lackisolierten

Drähten zu klären, wurden Messungen bei verschiedenen Spannungsformen an Twisten

durchgeführt. Kaufhold [2] hatte bei seinen Lebensdaueruntersuchungen an Formspulen

festgestellt, dass bei einer unipolaren Impulsspannung nahezu die doppelte Spannungsamplitude

notwendig ist, um bei gleicher Frequenz die gleichen Ausfallzeiten der Prüfkörper zu erhalten

wie bei einer bipolaren Impulsspannung. Er begründet dieses Verhalten mit der Akkumulation

von Raumladungen an den Isolierstoffoberflächen, die aufgrund des hohen spezifischen

Widerstandes des Drahtlackes (bei h = 20 °C ca. 1016 Ωcm) nicht abfließen können und bei

unipolarer Belastung des Isoliersystems eine Absenkung der Feldstärke in den luftgefüllten

Zwickeln bewirken.

Die Messungen an Twisten mit dem neuen TE-Messsystem zeigen, dass die Spitze-Spitze

Spannung bei periodischen Spannungen die entscheidende Größe für den Teilentladungseinsatz

ist [58,65]. Es wurde nämlich unabhängig von der Spannungsform (Sinusspannung,

gleichgerichtete Sinusspannung und unipolare Impulsspannung) beim Teilentladungseinsatz die

Page 85: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

6 Teilentladungsverhalten und Lebensdauer von Twisten 75

gleiche Spitze-Spitze Spannung für den Einsatz der Teilentladungen am Twist gemessen (Bild

6.1).

Bild 6.1: Teilentladungseinsetzspannung an

neuem (ungealtertem) Twist bei

unterschiedlicher Form der belastenden

Spannung:

Kanal 1: Belastungsspannung

Kanal 2: TE-Signal

Dies zeigt, dass Raum- und Oberflächenladungen bei lackisolierten Drähten eine wichtige Rolle

im Teilentladungsverhalten spielen, wie Pohlmann [6] bei Messungen mit dem in dieser Arbeit

entwickelten neuen TE-Messsystem feststellen konnte. Da Morshuis [39] nachwies, dass es durch

Teilentladungen zu einer Veränderung der Isolatoroberfläche kommt, durch die unter anderem

die Leitfähigkeit der Oberfläche erhöht wird (Verminderung des Oberflächenwiderstandes bei

Polyethylen von 1017 Ω auf 1012 Ω), müsste diese Veränderung sich auch in der

Teilentladungseinsetzspannung bei unterschiedlicher Spannungsform bemerkbar machen. Für

diese müsste im Extremfall - ohne Raumladung - dann der Spitzenwert der Eingangsspannung als

charakteristische Größe und nicht mehr der Spitze-Spitze Wert der speisenden Spannung gelten.

Page 86: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

6 Teilentladungsverhalten und Lebensdauer von Twisten 76

Auf die Spannungsform hat auch die Höhe der Zwischenkreisspannung Einfluss. Untersucht man

das Teilentladungsverhalten von Twisten am Frequenzumrichter in Abhängigkeit von dieser

Spannung, stellt man fest, dass die ersten Teilentladungen im Phasenwechsel der Grundspannung

zünden. Bei Erhöhung der Zwischenkreisspannung brennen schließlich immer mehr

Teilentladungen, bis schließlich bei jedem Impuls eine Teilentladung auftritt [15] (Bild 6.2).

Bild 6.2: Auswirkung der Veränderung

der Zwischenkreisspannung auf das TE-

Verhalten von Twisten am Frequenz-

umrichter mit 25m Kabel

a) Teilentladungen hauptsächlich im

Phasenwechsel der Grundwelle

(UZK=475V)

b) Teilentladungen bei erhöhter

Zwischenkreisspannung bei jedem

Impuls der Umrichterspannung

(UZK=540V)

Bei Twisten ist die TE-Einsetzspannung - da diese sich wie elektrisch kurze Prüfobjekte

verhalten - hauptsächlich von der Spannungshöhe und der Vorbelastung an den

Prüflingsklemmen abhängig. Bei kompletten Motoren sollte man annehmen, dass der TE-Einsatz

auch von der Anstiegszeit der Frequenzumrichter-Impulse abhängig ist, was darin begründet ist,

dass die Spannungsverteilung mit fallender Anstiegszeit immer mehr nichtlinear wird, so dass

über den ersten Windungen einer Spule ein immer größerer Teil der gesamten Strangspannung

Page 87: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

6 Teilentladungsverhalten und Lebensdauer von Twisten 77

abfällt [15]. Es müsste also die genaue Feldverteilung innerhalb des Motors bekannt sein, um

eine Gefährdung der Isolationslebensdauer durch Teilentladungen auszuschließen. Da die

Feldverteilung aber analytisch aufgrund der wilden Niederspannungswicklungen nur

eingeschränkt oder überhaupt nicht bestimmbar ist, ist es daher von großer Nützlichkeit, die

Teilentladungseinsetzspannung beim Betrieb am Frequenzumrichter zu messen.

6.1.2 Abhängigkeit des Teilentladungseinsatzes von der Lackschichtdicke und

der Permittivität Die Lackzunahme wird aus der Differenz des Gesamtdurchmessers des Lackdrahtes und des

Leiters ermittelt, wobei angenommen wird, dass die verwendeten Lackdrähte axialsymetrisch

sind. Diese Messungen wurden mit einer handelsüblichen Mikrometerschraube durchgeführt. Die

angegeben Werte für die Lackzunahme sind daher stets doppelt so groß wie die Isolationsdicke

der Lackschicht (siehe auch Bild 2.2b in Kapitel 2.1). Die Lackzunahme eines Drahtlackes

entspricht demzufolge dem minimalen Elektrodenabstand eines Twistes aus dem gleichen

Material. Je höher die Isolationsstärke ist, desto geringer ist auch die Feldbelastung im

Luftzwickel. Eine Verdopplung der Lackschichtdicke führt rechnerisch zu einem Anstieg der TE-

Einsetzspannung um 30 %. Die Veränderung der Permittivität hat den entgegengesetzen Einfluss

auf die Feldstärke innerhalb des Luftzwickels. Vereinfacht ergibt sich die TE-Einsetzspannung

eines Twistes aus der eines geschichtetem Dielektrikums, bestehend aus zwei Lackschichten und

einem Luftspalt, aus der Summe der Durchschlagsspannung des Luftspaltes entsprechend der

Paschen-Kurve und den Spannungsabfällen über den Lackschichten [2,38].

∗∗+∗=

sdsUsU

Lackr

LackLuftdTE ε

21)()(

6.1

Trägt man nun für eine bestimmte Lackschichtdicke die TE-Einsetzspannung über der

Luftspaltdicke auf, ähnelt der Kurvenverlauf dem der Paschen-Kurve. Aufgrund des zusätzlichen

Spannungsabfalls über der Lackschicht ist die Kurve jedoch zu höheren Spannungen verschoben.

Das Minimum der Kurve entspricht der TE-Einsetzspannung am Twist (Bild 6.3).

Page 88: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

6 Teilentladungsverhalten und Lebensdauer von Twisten 78

Bild 6.3:

TE-Einsetzspannung an

Twisten in Abhängigkeit

von Lackzunahme und

Permittivität

6.1.3 Abhängigkeit des Teilentladungseinsatzes von der Temperatur Die elektrische Festigkeit der Luft und damit die Abhängigkeit der TE-Einsetzspannung von der

Luftdichte geht ebenfalls aus der Paschen-Kurve hervor. Die Dichte des Gases Luft ist hierbei

direkt proportional dem Druck p und umgekehrt proportional der absoluten Temperatur T. Da für

die Einsetzspannung das Paschenminimum verantwortlich ist, wird dieses bei höheren

Temperaturen erst bei größeren Luftspalten erreicht. Dadurch verringert sich der Spannungsabfall

über dem festen Dielektrikum und die resultierende TE-Einsetzspannung des Twistes verschiebt

sich bei hohen Temperaturen immer weiter nach unten. Gleichzeitig steigt bei den verwendeten

festen Isolierstoffen die Permittivität mit der Temperatur aufgrund der besseren Polarisierbarkeit,

was zusätzlich ein Absinken der TE-Einsetzspannung bewirkt. Damit verbunden ist auch ein

Anstieg der Teilentladungshäufigkeit (Anzahl der Teilentladungen pro Sekunde) am

Frequenzumrichter - bei sonst gleichen Parametern - mit steigender Temperatur (Bild 6.4), also

ähnlich dem in Bild 6.2 gezeigtem Effekt bei steigender Zwischenkreisspannung [6].

Bild 6.4:

Temperaturabhängigkeit

des Teilentladungs-

verhaltens von Twisten

0

500

1000

1500

2000

2500

0 20 40 60 80 100

Lackzunahme [µm]

TE-E

inse

tzsp

annu

ng U

ipp

[V]

berechnet Epsilon rel. = 2

berechnet Epsilon rel. = 4

gemessen Epsilon rel. ca.: 3.3

0200400600800

10001200140016001800

0 50 100 150 200

Temperatur [°C]

TE-E

inse

tzsp

annu

ng U

ipp

[V]

020004000

600080001000012000

1400016000

Teile

ntla

dung

shäu

figke

it am

Fre

quen

zum

richt

er

[Hits

/s]

TE-Einsetzspannung beiSinusTeilentladungshäufigkeit amFU

Page 89: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

6 Teilentladungsverhalten und Lebensdauer von Twisten 79

6.1.4 Abhängigkeit des Teilentladungseinsatzes von der Frequenz Um abzuklären, inwieweit die Teilentladungseinsetzspannung bei elektrisch kurzen Prüfkörpern

von der Frequenz der speisenden Spannung abhängt, wurde die Teilentladungseinsetzspannung

von Twisten an einer Hochfrequenzhochspannungsquelle überprüft (Bild 6.5). Dabei zeigt sich,

dass die Teilentladungseinsetzspannung bei Frequenzen bis zu mehreren Megahertz - die beim

Frequenzumrichter durch Wanderwellenvorgänge entstehen können ( so genanntes „ringing“) -

an Twisten aus siliziummodifiziertem Lackdraht leicht sinkt. Dies bedeutet, das die

Spannungsänderungsgeschwindigkeit auch für den Teilentladungseinsatz an Twisten ein

beeinflussender Parameter zu sein scheint.

Bild 6.5:

Frequenzabhängigkeit der

Teilentladungseinsetzspannung

an Twisten

Dieser Abfall der Teilentladungseinsetzspannung bei der siliziummodifizierten Lackschicht [10] kann nicht allein durch die unterschiedliche Polarisierbarkeit der Drahtlacke bei den einzelnen Frequenzen erklärt werden. Bei sehr hohen Frequenzen kann die Polarisation der treibenden Spannung nur noch verzögert folgen und somit verringert sich εr und die Teilentladungseinsetzspannung sollte entsprechend der oben gemachten Ausführungen ansteigen. Diese Art von Frequenzabhängigkeit ist aber nur bei konstanter Temperatur gegeben. Da dies hier aber nicht der Fall ist, dominieren andere Effekte bei der Frequenzabhängigkeit der Teilentladungseinsetzspannung von Twisten am Hochfrequenzgenerator. Kaufhold [2] beschreibt eine Zunahme der elektrischen Feldstärke im Luftzwickel bei schnellen Spannungsanstiegen. Er erklärt diesen Effekt dadurch, dass durch den Aufbau von Raumladungen sich die Feldstärke gegenüber dem raumladungsfreien Zustand und damit die Beanspruchung der Isolierung reduziert. Da der Aufbau von Raumladungen eine gewisse Zeit beansprucht, wird das elektrische Feld bei kürzeren Anstiegszeiten, also bei höheren Belastungsfrequenzen, aufgrund der

0

200

400

600

800

1000

1200

1400

1600

1800

2000

0 1 2 3 4 5

Frequenz [MHz]

Teile

ntla

dung

sein

setz

span

nung

Uip

p [V

]

Siliziummodifiziert 60µm

Standard 59µm

Page 90: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

6 Teilentladungsverhalten und Lebensdauer von Twisten 80

geringeren Raumladungsdichte weniger oder gar nicht geschwächt, als es bei längeren Anstiegszeiten der Fall ist. Bei den obigen Versuchen kommt es zusätzlich zu einem frequenzabhängigen Energieeintrag in das Dielektrikum, das sich dadurch erwärmt, wodurch die Permittivität infolge der größeren Beweglichkeit der Dipole ansteigt. Gleichzeitig erwärmt sich auch die Luft im Zwickel, deren elektrische Festigkeit dadurch deutlich abnimmt. Beim Standarddrahtlack hingegen bleibt die Teilentladungseinsetzspannung über den gesamten Frequenzbereich (50 Hz bis 5 Mhz) konstant. Dies bedeutet, dass sich hier die oben erwähnten Effekte genau zu kompensieren scheinen.

6.2 Teilentladungsverhalten von Twisten während der Alterung

Um das Teilentladungsverhalten von

Drahtlacksystemen während der Alterung beim

Betrieb am Frequenzumrichter zu untersuchen,

wurden die Modellisolierungen in Form von

Twisten bei unterschiedlichen Spannungen und

Umgebungstemperaturen elektrisch und

thermisch langzeitig belastet, wie in Bild 6.6

dargestellt wird.

Bild 6.6:

Versuchsaufbau zur Bestimmung des

Teilentladungsverhaltens von Twisten während

der Alterung am Frequenzumrichter

Entsprechend den Ausführungen im Kapitel 6.1 wird das Auftreten von Teilentladungen und

damit die Lebensdauer der untersuchten Lacksysteme erheblich durch die Form (Amplitude,

Anstiegszeit, Frequenz, Polarität usw.) der belastetenden Spannung beeinflusst. Um

Lebensdaueruntersuchungen unter praxisrelevanten Bedingungen durchzuführen, muss man

M3~

230V / 400V 50Hz

f1 = 50 Hzf2 = 400 Hz

ÛLL = 0,84 - 1,54 kV

f1f2

Umluftofentemperatur 25 - 200°C

Prüf-ling

fpulse= 16 kHz

Frequenzumrichter: SEW Movitrac 31C055

Leitungslänge: 25 m

Prüfling:Twist DIN EN 60172 Nov./95

Transformator

U = 3 x 0-550V

Online TE-Messsystem

UZK = 425 - 775 V

Page 91: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

6 Teilentladungsverhalten und Lebensdauer von Twisten 81

daher exakt die Spannungsform nachbilden, die die Isolierung auch im Betrieb erfährt (siehe

Kapitel 2.6). Dies ist derzeit nur unter Verwendung herkömmlicher Frequenzumrichter möglich,

und deshalb wurden die folgenden Untersuchungen an einem handelsüblichen Frequenzumrichter

der Firma SEW Eurodrive vom Typ Movitrac 31C055-503-4-00 mit folgenden Parametern

durchgeführt:

Variation der Eingangsspannung: U = 300 - 550 V

Zwischenkreisspannung: UZK = 425 -775 V

Anstiegszeit am Frequenzumrichter: ta = 85 ns

Grundfrequenz: fG = 400 Hz

Taktfrequenz: fP = 16 kHz

Kabellänge: lK = 25 m

Diese Parametereinstellungen am Frequenzumrichter sorgen für folgende Werte der an den

Prüfkörpern anliegenden Spannung:

Anstiegszeit am Prüfkörper: ta = 150 ns

Leiter-Leiter-Spannung am Prüfkörper: ÛLL = 0,84 – 1,54 kV

Spannungsanstiegsgeschwindigkeit am Prüfkörper: du/dt = 6000 V/µs

Die Lebensdauerversuche wurden bei Temperaturen zwischen 25°C und 200°C durchgeführt. In

diesem Temperaturband wird die für die verwendeten Isolierlacksysteme maximal zulässige

Dauertemperatur nicht überschritten. Somit kann davon ausgegangen werden, dass sich infolge

der thermischen Beanspruchung keine wesentlichen Änderungen der Eigenschaften der

untersuchten Isolierlackdrähte während der Versuchsabläufe ergeben.

Bild 6.7: Temperaturabhängigkeit

der Lebensdauer von Standard-

lackdrähten bei Frequenz-

umrichtereingangsspannungen

zwischen 310 und 500 Volt

1

10

100

1.000

0 50 100 150 200Temperatur [°C]

Lebe

nsda

uer [

min

]

310 V 350 V400 V 450 V500 V

Page 92: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

6 Teilentladungsverhalten und Lebensdauer von Twisten 82

Aus Bild 6.7 erkennt man, dass die Lebensdauer von Standardlackdrahttwisten bei

Frequenzumrichtereingangsspannungen oberhalb von 400 Volt hauptsächlich von der Temperatur

und nur noch in relativ geringem Maße von der Spannung abhängig ist. Bei kleineren

Spannungen ist die Lebensdauer sehr stark spannungsabhängig und ist bei einer

Eingangsspannung von 300 Volt aufgrund von fehlenden Teilentladungen nur noch thermisch

bedingt (mindestens 20.000h).

Diese Spannungsabhängigkeit ist mit dem Teilentladungsverhalten am Frequenzumrichter (siehe

auch Bild 6.2) erklärbar und zeigt sich auch deutlich in der Teilentladunghäufigkeit während der

Betriebszeit am Frequenzumrichter bei unterschiedlichen Eingangsspannungen (Bild 6.8).

Bild 6.8:

Teilentladungsverhalten von

Standardlackdrahttwisten am

Frequenzumrichter bei 155°C

Bild 6.9:

Teilentladungsverhalten von

Standarddrahtlacktwisten am

Frequenzumrichter bei 350 V

Eingangsspannung

0

10.000

20.000

30.000

40.000

50.000

60.000

70.000

0 5 10 15 20

Zeit [min]

TE-H

äufig

keit

[Hits

/s]

350V

400V

500V

0

5.000

10.000

15.000

20.000

25.000

30.000

0 20 40 60 80 100 120 140 160

Zeit [min]

TE-H

äufig

keit

[Hits

/s]

25°C

100°C

155°C

Page 93: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

6 Teilentladungsverhalten und Lebensdauer von Twisten 83

Bild 6.9 bestätigt noch einmal die starke Variation des Teilentladungsverhaltens mit der

Temperatur im Bereich kurz oberhalb der TE-Einsetzspannung, siehe auch Bild 6.4, in dem ein

mit der Temperatur linearer Anstieg der TE-Häufigkeit bei gleichzeitigem Absinken der TE-

Einsetzspannung bei konstanter Belastungsspannung zu verzeichnen ist. Analysiert man die TE-

Häufigkeit über der Zeit weiter, fällt auf, dass diese mit zunehmender Belastungszeit ansteigt. Da

sich gleichzeitig die Anzahl der Teilentladungsimpulse bis zum Versagen der Isolation mit

zunehmender Belastungsspannung und Temperatur verringert (Bild 6.10), handelt es sich bei der

Alterung von Standardlackdrähten am Frequenzumrichter um eine komplexe thermische und

elektrische Alterung, wobei das Zerstörungspotential jeder einzelnen Teilentladung mit

steigender Spannung und Temperatur zunimmt.

Bild 6.10:

Teilentladungsimpulse bis

zum Durchschlag für Twiste

aus Standardlackdraht mit

59 µm Lackzunahme am

Frequenzumrichter

Bild 6.11: Amplitude der

Teilentladungen von

Standardlackdrahttwisten am

Frequenzumrichter bei 400V

Eingangsspannung über der

Betriebszeit

-

10.000.000

20.000.000

30.000.000

40.000.000

50.000.000

60.000.000

70.000.000

80.000.000

10 100 1000

Temperatur in °C

Anz

ahl T

E-Im

puls

e

400V

500V

0

50

100

150

200

250

300

350

400

0 5 10 15 20 25 30

Zeit [min]

TE-A

mpl

itude

[mV]

25°C/400V

50°C/400V100°C/400V

200°C/400V

Page 94: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

6 Teilentladungsverhalten und Lebensdauer von Twisten 84

Dieses steigende Zerstörungspotential der einzelnen Teilentladungen zeigt sich auch in den mit

der Betriebszeit und der Temperatur ansteigenden Teilentladungs-Amplituden (Bild 6.11). Für

den Energieinhalt der Teilentladung ist nämlich nicht nur die TE-Einsetzspannung, sondern auch

die Differenz zwischen dieser und der Belastungsspannung maßgebend.

Der Temperatureinfluss auf die Lebensdauer ist bei Standardlackdraht im ganzen untersuchten

Temperaturbereich zu verzeichnen. Der siliziummodifizierte Lackdraht zeigt eine signifikante

Abnahme der Lebensdauer erst bei Temperaturen über 100 °C (Bild 6.12). Dieses Verhalten

hängt vermutlich mit dem besonders stabilen chemischen Aufbau zusammen [6].

Bild 6.12:

Der Einfluss der Temperatur

auf die Lebensdauer von

Twisten am Frequenz-

umrichter bei 400 V

Eingangsspannung

6.3 Frequenzabhängigkeit der Lebensdauer

Untersucht man die Abhängigkeit der Lebensdauer von Twisten in Abhängigkeit von der

Frequenz der belastenden Sinusspannung (Bild 6.13), so fällt auf, dass bei Frequenzen oberhalb

von 2 MHz die Lebensdauerkennlinie drastisch abfällt. Hier ändert sich demnach der

Alterungsmechanismus gravierend, der zur Zerstörung der Isolation führt. Der Drahtlack wird in

diesem Frequenzbereich durch die Verschiebungsströme so stark erhitzt (siehe auch Kapitel 3.2),

dass es zu einem thermischen Durchschlag kommt und der Isolationslack quasi verbrennt.

0,01

0,10

1,00

10,00

100,00

1.000,00

10.000,00

0 50 100 150 200

Temperatur [°C]

Lebe

nsda

uer [

h] Standard 54µmStandard 59 µmsiliziummodif iziert 40µmsiliziummodif iziert 54 µmsiliziummodif iziert 73µm

2/52/5

Page 95: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

6 Teilentladungsverhalten und Lebensdauer von Twisten 85

Bild 6.13:

Lebensdauer von Twisten bei

HF-Sinusbeanspruchung

direkt oberhalb der TE-

Einsetzspannung

Auch beim Betrieb am Frequenzumrichter können solch hohe Frequenzen entstehen. Bei einer

Kabellänge von 10 Meter hat die entstehende Wanderwelle eine Frequenz von 2 MHz. Diese

Wanderwellen sind im Normalfall aber stark bedämpft und es kommt daher in der Praxis erst bei

höheren Frequenzen am Twist zum thermischen Durchschlag.

6.4 Zusammenfassung

Die Messungen an lackisolierten Twisten mit dem neuen TE-Messsystem zeigen, dass die Spitze-

Spitze-Spannung bei periodischen Spannungen die entscheidende Größe für den

Teilentladungseinsatz ist. Es wurde nämlich unabhängig von der Spannungsform die gleiche

Spitze-Spitze-Spannung für den Einsatz der Teilentladungen gemessen. Dieses Verhalten ist

durch einen Raumladungsaufbau in der Isolation zu erklären und erklärt auch, weshalb bei

steigender Zwischenkreisspannung die ersten Teilentladungen beim Phasenwechsel der

Grundwelle zünden. Bei sehr hohen Sinusfrequenzen, hier über 2 MHz, findet eine neue Qualität

der Degradation der Isolation, nämlich ein thermischer Durchschlag, statt, bei dem der

Isolationslack, unabhängig von irgendwelchen anorganischen Modifikationen, durch die

dielektrische Erwärmung und durch Teilentladungen so stark erhitzt wird, dass er quasi

verbrennt.

0,00

0,01

0,10

1,00

10,00

100,00

1.000,00

10.000,00

1.000 10.000 100.000 1.000.000 10.000.000

Frequenz [Hz]

Lebe

nsda

uer [

h]

Siliziummodifiziert-60µm

"ohne TE"

Standard-59µm

Page 96: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

6 Teilentladungsverhalten und Lebensdauer von Twisten 86

Beim Motor wird sich wahrscheinlich aufgrund des unterschiedlichen thermischen Verhaltens

eine andere Frequenz, oberhalb der die Lebensdauer stark absinkt, einstellen. Daher ist es

wichtig, Untersuchungen an kompletten Motoren in Bezug auf das Teilentladungs- und

Alterungsverhalten durchzuführen. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen werden im folgenden

Kapitel beschrieben.

Page 97: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

7 Teilentladungsverhalten und Lebensdauern von kompletten Motoren 87

7 Untersuchungen zum Teilentladungsverhalten bei

Motoren

Die bisherigen Untersuchungsergebnisse zur Lebensdauer an netz- und umrichterbetriebenen

2,2 kW Niederspannungs-Asynchronmotoren mit einer Nennspannung von 230 / 400 V zeigen,

dass sowohl bei Netz- als auch bei Umrichterbetrieb ausschließlich thermische Alterungsprozesse

auftreten [5], d. h., die wesentlich stärkere elektrische Belastung bei Umrichterbetrieb hat bei

diesen Motoren keinen Einfluss auf die Lebensdauer, da Messungen mit dem neuen TE-

Messsystem gezeigt haben, dass keine Teilentladungen bei dieser Betriebsweise festzustellen

waren. Diese Aussagen gelten jedoch nur für Motoren, die über einen an das 230 V- oder

400 V-Netz angeschlossenen Frequenzumrichter (maximale Zwischenkreisspannung 560 V)

gespeist werden.

Da in der dieser Arbeit das Teilentladungsverhalten im Mittelpunkt des Interesses steht, werden

in diesem Kapitel Untersuchungen sowohl an 400 / 690 V-Motoren mit Phasentrennern, die über

einen 690 V-Umrichter mit einer Zwischenkreisspannung von ca. 975 V gespeist werden, als

auch an 400 V-Motoren ohne Phasentrenner am Frequenzumrichter durchgeführt, um bei der

höheren Spannungsbelastung in den Bereich von Teilentladungen zu kommen. Während dieser

Untersuchungen wurden verschiedene dielektrische Diagnoseverfahren angewendet (siehe auch

Kapitel 2.2), um zu klären, ob bei diesen Motoren elektrische Alterungsprozesse auftreten und

eine Diagnose dieser Prozesse mit den verwendeten Verfahren möglich ist.

7.1 Untersuchungen an serienmäßigen Asynchronmotoren (690 V, 2,2 kW)

7.1.1 Versuchsaufbau und elektrische Belastung

Die Untersuchungen wurden an zwei serienmäßigen Niederspannungs-Asynchronmotoren

durchgeführt. Die thermische Belastung der Maschinen sollte möglichst gering, die elektrische

Belastung am 690 V-Umrichter dagegen so groß wie möglich sein.

Page 98: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

7 Teilentladungsverhalten und Lebensdauern von kompletten Motoren 88

Die Speisung der Maschinen erfolgte über einen Frequenzumrichter vom Typ Simovert

Masterdrive 6SE7026HF60. Das prinzipielle Schaltbild des Versuchsaufbaus ist in Bild 7.1

dargestellt.

Da während der Versuche ausschließlich

elektrische Alterungsprozesse untersucht werden

sollten, wurden die Motoren im Leerlauf

betrieben. Die Wicklungstemperatur betrug ca.

50 bis 60°C, so dass eine thermische Alterung

der Isolation nahezu ausgeschlossen werden

konnte. Zur Erzeugung einer hohen elektrischen

Belastung des Isoliersystems wurden die

Motoren über ein 50 m langes ungeschirmtes

Kabel an den Frequenzumrichter angeschlossen.

Die gemessene maximale Spannung an den

Motorklemmen betrug ca. 2000 V (ÛLL), die

Anstiegszeit der Spannungsimpulse ta ca. 350 ns

und die Spannungsänderungsgeschwindigkeit du/dt ca. 4500 V/µs.

Das Wicklungsschema der Motoren ist im folgenden Bild 7.2 dargestellt:

Wie aus dem Wickelschema in Bild 7.2 zu erkennen ist, besitzt der Motor 6 Spulen pro Strang.

Dabei ist die Wicklung mit einem geteilten Wickelkopf ausgeführt, so dass sich zwei

M3~

M3~

230V / 400V 50Hz

f2 = 40 HzfP = 7,5 kHz

ÛLL = 1950V

Transformator

3 x 690V

f1

f2

Elektrische und thermische Belastung der Motoren

ϑϑϑϑ = 50 .. 60°C

Anschlußkabel je 50 m

Bild 7.1: prinzipieller Versuchsaufbau

Bild 7.2: Wickelschema der 690 V-Motoren

V2 V1W2W1U2 U1

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 3620

Page 99: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

7 Teilentladungsverhalten und Lebensdauern von kompletten Motoren 89

Einzelspulen und zwei Spulengruppen, bestehend aus jeweils zwei Spulen, ergeben. Die Spulen,

die eine Spulengruppe bilden, sind nicht durch zusätzliche Flächenisolierstoffe gegeneinander

isoliert, so dass die Windungsisolation maximal durch die Spannung über der jeweiligen

Spulengruppe belastet werden kann. Dies ist der Fall, wenn sich Anfang und Ende der

Spulengruppe berühren.

Ausgehend von den Untersuchungen zur Spannungsverteilung über einen Wicklungsstrang

[5,15,17] am 400 V-Motor kann geschlussfolgert werden, dass bei den genannten Daten der

Impulsspannung über der 1. Spule eines jeden Stranges ca. 40 % und über der 2. Spule ca. 20%

der Motorklemmenspannung abfallen. Für die hier betrachteten 690 V-Motoren ist aus diesen

Untersuchungsergebnissen eine Abschätzung der Spannungsbelastung der Windungsisolation

möglich, da die Motoren über ein fast identisches Wickelschema verfügen (Anzahl der Spulen,

Spulengruppen ist gleich).

Da bei diesen Motoren und Sternschaltung der Ständerwicklung nicht eine Spulengruppe

(bestehend aus zwei Spulen) sondern eine Einzelspule eingespeist wird, ergibt sich eine maximal

mögliche elektrische Belastung der Windungsisolation von ca. 800 V (ÛLL). Bei Einspeisung der

Spulengruppe (Anschlüsse U2, V2, W2) würde eine wesentlich höhere elektrische Belastung der

Windungsisolation von ca. 1200 V (ÛLL) auftreten.

Bei diesen Motoren werden Standardlackdrähte mit einem Drahtdurchmesser von 0,67 mm und

einer Lackzunahme von 52 µm (entsprechend der oberen Grenze Grad 1 [43]) eingesetzt. Die

Teilentladungseinsetzspannung (TE-Einsetzspannung) dieser Drähte beträgt nach Kapitel 6.1

etwa 750 V (ÛLL), wenn sich zwei Drähte direkt berühren. Durch die Tränkung der Wicklung mit

industriellen Verfahren wird die TE-Einsetzspannung um ca. 300 bis 400 V erhöht. Anhand

dieser Werte wird bereits deutlich, dass bei Einspeisung einer Einzelspule (Belastung der

Windungsisolation mit maximal 800 V) nur im schlimmsten denkbaren Fall - wenn sich Anfang

und Ende der Spule berühren und gleichzeitig eine schlechte Tränkung mit Lufteinschlüssen an

der Berührungsstelle existiert - mit Teilentladungen in der Windungsisolation und damit mit

elektrischen Alterungsprozessen zu rechnen ist. Wesentlich gefährlicher ist dagegen der Betrieb

des Motors bei Speisung über die Spulengruppe (Einspeisung über U2, V2, W2), da die

Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Teilentladungen in der Windungsisolation erheblich

größer ist.

Page 100: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

7 Teilentladungsverhalten und Lebensdauern von kompletten Motoren 90

Da die Untersuchungen unter praxisnahen Bedingungen erfolgen sollten, wurden die Motoren

entsprechend der vorgeschriebenen Anschlussbelegung angeschlossen (U1, V1, W1,

Sternschaltung), so dass die Einspeisung über der Einzelspule erfolgte. Dadurch konnte der

Nachweis erfolgen, das die Motoren in dieser Betriebsweise - entsprechend der nachfolgenden

TE-Messung - frei von Teilentladungen sind.

Da keine Alterungsprozesse unter den beschriebenen Versuchsbedingungen nachgewiesen

werden konnten und auch mit dementsprechenden Alterungsprozessen nicht gerechnet werden

kann, wie die oben gemachten Ausführungen nahe legen und die Teilentladungsmessungen bei

Umrichterbetrieb (siehe Kapitel 7.1.2) bestätigen, wurden die Versuche nach 765 h abgebrochen.

Auch mit Hilfe der durchgeführten konventionellen Teilentladungsmessung bei Sinusanregung

während der Alterungsversuche war eine Veränderung bzw. Absenkung der TE-Einsetzspannung

der Phasen- und Hauptisolation und somit eine Bildung lokaler Fehlstellen im Isoliersystem nicht

nachweisbar. Elektrische Alterungsprozesse des Isoliersystems konnten somit auch durch diese

Messung nicht diagnostiziert werden. Die TE-Einsetzspannungen der Phasenisolation betrugen

bei beiden Maschinen ca. 1800 bis 2300 V, die der Hauptisolation ca. 1100 bis 1800 V. Eine

Ausnahme stellte die Phasenisolation zwischen Strang U und W eines Motors dar, die nur eine

TE-Einsetzspannung von 975 V aufwies. Diese niedrige TE-Einsetzspannung deutet auf einen

Fehler beim Einlegen der Phasentrenner hin, der sich jedoch auf die Lebensdauer des Motors am

Umrichter nicht ausgewirkt hat.

Die weiteren Untersuchungen zum Teilentladungsverhalten bei Umrichterbetrieb, die im

Anschluss an die Lebensdaueruntersuchungen durchgeführt wurden, werden im folgenden

Abschnitt dargestellt.

7.1.2 Teilentladungsmessung beim Umrichterbetrieb von Motoren

Die im folgenden beschriebenen Messungen werden an den bereits oben beschriebenen

Niederspannungs-Asynchronmotoren durchgeführt, die zuvor 765 h am 690 V-Umrichter

betrieben wurden (siehe Kapitel 7.1.1). Die Wicklungstemperatur betrug während des Betriebes

ca. 50 bis 70°C, so dass thermische Alterungsprozesse keine Rolle spielen. Eine elektrische

Alterung des Isoliersystems konnte bis zu dieser Betriebszeit auch mittels dielektrischer

Diagnoseverfahren nicht nachgewiesen werden.

Page 101: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

7 Teilentladungsverhalten und Lebensdauern von kompletten Motoren 91

Die TE-Einsetzspannungen der Motoren (gemessen bei Sinusspannung mittels des

konventionellen TE-Messsystems TEM 73 [98]) betrugen im Mittel (Tabelle 7.1):

U – V U – W V – W U - Gehäuse

V – Gehäuse

W - Gehäuse

Motor A 2320 2310 2230 1600 1680 1790

Motor B 1810 970 2200 1110 1680 1150

Tabelle 7.1: TE-Einsetzspannung, angegeben in ÛLL der Motoren bei 50 Hz Sinusanregung

Wie die Darstellungen zur elektrischen Belastung der Windungsisolation im Kapitel 7.1.1

ergeben haben, ist die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Teilentladungen in der

Windungsisolation bei Speisung der Maschine über die Spulengruppe (U2, V2, W2) wesentlich

größer als bei Speisung über die Einzelspule (U1, V1, W1).

Diese Betrachtungen werden auch durch die TE-Messungen mit dem neu entwickelten

Teilentladungsmessverfahren (siehe Kapitel 5), welches eine TE-Messung bei Umrichterbetrieb

ermöglicht, belegt. Die Ergebnisse der TE-Messung bei Speisung des Motors A über die

Einzelspule (Anschlüsse 1) sind in Bild 7.3 und die bei Speisung über die Spulengruppe

(Anschlüsse 2) in Bild 7.4 dargestellt. Der Motor wurde bei diesen Messungen jeweils im

Leerlauf betrieben, die Ständerwicklung war in Stern geschaltet. Die Speisung des Motors

erfolgte, wie oben beschrieben, mit dem 690 V-Umrichter.

Bild 7.3:

Teilentladungsmessung bei

Speisung von Motor A über

die Einzelspule (U1, V1,

W1)

Wie aus Bild 7.3 erkennbar ist, treten bei Speisung von Motor A über die Einzelspule (U1, V1,

W1) keine Teilentladungen auf. Erfolgt die Einspeisung jedoch über die Spulengruppe (U2, V2,

-1000

-500

0

500

1000

1500

2000

2500

0 2 4 6 8 10

t [µs]

Leite

r-Le

iter-

Span

nung

[V]

-10

-5

0

5

10

15

20

25

TE-S

igna

l

Leiter-Leiter-Spannung [V]Teilentladungen

Page 102: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

7 Teilentladungsverhalten und Lebensdauern von kompletten Motoren 92

W2), treten, wie Bild 7.4 zeigt, Teilentladungen im Spannungsmaximum der Impulsspannung

auf. Dabei wird es sich um Teilentladungen in der Windungsisolation des Motors handeln, da

sich hauptsächlich die elektrische Belastung dieser Isolation (s. o.), die der Phasen- oder

Hauptisolation jedoch nur gering gegenüber dem Fall der Einspeisung über U1, V1, W1 geändert

hat. Bekräftigt werden diese Ergebnisse durch folgende Alterungsuntersuchungen bei Speisung

der Maschine über die Spulengruppe (U2, V2, W2):

Bild 7.4:

Teilentladungsmessung bei

Speisung von Motor A über

die Spulengruppe (U2, V2,

W2)

7.1.3 Alterung des Motors A bei Speisung über eine Spulengruppe

Nach 765 Betriebsstunden bei Speisung über U1, V1, W1 wurde der Motor A über die

Spulengruppe (U2, V2, W2) gespeist und weiter am 690 V-Umrichter betrieben. Dadurch traten

Teilentladungen entsprechend Bild 7.4 auf. Der Ausfall der Maschine erfolgte nach einer

Betriebszeit von 2 h 36 min (Betriebsstunden insgesamt: 768 h 18 min) mit einem

Windungsschluss im Strang W, womit sich die Vermutung, dass die Teilentladungen in der

Windungsisolation aufgetreten sind, bestätigt hat. Der Windungsschluss erfolgte innerhalb der 1.

Spulengruppe, welche direkt an den Anschluss W2 angeschlossen ist.

7.1.4 TE-Messungen bei offenem Sternpunkt

Am Motor B wurden zusätzlich TE-Messungen (jeweils bei Frequenzumrichterspeisung) bei

offenem Sternpunkt durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen Bild 7.6 und Bild 7.7. Dabei ist zu

erkennen, dass bei offenem Sternpunkt Teilentladungen auftreten, egal ob die Maschine über die

Einzelspule oder die Spulengruppe gespeist wird. Bei Speisung der Maschine über die

-1000

-500

0

500

1000

1500

2000

2500

0 2 4 6 8 10

t [µs]

Leite

r-Le

iter-

Span

nung

[V]

-10

-5

0

5

10

15

20

25

TE-S

igna

l

Leiter-Leiter-Spannung [V]Teilentladungen

Page 103: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

7 Teilentladungsverhalten und Lebensdauern von kompletten Motoren 93

Einzelspule treten gegenüber der Speisung über die Spulengruppe pro Spannungsimpuls jedoch

wesentlich weniger TE-Ereignisse auf. Begründet ist dieses Verhalten darin, dass bei Speisung

über die Einzelspule ausschließlich TEs in der Phasenisolation und / oder Hauptisolation und bei

Speisung über die Spulengruppe TEs zusätzlich in der Windungsisolation auftreten. Der Grund

für das Auftreten von TEs in der Windungsisolation wurde bereits in Kapitel 7.1.1 beschrieben.

Bild 7.6:

Teilentladungsmessung bei

Speisung von Motor B über

die Einzelspule (U1, V1, W1)

und offenem Sternpunkt

Bild 7.7:

Teilentladungsmessung bei

Speisung der Motor B über

die Spulengruppe (U2, V2,

W2) und offenem Sternpunkt

TEs in der Phasenisolation und / oder Hauptisolation treten bei offenem Sternpunkt auf, da es an

den offenen Wicklungsenden zu einer Reflexion der einlaufenden Spannungswelle mit dem

Reflexionsfaktor r ≈ 1 kommt (siehe auch Kapitel 2.6). Der nicht verschaltete Sternpunkt wirkt

dabei wie eine leer laufende Leitung. Bei einer Klemmenspannung von 2000 V (ÛLL) an den

Anschlüssen 1 wurde bei diesen 690 V-Maschinen an den offenen Anschlüssen 2 eine Spannung

von 2400 V (ÛLL) gemessen. Beim Durchlaufen der Wicklung wird die Spannungswelle also

-1000

-500

0

500

1000

1500

2000

2500

0 2 4 6 8 10

t [µs]

Leite

r-Le

iter-

Span

nung

[V]

-10

-5

0

5

10

15

20

25

TE-S

igna

l

Leiter-Leiter-Spannung [V]Teilentladungen

-1000

-500

0

500

1000

1500

2000

2500

0 2 4 6 8 10

t [µs]

Leite

r-Le

iter-

Span

nung

[V]

-10

-5

0

5

10

15

20

25

TE-S

igna

l

Leiter-Leiter-Spannung [V]Teilentladungen

Page 104: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

7 Teilentladungsverhalten und Lebensdauern von kompletten Motoren 94

gedämpft, so dass sich an den Anschlüssen 2 nicht eine Spannung von 4000 V sondern von „nur“

2400 V (ÛLL) ergibt. Die Phasen- und Hauptisolation wird daher bei offenem Sternpunkt

wesentlich höher elektrisch belastet als bei verschaltetem Sternpunkt, so dass die

TE-Einsetzspannung der Phasen- und / oder Hauptisolation (siehe Tabelle 7.1) überschritten

wird. Bei anderen Motoren kann die Dämpfung der Spannungswelle beim Durchlaufen der

Wicklung so groß sein, dass am offenen Sternpunkt die Spannung kleiner als die

Klemmenspannung ist. Dies ist z. B. bei 2,2 kW-Maschinen vom Typ Siemens 1LA 5106-4AA02

der Fall, wie in [5] nachgewiesen wurde.

Diese Betriebsart mit offenem Sternpunkt entspricht zwar keinem praktischen Anwendungsfall,

er zeigt jedoch deutlich, dass mit dem entwickelten TE-Messverfahren bei Umrichterbetrieb

sowohl Teilentladungen in der Windungs- als auch Phasenisolation detektiert werden können und

auch eine Abschätzung hinsichtlich der TE-Quelle (Phasen- oder Windungsisolation) durch

vergleichende Messung möglich ist. Eine Detektion von TEs in der Hauptisolation ist ebenfalls

möglich. Diese Untersuchungsergebnisse müssen jedoch durch Messungen an Motoren mit

unterschiedlichen Wicklungsausführungen noch bezüglich ihrer Allgemeingültigkeit bestätigt

werden.

Zur Bestimmung der TE-Einsetzspannung bei Umrichterbetrieb wurde die Speisespannung des

Umrichters und damit die Zwischenkreisspannung variiert. Folgende TE-Einsetzspannungen

wurden ermittelt:

• Anschluss Einzelspule (U1, V1, W1), Sternpunkt nicht verschaltet: TEs bei ÛLL = 1800 V

• Anschluss Spulengruppe (U2, V2, W2), Sternpunkt nicht verschaltet: TEs bei ÛLL = 1280 V

• Anschluss Spulengruppe (U2, V2, W2), Sternpunkt verschaltet: TEs bei ÛLL = 1440 V

Zur Bestätigung der beschriebenen Ergebnisse wurden die folgenden

Lebensdaueruntersuchungen durchgeführt.

7.1.5 Alterung von Motor B bei Einspeisung über die Einzelspule bei offenem

Sternpunkt

Bis zur Betriebszeit von 768 h 18 min wurde Motor B normal am 690 V-Umrichter betrieben

(Anschluss über die Einzelspule, Sternpunkt verschaltet). Danach wurde der Motor mit offenem

Sternpunkt betrieben. Nach 50 min erfolgte der Ausfall der Maschine mit einem Phasenschluss

Page 105: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

7 Teilentladungsverhalten und Lebensdauern von kompletten Motoren 95

zwischen den Strängen U und W. Die Phasenisolation zwischen U und W hatte auch die

geringste TE-Einsetzspannung (s. Tabelle 7.1 oben). Damit haben sich die Ergebnisse zur

TE-Messung bei offenem Sternpunkt hinsichtlich dem Auftreten von Teilentladungen und auch

der TE-Quelle (Phasenisolation) bestätigt.

7.1.6 Zusammenfassung

Die Messungen haben gezeigt, dass mit dem entwickelten TE-Messverfahren Teilentladungen bei

Umrichterbetrieb an kompletten Motoren nachgewiesen werden können und unter günstigen

Umständen eine Bestimmung der TE-Quelle möglich ist.

Außerdem wurde gezeigt, dass, wenn Teilentladungen im Betrieb der Maschine auftreten, die

Wicklungslebensdauer erheblich verkürzt wird und der Motor innerhalb weniger Stunden

ausfällt, wie in Bild 7.8 gezeigt wird.

Bild 7.8:

Betriebszeiten mit und

ohne Teilentladungen im

Versuch

Dabei ist zu beachten, dass das Teilentladungsverhalten der Motorenwicklung sehr stark vom

konstruktiven Aufbau der Wicklung abhängig ist. Der Wicklungsaufbau sollte daher möglichst so

gestaltet sein, dass eine minimale elektrische Belastung der Windungsisolation auftritt.

Die Untersuchungen zeigen aber auch, dass eine betriebssichere Konstruktion von Wicklungen

ohne besonders kostenintensive Maßnahmen, wie zum Beispiel teilentladungsbeständige

Lackdrähte, Lackdrähte mit hoher Lackzunahme (z.B. Grad 3) oder den Einsatz von Formspulen,

für den Betrieb von Niederspannungs-Asynchronmotoren am 690 V-Umrichter möglich ist.

Weiterhin sollte man geteilte Wickelköpfen verwenden und Spulengruppen im Eingang der

Ständerstränge vermeiden.

0 200 400 600 800

Betriebszeit [h]

Motor A

Motor B

ohne Teilentladungen

mit Teilentladungen Ausfall

Page 106: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

7 Teilentladungsverhalten und Lebensdauern von kompletten Motoren 96

7.2 Teilentladungsuntersuchungen an verbesserten 690 V-Asynchronmotoren im Neuzustand

Aufgrund der in Kapitel 7.1 gemachten Erfahrungen bezüglich des Teilentladungsverhaltens der

Niederspannungsasynchronmaschinen wurde deren Isolationssystem vom Hersteller verstärkt,

um bei allen möglichen Betriebsarten TE-Freiheit zu gewährleisten. Hauptmerkmal der

Verstärkung ist die Verwendung einer größeren Schichtdicke der Drahtlackisolation (von Grad 1

auf Grad 2), eine Verstärkung der Nutauskleidung sowie der Einsatz verschiedener Varianten des

Isolationsmaterials für die Nutauskleidung.

7.2.1 Spezifikation der Prüfkörper Die Messungen wurden an verschiedenen Niederspannungs-Asynchronmaschinen und

Ständerpaketen mit einer Nennspannung von 690/400 V (Stern/Dreieck) durchgeführt. Es wurden

vier verschiedene bewickelte Ständerpakete (5,5 bis 15 kW), vier 2,2kW-Maschinen sowie vier

7,5kW-Maschinen untersucht, wobei jeweils 2 Maschinen die gleiche Isolationsausführung

aufweisen.

Die Ständerpakete hatten folgenden Isolationsaufbau:

Nutkasten, Deckschieber und Phasenisolierung: Dicke 0,3 mm aus Dreischichtisolierstoff

Wickeldraht nach DIN EN 60317-13, Klasse 200. Lackisoliert nach Grad 1 und Bandierung

mit Glimmerband mit einer Isolationszunahme von 0,265 mm

Imprägnierung: zwei Imprägnierungen mit Polyesterimid

Nutkastenausladung: 6 mm

Die vier 2,2 kW-Motoren hatten folgenden Isolationsaufbau:

Nutkasten: Dicke 0,3 mm, Dreischichtisolierstoff mit Variation von Polyestervlies-

Polyesterfolie-Polyesterflies und Aramidpapier-Polyesterfolie-Aramidpapier

Phasenisolierung: Dicke 0,68 mm, bestehend aus Dreischichtisolierstoff aus Polyestervlies-

Polyesterfolie-Polyesterflies mit einer Dicke von 0,34 mm

Imprägnierung: zwei Imprägnierungen mit Polyesterimid

Page 107: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

7 Teilentladungsverhalten und Lebensdauern von kompletten Motoren 97

Deckschieber: Zweischichtisolierstoff aus Polyesterfolie-Vulkanfieber

Wickeldraht: d = 0,67 mm, Klasse 200, lackisoliert nach Grad 2, Zweischichtlack aus

THEIC-Esterimid und Amid-Imid-Polymer

Nutkastenausladung: 6 mm

Die vier 7,5 kW-Motoren hatten den gleichen Isolationsaufbau wie die 2,2 kW-Motoren mit einer

Änderung bezüglich des Wickeldrahtes:

Wickeldraht: 2 parallele Wickeldrähte mit d = 0,85 mm, Klasse 200, lackisoliert nach Grad 2,

Zweischichtlack aus THEIC-Esterimid und Amid-Imid-Polymer

7.2.2 Versuchsaufbau und Durchführung Der Versuchsaufbau ist der gleiche wie in Kapitel 7.1.1 beschrieben, bestehend aus 690 V-

Frequenzumrichter mit 50 m Anschlußkabel zu den Prüflingen, die im Leerlauf betrieben

wurden, um sie nur elektrisch und nicht thermisch zu belasten. Um eine erste Information über

die Güte der einzelnen Isolationssysteme zu erhalten und um grobe Produktionsfehler

auszuschließen, wurden vor der Belastung durch den Frequenzumrichter die

TE-Einsetzspannungen (Tabelle 7.2) der Motoren bei Sinusspannung (gemessen mittels TE-

Messsystem TEM 73 [98]) bestimmt:

Prüfling U - V U – W V - W U - Gehäuse V - Gehäuse W - Gehäuse Ständer 1 2280 2440 2480 - - - Ständer 2 2280 2440 2560 - - - Ständer 3 2320 2320 2480 - - - Ständer 4 2160 2160 2080 - - - 7.5 kW 1 2240 3280 1920 1800 1800 1760 7.5 kW 2 2280 2200 1800 1800 1840 1760 7.5 kW 3 2240 3240 1800 1640 1800 1680 7.5 kW 4 1960 3200 1960 1680 1760 1760 2.2 kW 1 2440 2400 2360 1720 1960 1840 2.2 kW 2 2880 3400 3440 1760 1960 1720 2.2 kW 3 2360 3360 3080 1900 1840 1960 2.2 kW 4 2080 3160 2560 1800 1760 1880

Tabelle 7.2: TE-Einsetzspannungen bei Sinusanregung (ÛLL) der Prüfkörper

Anschließend wurden die Teilentladungshäufigkeiten beim Betrieb der Motoren / Ständerpakete

am 690 V-Frequenzumrichter gemessen. Dabei wurden sie diesmal nur, entsprechend der für das

Page 108: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

7 Teilentladungsverhalten und Lebensdauern von kompletten Motoren 98

Isolationssystem günstigeren Einspeiseseite, über die Einzelspule und nicht über die Doppelspule

eingespeist.

7.2.3 Ergebnisse der Teilentladungsmessungen am Frequenzumrichter Die Ständer 1 bis 4 zeigen bei Betrieb am Frequenzumrichter keine Teilentladungen. Der mit

Glimmerband verstärkte Wickeldraht ist also den elektrischen Anforderungen des 690 V-

Umrichters mit 50 m Kabel im Neuzustand gewachsen. Sie haben allerdings den Nachteil, das

aufgrund der sehr hohen Isolationszunahme nur ein relativ kleiner Füllfaktor und damit geringer

Wirkungsgrad erreichbar ist. Um die gleiche mechanische Leistung zu erreichen wie mit Motoren

gleicher Achshöhe, müsste das Ständerpaket eine größere Länge aufweisen.

Bei den Motoren sind die Ergebnisse nicht so einheitlich. Die 2,2 kW-Maschinen wiesen nur

noch vereinzelte Teilentladungen während der Messung auf, die auf die Lebensdauer vermutlich

keinen Einfluss haben werden. Somit ist das Isolationssystem in dieser Ausführung ( Wickeldraht

Grad 2 anstatt Grad 1) zumindest bei niedrigen Betriebstemperaturen ausreichend fest, so dass

die Motoren voraussichtlich nur thermisch altern werden. Die 7,5 kW-Maschinen zeigten alle zu

Beginn eine deutliche TE-Häufigkeit (Bild 7.9). Diese reduzierte sich aber innerhalb des

halbstündigen Messzeitraumes bei dem Motoren 1 und 4 auf nahezu Null (Tabelle 7.3). Bei den

Motoren 2 und 3 tritt auch am Ende der Messungen noch eine gewisse Teilentladungshäufigkeit

auf. Die Teilentladungen zünden hauptsächlich beim Phasenwechsel der Grundwelle zwischen

den Strängen V und W. Das korreliert sehr gut mit den Teilentladungsmessungen bei

Sinusanregung (siehe Tabelle 7.2), bei denen die schlechteste Phasenisolation bei den 7.5 kW

Motoren 2 und 3 zwischen den Strängen V und W festgestellt wurde.

TE-Impulse pro Sekunde zu verschiedenen Versuchszeitpunkten Prüfling 3 min 12 min 30 min

Ständer 1 0 0 - Ständer 2 0 0 - Ständer 3 0 0 - Ständer 4 0 0 - 7.5 kW 1 108 0 0 7.5 kW 2 3556 722 190 7.5 kW 3 2136 222 96 7.5 kW 4 644 51 0.5 2.2 kW 1 6 0 0 2.2 kW 2 17 6 0 2.2 kW 3 31 0 0 2.2 kW 4 1 0 0

Tabelle 7.3: Teilentladungsverhalten der Prüflinge über der Betriebszeit am Umrichter

Page 109: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

7 Teilentladungsverhalten und Lebensdauern von kompletten Motoren 99

Es sollte durch weitere Untersuchungen geklärt werden, inwieweit die weiterhin bestehenden

Teilentladungen der 7.5 kW Motoren 2 und 3 sich auf die Lebensdauer beim Betrieb am 690 V-

Umrichter auswirken. Vermutlich finden die Teilentladungen über der Phasenisolation statt und

die Lebensdauer der Maschinen wird dadurch relativ wenig beeinflusst. Die Messungen zeigen

deutlich, dass die elektrische Belastung im Grenzbereich des Isoliersystems liegt. Durch sich

aufbauende Raumladungen steigt die Teilentladungseinsetzspannung innerhalb von ein paar

Minuten reversibel an [2] und somit reduziert sich die Teilentladungshäufigkeit über der

Versuchszeit.

Bild 7.9:

Teilentladungshäufigkeit

der 7.5 kW Motoren

während des Betriebes am

690V Frequenzumrichter

Es bleibt anzumerken, dass die Prüflinge während der Untersuchung maximal 50 °C warm

wurden und es aufgrund des Absinkens der Teilentladungseinsetzspannung mit Erhöhung der

Temperatur für die Abschätzung der Gefährdung der Isolation durch Teilentladungen wichtig

wäre, in Zukunft solche Messungen auch bei Temperaturen entsprechend der jeweiligen

Wärmeklasse durchzuführen.

0

500

1000

1500

2000

2500

3000

3500

4000

0 5 10 15 20 25 30Zeit [min]

Teile

ntla

dung

shäu

figke

it [H

its/s

]

7.5 kW 17.5 kW 27.5 kW 37.5 kW 4

Page 110: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

7 Teilentladungsverhalten und Lebensdauern von kompletten Motoren 100

7.3 Variation der Nutauskleidung

Da es im praktischen Betrieb vereinzelt zum Ausfall von Motoren durch Isolationsfehler in der

Hauptisolation kam, wurde für die nachfolgende Untersuchung eine Variation der Dicke der

Hauptisolations durchgeführt.

7.3.1 Prüfkörper Als Prüflinge standen fünf Statorpakete zur Verfügung, wobei:

3 Wicklungen mit einer standardmäßigen Nutkasten-Materialauskleidung bestehend aus

Polyestervlies-Polyesterfolie-Polyesterflies 0,30 dick (Folie 180 µ) ausgestattet sind und die

Blechpakete mit 3, 4 bzw. 5 bezeichnet sind (Nr. 5 wurde als Motor gebaut).

2 Wicklungen mit einer gegenüber der Serie verstärkten Nutkasten-Materialauskleidung

bestehend aus Polyestervlies-Polyesterfolie-Polyesterflies 0,35 dick (Folie 250 µ) ausgestattet

sind, diese Blechpakete sind mit 1 bzw. 2 bezeichnet.

7.3.2 Versuchsaufbau und Durchführung Der Versuchsaufbau ist der gleiche wie in Kapitel 7.1.1 beschrieben, bestehend aus 690 V

Frequenzumrichter mit 50 m Anschlusskabel zu den Prüflingen. Da alle Prüflinge bis auf die Nr.

5 (kompletter Motor) als Ständerpakete ohne Läufer vorlagen, konnten an ihnen nur Messungen

mit offenem Sternpunkt durchgeführt werden. Am Prüfling Nr. 5, der als einziger als kompletter

Motor aufgebaut ist, wurden sowohl Messungen mit offenem, als auch mit geschlossenem

Sternpunkt durchgeführt, um eine Vergleichbarkeit mit den Untersuchungen in den

vorangegangenen Kapiteln zu gewährleisten.

7.3.3 Ergebnisse der Variation der Nutauskleidung Bei den Messungen zeigt sich, dass der Motor 5 bei Raumtemperatur und nicht angeschlossener

Erdleitung teilentladungsfrei ist, egal ob der Motor über U1, V1, W1 oder über U2, V2, W2

gespeist wird, oder der Sternpunkt offen oder geschlossen ist. Nach Anschluss der Erdleitung am

Gehäuse zeigt sich bei geschlossenem Sternpunkt unabhängig von der Einspeiserichtung ein

deutlicher Teilentladungspegel. Dies lässt darauf schließen, dass die standardmäßige

Nutauskleidung dem Betrieb am 690 V-Umrichter nicht auf Dauer gewachsen ist. Die Messungen

Page 111: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

7 Teilentladungsverhalten und Lebensdauern von kompletten Motoren 101

am Ständer Nr. 1 mit der verstärkten Nutauskleidung bei 155 °C im Umluftofen zeigen, dass die

Teilentladungen jetzt hauptsächlich zwischen den Phasen V und W zünden, diese hatte aber auch

schon bei den Messungen in Kapitel 7.2 die geringste Teilentladungseinsetzspannung über den

Phasen. Es scheint sich deshalb um eine montagebedingte Schwachstelle im Isolationsaufbau zu

handeln. Wenn man die Ständerpakete mit der unterschiedlich dicken Nutkastenauskleidung

direkt miteinander vergleicht (Speisung über U1, V1, W1, offener Sternpunkt, angeschlossene

Erde bei Raumtemperatur), so erhält man bei der dünneren Nutisolationsstärke eine um den

Faktor 60 höhere Teilentladungshäufigkeit. Deshalb ist die zu erwartende Lebensdauer der

verstärkten Nutisolation gegenüber der Standardisolation deutlich höher und es lohnt sich, um

einen sicheren Betrieb zu garantieren, das beschriebene verstärkte Isolationssystem einzusetzen.

7.4 Zusammenfassung

Die Messungen haben gezeigt, dass mit dem entwickelten TE-Messverfahren Teilentladungen bei

Umrichterbetrieb an kompletten Motoren nachgewiesen werden können und unter günstigen

Umständen eine Bestimmung der TE-Quelle möglich ist.

Außerdem wurde gezeigt, dass, wenn Teilentladungen im Betrieb der Maschine auftreten, die

Wicklungslebensdauer erheblich verkürzt wird und der Motor innerhalb weniger Stunden

ausfällt. Dabei ist zu beachten, dass das Teilentladungsverhalten der Motorenwicklung sehr stark

vom konstruktiven Aufbau der Wicklung abhängig ist. Der Wicklungsaufbau sollte daher

möglichst so gestaltet sein, dass eine minimale elektrische Belastung der Windungsisolation

auftritt.

Die Untersuchungen zeigen aber auch, dass eine betriebssichere Konstruktion von Wicklungen

ohne besonders kostenintensive Maßnahmen, wie zum Beispiel Teilentladungsbeständige

Lackdrähte, Lackdrähte mit hoher Lackzunahme (z.B. Grad 3) oder den Einsatz von Formspulen,

für den Betrieb von Niederspannungs-Asynchronmotoren am 690 V-Umrichter möglich ist.

Weiterhin sollte man geteilte Wickelköpfen verwenden und Spulengruppen im Eingang der

Ständerstränge vermeiden.

Page 112: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

8 Lebensdauerverhalten von Motoren ohne Phasentrenner 102

8 Untersuchungen zum Lebensdauerverhalten von

Asynchronmaschinen ohne Phasentrenner

Das Alterungsverhalten von Niederspannungs-Asynchronmaschinen beim Betrieb am

Frequenzumrichter wird im folgenden exemplarisch an sechs Maschinen gleicher Bauart, aber

mit unterschiedlicher Isolationsausführung unter Verwendung der Teilentladungsmesstechnik

und anhand von verschiedenen dielektrischen Untersuchungsmethoden analysiert.

Die sechs Motoren stellen dabei die möglichen Kombinationen (Tabelle 8.1) zwischen

siliziummodifizierten Lackdraht [10] und Standardlackdraht, also einem herkömmlichen

PAI/PEI Zweischichtlackdraht, und den Tränkausführungen wie Strom-UV-Tränkung [51],

Tauchtränkung und ohne jegliche Tränkung dar. Bei allen Maschinen wurde zudem bewusst

auf den Einsatz von Phasentrennern verzichtet, da ein möglicher Verzicht auf die bislang

manuell einzulegenden Phasentrenner ein erhebliches Sparpotenzial bei den

Herstellungskosten von Niederspannungs-Asynchronmaschinen bedeuten würde.

Motor-Nummer Lackdraht Tränkung

20 Standard Strom-UV-Tränkung

21 Standard Tauchtränkung

22 siliziummodifiziert Strom-UV-Tränkung

23 siliziummodifiziert Tauchtränkung

24 Standard ohne

25 siliziummodifziert ohne

Tabelle 8.1: Variation des Isolationssystems der Prüfkörper

Vor der ersten Messung wurden die Motoren 10 Tage in Klimaboxen bei 28°C und mit

Silicagel getrockneter Atmosphäre gelagert. Für jede nachfolgende Messung des

Isolationswiderstandes, der Rückkehrspannung sowie der LCR-Analyse wurden die Motoren

nach dem Betrieb am Frequenzumrichter mindestens wieder für drei Tage bei den oben

angegebenen Bedingungen in den Klimaboxen gelagert, um die Einflüsse von

Probenfeuchtigkeit und Probentemperatur auf die Messwerte zu minimieren [5].

Page 113: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

8 Lebensdauerverhalten von Motoren ohne Phasentrenner 103

8.1 Versuchsbedingungen und Durchführung

Die Motoren wurden am Frequenzumrichter mit einer Kabellänge von 25 m betrieben.

Dadurch wurde die Klemmenspannung durch Reflexion am Motor etwa verdoppelt [12-15]

und da die Frequenzumrichter mit einer um 10 % erhöhten Netzspannung (440 V) betrieben

wurden, ergab sich eine Klemmenspannung an den Motorklemmen von maximal 2400 Vpp.

Die Temperatur in den Wickelköpfen wurde auf näherungsweise 155°C eingestellt [107,108]

(nachgeprüft durch einen Sensor). Um das bei dem aus Gründen der Vereinfachung des

Versuchsaufbaus lastlosen Betrieb zu erreichen, wurden die Maschinen in einer besonders

konstruierten Box, die die Luftzirkulation in gewisser Weise behinderte, betrieben. Der

Frequenzumrichter arbeitete in diesem Regime mit seiner maximalen Pulsfrequenz von

16 kHz bei einer die Drehfelddrehzahl bestimmenden Grundfrequenz von 124 Hz. Die sich

dabei einstellende Gehäusetemperatur von 130 °C wurde ebenfalls mit einem Sensor

nachgeprüft.

Insgesamt wurden acht verschiedene Temperaturen und zwar vier Mal die

Gehäusetemperatur, zwei Mal die Wicklungstemperatur, die Umgebungstemperatur sowie die

Temperatur im Versuchsstand mit einem Computer im Minutentakt aufgezeichnet. Diese

Daten wurden über ein selbst geschriebenes Programm so weiterverarbeitet, dass sie

fernabfragbar waren, damit der Versuchsstand auch von Stellen außerhalb der Universität

kontrolliert werden konnte. Zusammen mit der selbstprogrammierten, vollautomatischen

Datenerfassung, bei der nicht nur das Osszilloskop, sondern auch die vier Frequenzumrichter

durch den gleichen Computer gesteuert wurden, war es möglich, einen sicheren Tag- und

Nachtbetrieb zu gewährleisten.

Unmittelbar vor jeder Inbetriebnahme wurden die Teilentladungseinsetzspannungen der sechs

Motoren bei Sinusanregung und offenem Sternpunkt bestimmt, wobei sich folgende

Mittelwerte aus je drei Messungen im Neuzustand der Motoren ergaben (Tabelle 8.2):

Motor-Nr. U - V U - W V - W U-Gehäuse V-Gehäuse W-Gehäuse

20 2418 V 2425 V 2478 V 2705 V 2785 V 2705 V

21 2200 V 2100 V 2074 V 2480 V 2218 V 2269 V

22 2550 V 2900 V 2450 V 2400 V 2400 V 2300 V

23 2050 V 2125 V 2000 V 2150 V 2150 V 2150 V

24 1824 V 1836 V 1786 V 1984 V 1992 V 1958 V

25 1706 V 1722 V 1684 V 1908 V 1925 V 1926 V

Tabelle 8.2: Mittelwerte der TE-Einsetzspannung (Uipp) bei Sinusanregung im Neuzustand

Page 114: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

8 Lebensdauerverhalten von Motoren ohne Phasentrenner 104

Es ist ein deutlicher Anstieg der Teilentladungseinsetzspannung der getränkten Motoren im

Vergleich zu den ungetränkten Motoren zu verzeichnen. Das Strom-UV-Tränkverfahren,

welches sich durch eine sehr hohe Harzaufnahme auszeichnet, zeigt dabei die besten

technischen Werte. Im Betrieb verändert sich die Teilentladungseinsatzspannung jedoch

durch Erwärmung, bei ungetränkten Twisten sinkt sie zum Beispiel bei einer

Temperaturerhöhung von Raumtemperatur auf 155 °C von 1800 Vpp auf 1600 Vpp ab (siehe

Abschnitt 6.1.3). Deshalb ist davon auszugehen, dass bei den Motoren ohne Tränkung mit

Sicherheit starke Teilentladungen im Betrieb am Frequenzumrichter auftreten werden. Bei

den Motoren mit Tränkung können Teilentladungen auftreten, je nach Lage der Fehlstelle, der

unterschiedlichen Wärmeausdehnung der Materialien und der Spannungsverteilung innerhalb

der Maschinen. Während der Belastung durch den Frequenzumrichter kann es aber sein, dass

die TE-Häufigkeit in Abhängigkeit vom Betriebszustand sehr stark variiert [109]. Deshalb

wurden während des Betriebes der Motoren am Frequenzumrichter auch die Teilentladungs-

häufigkeiten registriert und zwar gemittelt über jeweils 5 Sekunden im 30-Sekunden-Takt.

8.2 Entwicklung der dielektrischen Werte über der Betriebszeit der

Motoren

Um das Alterungsverhalten durch den Betrieb am Frequenzumrichter zu identifizieren,

werden in den Betriebspausen unterschiedliche dielektrische Messungen durchgeführt, dabei

wird jeweils bei allen Kombinationen zwischen den Phasen und jede Phase einzeln, sowie alle

Phasen gemeinsam gegen das Maschinengehäuse gemessen. Auf diese Art und Weise soll

herausgefunden werden, ob durch die einzelnen Messverfahren auch eine Verfolgung der

elektrischen Alterung möglich ist.

8.2.1 Entwicklung des tan δδδδ und dessen Aufteilung in Cp und Rp

Der tan δ wurde mit dem LCR-Meter HP4284A [97]und den Motoren in den Klimaboxen bei

28°C und getrockneter Luft mit 1 V Prüfspannung im Frequenzbereich von 100 Hz bis 1 MHz

bestimmt. Nachfolgend ist die Entwicklung des tan δ bei der üblichen Frequenz von 1 kHz,

die sich auch bei den Motoren durch den unten aufgeführten Frequenzscan (Bild 8.1) als

sinnvoll erwiesen hat, über der Betriebszeit dargestellt (Bild 8.2 und Bild 8.3).

Page 115: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

8 Lebensdauerverhalten von Motoren ohne Phasentrenner 105

Bild 8.1:

Entwicklung der

Frequenzabhängigkeit

von tan δ bei Motor 20

zwischen den Phasen U

und V bei offenem

Sternpunkt

In Bild 8.1 erkennt man deutlich am Verlauf des tan δ über der Frequenz, dass sich in den

Motoren aufgrund der induktiven und kapazitiven Kopplungen Resonanzen ausbilden, bei

denen die Absorption am stärksten ist. Die Resonanzfrequenz der Motoren wäre etwa bei

einem 100 m langen Kabel erreicht. Bei einer solchen Kabellänge sind die dielektrischen

Verluste zwar besonders hoch, aber die Windungsspannung ist aufgrund der vergrößerten

Anstiegszeit vermindert. Deshalb wurde eine Kabellänge von 25 m verwendet, damit es zu

einer möglichst hohen elektrischen Belastung aufgrund der Spannungsverdopplung an den

Motorklemmen und der kapazitiven Sofortverteilung innerhalb der Wicklung kommt [15].

Betrachtet man bei der oben erwähnten Belastungsweise die Entwicklung des tan δ [111] bei

1 kHz über der Betriebszeit der Motoren(Bild 8.2 und Bild 8.3),

Bild 8.2:

Entwicklung des tan δ von

Motor 20 über der

Betriebszeit (1 kHz)

so ist bei dem Strom-UV getränkten Motor 20 mit Standarddrahtlack ein Anstieg des tan δ

nach ungefähr 70% der Lebensdauer zu verzeichnen. Da alle sieben Messkombinationen an

den Motoren nur sehr geringe Differenzen zeigen, werden im folgenden Bild 8.3 alle sechs

Motoren anhand der Messung zwischen den Phasen U und V gegenübergestellt.

1.E-04

1.E-03

1.E-02

1.E-01

1.E+00

1.E+01

1.E+02

1.E+03

100 1,000 10,000 100,000 1,000,000

Messfrequenz [Hz]

tan

δδ δδ

0 h

250 h

1000 h

2500 h

0,0E+002,0E-034,0E-036,0E-038,0E-031,0E-021,2E-021,4E-021,6E-021,8E-022,0E-02

0 500 1000 1500 2000 2500 3000

Zeit [h]

tan

δδ δδ

uv uwvw ueve w euvw -e

Page 116: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

8 Lebensdauerverhalten von Motoren ohne Phasentrenner 106

Bild 8.3:

Entwicklung des tan δ

zwischen U und V der

Motoren über der

Betriebszeit (1 kHz)

Beim tauchgetränkten Motor 21 mit Standarddrahtlack ist hingegen bis zur letzten Messung

vor dem Isolationsversagen kein Anstieg des tan δ zu verzeichnen. Allerdings beträgt die

Lebensdauer des tauchgetränkten Motors auch nur ungefähr ¼ der Lebensdauer der mit

Strom-UV getränkten Variante (Motor 20). Bei den ungetränkten Motoren verringert sich der

tan δ über der Betriebszeit unabhängig davon, ob Standardlackdraht oder mit Silizium

ausgerüsteter Lackdraht Verwendung findet. Beachtenswert ist jedoch der sehr große

Lebensdauerunterschied von 34,4 h für den mit Standardlackdraht gewickelten Motor 24 im

Vergleich zu 892 h für mit siliziummodifizierten Lackdraht hergestellten Motor 25, die beide

ohne Phasentrenner und ohne Tränkung gebaut wurden.

Bei den getränkten Motoren, die mit siliziummodifiziertem Lackdraht ausgestattet sind, ist der

tan δ nicht nur im Vergleich zu den anderen Motoren höher, sondern steigt mit der

Betriebszeit an.

Um jedoch eine differenzierte Aussage treffen zu können, ist es sinnvoll, den tanδ in die

Komponenten von Cp und Rp aufzutrennen (siehe auch Kapitel 2.2.2, Gleichung 2.4).

Nachfolgend sind daher die Entwicklungen von Cp (Bild 8.4 und Bild 8.5) und Rp (Bild 8.6

und Bild 8.7) über der Betriebszeit der einzelnen Motoren dargestellt.

Bild 8.4:

Cp von Motor 20 über

der Betriebszeit (1 kHz)

0,E+00

1,E-03

2,E-03

3,E-03

4,E-03

5,E-03

6,E-03

0 500 1000 1500 2000 2500 3000

Zeit [h]

Cp

[µF] uv uw vw

ue ve w euvw -e

0,0E+00

2,0E-03

4,0E-03

6,0E-03

8,0E-03

1,0E-02

1,2E-02

1,4E-02

1 10 100 1000 10000

Zeit [h]

tan δδ δδ

Motor 20 Motor 21 Motor 22Motor 23 Motor 24 Motor 25

Page 117: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

8 Lebensdauerverhalten von Motoren ohne Phasentrenner 107

Bild 8.5:

Entwicklung des Cp

zwischen U und V der

Motoren über der

Betriebszeit (1 kHz)

Da Cp über der Betriebszeit bei allen Motoren konstant bleibt, solange die Motoren elektrisch

funktionsfähig sind, ist davon auszugehen, dass die Geometrie des Isolationssystemes sich

nicht durch den Betrieb am Frequenzumrichter ändert. Es findet also beispielsweise kein

Schrumpfen der Drachtlackschichten oder ein Einschneiden von sich berührenden Teilen statt.

Nur nach dem elektrischen Ausfall ändert sich Cp merklich, da es dabei teilweise zu einer

Verbrennung der Isolationsschicht und zur Verschmelzung von Leiterbahnen kommt. Das

bedeutet aber, dass aus Cp keine Information bezüglich des Alterungszustandes der Isolation

gewonnen werden kann, die Voraussage eines Ausfalls also über Cp nicht möglich ist.

Cp wird sehr stark vom εr der verwendeten Tränkmittel beeinflusst, was sich in gleichen

Werten für die einzelnen Tränkmittel unabhängig vom verwendeten Lackdraht zeigt.

Da Cp über der Lebensdauer konstant bleibt, müssen die oben teilweise festgestellten

Veränderungen des tan δ durch Veränderungen von Rp (Bild 8.6 und Bild 8.7) begründet sein.

Bild 8.6:

Rp von Motor 20 über

der Betriebszeit (1 kHz)

05000

100001500020000250003000035000400004500050000

0 500 1000 1500 2000 2500 3000

Zeit [h]

Rp

[kO

hm]

uv uwvw ueve w euvw -e

0,0E+00

2,0E-04

4,0E-04

6,0E-04

8,0E-04

1,0E-03

1,2E-03

1,4E-03

1 10 100 1000 10000

Zeit [h]

Cp

[µF]

Motor 20 Motor 21

Motor 22 Motor 23

Motor 24 Motor 25

Page 118: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

8 Lebensdauerverhalten von Motoren ohne Phasentrenner 108

Bild 8.7:

Entwicklung des Rp

zwischen U und V der

Motoren über der

Betriebszeit (1 kHz)

Bei den getränkten Standardlackdraht-Motoren steigt Rp bis zu 2/3 der Lebensdauer an, es

findet also am Anfang noch eine Konditionierung der Isolation statt, die im Beispiel des

Motors 20 erst nach etwa 2000 h in eine Degradation wechselt.

Die getränkten und mit siliziummodifizierten Lackdraht ausgestatteten Motoren zeigen ein

deutlich niedrigeres Rp als die Standard-Motoren. Dies hängt wahrscheinlich mit der

chemischen Zusammensetzung und der Einbindung der teilentladungsbeständigen Partikel in

der Lackschicht zusammen.

Anhand der Bilder 8.2 – 8.7 erkennt man eindeutig, dass der tan δ hauptsächlich von Rp

bestimmt wird. Mit Ausnahme der getränkten siliziummodifizierten-Motoren steigt Rp bis

etwa 70 % der Lebensdauer der Motoren an, um danach allmählich abzufallen. Der Gleichlauf

der Messwerte zwischen den einzelnen Kombinationen der Phasen miteinander und der

Kombinationen der Phasen bezüglich des Gehäuses zeigt auch, das mit dem LCR-Meter keine

sichere Früherkennung, welche Phase durch Teilentladungen als nächstes ausfällt, möglich ist.

8.2.2 Entwicklung der Rückkehrspannung Zur Bestimmung des Rückkehrspannungsverhaltens [54-56] wurden die Motoren in der

Klimabox für 5 min mit 400 V formiert, anschließend zur Entladung der geometrischen

Kapazität für 500 ms kurzgeschlossen und die wiederkehrende Spannung mit dem

Elektrometer 6517 von Keithley [96] gemessen. Nachfolgend ist der Verlauf des Maximums

der Rückkehrspannung der einzelnen Motoren in Bild 8.8 und Bild 8.9 dargestellt.

05.000

10.00015.00020.00025.00030.00035.00040.00045.00050.000

1 10 100 1000 10000Zeit [h]

Rp

[kO

hm]

Motor 20 Motor 21Motor 22 Motor 23Motor 24 Motor 25

Page 119: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

8 Lebensdauerverhalten von Motoren ohne Phasentrenner 109

Bild 8.8: Maximum der

Rückkehrspannung von

Motor 20

Bild 8.9:

Entwicklung des

Maximums der

Rückkehrspannung

zwischen U und V der

Motoren über der

Betriebszeit (1 kHz)

Die hohen Anfangswerte der Rückkehrspannung der getränkten Motoren sind mit großer

Wahrscheinlichkeit auf eine Restfeuchte innerhalb des Isolationssystemes zurückzuführen, die

auch durch eine zehntägige Lagerung in den Klimaboxen mit Silicagel nicht entfernt werden

konnte. Die ungetränkten Motoren konnten naturgemäß besser abtrocknen und deshalb macht

sich bei diesen der Effekt durch das Ausheizen im Betrieb bei einer Temperatur von 155 °C

im Wickelkopf nicht so stark bemerkbar. Allgemein lässt sich nur bemerken, das die

Rückkehrspannung mit steigender Betriebszeit sinkt.

8.2.3 Entwicklung des Isolationwiderstandes Riso (60s) Der Isolationswiderstand der Motoren wurde mit einer Prüfspannung von 400 V innerhalb

einer jeweils halbstündigen Messung mit dem Widerstandsmessgerät HP 4339A [106]

bestimmt. Zwischen den einzelnen Messungen wurden die Motoren jeweils für mindestens

30 min kurzgeschlossen. Das war notwendig, um reproduzierbare Messergebnisse zu erhalten

und Messwertverfälschungen, die durch eventuelle Raumladungen aus der Vorgeschichte

entstehen könnten, zu verhindern. Die elektrische Vorgeschichte kann aufgrund der sehr

hohen Widerstände sehr lange gespeichert bleiben (siehe auch Kapitel 4).

05

101520253035404550

0 500 1000 1500 2000 2500 3000

Betriebszeit [h]

Rüc

kkeh

rspa

nnun

g [V

] UV [Umax] UW [Umax]VW [Umax] UE [Umax]VE [Umax] WE [Umax]UVW-E [Umax]

05

101520253035404550

1 10 100 1000 10000

Betriebszeit [h]

Rüc

kkeh

rspa

nnun

g [V

]

Motor 20

Motor 21

Motor 22

Motor 23

Motor 24

Motor 25

Page 120: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

8 Lebensdauerverhalten von Motoren ohne Phasentrenner 110

Bild 8.10:

Entwicklung des

Isolationswiderstandes

Riso (60s) von Motor 20

über der Betriebszeit

Bild 8.11:

Entwicklung des

Isolationswiderstandes

Riso (60s) der Motoren

über der Betriebszeit

Wie aus den Bildern 8.10 und 8.11 zu erkennen ist, steigt der Isolationswiderstand im Laufe

des Betriebes an, besonders deutlich dann, wenn hohe Betriebsstundenzahlen erreicht werden.

Unter den gegeben Betriebsbedingungen ist der Isolationswiderstand aller im Rahmen dieser

Arbeit untersuchten Niederspannungsmotoren auch deutlich besser, als der nach VDE 0530

geforderte Mindestwert von 1 MΩ.

8.2.4 Entwicklung des Polarisationsindexes PI (600s/60s) Der Polarisationsindex ist der Quotient aus den Messwerten des Isolationswiderstandes nach

einer Messdauer von 600 Sekunden und 60 Sekunden. Die Messung erfolgte mit dem

Widerstandsmessgerät HP 4339A. Der Verlauf dieses Indexes über der Betriebszeit der

Motoren ist in den Bildern 8.12 und 8.13 gezeigt.

Bild 8.12:

Entwicklung des

Polarisationsindexes

von Motor 20

0

2E+12

4E+12

6E+12

8E+12

1E+13

0 500 1000 1500 2000 2500 3000

Betriebszeit [h]

Isol

atio

nsw

ider

stan

d [O

hm]

UV UWVW UEVE WEUVW-E

0

2

4

6

8

10

12

0 200 400 600 800

Betriebszeit [h]

PI (6

00s/

60s)

UV UWVW UEVE WEUVW-E

01E+122E+123E+124E+125E+126E+127E+128E+129E+121E+13

1 10 100 1000 10000

Betriebszeit [h]

Isol

atio

nsw

ider

stan

d [O

hm]

Motor 20 Motor 21Motor 22 Motor 23Motor 24 Motor 25

Page 121: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

8 Lebensdauerverhalten von Motoren ohne Phasentrenner 111

Bild 8.13:

Entwicklung des

Polarisationsindexes

der Motoren

Aus den Bildern erkennt man, dass der Polarisationsindex der untersuchten Motoren meistens

besser gleich 4 ist. Vergleicht man dieses Ergebnis mit den Empfehlungen von Baker

Instruments nach dem bei einem Polarisationsindex von kleiner 2 ein Problem mit den

Motorwicklungen vorliegen könnte, und bei einem Polarisationsindex von größer 3 die

Motorwicklungen in einem guten Zustand sind, ist nach dieser Empfehlung von keiner

deutlichen Gefährdung der untersuchten Isolationssysteme auszugehen. Also ist durch die

Messung und die Verfolgung des Polarisationsindex über der Betriebszeit keine

Gefährdungsaussage bzw. Ausfallvoraussage möglich, da der Polarisationsindex der Motoren

sich bis direkt vor dem Versagen der Isolation noch weiter verbessert hat.

Auch die Messung des Wicklungswiderstandes zeigt bei allen Motoren keine Auffälligkeiten.

Der relative Unterschied der Strangwiderstände ist bei allen Motoren, die noch nicht

elektrisch ausgefallen sind unter einem Prozent und somit innerhalb der normalen

Fertigungstoleranz. Bei höheren relativen Unterschieden kann hingegen von einem

Windungsschluss ausgegangen werden. Bei mehr als 80 Prozent der in der Industrie

ausgefallenen Niederspannungsmotoren tritt ein solcher Windungsschluss auf.

8.3 Entwicklung des Teilentladungsverhaltens der Niederspannungs-

motoren beim Betrieb am Frequenzumrichter

Im folgenden sind die Teilentladungshäufigkeiten der untersuchten Niederspannungsmotoren,

normiert auf Hits pro Sekunde, dargestellt (Bild 8.14 – Bild 8.19) wobei die einzelnen

Betriebsintervalle farblich gekennzeichnet sind. Die Teilentladungsverläufe wurden hierfür

computergesteuert mit dem neu entwickelten Teilentladungsmesssystem registriert (siehe

Kapitel 5).

0

2

4

6

8

10

12

1 10 100 1000 10000

Betriebszeit [h]

PI (6

00s/

60s)

Motor 20 Motor 21Motor 22 Motor 23Motor 24 Motor 25

Page 122: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

8 Lebensdauerverhalten von Motoren ohne Phasentrenner 112

Bild 8.14:

Entwicklung der

Teilentladungshäufigkeit

von Motor 20 beim Betrieb

am Frequenzumrichter

Bild 8.15:

Entwicklung der

Teilentladungshäufigkeit

von Motor 21 beim Betrieb

am Frequenzumrichter

Bild 8.16:

Entwicklung der

Teilentladungshäufigkeit

von Motor 22 beim Betrieb

am Frequenzumrichter

Bild 8.17:

Entwicklung der

Teilentladungshäufigkeit

von Motor 23 beim Betrieb

am Frequenzumrichter

Alle getränkten Motoren zeigen am Anfang eine sehr hohe Teilentladungshäufigkeit, die aber

nach einigen Betriebsstunden stark abnimmt. Diese Abnahme ist wahrscheinlich durch die

Konditionierung der Isolationssysteme begründet. Beide getränkten siliziummodifizierten

0,1

1

10

100

1000

10000

100000

0 200 400 600 800 1000

Betriebszeit [h]

Hits

/s

0,1

1

10

100

1000

10000

100000

0 100 200 300 400 500

Betriebszeit [h]

Hits

/s

0,1

1

10

100

1000

10000

100000

0 500 1000 1500 2000 2500 3000

Betriebszeit [h]

Hits

/s

0,1

1

10

100

1000

10000

100000

0 200 400 600 800

Betriebszeit [h]

Hits

/s

Page 123: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

8 Lebensdauerverhalten von Motoren ohne Phasentrenner 113

Motoren sind durch das Fließen von Tränkmittel durch Überbrückung des Luftspaltes

mechanisch blockiert worden, die Isolation ist jedoch beim Motor 23 elektrisch intakt

geblieben. Es muss also bei dem Einsatz von neuen Isolationssystemen auf die Verträglichkeit

der Komponenten untereinander geachtet werden, damit es nicht zu den oben erwähnten

Problemen im Dauerbetrieb bei der thermisch zulässigen Wicklungstemperatur von 155 °C

kommt.

Bild 8.18:

Entwicklung der

Teilentladungshäufigkeit

von Motor 24 beim

Betrieb am

Frequenzumrichter

Bild 8.19:

Entwicklung der

Teilentladungshäufigkeit

von Motor 25 beim

Betrieb am

Frequenzumrichter

Die Teilentladungsdiagnostik beim Betrieb am Frequenzumrichter zeigt einen deutlichen

Unterschied zwischen getränkten und ungetränkten Motoren. Dies resultiert daraus, dass bei

dieser Analysemethode lokale Fehlstellen deutlich erkannt werden können und nicht von

Volumeneffekten, wie bei den anderen dielektrischen Messmethoden, verdeckt werden. Bei

einer idealen Tränkung dürften keine Teilentladungen registriert werden. Ihre Häufigkeit

nimmt mit der Verschlechterung der Tränkungsqualität deutlich zu und hat ihr Maximum bei

den ungetränkten Motoren. Deshalb kann man durch die Teilentladungsintensität sehr gut auf

das entsprechende Gefährdungspotential für den elektrischen Ausfall der Isolierung schließen.

Auf die Lebensdauer kann aber bei den getränkten Motoren leider nicht geschlossen werden,

da die Größen und genaue Lagen der Fehlstellen nicht feststellbar sind.

0,1

1

10

100

1000

10000

100000

0 5 10 15 20 25 30 35

Betriebszeit [h]

Hits

/s

0,1

1

10

100

1000

10000

100000

0 200 400 600 800 1000

Betriebszeit [h]

Hits

/s

Page 124: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

8 Lebensdauerverhalten von Motoren ohne Phasentrenner 114

Page 125: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

8 Lebensdauerverhalten von Motoren ohne Phasentrenner 114

8.4 Zusammenfassung

Der Gleichlauf der Messwerte zwischen den einzelnen Kombinationen der Phasen

miteinander und der Kombinationen der Phasen bezüglich des Gehäuses zeigt, dass mit allen

durchgeführten integralen dielektrischen Messungen keine sichere Früherkennung, welche

Phase oder welcher Motor durch Teilentladungen als nächstes ausfällt, möglich ist.

Erst durch die Teilentladungsmesstechnik lässt sich ein Gefährdungspotential abschätzen.

Dies resultiert daraus, dass bei dieser Analysemethode lokale Fehlstellen deutlich erkannt

werden können und nicht von Volumeneffekten, wie bei den anderen dielektrischen

Messmethoden, verdeckt werden. Bei einer idealen Tränkung dürften keine Teilentladungen

registriert werden. Ihre Häufigkeit nimmt mit der Verschlechterung der Tränkungsqualität

deutlich zu und hat ihr Maximum bei den ungetränkten Motoren. Deshalb kann man durch die

Teilentladungsintensität sehr gut auf das entsprechende Gefährdungspotential für den

elektrischen Ausfall der Isolierung schließen. Auf die Lebensdauer kann aber bei den

getränkten Motoren leider nicht geschlossen werden, da die Größen und genauen Lagen der

Fehlstellen nicht feststellbar sind und noch zu wenig Referenzwerte existieren.

Page 126: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

9 Zusammenfassung 115

9 Zusammenfassung

Bedingt durch die weit verbreitete Automatisierungstechnik werden immer mehr

drehzahlverstellbare Antriebe benötigt, welche überwiegend mit Pulsumrichtern realisiert

werden. Um in der Motorwicklung einen Strom einstellbarer Frequenz zu erzeugen, werden

bei Pulsumrichtern aus der Zwischenkreisgleichspannung Spannungsimpulse erzeugt. Die

dafür verwendeten Halbleiterschalter erlauben Schaltfrequenzen von bis zu 20 kHz mit sehr

geringen Schaltzeiten im Bereich von 0,03 bis 0,3 µs.

Effekte, wie die Ausbildung von Wanderwellen auf der Motorzuleitung und eine

ungleichmäßige Spannungsverteilung in der Wicklung führen dabei zu einer vielfach höheren

elektrischen Belastung der Wicklungsisolierung als bei Netzbetrieb, bei dem diese praktisch

nur thermisch altert. Das Versagen der Windungsisolierung, die bei Niederspannungsmotoren

aus einer wenige Mikrometer dicken Drahtlackschicht und einem Imprägnierharz oder -lack

besteht und eine vergleichsweise geringe elektrische Festigkeit aufweist, erfolgt stets als

Folge einer elektrischen Alterung durch auftretende Teilentladungen in den luftgefüllten

Hohlräumen und in den Fehlstellen zwischen einander berührenden Lackdrähten (Zwickel).

Die Teilentladungen bewirken eine mechanische, thermische, chemische und elektrische

Erosion der festen Isolierstoffe. Diese werden dabei solange abgebaut, bis die Teilentladungen

die Gegenelektrode erreichen und damit der Durchschlag eintritt. Dieser kann zu einem

Windungsschluss und damit zu einem Ausfall des gesamten Antriebs führen.

Um einen zuverlässigen Betrieb von Pulsumrichterantrieben zu gewährleisten, sind

Grenzwerte für maximal zulässige Spannungen einzuhalten. Deren Einhaltung erfordert

jedoch auf der Seite des Umrichters einen erheblichen Aufwand, der zu einer Verringerung

des Wirkungsgrades des Antriebs führt. Deshalb werden Niederspannungsantriebe oft durch

eine verstärkte Wicklungsisolierung oder durch Maßnahmen zur Reduzierung der

Spannungsspitzen so gestaltet, dass während des Betriebes keine Teilentladungen auftreten

sollen. Dies verursacht jedoch hohe Kosten und führt bei gleicher Leistung zu einer größeren

mechanischen Bauform. Ohne diesen zusätzlichen Aufwand sind Niederspannungsmotoren

für den Betrieb über Pulsumrichter am 400 V Netz nur bedingt und an Netzen über 400 V,

z.B. am 690-V-Netz, nicht geeignet. Zur Isolation derselben werden bisher auf Grund ihrer

guten elektrischen Eigenschaften und der wirtschaftlich günstigen Herstellung und

Verarbeitung hauptsächlich Hochpolymere verwendet, zum Beispiel Zwei- oder

Page 127: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

9 Zusammenfassung 116

Dreischichtlackdrähte. Die bisher üblichen Isolierlacke zeigen jedoch eine nur sehr geringe

Resistenz gegenüber auftretenden Teilentladungen. Erst die neuen Generationen von

teilentladungsstabilen Drahtlacken weisen auch eine genügende mechanische Festigkeit für

die maschinelle Verarbeitung auf. Bei diesen Drahtlacken ist es daher wichtig nachzuweisen,

dass die verlängerten Lebensdauern tatsächlich aufgrund einer Teilentladungsresistenz und

nicht auf einer Veränderung der Teilentladungseinsetzspannung oder anderen Effekten

beruhen.

Da bisherige Teilentladungsmesssysteme für die Messungen an Frequenzumrichter

betriebenen Maschinen gänzlich ungeeignet sind und diese schon allein durch das

ausgesendete Störspektrum von in der Umgebung betriebenen Frequenzumrichtern derartig

beeinträchtigt werden, dass bereits eine Messung bei Sinusspannung nicht möglich ist, konnte

die Teilentladungsfreiheit und damit die Wirksamkeit der Isolationsmaßnahmen bisher nur in

zeitaufwendigen Lebensdauerversuchen, durch Betrieb von kompletten Maschinen an

Frequenzumrichtern, nachgewiesen werden.

Klarheiten bei der Aufstellung von Grenzwerten für die Spannung an den Motorklemmen,

deren Einhaltung einen sicheren Betrieb gewährleistet, kann es daher erst dann geben, wenn

es möglich ist, Teilentladungen bei Frequenzumrichterbetrieb zu messen. Eine numerische

Einschätzung der elektrischen Belastung der Wicklungsisolierung bei Speisung durch einen

Frequenzumrichter ist sehr komplex und ungenau, da diese sowohl von Frequenzumrichter-

parametern, Motorparametern, als auch von Parametern des verwendeten Anschlusskabels

abhängig ist.

Gegenstand der vorliegenden Arbeit war es daher, ein Messsystem zu entwickeln und zu

erproben, mit dem es möglich ist, auftretende Teilentladungen direkt beim Betrieb von

Niederspannungsmaschinen am Frequenzumrichter zu messen und über die Betriebsdauer des

Motors langfristig zu verfolgen. Die dargestellte Problematik impulsbelasteter Wicklungen ist

dabei nicht nur bei durch Frequenzumrichter gesteuerten Antrieben, sondern auch bei

Zeilentransformatoren, Hochfrequenztransformatoren von Schaltnetzteilen und ähnlichem von

Interesse. Mit einem solchen System ist es nicht nur möglich, die Effizienz von Maßnahmen

zur Verbesserung der Motorenqualität messtechnisch innerhalb kürzester Zeit nachzuweisen,

sondern zugleich eine zustandsorientierte Instandhaltung einzuführen.

Page 128: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

9 Zusammenfassung 117

Im einzelnen wurden nachfolgende Schwerpunkte behandelt:

Ladungsspeicherverhalten von Lackdrähten

Entwicklung und Aufbau eines Messsystems zur Teilentladungsmessung bei

Frequenzumrichterbetrieb

Teilentladungsverhalten während der Alterung von für NSM eingesetzten Lackdrähten bei

Frequenzumrichterbetrieb

Langzeituntersuchungen kompletter Maschinen bei Frequenzumrichterbelastung und

Messung der auftretenden Teilentladungen

Die Ergebnisse der Untersuchungen sollen dazu beitragen, die Grenzen der zulässigen

elektrischen Belastungen für einen sicheren Betrieb von Niederspannungsmaschinen neu zu

definieren.

Messungen zum Ladungsspeicherverhalten von lackisolierten Drähten

Für die Entwicklung von Isolationslacken ist es wichtig, die Mechanismen, die zur Zerstörung

des Dielektrikums führen können, näher zu untersuchen. Es wird vermutet, dass die

dielektrische Alterung im starken Maße mit dem Aufbau von Raumladungen im Isolierstoff

verbunden ist. Anhand der Messung der thermisch stimulierten Depolarisation (TSC-

Messung) wurde das Ladungsspeicherverhalten von unterschiedlichen lackisolierten Drähten

untersucht. Dabei zeigte sich, das die TSC-Messung auch bei lackisolierten Drähten in der

Lage ist, den eindeutigen Nachweis über die Art der gespeicherten Ladung zu führen und dass

bei mehrschichtigen Lacksystemen häufig eine Grenzflächenpolarisation nach Maxwell-

Wagner auftritt. Für eine möglichst lange Lebensdauer der Prüflinge am Frequenzumrichter

ist es wichtig, dass nur ein geringer Ladungsaufbau innerhalb der Isolation stattfindet; ähnlich

wie ein geringer Verlustfaktor meist auf eine gute Isolation zurückzuführen ist. Die TSC-

Messung ist ein deutlich empfindlicheres Verfahren, als die Verlustfaktormessung, um

Veränderungen im Isolierstoffvolumen durch Degradation am Frequenzumrichter

nachzuweisen wie sich im direkten Vergleich ergibt.

Page 129: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

9 Zusammenfassung 118

Aufbau eines Teilentladungsmesssystems für Frequenzumrichterbetrieb

Für die Detektion von Teilentladungen bei 50 Hz-Wechselspannung stehen konventionelle,

mit Koppelkondensator und Ankoppelvierpol versehene, elektrische TE-Messsysteme zur

Verfügung. Bei sehr kurzen Spannungsimpulsen mit Anstiegszeiten im Bereich von wenigen

Mikrosekunden bis herab zu einigen zehn Nanosekunden, wie sie bei

Frequenzumrichterbetrieb auftreten, sind diese elektrischen Messsysteme aber nicht

anwendbar. Gleichzeitig bei Impulsbetrieb auftretende Effekte, wie die Ausbildung von

Wanderwellen auf der Motorzuleitung und eine ungleichmäßige Spannungsverteilung in der

Wicklung, führen zu einer vielfach höheren elektrischen Belastung der Wicklungsisolierung

als bei Netzbetrieb. Deshalb ist es für den sicheren Betrieb von elektrischen Geräten unter

Impulsspannungsbelastung wichtig, Teilentladungen unter Betriebsbedingungen detektieren

zu können. Dies zeigt sich sogar bei Motoren, die am Netz betrieben werden, da bei ihnen im

Mittel 90 % mit einem Windungsschluss ausfallen, und ein Windungsschluss kann praktisch

nur bei Impulsspannungsbelastung auftreten, die im Netz Beispielsweise durch

Schalthandlungen erzeugt werden kann.

Durch Messungen mit einem Spektrumanalysator hatte sich herausgestellt, dass sich das

Frequenzspektrum der Störungen bei den Teilentladungsmessungen bei Betrieb am

Frequenzumrichter hauptsächlich auf den Bereich unterhalb von 200 MHz erstrecken. Da die

Teilentladungsimpulse aber in einem deutlich höheren Frequenzbereich nachgewiesen werden

können, und zwar bis zu mehreren Gigahertz, sollte es möglich sein, diese frequenzmäßig zu

trennen. Deshalb wurde ein Messsystem, bestehend aus zwei selbst aufgebauten

Hochpassfiltern 10. Ordnung, einem HF-Verstärker und einer Ringantenne als Sensor, so

aufgebaut, dass das komplette Störspektrum unterdrückt und die Teilentladungsimpulse im

oberen Frequenzspektrum verstärkt werden.

Mit dem in dieser Arbeit neu aufgebauten TE-Messsystem ist es nicht nur möglich,

Teilentladungen mit der gleichen Empfindlichkeit bei Sinusanregung wie mit konventionellen

industriellen Messsystemen zu erfassen, sondern es gelingt auch der sichere Nachweis von

Teilentladungen in komplexen Prüflingen während des Betriebes am Frequenzumrichter. Für

fast alle Messungen wurde daher das neu aufgebaute TE-Messsystem verwendet. Durch die

starke Störunempfindlichkeit ist es von nun an auch möglich, TE-Messungen mit hoher

Empfindlichkeit in nicht abgeschirmten Räumen durchzuführen.

Page 130: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

9 Zusammenfassung 119

Teilentladungsverhalten und Lebensdauer von Twisten

Für grundlegende Untersuchungen zum Teilentladungs- und Alterungsverhalten von

lackisolierten Drähten wurden möglichst einfache kostengünstige Prüfkörper und nicht

komplex aufgebaute Motoren eingesetzt. Im Rahmen dieser Arbeit wurden für diese

grundlegenden Untersuchungen hauptsächlich Twiste nach DIN IEC 815-5 verwendet.

Die Messungen an lackisolierten Twisten mit dem neuen TE-Messsystem zeigen, dass die

Spitze-Spitze Spannung bei periodischen Spannungen die entscheidende Größe für den

Teilentladungseinsatz ist. Es wurde nämlich, unabhängig von der Spannungsform beim

Teilentladungseinsatz, die gleiche Spitze-Spitze-Spannung für den Einsatz der

Teilentladungen gemessen. Dieses Verhalten ist durch einen Raumladungsaufbau in der

Isolation zu erklären und macht klar, weshalb bei steigender Zwischenkreisspannung die

ersten Teilentladungen beim Phasenwechsel der Grundwelle zünden.

Bei sehr hohen Sinusfrequenzen, hier über 2 MHz, findet eine neue Qualität der Degradation

der Isolation, nämlich ein thermischer Durchschlag, statt. Dabei wird der Isolationslack

unabhängig von irgendwelchen anorganischen Modifikationen durch die dielektrische

Erwärmung und durch Teilentladungen so stark erhitzt, dass er quasi verbrennt.

Untersuchungen zum Teilentladungsverhalten bei Motoren

Die Messungen haben gezeigt, dass mit dem entwickelten TE-Messverfahren Teilentladungen

bei Umrichterbetrieb an kompletten Motoren nachgewiesen werden können und unter

günstigen Umständen eine Bestimmung der TE-Quelle möglich ist.

Außerdem wurde gezeigt, dass, wenn Teilentladungen im Betrieb der Maschine auftreten, die

Wicklungslebensdauer erheblich verkürzt wird und der Motor innerhalb weniger Stunden

ausfällt. Dabei ist zu beachten, dass das Teilentladungsverhalten der Motorenwicklung sehr

stark vom konstruktiven Aufbau der Wicklung abhängig ist. Der Wicklungsaufbau sollte

daher möglichst so gestaltet sein, dass eine minimale elektrische Belastung der

Windungsisolation auftritt.

Page 131: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

9 Zusammenfassung 120

Die Untersuchungen zeigen aber auch, dass eine betriebssichere Konstruktion von

Wicklungen ohne besonders kostenintensive Maßnahmen, wie zum Beispiel

teilentladungsbeständige Lackdrähte, Lackdrähte mit hoher Lackzunahme oder den Einsatz

von Formspulen für den Betrieb von Niederspannungs-Asynchronmotoren am

690 V-Umrichter möglich ist. Weiterhin sollte man geteilte Wickelköpfe verwenden und

Spulengruppen im Eingang der Ständerstränge vermeiden.

Lebensdauerverhalten von Asynchronmaschinen ohne Phasentrenner

Der Gleichlauf der Messwerte zwischen den einzelnen Kombinationen der Phasen

miteinander und der Kombinationen der Phasen bezüglich des Gehäuses zeigt, das mit allen

durchgeführten integralen dielektrischen Messungen keine sichere Früherkennung, welche

Phase oder welcher Motor durch Teilentladungen als nächstes ausfällt, möglich ist.

Erst durch die Teilentladungsmesstechnik lässt sich ein Gefährdungspotential abschätzen.

Dies resultiert daraus, dass bei dieser Analysemethode lokale Fehlstellen deutlich erkannt

werden können und nicht von Volumeneffekten, wie bei den anderen dielektrischen

Messmethoden, verdeckt werden. Bei einer idealen Tränkung dürften keine Teilentladungen

registriert werden. Ihre Häufigkeit nimmt mit der Verschlechterung der Tränkungsqualität

deutlich zu und hat ihr Maximum bei den ungetränkten Motoren. Deshalb kann man durch die

Teilentladungsintensität sehr gut auf das entsprechende Gefährdungspotential für den

elektrischen Ausfall der Isolierung schließen. Auf die Lebensdauer kann bei den getränkten

Motoren nicht geschlossen werden, da die Größen und genauen Lagen der Fehlstellen nicht

feststellbar sind und noch zu wenig Referenzwerte existieren.

Die reine Feldalterung und die zusätzliche Aufheizung durch die dielektrischen Verluste

spielen bezüglich der Alterungsprozesse meist nur eine untergeordnete Rolle. Solange keine

Teilentladungen vorhanden sind, wird die Lebensdauer der Motoren fast ausschließlich durch

thermische Alterungsprozesse bestimmt. Treten jedoch Teilentladungen auf, kommt es bei

Verwendung von herkömmlichen Isolierlacken schnell zum Ausfall. Erst durch die

Verwendung der neuen Generation von teilentladungsstabilen Isolierlacken kann eine gewisse

Überschreitung der Teilentladungseinsetzspannung und damit das Auftreten von

Teilentladungen toleriert werden. In welchen Umfang eine solche Tolerierung möglich ist,

Page 132: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

9 Zusammenfassung 121

werden Untersuchungen mit einer größeren Probenanzahl zeigen müssen. Die bisher

erreichten Lebensdauerwerte von ungetränkten Twisten aus siliziummodifizierten Lackdraht

unter Teilentladungsbedingungen von über 10.000 h bei einer Umgebungstemperatur von

155°C zeigen deutlich, dass es mit dieser neuen Generation von Lackdrähten möglich ist, eine

hohe Betriebssicherheit zu gewährleisten.

Bisher konnte bei Untersuchungen zur elektrischen Alterung der Windungsisolierung von

kompletten Maschinen bei Belastung mit Impulsspannungen oder am Frequenzumrichter die

Teilentladungseinsetzspannung nur abgeschätzt und nicht gemessen werden. Deshalb mussten

oft langwierige und kostenintensive Lebensdauerversuche durchgeführt werden, um eine

entsprechende Lebensdauererwartung der Motoren am Frequenzumrichter praktisch

nachzuweisen zu können. Durch das in dieser Arbeit entwickelte TE-Messsystem ist es jetzt

jedoch möglich, Teilentladungen nicht nur bei Sinus- oder Gleichspannung, sondern auch

direkt während des Betriebes am Frequenzumrichter nachzuweisen. Dies hat den Vorteil, dass

von nun an eine sehr schnelle und präzise Prüfung von unterschiedlichen Motor- und

Isolationdesigns möglich ist. Die Empfindlichkeit des Messsystems ist dabei so hoch, dass in

einem getränkten, mit Standarddrahtlack gewickelten und ohne Phasentrenner aufgebauten

Motor Teilentladungen (beim Betrieb am Frequenzumrichter) bereits über 2.700 h vor dem

Versagen der Isolation nachgewiesen werden konnten. Trotz dieser hohen Empfindlichkeit ist

die Möglichkeit einer genauen Angabe der Restlebensdauer bisher noch nicht gegeben, da

aufgrund der ausgeprägten statistischen Varianz der Isolationsdegration durch

Teilentladungsprozesse an komplexen Motorisolationen eine viel höhere Probenanzahl

untersucht werden muss, als im Rahmen dieser Arbeit möglich war, um eine akzeptable

statistische Sicherheit zu erlangen.

Der Einfluss einer sehr guten Tränkung auf die Lebensdauer von Motoren ohne Phasentrenner

ist erheblich. Wenn die Lebensdauererhöhung durch die Tränkung der mit Standardlackdraht

ausgerüsteten Motoren durch Wahl eines kompatiblen Tränkmittels auch auf Motoren mit

siliziummodifiziertem Drahtlack übertragbar wird, würde deren Lebensdauer, trotz des

Verzichtes von Phasentrennern, Werte im Bereich von 40.000 h erreichen. Damit wird es in

Zukunft möglich sein, Antriebe zu projektieren, die trotz des Verzichts auf Phasentrenner am

400 V-Frequenzumrichter in allen Betriebsarten auf lange Zeit sicher sind.

Page 133: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

Literaturverzeichnis 122

Literaturverzeichnis

[1] Forst, H. J.: „Frequenzgeregelte Antriebe“ VDE-Bezirksverein Frankfurt am Main, VDE-

Verlag, Berlin-Offenbach, 1992.

[2] Kaufhold, Martin: „Elektrisches Verhalten der Windungsisolierung von Niederspannungs-

maschinen bei Speisung durch Pulsumrichter“; Dissertation TU Dresden; VDI-Verlag,

Fortschrittsberichte Reihe 21, Teil 172; Düsseldorf; 1995.

[3] Berth, Martin: „Elektrische Belastung der Wicklungsisolierung Pulsumrichtergespeister

Niederspannungsmotoren“; Dissertation TU Dresden; VDI-Verlag, Fortschrittsberichte Reihe

21, Nr. 247; Düsseldorf 1998.

[4] DIN VDE 0530 Teil 1 Beiblatt 2 (9/95), „Drehende elektrische Maschinen, Leitfaden für

den Einsatz von umrichtergespeisten Induktionsmotoren mit Käfigläufer“ ; VDE-Verlag;

Offenbach; 1995.

[5] Hilfert, Sven: „Die Beanspruchung der Wicklung von Niederspannungsasynchronmotoren

durch Frequenzumrichter und ihr Nachweis“; Dissertation Universität GH Essen; VDI-

Verlag, Fortschrittsberichte Reihe 21 Nr. 275; Düsseldorf 1999.

[6] Pohlmann, Friedhelm: „Isoliersysteme für Drehstrom-Niederspannungsmotoren die von

Pulsfrequenzumrichtern angesteuert werden“; Dissertation Universität GH Essen; VDI-

Verlag, Fortschrittsberichte Reihe 21 Nr. 317; Düsseldorf 2001.

[7] De Buck, F. G. G.: „Losses and Parasitic Torques in electric Motors, Subjectet to PWM-

Waveforms. “ Conf. Rec. IAS Annual Meeting 12th , Los Angeles, California, 1977; Publ. By

IEEE Cat. N 77CH1246-8-IA; New York 1977.

[8] van der Broeck, H.: „Analysis of the Voltage Harmonics of PWM Voltage Fed Inverters

Using High Switching Frequencies and Different modulation Functions.” European

transactions on electrical power (ETEP), Vol. 2 (1992) No. 6, pp. 341-349.

[9] Büchner, P.: „Stromrichter-Netzrückwirkung und ihre Beherrschung.” Deutscher Verlag

für Grundstoffindustrie; Leipzig 1986.

[10] Schindler, H.; Boehm, F. R.; Busch, R. and Pohlmann, F.: „New wire enamel for

magnet wires for inverter-fed motors.“ Wire Vol. 50 (2000) No. 4, pp 24-26.

[11] Brosch, P. E.: „Moderne Stromrichterantriebe: Arbeitsweise drehzahlveränderlicher

Antriebe mit Stromrichtern.“ 2. korrigierte und erweiterte Auflage; Würzburg: Vogel

Buchverlag; 1992.

Page 134: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

Literaturverzeichnis 123

[12] Persson, E.: „Transient Effects in Application of PWM Inverters to Induction

Motoras.“ IEEE Transactions on Industry Applications Vol. 28 (1992) No. 5, pp. 1095-1101.

[13] Bunzel, E.; Graß, H.: „Spannungsbeanspruchung von Asynchronmotoren im

Umrichterbetrieb.” Etz Bd. 114 (1993) Nr. 7-8, S. 450-458.

[14] Rüdenberg, R.: „Elektrische Wanderwellen auf Leitungen und in Wicklungen von

Starkstromanlagen.“ 4. Auflage; Berlin, Göttingen, Heidelberg; Springer-Verlag: 1962.

[15] Busch, Rudolf; Hilfert, Sven and Müller, Kai: „Investigations in Evaluating whether

Frequency Inverters Endanger Low Voltage Motor Windings.” ISIE 2000 (IEEE International

Symposium on Industrial Electronics 2000), December 4-8, 2000, Puebla, Mexico,

Proceedings pp. 448-452. ISBN 0-7803-6606-9.

[16] Berth, M.; Eberhardt, M.; Kaufhold, M.; Speck, J.; Auinger, H.: „Elektrische

Beanspruchung und Ausfallverhalten der Wicklungsisolierung von Asynchronmaschinen bei

Umrichterspeisung.“ Elektrie 49 (1995), Nr. 8/9, S. 336-344.

[17] Müller, K.; Busch, R. and Hilfert, S.: „ An Approach for Measuring Partial Discharges

in PWM Inverter Driven Inducion Maschines.“ ISEI 2000 (IEEE International Symposium on

Electrical Insulation 2000), April 2-5, 2000 Anaheim, CA, USA, Proceedings pp. 227-230.

ISBN 0-07803-5931-3.

[18] Essig, R.; Sack, L.: „Begrenzung der am Motor auftretenden Spannungssteilheit,” etz

Bd. 116 (1995), Nr. 6-7, S. 12-22.

[19] Von Jouanne, A.; Rendusara, D. A.; Enjeti, P. N. ; Gray, J. W. : „ Filtering

Techniques to Minimize the Effect of Long Motor Leads on PWM Inverter-Fed AC Motor

Drive Systemes.“ IEEE Transaction on Industry Applications Vol. 32 (1996), No. 4, pp. 919-

926.

[20] Sung-Jun, Kim; Seung-Ki., Sul.: „ A Novel Filter Disign for Suppressing of High

Voltage Gradient in Voltage-Fed PWM Inverter.“ IEEE Annual Appled. Power Electronics

Conference, Atlanta, pp. 122-127, 1997.

[21] Brütsch, R.; Hillmer, Th.; Scollay, R.: „A New Insulation System for Inverter Driven

Motors.” Coil Winding, Isulation & Electrical Manufacturing, International Conference and

Exhibition, Berlin 2000.

[22] Vogt, K.: „Elektrische Maschinen – Berechnung rotierender elektrischer Maschinen.“

3. bearbeitete Auflage, Verlag Technik, Berlin, 1983.

Page 135: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

Literaturverzeichnis 124

[23] Franck, A.: „Kunststoff Kompendium – Aufbau, Polymerisation, Verarbeitung,

Eigenschaften, Anwendungen der Thermoplaste, Elastomere, Duroplaste,

Polymerlegierungen.“ 2. überarbeitete Auflage, Würzburg, Vogel Buchverlag, 1988.

[24] Patent-Nr. WO 0054286 vom 14.09.2000 (Datum der Offenlegung): „Coating

composition for metallic conductors and coating method using same.“ Klassifizierungssymbol

(EC): H01B3/30F.

[25] Kind, D.; Kärner, H.: „Hochspannungsisoliertechnik” Friedrich Vieweg & Sohn

Verlagsgesellschaft mbH, Braunschweig 1982.

[26] Kahle, M.: „ Elektrische Isoliertechnik“, Springer-Verlag, Berlin, 1989.

[27] Braun, K.: „Modellierung der Erwärmung einer Drehstromasynchronmaschine bei

Wechselrichterbetrieb.“ ; Diplomarbeit, BTU Cottbus 1996.

[28] Beständig, Norbert: „Ermittlung der Ströme, Verluste und Erwärmungen eines

Asynchron-Normmotors bei stationärem Betrieb an einem selbstgeführten Stromrichter mit

konstanter Eingangsgleichspannung“; Dissertation Technische Hochschule Karlsruhe, 1986.

[29] Guerra A. C. M.: „Langzeitverhalten der Windungsisolierung von

Niederspannungsasynchronmaschinen bei komplexer thermischer und elektrischer Belastung

mit Impulsspannung.“ Diss. Technische Universität Dresden, 1989.

[30] Tzscheutschler, R.; Olbrisch, H.; Jordan, W.: „ Technologie des

Elektromaschinenbaus.“ Verlag Technik GmbH, Berlin, 1990.

[31] DIN VDE 0530 Teil 20 (11/87), „Umlaufende elektrische Maschinen. Funktionelle

Bewertung von Isoliersystemen für umlaufende elektrische Maschinen. Allgemeine

Richtlinien.“ Identisch mit IEC 2J(CO) 4; VDE-Verlag Berlin und Offenbach, 1987.

[32] DIN VDE 0530 Teil 21 (11/88), „Umlaufende elektrische Maschinen. Funktionelle

Bewertung von Isoliersystemen. Prüfverfahren für Runddraht-Wicklungen. Thermische

Bewertung und Klassifizierung.“ Identisch mit IEC 2J(CO) 5; VDE-Verlag Berlin und

Offenbach, 1988.

[33] DIN IEC 815-5 „Winding wires – Test methods – Part 5: Electrical properties.” 08-

1996.

[34] DIN VDE 0302 Teil 2 „Isoliersysteme elektrischer Betriebsmittel.

Funktionsbewertung und Alterungsmechanismen und diagnostische Verfahren.“ Identisch mit

IEC 610 (Report) 1978; VDE-Verlag; Berlin-Offenbach; 1986.

Page 136: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

Literaturverzeichnis 125

[35] Porzel, R.: „Dielektrische Diagnostik an elektrischen Isolierungen.“ Diss. BTH

Ilmenau 1989.

[36] Sturm, M.: „Realisierung und Einsatz von rechnergesteuerten dielektrischen

Meßsystemen an Hochspannungsisolierungen.“ Diss. TH Ilmenau 1996.

[37] Paschen, F.: „Über die zum Funkenübergang in Luft, Wasserstoff und Kohlensäure

bei verschiedenen Drücken erforderliche Potentialdifferenz.“ In: Weid. Ann. 37 (1889) 69.

[38] Gänger, B.: „Der elektrische Durchschlag von Gasen.“ Springer-Verlag, Berlin-

Göttingen-Heidelberg, 1953.

[39] Morshuis, P. H. F.: „ Partial discharge mechanisms – Mechanisms leading to

breakdown, analyzed by fast electrical and optical measurement.” Diss. Delft University

Press, 1993.

[40] Brosche, Th.: „Erweitertes Teilentladungsmessverfahren durch Erfassung neuer

Impulsparameter.“ Diss. Technische Universität Darmstadt, 1998.

[41] Hallek, M. C.: „Calculation of Corona-Starting Voltage in Air-Solid Dielectric

Systems.” AIEE Transactions, Part: IIIa, Vol. 73 (1954), pp. 88-92.

[42] Müller, G.: „Grundlagen elektrischer Maschinen.“ VCH Verlagsgesellschaft mbH,

Weinheim, 1994.

[43] IEC 60317-0-1: „Specifications for Particular Typs of Winding Wires – Part 0:

General Requirements – Section 1: Enamelled Round Copper Wire.“ 11-1997.

[44] Biethan, U.: „Lacke und Lösungsmittel – Eigenschaften, Herstellung, Anwendung.“

Verlag Chemie Weinheim, 1979.

[45] Beyer, M.; Boeck, W.; Möller, K.; Zaengl, W.: „Hochspannungstechnik. Theoretische

und praktische Grundlagen für die Anwendung.“ Springer-Verlag, Berlin, 1986.

[46] Warbinek, K.: „Über die Alterung und Lebensdauer von Wicklungen in elektrischen

Maschinen bei hohen Temperaturen.“ Diss Gesamthochschule Kassel, 1980.

[47] Simoni, L.: „A general approach of the endurance of electrical insulation under

temperature and voltage.“ IEEE Transaction on Electrical Insulation Vol. 16 (1981), No. 4,

pp. 277-289.

[48] Winkler, D.: „Kunstharze für Elektroisoliersysteme.“ Interne Publikation der Firma

Herberts GmbH, Wuppertal, 1998.

Page 137: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

Literaturverzeichnis 126

[49] Kotte, R.; Gockenbach, E.; Borsi, H.: „Influence of the Filler on the Breakdown and

Partial Discharge Behavior of Heat-resistant Cast Resins.” ISEI 2000 (IEEE International

Symposium on Electrical Insulation 2000), April 2-5, 2000 Anaheim, CA, USA, Proceedings

pp. 176-179. ISBN 0-07803-5931-3.

[50] Hull, J. L.: „Proper use of vacuum coil impregnation, potting and encapsulating.“

Electrical Manufacturing & Coil Winding Association, Inc. (EMCWA), pp. 187-189, 1990.

[51] „Strom-UV-Technologie für Reparaturen: Hightech in der Werkstatt.“ Elektrische

Maschinen (ema) Nr. 1 (1997), S. 11-13.

[52] Omori, E.; Aimomo, Y.: „Application of UV Curable Coil Impregnating Varnishes for

Transformers and Motor Coils.” Proceedings of EMCW, pp. 16-22, 1984.

[53] Kwaaitall, TH.; van den Eijnden, W.: „Dielectric Loss Measurement as a Tool to

Determine Electrical Aging of Extrudes Polymeric Insulated Power Cables.” IEEE

Transactions on Electrical Insulation Vol. 22 (1987), No. 1, pp. 101-105.

[54] Ilstad, E.; Gäfert, U.; Thäring, P.: „Relation Between Return Voltage and Other

Measurements of Dielectric Response.“ IEEE Symposium on Electrical Insulation, pp. 17-21,

1994.

[55] Böning, P.: „Bemerkenswerte Zusammenhänge zwischen den anomalen Strömen, dem

Verlustfaktor, der scheinbaren Kapazität und der Rückspannung bei Isolierstoffen.“

Zeitschrift für technische Physik, Nr. 8 (1938), S. 241-247.

[56] Schmidt, J.; Scepes, G.: „Die Rückspannungsmessung als ein neues, praktisches Mittel

in der Isolationzustands-Diagnostik von Transformatoren.“ 2nd Int. Conf. On Insulation

Problems in Power Transformers, S. 254-263, Lodz, 1987.

[57] Hamon, B. V.: „An Approximate Method for Deducing Dielectric Loss Factor from

Direct-Current Measurements.” Proc. IEE Vol. 94 (1952), No. 4, pp. 152-155.

[58] Hoof, Martin: „Impulsfolgen-Analyse: Ein neues Verfahren der Teilentladungs-

diagnostik“; Dissertation Universität-Gesamthochschule Siegen; 1997.

[59] Elze, Hendrik: „Zum Einfluß der Systemzeitkonstanten auf die Bewertung

impulsförmiger Teilentladungen (TE) unter besonderer Berücksichtigung der TE-

Sondenmeßtechnik“; Dissertation Technische Universität Dresden; 1997.

[60] Wagner, K. W.: „Erklärung der dielektrischen Nachwirkungsvorgänge auf Grund

Maxwellscher Vorstellungen.“ Archiv für Elektrotechnik Bd. 2 (1914), Nr. 9, S. 371-387.

Page 138: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

Literaturverzeichnis 127

[61] Jonscher, A. K.: „Dielectric Relaxation in Solids.“ Chelsea Dielectric Press, London,

1983.

[62] Jonscher, A. K.: „Universal Relaxation Law.“ Chelsea Dielectric Press, London, 1996.

[63] Kreuger, F. H.: „Partial Discharge Detection in High-Voltage Equipment.” Temple

Press London 1964, bzw. Butterworths London 1989.

[64] Boeck, W.: „Entstehung und Bedeutung von Raumladungen in Kunststoff-Folien

durch Koronaentladungen.“ Diss. Technische Hochschule Braunschweig, 1967.

[65] Pohlmann, F.; Busch, R.; Mueller, K.: „The influence of several environment

conditions on the partial discharge characteristics and on the lifetime of magnet wires under

inverter pulse operation.” ISEIM 2001 Himeji, Japan, Proceedings pp. 645-648.

[66] Büssing, W.: „Beiträge zum Lebensdauergesetz elektrischer Maschinen.“ Archiv für

Elektrotechnik 36 (1942) Heft 6, S. 333-361, sowie Heft 12, S. 735-742.

[67] Tanaka, T.: „ Internal partial discharge and material degradation.“ IEEE Transactions

on Dielectrics and Electrical Insulation, Vol. 21 (1986), No. 6.

[68] Patent DE 31 31 344 C2 Verfahren zur Frequenzumrichtersteuerung 1981.

[69] Betriebsanleitung der Frequenzumrichter: „SEW Movitrac 31C“, Ausgabe 199 und

„Siemens Simovert Master Drive 6SE7028“, Ausgabe 1998.

[70] Rechenberg, K.: „Mathematische Modellierung der thermomechanischen Alterung

und Bestimmung der Parameter am Beispiel der Alterung von Lackschichten.“ Elektrie, Bd.

49 (1995), Nr. 8/9, S. 345-350.

[71] Busch, R.; Pohlmann, F.; Mueller, K.: „Insulating systems for three-phase low voltage

motors which are controlled by PWM inverters – state of development and application

aspects.“ INSUCON 2002, Berlin, Germany, Proceedings pp. 341-345.

[72] Weijun, H.; Bultemeier, K.; Barta, D.; Floryan, D.: „Improved Magnet Wire for

Inverter-fed Motors.“ Proceedings of Electrical Manufacturing & Coil Winding Association,

pp. 379-382, 1997.

[73] Hauschild, W.; Mosch, W.: „Statistik für Elektrotechniker. Eine Darstellung an

Beispielen aus der Hochspannungstechnik.“ 1. Auflage, Verlag Technik, Berlin, 1984.

[74] Iglisch, I.: „ Zur Lebensdauer elektrischer Maschinen.“ Diss. Technische Hochschule

Stuttgart, 1957.

Page 139: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

Literaturverzeichnis 128

[75] Montsinger, V. M.: „Loading Transformers by Temperature.“ AIEE Trans., Vol. 49

(1930), pp. 776-790.

[76] Kiersztyn, S. E.: „Formal theoretical foundation of electrical aging of dielectrics.“

IEEE Transactions on Power Apparatus and Systems, Vol. 100 (1981) No. 11, pp. 4333-4338.

[77] Zinke, Otto; Vlcek, Anton: „Lehrbuch der Hochfrequenztechnik. Zinke-Brunswig.“

Band 1 Hochfrequenzfilter, Leitungen und Antennen, Springer-Verlag, 1990.

[78] Heinrich, Martini: „Theorie der Übertragung auf elektrischen Leitungen.“ UTB

Hüthig, Heidelberg, 1974.

[79] Unger, H.-G.: „Elektromagnetische Wellen auf Leitungen.“ UTB Hüthig, Heidelberg,

1980.

[80] Rechenberg, K.: „Beitrag zum Nachweis und zur Prognose von

Lebensdauerminderungen bei Niederspannungswicklungen und Umrichterspeisung.“ Elektrie

54 (2000) Heft 3-4, S.74-129.

[81] Ermolin, N. P.; Zerchin, I. P.: „Zuverlässigkeit elektrischer Maschinen“ VEB Verlag

Technik; Berlin; 1981

[82] Rao, Y. N.: „Die Alterung von gasimprägnierten Folienisolierungen durch Korona-

entladungen bei Wechselspannungen.“ Diss. Technische Hochschule Braunschweig, 1968.

[83] Schneider, Peter: „Raumladungsphänomene in VPE-Kabelisolierungen bei

elektrischer Hochfeldbeanspruchung.“ Shaker-Verlag, 1996.

[84] Turnhout, J. Van: „Thermally stimulated discharge of polymer electrets.“ Dissertation

Universität Leiden, 1972.

[85] Bucci, Cesare; Fieschi, Roberto: „Ionic Thermocurrents in Dielectrics.” 1966.

[86] Perlmann, Martin, M.: „Thermally Stimulated Currents and Voltages and Dielectric

Properties.“ Solid-State Science and Technology, July 1972.

[87] Mitzutani, Teruyoshi; Oomura, Tetsuro; Ieda, Masayuki: „Anomalous TSC and Space

Charge in High-Density Polyethylene.“ Japanese Journal of applied Physics, Vol 21 (1982),

No. 8, pp. 1195-1198.

[88] Beyer, M; Eckhardt, K.-D.; Lei, Q.-Q.: „Der Einfluß von Feuchtigkeit auf das

Ladungsspeicherverhalten von Polyethylen bei hoher Gleichspannungsbeanspruchung.“

etzArchiv, Band 7 (1985), Heft 2.

Page 140: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

Literaturverzeichnis 129

[89] Schweitzer, Gerd: „Untersuchungen zur Raumladungspolarisation in Ionenleitern.“

Dissertation RWTH Aachen, 1969.

[90] Kohlrausch: „Praktische Physik 3.“ 24. Auflage, Teubner Verlag, 1970.

[91] Geist, D.: „Halbleiterphysik II Sperrschichten und Randschichten – Bauelemente.“

Vieweg Verlag, 1970.

[92] Mierdel, G.: „Elektrophysik.“ Verlag Technik, Berlin, 1970.

[93] Simmons, J. G.; Taylor, G. W.: „High-Field Isothermal Currents and Thermally

Stimulated Currents in Insulators Having Discreet Trapping Levels.“ Physical Review B,

Volume 5 (1972), Number 4, pp. 1619-1629.

[94] Ieda, M.: „Electrical Conduction and Carrier Traps in Polymeric Materials.” IEEE

Transactions on Electrical Insulation Vol. EI-19 (1984) No. 3, pp. 162-178.

[95] Bräunlich, P.: „Thermally Stimulated Relaxation in Solids.“ Topics in Applied

Physics, Volume 37, Springer-Verlag, 1979.

[96] Keithley Electrometer Model 6517 User´s Manual, 1994.

[97] Operation Manual HP 4284A Precision LCR Meter, 1990.

[98] Bedienungsanleitung TEM 73, MWB-Bamberg, 1973.

[99] Arlt, H.: „Schadenerfahrungen an elektromotorischen Antrieben“; VDI Berichte

Nr. 1146 (1994), S. 163-183.

[100] Küpfmüller, K.: „Einführung in die theoretische Elektrotechnik.“ 13. Auflage,

Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, 1990.

[101] Benutzerhandbuch Digitalisierungsoszilloskope TDS 500D, TDS 600B & TDS 700D.

[102] Duyan, H.; Hahnloser, G.; Traeger, D. H.: „PSpice für Windows.“ Teubner

Studienskripten, Stuttgart, 1996.

[103] Heilmann, A.: „Antennen I-III.“ Hochschultaschenbücher-Verlag, Mannheim, 1970.

[104] IEC 270, VDE 0434: „Measurements of partial discharges“

[105] Hammer, K.-D.: “Wickeln und Isolieren.” AEG-TELEFUNKEN-Handbücher, Band

11, Berlin, 1969.

[106] HP 4339A High Resistance Meter Operation Manual, 1992.

Page 141: Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung ... · Entwicklung und Anwendung eines Messsystems zur Erfassung von Teilentladungen bei an Frequenzumrichtern betriebenen

Literaturverzeichnis 130

[107] Fartschi, A.: „Berechnung der Temperatur in elektrischen Maschinen“, Bosch,

Technische Berichte, Heft 55, 1992.

[108] Cannistra, G.; Labini, M. S.: „Thermal analysis in an induction machine using thermal

network and finite element methods“ 5. International Conference on Electrical Machines and

Drives, 11-13. Sept., London, UK, 1991.

[109] Wang, H.; Kaufhold, M. und Bauer, K.: „Elektrische Langzeitfestigkeit und TE-

Verhalten unterschiedlicher Teilleiterisolierungen für Umrichterspeisung“ Siemens-

Technischer Bericht, 98-1, 1998.

[110] Chinh, Tran van: „Untersuchungen zur Alterung von Lackdrähten bei

Niederspannung“ Dissertation TU Karl-Marx-Stadt, 1988.

[111] Teichmann, H.: „Die Bedeutung von Verlustmessungen bei der Wartung der HS-

Wicklung von Turbogeneratoren“ Bulletin SEV/VSE, Nr. 68, Zürich, 1977.