Entwurf: Praxisbausteine zum Modellprojekt QSV ... · Liebe Fachkräfte und Lehrkräfte, das...

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Praxisbausteine zum Modellprojekt QSV Bildungsprozesse gemeinsam gestalten Entwurf:

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Praxisbausteine zum Modellprojekt QSV

Bildungsprozesse gemeinsam gestalten

Entwurf:

01 S.4 Beobachten und Dokumentieren Eine ganzheitliche Einschätzung des Kindes

02 S.10 Kooperation mit Schule Voneinander lernen und gemeinsam Neues entwickeln

03 S.15Kooperation mit Eltern Eltern als Bildungspartner gewinnen

04 S.20Die kindlichen Kompetenzen stärken Mit Kindern Bildungsprozesse gestalten

Inhalt 05 S.24 Sprach- und Literacykompetenzen stärken und Dokumentieren Sprachliche Bildung im Alltag

06 S.28 Bewegungs- und motorische Kompetenzen stärken In Bewegung lernen

07 S.32Soziale, emotionale und Alltagskompetenzen stärken Miteinander und voneinander lernen

08 S.37Lernmethodische Kompetenzen stärken Das Lernen lernen

09 S.40Gemeinsam den Übergang in die Schule gestalten Übergänge als Chance für Kinder und Familien

Liebe Fachkräfte und Lehrkräfte,das Modellprojekt Qualifizierte Schulvorbereitung (QSV) des hessischen Sozialministerium, das in Kooperation mit dem hessischen Kultusministerium durchgeführt wird, wird mittlerweile schon seit 2012 von den Modellstandorten umgesetzt. Von Anfang an war klar, dass dieses Projekt für alle Tan-dems, die daran beteiligt sind, spannend wird und sich alle aktiv einbringen können.

Mit dieser Broschüre möchten wir Ihnen Praxisbausteine an die Hand geben, die während des letzten Jahres im Projekt entwickelt wurden und die praktische Umsetzung erleichtern sollen. An der Entwicklung dieser Praxisbausteine waren neben den Projektteams im IFP und hessischen Sozialmi-nisterium die QSV-Multiplikatorinnen und Multiplikatoren und vor allem auch Sie selbst, die diese Pra-xisbausteine in den QSV-Fortbildungen erprobt haben und Ideen dazu eingebracht haben, beteiligt. Die Praxisbausteine beruhen außerdem auf unterschiedlichen Beispielen des Rahmenkonzepts zum Projekt (Spindler u.a. 2012, abrufbar unter www.qsv.hessen.de ) und einer Sichtung der relevanten Literatur. Literaturhinweise finden Sie nach jedem Kapitel.

Die Praxisbausteine sind vielfältig, sie beinhalten kurze Texte, praktische Beispiele oder Arbeitsblätter, Tipps für die pädagogische Praxis, Literaturhinweise und Reflexionsfra-gen. Sie sollen Ihnen als Anregungen und Unterstützung dienen. Viele der Bausteine eignen sich nicht nur für die Umsetzung der QSV in Kindertageseinrichtungen, son-dern können auch – u.U. in abgewandelter Form - in Schulen eingesetzt werden.

Gehen Sie kreativ mit diesen Beispielen um, setzen Sie sie so ein, dass Sie in Ihrer Arbeit mit den Kindern, den Eltern und im Tandem am besten profitieren kön-nen. Wir möchten diese Praxisbausteine im Laufe des Modellprojekts weiter-entwickeln, deshalb freuen wir uns über Ihre Rückmeldungen dazu. Und – das ist ganz wichtig, vielleicht haben Sie selbst im Laufe des Projekts Ideen für weitere Bausteine entwickelt – bitte zögern Sie nicht, uns diese zu schicken.

Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen, Ausprobieren und Reflek-tieren und freue mich über Ihre Rückmeldungen,Anna Spindler

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Wenn Sie die Interessen, Stärken aber auch den Unter-stützungsbedarf der Kinder gut kennen, können Sie jedes einzelne Kind am besten stärken. Z.B. in Alltags-situationen, der täglichen pädagogischen Arbeit und auch in der Kooperation mit Schule und den Eltern. Außerdem können Sie Entwicklungsrisiken oder –auffäl-ligkeiten rechtzeitig erkennen, so dass Sie zusätzliche Fördermaßnahmen oder eine Kooperation mit Fach-diensten anregen können.

Eine ganzheitliche Einschätzung des Kindes

Den kindlichen Sprachstand einschätzen Das Kindersprachscreening "KiSS" (Euler u.a. 2007, www.hsm.hessen.de) für 4 bis 4½-jährige Kinder in Kindertageseinrichtungen wurde dazu entwickelt, die sprachlichen Fähigkeiten und das Kommunika-tionsverhalten von Kindern zu überprüfen. Das Verfahren zielt darauf ab, die Einschätzung des Sprachstandes des Kindes in drei Kategorien einzuteilen (unauffällig, sprachpädagogisch förderbedürftig und me-dizinisch abklärungsbedürftig durch den Kinderarzt).

1. Beobachten und Dokumentieren

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Die Kategorien geben Hinweise, wie Kinder bestmöglich in ihren Lern- und Entwicklungsprozessen unterstützt werden können. Allerdings gilt: Sprachliche Bildung und gezielte Unterstützung in Kinderta-geseinrichtungen ist für alle Kinder wichtig. Für Kinder, die in KISS als „unauffällig“ gelten, genauso wie für Kinder, bei denen vielleicht medizinischer Abklärungsbedarf festgestellt wurde.

Kompetenzen und Interessen von Kindern beobachten und einschätzen Der Beobachtungsbogen KOMPIK (Kompetenzen und Interessen von Kindern http://www.keck-atlas.de/kompik.html oder Mayr u.a. 2011)

ist ein neu entwickeltes Einschätzungsverfahren für Kinder von 3,5 Jahren bis 6 Jahren. KOMPIK umfasst verschiedene Kompetenzberei-che und nimmt auch die Interessen von Kindern in den Blick. Die Be-obachtungen und Einschätzungen werden durch Fachkräfte gemacht, die das Kind gut kennen. Sie können KOMPIK als Papierversion oder EDV-Version verwenden, in der verschiedene Auswertungen automa-tisch vom Programm geliefert werden: z.B. Auswertungen für einzelne Kinder oder auch Auswertungen für eine Gruppe oder die Einrichtung. So können Sie wichtige Informationen gewinnen, wie Sie einzelne Kinder unterstützen können, aber auch, in welchen Bereichen Sie die Einrichtungsarbeit noch weiterentwickeln können.

Die Beobachtung von Kindern mit BehinderungWenn Sie Kinder mit Behinderung beobachten wollen, sind KOMPIK und KiSS u.U. nicht die richtigen Verfahren. Entscheiden Sie diese Fragestellung nach folgender Prämisse: Welchen zusätzlichen Nutzen bringt die Anwendung der entsprechenden Verfahren für das Kind, die Eltern und die Einrichtung und welche Risiken bringt es mit sich (z.B. das Kind oder die Eltern zu entmutigen). Versuchen Sie dann verstärkt freie Beobachtungen für das Kind durchzuführen oder verwenden Sie andere Beobachtungsverfahren. So können Sie eine ressourcenorien-tierte und ganzheitliche Einschätzung des Kindes zu entwickeln.

Freie Beobachtungen nützen und weitere Perspektiven einbindenZu einer ganzheitlichen Einschätzung des Kindes gehört jedoch mehr, denn alle Beobachtungsbögen oder Einschätzverfahren liefern Ihnen nur einen Teil der für die pädagogische Arbeit wichtigen Informatio-nen. Ergänzen Sie Ihre Einschätzungen mit freien Beobachtungen und auch Dokumentationen des Kindes und seiner Lernprozesse (ideale Ergänzung sind z.B. Bildungs- und Lerngeschichten oder die Portfoli-oarbeit).

KOMPIK umfasst 11 Bildungs- und Entwicklungsbereichen:1 Motorische Kompetenzen

2 Soziale Kompetenzen

3 Emotionale Kompetenzen

4 Motivationale Kompetenzen

5 Sprache und frühe Literacy

6 Mathematische Kompetenzen

7 Naturwissenschaftliche Kompetenzen und Interessen

8 Musikalische Kompetenzen und Interessen

9 Gestalterische Kompetenzen und Interessen

10 Gesundheitsbezogene Kompetenzen und Interessen

11 Wohlbefinden und soziale Beziehungen

Reflektionsfragen

Wie erleben Kinder die Situationen, in denen sie beobachtet werden?

Wie erlebe ich es, wenn ich ein Kind beobachte? Was beeinflusst

mich in meiner Beobachtung?

Wie kann ich es schaffen, das Team, die Familie, das Kind selbst,

die Schule bei der ganzheitlichen Einschätzung einzubinden?

Wie gehe ich mit Ergebnissen um, die nicht meinen Erwartungen

entsprechen?

Wie schaffe ich es, in der ganzheitlichen Einschätzung einen

ressourcenorientierten Blick auf das Kind zu entwickeln?

Wie verändert diese Einschätzung meine pädagogische

Arbeit mit den Kindern?

1. Beobachten und Dokumentieren

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1. Beobachten und Dokumentieren

Für Lehrkräfte: Wie können Sie in der Schule an den Beobachtungen anknüpfen?

Wenn die Eltern zugestimmt haben, werden Sie als Lehrkraft Informationen über die Einschätzung des Kindes im Kin-dergarten bekommen. Wie können Sie diese Informationen nützen? Ein großer Vorteil ist sicherlich, dass Sie das Kind nicht nur kennen gelernt haben, sondern schon von Anfang an wesentlich stärker in ihrer Arbeit differenzieren können und auf die Stärken und Unterstützungsbedarfe der Kinder besser eingehen können. Trotzdem kann es sein, dass sich Kinder in der Phase des Übergangs sehr schnell weiterentwickeln: denn der Übergang ist eine Phase beschleunigten Lernens – nicht

nur für das Kind selbst, sondern auch für seine Familie. Führen Sie deshalb die Einschätzung weiter, so können Sie gemeinsam mit den Eltern die Entwicklung des Kindes über einen länge-ren Zeitraum im Blick behalten.

Beide in der QSV eingesetzten Verfahren (KISS und KOM-PIK) sind nicht für Kinder im Schulalter entwickelt worden. Trotzdem können Sie als Lehrkraft sinnvoll an der ganzheit-lichen Einschätzung anknüpfen: Sie können bspw. ein in der Kindertageseinrichtung begonnenes Portfolio des Kindes in

der Schule weiterführen. Sie können den Bogen „Eine ganz-heitliche Einschätzung des Kindes“ auch für ältere Kinder ein-setzen und gemeinsam mit den Eltern und Kindern ausfüllen. Am wichtigsten ist dabei sicherlich, dass Sie im Sinne einer ganzheitlichen Einschätzung die Perspektiven der Kinder und Eltern einbinden und dass Sie dabei immer ressourcenorien-tiert vorgehen. Mit dieser Grundlage können Sie für sich und gemeinsam mit dem Kind und den Eltern Entwicklungsver-läufe nachvollziehen und so eine wertvolle Grundlage für ihre pädagogische Arbeit als Lehrkraft erhalten.

Durch den gezielten Einsatz von Beobachtungsverfahren können Sie – genauso natürlich wie durch freie Beobachtung - auch Hinweise auf Entwicklungsrisiken oder –auffälligkeiten erhalten, die Sie und die El-tern noch nicht kannten. Wenn Sie derartige Hinweise entdecken, spre-chen Sie mit den Eltern des Kindes: So können die Eltern eine gezielte Diagnostik oder auch weitergehende Fördermaßnahmen einleiten.

Wie können Sie mit Hinweisen auf Entwicklungsrisiken oder –auffälligkeiten umgehen?Unterstützen Sie die Eltern, indem Sie Ihnen entsprechende Ansprech-partner (z.B. Kinderärzte, Kinder- und Jugendpsychotherapeuten oder Frühförderstellen) nennen oder ggf. auch den Kontakt herstellen. Vernetzen Sie sich mit den entsprechenden Therapeuten oder Frühför-derstellen, damit Sie das Kind auch in der Einrichtung gezielt unter-stützen können. Intensivieren Sie die Kooperation mit der Familie des Kindes, um das Kind und auch die Familie zu stärken und begleiten.

Versuchen Sie außerdem Ihren Blick auf das Kind noch zu erweitern, indem Sie andere Personen mit einbeziehen. Wer kann Ihnen noch mehr Informationen über das Kind und dessen Entwicklung geben?

Binden Sie z.B. in Gesprächen oder gemeinsamen Treffen• das Kind selbst,• seine Eltern,• die Lehrkraft,• oder auch weitere Personen ein.Bitte beachten Sie, dass Informationen über das Kind nur mit Wissen und Einverständnis der Eltern an die Lehrkraft weitergegeben werden dürfen.

Halten Sie Ihre gemeinsame Einschätzung im Bogen: "Eine ganzheitli-che Einschätzung des Kindes" fest.

Zum Weiterlesen und Vertiefen:

Euler, H., Holler-Zittlau, I., van Minnen, S., Sick, U., Dux, W., Neumann, K. (2007). Kindersprach-screening

(KiSS). Das hessische Verfahren zur Feststellung des Sprachstandes 4-jähriger Kinder. URL:

http://www.uni-kassel.de/fb4/psychologie/personal/euler/Sprachscreening.pdf

Fthenakis W. E., Daut, M., Eitel A., Schmitt, A. & Wendel, A. (2009). Natur-Wissen schaffen. Band 6:

Portfolios in der Elementarpädagogik. Troisdorf: Bildungsverlag Eins

Mayr, T., Krause, M., Bauer, C. (2011). Der Beob-achtungsbogen KOMPIK – Ein neues Verfahren für Kindertageseinrichtungen. In: Fröhlich-Gildhoff, K.,

Nentwig-Gesemann, I. & Leu, H.-R. (Hrsg.) Forschung in der Frühpädagogik, Band 9. Freiburg: FEL.

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EinE ganzhEitlichE Einschätzung dEs KindEs

BESonDErE StärKEn DES KInDES

BESonDErE IntErESSEn DES KInDESName des KiNdes:

Geburtsdatum:

datum:

Zeitraum der beobachtuNG:

Die folgende Vorlage können Sie nutzen, um die Ergebnisse der ganz-heitlichen Einschätzung festzuhalten. Sie könnenzunächst Ihre Einschät-zung eintragen, bittea ergänzen Sie dann immer aus Sicht des Kindes, der Eltern, der Schule!

1. Beobachten und Dokumentieren

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EinrichtungstEam

EinrichtungstEam

FachKraFt

eiNrichtuNGsteam

LehrKraFt

eLterN

weitere PartNer

das KiNd seLbst

WEr WurdE bishEr bEtEiligt

BraucHt DaS KInD gEZIEltE untErStütZung?

Wo BraucHEn WIr nocH mEHr InFormatIonEn?

1. Beobachten und Dokumentieren

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WIE KönnEn WIr DaS KInD am BEStEn StärKEn?

EinrichtungstEam

EinrichtungstEam

➔ die Kita

➔ die schuLe

➔ weitere PartNer

➔ die FamiLie

WiE KönnEn Wir dazu bEitragEn?

1. Beobachten und Dokumentieren

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Voneinander lernen und gemeinsam Neues entwickeln

Kindertageseinrichtungen und Schulen kooperieren in verschiedenen Situationen und können enorm durch den gegenseitigen Austausch und gemeinsame Diskussionsprozesse profitieren. Seit der Einführung des BEP haben sich hessenweit sehr viele Schulen und Kindertages-einrichtungen in Tandems zusammengeschlossen. Diese Tandems haben bereits viele gemeinsame Erfahrungen gemacht, z.B. gemein-same Fortbildungen besucht, gemeinsame Projekte geplant und durchgeführt. Vielleicht am wichtigsten ist es aber, dass sich Tandems in diesem Prozess auch darauf eingelassen haben, die pädagogische Arbeit gemeinsam weiterzuen

2. Kooperation mit Schule

Wenn Kindertageseinrichtungen und Schulen eine echte inhaltliche Kooperation entwickeln, profitieren alle: Die Fachkräfte, die Lehrkräfte, die Eltern und na-türlich vor allem die Kinder. In dieser Kooperation geht es nicht nur darum, sich kennen zu lernen, auszutau-schen und gemeinsame Projekte zu planen. Es geht darum, voneinander und miteinander zu lernen und gemeinsam Neues zu wagen.

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Eine gute Kooperation auf Augenhöhe zu entwickeln und am Leben zu erhalten, ist ein längerer Prozess, der Offenheit und Engagement auf von allen Partnern erfordert. Dazu braucht es auch Strukturen wie z.B. regelmäßige Tandemtreffen und auch eine klare Zuweisung von Verantwortlichkeiten.

Die Rolle der Lehrkraft in der QSVIn der QSV wird die Kooperation noch weiterentwickelt: Lehrkräfte werden schon sehr früh – nämlich schon wenn Kinder 4 bis 5 Jahre alt sind - in zentrale pädagogische Prozesse in der Kindertageseinrich-tung eingebunden.

Besonders wichtig ist dabei:• dass sich Kinder und Lehrkräfte schon früh kennen lernen• dass sich Lehrkräfte bei der ganzheitlichen Einschätzung der Kinder

beteiligen (Voraussetzung dafür ist die Einwilligung der Eltern)• dass Fachkräfte und Lehrkräfte sich über pädagogische

Themen austauschen (z.B. durch gegenseitige Hospitationen) und voneinander lernen

• dass Fachkräfte und Lehrkräften Angebote oder Projekte gemeinsam planen und gestalten

• dass Fachkräfte und Lehrkräfte gemeinsame Aktivitäten zu Einbindung der Eltern durchführen (bspw. gemeinsame Elternabende zur QSV)

• dass Fachkräfte und Lehrkräfte den Übergang in die Schule gemeinsam gestalten.

Anschlussfähige Bildungsprozesse organisierenAls Einstieg können Sie ein bestimmtes inhaltliches Thema wählen z.B. ein spezifisches Projekt, das die Kinder im letzten Kindergarten-jahr beginnen und das in der Schule weitergeführt wird. Sinnvoll ist es, wenn sowohl Lehrkräfte als auch Fachkräfte beim Tandempartner hospitieren und auch das Projekt gemeinsam gestalten. Sprechen Sie darüber, wie das Projekt im Kindergarten gestaltet werden kann, so dass es in der Schule anschlussfähig ist und wie das Lernen der Kinder in der Schule dann sinnvoll weitergeführt werden kann.

Viele Tandems machen auch gute Erfahrungen damit, das Portfolio des Kindes in der Schule weiterzuführen.

Wenn Sie durch diesen Einstieg Lust auf mehr Anschlussfähigkeit bekommen haben, können Sie überlegen, wie Sie dieses Vorgehen auf andere Bereiche und auch im Hinblick auf das „wie“ gelernt wird, ausdehnen können.

• Wie können Sie z.B. die Vorerfahrungen von Kindern mit Schrift oder früher Mathematik nützen?

• Wie können Sie damit umgehen, wenn einige Kinder der Klasse schon flüssig lesen können, während andere noch kaum Buchstaben erkennen?

• Welche Methoden zur Gestaltung von Bildungsprozessen könnten Kindergarten und Grundschule gemeinsam einsetzen – oder tun das jetzt schon?

Ganz wichtig ist hierbei eine große Offenheit für die jeweils andere Institution und die Bereitschaft, gemeinsam die eigenen Überzeugungen

Reflektionsfragen

Was erlebe ich in unserer Kooperati-on als positiv und als Bereicherung?

Was belastet mich an der Kooperation?

Wie gehen wir miteinander um? Sprechen wir mit einer gemeinsamen

Sprache und begegnen wir uns auf Augenhöhe?

Wie anschlussfähig sind Bildungs-prozesse zwischen Kita und Schule?

Was würde ich gerne von unseren Tandempartnern lernen und was kön-

nen unsere Partner von uns lernen?

Wie sollte sich die Kooperation in Zukunft weiterentwickeln?

2. Kooperation mit Schule

Anschlussfähigkeit bedeutet: Kinder erleben, dass das was und wie sie in der Kindertageseinrichtung gelernt haben eine Weiterführung und Erweiterung in der Schule erfährt. Anschlussfähige Bildungsprozesse zu organisieren, ist ein Kernthema für die Kooperation von Kindertageseinrichtung und Schule.

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über das Lernen im Elementar- und Primarbereich zu reflektieren. Versuchen Sie möglichst oft gegenseitig zu hospitieren, um zu erfah-ren, wie in der Kindertageseinrichtung und Schule mit einem Thema umgegangen wird. Versuchen Sie sicherzustellen, dass im Übergang die relevanten Informationen und Dokumentationen an die Lehrkraft weitergegeben können. Versuchen Sie auch die Eltern und weitere Partner dabei einzubinden.

2. Kooperation mit Schule

Kooperation braucht Ziele und StrukturenBei der Implementierung des hessischen BEP hat sich eines immer wieder gezeigt: Eine gute Kooperation ist kein Selbstläufer, es ist ein längerer Prozess, der sich immer weiterentwickelt. Vieles hängt dabei an Personen und guten Beziehungen. Damit sich aber eine Koope-ration festigt und auch durch Personalwechsel nicht gefährdet wird, ist es sinnvoll, der Kooperation auch Ziele und Strukturen zu geben. Anregungen dazu sind z.B.: • einen gemeinsamen „Kooperationskalender“ zu gestalten, in dem

wichtige Kooperationsanlässe und -termine im Jahr für alle festgehal-ten werden

• eine Steuerungsgruppe auf Leitungsebene zu bilden, die sich regel-mäßig trifft und wichtige Entscheidungen vorbereitet

• eine gemeinsamen „Kooperationsvereinbarung“ zu den Zielen und Inhalten der Kooperation zu entwickeln (ein Beispiel finden Sie auf der folgenden Seite)

• regelmäßige gemeinsame Veranstaltungen durchzuführen (wie bspw. gemeinsame Fortbildungen oder Elternabende)

Zum Weiterlesen und Vertiefen:

Griebel, W. & Niesel, R. (2011). Übergänge verstehen und begleiten. Transitionen in der Bildungslaufbahn von

Kindern. Berlin: Cornelsen Scriptor.

Kammermeyer, G. (2010). Bildungsprozesse vom Kindergarten in die Grundschule anschlussfähig

gestalten. In A. Diller, R. Leu et al. (Hg.), Wem gehören die Kinder? DJI-Fachforum Bildung und Erziehung. München:

DJI-Verlag.

Speck-Hamdan, A. (2011).Grundschulpädagogisches Wissen –Impulse für die Elementarpädagogik?. WIFF-Ex-

pertise Nr. 21. DJI: München. Online abrufbar unter www.weiterbildungsinitiative.de.

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Tipp!

KoopERAtionSVEREinBARung

1. Unsere gemeinsamen grUndpositionen zUr BildUng Und erziehUng

2. Unsere gemeinsame ziele, die Uns für die Kooperation wichtig sind

3. aUflistUng von KonKreten gemeinsamen vorhaBen

4. Unsere gemeinsame treffen Und BesprechUngen

5. Bei schwierigKeiten in der Kooperation versUchen wir eine gemeinsame lösUng zU finden, indem wir

Wenn Sie schon eng im Tandem kooperieren oder auch erst seit kurzem zusammenarbeiten: Halten Sie Ihre gemeinsamen Ziele, wichtige gemeinsame Themen oder Projekte, die Sie planen schriftlich fest (Kooperationsvereinbarung). So entsteht für alle Tandempartner mehr Transparenz und Klarheit – auch in schwie-rigen Situationen.

Inhalte der Kooperationsvereinbarung können z.B. sein: gemein-same Grundpositionen, gemeinsame Ziele und Kooperationsvor-haben, Ansprechpartner und Verantwortliche oder ein Vorgehen bei Schwierigkeiten. Wichtig ist: die Kooperationsvereinbarung sollte von allen beteiligten Institutionen gemeinsam entwickelt und unterschrieben werden, so besitzt sie mehr Verbindlichkeit. Es ist sinnvoll, regelmäßig (z.B. einmal im Jahr) die Kooperati-onsvereinbarung als Reflexionsgrundlage zu nützen und ggf. an neue Entwicklungen anzupassen.

Folgende Punkte können Sie bei der Entwicklung Ihrer Koopera-tionsvereinbarung nützen:

2. Kooperation mit Schule

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proTokollbogen für die TandemarbeiT

unSERE thEmEn

ZiELE unD AufgABEn

KonKREtE ARBEitSSchRittE unD VERAntWoRtLichE

datUm des arBeitstreffens:

anwesende:

termin für das nächste arBeitstreffen:

wer soll zUsätzlich noch dazUKommen?

Bei gemeinsamen Besprechungen oder Tandemtreffen ist es sinnvoll, die Ergebnisse zu protokollieren. Im Protokollbogen können Sie die jeweiligen Themen und Diskussionspunkte bei Tandemtreffen einfach und zeitsparend festhalten.

2. Kooperation mit Schule

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Eltern als Bildungs-partner gewinnen

3. Kooperation mit Eltern

Die Familie ist der erste und wichtigste Bildungsort für Kinder. Ihre Arbeit in Kindertageseinrichtungen kann eine positive Entwicklung von Kindern viel besser un-terstützen, wenn Sie mit den Familien eng zusammen-arbeiten und wenn Familien zu „Bildungspartnern“ der Einrichtung werden. Dann können Sie sich mit Eltern über die Entwicklung des Kindes austauschen und ge-meinsam überlegen, wie das Kind am besten gestärkt werden kann – in der Einrichtung und in der Familie.

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Eine solche „Bildungspartnerschaft“ braucht genug Zeit, um sich zu ent-wickeln und viel Vertrauen von beiden Seiten. Wichtig ist dabei, dass Sie möglichst individuell auf die Eltern eingehen, denn jede Familie ist anders. Versuchen Sie ein Gespür dafür zu entwickeln, wie Sie am besten mit welchen Eltern in Kontakt und in einen wirklichen Austausch kommen.

Tür- und AngelgesprächeTür- und Angelgespräche sind mehr als „Small Talk“, sie sind eine wichtige Grundlage für die Partnerschaft mit Eltern. In den Tür- und Angelgesprä-chen können Sie eine gute persönliche Beziehung zu den Eltern aufbau-en und sich „informell“ über das Kind austauschen.

Besonders wichtig sind Tür- und Angelgespräche für Eltern, die aus bestimmten Gründen (wegen Sprachbarrieren, Zeitmangel oder Angst) nicht gerne zu Elternabenden oder Entwicklungsgesprächen kommen!

Themen von Tür- und Angelgesprächen können sehr vielfältig sein: • Was gab es heute Besonderes? Wie geht es dem Kind gerade in der Einrichtung?

• Mit welchen Spielen beschäftigt es sich und mit welchen Kindern spielt es gerne zusammen?

• Welche Themen interessieren das Kind gerade besonders oder was ist (heute) aufgefallen?

• Auch Eltern können in diesen Gesprächen etwas von ihrer (auch persön-lichen) Situation erzählen, Beobachtungen berichten oder Fragen stellen.

Durch Tür- und Angelgespräche können auch Unstimmigkeiten rechtzei-tig aufgegriffen werden, bevor wirkliche Konflikte entstehen. Die Grenze zwischen „normalen“ Tür- und Angelgesprächen und tatsächlichen Eltern-gesprächen kann auch fließend verlaufen. Vielleicht entdecken Sie erst im Gespräch, dass das Thema für beide Seiten sehr wichtig ist. Verabreden Sie dann ein ausführlicheres Elterngespräch im geschützten Rahmen, das Sie vorbereiten können und für das Sie beide sich ausreichend Zeit nehmen können.

Reflektionsfragen

Wie gut kenne ich die Familien und deren Situation der Kinde, für die ich

zuständig bin?

Wie erlebe ich die die Kooperation mit Eltern? Wobei fühle ich mich wohl?

Wovor habe ich Angst?

Wie heißen wir Eltern bei uns in der Einrichtung willkommen?

Fühlen sich Eltern, die außerhalb der Bring- und Abholzeiten zu uns

kommen, willkommen?

Wodurch signalisiere ich Eltern, dass ich sie als Experten für ihre Kinder

wertschätze und dass sie für mich ein wertvoller Partner sind?

Wodurch signalisieren mir Eltern Wertschätzung? Wie merke ich, dass sie mich als wichtige(n) Partner(in)

akzeptieren?

Wie gehen wir mit Eltern um, die unsere normalen Angebote nicht

wahrnehmen?

3. Kooperation mit Eltern

• Eltern sehr offen und mit hoher Wertschätzung begegnen

• Eltern über pädagogischen Aktivitäten und das pädagogische Konzept informieren (z.B. Elternabende, Dokumentationen, Elternbriefe uvm.)

• regelmäßig mit Eltern über das Kind sprechen (z.B. Entwicklungsgespräche, Tür- und Angelgespräche, spezifische anlassbezogene Gespräche)

• Eltern bei der Planung und Gestaltung von pädago-gischen Aktivitäten einbeziehen (bsp. bei spezifischen Projekten, in die Portfolioarbeit, Hospitationen von Eltern in der Einrichtung oder bei Ausflügen)

• Angebote für Eltern machen (z.B. Wie lese ich meinem Kind am besten vor? Wie gehe ich mit Konflikten um? Wie kann ich mein Kind am besten auf die Schule vorbereiten…)

Gegenseitige Anerkennung, Wertschätzung und Vertrauen. Folgende Angebote für Eltern können Sie nutzen, um eine positive Bildungs- und Erziehungs-partnerschaft zu entwickeln:

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Das Entwicklungsgespräch Mit gut gestalteten Entwicklungsgesprächen können Sie für sich, die Eltern und vor allem für das Kind sehr viel erreichen. Das Entwick-lungsgespräch hat folgende Ziele:• ein vertrauensvolles Verhältnis mit den Eltern herzustellen• sich miteinander über die Entwicklung, die Kompetenzen,

das Wohlbefinden und die Interessen des Kindes auszutauschen und so eine erweiterte Sicht auf das Kind entwickeln

• gemeinsam mit den Eltern darüber nachdenken, wie das Kind am besten gestärkt werden kann

• gemeinsam zu planen, wie sowohl Sie in der Einrichtung als auch die Eltern das Kind unterstützen wollen

Durch die ganzheitliche Beobachtung der kindlichen Kompetenzen (z.B. den Beobachtungsbogen KOMPIK) können Sie auf detaillierte Informationen über die kindliche Entwicklung zurückgreifen. Das El-terngespräch verändert sich aber dadurch nicht in seiner Zielsetzung und im generellen Vorgehen! Der Blick auf das Kind und die Familie ist ressourcenorientiert, die Sichtweise der Familie auf das Kind spielt eine sehr wichtige Rolle.

3. Kooperation mit Eltern

Tipps zur Gesprächsführung mit Eltern

Förderliche Gesprächsführung: • Haltung: Respekt, Neugier, Wertschätzung

• persönliche, kleine und genaue Beobachtungen des Verhaltens schildern statt allgemeine Beschreibungen und unveränderliche Charaktereigenschaften zu benennen

• aktiv zuhören

• Wertschätzung und Anerkennung der Arbeit und Mühe der Eltern zeigen

• Eltern nach positiven Erlebnissen mit dem Kind fragen

• Elternkompetenzen stärken, indem der Blick auf positives Elternverhalten gelenkt wird

• Sorgen der Eltern und andere Gefühle ernstnehmen und aufgreifen

Was kann ein Gespräch in eine falsche Richtung lenken? Vermeiden Sie es:

• sich auf die Probleme und den Unterstützungsbedarf des Kindes zu konzentrieren

• Eltern vorzuschreiben, was sie zu tun haben (statt Ratschlägen besser Vorschläge machen und Eltern ermutigen, etwas Neues auszuprobieren)

• denken, dass es nur eine richtige Lösung gibt und bei den Eltern als Expertin auftreten, die es besser weiß

• alles beschönigen oder Schwierigkeiten nicht ansprechen

• „immer, nie, grundsätzlich, überall, sowieso“

• bei Kritik der Eltern mit Abwehr und Verteidigungshaltung reagieren

Auch schwierige Gespräche mit Eltern können funktionieren. Wie können Sie im Gespräch eine kooperative Basis erreichen?

Zum Weiterlesen und Vertiefen:

Roth, X. (2010). Handbuch Bildungs- und Erziehungs-partnerschaft. Zusammenarbeit mit Eltern in der Kita.

Freiburg, Basel, Wien: Herder.

Weltzien, D. & Kebbe, A. (2011). Handbuch Ge-sprächsführung in der Kita. Freiburg, Basel, Wien: Herder.

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3. Kooperation mit Eltern

1. VorbereitungWas könnte die Eltern interessieren? Was möchte ich gerne mitteilen? Was möchte ich über die Familie und das Kind in Erfahrung bringen? Welches Ziel soll das Gespräch haben?

2. beginnBegrüßung und Zeit zum Ankommen lassen, Ziele des Entwicklungsgespräches klären, gemeinsam einen Zeitrahmen festlegen.

3. erfahrungen und SichtweiSen der eltern erkundenWelchen Eindruck haben die Eltern von ihrem Kind, worauf sind sie stolz, wo brauchen Sie noch mehr Information, was interessiert sie besonders? Interessiert und erkundend nachfragen, Eltern als Experten und Ratgeber ansprechen, Zurückhaltend sein mit den eigenen Sichtweisen.

EntwicklungsgEspräch1

name deS kindeS:

benötigteS material/unterlagen:

datum deS geSprächS:

1 (adaptiert von Brigitte Heinz nach Lothar Klein/Herbert Vogt: „Eltern in der Kita“).

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3. Kooperation mit Eltern

4. eigene beobachtungen, fragen und hypotheSen einbringenVor allem berichtend darstellen und erzählen, mit vielen Beispielen arbeiten, Interpretationen als Hypothesen darstellen: „Wir vermuten....“/“Wir fragen uns, ob...“, stets die Sichtweise der Eltern einholen „Was denken Sie dazu?“

5. gemeinSameS nachdenken darüber, wie daS kind am beSten in Seiner entwicklung geStärkt werden kannWie können die Kita und die Eltern das Kind stärken?Wie kann die Kita die Eltern stärken?Wie können die Eltern die Kita stärken?

6. abSchluSSZusammenfassung des Gesprächs und Festhalten der wichtigsten Ergebnisse, Feedback von den Eltern einholen, Absprachen treffen.

tipp!

Wenn Sie sich auf ein Entwicklungsgespräch vorbereiten, ist es gut, sich Notizen zu den einzelnen Phasen zu machen. So haben Sie im Lauf des Gesprächs immer einen roten Faden vor sich. Hal-ten Sie die Ergebnisse des Gesprächs stichpunktartig fest, dazu können Sie auch den Bogen „Eine ganzheitliche Einschätzung des Kindes“ verwenden, den Sie auch gerne den Eltern mitgeben können.

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Mit Kindern Bildungs-prozesse gestalten

Die Begriffe „Vorschulische Förderung“ werden oft mit dem Einsatz von „Programmen“, also z.B. feinmotorischen Übungen, Sprachförder-programme oder Konzentrationsübungen verbunden. Solche spezifi-sche Förderprogramme werden häufig in Kindertageseinrichtungen eingesetzt, obwohl nicht immer klar ist, wie groß die Effekte sind. Die kindlichen Kompetenzen können Sie am besten stärken, wenn Sie – im Sinne des BEP – ko-konstruktiv, ganzheitlich und alltagsorientiert arbeiten.

Lassen Sie sich vom Interesse der Kinder leiten, denn ein hohes Inte-resse ist eine gute Voraussetzung für nachhaltiges Lernen. Versuchen Sie dialogisch zu arbeiten, mit offenen Fragen, in einer guten Ge-sprächsatmosphäre und indem Sie Kinder anregen, über Themen oder

4. Die kindlichen Kompetenzen stärken

Ihre wichtigste Tätigkeit als pädagogische Fachkraft ist es, die Entwicklung der Kinder zu unterstützen, indem Sie sie beobachten, mit ihnen interagieren, kommunizieren, spielen und mit den Kindern lernen. Eine große Herausforderung dabei ist es, mit einer Gruppe von Kindern zu arbeiten und trotzdem die Bedürfnisse jedes Kindes im Blick zu haben.

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Gedanken zu sprechen. Versuchen Sie in Angeboten oder Projekten immer einen Handlungs- Lebenswelt- oder Alltagsbezug herzustellen, denn durch solche Verankerungen können Kinder Gelerntes auf an-dere Situationen übertragen. Und: nur wenn Kinder sich wohl fühlen, können sie gut lernen!

Ko-Konstruktion – Lernen in ZusammenarbeitBei ko-konstruktiven Lernprozessen sind Kinder und Erwachsene aktiv (Fthenakis/2009): Sie gestalten Lernprozesse aktiv, indem Sie Impulse setzen, Fragen stellen und die Kinder anregen, „weiterzudenken“. Die Kinder sind aktiv, indem Sie Ihr Vorwissen, ihre Überlegungen und ihre Interessen einbringen und die Gespräche oder Angebote auch entscheidend beeinflussen.

Reflektionsfragen

Wie planen wir unsere Angebote und unser pädagogisches Programm?

Welche Rolle spielen dabei die Interessen der Kinder?

Wie gehe ich mit der Unterschied-lichkeit der Kinder um? Welche

Lösungen finde ich, um allen Kindern gerecht zu werden?

In welchen Situationen erlebe ich es, dass ich gemeinsam mit den Kindern

„Neues“ entdecke?

Wie gelingt es mir, die Stärken aller Kinder zu sehen und mit den Stärken

zu arbeiten?

In welcher Atmosphäre lernen Kinder bei uns?

In welchen Momenten sehe ich, dass Kinder in einer lernenden Gemein-

schaft zusammen arbeiten?

4. Die kindlichen Kompetenzen stärken

Ko-konstruktiv mit Kindern zu arbeiten, bedeutet…

… an Inhalten und Themen zu arbeiten, die für die Kinder wichtig und bedeutungsvoll sind

….das Interesse und die Fragen der Kinder in den Mittelpunkt des pädagogischen Handelns zu stellen

… dialogisch und diskursiv zu arbeiten.

• gemeinsame Gespräche und Diskussionen anzuregen

• Kindern offene Fragen zu stellen

• Kindern aktiv zuzuhören

….die Interaktion zwischen Kindern und Kindern und Erwach-senen und Kindern als Schlüsselprozess für Bildung zu nutzen

• verstärkt Kleingruppen zu bilden

• eine positive Atmosphäre etablieren

• eine lernende Gemeinschaft in der Kindergruppe herstellen

• sich selbst aktiv als Bildungspartner in Dialoge, Spiele oder päda-gogische Aktivitäten einbringen

… ganzheitliche, sinnorientierte und nachhaltige Lernprozesse gemeinsam zu gestalten

• ganzheitlich und mit allen Sinnen Themen zu erfahren und zu erarbeiten

• bildungsbereichsübergreifend zu arbeiten, d.h. Themen mit unter-schiedlichen Methoden und aus unterschiedlichen Perspektiven anzugehen (z.B. bei der Projektarbeit)

• Wissen und Erfahrungen nachhaltig zu machen, indem z.B. die Übertragung auf andere Bereiche erarbeitet wird oder ein hoher Anwendungsbezug hergestellt wird

… zu versuchen, Kinder in ihren Denk- und Lernprozessen einen Schritt weiterzubringen

• Kinder unterstützen, auf die Stufe der nächsten Entwicklung zu kommen (z.B. durch gezielte Unterstützung oder Modellierung von Verhalten, durch Nachfragen oder schrittweises Vorgehen)

• Die Reflexionsfähigkeiten der Kinder im Sinne von lernmethodi-scher Kompetenz herauszufordern (durch metakognitive Dialoge, durch gemeinsame Aktivitäten zur Dokumentation uvm.)

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Dabei geht es weniger darum, dass Kinder sich neues Wissen aneig-nen (wie z.B. verschiedene Bäume an Merkmalen zu erkennen), son-dern um tiefere Bedeutungen: Was bedeuten Bäume für unsere Welt? Wie wachsen Bäume und wieso verfärben sich die Blätter im Herbst? Wenn Sie ko-konstruktiv arbeiten, ist die Gestaltung der Interaktion mit den Kindern ein Schlüsselprozess: Sie können durch die Gestal-tung der Gruppensituation (z.B. Kleingruppenarbeit, in der jedes Kind etwas beitragen kann) und der Moderation von Dialogen die Qualität der Lernprozesse beeinflussen. Allerdings können - im Gegensatz zu traditionellen pädagogischen Angeboten – ko-konstruktive Prozes-se oft eine ganz andere Wendung nehmen, als Sie das ursprünglich geplant haben. Aber genau davon können Kinder und vielleicht auch Sie selbst am meisten profitieren.

Auf dem Weg zur inklusiven PädagogikKein Kind gleicht dem anderen. Jedes Kind bringt seinen eigenen Hin-tergrund und seine individuelle Geschichte mit in die Gemeinschaft von Lernenden. Kinder unterscheiden sich z.B. im Alter und Geschlecht, im Temperament, in ihren Stärken, Begabungen und Interessen, in ihrem Lern- und Entwicklungstempo, in ihren spezifischen Lern- und beson-deren Unterstützungsbedürfnissen und auch in ihrem kulturellen oder sozioökonomischem Hintergrund. Inklusion betont die Normalität der Verschiedenheit von Menschen und lehnt die Vorstellung der Segregati-on anhand bestimmter Merkmale ab.

Sich auf den Weg zu einer inklusiven Pädagogik zu machen, bedeutet einen positiven Umgang mit dieser Unterschiedlichkeit zu finden: Alle Kinder erhalten die Möglichkeit, in Kooperation mit anderen Kindern,

4. Die kindlichen Kompetenzen stärken

Dialoge mit Kindern führen

Gespräche und Dialoge mit Kindern sind die zentrale Me-thode in einer ko-konstruktiven Bildungspraxis. In Gesprächen können Kinder wichtige Fragen stellen und sie gemeinsam beantworten. Dabei profitieren Kinder doppelt:

Um gute Dialoge und Gespräche mit Kindern anzuregen können Sie:

• offene Fragen stellen und aktiv zuhören

• Kinderfragen aufgreifen

• Unterschiede in den Gedanken der Kinder thematisieren

• Vielfältige Ausdrucksweisen einsetzen

• Gesprochene Sprache mit Mimik, Körpersprache und Stimme positiv unterstüt-

An den Stärken der Kinder ansetzen

An den Stärken der Kinder anzusetzen, ist eine grundsätz-liche Haltung gegenüber allen Kindern: „Mein Blick auf das Kind ist ressourcenorientiert. Ich sehe die Stärken des Kindes“. Es bedeutet, die Stärken und Talente des Kindes in den Vordergrund zu stellen und Kin-dern Herausforderungen gerade in den Bereichen zu geben, in denen sie schon sehr weit sind. Dieses Vorgehen wiederspricht

manchmal unserem Gedanken, vor allem an den Defiziten arbeiten zu wollen. Wenn aber Kinder in ihren Stärken heraus-gefordert werden, können sie Selbstwirksamkeit und Selbst-wertgefühl als „kompetente Lerner“ entwickeln. Gleichzeitig können sie aber auch Kompe-tenzen und Strategien erwer-ben, die sie einsetzen können, um in anderen Bereichen weiter zu kommen.

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Fachkräften und Eltern Bildungsprozesse so mitzugestalten, dass sie optimal davon profitieren können – ein Kind mit Behinderung genauso wie ein Kind mit Hochbegabung, ein Kind mit Migrationshintergrund genauso wie ein Kind aus einer sozioökonomisch benachteiligten Familie.

Innere Differenzierung und ÖffnungWie können Sie immer alle Kinder im Blick haben, obwohl Sie ja meis-tens mit einer großen Gruppe von Kindern arbeiten? Und wie gehen sie damit um, dass die Kinder meistens sehr unterschiedliche Interes-sen und Kompetenzen mitbringen? Damit alle Kinder entsprechend

ihrer Entwicklung profitieren können, können Sie im pädagogischen Angebot und der Gestaltung der Lernumgebung differenzieren. Hilf-reich ist dabei, gruppenübergreifende Angebote auszubauen und die Einrichtung sowohl nach innen als auch nach außen zu öffnen.Besonders gut kann mit Projektarbeit differenziert werden: Obwohl die ganze Gruppe ein übergreifendes Thema hat, können sich Kleingrup-pen von Kindern mit ganz unterschiedlichen Aspekten des Themas auseinandersetzen, die auch im Anforderungsgrad variieren kön-nen. Versuchen Sie immer, wenn es möglich ist, in Kleingruppen zu arbeiten. Dabei müssen Sie als Fachkraft nicht unbedingt immer eine Kleingruppe begleiten, obwohl das natürlich die beste Situation ist.

4. Die kindlichen Kompetenzen stärken

Eine lernende Gemeinschaft bildenWenn Kinder in einer positiven emotionalen Atmosphäre in (Klein)gruppen lernen, kann sich eine lernende Gemeinschaft in der Kinder-gruppe entwickeln. In einer lernenden Gemeinschaft erfahren Kinder Zugehörigkeit, Stress reduziert sich und die Kinder fühlen sich wohl. Kinder werden so füreinander zu wichtigen Ko-konstrukteuren, diskutieren miteinander, unterstützen sich, lernen gemeinsam und entwickeln Spiele oder Projekte weiter. Um eine lernende Gemein-schaft in der Gruppe zu etablieren können Sie:

• viel in kleineren Gruppen arbeiten

• viele Spiele und Angebote mit Kooperationscharakter einsetzen

• dafür sorgen, dass sich alle Kinder entsprechend ihren Interes-sen und ihren Stärken einbringen können

• die Entwicklung von positiven Beziehungen unter den Kindern fördern

Zum Weiterlesen und Vertiefen:

Fthenakis, W.E. (2009). Ko-Konstruktion: Lernen durch Zusammenarbeit. Kinderzeit, 3, 8-13.

Hessisches Sozialministerium (2011). Kinder in den ersten Lebensjahren: Was können sie, was brauchen

sie? Eine Handreichung zum Hessischen Bildungs- und Erziehungsplan für Kinder von 0-10 Jahren. Wiesbaden:

Eigendruck.

Hessisches Sozialministerium & Hessisches Kul-tusministerium (Hrsg.) (2007). Bildung von Anfang

an. Bildungs- und Erziehungsplan für Kinder von 0 bis 10 Jahren in Hessen. Wiesbaden: Eigendruck.

Reichert-Garschhammer, E.& Kieferle, C. (Hrsg.).(2011). Sprachliche Bildung in Kindertages-ein-

richtungen. Freiburg: Herder.

Reichert-Garschhammer, E.& AG Projektarbeit des Netzwerks Konsultationseinrichtungen in Bayern ( 2012). Bildungspläne gelingend umsetzen – Schlüssel

Projektarbeit. Ein Positionspapier. Abrufbar unter www.ifp.bayern.de.

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Sprachliche Bildung im Alltag

Kein anderer Bildungsbereich kommt ohne Sprache aus, ganz egal, ob Kinder mathematische Grundlagen erarbeiten, naturwissenschaftliche Phänomene erkunden, philosophieren oder ein Lied singen. Immer findet auch sprachliche Bildung statt.

5. Sprach- und Literacykompetenzen stärken

Sprach- und Literacykompetenzen sind zentrale Schlüsselkompetenzen, wir brauchen wir unser ganzes Leben lang. Wie Sie mit Kindern sprechen, wie Sie Kin-der anregen, zu sprechen und kommunizieren, spielt eine große Rolle für die kindliche Sprachentwicklung: Sie können so Kindern die Chance bieten, ihre sprach-lichen Fähigkeiten weiterzuentwickeln und auch den kindlichen (Zweit)-spracherwerb gezielt unterstützen. Sprachliche Bildung kann immer und überall gelebt werden, in Alltagssituationen, bei pädagogischen Angeboten oder in Gesprächen mit Kindern.

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Reflektionsfragen

Wie kommunizieren wir miteinan-der (im Team, mit den Kindern und

den Eltern) im Alltag und auch bei Angeboten?

Welche pädagogischen Angebote haben wir, um die Sprach- und

Literacykompetenzen zu stärken und wie werden sie von den Kindern

angenommen?

Welchen Stellenwert haben bei uns Schrift und Bücher?

Welchen Stellenwert hat bei uns das Erzählen und Geschichten?

Welche Haltung nehme ich gegen-über den Erstsprachen der Kinder

ein (bei Kindern, die eine andere Erstsprache haben)?

Wo liegen meine persönlichen Stärken, wenn es um sprachliche

Bildung geht?

5. Sprach- und Literacykompetenzen stärken

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Fähigkeit, sich sprachlich mitzuteilen und mit anderen auszutauschen, interesse an sprache und sprachlichen Botschaften

• Sprechfreude und Interesse am sprachlichen Dialog erleben

• den eigenen Wortschatz erweitern

• Probleme zunehmend auch sprachlich lösen können

• einen Vorgang, eine Geschichte zusammenhängend darstellen und erzählen können

• miteinander sprechen

literacybezogene Kompetenzen

• Bücher und Buchkultur, Schreiben und Schriftkultur kennen lernen und Interessen dafür entwickeln

• Textverständnis entwickeln

• Schrift und ihre Funktion kennen lernen

• Sprachliche Abstraktionsfähigkeit entwickeln

• andere Perspektiven einnehmen können

sprachbewusstsein, sprachliche Flexibilität und Mehrsprachigkeit

• Freude und Interesse an Laut- und Wortspielen, Reimen und Gedichten entwickeln

• Ein Gefühl für sprachliche Strukturen (Silben, Laute) entwickeln (phonologisches Bewusstsein)

• verschiedene Sprachstile und Textsorten kennen lernen (Alltagsgespräch, Märchen, Sachinformation, Höflichkeitsregeln)

• flexible, situationsangemessene Sprachstile anwenden können

• Neugierde auf fremde Sprachen entwickeln und Mehrsprachigkeit als Bereicherung ansehen

• Bei Mehrsprachigkeit neben der Familiensprache auch fundierte Deutschkenntnisse erwerben

• eine sprachliche (auch mehrsprachliche) Identität ausbilden

Bildungsziele iM BildungsBereich sprache und literacy (vgl. Bep, s. 68-69):

Besonders wichtig ist sprachliche Bildung in der Tageseinrichtung für Kinder, in deren Familien nur wenige Anregungen in dieser Hinsicht gege-ben werden (z.B. Familien, in denen nur wenig miteinander kommuniziert wird oder Kindern kaum vorgelesen wird). Auch für Kinder, die Deutsch als Zweitsprache erwerben, ist die sprachliche Bildung in der Kindertages-einrichtung enorm wichtig, da sie hier die Möglichkeit haben, nachhaltige und vielfältige Erfahrungen mit ihrer Zweitsprache zu machen.

Fach- und Lehrkräfte als SprachvorbildBieten Sie den Kindern einen hochwertigen sprachlichen Input.Kinder erwerben die Sprache, die in ihrer Familie, der Kindertagesein-richtung oder in anderen Bildungsorten gesprochen wird. Sie selbst sind deshalb ein wichtiges Sprachvorbild für Kinder: Wie Sie mit Kindern sprechen, wie Sie Alltagssituationen oder Bildungsprozesse sprachlich gestalten hat einen großen Einfluss auf den kindlichen Spracherwerb.

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Versuchen Sie dabei…• möglichst klar zu sprechen und deutlich zu artikulieren• in einem Tempo zu sprechen, dem die Kinder folgen können• im Satzbau zu variieren und zunehmend auch anspruchsvollere Sätze

zu bilden• von Zeit zu Zeit neue, vielleicht auch schwere Wörter einzuführen,

die die Kinder noch nicht kennen• nicht nur über die Dinge des Alltags zu sprechen, sondern auch

Erlebnisse zu erzählen, über Gefühle zu sprechen oder gemeinsam über etwas zu philosophieren

Bieten Sie den Kindern vielfältige Sprachanlässe und SprachanregungenWenn Kinder viel sprechen und miteinander kommunizieren, regt das den Spracherwerb ungemein an. Sprachanlässe gibt es unzählige im Alltag einer Kindertageseinrichtung: Das Vorlesen und Geschich-tenerzählen, das gemeinsame Essen, ein Ausflug, das gemeinsame Experimentieren uvm.

Finden Sie die Themen, über die die Kinder gerne sprechen und ge-stalten Sie Gruppensituationen so, dass alle Kinder zu Wort kommen können.

Umgang mit „Fehlern“ - informatives Feedback statt direkter KorrekturenWenn Kinder über Dinge sprechen liegt ihre Aufmerksamkeit nicht auf der Korrektheit ihrer Sprache. Kinder sprechen über das, was sie interessiert. Direkte Korrekturen der Sprache (wie z.B. „das heißt nicht der Flasche, das heißt die Flasche“) unterbrechen den Kommunikati-onsfluss von Kindern und können die Sprechfreude stark einbremsen. Informative Korrekturen dagegen unterstützen die Kommunikation und den Dialog, ohne die Kinder vom Thema abzubringen: „Ah, du willst mir zeigen, wie du die Flasche fest zudrehen kannst?“

Unterstützen Sie den (Zweit-)spracherwerb differenziert Jedes dritte Kind in Deutschland hat einen Migrationshintergrund und lernt Deutsch nicht als erste Sprache, sondern als Zweitsprache. Der Zweitspracherwerb ist ein mehrjähriger Prozess, der ähnlich verläuft wie der Erstspracherwerb, wobei das Kind schon Vorkennt-nisse aus der ersten Sprache mitbringt. Ein Kind fängt nicht zu Beginn des Zweitspracherwerbs wie ein Kleinkind im Erstspracherwerb an, einzelne Wörter zu sagen wie „Mama“, „Papa“, sondern es versucht von Anfang an, längere Einheiten „aufzuschnappen“, z.B. Redewendungen, die man in sozialen Kontakten häufig braucht.

Wie können Sie den Zweitspracherwerb differenziert unterstützen?Wenn Kinder gerade anfangen, Deutsch zu lernen, ist es wichtig, ihr Kommunikationsverhalten und ihre Motivation, Deutsch zu lernen, zu unterstützen. Ermuntern Sie das Kind, mit Ihnen und anderen zu interagieren und kommunizieren, auch in seiner Erstsprache. Setzen Sie viel Mimik, Gestik und Körpersprache im Dialog mit dem Kind ein.

5. Sprach- und Literacykompetenzen stärken

handlungsBegleitendes sprechen

Begleiten Sie so oft wie möglich das, was gerade passiert, was Sie selbst oder die Kinder gerade tun oder denken, sprachlich. Kinder können so Wörter oder grammatika-lische Strukturen in verschiedenen Kontexten hören und Sinnzusammenhänge erschließen: „Jetzt gehe ich mal zum Schrank. Ich glaube, in der obersten Schublade müsste er sein, der Kleber. Die Schublade klemmt schon wieder, da brauche ich jetzt viel Kraft, um sie aufzumachen...“

gesprächsFührung Mit Kindern

Versuchen Sie in Gesprächen mit Kindern…

• allen Kindern genug Zeit zu las-sen, ihre Gedanken zu äußern

• gezielt nachzufragen und Kindern viele (offene) Fragen zu stellen

• die Äußerungen der Kinder in Ihren eigenen Worten zusammen zu fassen

• die Kinder auch mit nonverbalen Gesten oder Mimik beim Spre-chen zu unterstützen

• die Aussagen der Kinder zu er-weitern (z.B. indem Sie diese mit zusätzlichen Worten oder einem komplexeren Satzbau wieder-spiegeln)

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Arbeiten Sie mit konkreten Dingen und einem hohen Handlungs-bezug, damit Kinder einen konkreten Zugang zu Situationen oder Begriffen finden können.

Wenn Kinder schon einen Grundwortschatz erworben haben, können sie die meisten Alltagssituationen in der Einrichtung schon gut ver-stehen und sich sprachlich einbringen. Hier geht es dann darum, den Wortschatz zu erweitern und den Satzbau zu unterstützen – ebenfalls noch mit einem hohen Lebensweltbezug. Später können Sie dann dazu übergehen, die Komplexität zu steigern und vermehrt über Abstraktes zu sprechen.

Literacy – mehr als nur Schreiben und LesenKinder entwickeln ganz unterschiedliche frühe Literacy-Fertigkeiten noch bevor sie mit dem eigentlichen Lesen und Schreiben anfangen:• Wissen, warum wir lesen und schreiben – die Funktion von Schrift

sich selbst als Leser und Schreiber wahrnehmen, Wissen, dass es der geschriebene Text ist, der gelesen wird und nicht die Bilder

• Wissen über Lesen und Schreiben – das heißt Wissen darüber, wie wir lesen und schreiben z.B. dass man bei uns von oben nach unten und von links nach rechts liest, Buchstabenkenntnis, Kenntnis der Buchstaben-Lautbeziehungen, phonologische Bewusstheit

• Bewusstheit über die Struktur der Sprache- z.B. Laute, Satzbau, Wortbildung

• Aspekte der mündlichen Sprache – z.B. Wortschatz, Erzählkompetenz und Sprachverständnis

Literacy-Entwicklung enthält immer Fertigkeiten auf mehreren Ebenen: Zuhören, Sprechen, Lesen, Schreiben. Z.B. einer Unterhaltung folgen zu können, eigene Geschichten erfinden und erzählen, Reimwörter identi-fizieren (Rose – Hose), Bilderbücher selbst vorlesen können (z.B. indem Kinder so tun, als würden sie lesen), Buchstaben oder den eigenen Namen wiedererkennen, den eigenen Namen schreiben, usw..

Versuchen Sie diese Kompetenzen z.B. beim Vorlesen aber auch im ganz normalen Alltag zu stärken: Wo überall in der Einrichtung gibt es Bücher? Wo tauchen Schrift oder Buchstaben auf? Wie häufig gibt es die Gelegenheit, Geschichten zu hören, nachzuerzählen? Achten Sie auch auf erste Schreibversuche von Kindern.

5. Sprach- und Literacykompetenzen stärken Zum Weiterlesen und Vertiefen:

Jampert, K., Zehnbauer, A., Best, P., Sens, A., Leuckenfeld, K. & Laier, M. (2009). Kinder-Sprache stärken Sprachliche Förderung in der Kita. Berlin: Verlag

das Netz.

Reichert-Garschhammer, E.& Kieferle, C. (Hrsg.).(2011). Sprachliche Bildung in Kindertagesein-

richtungen. Freiburg: Herder.

Storn, K. (o.D.). Qualifizierung von Sprachförderkräften in Rheinland-Pfalz: Selbstlernmaterialien zu Modul 5 -

Methodisch-didaktisches Wissen für die Sprachförderung. Online abrufbar unter: www.sprachfoerderkraefte.de/pdf/

Endversion_SLM5_2-12-09.pdf

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In Bewegung lernen

Bewegung ist ein zentrales Bedürfnis von Kindern und spielt eine sehr wichtige Rolle für die ganzheitliche Entwicklung – von Geburt an. Sie als Fachkraft meistern eigentlich zwei Aufgaben - nämlich den Bewegungsbedürfnissen aller Kinder im Alltag gerecht zu werden und gleichzeitig Kinder gezielt bei der Entwicklung der grob- und feinmo-torischen Kompetenzen herauszufordern.

Gerade im Hinblick auf die Schulvorbereitung rücken meistens ganz bestimmte motorische Kompetenzen von Kindern in den Mittelpunkt: z.B. Still zu sitzen und eine gute Feinmotorik und Stifthaltung auszu-bauen. Doch sind das wirklich die für das schulische Lernen wichtigs-ten Kompetenzen? Nein! Bewegung hat sehr viele positive Wirkungen für die ganzheitliche kindliche Entwicklung von Kindern und auch das schulische Lernen:

6. Bewegungs- und motorische Kompetenzen stärken

„Kinder haben einen natürlichen Drang und eine Freude daran, sich zu bewegen. Bewegung ist für sie wie Sprechen, Singen und Tanzen elementares Aus-drucksmittel. Auch Gestik, Mimik, Malen, Schreiben und Musizieren beruhen auf Bewegung. Das Bedürfnis nach Bewegung zu vernachlässigen heißt, kindliche Entwicklungsprozesse empfindlich zu stören. Die moto-rische Entwicklung ist für die Gesamtentwicklung des Kindes von unerlässlicher Bedeutung.“ (BEP, S. 62)

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Reflektionsfragen

Welchen Stellenwert räume ich kindlicher Bewegung ein? Bewege ich

mich selbst gerne?

Wie und wann können Kinder bei uns im Tagesablauf ihre Bewegungsbe-

dürfnisse ausleben?

Wie unterstützt unsere Raumgestal-tung im Innen- und Außengelände die

kindlichen Bewegungsbedürfnisse?

Wie gehe ich mit der Herausforde-rung um, Kindern Freiräume für Be-

wegung zu lassen, gleichzeitig aber für die Sicherheit der Kinder zu sorgen?

Mache ich einen Unterschied zwischen Mädchen und Jungen, wenn es um Be-wegung, Fein- und Grobmotorik geht?

Wie können Kinder bei uns Bewe-gungsangebote mitgestalten?

Wie kann ich das Selbstwertgefühl mit Bewegungsangeboten stärken oder

auch verletzen?

6. Bewegungs- und motorische Kompetenzen stärken

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Motorik

• Bewegungsbedürfnisse erkennen und Bewegungserfahrungen sammeln

• Körpergefühl und Körperbewusstsein entwickeln

• motorische und koordinative Fähigkeiten und Fertigkeiten entwickeln und erproben (Grob- und Feinmotorik, Koordinationsfähigkeiten, Reaktion, Raumorientierung, Rhythmus, Gleichgewicht, Differenzierung)

• konditionelle Fähigkeiten ausbilden (Ausdauer, Kraft, Schnelligkeit)

selbstkonzept

• durch Bewegung ein positives Selbstbild der körperlichen Attraktivität und der sportlichen Leistungsfähigkeit entwickeln

• das Selbstwertgefühl durch mehr Bewegungssicherheit steigern

Motivation

• Bewegungsfreude und Aktivitätsbereitschaft entwickeln

• Neugier auf neue Bewegungsabläufe und motorische Herausforderungen entwickeln

soziale Beziehungen

• Teamgeist und Kooperation bei gemeinsamen Bewegungsaufgaben entwickeln

• Freude an der gemeinsamen Bewegung mit anderen erwerben und dabei Regeln verstehen und einhalten

• Rücksichtnahme und Fairness üben

Kognition

• Konzentration, auf bestimmte Bewegungsabläufe stärken

• Fantasie und Kreativität durch Ausprobieren neuer Bewegungsideen entwickeln

• den Zusammenhang zwischen Bewegung, Ernährung und Gesundheit verstehen

Bildungsziele iM (vgl. BeP, s. 63):

• Bewegung stärkt die Gesundheit und Wohlbefinden von Kindern• Bewegung stärkt die kognitiven Funktionen von Kindern

(z.B. Aufmerksamkeit, Konzentration)• Bewegung wirkt positiv auf die Sprachentwicklung, auf die

sozialen Kompetenzen • und Bewegung stärkt das Selbstwertgefühl und das Selbstbewusst-

sein von Kindern.

Den Alltag bewegungsfreundlich gestaltenSchon kleine Schritte können viel bewirken, wenn sie den Alltag bewegungsfreundlich gestalten möchten. Dazu ist es nicht immer notwendig, teure Anschaffungen oder eine komplette Umgestaltung der Einrichtung zu planen, sondern Sie können gemeinsam im Team überlegen, wo und wie sie Kindern (noch) mehr Bewegungsmöglich-keiten geben können.

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„Bewegungsräume - Bildungsräume“ Mit einer durchdachten Raumgestaltung können Sie mehr Bewegung in die Einrichtung bringen. Versuchen Sie z.B. möglichst viele Bereiche in der Einrichtung so zu gestalten, dass sie zu Bewegung einladen und viel Sicherheit bieten (dabei bieten sich z.B. Nebenräume, freie Flure oder „Bewegungs-Inseln“ im Gruppenraum an). Stellen Sie sicher, dass diese Räume für die Kinder zugänglich sind und sie sie selbstständig nutzen können.

Manchmal ist weniger mehrÜberlegen Sie, ob Sie alle Möbel im Gruppenraum wirklich brau-chen, denn hier können Sie durch eine Reduzierung mehr Platz für Bewegung gewinnen. Sind die Flächen im Raum z.B. von zu vielen Tischen „zugestellt“? Gibt es die Möglichkeit, an eine freien Wand eine Sprossenwand / Matraze aufzubauen? Kinder können Ihnen wertvolle Anregungen für die Gestaltung der Räume geben.

Ein bewegungsfreundlicher TagesablaufNeben der Raumgestaltung spielt der Tagesablauf eine große Rolle dabei, ob Kinder genügend Bewegung bekommen. Planen Sie dazu regelmäßige und feste Zeiten für Bewegungsangebote mit allen Kindern ein (z.B. Turnen, tägliche Freispielzeit im Außengelände, regelmäßige Ausflüge oder Exkursionen). Einen besonderen Reiz üben z.B. „Waldtage“ oder „Waldwochen“ auf die Kinder aus, die sehr positive Wirkungen auf motorische, soziale aber auch lebenspraktische Kom-petenzen haben.

Achten Sie auch darauf, dass Kinder jeden Tag, auch wenn kein spezi-elles Bewegungsangebot vorhanden ist oder keine Funktionsraum zur Verfügung steht, genügend Möglichkeiten haben, ihren Bewegungs-bedürfnissen nachzukommen.

6. Bewegungs- und motorische Kompetenzen stärken

Welche hand Bevorzugt ein Kind?

Bei den meisten Kindern bildet sich bis zum vierten oder fünften Lebensjahr eine eindeutige Handpräferenz heraus, so dass sie z.B. fast immer (nicht nur beim Malen, sondern auch beim Wasserhahnaufdrehen, beim Orangen auspres-sen usw.) diese Hand bevorzugen. Wenn Kinder im letzten Kindergartenjahr noch keine eindeutige Handpräferenz zeigen, kann es sinnvoll sein, dass die Eltern dies abklären lassen (z.B. in einer Beratungsstelle oder Ergotherapeuten). In der Einrichtung ist es wichtig, das Kind in dieser Zeit mög-lichst wenig in eine „Richtung“ zu beeinflussen – z.B. indem Gegenstände (Werkzeuge, Stifte) mittig angeboten werden.

sicherheit und BeWegung?

Wenn Kinder sich mehr und freier bewe-gen, steigen auch die Sicherheitsbeden-ken. Was passiert, wenn das Kind beim Klettern von der Sprossenwand fällt?

Achten Sie deshalb darauf, dass die Funktionsräume, Bewegungsbereiche und auch das Außengelände so sicher wie möglich gestaltet sind. Dadurch erlangen auch Sie selbst mehr Sicherheit und kön-nen den Kindern mehr zutrauen.

Gemeinsam mit den Kindern können Sie klare Regeln aushandeln, wie sie diese Bewegungsräume sicher und selbststän-dig nutzen können.

Wichtig ist aber auch, dass Sie das Kind und seine Kompetenzen gut kennen: So können Sie leichter abschätzen, welche Unterstützung oder Hilfestellung ein Kind bei einer Herausforderung – wie z.B. das Klettern auf einen Baum – braucht.

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Feinmotorische Kompetenzen und die Hand-Auge-Koordination Für Kinder ist das Erlernen der Schriftsprache im ersten Schuljahr ein ganz wichtiger Prozess. Dabei spielen spielen die feinmotorischen Kompetenzen, die Auge-Hand-Koordination und die visuelle Wahr-nehmung eine wichtige Rolle. Schreiben zu lernen hat also auch sehr viel mit Bewegung zu tun.

Diese Kompetenzen der Kinder können Sie mit sehr vielfältigen Mate-rialien und Methoden stärken:• Experimentiermaterialien

(z.B. Pipetten, Schraubgläsern, Messbechern)• klassische Materialien zum Handwerken und Basteln

(z.B. Falten, Perlenauffädeln, Weben, Scherenschnitte)• Bau- und Konstruktionsmaterialien• selbst gestaltete feinmotorische Spiele (z.B. Tastmemories)• alltagspraktische Tätigkeiten (z.B. das Auf- und Zuschrauben einer

Trinkflasche, das Öffnen und Schließen von Jacken oder Schuhen)• das Malen, Zeichnen und künstlerisches Arbeiten, wenn viele

unterschiedliche Materialien, Farben, Pinsel in den unterschiedlichs-ten Stärken eingesetzt werden

• sehr wichtig ist natürlich auch das Schreiben oder „Als ob Schreiben“ der Kinder

6. Bewegungs- und motorische Kompetenzen stärken Zum Weiterlesen und Vertiefen:

Niedersächsisches Kultusministerium (Hrsg.) (od). Gruppen-Bewegungs-Kalender. Mit Wochen-Kalendarium und vielen tollen Spielideen. Online abrufbar unter: http://www.bewegterkindergarten.de/fileadmin/Downloads_MK/

gruppenbewegungskalender.pdf

Zimmer, R. (2012). Handbuch Psychomotorik. Theorie und Praxis der psychomotorischen Förderung. Freiburg:

Herder.

Zimmer, R. (2012). Sport und Spiel im Kindergarten. Meyer & Meyer.

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Miteinander und voneinander lernen

„Das Kind lernt, kompetent und verantwortungsvoll mit eigenen Gefühlen und den Gefühlen anderer Menschen umzugehen. Es ent-wickelt sich, ausgehend von einem Gefühl der Sicherheit und des Ver-trauen in andere zu einem selbstbewussten, autonomen Menschen, ist kontakt und kooperationsfreudig und kann konstruktiv Konflikte bewältigen. Es lernt, belastende Situation effektiv zu bewältigen. Posi-tiv bewältigte Konflikte machen das Kind stark, aus ihnen gehen viele Lernerfahrungen hervor.“ (BEP, S. 58)

7. Soziale, emotionale und Alltagskompetenzen stärken

Soziale und emotionale Kompetenzen spielen eine zentrale Rolle für das Wohlbefinden von Kindern, aber auch dafür, wie Kinder in Kindertageseinrichtungen oder Schulen zurechtkommen: wie sie sich eine neue Umgebung wie die Schule erschließen, neue Bezie-hungen aufbauen und Freundschaften schließen. Wenn Kinder sich in Gruppen oder zu zweit mit einem Thema beschäftigen, spielen soziale Kompetenzen auch eine wichtige Rolle für die Lernprozesse.

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Reflektionsfragen – emotionale Kompetenzen

Welche emotionale Atmosphäre herrscht bei uns in der Einrichtung?

Wird viel gelacht oder zeigen die Kinder viele positive Emotionen?

Wie häufig sind Streitigkeiten oder Aggressionen? Gibt es hier auch

manchmal Eskalationen?

Wie dürfen Kinder ihre Emotionen zeigen und wie unterstütze ich sie bei

deren Bewältigung?

Mache ich einen Unterschied zwischen Mädchen und Jungen, wenn

es um Gefühle geht?Eine positive emotionale Atmosphäre herstellenDie emotionale Atmosphäre in der Einrichtung ist grundlegend das Wohlbefinden von Kindern für eine positive Entwicklung. In einer posi-tiven emotionalen Atmosphäre können Kinder sehr viel besser lernen, weil sie sich wohlfühlen. Besonders wichtig ist das für die Entwicklung von sozialen und emotionalen Kompetenzen.

Wenn Sie die emotionalen und sozialen Kompetenzen von Kindern stärken wollen, können Sie sehr viel erreichen, wenn Sie an der emo-tionalen Atmosphäre in der Einrichtung arbeiten. Und auch Sie als Fachkraft können von der emotionalen Atmosphäre sehr profitieren. Schauen Sie genau hin!

In einer positiven emotionalen Atmosphäre können Kinder viele po-sitive Emotionen erleben und zeigen. In der Einrichtung gibt es enge und tragfähige Beziehungen zwischen Kindern und Fachkräften und unter Kindern. Die Beziehungen sind von gegenseitiger Rücksicht-nahme und Respekt gekennzeichnet. In der Kommunikation herrscht ein positiver und warmer Gesprächsstil vor. Gleichzeitig gibt es wenig negatives Klima in der Einrichtung, z.B. negative Emotionen, Respekt-losigkeiten gegenüber Kindern oder Fachkräften oder auch Drohun-gen oder Gewalt (auch unter Kindern).

Wenn Sie die emotionale Atmosphäre in der Einrichtung verbessern wollen, ist das ein längerfristiger Prozess und immer auch abhängig von der „Tagesform“ der Kinder und Fachkräfte. Hilfreich dabei ist:• eine gute und emotional warme Beziehung

zu allen Kindern aufzubauen• jedes Kind wertzuschätzen und sein Selbstwertgefühl zu stärken• viele Aktivitäten einzubringen, die positiv emotional

belegt sind oder viel Spaß machen• einen wertschätzenden Kommunikationsstil in der

Einrichtung zu pflegen (ggü. den Kindern, aber auch im Team und mit den Eltern)

• positive Konfliktlösungsstrategien zu etablieren• viele kooperative Spiele oder Angebote durchzuführen• als Fachkraft authentisch zu sein und sich gegenseitig

mit kollegialer Beratung und Reflexion unterstützen

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• in emotionales Verständnis von sich selbst entwickeln

• Gefühle, Stimmungen und Befindlichkeiten anderer Menschen erkennen

• Verständnis für und Rücksichtnahme auf andere entwickeln

• Kontakte und Freundschaften zu anderen Kindern herstellen und erhalten können

• eigene Interessen, Bedürfnisse und Standpunkte vertreten können

Bildungsziele: soziale und emotionale Kompetenzen (vgl. Bep s. 58-59)

7. Soziale, emotionale und Alltagskompetenzen stärken

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Mit Gefühlen kompetent umgehenWie gut Kinder (und auch Erwachsene) mit ihren Gefühlen umgehen können, spielt eine große Rolle für soziale Beziehungen und die Ent-wicklung des Selbstwertgefühls. Eine wichtige Lernchance für Kinder ist dabei, wie sie von ihren Bezugspersonen bei der Regulation ihrer Gefühle unterstützt werden. Erwachsene tendieren allerdings häufig dazu, Kinder abzulenken oder zu beruhigen, wenn sie starke negative Gefühle zeigen.

Freundschaften und Beziehungen zwischen Kindern fördernFreundschaften für Kinder enorm wichtig, auch wenn in diesem Alter die Eltern noch die primären Bezugspersonen sind. In engen Freund-schaften können Kinder ihr Selbstwertgefühl entwickeln und enorm viel lernen: Sie erleben, dass sie jemand mag und gerne mit ihnen

zusammen ist. Sie haben Spaß miteinander und entwickeln eigene neue und interessante Spielmöglichkeiten, sie lernen zu nehmen und zu geben. Freundschaften und das Gefühl von Zugehörigkeit helfen Kindern auch schwierige Situationen aktiv zu bewältigen und sich soziale Unterstützung einzuholen. In Freundschaften können Kinder Konfliktlösestrategien.• Sie können Kinder unterstützen, Freundschaften

in der Einrichtung aufzubauen. Versuchen Sie…• Rückzugsräume für Kinder zu schafften• viel in Kleingruppen zu arbeiten• Kinder in Konfliktsituationen positiv zu unterstützen• zu beobachten, welche Kinder häufig zusammen spielen,

unterstützen Sie Kinder, die keine engen Beziehung haben, in Klein-gruppen hineinzukommen oder in pädagogischen Angeboten

Emotionstraining

Wenn Sie Kinder bei der „Regulation“ ihrer Gefühle positiv unterstützen, können Kinder schneller wieder eine emotionale Balance finden und lernen, wie sie mit solchen Emotionen posi-tiv umgehen können. Versuchen Sie dabei:

• sich der Gefühle des Kindes bewusst zu werden,

• die Gefühlsäußerung des Kindes als Gelegenheit sehen, ihm nahe zu sein

• dem Kind mitfühlend zuzuhören

• dem Kind zu helfen, seine Gefühle zu benennen

• ggf. Grenzen zu setzen und mit dem Kind an Strategien arbeiten, das Problem zu lösen

Reflektionsfragen – soziale Kompetenzen

Wie und in welchen Situationen stärke ich die sozialen Kompetenzen von Kindern?

Wie gehe ich mit Konflikten zwischen den Kindern um?

Wie viel Eigenverantwortung überlassen ich den Kin-dern bei Konflikten und deren Lösung, wo greife ich ein?

Wie unterstütze ich Freundschaften zwischen den Kindern?

Wie gehe ich damit um, wenn ein Kind nur schwer in Gruppen hineinkommt und meistens alleine spielt?

7. Soziale, emotionale und Alltagskompetenzen stärken

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Reflektionsfragen – Alltagskompetenzen

Wie fordere ich die Kinder in ihren alltagspraktischen

Fähigkeiten heraus?

Was mache ich, wenn ein Kind von einer alltagspraktischen Aufgabe noch

überfordert ist?

Wie schaffe ich, das Selbstwertgefühl und die Selbstbewusstsein von Kindern

mit solchen Aufgaben zu stärken?

Wie nehme ich es wahr, wenn Kinder Verantwortung für ihren Alltag über-nehmen und dies nicht immer nach meinen eigenen Vorstellungen läuft?

Alltagskompetenzen und LebenspraxisDer Alltag in der Kindertageseinrichtung bietet Ihnen eine hervorra-gende Möglichkeit, Kinder ganzheitlich, individuell und entwicklungs-angemessen herauszufordern und zu stärken. Wenn Kinder z.B. selbst den Tisch decken, müssen sie viel mit anderen kooperieren und kom-munizieren „Ich teile das Besteck aus und du die Teller“. Dabei setzen sie ihre motorischen Kompetenzen (besonders die feinmotorischen Kompetenzen z.B. beim Anordnen des Bestecks) und auch kognitive Kompetenzen (z.B. Konzentration, Abschätzen von Mengen oder das Zählen) vielfach ein und entwickeln diese weiter. Außerdem teilen sich die Arbeit selbst ein und erfahren dabei auch eine Stärkung ihres Selbstwertgefühls, weil sie diese für die Gruppe sehr wichtige Aufgabe übernommen haben.

Kinder an der Gestaltung von Alltagssituationen zu beteiligen, bedeu-tet auch den Kindern mehr Verantwortung und auch Entscheidungs-spielraum zu geben. Wenn bspw. die Kinder sich selbst das Essen auf die Teller schöpfen, verlieren Sie selbst möglicherweise den Überblick, wer wie viel gegessen hat oder ob sich ein Kind vielleicht schon dreimal Nachschlag geholt hat. Doch Kinder, die wirklich partizipieren und mitgestalten können, übernehmen auch Verantwortung für sich und andere.

Wichtig ist, dass bei Kindern und Eltern nicht der Eindruck entsteht, als ginge es um ein Abwälzen von „lästigen Pflichten“. Bedenken Sie auch, dass manche Kinder in der Familie kaum an der Gestaltung des Alltags partizipieren und ihnen von ihren Eltern hier nur wenig zugetraut wird.

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• Problemlösefähigkeit und Handlungskompetenz entwickeln

• den Lebensalltag durchschauen und Mitwirkungsmöglichkeiten entdecken

• das Selbstbewusstsein zu selbstständiges Tun stärken

• eigene Bedürfnisse kommunizieren können

• eigenverantwortlich Entscheidungen treffen

• Sorge und Verantwortung für andere und für die Gemeinschaft tragen

Bildungsziele: alltagsKompetenzen (vgl. Bep s. 65)

7. Soziale, emotionale und Alltagskompetenzen stärken

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7. Soziale, emotionale und Alltagskompetenzen stärken

• Sie beobachten das Verhalten des Kindes Beim Anziehen: Emily, 4 Jahre alt, sitzt ganz vertieft in der Garderobe und knöpft sich ihre Jacke zu. Sie fängt mit dem untersten Knopf an. Es dauert recht lange und man sieht, dass es ihr noch schwer fällt. Nach einiger Zeit hat sie es aber doch geschafft und die Jacke vollständig zugeknöpft.

• Sie beschreiben das Verhalten des Kindes ganz konkret, ohne es zu bewerten Sie könnten nun sagen „Toll Emily, jetzt hast Du es ganz alleine geschafft.“ Oder sie sagen: „Emily, ich hab gerade gesehen, wie du deine Jacke zugeknöpft hast. Du hast ganz unten angefangen und einen Knopf nach dem anderen zugemacht. Du hast dich nicht aus der Ruhe bringen lassen bis du alle Knöpfe zugeknöpft hast.“

• Sie beschreiben Ihre eigene (emotionale) Reaktion „Ich habe mich richtig gefreut, wie ich dir dabei zugeschaut habe.“

Bei dieser Technik überlassen Sie es dem Kind selbst, sein Verhalten zu bewerten und Kon-sequenzen für die Zukunft zu ziehen. Wichtig ist, dass sie nicht auf das Ergebnis fokussieren, sondern einzelne Schritte oder die Anstrengung des Kindes in den Mittelpunkt stellen. Achten Sie darauf, Bemerkungen, die das Verhalten relativieren („endlich hast du es geschafft…“) oder in Bezug zu der Leistung anderer Kinder setzen („Genauso wie Lukas…“) wegzulassen.

Eine Technik, mit der sie positives Verhalten von Kindern verstärken können und gleichzeitig das Selbstwertgefühl und das Selbstvertrauen der Kinder fördern können, nennt sich das „beschreibende Loben“. Es beinhaltet drei Schritte:

Beschreibendes FeedbackFür Kinder ist das Feedback und die Anerkennung, die sie von ihren Bezugspersonen erhalten sehr wichtig. Das traditionelle Lob, z.B. „Su-per“, „Das habt ihr aber sehr schön gemacht“, „Weiter so“ ist für Kinder zwar ermutigend, beinhaltet aber, dass allein der Erwachsene das Kind bewertet. Die Sicht des Kindes selbst spielt dabei eher eine unterge-ordnete Rolle.

Zum Weiterlesen und Vertiefen:

Gottman, J. (1997). Kinder brauchen emotionale Intel-ligenz. Ein Praxisbuch für Eltern. (4. Auflage). München:

Heyne.

Graf, J. (2005). Familienteam - Das Miteinander stärken. Freiburg: Herder.

Petermann, F. & Wiedenbusch, S. (2008). Emotionale Kompetenz bei Kindern. 2. Auflage. Göttingen: Hogrefe.

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Das Lernen lernen8. Lernmethodische Kompetenzen stärken

Eine der wichtigsten Schlüsselkompetenzen für das lebenslange Lernen sind die lernmethodischen Kom-petenzen – z.B. die Fähigkeit, das eigene Lernen zu be-obachten und regulieren. Wenn es Ihnen gelingt, die lernmethodischen Kompetenzen von Kindern schon im Kindergarten entwicklungsangemessen zu stärken, können die Kinder davon enorm profitieren, indem sie z.B. in der Schule leichter neues Wissen erwerben oder übertragen können und ihr Lernverhalten selbst steu-ern und anpassen können.

• die Fähigkeit, neues Wissen bewusst, selbstgesteuert und reflektiert zu erwerben

• die Fähigkeit, erworbenes Wissen anzuwenden und zu übertragen

• die Fähigkeit, das eigene Lernverhalten zu beobachten und regulieren

Was gehört zu den lernmethodischen Kompetenzen? (vgl. BEP, S. 43):die Fähigkeit, neues Wissen bewusst, selbstgesteuert und reflektiert zu erwerben

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Reflektionsfragen

Wie erkenne ich, dass Kinder gerade wichtige Denk- und Verstehens-

prozesse beschreiten?

Wie schaffe ich es, mich auf die Perspektive der Kinder einzulassen?

Wie gehe ich damit um, wenn Kinder Fehler machen oder falsche

Vermutungen einbringen?

Wie häufig stelle ich offene Fragen?

Wie dokumentiere ich die Lernprozesse von Kindern?

Wie begleite ich die Handlungen der Kinder z.B. sprachlich?

Wie kann ich es selbst aushalten, wenn ich auf eine Frage

keine Antwort weiß?

8. Lernmethodische Kompetenzen stärken

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Kinder …

• verbinden Lernerfahrungen mit positiven Emotionen (z.B. Stolz, Freude, Selbstbewusstsein)

• entwickeln ein Selbstbild als aktiv lernendes und problemlösendes Kind

• entwickeln die Fähigkeit, eigene Fragestellungen aufzuwer-fen und diese gemeinsam mit anderen zu diskutieren

• bauen die Fähigkeit aus, mit anderen Kindern zusammen zu arbeiten und zu neuen Erkenntnissen zu gelangen

• lernen Fehler / Fehlschläge zu akzeptieren und nützen Feh-ler auch als Ausgangspunkt für neue Verstehensprozesse

• lernen über das eigene Denken und Lernen zu sprechen und nachzudenken

• lernen, wie sie neu erworbenes Wissen auf andere Bereiche übertragen können

• erfahren, dass sie das eigene Lernen selbst beeinflussen können

Bildungsziele für Kinder im Alter von 4-6 JAhren

Metakognitive DialogeDie wichtigste pädagogische Methode, um die lernmethodischen Fähigkeiten der Kinder zu stärken ist der metakognitive Dialog. Diese Dialoge sind Gespräche mit Kindern, die dazu anregen, tiefere Denk-prozesse zu beschreiten und über diese Denkprozesse nachzudenken. Dabei geht es nicht um die „richtigen Ergebnisse“ sondern vielmehr um den Prozess des Nachdenkens und Erforschens.

Der erste Schritt, um metakognitive Dialoge zu führen, ist die sensible Beobachtung dessen, was Kinder tun, was sie sagen, was sie fragen. Versuchen Sie dabei herauszufinden, welche Denk- und Verstehens-prozesse ein Kind gerade beschreitet und welche Strategien das Kind dabei einsetzt. Dann können Sie im Gespräch mit den Kindern Verschiedenes ausprobieren: Versuchen Sie dabei z.B….• Kinder anzuregen, ihre Beobachtungen genau zu beschreiben

(Was passiert gerade, was fällt dir besonders auf?)

• Kinder zu ermutigen, ihr Vorwissen einzubringen (Wo hast du so etwas schon einmal gesehen? An was erinnert dich das?)

• Kinder anzuregen, ihre Vermutungen über Zusammenhänge zu beschreiben (Was glaubst du, wieso ist das so?)

• Kinder über Fragen oder Impulse zum Nachdenken oder Experimentieren anzuregen (Könntest du dir vorstellen, dass? Was glaubst du, würde dann passieren?)

• den Prozess des Nachdenkens und „Lernens“ zu betonen (z.B. über eine Dokumentation, die die Kinder selbst anfertigen oder über Gespräche und Erzählungen „Wie sind wir vorgegangen und was haben wir herausgefunden?)

• die Inhalte zu verankern (z.B. indem Sie reale Situationen aus dem Leben der Kinder beschreiben, in denen das Phänomen auch vorkommt oder indem Sie an Vorwissen der Kinder anknüpfen)

• das Kind zu ermutigen, weiter am Thema zu bleiben

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Ein Dialog mit LeonWenn der 5-jährige Leon also im Kindergarten Drachen malt, mit Flugzeugen spielt und unheimlich viele verschiedene Papierflieger bastelt, ist das ein Hinweis darauf, dass er gerade wichtige Lernprozes-se beschreitet. Wie seine Erzieherin diese dann in einem Gespräch mit ihm aufgreift können Sie im Folgenden nachlesen.

Erzieherin: „Mensch Leon, jetzt hast du ja so viele verschiede-ne Papierflieger gebastelt und lässt sie fliegen.“Leon: „Ja, die fliegen eigentlich schon ganz gut.“E: „Ich hab gesehen, dass manche weiterfliegen als andere. Probierst du das gerade aus?“L: „Aber Drachen fliegen noch viel länger.“Einstieg durch Erzieherin signalisiert: das was du machst, in-teressiert mich. Die Erzieherin hat gesehen, dass Leon variiert – er lässt die Drachen fliegen und beobachtet, wie weit sie kommen; sie verbalisiert sein Tun.Leon ist aber schon einen Schritt weiter. Das ist ein Hinweis, darauf, was Leon beschäftigt – es geht also um „Fliegen“. Und er hat schon sein Vorwissen aktiviert – z.B. über Drachen.

E: „Meinst du, dass Drachen und Papierflieger irgendwie ähnlich sind?“L: „Weiß ich nicht. Aber Flugzeuge brauchen einen Motor zum Fliegen und Drachen und Papierflieger nicht.“Erzieherin greift das auf und fragt ihn, wieso er die beiden Dinge zusammen nennt. Er sagt, er weiß es nicht, aber er denkt darüber nach! Und er aktiviert weiteres Vorwissen und zeigt, dass es ihm um Dinge geht, die ohne Motor fliegen können.

E: „Mensch, da hast du ja schon viel über das „Fliegen“ nachge-dacht. Interessiert dich, warum die Papierflieger fliegen?“L: „Eigentlich will ich halt einen basteln, der so lange fliegt wie ein Drachen.“Leon denkt anscheinend nicht über „warum“ nach, er ist bei einer sehr konkreten Problemstellung. Natürlich würde ihm ein allgemeines Warum-Verständnis sehr helfen, sein konkre-tes Problem zu lösen, aber dieses Verständnis ist noch nicht vorhanden. Aber es kann sich aufbauen, indem er mehrere konkreter Problemstellungen löst.

E: „ Meinst du, das könnte klappen?“L: „Also die fliegen halt immer so kurz“Mit dieser Frage versucht die Erzieherin herauszufinden, was er erwartet – also welche Hypothesen er hat.“Leon sagt nicht – wie das vielleicht ein Erwachsener tun wür-de, nein oder ja, sondern er schildert seine Beobachtungen.

E: „Und was meinst du, warum fliegen sie kürzer als Drachen?“Mit dieser Frage bringt die Erzieherin den Dialog in eine ganz entscheidende Richtung.L: „Weil Drachen sind aus Plastik und die Flieger aus Papier.“E: „Ja?“

Leon stellt eine „falsche“ Vermutung auf. Eine ganz wichtige Situation!Mit diesem einfachen „Ja?“ regt die Erzieherin Leon an, nochmal drüber nachzudenken, ob seine Hypothese richtig ist. Achtung – mit diesen Interventionen muss man sehr sen-sibel sein. Es könnte auch sein, dass Leon jetzt weiter in diese Richtung geht – also z.B. sagt, weil Papier leichter zerreißt, oder weil Papier nicht durchsichtig ist….

L: Pause… „Ja oder vielleicht weil die Drachen viel größer sind?“E: „Hm, weiß ich auch nicht so genau, Wie könntest du das herausfinden?“Leon hat eine neue Vermutung! Er formuliert daraus eine Fra-ge, eine echte Forscherfrage. Die Erzieherin sagt ihm nicht, ob seine Vermutung richtig oder falsch ist, sie animiert ihn, darüber nachzudenken, wie er es herausfinden könnte. Ganz wichtig ist es, hier den Kindern keine vorschnellen Lösungen anzubieten, sondern ihnen Zeit zu geben, nachzudenken und ihre Forschungsfragen zu konkretisieren.

L: „Hm“… lange Pause…. „Vielleicht könnte ich mal einen Rie-senpapierflieger basteln?“E: „ Das könntest du ja mal ausprobieren, oder?“

8. Lernmethodische Kompetenzen stärken Zum Weiterlesen und Vertiefen:

Gisbert, G. (2004). Lernen lernen. Lernmethodische Kompetenzen von Kindern in Tageseinrichtungen fördern.

Berlin: Cornelsen.

Pramling Samuelsson, I. & Carlsson, M. A. (2007). Spielend lernen. Stärkung lernmethodischer Kompetenz. In Fthenakis, W.E. & Oberhuemer, P. (Hrsg.): Grundlagen

frühkindlicher Bildung. Troisdorf: Bildungsverlag EINS.

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Übergänge als Chance für die Kinder und Familien

Wenn Sie – wie in den vorherigen Kapiteln beschrieben – eine posi-tive Kooperation mit der Schule entwickelt haben, eine Partnerschaft mit den Eltern entwickelt haben, das Kind und seine Kompetenzen beobachtet haben und in der pädagogischen Arbeit gestärkt haben, haben Sie schon die wichtigsten Voraussetzungen für einen guten Übergang geschaffen.

9. Gemeinsam den Übergang in die Schule gestalten

Vom Kindergartenkind zum Schulkind zu werden, das ist für ein Kind, seine Familie aber auch für die Kita und Schule ein wichtiges Lebensereignis. Schon lange vor dem Schulbeginn beschäftigen sich Kinder, die Eltern aber auch Kita und Schule mit dem Thema. Wie kann nun das Kind durch sein gesamtes soziales System so begleitet und gestärkt werden, dass es davon profitiert und dieser Übergang gut gelingt?

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Für konkrete Übergangsprojekte können Sie sich dann gemeinsam mit der Schule folgende Ziele setzen:• Kinder als aktive Bewältiger des Übergangs unterstützen• Die Familien und das soziale System einbinden • Beobachtungen und Dokumentationen der Kinder

an die Schule weitergeben• anschlussfähige Bildungsprozesse gestalten

Das Kind bei der aktiven Bewältigung des Übergangs unterstützenDer Übergang in die Schule ist für viele Kinder eine positive Erfahrung: Kinder freuen sich, ein Schulkind zu werden und sie tragen selbst sehr viel dazu bei, dass dieser Übergang eine Chance für sie wird. Beim

Übergang spielt auch der Umgang mit negativen Emotionen wie Angst oder Unsicherheit und ein positiver Umgang mit Stress eine große Rolle.Unterstützen Sie Kinder bei der aktiven Bewältigung des Übergangs indem Sie …• … mit Kinder über das Thema sprechen: was beschäftigt die Kin-

der dabei, was sind ihre Erwartungen, was sind ihre Ängste, worauf freuen sie sich?

• … gemeinsam mit Kindern, Lehrkräften und vielleicht auch Schulkindern möglichst viel Informationen über „Schule“ sammeln: Wie ist der Tagesablauf? Welche Regeln gibt es? Was sind eigentlich Hausaufgaben? Wie sieht die Schule aus, welche Räume gibt es?

• Planen Sie auch einen oder mehrere Besuche der Schule ein („Schnuppertage“), damit Kinder auch konkrete Vorstellungen von den Räumlichkeiten und der Atmosphäre entwickeln können. Vielleicht können Sie auch die Schulkinder einbinden, die z.B. eine Fotodokumentation über einen Schultag machen oder eine Schul-ralley veranstalten.

• … Gemeinsame Projekte von Kindertageseinrichtung(en) und Schule durchführen, bei denen die Kinder eine Vorstellung von Schulalltag und dem Lernen in der Schule entwickeln können. (Häufig werden z.B. gemeinsame Sportfeste, Vorleseprojekte oder Musikprojekte durchgeführt).

• … Patenschaften von Schulkindern für Kindergartenkinder ermög-lichen. Die Kindergartenkinder lernen schon vor Beginn des Schul-jahrs ein anderes Schulkind kennen, das dann als Ansprechpartner und Unterstützer fungiert und dadurch dem neuen Schulkind viel Sicherheit und Selbstvertrauen vermitteln kann.

• … mit den Kindern Ideen entwickeln, wie sie mit bestimmten Herausforderungen (z.B. neue Freunde finden) beim Übergang umgehen können.

Hinweis:Auch wenn Kinder in eine andere

Schule gehen, können Sie von die-sen Möglichkeiten sehr profitieren.

Trotzdem sollten diese Kinder auf je-den Fall die Möglichkeit haben, die

Schule im Rahmen eines Schnup-pertags zu besuchen.

Der Übergang aus Sicht des KindesWelche Herausforderungen gibt es für Kinder?

• die Identität verändern („Ich bin jetzt ein Schulkind!“)

• starke Emotionen bewältigen (Stolz, Freude, Stress, Angst)

• veränderte Anforderungen (unterrichtsnahe Kompetenzen werden dem Kind wichtiger)

• Veränderung der Beziehungen bewältigen

• neue Beziehungen aufbauen

• Neue Rollenanforderungen als Schulkind meistern

• Neues Umfeld (Räume, Schulweg,….)

• „neues Lernen“???

9. Gemeinsam den Übergang in die Schule gestalten

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Die Familien der Kinder einbindenDie Familien der Kinder sind sehr stark an der Bewältigung des Über-gangs beteiligt: Sie unterstützen das Kind z.B. bei der Bewältigung von Emotionen und Stress oder dabei, sich auf neue Anforderungen einzustellen. Aber auch die Eltern der Kinder bewältigen einen eige-nen Übergang – sie werden nun zu Schulkindeltern. Mit den folgenden Maßnahmen können Sie die Eltern aktiv in die Übergangsgestaltung mit einbeziehen:• Informieren Sie Eltern über den Übergang und schaffen Sie

eine Atmosphäre, in der sich Eltern mit anderen Eltern austau-schen können: z.B. mit Elternabenden, Elternbriefe und gemein-same Veranstaltungen. So gewinnen Eltern Sicherheit und können schon vor Beginn der Schule Netzwerke mit anderen Eltern bilden.

• Unterstützen Sie Eltern dabei, mit dem Kind über den Übergang zu sprechen: eine schöne Methode dazu ist das Übergangsportfolio, in dem das Kind die Aktionen zur Gestaltung des Übergangs (z.B. Schnupper-tage, gemeinsame Projekte usw.) dokumentieren und mit nach Hause nehmen, um mit den Eltern darüber zu sprechen. Die Eltern halten das Gespräch schriftlich fest und geben es dann dem Kind wieder in die Einrichtung mit. So entsteht eine Dokumentation der Schulvorbereitung, in die die Perspektive des Kindes und der

Eltern eingebunden sind. Oder regen Sie Eltern an, Briefe an ihre Kinder zu schreiben: z.B. einen Brief zu Beginn des letzten Kinder-gartenjahres mit guten Wünschen für das Vorschuljahr. Am Ende des Kindergartenjahres können Eltern dann ihrem Kind einen Brief mit guten Wünschen zum Schulstart schreiben. Am besten kann das bei Elternabenden initiiert werden, wo Eltern dann auch die Möglichkeit haben, mit anderen Eltern darüber zu sprechen, sich auch über Befürchtungen und eigene Übergangserfahrungen auszutauschen.

• Achten Sie auf eine besonders enge Einbindung von Familien mit Migrationshintergrund: für Familien, die wenig Erfahrungen mit dem deutschen Schulsystem haben, ist der Übergang des Kindes häufig schwieriger. Versuchen Sie z.B. hier besonders viel Informationen zu geben (mglw. auch in der Herkunftssprache) und viel Erfahrungsaustausch (z.B. auch mit anderen Schulkindeltern) zu ermöglichen.

Anschlussfähige Bildungsprozesse organisierenAls Tandem können Sie die Übergangsgestaltung besonders gut wei-terentwickeln, wenn Sie gemeinsam an der Anschlussfähigkeit von Bil-dungsprozessen arbeiten. Diese Anschlussfähigkeit ist eines der zentra-len Ziele des BEP und auch der QSV – es lohnt sich also, hier im Rahmen der Kooperation Zeit zu investieren. Praktische Tipps für anschlussfähige Bildungsprozesse finden Sie im Kapitel 3 Kooperation mit Schule.

Hinweis:Viele Kinder bewältigen beim Schuleintritt nicht nur eine Transition, sondern gehen auch in einen neuen Hort oder Nachmittagsbetreuung. Versuchen Sie auch die Horte/Nachmittagsbetreuung bei der Übergangsgestaltung mit in den Blick zu nehmen, denn dieser Transition wird häufig zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet.

9. Gemeinsam den Übergang in die Schule gestalten Zum Weiterlesen und Vertiefen:

Griebel, W. & Niesel, R. (2011). Übergänge verstehen und begleiten. Transitionen in der Bildungslaufbahn von

Kindern. Berlin: Cornelsen Scriptor.

Lingenauber, S. & v. Niebelschütz, J. (2010). Das Übergangsbuch. Kinder, Eltern und Pädagoginnen doku-

mentieren den Übergang von der Kindertageseinrichtung in die Schule. Berlin: Cornelsen Scriptor.

Netta, B. & Weigl, M. (2006). Hand in Hand. Das Amberger Modell – ein Kooperationsprojekt für Kinderta-

gesstätten und Grundschulen. Oberursel: Finken.

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Konzeption, Text und Redaktion: Anna Spindler, Staatsinstitut für FrühpädagogikGestaltung: Benjamin Steigenberger Illustrationen: Laura Mästele www.maestele.de

Kontakt: [email protected]

Weitere Informationen zum Projekt unter www.qsv.hessen.de

Impressum

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