Enzyme für die Lebensmittelverarbeitung

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Enzyme für die Lebensmittelverarbeitung Aminopeptidase Aminopeptidasen spalten einzelne AminosäurenAminosäuren von bestimmten Protei- nenProteinen (Eiweiße) ab. Dadurch kann sich etwa das Aromaprofil von Proteinen än- dern. Aminosäuren sind die Grundbausteine der Proteine. Verwendung Aminopeptidasen werden bei der Herstellung von Käse, Getränken, Gewürzen sowie Fleisch- und Milchprodukten eingesetzt. In der Regel soll die Aromabildung unterstützt und optimiert werden. Bei Käse kann durch Zugabe von Aminopeptidasen die Reifung beschleunigt werden. Gentechnik Aminopeptidasen werden seit längerem biotechnisch mit verschiedenen Pilz- und Bakte- rienkulturen hergestellt (z.B. Aspergillus, Lactococcus). In der EU sind verschiedene Aminopeptidase-Präparate erhältlich. Bei einem Präparat werden gentechnisch veränderte Mikroorganismen (Trichoderma) eingesetzt. Kennzeichnung: Lebensmittel-Enzyme gelten nicht als Zutat und werden nicht auf der Zutatenliste aufgeführt. Eine Kennzeichnung im Hinblick auf die Herstellung mit gv- Mikroorganismen ist daher nicht vorgesehen. Amylase Amylasen ist der Sammelbegriff für verschiedene Stärke abbauende Enzyme, die in der Natur weit verbreitet sind: Sie kommen in Tieren und Pflanzen vor und werden von vie- len Mikroorganismen gebildet.

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Enzyme für die Lebensmittelverarbeitung

Aminopeptidase

Aminopeptidasen spalten einzelne AminosäurenAminosäuren von bestimmten Protei-

nenProteinen (Eiweiße) ab. Dadurch kann sich etwa das Aromaprofil von Proteinen än-

dern. Aminosäuren sind die Grundbausteine der Proteine.

Verwendung

Aminopeptidasen werden bei der Herstellung von Käse, Getränken, Gewürzen sowie

Fleisch- und Milchprodukten eingesetzt. In der Regel soll die Aromabildung unterstützt

und optimiert werden.

Bei Käse kann durch Zugabe von Aminopeptidasen die Reifung beschleunigt werden.

Gentechnik

Aminopeptidasen werden seit längerem biotechnisch mit verschiedenen Pilz- und Bakte-

rienkulturen hergestellt (z.B. Aspergillus, Lactococcus). In der EU sind verschiedene

Aminopeptidase-Präparate erhältlich. Bei einem Präparat werden gentechnisch veränderte

Mikroorganismen (Trichoderma) eingesetzt.

Kennzeichnung: Lebensmittel-Enzyme gelten nicht als Zutat und werden nicht auf der

Zutatenliste aufgeführt. Eine Kennzeichnung im Hinblick auf die Herstellung mit gv-

Mikroorganismen ist daher nicht vorgesehen.

Amylase

Amylasen ist der Sammelbegriff für verschiedene Stärke abbauende Enzyme, die in der

Natur weit verbreitet sind: Sie kommen in Tieren und Pflanzen vor und werden von vie-

len Mikroorganismen gebildet.

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Amylase

Um die in der Nahrung vorhandenen, pflanzlichen Stärken zu verwerten, müssen die gro-

ßen Stärkemoleküle zuvor in kleinere Einheiten zerlegt werden. Dieser Stärkeaufschluss

wird durch Amylasen und andere Enzyme bewirkt. Sie werden von den im Darm siedeln-

den Mikroorganismen gebildet.

Es gibt verschiedene Amylase-Typen. Diese "zerschneiden" die verzweigten Stärkemole-

küle jeweils an ganz bestimmten Stellen. Je nach Amylase-Typ entstehen dabei Einfach-

zucker wie Glukose oder Fruktose, Mehrfachzucker (Maltose) oder besondere Stärkefor-

men (Dextrine).

Unterschieden werden etwa α-Amylase, β-Amylase, Glucoamylase (auch: γ-Amylase,

Amyloglucosidase), maltogene Amylasen, Pullunlanase.

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Stärkeverzuckerung: Glukosesirup und Traubenzucker.

Amylose

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Amylopektin

In der Lebensmittelindustrie kommen Amylasen vor allem dort zum Einsatz, wo stärke-

haltige Rohstoffe verwendet werden. Zwar sind Amylasen natürlicherweise in vielen die-

ser Rohstoffe - etwa in Getreide oder Hefen- vorhanden. Doch die rohstoffeigenen Amy-

lasen reichen oft nicht aus oder sie wirken zu langsam. Um die Stärke-Aufspaltung zu

steuern oder zu beschleunigen, werden großtechnisch gewonnene Amylasen zugesetzt.

Diese Präparate enthalten meist ein Gemisch mehrerer Amylase-Typen.

Die wichtigsten Anwendungsgebiete für Amylasen im Lebensmittelbereich sind:

Stärkeindustrie und Stärkeverzuckerung: Amylasen bauen Mais- oder Kartoffelstärke in

mehreren Schritten zu zuckerhaltigen Sirupen ab (Glukosesirup, Fruktosesirup). Diese

finden eine breite Verwendung etwa bei Süßwaren, Backwaren, Speiseeis oder Tomaten-

ketchup. Glukosesirup ist zudem Grundstoff für viele weitere Lebensmittelzutaten und -

zusatzstoffe.

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Backwaren: Amylasen sind vielfach in Backmischungen enthalten. Sie "verdauen" die

Stärke vor. Bei Hefebackwaren führt das zu einer erhöhten Leistung der Hefen und ver-

größert das Volumen des Gebäcks. Vor allem bei Weißbrot sollen Krustenstabilität und

Lagerfähigkeit ("Altbackenwerden") verbessert werden. Zunehmende Bedeutung hat der

Zusatz von Amylasen bei tiefgekühlte Teigen und Backwaren.

Viele Spirituosen werden aus Stärke (Getreide, Kartoffeln) gewonnen. Diese muss erst

von den Amylasen in Zuckereinheiten aufgespaltet werden, damit sie zu Alkohol vergo-

ren werden können.

Fruchtsaft: Amylasen bauen stärkehaltige Trübstoffe ab.

Bier: Beim traditionellen Mälzen bauen die gersteeigenen Amylasen die Stärke ab. Um

diesen Vorgang zu optimieren, werden neben anderen isolierten Enzymen auch Amyla-

sen zugesetzt. Diese im Ausland verbreitete Praxis ist in Deutschland nicht zulässig, da

sie gegen das gesetzlich vorgeschriebene Reinheitsgebot verstößt.

Futtermittelzusätze: Amylasen verbessern den Stärkeaufschluss und tragen so zu einer

besseren Verwertung pflanzlicher Futtermittel bei.

In Wasch- und Reinigungsmitteln bauen Amylasen stärkehaltige Verschmutzungen ab.

Textilverarbeitung: Amylasen werden seit längerem biotechnisch mit verschiedenen

Pilz- und Bakterienkulturen hergestellt. Bakterielle Amylasen sind in der Regel tempera-

turstabiler als die von Pilzkulturen.

Bakterielle Amylasen werden inzwischen überwiegend mit gentechnisch veränderten

Mikroorganismen gewonnen (verschiedene Bacillus-Arten). Mehrere dieser bakteriellen

Amylasen sind in EU-Ländern zugelassen. Bei der Herstellung mit Pilzkulturen werden

in der Regel Kulturen (Aspergillus-Stämme) eingesetzt, die nicht als gentechnisch verän-

dert anzusehen sind.

Cellulase

Cellulasen wirken an der enzymatischen Aufspaltung von Cellulose mit.

Als Stützsubstanz in allen pflanzlichen Geweben ist Cellulose die mengenmäßig am wei-

testen verbreitete organische Verbindung. Sie ist häufig zusammen mit anderen Gerüst-

substanzen wie Lignin oder Hemicellulosen anzutreffen.

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Cellulose kann von den körpereigenen Enzymen im menschlichen Verdauungstrakt nicht

verwertet werden. Der Abbau von Cellulose erfolgt durch die mikrobielle Flora im Dick-

darm; die entstehenden Spaltprodukte werden jedoch vom Körper nicht aufgenommen. In

der Ernährung zählen Cellulosen zu den Ballaststoffen.

Cellulasen werden in vielen technischen Prozessen eingesetzt, um die in pflanzlichen

Rohstoffen enthaltene Cellulose aufzuschließen.

Verwendung

Cellulasen werden – oft in Kombination mit Amylase, Glucanase, Xylanase oder Hemi-

cellulase – vor allem verwendet

o bei der Fruchtsaft- und Getränkeherstellung

o bei der Spirituosenherstellung und in der Alkoholindustrie

o in Kombination mit anderen Enzymen auch bei der Weinherstellung (Cellulasen

unterstützen die Extraktion von erwünschten Substanzen wie Tanninen und Aro-

men aus den Traubenschalen.)

Weiter Anwendungsgebiete für Cellulasen:

Futtermittelzusätze: Durch den Aufschluss der Cellulose tragen Cellulasen zu einer bes-

seren Verwertung pflanzlicher Futtermittel bei.

Wasch- und Reinigungsmittel, Textilverarbeitung, Papierindustrie

Herstellung

Cellulasen werden durch Fermentation mit verschiedenen Pilz- und Bakterienarten ge-

wonnen. In Europa werden mindestens drei Cellulasen mit gentechnisch veränderten

Mikroorganismen hergestellt. Diese werden in verschiedenen Präparaten und Zusammen-

setzungen angeboten.

CGTase

CGTase (vollständige Bezeichnung: Cyclodextringlucanotransferase) verknüpft Trauben-

zucker (Glukose) zu ringförmigen Cyclodextrinen.

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Verwendung

CGTase wird in der Stärkeindustrie zur Herstellung von Cyclodextrinen eingesetzt.

Cyclodextrine werden verwendet:

als Trägerstoffe und zur Mikroverkapselung von Aromen

zur Stabilisierung fettlöslicher Farbstoffe wie etwa Carotinoiden oder Annatto

zur Geschmacksverbesserung (z.B. Verminderung unerwünschten Nachgeschmacks bei

Süßstoffen)

Mit Hilfe von Cyclodextrinen werden die in Fischölen und Algenextrakten enthaltenen

ω-3-Fettsäuren chemisch verpackt. Auf diese Weise verschwindet der unangenehme

Fischgeschmack und die wertvollen Fettsäuren können verschiedenen Produkten zuge-

setzt werden.

Gentechnik

In der EU werden zur Zeit zwei CGTase-Präparate vermarktet. Ein Präparat wird mit Hil-

fe gentechnisch veränderter Mikroorganismen (Bacillus licheniformis) hergestellt.

Chymosin

Chymosin (auch: Rennin) ist der Hauptwirkstoff des Labferments. Labferment bzw.

Chymosin ist bei der Herstellung von Hartkäse unverzichtbar. Es spaltet das Kasein-

Eiweiß der Milch an einer bestimmten Stelle und bewirkt dadurch deren Gerinnung

("Dicklegung"): Das Kasein verklumpt und trennt sich von der wässrigen Molke. Danach

beginnt der Reifeprozess des Käses.

Verwendung

Chymosin wird ausschließlich zur Herstellung von Käse verwendet. Traditionell wird zur

Dicklegung der Milch Labferment eingesetzt. Dieses wird aus tiefgefrorenen Kälbermä-

gen durch saure Extraktion und anschließende Aufreinigung gewonnen. Säugende Kälber

benötigen das Chymosin-Enzym, um die Kuhmilch verwerten zu können.

Allerdings kann seit geraumer Zeit der Bedarf an Käse nicht mehr mit traditionellem

Kälberlab gedeckt werden. Es sind daher Labaustauschstoffe verschiedener Herkunft in

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Gebrauch. Diese können aus Pflanzen (Labkraut) stammen. Verbreitet sind mikrobielle

Labaustauschstoffe, die mit (gentechnisch nicht veränderten) Mikroorganismen gewon-

nen werden.

Gegenüber dem klassischen Labferment haben Labaustauschstoffe Nachteile. Oft kommt

es bei ihrem Einsatz zu enzymatischen Nebenreaktionen, die im Käse zu unerwünschten

Geschmacksveränderungen führen können.

Gentechnik

Inzwischen ist die Produktion von Chymosin mit Hilfe gentechnisch veränderter Mikro-

organismen weit verbreitet. Weltweit wird ein großer Teil des Käses unter Verwendung

"gentechnisch hergestellten" Chymosins erzeugt.

Herstellung von Chymosin mit gentechnisch veränderter Hefe

Verfahren: Das aus dem Magen von Kälbern isolierte Chymosin-Gen wird auf geeignete

Produktionsorganismen - Bakterien, Schimmelpilze oder Hefen - übertragen. Diese wer-

den vermehrt und in geschlossenen Systemen (Fermenter) kultiviert, wo sie das Chymo-

sin in die Kulturbrühe abgeben. Das Chymosin wird abgetrennt und von möglichen Ver-

unreinigungen oder Resten der gentechnisch veränderten Mikroorganismen gereinigt.

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Produkte: Es sind verschiedene Chymosin-Produkte auf dem Markt, etwa Chy-Max

(hergestellt mit Aspergillus niger) oder Maxiren (Kluyveromyces lactis; Hefen). Eine

Produktionsanlage für Chy-Max befindet sich in Nienburg (Weser). Mit gv-

Mikroorganismen erzeugtes Chymosin ist mit einem Wirkstoff-Anteil von 80 bis 90 %

erheblich reiner als natürliches Labferment, das nur 4 bis 8 % aktives Chymosin enthält.

Zulassung Deutschland: In Deutschland gilt aus gentechnisch veränderten Mikroorga-

nismen hergestelltes Chymosin als "Labaustauschstoff" und muss nach den Bestimmun-

gen der Käseverordnung zugelassen werden. Seit 1997 sind drei Chymosin-Präparate

nach einer Sicherheitsüberprüfung durch die Behörden zugelassen. Ebenso wie der damit

erzeugte Käse können diese frei verkauft werden. Zulassungen bestehen auch in fast allen

west- und osteuropäischen Ländern (Ausnahmen: Frankreich, Österreich) sowie in den

USA.

In der Schweiz wurden zwei mit gv-Mikroorganismen hergestellte Chymosin-Präparate

(Maxiren, Chy Max) vor mehreren Jahren zugelassen. Anträge zur Bewilligungserneue-

rung sind eingereicht.

Anwendung: Nach Schätzungen wird in den USA und Großbritannien der Käse zu etwa

80 bis 90 % mit gentechnisch gewonnenem Chymosin erzeugt. Genaue Zahlen über eine

Verwendung in Deutschland liegen nicht vor. Es ist davon auszugehen, dass Chymosin

eingesetzt wird.

Kennzeichnung: Ebenso wie das Labferment gilt Chymosin in Deutschland nicht als Le-

bensmittelzutat und wird daher nicht auf der Zutatenliste deklariert. Eine Gentechnik-

bezogene Kennzeichnung von Käse im Hinblick auf Chymosin ist nicht vorgeschrieben.

Käse: Der überwiegende Teil des eingesetzten Chymosins geht in die Molke (Molken-

pulver) über und ist im Käse allenfalls in Spuren vorhanden. Im ausgereiften Käse ist Art

und Herkunft des verwendeten Chymosins nicht nachweisbar.

Galactosidase

Galactosidase baut Galaktose ab, einen speziellen Zucker, der etwa in Milchzucker (Lak-

tose) und verschiedenen pflanzlichen Kohlenhydraten vorkommt.

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α-Galactosidase wird fast ausschließlich verwendet als Zusatz zu Futtermitteln zur besse-

ren Verwertung im Verdauungssystem der Tiere. Vereinzelt kann das Enzym auch bei

Diät-Lebensmitteln zum Einsatz kommen.

Gentechnik

α-Galactosidase wird in der Regel mit gentechnisch veränderten Mikroorganismen her-

gestellt. Als Produktionsorganismen werden Schimmelpilzkulturen (Aspergillus) und He-

fe (Saccharomyces) eingesetzt.

In der EU befinden sich drei α-Galactosidase-Produkte im Handel, zwei davon können

mit gentechnisch veränderten Mikroorganismen (Aspergillus oryzae, Bäckerhefe Saccha-

romyces cerevisae) hergestellt werden.

Kennzeichnung Futtermittel: Enzymzusätze gelten zwar als Zusatzstoffe, die auf dem

Futtermittel zu deklarieren sind. Zusatzstoffe, die in geschlossenen Systemen mit gen-

technisch veränderten Mikroorganismen hergestellt werden, fallen jedoch nicht unter die

Kennzeichnungspflicht.

Kennzeichnung Lebensmittel. Lebensmittel-Enzyme gelten nicht als Zutat und werden

nicht auf der Zutatenliste aufgeführt. Eine Kennzeichnung im Hinblick auf die Herstel-

lung mit gv-Mikroorganismen ist daher nicht vorgesehen.

Glucanase

Die β-Glucanasen bauen Glucane ab, stärkeähnliche Verbindungen (Polysaccharide), die

in einigen Pflanzen wie Gerste vorkommen. Die Glucane gehören zur Gruppe der Hemi-

cellulosen (vgl. auch HemicellulaseHemicellulase).

Verwendung

Glucanasen werden beim Bierbrauen eingesetzt, um die in der Braugerste enthaltenen

Glucane schnell und vollständig abzubauen. Diese verstopfen oft die Filter und führen zu

langen Reinigungszeiten. Zwar bildet natürlicherweise auch die Gerste selbst Glucana-

sen, doch diese reichen in der Regel nicht aus, um alle im Bier vorhandenen Glucane ab-

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zubauen. In Deutschland verstößt der Einsatz von Enzymen beim Bierbrauen gegen das

Reinheitsgebot und ist daher nicht erlaubt.

Wein: Glucanasen werden zur Klärung des Mosts und Verbesserung der Filtrierfähigkeit

eingesetzt; vor allem bei Spätlesen, wenn die Trauben vom Botrytis-Pilz befallen sind.

Futtermittelzusätze: Durch den Aufschluss der in den pflanzlichen Futtermitteln enthalte-

nen Glucane tragen Glucanasen zu einer besseren Verwertung pflanzlicher Futtermittel

bei.

Stärkeindustrie

Gentechnik

β-Glucanasen werden durch Fermentation mit verschiedenen Pilz- und Bakterienarten

gewonnen. Bei der Herstellung von Glucanasen werden auch gentechnisch veränderte

Mikroorganismen eingesetzt. Es sind jedoch auch Glucanase-Präparate auf dem Markt,

bei denen die eingesetzten Produktionsstämme nicht gentechnisch verändert worden sind.

Zwei mit gentechnisch veränderten Mikroorganismen (Bacillus, Trichoderma) hergestell-

te Glucanase-Präparate sind in mehreren EU-Staaten zugelassen und werden kommerziell

vermarktet. Glucanasen, die als Futtermittelzusatz verwendet werden, werden überwie-

gend mit gentechnisch veränderten Mikroorganismen hergestellt.

Hexoseoxydase

Hexoseoxydase, kurz HOX, wandelt eine Vielzahl von Zuckern (z.B. D-Glukose, D-

Galaktose, Maltose, Laktose) in Laktone und Wasserstoffperoxid um. Bei dieser Reakti-

on wird Sauerstoff verbraucht.

Verwendung

o Hexoseoxydasen werden vor allem eingesetzt bei der Herstellung von Backwaren.

Sie steigert die Stabilität des Teiges und das Volumens des Brotes. Hexoseoxida-

sen übernehmen ähnliche Funktionen wie Glucoseoxydasen, können jedoch bei

einer größeren Zahl an Produkten verwendet werden.

Page 12: Enzyme für die Lebensmittelverarbeitung

o Käse als Belag für Pizza (etwa Mozzarella): Der Käse wird weißer und ist länger

haltbar. Zudem läuft die Maillard-Reaktion während des Backprozesses kontrol-

lierter ab, sodass sich die Bräunung der Käseschicht reduziert. Bei der Maillard-

Reaktion verbinden sich die enthaltenen Zuckermoleküle mit den Eiweißmolekü-

len. Dabei entstehen dunkle Pigmente, die bei Brot oder Fleisch für eine knuspri-

ge, dunkle Kruste und das besondere Aroma sorgen.

o Käse, Tofu: zur Förderung der Gerinnung der Milch

o Dressings, Fertigsoßen

o zum Auffangen unerwünschter Sauerstoffverbindungen

Gentechnik

Hexoseoxydase wird mit gentechnisch veränderten Mikroorganismen (Hefe: Hansenula

polymorpha) gewonnen. Das Gen für das Enzym wurde aus einer Meeresalge (Chondrus

crispus, "Irisches Moos") isoliert. Ein wichtiger Produzent ist die dänische Firma Danis-

co A/S. Das Präparat wird in Europa kommerziell genutzt und ist zumindest in Dänemark

zugelassen.

Lipase

Unter Lipasen versteht man verschiedene Enzyme, die Fette (Lipide) in ihre Bausteine

Glycerin und (verschiedene) Fettsäuren spalten. Lipasen können auch bestimmte Fettsäu-

ren verändern oder innerhalb eines großen Moleküls umgruppieren.

Lipasen sind in der belebten Natur weit verbreitet.

Verwendung

Bisher befindet sich der Einsatz von Lipasen in der Lebensmittelverarbeitung noch im

Anfangsstadium. Neue Lipasepräparate mit speziellen Enzymaktivitäten erschließen neue

Anwendungsgebiete.

Bisher werden Lipasen vor allem eingesetzt bei:

Käse: Optimierung und Verstärkung der Aromabildung während der Reifung

Page 13: Enzyme für die Lebensmittelverarbeitung

Herstellung von Aromen durch Abspalten bestimmter Ester aus Fetten. Ester werden als

Aromen und Geruchstoffe verwendet.

Verschiedene Lipasen ermöglichen gezielte Modifikationen der Molekülstruktur der Fet-

te. Dadurch sollen Zusammensetzung, physikalische Eigenschaften oder Nährwert der

Fette optimiert werden. Beispiele dafür sind ein gesundheitlich optimales Verhältnis von

gesättigten und ungesättigten Fettsäuren oder die Herstellung von Kakaobutterersatzstof-

fen aus anderen pflanzlichen Fetten.

Auch Säuglingsnahrung mit speziellen Fettsäuremustern wird mit Lipase-Enzymen her-

gestellt.

Backwaren: Teigverbesserung, Erzielung einer gleichmäßigen und hellen Kruste, weiche

Textur

Nudeln und Teigwaren: In diesem neuen Anwendungsfeld für Lipasen geht es vor allem

um den Ausgleich von Qualitätsschwankungen der Weizenmehle. Dadurch sollen Nudeln

und Teigwaren eine gleichmäßige, kräftige Farbe erhalten, die Bissfestigkeit verbessern

und das Kleben nach zu langem Kochen reduzieren

Wasch- und Reinigungsmittel

Textil- und Lederverarbeitung

Kosmetik

Gentechnik

Es werden zahlreiche Enzyme und Enzymmischungen mit Lipase-Aktivitäten angeboten.

Die Herstellung erfolgt durch Fermentation mit Mikroorganismen.

Europa werden 18 verschiedene Enzympräparate durch Lipase-Aktivität produziert. Min-

destens vier Präparate werden mit Hilfe gentechnisch veränderter Mikroorganismen her-

gestellt (überwiegend Pilzkulturen, aber auch Bakterien). Diese sind in mehreren europäi-

schen Ländern zugelassen.

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Pektinase

Pektinase (andere Bezeichnung: Polygalacturonase) ist der Oberbegriff für eine Reihe

von Enzymen, welche die Eigenschaft besitzen, Pektine abzubauen oder umzuwandeln.

Pektin ist eine Substanz, die die Zellwände pflanzlicher Zellen stabilisiert.

Verwendung

Pektinasen, oft in Kombination mit weiteren Enzymen, werden eingesetzt:

o vor allem bei der Herstellung von Frucht- und Gemüsesäften, um die Saftausbeute

zu erhöhen.

o Besonders bei Beeren verbessern Pektinasen die Extraktion von Farb- und Aro-

mastoffen. In einigen Fällen klären sie naturtrübe Säfte. Bei Beeren, Südfrüchten,

Äpfel und Birnen sind Pektinase-Zusätze allgemein üblich

o zur Herstellung von Konzentraten aus Obst oder Gemüse (schonend erwärmte

Masse aus rohen Pflanzen oder Pflanzenteilen), etwa bei Tomaten, Zwiebeln,

Möhren, Paprika, Sellerie, aber auch Pflaumen, Sanddorn, Hagebutte

o bei der Gewinnung von Farbextrakten und färbenden Lebensmitteln aus pflanzli-

chen Rohstoffen

o bei der Gewinnung von hochkonzentrierten Zitrusaromen aus den Schalen von

Zitrusfrüchten

o beim "enzymatischen Schälen" von Früchten, um frische, geschälte Früchte (etwa

in Fruchtsalaten) anbieten zu können

o bei der Weinherstellung; Pektinasen unterstützen die Klärung des frisch gepress-

ten Mosts und verbessern seine Konsistenz. Der Wein wird dünnflüssiger.

Gentechnik

Pektinasen werden überwiegend durch Fermentation mit Pilzkulturen gewonnen (Asper-

gillus-, Penicillium- und Trichoderma-Arten). Mehrere Enzyme aus der Gruppe der Pek-

tinasen (Polygalacturonase, Pektinlyase) werden mit gentechnisch veränderten Schim-

melpilzen (Aspergillus, Trichoderma) gewonnen. Die Pektatlyase kann mit gentechnisch

veränderten Bakterien (Bacillus) hergestellt werden. Verschiedene Pektinesterasen (En-

Page 15: Enzyme für die Lebensmittelverarbeitung

zyme, die Pektine modifizieren) werden mit gentechnisch veränderten Schimmelpilzen

hergestellt. Diese können in verschiedenen Pektinasepräparaten enthalten sein.

In der Schweiz sind 1997 Zulassungsanträge für vier verschiedene Enzyme aus der Grup-

pe der Pektinasen eingereicht worden, die mit gentechnisch veränderten Mikroorganis-

men hergestellt werden. Eine Genehmigung ist in der Schweiz bislang nicht erteilt wor-

den. Es ist jedoch davon auszugehen, dass diese Enzyme in anderen Ländern kommer-

ziell angewandt werden.

Pektinesterase

Pektinesterasen gehören zur Enzym-Gruppe der Pektinasen. Sie "knacken" eine ganz be-

stimmte Bindung im Molekül der Pektine, einer Stützsubstanz in den Zellwänden von

Pflanzen.

Verwendung

Ähnlich wie Pektinasen werden auch Pektinesterasen vor allem bei der Verarbeitung von

Obst und Gemüse eingesetzt.

o Fruchtsaft: Erhöhung der Saftausbeute, Klärung durch Abbau der Trübstoffe

o Herstellung von Konzentraten aus Obst oder Gemüse (schonend erwärmte Masse

aus rohen Pflanzen oder Pflanzenteilen), etwa bei Tomaten, Zwiebeln, Möhren,

Paprika, Sellerie, aber auch Pflaumen, Sanddorn, Hagebutte. Diese Konzentrate

werden bei verschiedenen Produkten als Zutat verwendet.

o auch zur Erzeugung von Farbextrakten und färbenden Lebensmitteln aus pflanzli-

chen Rohstoffen

Gentechnik

Pektinesterasen werden überwiegend durch Fermentation mit Pilzkulturen gewonnen

(Aspergillus-Arten).

Drei der in Europa hergestellten Pektinesterasen können mit gentechnisch veränderten

Schimmelpilzen gewonnen werden. Diese werden der Frucht- und Gemüse verarbeiten-

den Industrie in verschiedenen Präparaten und Mischungen angeboten.

Page 16: Enzyme für die Lebensmittelverarbeitung

In der Schweiz ist 1997 ein Zulassungsantrag für eine mit Hilfe gentechnisch veränderter

Mikroorganismen gewonnene Pektinesterase gestellt worden. Eine Genehmigung ist bis-

lang nicht erteilt. Es ist jedoch davon auszugehen, dass diese Enzyme in anderen Ländern

kommerziell angewandt werden.

Phytase

Phytase wirkt auf bestimmte Phosphorverbindungen: Sie spaltet Phytinsäure unter Frei-

setzung von Phosphaten. Phytase wird natürlicherweise in vielen Pflanzen und Mikroor-

ganismen gebildet. Phytase ist ein Enzym, das Phytin hydrolytisch abbaut und somit das

gebundene Phosphat freisetzt. Es macht dadurch den in Pflanzen vorhandenen Phosphor

für Tierorganismen verfügbar und wird deshalb in steigendem Masse kommerziellem

Tierfutter zugesetzt. Man kann dann die Zugabe von anorganischem Phosphat vermin-

dern, wodurch die Abwasserbelastung durch ausgeschiedenes Phosphat sinkt.

Dieses Enzym sitzt dort, wo auch das meiste Phytin anzutreffen ist: Im Keim und der

Kleie des Getreidekorns. Es wird vor allem durch Einweichen aktiviert. (Bei Brot 5 – 12

Stunden).

Hydrolyse von Phytinsäure

Tabelle: Gehalte an Phosphor und Phytinphosphor in Futtermitteln, stark gekürzt

nach Lantzsch (1990)

Futtermittel Gesamt-P

(g/kg)

Phytin-P

(%)

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Mais 3.8 75

Weizen 4.0 73

Gerste 4.0 65

Hafer 4.0 61

Ackerbohnen 6.3 68

Erbsen 5.4 65

Lupinen 7.2 57

Sojabohnenextrakt 7.0 56

Rapsextraktschrot 12 67

Sonnenblumenextraktschrot 10 75

Verwendung

Phytase wird als Zusatzstoff in Futtermitteln für Nicht-Wiederkäuer wie Schweine oder

Geflügel verwendet. Anders als Wiederkäuer sind diese Nutztiere nicht in der Lage, den

in der pflanzlichen Nahrung enthaltenen, lebensnotwendigen Nährstoff Phosphor zu er-

schließen. Durch den Zusatz im Futter von Schweinen und Geflügel wird der in den Fut-

terpflanzen vorhandene Phosphor als Nährstoff erschlossen. Es kann auf die sonst übliche

Zufütterung von Phosphat verzichtet werden. Dadurch sinkt der Phosphorgehalt in Gülle

oder Stalldung, und die Phosphatbelastung der Umwelt bei der Düngung kann deutlich

reduziert werden.

Im Folgenden sollen anhand von einigen typischen Versuchsergebnissen aus der Literatur

die Einsatzmöglichkeiten von Phytase verdeutlicht werden. Bei der Schweineaufzucht

zeigte sich, daß 500 Einheiten Phytase je kg Futter etwa 1 g Phosphor aus Monocalcium-

phosphat unter den Bedingungen einer Getreide-Sojadiät ersetzen können. Die P-

Retention konnte von 44 % auf 63 % gesteigert und die Phosphorexkretion via Faeces

und Urin ohne Leistungseinbußen um 56 % reduziert werden. Die Autoren halten eine

Reduktion der P-Exkretion unter praxisüblichen Einsatzbedingungen von Phytase von 25

– 40 % für realisierbar. Außerdem wurde ein deutlicher Einfluß der Phytase auf die Zink-

verwertung festgestellt. Zinkzusätze werden seit 1955 dem Mischfutter für Schweine zu-

gesetzt, um Zinkmangelkrankheiten wie Parakeratose vorzubeugen. Durch Einsatz von

Page 18: Enzyme für die Lebensmittelverarbeitung

Phytase läßt sich neben der P- auch die Zn-Supplementierung reduzieren. In einem Ver-

such mit Ferkeln im Gewichtsbereich von 7 bis 25 kg wurde gezeigt, daß die Phosphor-

und Calciumverdaulichkeit dosisabhängig durch Phytasezugabe von 34 auf 50 % bzw. 34

auf 54 % verbessert werden konnte.

In in vitro-Versuchen konnte gezeigt werden, daß Phytase die Präzipitation von Proteinen

im Magen verhindern bzw. die Reduktion von bereits präzipitierten Proteinen durch Pep-

sin beschleunigen kann. Bei Rapsextraktionsschrot war es sogar nur mit Hilfe von Phyta-

se möglich, Protein wie z.B. Pepsin zu lösen.

Bei Schweinen wurde die Verdaulichkeit von Aminosäuren, der Trockenmasse, der orga-

nischen Masse und von Rohprotein durch Zugabe von Phytase signifikant erhöht wurde.

Dagegen hatte die Zugabe von anorganischem Phosphat keine derartigen Effekte. Durch

die Phytasewirkung wird nicht nur eine bessere Verdaulichkeit von Proteinen und Ami-

nosäuren hervorgerufen wurde, sondern auch eine verbesserte Futterverwertung. Dies

führt wiederum dazu, dass weniger Stickstoff ausgeschieden und dadurch die Umwelt

weniger belastet wird. Diese Effekte können durch die alleinige Zugabe von anorgani-

schem Phosphat nicht erreicht werden.

Ähnlich wie beim Schwein wurden die positiven Effekte der Phytase auch bei Geflügel

nachgewiesen. Es konnte gezeigt werden, daß eine signifikante Erhöhung der Gewichts-

zunahme und des Aschegehaltes in den Knochen (Tibia) im Vergleich zu einer Fütterung

ohne Phytase erreicht werden konnte. Die Gewichtszunahme war sogar größer als bei der

Phosphorversorgung mit Dicalciumphosphat. Versuche mit Broilerküken zeigten, daß

durch die Reduzierung des Phosphorniveaus von 0,75 auf 0,55 % die Phosphorausschei-

dung deutlich von 0,36 g/d auf 0,23 g/d gesenkt wurde. Durch die Zulage der Phytase

konnte dosisabhängig die Phosphorverwertung von 36 % auf 43 % verbessert werden.

Die tägliche Phosphorbilanz wurde durch die Phytasegaben auf das Niveau der positiven

Kontrolle (0,75 % im Futter) erhöht. Da die Tiere weniger Phosphor mit dem Futter auf-

nahmen, sank die tägliche Phosphorausscheidung bis zu 50 %. In den letzten Jahren wur-

de auch bekannt, daß Interaktionen zwischen Phytinsäure und Cadmium bestehen. Bei

Vorhandensein von Phytinsäure erhöht sich die Konzentration von Cadmium in Leber

und Niere. Bei Ratten und Hühnerküken konnte gezeigt werden, daß diese antinutritiven

Page 19: Enzyme für die Lebensmittelverarbeitung

Effekte der Phytinsäure durch Zugabe von mikrobieller Phytase vollständig kompensiert

wurden.

In Nordamerika wurde festgestellt, daß fließende Gewässer stark mit Phosphor belastet

sind. Fischzucht ist die Ursache dieser Verschmutzung, wobei der Phosphor vom Fisch-

mehl stammt, welches als Proteinquelle in der Fischzucht verwendet wurde. Der Ersatz

von Fischmehl durch pflanzliche Proteine wurde umfassend untersucht. Auch Pflanzen-

proteine besitzen Phytat-Phosphor, der für die Fische nicht verfügbar ist. An dieser Stelle

ist noch zu erwähnen, daß beim Abbau von Phytaten durch Phytasen Inositol frei wird.

Inositol ist aber ein wichtiger Wachstumsfaktor, der die gesamte Verdaulichkeit von Fut-

ter bzw. Nahrung erhöht und die anderen bereits erwähnten positiven Effekte der Phyta-

sewirkung ergänzt.

Im Gegensatz zur Verwendung von Phytasen in der Tierproduktion ist die Verwendung

in der Nahrungsmittelproduktion noch wenig verbreitet. Zur Herstellung phytatfreien So-

japroteins können mikrobielle Phytasepräparate eingesetzt werden. Dabei ist die Phytase-

behandlung entweder vor oder nach der Proteinisolierung aus den Samen möglich. Wei-

terhin wurden Phytasen zur Produktion von phytatfreier Sojabohnen-Milch eingesetzt.

Eine wichtige Anwendung der Phytase besteht bei der Herstellung von Brot mit geringem

Phytatgehalt. Dazu kann die Phytasebehandlung in den Produktionsprozeß integriert wer-

den, da das Enzym während der Fermentation wirken kann. Damit wird eine bessere Mi-

neralverfügbarkeit erreicht.

Eine weitere Anwendungsmöglichkeit von Phytase zur Reduzierung des Phytatgehaltes

ist aufgrund der Thermostabilität in der Saftindustrie denkbar. Weitere Anwendungsmög-

lichkeiten von Phytasen bestehen in der Herstellung von hexa- und pentaphosphatfreiem

Haferbrei und in der Sojakäseproduktion. Da der enzymatische Abbau der Phytate weder

mutagene noch toxische Nebenprodukte erzeugt, ist die Verwendung von Phytasen um-

weltfreundlich und wird bei der Entwicklung sauberer Technologien wertvoll sein.

Gentechnik

Erst durch entsprechende gentechnische Veränderung bei Mikroorganismen konnte Phy-

tase großtechnisch hergestellt und damit als Futtermittelzusatzstoff verwendet werden.

Phytase wird in der Regel mit gentechnisch veränderten Mikroorganismen hergestellt.

Page 20: Enzyme für die Lebensmittelverarbeitung

Dabei werden Schimmelpilzkulturen als Produktionsorganismen eingesetzt (Aspergillus-

Arten, Trichoderma-Arten).

Zulassung: Futtermittel-Enzyme gelten in der EU als zulassungspflichtige Futtermittelzu-

satzstoffe. In der EU sind vier verschiedene Phytasen für die Fütterung von Geflügel und

Schweinen zugelassen.

Herstellung

Bisher wurde Phytase großtechnisch im fermentativen Verfahren mit Hilfe von Aspergil-

lus niger hergestellt.

In Deutschland sind zwei Präparate auf dem Markt:

1. Phytase ZY9 der Firma Novo Nordisk (DK). Dieses Produkt wird als flüssige

Formulierung (ZY96) bzw. speziell stabilisiertes, gecoatetes Granulat (ZY 98)

von der Lohmann-LTE in Cuxhaven angeboten.

2. Natuphos der Firma Gist Brocades (NL) wird durch die BASF, Ludwigshafen

vertrieben. Dieses Produkt wird in flüssiger Formulierung angeboten, aber

auch als speziell stabilisiertes Granulat. Natuphos war das erste Phytasepro-

dukt, das in großem Maßstab eingesetzt wurde (in den Niederlanden seit

1991).

3. Im europäischen Raum ist noch das Phytaseprodukt FINASE F der Firma Al-

ko zu nennen, das in Finnland produziert wird.

In der Literatur werden zur fermentativen Gewinnung von Phytase aus A. niger zwei ver-

schiedene Verfahren beschrieben: Festphasenfermentation (solid state fermentation) und

Submersfermentation. Bei der Festphasenfermentation wird ein festes Medium mit destil-

liertem Wasser befeuchtet, dampfsterilisiert, mit Sporen beimpft und anschließend bei

einer bestimmten Temperatur (z.B. 30 °C) mehrere Tage inkubiert. Dabei scheint der Ge-

halt an Wasser im festen Medium sowohl für das Wachstum der Zellen als auch für die

Produktion von Phytase eine wichtige Rolle zu spielen. Das Medium kann dabei aus z.B.

Weizenkleie, Sojabohnenmehl oder einem anderen Nebenprodukt der Landwirtschaft be-

stehen. Zur Aufarbeitung wird die Phytase mit einer Calciumchloridlösung extrahiert.

Page 21: Enzyme für die Lebensmittelverarbeitung

Beim Submersverfahren besteht das Medium aus einer Glucose-Mineralsalz-Lösung. Die

Phytase kann direkt ohne weitere Aufarbeitung im Überstand bestimmt werden.

Der Hauptunterschied zwischen der Festphasenfermentation und der Submersfermentati-

on besteht darin, daß im Rührkessel das Medium gelöst und homogen ist, während es bei

der Festphasenfermentation ungelöst und damit inhomogen ist. Außerdem ist der Flüs-

sigkeitsgehalt bei der Festphasenfermentation viel geringer als im Rührkessel.

Die Phytaseproduktion erreicht bei Verwendung einer Festphasenfermentation ein höhe-

res Niveau als bei einer Submersfermentation. Als weiteres Beispiel für die fermentative

Gewinnung von Phytase soll die Hefe Hansenula polymorpha erwähnt werden. Es ist mit

H. polymorpha gelungen, Phytase extrazellulär in sehr hoher Konzentration (bis zu 13

g/L) herzustellen. H. polymorpha diente dabei als Expressionswirt und enthielt das Phy-

tasegen einer Aspergillus sp. Die Fermentation wurde unter Bedingungen einer Zulauf-

kultivierung in einem Glucose-Mineralsalz-Medium durchgeführt. Die Zufütterung er-

folgte mit Glucosesirup, wenn die Sauerstoffsättigung des Mediums sich erhöhte. Es

wurde festgestellt, daß eine Sauerstofflimitierung zu einem Stillstand der Phytaseakku-

mulation führt. Weiterhin wurde gezeigt, daß es möglich ist, auf diese Weise bis zu ei-

nem Maßstab von 2000 L Fermentervolumen Phytase zu produzieren.

Auch Bakterien eignen sich zur fermentativen Gewinnung von Phytase. Eine extrazellu-

läre Phytase aus Bacillus subtilis konnte sowohl im Rührkessel als auch mit Hilfe von

Festphasenfermentation gewonnen werden. Weiterhin konnte eine intrazelluläre Phytase

aus E. coli fermentativ hergestellt werden. Dazu wurde E. coli als Expressionswirt ge-

nutzt, der das Phytasegen appA enthielt. Es wurde eine Hochzelldichtefermentation im 2

L-Maßstab in einem definierten Glucose-Mineralsalz-Medium durchgeführt. Die Zufütte-

rung von Glucose erfolgte, wenn die Sauerstoffsättigung im Medium sich erhöhte. Die

Expression von Phytase wurde durch Zugabe von Lactose induziert. Anschließend mußte

die Phytase zur Aufreinigung aus dem Periplasma extrahiert werden.

Protease

Sammelbezeichnung für verschiedene Enzyme, die Eiweiße (Proteine) oder Peptide (Ei-

weißbausteine) spalten bzw. modifizieren. Proteasen werden natürlicherweise von vielen

Page 22: Enzyme für die Lebensmittelverarbeitung

Mikroorganismen gebildet; sie kommen zudem in vielen Tieren und Pflanzen vor. Tiere

bilden Eiweiß spaltende Verdauungsenzyme wie Trypsin, Pepsin oder Chymosin. Bei den

Pflanzen hat etwa Ananas eine hohe Proteaseaktivität. Das betreffende Enzym wird Pa-

pain genannt. Auch in vielen Lebensmitteln (Fleisch, Käse, Fisch) sind Proteasen vor-

handen oder werden im Verlauf von Reifungsprozessen gebildet. Wenn etwa Rindfleisch

"abhängt", entstehen Proteasen, welche Proteine abbauen und so das Fleisch zart machen.

Verwendung

• Handelsübliche Protease-Präparate bestehen meist aus verschiedenen Protease-

Enzymen. Sie finden eine breite Verwendung in der Lebensmittelverarbeitung:

• als Backenzym zur Verbesserung der Teigführung und der Maschinengängigkeit -

vor allem für Crackers und Kekse (Backwaren);

• bei der Gewinnung von Würze und Aromen (Käsearomen) aus pflanzlichen oder

tierischen Proteinen (z.B. aus Molke oder Milcheiweiß), bei der Herstellung von

Soßen (vor allem: Sojasoße) und Hefeextraxt;

• zur Optimierung und Steuerung der Geschmacksbildung bei Käse- und Milchpro-

dukten;

• zur Geschmacksverstärkung bei pikant-herzhaften Aromen;

• zur Konsistenzverbesserung bei Fischprodukten und bei Fischverarbeitung (z.B.

beim Auslösen von Fischfilet);

• als Zartmacher bei Fleisch (in Deutschland nicht erlaubt) und bei der Herstellung

von Fleischextrakten;

• zur Kältestabilisierung von Bier (in Deutschland verstößt der Zusatz von Enzy-

men im Bier gegen das Reinheitsgebot);

• spezielle Proteasen werden auch zur Herstellung von hypoallergener Nahrung

eingesetzt. Die Proteasen bauen dabei gezielt allergeneallergene Proteine ab, die

bei dafür empfindlichen Personen allergische Reaktionen auslösen. So werden

etwa Proteasen eingesetzt, um hypoallergene Säuglingsnahrung aus Kuhmilch zu

gewinnen. Die Proteasen bauen die Milchproteine in kleine Peptide und freie A-

Page 23: Enzyme für die Lebensmittelverarbeitung

minosäuren ab. Dadurch wird das Risiko verringert, dass Säuglinge eine Milchal-

lergie entwickeln.

Weitere Anwendungsgebiete: in Wasch- und Reinigungsmitteln (Proteasen schließen ei-

weißhaltige Verschmutzungen auf); Lederindustrie; Futterzusatz für Haustiere

Gentechnik

Proteasen werden durch Fermentation mit Hilfe verschiedener Bakterien- und Pilzkultu-

ren gewonnen.

Es ist eine Vielzahl von Protease-Präparaten erhältlich. Allein in Europa werden 29 ver-

schiedene Protease-Präparate hergestellt. Acht dieser Protease-Präparate können mit gen-

technisch veränderten Mikroorganismen (z. B. Aspergillus, Bacillus) hergestellt werden.

In einigen europäischen Ländern (Dänemark, Frankreich) sind diese Proteasen für die

Verwendung in Lebensmitteln zugelassen.

Pullulanase

α-Dextrin Endo-1,6-α-Glucosidase

Pullulanasen (auch: Isoamylasen) spalten große Polysaccharid-Moleküle wie Stärke an

einer bestimmten Stelle. Das Enzym hydrolysiert 1,6-α-D-glukosidische Bindungen in

Polysacchariden, z.B. in Amylopektin, Glykogen und Pullulan. Aus Amylopektin entste-

hen lineare Amylosebruchstücke. Pullulanasen zerschneiden die verzweigten Amylopek-

tin-Moleküle, so dass Amylase-Ketten übrig bleiben.

In den Stärkekörnern der Pflanzen liegt die Stärke in zwei unterschiedlichen Varianten

vor: Amylose (20-30%) und Amylopektin (70-80%). Amylopektin, der Hauptbestandteil

in den Stärkekörnern, besteht aus großen, stark verzweigten Molekülen. Amylose hinge-

gen liegt in langen, kettenförmigen Molekülen vor. Der jeweilige Typ bzw. deren Mi-

schungsverhältnis bestimmt die technischen und sensorischen Eigenschaften der Stärke

und deren Verwendungsmöglichkeiten.

Page 24: Enzyme für die Lebensmittelverarbeitung

Verwendung

Pullulanase wird überwiegend zusammen mit anderen Stärke-spaltenden Enzymen (Glu-

coamylase) eingesetzt

bei der Stärkeverzuckerung: Die Umwandlung von Stärke in Glukose bzw. Glukosesi-

rup wird effektiviert.

vereinzelt auch als Backenzym

beim Bierbrauen (in Deutschland nicht erlaubt)

Gentechnik

Pullulanasen werden durch Fermentation mit Hilfe von Bakterien (Bacillus- und Kleb-

siella-Arten) oder Schimmelpilzkulturen (Trichoderma) gewonnen.

In Europa werden mehrere Pullulanase-Präparate vermutlich mit gentechnisch veränder-

ten Mikroorganismen hergestellt. Diese werden vor allem bei der Stärkeverzuckerung

eingesetzt.

Xylanase

Xylanasen gehören zur Enzymgruppe der Pentosanasen. Diese können verschiedene, im

Stützgerüst der pflanzlichen Zellwände vorhandenen Substanzen aufschließen (Ballast-

stoffe). Xylanasen bauen Xylan (auch: Holzgummi) ab – ein holziger, gummiartiger

Schleimstoff, der in allen Pflanzen als ständiger Begleiter von Cellulose anzutreffen ist.

Einen hohen Xylan-Anteil hat etwa Weizen. Xylane gehören zur Gruppe der Pentosane

(Abbau durch Pentosanasen). Diese zählen zu den Hemicellulosen (Abbau durch Hemi-

cellulasen).

Eine spezielle Pentosanase ist die Arabinofuranosidase, die einzelne Seitenketten der Xy-

lan-Moleküle abbaut.

Verwendung

Xylanasen werden – zumeist in Kombinationspräparaten zusammen mit mehreren spezi-

fisch wirkenden Enzymen – verwendet:

Page 25: Enzyme für die Lebensmittelverarbeitung

o vor allem als Backenzym zur Verbesserung der Teigeigenschaften (Maschinen-

gängigkeit, Stabilität) und zur Produktoptimierung (Krustenstabilität, Volumen);

o bei der Spirituosenherstellung und in der Alkoholindustrie (Xylanasen schließen

die Schleimstoffe der Getreide auf, die so für die Fermentation nutzbar werden.)

o bei der Fruchtsaft- und Getränkeherstellung

Weitere Anwendungsgebiete:

o Futtermittelzusätze (Durch den Aufschluss der in den pflanzlichen Futtermitteln

enthaltenen Xylane tragen diese Enzyme zu einer besseren Verwertung pflanzli-

cher Futtermittel bei)

o Stärkeindustrie in der Textil- und Papierindustrie

Gentechnik

Xylanasen werden zunehmend mit gentechnisch veränderten Mikroorganismen herge-

stellt. Bei den gentechnisch optimierten Produktionsorganismen handelt es sich überwie-

gend um Pilzkulturen (Aspergillus-, Trichoderma- Arten), aber auch Bakterien (Bacillus).

Allein in Europa können acht Xylanase-Präparate mit gentechnisch veränderten Mikroor-

ganismen gewonnen werden. Diese sind in mehreren EU-Ländern zugelassen. Dabei

handelt es sich vielfach um Kombinationspräparate mit anderen Enzymen (z.B. Glucana-

sen, Amylasen).

Zulassung. Es gibt keine einheitlichen EU-Vorschriften, in denen Zulassung und Ver-

wendung von Lebensmittel-Enzymen geregelt sind. Die einzelnen Mitgliedstaaten haben

dafür unterschiedliche Bestimmungen. Im Gegensatz zu anderen EU-Ländern sind in

Deutschland Lebensmittel-Enzyme nicht zulassungspflichtig. Sie können im Rahmen des

allgemeinen Lebensmittelrechts frei verwendet werden. Dabei spielt es keine Rolle, ob

die Herstellung mit gentechnisch veränderten Mikroorganismen erfolgt.

Page 26: Enzyme für die Lebensmittelverarbeitung

Kakao und Schokolade

Geschichte

Kakao war in Südamerika lange vor der Entdeckung Mittelamerikas durch die Europäer

bekannt:

Tolteken: Geschenk von Quetzalcoatl

Azteken: 12. Jh.; Kakaokultur von den Tolteken übernommen; sehr wertvoll; auch als

Zahlungsmittel

Kolumbus: hat die Bedeutung als Nahrungsmittel nicht erkannt

Hernando Cortéz: Eroberung des Aztekenreiches bringt Kakaobohne nach Europa, diese

wird aber ungesüßt nicht akzeptiert

Kakao „erobert“ erst nach Zusatz von Süßungsmitteln Europa

Der Name Schokolade kommt von „xocolatl“: xococ: sauer, herb, würzig, atl: Wasser

Zubereitung bei den Azteken: Kakaobohnen werden geröstet, gemahlen, mit Wasser auf-

geschäumt und mit Gewürzen versetzt

Tabelle: Die wichtigsten Anbauländer für Kakao (das Kakaojahr geht jeweils vom 1. Ok-

tober bis zum 30. September)

1997/1998 2000/2001 2002/2003 2004/2005

Elfenbeinküste 1.113.000 t 1.175.000 t 1.350.000 t 1.275.900 t

Ghana 400.000 t 395.000 t 497.000 t 586.000 t

Indonesien 325.000 t 385.000 t 425.000 t 445.000 t

Nigeria 160.000 t 180.000 t 165.000 t 190.000 t

Kamerun 127.000 t 135.000 t 140.000 t 185.500 t

Brasilien 170.000 t 162.800 t 162.000 t 170.800 t

Page 27: Enzyme für die Lebensmittelverarbeitung

Ecuador - 88.900 t 89.000 t 115.900 t

Togo - - - 50.000 t

Papua-Neuguinea - 38.800 t 42.000 t 47.500 t

Mexiko - - - 38.000 t

Kolumbien - - - 36.800 t

Dominik. Republik 58.000 t 44.900 t 49.000 t 32.000 t

Malaysia 85.000 t 35.000 t - 29.000 t

Sonstige 242.000 t 184.700 t 179.000 t 125.100 t

Gesamtanbau 2.680.100 t 2.825.100 t 3.136.100 t 3.327.500 t

Firma Menge der verarbeiteten Kakaobohnen pro Jahr

Barry Callebaut 400.000 bis 450.000 t; 14-16 % d. Welternte

ADM Cocoa bis 400.000 t

Cargill ca. 14 % der Welternte; ca. 400.000 t

Nestlé bis 250.000 t

Hamester ca. 8 % der Welternte; ca. 230.000 t

Blommer ca. 5 % der Welternte; ca. 145.000 t

Kakao Verarbeitung Berlin bis 120.000 t

Hershey's bis 100.000 t

Cadbury bis 100.000 t

Kraft Foods (Altria) bis 100.000 t

Unicao bis 50.000 t

Ferrero bis 50.000 t

Chadler bis 50.000 t

Page 28: Enzyme für die Lebensmittelverarbeitung

Schokinag bis 50.000 t

Mars bis 50.000 t

Cantalou bis 50.000 t

Portem-Ghana bis 50.000 t

Kakaobaum

Der Kakaobaum (Theobroma Cacao L.) gehört zur Familie der Sterculiaceae

(Sterkuliengewächse). Die Familie der Sterculiaceae unterteilt sich in mehrere Gattungen,

darunter die Gattung Theobroma. Diese läßt sich in 22 Arten unterteilen. Eine Art dient

zur Erzeugung des Kakaos: Theobroma cacao

Der Kakaobaum ist ein langer, dünner Unterholzbaum, der im Schatten größerer tropi-

scher Bäume wächst. Er kann 10 bis 15 Meter hoch werden, wird auf Plantagen aber auf

2 bis 4 Meter gestutzt. Die Pfahlwurzeln des Baumes dringen etwa einen Meter tief in

den Boden ein. Der Baum hat große, glatte, schwertartige Blätter, die das ganze Jahr grün

sind. Der Kakaobaum treibt etwa drei bis vier mal im Jahr neue Blätter. Direkt an dem

nur etwa 20 cm dicken Stamm und den größeren Ästen sitzen die Blüten, dies wird Kau-

liflorie genannt

Blüte

Die Blüten entspringen dem älteren Holz und blühen das ganze Jahr und bringen auch

über das ganze Jahr hindurch Früchte hervor. Der Kakaobaum bildet erst im Alter von 2

bis 3 Jahren Blüten. Die größte Anzahl an Blüten erreicht er im Alter von zehn bis zwölf

Jahren, dann kann die Zahl der Blüten bis zu 100.000 pro Jahr betragen.

Die Blüten bestehen aus 5 kleinen, schmalen, rosenroten Kelchblättern und 5 Blütenblät-

tern mit gelblich-weißer oder rötlicher Farbe. Die Bestäubung der Blüten erfolgt aus-

schließlich durch Insekten wie z. B. Mücken, die im warmen, feuchten Unterholz leben.

Auf Plantagen wird die Blüte teilweise auch künstlich befruchtet.

Page 29: Enzyme für die Lebensmittelverarbeitung

Frucht

Die unreife Frucht hat eine grüne Farbe, die reife je nach Kakaosorte eine gelbe, gelbrote

oder rot- bis rotbraune Farbe. Die gurkenförmigen, 15 cm bis 25 cm langen und 7 -10 cm

dicken ledrig-holzigen Früchte enthalten in fünf Reihen 25 bis 50 bohnenförmige Samen

(Kakaobohnen), die in ein helles süßliches Fruchtmus eingebettet sind. Die Samen sind

etwa 2 cm lang und 1 cm breit.

Pro Jahr trägt jeder Baum etwa 20 bis 30 Früchte, in guten Jahren bis zu 50 Früchte.

Bestandteil Prozentuelle Zu-

sammensetzung

Lipide 53

Proteine 12

Stärke 8

Phenolische Substanzen 7

Cellulose 4

Wasser 5

Mineralstoffe 3

Theobromin 1,5

Säuren 1,5

Pentosane 1,5

Kakaosorten

Criollo (= der Edle)

Beheimatet in Mittelamerika; lange, spitze, warzige, weiche und gefurchte Samen mit

weißen Samenlappen aus; äußerst empfindlich und anfällig für Krankheiten; relativ ge-

ringer Ertrag; sehr guter Geschmack und gutes Aroma (� Edelschokolade)

Page 30: Enzyme für die Lebensmittelverarbeitung

Forastero (= Fremdling)

Beheimatet in Südamerika; harte, runde, melonenähnliche Schalen und ihre Samen haben

rötliche Samenlappen; wesentlich widerstandsfähiger und ertragreicher als der Criollo

bevorzugt angebaut; ca. 80 Prozent der weltweiten Kakaoernte stammen vom

Forasterobaum.

Trinitario

relativ neue Züchtung; Kreuzung der beiden Sorten Criollo und Forastero; soll die Vortei-

le beider Sorten (hohe Qualität und hohe Widerstandsfähigkeit) vereinen; meist selbstste-

ril, (� Stecklingsvermehrung bzw. Pfropfung); nicht so ertragsreich wie Forastero; An-

teil an der Weltproduktion ist eher klein.

Ernte

Erfolgt händisch, indem die Früchte vorsichtig vom Baum geschnitten werden. Die

gesammelten Früchte werden aufgebrochen und die Kerne entnommen

Fermentation

Eine unversehrte Frucht ist in ihrem Innern frei von Mikroorganismen. Erst das Aufbre-

chen erlaubt die Ansiedelung verschiedener Mikroorganismen aus der unmittelbaren

Umgebung auf dem nun zugänglichen, zuckerhaltigen Fruchtfleisch (Pulpa). Durch die

Bestimmung der äußeren Fermentationsbedingungen (Nacherntebehandlung, Schichtung,

Abdeckung usw.) kann man auf wichtige Parameter (Belüftung, Feuchtigkeit, Tempera-

tur, pH usw.) Einfluss nehmen und damit - ähnlich wie bei anderen Fermentationsprozes-

sen - eine grobe Richtung für die sich entwickelnde Mikroflora vorgeben.

Befall mit Hefen, die vor allem durch Insekten übertragen werden

Fermentationsphasen:

Anaerobe Phase: Die im Fruchtfleisch enthaltenen Zucker werden von Hefen abgebaut,

dabei entsteht Ethanol (alkoholische Gärung).

Aerobe Phase: Das Ethanol wird von Bakterien zu Essigsäure oxidiert. Die Säure dringt

in die Kakaosamen ein und tötet diese ab.

Page 31: Enzyme für die Lebensmittelverarbeitung

Postmortal: In den abgetöteten Samen werden die gespeicherten Proteine enzymatisch

gespalten (durch sog. Proteasen), dabei entstehen Aminosäuren und Peptide, die essen-

tiellen Vorstufen für das Kakaoaroma.

Durchschnittliche Fermentationsdauer: 5-7 Tage

Tag 1: Beginn der alkoholischen Gärung des zuckerreichen Fruchtmuses durch natürliche

Hefen. Daneben Abbau der Schleimstoffe. Es kommt zu Verflüssigung und

Temperaturerhöhung

Tag 2 – 4: Durch Essigsäurebakterien wird der gebildete Alkohol oxidiert. Es kommt zu

einem Temperaturanstieg auf ca. 48-50°C, der pH Wert fällt von 6,5 auf 4,6. Die

Keimfähigkeit der Samen wird reduziert. Die Zellwände werden teilweise abgebaut

Tag 5 – 7: Oxidations- und Kondensationsreaktionen der Polyhydroxyphenole in den

Kakaokeimblättern zu braunen, wasserunlöslichen Stoffen (Phlobaphene). Dadurch wird

der bittere und adstringierende Geschmack abgeschwächt

Typen der Fermentation

Technologisch einfache Verfahren:

- Grubenfermentation

- Haufenfermentation

- Korbfermentation

Technologisch „aufwändigere“ Verfahren:

- Kastenfermentation

- Trayfermentation

- Fass-Fermentation (Drum-Ferm.)

Grubenfermentation: In ausgehobene Erdlöcher, werden als Auskleidung

Bananenblätter ausgelegt. Die Grube wird mit den Kakaosamen aufgefüllt und abgedeckt.

Vorteil: sehr einfach

Page 32: Enzyme für die Lebensmittelverarbeitung

Nachteil: Der entstehende Gärsaft kann nicht abfließen und die Durchmischung des

Fermentationsgutes ist sehr unvollständig

Diese Methode ist praktisch nicht mehr im Einsatz.

Haufenfermentation: Im Gegensatz zur Grubenfermentation noch häufig angewendet.

Vorteil: Gärsaft kann abfliessen

Fermentationsdauer: 6 d, nach 48 h und 96 h wird durchmischt

Kastenfermentation: Die Samen werden täglich oder in Intervallen von 2 Tagen

gemischt und in die nächste Holzbox umgefüllt. Die Kakaosamen werden in

treppenförmig aufgebauten Holzkästen eingefüllt. Die Böden sind zum Saftablauf

perforiert; Fermentationsdauer: 5 – 8 d

Trayfermentation: Die Kakaosamen werden in sehr dünner Schichthöhe in Mengen von

ca. 50 kg in flache Trays eingefüllt. Diese Trays werden übereinander gestapelt und

abgedeckt. Wegen der geringen Schichthöhe und der kleinen Füllmenge ist hier ein

Mischen nicht notwendig. Ein weiterer Vorteil liegt darin, dass dies Trays auch zum

Trocknen verwendet werden können (Regen!)

Faßfermentation Die Samen werden in perforierte, horizontal gelagerte (von Hand

betriebene) Holzfässer eingefüllt. Wenn die Gärtemperatur auf 48 - 50°C angestiegen ist,

wird das fermentierte Gut durch Drehen der Fässer gut durchmischt. Der sich bildende

Gärsaft kann durch die Perforationslöcher ablaufen.

Trocknung

Die Ausbeute an getrockneten und fermentierten Bohnen mit einer Restfeuchte von 7 %

liegt zwischen 31 - 46 kg aus 100 kg frischen Bohnen

Ziel der Trocknung ist es durch eine sachgemäße und rasche Trocknung den

Wassergehalt von ca. 60 % nach der Fermentation auf unter 7 % zu senken.

Zu Beginn der Trocknung sind die Enzymsysteme noch aktiv, daher kommt es noch zu

einer weiteren Aromabildung. Die Farbe verändert sich in Richtung braun bis

dunkelbraun. Gleichzeitig nehmen die adstringierenden Komponenten ab. Zur optimalen

Page 33: Enzyme für die Lebensmittelverarbeitung

Aromaentwicklung ist es notwendig, dass die Trocknung schonend und bei nicht zu

hohen Temperaturen erfolgt

Sonnentrocknung

Die fermentierten Bohnen werden in dünnen Schicht entweder direkt am Boden, auf

Matten oder auf speziellen Trockenböden in dünner Schicht aufgebreitet

Innerhalb von 7 Tagen (bei optimalen Bedingungen) ist die Trocknung beendet.

Vorteil: Sensorisch wertvolle Produkte

Künstliche Trocknung

Erfolgt im Heißluftstrom

Vorteil: Unabhängig von der Witterung; Standardisierte Bedingungen, kein Verkleben

der Bohnen; Geringer manueller Aufwand; Kontaminationsrisiko vermindert; Bei

sachgerechter Betriebsweise geringe Schimmelpilzkontamination

Nachteil der maschinellen Trocknung: Bei Anwendung von zu hohen Temperaturen

werden wichtige Enzymreaktionen blockiert, welche zur Entwicklung optimaler

Aromakomponenten erforderlich ist; es werden nur ungenügende Aromaprecursoren

gebildet, die zur Ausbildung eines vollen Schokoladenaromas notwendig sind; oft

enthalten die Kakaokeimblätter noch zu hohe Essigsäuregehalte, sowie Ester, die saure,

fruchtige Aromen zur Folge haben, die sich selbst durch Conchieren nicht ausreichend

entfernen lassen

Durch Bildung von brüchigen Kakaoschalen kommt es zu erhöhtem Kakaobruch,

welches das Kontaminationsrisiko von Schädlingen wesentlich erhöht

Kennzahlen:

Feuchtigkeit unter 7 %

Fettgehalt, bezogen auf die Trockenmasse: > 50%

pH Wert einer 10 % Suspension (20°C): > 5.5

Qualitätsklassen:

Grade I: < 3 % schimmlige Kakaobohnen; < 3 % schiefrige Kakaobohnen

Page 34: Enzyme für die Lebensmittelverarbeitung

Eine Gesamtmenge von < 3 % insektengeschädigter, gekeimter, flacher oder andersartig

beschädigter Bohnen

Grade II: < 4 % schimmlige Kakaobohnen; < 8 % schiefrige Kakaobohnen; eine

Gesamtmenge von < 6 % insektengeschädigter, gekeimter, flacher oder andersartig

beschädigter Bohnen

Röstprozeß

Bohnen bei Temperaturen zwischen 99 – 125 °C (Schokolade), 116 – 121 °C (Kakaopul-

ver) geröstet

der Wassergehalt sinkt auf 2 %, Röstverlust insgesamt 4 – 8 %

die Entfernung unerwünschter Geruchs-und Geschmacksverbindungen (Essigsäure)

Durch thermische und oxidative Prozesse kommt es zur Bildung der sortentypischen A-

roma-, Geschmacks- und Farbstoffe (MAILLARD-Reaktion)

Röstung erfolgt entweder von ganzen Bohnen oder von vorgebrochenen Kernen (bessere

Wärmeübertragung)

zu starke Röstung � brenzliges Aroma

zu schwache Röstung � geringe Ausbildung der Aromastoffe

� Wassergehalt der Bohnen zu hoch

Brechen und Walzen

Geröstete Bohnen: Schalen und Keimwürzelchen werden in Brech- Sortier- und Reini-

gungsanlagen abgetrennt --> Kakaobruch wird weiter vermahlen und gewalzt

Zellgewebe der vorgebrochenen Kakaokerne aufgerissen

Die in den Zellen enthaltene Kakaobutter freigesetzt.

Durch die Reibung beim Mahlen erhöht sich die Temperatur.

Die Kakaobutter schmilzt und verbindet die Zellbruchstücke, Stärke- und

Eiweißteilchen zur leuchtendbraunen, schon stark nach Schokolade duftenden Kakao-

masse.

Page 35: Enzyme für die Lebensmittelverarbeitung

Mittels Pralltechnologie wird jede Bohne gegen Stahlplatten geschleudert und gebrochen.

Vorteil: Hohe Ausbeute an Kakao-kernbruch (Nibs); Geringer Feinstoffanteil

Kakaobruch-Veredelung (Nibbs-Veredelung)

Der Kakaobruch wird mittels Alkalien (Pottasche, NaOH, KOH, MgO)

aufgeschlossen (Solubilisation , Alcali Process)

Dabei werden: Teilweise Säuren neutralisiert; Die Farbe intensiviert; Der Geschmack

verbessert; Die Suspensionsfähigkeit erhöht; Das Herauslösen des Fettes erleichtert, da-

durch wird die Pressausbeute erhöht

Walzen der Kakaomasse

Faustregel: Teilchendurchmesser < 30 µm

höherer Anteil grober Teilchen � spürbar, rauh, sandig

höherer Anteil kleiner Teilchen � Klebrigkeit am Gaumen

Von der Kakaomasse zum Kakaopulver

Flüssige Kakaomasse wird in Preßkammern gefüllt

bei hohem Druck (bis zu 900 bar) wird die Kakaobutter abgepreßt

Kakaopreßkuchen wird zerkleinert, aufgeschlossen

Vermahlen zu Kakaopulver

Von der Kakaomasse zur Schokolade

Kakaomasse

Zucker

Milch/Rahm/Milchpulver

Aromastoffe

Page 36: Enzyme für die Lebensmittelverarbeitung

Lecithin

weitere Zutaten in Abhängigkeit des Produktes

Zutaten werden vermischt; ergeben eine knetfähige Masse; der Grundgeschmack ist vor-

handen, es fehlt jedoch die Feinheit

Conchieren

Urspr. muschelförmige Rühr- und Reibsysteme, in denen die Schokolademasse gedreht,

gelüftet, gewendet und temperiert wird. Es entsteht eine glatte, gießfähige Schokolade-

masse

Mechanisch-thermische Behandlung: ca. 65 – 80 °C

Dauer: einige Stunden bis Tage

thermische Behandlung: Aromastoffe werden gebildet leicht flüchtige, unangenehme A-

romastoffe werden entfernt

mechanische Behandlung: Abrundung der Feststoffteilchen Fetthülle

Temperieren

Temperaturführung während des Abkühlens

“richtige” Kristallisation des Fettes

Falsche Bedingungen bei der Kristallisation führen dazu, daß die

Schokolade in einem falschen Temperaturbereich schmilzt!

(� Unterschied in der Schmelztemperatur 3 – 4 °C)

Zusammensetzung von Schokoladesorten

Kakao-

masse

Kakao-

butter

Milch-

pulver

Zucker

Bitterschokolade 60% - - 40%

Page 37: Enzyme für die Lebensmittelverarbeitung

Halb- od. Zartbitterschokolade 50% 5% - 45%

Milchschokolade 15-30% 15-25% 20% 35-40%

Weiße Schokolade - 20-30% 20-30% 40-55%

Vollmilchschokolade: enthält mindestens 30 % Kakaomasse, 18 % Milchtrockenmasse,

4,5 % Milchfett. Der Zuckeranteil darf 47,5 % nicht übersteigen.

Sahneschokolade: enthält mindestens 25 % Kakaobestandteile, mindestens 14 Prozent

Sahne- beziehungsweise Milchtrockenmasse und höchstens 60 Prozent Zucker.

Halbbitterschokolade: enthält mindestens 50 Prozent Kakaobestandteile und nicht mehr

als 50 % Zucker.

Bitterschokolade: enthält mindestens 60 % Kakaobestandteile und weniger als 40 % Zu-

cker.

Weiße Schokolade: enthält mindestens 20 % Kakaobutter, 3,5 % Milchfett, 14 % Milch-

trockenmasse und höchstens 55 % Zucker.

Edelschokoladen: müssen zu mindestens 40 % der Gesamtkakaomasse aus Edelkakao

bestehen. Er kommt aus Ecuador, Venezuela oder Java, wächst auf Vulkangestein und ist

sehr aromatisch.

Verwendungszweck Fettgehalt

[%]

Tafelmassen 28-33

Überzugsmassen Riegel 28-33

Überzugsmassen Pralinen 34-38

Überzugsmassen großflächiger Produkte 38-44

Hohlkörper-Sprühmassen 40-46

Dekormassen 30-35

Page 38: Enzyme für die Lebensmittelverarbeitung

Alkaloide in Schokolade und Kakao

Theobromin 150 – 500 mg /100g

Koffein 15 – 115 mg

Theophyllin 1 mg

Serotonin 2.5 mg

Koffeingehalt im Vergleich mit Kaffee und Tee:

1 Tasse gefilterter Kaffee: 50 – 175 mg

1 Tasse Tee: 25 – 100 mg

1 Tasse Kakao: 0 – 25 mg

Qualität von Schokolade

Kühl und trocken lagern!

Lichtschutz!

10 – 12 °C, 55 – 65 % rel. Luftfeuchtigkeit

Befall durch Schädlinge

“Zuckerreif” - “sugar-bloom”: bei zu hoher Luftfeuchtigkeit

“Fettreif” - “fat-bloom”: bei höherer Temperatur (> 30 °C)

Page 39: Enzyme für die Lebensmittelverarbeitung

Kaffee

DIE GESCHICHTE DES KAFFEES

Kaffee ist heute nach Erdöl das zweitwichtigste Welthandelsprodukt und avancierte zum

Volksgetränk Nr.1

ANBAU DES KAFFEES

10 Millionen Hektar in subtropischen Zonen und tropischen Höhenlagen werden bebaut

Afrika, Mittel- und Südamerika sowie Asien sind die Hauptanbaugebiete

DIE ERNTE

„Picking“ das Pflücken von Hand garantiert höchste Qualität

„Stripping“ das Abstreifen der Kaffeekirschen von Hand oder maschinell ist eine

raschere, billigere Variante.

DIE AUFBEREITUNG

1-Trockenaufbereitung

2-Nassaufbereitung

Page 40: Enzyme für die Lebensmittelverarbeitung

TROCKENVERFAHREN

Trocknen unter der Sonne bis zu einem Feuchtigkeitsgehalt von 12%

Entfernen von Fruchtfleisch, Pergamenthülle und Silberhäutchen

NASSVERFAHREN

ist ein aufwändigeres Verfahren

Einweichen in Wasser

Entfernen des Fruchtfleisches

Fermentation

Trocknen

Enthülsen

SORTIEREN

RÖSTEN

Trockenes Erhitzen des Kaffees auf 260 °C zur optimalen Aromaentwicklung

Gewichtsverlust von 11-20% (Einbrand)

diskontinuierlich (Chargenröstung)

kontinuierlich

RÖSTWÄRMEÜBERTRAGUNG

Kontakt

Page 41: Enzyme für die Lebensmittelverarbeitung

Konvektion

RÖSTTROMMEL

RÖSTUNG IM WIRBELBETT

Bohnen von unten mit Heißluft- Wasserdampf- Atmosphäre beströmt

Kaffeebohnen werden angehoben und erwärmt bis auf 280 °C

Röstdauer bis 3min

Verfahren ist für die Bohne schonender und wirtschaftlicher

nach der Röstung Bohnen mit kalter Luft abkühlen

nochmals sortieren der Bohnen

CHEMISCH-PHYSIKALISCHE VORGÄNGE BEIM RÖSTEN

60 °C: Trocknung

Eiweißgerinnung

Zersetzung von Zucker

100 °C: ungebundenes Wasser verdampft

Page 42: Enzyme für die Lebensmittelverarbeitung

Kohlenhydrate und Proteine werden immer weiter abgebaut und reagieren wieder zu

neuen Produkten

150 °C: Volumszunahme durch inneren Überdruck

Gewichtsabnahme, CO2 und CO –Abgabe

vorhandene Säuren beginnen sich zu verändern, neue Säuren entstehen

170-200 °C: Beginn der exothermen Reaktion

Abbau- Kondensation- und Polymerisationsreaktionen

Bildung von brauen Melanoiden (Maillard-Reaktion)

durch Karamellisierung erfolgt eine Aromaveränderung

200 °C: Zersetzung der Zellfasern- Kaffeeöle können austreten

Koffein verändert sich beim Rösten nicht

INHALTSSTOFFE DES KAFFEES

Aromastoffe

Geschmackstoffe

Farbstoffe

Stoffe mit physiologischer Wirkung

Page 43: Enzyme für die Lebensmittelverarbeitung

AROMASTOFFE

Röstprodukte hydrolysierter Chlorogensäuren

Röstprodukte des Trigonellin

Produkte der Maillardreaktion

GESCHMACKSTOFFE

bitter: Coffein (30%); Maillardprodukte des Prolins (70%)

sauer: Essig- und Zitronensäure (25%); Äpfelsäure (10%); Phosphorsäure (6%)

FARBSTOFFE

„Melanoidine“

durch Karamelisierung

durch Maillardreaktion

...vermutlich Oligo- oder Polysaccharide von β-1,4-Mannoseketten mit Galactose und

Arabinose in den Seitenketten

Page 44: Enzyme für die Lebensmittelverarbeitung

bislang nur wenig über diese Farbstoffe bekannt

STOFFE MIT PHYSIOLOGISCHER WIRKUNG

Coffein

Vorkommen:

Kaffebohnen 1- 4,5%

Schwarztee bis 5%

Kakao 0,2%

Guarana bis 6,5%

Colanüsse 1,5%

in Arabicabohnen: 1,1-1,7% Coffein

in Robustabohnen: 2-4,5% Coffein

Wirkung des Coffeins: erregende Wirkung des zentralen Nervensystems

Atmung, Stoffwechsel und Herztätigkeit werden angeregt, während Blutdruck und Kör-

pertemperatur steigen. Blutgefäße im Gehirn erweitern sich, und die Leistungsfähigkeit

steigt

Coffein steigert als Antagonist von Adenosin die Freisetzung von Neurotransmittern

Negative Effekte

bei höheren Dosen aber Gewöhnungseffekte und Abhängigkeitserscheinungen, Händezit-

tern, Blutdrang zum Kopf, Druck in der Herzgegend...

die letale Dosis beträgt 5 bis 30 Gramm

Page 45: Enzyme für die Lebensmittelverarbeitung

Entfernung durch Lendrich-Verfahren:

- Hydrolyse durch Wasserdampf

- Entfernen von weiteren reizenden Stoffen

Kopi Luwak

Paradoxurus hermaphroditus

Java und Sumatra

Page 46: Enzyme für die Lebensmittelverarbeitung

Enzymatische Koagulation der Milch

Für die Herstellung der meisten Käsesorten wird die Milch durch die Wirkung von

ausgesuchten Proteinasen (Rennin, Lab, Chymosin) koaguliert. Diese Lab-induzierte

Koagulation der Milch ist eigentlich ein Zweistufen-Prozeß. In der ersten Phase werden

die Casein-Micellen enzymatisch modifiziert, wobei Paracasein-Micellen entstehen, die

in Gegenwart von Ca++ bei Temperaturen um 20 °C aggregieren. Die Aggregation der

durch das Rennin modifizierten Micellen wird als die zweite Phase der Koagulation

bezeichnet. Die erste Phase der Rennin-Wirkung ist sehr gut charakterisiert, während die

zweite Phase noch kaum verstanden ist.

Erste Phase der Rennin-Koagulation

Das Casein besteht aus Micellen die durch eine Oberflächenschicht von κ-Casein

stabilisiert wird. Nach der Isolation von κ-Casein im Jahre 1956 konnte gezeigt werden,

dass dieses Protein das Micellen-stabilisierende Protein und diese Eigenschaft beim

Einlaben zerstört wird. Kurz darauf konnte auch gezeigt werden, dass das κ-Casein das

einzige Protein ist, welches während der Lab-Koagulation hydrolysiert wird, und dass

dieses durch eine spezifische Spaltung zwischen Phe 105 und Met 106 geschieht. Der N-

terminale Teil des Moleküls, κ-CN f1-105, welcher als para- κ-Casein bezeichnet wird,

bleibt an die Caseinmicelle gebunden, während der C-terminale Teil [(Caseino)-

Makropeptid, CMP, Glycomacropeptid, da es den Kohlehydratanteil des κ-Caseins ent-

hält] in das wässrige Medium abgegeben wird. Es ist seit Ende des 19. Jhrt. bekannt, dass

während des Einlabens kleine Peptide entstehen. Es gibt ca. 10 Formen von κ-Casein, die

sich im Kohlehydrat-Anteil unterscheiden. Alle CMPs sind in 2 %iger Trichloressigsäure

(TCA) löslich. Wird der Anteil an TCA erhöht, bleiben nur jene Peptide gelöst, die einen

höheren Anteil an Kohlehydraten besitzen. Daraus ergibt sich, dass der TCA-lösliche N –

genauer TCA-lösliche Zucker (z.B. N-Acetyl-Neuraminsäure) verwendet werden kann,

um die primäre Phase der Rennin-Koagulation zu messen.

Page 47: Enzyme für die Lebensmittelverarbeitung

Die einzigartige Selektivität auf die Phe-Met-Bindung von κ-Casein hat großes wissen-

schaftliches Interesse hervorgerufen. Das Dipeptid H.Phe-Met.OH wird ebenso wie Tri-

oder Tetrapeptide nicht angegriffen. Im Pentapeptid H-Ser-Leu-Phe-Met-Ala-OMe (auch

beim Tauschen von Ser und Leu = Sequenz von κ-Casein) kann die Bindung gespalten

werden. In der korrekten Sequenz (gleich wie im κ-Casein) ist die Phe-Met-Bindung

noch wesentlich leichter durch Chymosin zu spalten. Es ist also für die Enzym-Substrat-

Wechselwirkung wichtig, wie lange das Peptid ist und wie die Aminosäuresequenz um

diese Bindung aussieht. Ser104 ist ebenfalls sehr wichtig; wenn dieses durch Ala oder

sogar L-Ser ersetzt wird (in der Modellsequenz) ist die Phe-Met-Bindung durch Chymo-

sin praktisch nicht mehr angegriffen. Die Verlängerung des Pentapeptids H-Ser-Phe-Met-

Ala-Ile-OH (i.e. κ-CN f104-108) vom N- und/oder C-Terminus, um die Sequenz von κ-

Casein in der Region der Chymosin-empfindlichen Bindung erhöht die Effizienz mit der

die Phe-Met-Bindung durch Chymosin hydrolysiert wird. Die Sequenz κ-CN f98-111

enthält alle Reste die notwendig sind, um die Phe-Met-Bindung möglichst instabil zu be-

kommen. So ist bei pH 4.7 die Hydrolyse von intaktem κ-Casein 66000 mal schneller als

die des Pentapeptids κ-CN f104-108 mit einer Kcat/KM von 2 M-1sec-1, was dem von in-

taktem κ-Casein entspricht. κ-Casein und das Peptid κ-CN f98-111 werden auch leicht

bei pH 6.6 gespalten, während kleiner Peptide bei diesem pH-Wert überhaupt nicht ange-

griffen werden.

Abb.: Zusammenfassung der Renninkoagulation der Milch. In der primären Phase findet

die Hydrolyse von κ-Casein statt, während in der zweiten Phase die Aggregation der ver-

änderten Casein-Micellen zur Ausbildung einer 3-dim Struktur führt.

Page 48: Enzyme für die Lebensmittelverarbeitung

Die Phe und Met-Reste in der Chymosin-anfälligen Bindung des κ-Caseins sind für die

Wirkung des Chymosins an sich nicht notwendig. Es gibt eine relativ große Anzahl von

Phe und Met in allen Milchproteinen. In Schweinemilch und humaner Milch ist die Chy-

mosin-sensitive Bindung im κ-Casein Phe-Ile, während Ratten- und Mäuse-κ-Casein es

die Phe-Leu-Bindung ist. Diese Proteine werden durch Kälberchymosin ebenfalls hydro-

lysiert, jedoch etwas langsamer als Rinder-κ-Casein. Schweinemilch – im Gegensatz da-

zu – wird durch Schweinechymosin wesentlich effizienter koaguliert als Rindermilch,

was darauf hinweist, dass bisher noch nicht identifizierte Struktureigenschaften die

Chymosinwirkung beeinflussen. Peptide in denen Phe durch Phe(NO2) oder cyclohexy-

lamine ersetzt wird, werden ebenfalls durch Chymosin gespalten. Dies ist jedoch eben-

falls weniger effizient als die Phe-Met-Bindung. Die Oxidation von Met106 reduziert

Kcat/KM auf 1/10, während die Substitution von Ile durch Met diesen Wert verdreifacht.

Eine genetisch verändere Mutante von κ-Casein bei der Met106 durch Phe106 ersetzt wurde

(Veränderung der chymosinsensitiven Bindung Phe105-Met106 zu Phe105-Phe106) wird

durch Chymosin um den Faktor 1.8 schneller hydrolysiert als natives κ-Casein. Diese Er-

gebnisse zeigen, dass die Sequenz in der Umgebung der Phe-Met-Bindung, eine größere

Bedeutung als Determinante für die Hydrolyse mit Chymosin hat als die beiden Reste

selbst. Die besonders wichtigen Aminosäuren sind Ser104, die hydrophoben Reste Leu103

und Ile108, mindestens eines der drei Histidin (98, 100, 102) und Lys111. Studien über

chemisch oder enzymatisch modifizierte Peptide analog zu κ-CN f98-112 zeigen eine re-

lative Wichtigkeit der Reste in den Sequenzen von 98-102 und 111-112. Es wurde vorge-

schlagen, dass die Sequenz Leu103 bis Ile108 von κ-Casein – welches möglicherweise eine

ausgedehnte β-Struktur aufweist, welche in die aktive Spalte von sauren Proteasen passt.

Die hydrophoben Reste Leu103, Phe105, Met106 und Ile108 sind zu diesen hydrophoben Ta-

schen entlang dieser aktiven Spalte gerichtet, während die Hydroxylgruppe von Ser104 mit

einem Akzeptor im Protein eine Wasserstoffbrücke bildet. Es wurde vorgeschlagen, dass

die Sequenzen 98-102 und 109-111 β-Turns um die Kanten der aktiven Spalte des En-

zyms ausbilden. Diese Konformation wird durch die Pro-Reste (99, 101, 109,110) stabili-

siert. Die drei His-Reste (98, 100,102) und Lys111 sind möglicherweise in die elektrostati-

sche Wechselwirkung zwischen Enzym und Substrat involviert; es scheint aber keine

Page 49: Enzyme für die Lebensmittelverarbeitung

Aminosäure davon eine dominante Rolle zu spielen. Lys112 ist für die Enzym-Substrat-

Bindung nicht so wichtig, solange Lys111 vorhanden ist.

Die Notwendigkeit von elektrostatischen Wechselwirkungen der Chymosin-Substrat-

Komplex-Bildung kann an Hand des Effektes von NaCl auf die Lab-Koagulations-Zeit

(rennet coagulation time RCT) erkannt werden. Der Zusatz von bis zu 3 mM NaCl redu-

ziert die RCT während höhere Konzentrationen einen inhibierenden Effekt haben. Man

nimmt an, dass NaCl eher in der primären enzymatischen Phase als während der Aggre-

gation von Lab-veränderten Micellen wirkt. Wenn die Ionenstärke erhöht wird (0.01-

0.11) reduziert sich die Hydrolysegeschwindigkeit von κ-CN fHis98-Lys111/112 in einem

Modellsystem. Der Effekt war wesentlich stärker ausgeprägt, wenn der pH-Wert erhöht

wurde, war aber unabhängig vom Ionentyp.

Neben der Wichtigkeit kleiner spezifischer Peptide (analog oder identisch zu κ-Casein in

der Region der Phe-Met-Bindung) für die Aufklärung des Wirkungsmechanismus der κ-

Casein-Hydrolyse durch Chymosin, können diese Peptide auch für quantitative Messun-

gen herangezogen werden, die unabhängig von Variationen in der nicht-enzymatischen

Phase der Milchkoagulation gemacht werden. Dafür wurden Standardmethoden entwi-

ckelt, bei welchen chromogene Peptide eine Anwendung finden. Da die spezifische Akti-

vität von unterschiedlichen Lab-Fermenten auf diese Peptide variiert, wurden entspre-

chende Methoden für die Bewertung von kommerziell erhältlichen Lab-Enzymen ausge-

arbeitet.

Rennin

Mehrere Proteasen koagulieren Milch unter passenden Bedingungen; die meisten sind

jedoch zu stark proteolytisch um eine koagulierende Aktivität (milk-clotting activity

MCA) aufzuweisen. Durch die zu schnelle Hydrolyse der Kaseine im Koagulum kommt

es zu einer reduzierten Käseausbeute. (MCA = 1/RCT) Exzessive Proteolyse oder eine

falsche Spezifität können auch zu Aromafehlern (bitter) und fehlerhafter Textur führen.

Obwohl pflanzliche Proteinasen anscheinend seit prähistorischen Zeiten als Rennin Ver-

wendung finden, werden die Magenenzyme von Kälbern, Kindern oder Lämmern traditi-

onellerweise – mit wenigen Ausnahmen – als Rennin eingesetzt.

Page 50: Enzyme für die Lebensmittelverarbeitung

Tierische Rennine, werden gewöhnlich durch Extraktion von getrockneten oder gesalze-

nen Magengeweben (vells) mit 10 % NaCl hergestellt. Im Anschluß werden diese Extrak-

te noch aktiviert und standardisiert. Standardisiertes Kalbslab welches ca. 60 – 70 RU/mL

enthält, wird durch eine Erhöhung der NaCl-Konzentration auf 20 % und den Zusatz von

Na-Benzoat oder K-Propionat stabilisiert. Eine Rennet-Unit (RU) ist jene Labaktivität,

die 10 mL Milch (gewöhnlich niedrig erhitztes Magermilchpulver, rekonstitutiert in 0.01

% CaCl2 und den pH-Wert auf 6.5 gestellt) in 100 s koaguliert. Chymosin (saure Aspar-

tylprotease; enthält 2 Asp im aktiven Zentrum mit einem pH-Optimum von 2 – 4) macht

mit 90 % den Hauptteil der MCA von hochwertigem Kälberlab aus; die restliche Aktivi-

tät ist auf Pepsin zurückzuführen. Mit zunehmendem Alter und besonders wenn die Tiere

feste Nahrung bekommen, nimmt die Sekretion von Chymosin ab und die von Pepsin

steigt an.

Wie viele andere tierische Proteinase auch wird Chymosin als Zymogen sekretiert. Pro-

chymosin, wird autokatalytisch bei Ansäuerung (pH 2 – 4) aktiviert, wobei ein 44-

Aminosäuren-Peptid vom N-Terminus des Zymogens abgetrennt wird.

Chymosin ist ein auf molekularer Ebene gut charakterisiertes Protein, welches in den

60er Jahren kristallisiert wurde. Es ist ein einkettiges Polypeptid bestehend aus 323 Ami-

nosäuren mit einem Molekülgewicht von 35 600 Da. Aus allen drei Strukturebenen ist

ausgesprochen viel Information vorhanden. Das Protein besteht aus zwei Domänen, wel-

che durch die aktive Spalte, in welcher die beiden katalytisch aktiven Asp-Gruppen sitzen

(Asp32, Asp215), getrennt sind.

Kalbsrennin enthält drei Isoenzyme (hauptsächlich A und B, weniger C). Die Chymosine

A und B werden aus den korrespondierenden Zymogenen, Prochymosine A und B herge-

stellt, während Chymosin C möglicherweise ein Abbauprodukt von Chymosin A ist, dem

die drei Aminosäuren Asp244-Phe246 fehlen. Die spezifische Aktivität von Chymosin A, B

sowie C sind 120, 100 bzw. 50 RU/mg. Chymosin A und B unterscheiden sich durch eine

einzige Aminosäure (Asp und Gly) in der Position 244. Sie haben ein unterschiedliches

pH-Optimum (A: 4.2, B: 3.7).

Page 51: Enzyme für die Lebensmittelverarbeitung

Faktoren die die Hydrolyse von κκκκ-Casein beeinflussen

die primäre Phase der Labkoagulation

Die Hydrolyse von κ-Casein wird durch eine Reihe von Faktoren beeinflusst. Es handelt

sich dabei hauptsächlich um folgende

Das pH-Optimum für Chymosin und Rinderpepsin bei der Hydrolyse von kleinen synthe-

tischen Peptiden liegt bei 4.7, ist jedoch 5.3 – 5.5 auf κ-CN fHis98-Lys111/112. Chymosin

hydrolysiert Insulin, säuredenaturiertes Hämoglobin und Na-Kaseinate bei einem optima-

len pH-Wert von 4.0, 3.5 bzw. 3.5. Das pH-Optimum der ersten Stufe der Labwirkung in

Milch ist ca. 6.0 bei 4 °C oder 30 °C.

Der Einfluß der Ionenstärke auf die primäre Phase der Labkoagulation wurde vorher be-

sprochen.

Das Temperaturoptimum für die Koagulation von Milch mit Kalbslab bei pH 6.6 ist bei

ca. 45 °C. Daraus ergibt sich auch, dass das Optimum für die Hydrolyse von κ-Casein in

diesem Bereich ist. Der Temperaturkoeffizient (Q10) für die Hydrolyse von κ-Casein in

Lösungen von Na-Caseinat ist bei ca. 1.8; die Aktivierungsenergie (Ea) liegt bei 40

kJ/mol und die Aktivierungsentropie (∆S) liegt bei -90 J/K/mol. Ähnliche Werte wurden

auch für die Hydrolyse von isoliertem κ-Casein durch Chymosin gemessen.

Eine Hitzebehandlung von Milch bei Temperaturen über 65 °C wirkt sich negativ auf die

Fähigkeit zur Labkoagulation aus. Wenn die Hitzebehandlung besonders stark ist (> 90

°C für 10 min) kann die Milch beim Einlaben nicht mehr koagulieren. Obwohl Verände-

rungen im Salzgleichgewicht zusätzliche Faktoren sind, ist der wichtigste Faktor die Bil-

dung von Disulfindbindungen zwischen κ-Casein und β-Lactoglobulin und/oder α-

Lactalbumin. Von der Inhibierung der Koagulation sind beide Phasen betroffen (primäre

und sekundäre), was durch die markante Reduktion der Gelbildungsrate und der Stärke

des ausgebildeten Gels beobachtet werden kann. Die negativen Auswirkungen der Erhit-

zung können durch Ansäuern (6.6 – 6.0) oder den Zusatz von CaCl2 (wirkt ebenfalls über

eine Reduktion des pH-Wertes) aufgehoben werden. Dabei profitiert insbesondere die

sekundäre Phase der Labwirkung.

Page 52: Enzyme für die Lebensmittelverarbeitung

Sekundäre (nicht-enzymatische) Phase der Koagulation

und Gelbildung

Die Hydrolyse von κ-Casein durch Chymosin oder ähnliche Enzyme während der primä-

ren Phase der Labwirkung setzt ein hoch geladenes, hydrophiles, C-terminales Segment

von κ-Casein (Makropeptid) frei. Dadurch wird das Zeta-Potential der Kasein-Micellen

von -10/-20 auf -5/-7 mV reduziert und die hervorstehenden Peptide (Haare) werden von

der Oberfläche entfernt. Dies zerstört die Micellen-stabilierenden Faktoren (elektrosta-

tisch und sterisch) und damit die kolloidale Stabilität. Wenn ca. 85 % des gesamten κ-

Caseins hydrolysiert sind, wird die Stabilität der Micellen soweit reduziert, dass diese,

wenn sie kollidieren in Kontakt bleiben und ein dreidimensionales Netzwerk aufbauen

(Koagulum, Gel). Die Gelbildung wird durch einen scharfen Anstieg der Viskosität und

des elastischen Schermoduls (G’) begleitet. Eine Reduktion des pH-Wertes oder eine

Temperaturerhöhung (~ 6.6, ~ 31 °C) erlaubt auch eine Koagulation bei niedrigerer Hyd-

rolyse von κ-Casein.

Die Aggregierung von Lab-veränderten Micellen in ein Gel kann durch Viskometrie, E-

lektronenmikroskopie und Lichtstreuung beobachtet werden. Viskositätsmessungen zei-

gen dass die Viskosität von eingelabter Milch bis ca. 60 % der visuell beobachteten RCT

konstant bleibt (oder langsam fällt). Die Abnahme der Viskosität wird auf eine Abnahme

des Volumens der Kasein-Micellen auf Grund des Abspaltens des Makropeptids zurück-

geführt. Diese „haarige“ Schicht ist ca. 10 nm dick. Die Abnahme der Micellengröße

kann durch „quasi-elastische“ Lichtstreuungsexperimente nachgewiesen werden.

Es ist allgemein anerkannt, dass nach der anfänglichen Lag-Periode, die Viskosität expo-

nentiell bis zum Eintreten der visuell erkennbaren Koagulation ansteigt (entspricht 100 %

RCT). Der Gelierungsprozess, allgemein als die zweite Phase der Labkoagulation be-

zeichnet, geht über die anfängliche Bildung von Ketten und Klumpen von Micellen und

führt letztendlich zur Bildung eines Netzwerkes von partiell fusionierten Micellen. Wäh-

rend der ersten 60 % der visuell beobachteten RCT, existieren die Micellen als individu-

elle Partikel; die primäre enzymatische Reaktion ist zu ca. 85 % abgeschlossen bei 60 %

der visuellen RCT. Zwischen 60 % und 80 % der RCT beginnen die labveränderten Mi-

cellen stetig zu aggregieren, wobei keine plötzliche Veränderung im Typ oder Ausmaß

Page 53: Enzyme für die Lebensmittelverarbeitung

der Aggregation zu beobachten ist. Kurzkettige Aggregate (nicht Klumpen) bilden sich

zuerst. Bei 100 % RCT sind die meisten Micellen als kurze Ketten aggregiert, die dann

beginnen das Netzwerk auszubilden. Zu Beginn sind die meisten Micellen über Brücken

verbunden (655 nm lang und 40 nm breit), welche sich nicht berühren. Ein relativ großer

Teil der Oberfläche der beteiligten Micellen ist in dieser Brückenbildung involviert. Das

dazu notwendige Material ist nicht bekannt. Die Micellen selbst könnten dazu beitragen –

was sehr wahrscheinlich ist – jedoch wäre eine umfangreiche Umorganisation der Micel-

len notwendig. Es wird jedoch keine Veränderung in Größe, Oberflächenstruktur oder

dem allgemeinen Erscheinen der Micellen bis 60 % RCT (Lag-Phase) beobachtet. Wenn

also die Umordnung der Micellen eine Voraussetzung für die Aggregation ist, muß dies

in der zweiten Hälfte der RCT erfolgen. Die Verbindung der Lab-veränderten Micellen

findet wahrscheinlich an definierten Stellen an der Oberflächen statt.

Die Aggregation der Lab-veränderten Micellen kann durch die „von-Smoluchowski-

Theorie“ für eine diffusions-kontrollierte Aggregation von hydrophoben Kolloiden be-

schrieben werden, wenn eine genügend große Konzentration von Partikeln – mit der

Möglichkeit zu aggregieren – durch enzymatische Hydrolyse zur Verfügung gestellt wer-

den (z.B. in Kaseinmicellen in welchen mehr als 97 % des κ-Caseins hydrolysiert wur-

de). Die Diffusion dieser Partikel ist geschwindigkeitsbestimmend und wird durch die

zufällige Kollision von Partikeln (renninveränderte Micellen) bestimmt. Die Geschwin-

digkeit der Aggregation stimmt nicht mit einem „branching process model“ zusammen,

da die micellare Funktionalität 1.8 beträgt während eine Funktionalität von größer als 2

für die Netzwerkbildung benötigt wird.

Der gesamte Prozess der Milchkoagulation kann durch drei kombinierte Faktoren be-

schrieben werden (Dalgleish, 1980):

1. Proteolyse von κ-Casein, welche durch die Michaelis-Menten-Kinetik be-

schrieben werden kann

2. Die Notwendigkeit, dass ca. 97 % des κ-Caseins auf einer Mizelle hydro-

lysiert werden müssen, bevor diese Mizelle an der Aggregation teilnehmen

kann

Page 54: Enzyme für die Lebensmittelverarbeitung

3. Die Aggregation von Paracasein-Mizellen über einen von-Smoluchowski-

Prozess

Die gesamte Koagulationszeit tc ist somit die Summe der enzymatischen Phase und der

Aggregationsphase

−++

−≅+= 1

2

1

1

1ln

00

0

maxmax M

M

CkS

VV

Kttt

erit

s

c

c

maggprotc

aa

(Km und Vmax: Michaelis-Menten Parameter, αc: Ausmaß der κ-Casein-Hydrolyse, S0: ini-

tiale Konzentration an κ-Casein, ks: Geschwindigkeitskonstante für die Aggregation, C0:

Konzentration des Aggregationsmaterials, Mcrit: gewichtetes mittleres Molekulargewicht

bei tc (≈ 10 micellare Einheiten), M0: gewichtetes mittleres Molekulargewicht bei t0)

Darling und vanHooydonk (1981) schlugen ein alternatives Modell für die Lab-

Koagulation vor, wobei sie die Michaelis-Menten-Kinetik mit der von-Smoluchowski-

Aggregations-Kinetik kombinierten. Der Stabilitätsfaktor in der von-Smoluchowski-

Theorie wird als eine Variable betrachtet, die durch die Konzentration von nicht-

hydrolysiertem Oberflächen-κ-Casein bestimmt wird. Die Koagulationszeit tc wird fol-

gendermaßen berechnet

( )( ) ( )

⋅−+

−⋅−+==

0

0000

11exp1exp

11

nnk

SCWSC

CS

Vt

cS

mm

m

c

V: Geschwindigkeit der enzymatischen Hydrolyse von κ-Casein, S0: initiale Konzentrati-

on von κ-Casein, Cm: Konstante die durch das Verhältnis von der Stabilität von der Ca-

seinmicellen zur κ-Casein-Konzentration bestimmt ist, W0: initialer Stabilitätsfaktor für

Caseinmicellen, n0: initiale Konzentration von Caseinmicellen, nc: Konzentration der Ca-

seinaggregate bei der beobachteten Dicklegungszeit tc.

Mit diesem theoretischen Modell kann der experimentell beobachtete Einfluß der Protein-

und Enzymkonzentration, sowie Temperatur auf die RCT und das Auftreten der Lag-

Phase, welche 60 % der RCT entspricht, beschrieben werden.

Bei Milch normaler Konzentration sind ca. 90 % der Micellen in die geronnene Milch

inkorporiert bei 100 % der visuellen RCT, hingegen sind bei einem vierfachen Konzent-

rat nur 50 % eingebaut, wenn die gleiche Menge an Lab verwendet wird. Die Micellen,

Page 55: Enzyme für die Lebensmittelverarbeitung

welche „frei“ sind bei oder nach der RCT können unterschiedlich zu denen reagieren, die

vor der RCT frei sein. Vor der visuellen Koagulation, sind alle Micellen frei im Serum

dispergiert und können zufällig aggregieren. Wenn jedoch einmal die Gelbildung einge-

setzt hat, reagieren die freien Micellen entweder mit der Gelmatrix oder mit anderen frei-

en Micellen. Die Zusammenführung des Gels kann deshalb als ein zweistufiger Prozess

angesehen werden und die Eigenschaften des fertigen Gels können durch das freie Casein

maßgeblich beeinflusst werden. Da diese Mengen insbesondere in konzentrierten Mil-

chen hoch sind, kann damit auch die grobe Struktur des daraus hergestellten Gels erklärt

werden.

Die Geschwindigkeit der Verfestigung des labkoagulierten Gels hat zwei Maxima. Die

Verfestigung wurde ca. 2.5 min nach der visuell ermittelten Gerinnung beobachtet. Die

Geschwindigkeit nimmt bis zu einem Maximum 12 – 15 min nach der Gerinnung zu. In-

nerhalb der nächsten 10 – 15 min nimmt die Geschwindigkeit auf 80 % des Maximalwer-

tes ab, danach bleibt sie konstant oder steigt leicht an während der nächsten 15 min. Im

Anschluß sinkt sie leicht aber konstant wieder ab. Mit einer dynamischen hochempfindli-

chen Viskositätsmessung ist dieser Effekt nicht zu beobachten.

Auf Grund dieser viskosimetrischen Messungen wurde ein zweistufiger Prozeß für die

Gelassemblierung vorgeschlagen: Flokkulierung und Gelbildung.

nKkkkk

PPPEESSEsc →→+→ →←+ − *211,

E: Enzym, S: Substrat, P: Reaktionsprodukt, P*: Paracaseinmicelle mit transformierter

quarternärer Struktur, Pn: geliertes Micellenaggregat;

Die ersten beiden Schritte sind das Michaelis-Menten-Modell für die primäre enzymati-

schen Phase ähnlich dem folgenden Modell

MPEESSEkkk ++→ →←+ −

1, 211

P1: para-κ-Casein, M: Macropeptid

Von Payens und seinen Kollegen (1977) wurde vorgeschlagen, daß die zweite nicht-

enzymatische Phase folgendermaßen dargestellt werden kann:

PiiPks→←1

i: beliebiges aggregierendes Teilchen P1

Page 56: Enzyme für die Lebensmittelverarbeitung

Die Arbeitsgruppe von Surkov (1982) schlug vor, daß die enzymatisch veränderten Mi-

cellen (Paracasein-Micelle P) eine kooperative Transition eingehen, um dann die klum-

penbildenden Partikel (P*) mit einer Geschwindigkeitskonstante kc und mit Ea = 191 kJ

mol-1 und Q10°C = 16 zu bilden.

Welche Stellen von dem Aggregationsprozeß betroffen sind, ist zurzeit noch nicht be-

kannt. Im Anschluss and die Reduktion des micellaren zeta-Potentials durch die Proteoly-

se von κ-Casein wird die Verbindung der Partikel erleichtert. Die Verbindung zwischen

den Partikeln kann einerseits über Calcium-Brücken und andererseits über hydrophobe

Wechselwirkungen erfolgen. Dies wird durch die ausgeprägte Temperaturabhängigkeit

der zweiten Phase angezeigt. Die Veränderung der Oberflächenhydrophobizität der Ca-

seinmicellen während des Einlabens kann durch die veränderten Bindungseigenschaften

eines Fluorszenzmarkers (8-Anilinonaphthalene-1-sulfonat) gezeigt werden. Die hydro-

phobe aminoterminale Sequenz (Aminosäuren 14 – 24) von αs1-Casein scheint für die

Etablierung der Gelstruktur wichtig zu sein. Es wurde vorgeschlagen, daß die Matrix von

jungem Käsebruch aus einem Netzwerk von αs1-Casein-Molekülen besteht, welches über

hydrophobe Bereiche verlinkt ist, die sich über die ganze Käsestruktur ausdehnen. Die

Erweichung der Textur während der frühen Reifestadien wird auf den Bruch des Netz-

werkes durch die Hydrolyse der Phe23-Phe24-Bindung von αs1-Casein zurückgeführt. Die

Modifikation von Histidyl-, Lysyl- und Arginyl-Resten im κ-Casein inhibiert die zweite

Phase der Labkoagulation, woraus gefolgert werden kann, daß ein positiv geladener

Cluster von para-κ-Casein elektrostatisch mit nicht identifizierten Stellen interagiert. In

nativen Micellen kann diese positive Stelle maskiert sein, oder durch das Makropeptid-

Segment von κ-Casein abgedeckt sein. Diese Stelle wird aber exponiert und reaktiv,

wenn das Peptid freigesetzt wird.

Im Anschluss an die RCT manifestiert sich das Netzwerk. Die Stränge des Netzwerkes,

welche mehr oder weniger parallel liegen haben eine Stärke von ca. 5 Micellen und sind

ca. den 10-fachen Durchmessers eine Micelle voneinander entfernt. Die Brücken zwi-

schen den Micellen kontrahieren langsam, wodurch die Micellen in einen Kontakt ge-

zwungen werden und dadurch partiell fusionieren. Das Schicksal des brückenbildenden

Materials nach der Micellenfusion konnte noch nicht geklärt werden. Es scheint aber, daß

Page 57: Enzyme für die Lebensmittelverarbeitung

dieses Verschwinden für das zweite Maximum der Verfestigungsgeschwindigkeitskurve

und für die Ausflockung und gelbildenden Stadien im Gelassemblierungsprozess verant-

wortlich ist.

Normalerweise steigt die enzymatische Reaktionsgeschwindigkeit linear mit der Enzym-

konzentration innerhalb gewisser Grenzen an. Im Falle der Labkoagulation ist die RCT

indirekt proportional zur Enzymkonzentration und kann durch folgende Formel beschrie-

ben werden.

kEt =c

E: Enzymkonzentration, tc: RCT

Diese Gleichung setzt voraus, daß die visuell beobachtete Koagulation nur von dem en-

zymatischen Prozess abhängt. Wenn die Dauer der zweiten nicht-enzymatischen Phase

miteinbezogen wird, verändert sich die Gleichung folgendermaßen:

( ) kxtE c =−

x: Dauer der Koagulation der enzymatisch veränderten Caseinmicellen, tc – x: Dauer der

enzymatischen Phase.

Die Umformung der Gleichung ergibt eine zweckmäßigere Form

( ) xEktc += /1

Diese Gleichung ist innerhalb eines bestimmten Bereiches von Labkonzentrationen und

bei bestimmten Temperaturen und pH-Werten gültig. Es existiert eine gute lineare Bezie-

hung zwischen der Gerinnungszeit und der inversen Enzymkonzentration.

Diese Koagulationsgleichung kann als eine verfeinerte Version von einfacheren Glei-

chungen angesehen werden und kann auch in erster Näherung auf diese Reduziert wer-

den. Die Labkoagulationszeit (tc) kann auch folgendermaßen ausgedrückt werden:

max

2

Vkt

s

c ≈

ks: diffusionskontrollierte Koagulation entsprechend der Smoluchowski Theorie (nicht-

enzymatische Phase), ist proportional der Konzentration von reaktiven (koagulierbaren)

Partikeln (proteolysierte Micellen) und infolgedessen der Enzymkonzentration, Vmax: ma-

Page 58: Enzyme für die Lebensmittelverarbeitung

ximale Geschwindigkeit in der Michaelis-Menten-Kinetik (enzymatische Phase) ist pro-

portional der Enzymkonzentration, c: Konstante von Versuchsbedingungen abhängig.

Faktoren, die die nicht-enzymatische Phase der Labkoa-

gulation beeinflussen

Die Koagulation von eingelabten Micellen ist temperaturabhängig (Q10 ≈ 16) und Kuh-

milch koaguliert nicht unter 18 °C, es sei denn, daß die Ca2+-Konzentration angehoben

wird. Der merkliche Unterschied zwischen der Temperaturabhängigkeit der enzymati-

schen und nicht-enzymatischen Phase der Labkoagulation wurde im Detail untersucht.

Die sehr ausgeprägte Temperaturabhängigkeit der Labkoagulation ist ein Hinweis darauf,

daß die hydrophoben Wechselwirkungen wichtig sind.

Die Koagulation von Lab-veränderten Micellen hängt von einer kritischen Ca2+-

Konzentration ab, welches über ein Cross-linking der veränderten Micellen wirkt – mög-

licherweise über Serin-Phosphat-Reste oder einfach durch Ladungsneutralisation. Kolloi-

dales Calciumphosphat ist ebenfalls für die Koagulation notwendig, kann aber durch er-

höhte Konzentrationen and Ca2+ ausgeglichen werden. Eine partielle enzymatische

Dephosphorylierung des Caseins, wodurch die micellare Ladung reduziert wird, reduziert

auch die Fähigkeit zu koagulieren; eine Wechselwirkung von Caseinmicellen mit ver-

schiedenen kationischen Spezies prädisponiert diese zur Koagulation durch Lab; dies

kann aber auch zu einer Koagulation ohne Enzymeinwirkung führen. Die chemische Mo-

difikation von Histidin-, Lysin- oder Arginin-Resten inhibiert die Koagulation, wahr-

scheinlich durch eine Reduktion der positiven micellaren Ladung.

Die augenscheinliche Wichtigkeit der micellaren Ladung bei der Koagulation von Lab-

veränderten Micellen weist auch darauf hin, daß der pH-Wert einen wichtigen Einfluss

auf die zweite Phase der Koagulation hat. Eine Reduktion des pH-Wertes im Bereich 6.6

– 6.0 ist begleitet von einem Anstieg der Geschwindigkeiten der enzymatischen und ko-

agulierenden Reaktionen, einer Reduktion der Gelierzeit (Beginn der Gelbildung) und

dem Grad der κ-Caseinhydrolyse der notwendig ist, damit die Gelbildung einsetzt (z.B.

von ≈ 97 % bis ≈ 80 % des gesamten κ-Caseins), und dem Anstieg der Verfestigungsge-

schwindigkeit und der Festigkeit nach einer bestimmten Einlabungszeit.

Page 59: Enzyme für die Lebensmittelverarbeitung

Die Geschwindigkeit der Verfestigung von eingelabten Milchgelen wird durch den Typ

des Labs beeinflusst, insbesondere, wenn die vorliegenden Bedingungen nicht optimal

sind (hoher pH-Wert, niedriges Ca2+)

Die Hitzebehandlung von Milch unter Bedingungen unter denen das β-Lactoglobulin de-

naturiert wird und die Wechselwirkung mit κ-Casein über die Sulfhydryl-Disulfide er-

höht wird, beeinflusst die Gelbildung erheblich. Vermutlich wird die Aggregation und

damit Netzwerkbildung dadurch verhindert, daß sich denaturiertes β-Lactoglobulin an die

Oberfläche der Caseinmicellen anlagert. Dies kann elektronenmikroskopisch beobachtet

werden.

Messung der Koagulationseigenschaften von Lab

Die Labgelierung von Milch unter ruhigen Bedingungen verursacht die Umwandlung von

Milch aus einer kolloidalen Dispersion von stabilen Micellen in ein Netzwerk (Gel) von

aggregierten Paracasein-Micellen, welche eine kontinuierliche Phase ausbilden und die

Feuchtigkeit und Fettkügelchen in den Poren einschließt. Das Gel wird elastischer und

fester mit der Zeit. Die Transformation ist auch begleitet von einer Reihe von physico-

chemischen Veränderungen inklusive der Hydrolyse von κ-Casein mit einem begleiten-

den Anstieg der Konzentration von Glycomacropeptid; Aggregation von sensibilisierten

Paracasein-Micellen; Anstieg der Viskosität und Elastizität; Reduktion des Verhältnisses

Page 60: Enzyme für die Lebensmittelverarbeitung

von viskosem zum elastischen Charakter der Milch. Solche Veränderungen können auch

physikalische Eigenschaften der Milch wie die Lichtreflexion und thermische Leitfähig-

keit betreffen.

Es wurde eine Reihe von Methoden zur Messung der Labkoagulation entwickelt, die die

angesprochenen Veränderungen detektieren können. Durch die kommerzielle Bedeutung

der Gelbildung in Milch als ein Weg das Milchfett und Casein in Form von geronnener

Milch zu gewinnen, wird meistens die Gelbildung gemessen (kombinierte erste und zwei-

te Phase). Einige Methoden zeichnen auch die Hydrolyse von κ-Casein auf. Einige Beg-

riffe oder Deskriptoren werden verwendet, um die Koagulation der Milch zu beschreiben:

Aggregation: Die Verbindung von Partikeln (Micellen) durch unterschiedliche Typen

von elektrostatischen und hydrophoben Bindungen. Die Aggregate sind elektronenmikro-

skopisch zu sehen.

Koagulation oder Flockung: Die Kollision und Verbindung von Aggregaten, besonders

in bewegten Bedingungen, zur Bildung von sichtbaren Flocken

Gelierung: Die Aggregation von Partikeln (Micellen oder Aggregate von Micellen) zur

Bildung von partikulären Fasern wobei sich die Partikel zum Teil gegenseitig Berühren

und schlussendlich ein Netzwerk ausbilden

Elastizität: Die Fähigkeit eines Gels sich sofort in die ursprüngliche Form und Dimensi-

on zu regenerieren nachdem die angewandte Spannung nachlässt. Viskoelastische Mate-

rialien – wie labkoagulierte Milch – sind elastisch bei kleinen Spannungen. In diesem Be-

reich – lineare viskoelastische Spannungs-Dehnungsregion – ist die Dehnung der ange-

setzten Spannung direkt proportional und das Material erlangt die ursprünglichen Dimen-

sionen sofort wieder, wenn die Spannung nachlässt.

Viskosität: Die physikalischen Eigenschaft eines Gels welche durch das Verhältnis von

Spannungs- und Dehnunggeschwindigkeit gegeben ist

Stabilität, Stärke und Zugspannung des Gels: Die Spannung, die benötigt wird um ei-

ne gewisse Dehnung oder Deformation zu erreichen.