Epigenetische Phänomene Mechanismen und Funktionen · 7 Grundprinzipien des RNA silencing (RNA...

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1 Vorlesung Zellbiologie und Physiologie der Pflanzen AG Kudla Oliver Batistič Heute: Epigenetische Phänomene & RNA Silencing Zielstellungen der heutigen Vorlesung : - Die „RNA - Welt“ - epigenetische Phänomene - RNA interference (RNAi) - Grundlegende Mechanismen und Gemeinsamkeiten - unterschiedliche Resultate - miRNAs - siRNAs - trans-siRNAs - Vergleich der Prozesse und Enzyme - Systemische Ausbreitung von RNAi - Anwendungen von RNAi Teil 1 Epigenetische Phänomene Mechanismen und Funktionen Blütenpigment Biosynthese in Petunia Key enzyme: chalcone synthase Dihydroflavonol 4-reductase Hypothese: Überexpression von CHS soll Anthocyanbildung verstärken Sense RNA Sense construct: PRO ORF Endogenous gene mRNA Transgene PRO ORF mRNA Protein translatiert mRNA mRNA Extra protein translated CHS Überexpression in Petunie

Transcript of Epigenetische Phänomene Mechanismen und Funktionen · 7 Grundprinzipien des RNA silencing (RNA...

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Vorlesung

Zellbiologie und Physiologie der PflanzenAG Kudla

Oliver Batistič

Heute:

Epigenetische Phänomene & RNA Silencing

Zielstellungen der heutigen Vorlesung :

- Die „RNA - Welt“

- epigenetische Phänomene

- RNA interference (RNAi)

- Grundlegende Mechanismen und Gemeinsamkeiten

- unterschiedliche Resultate

- miRNAs

- siRNAs

- trans-siRNAs

- Vergleich der Prozesse und Enzyme

- Systemische Ausbreitung von RNAi

- Anwendungen von RNAi

Teil 1

Epigenetische Phänomene

Mechanismen und Funktionen

BlütenpigmentBiosynthese in Petunia Key enzyme:

chalcone synthase

Dihydroflavonol 4-reductase

Hypothese:Überexpression von CHS soll Anthocyanbildung verstärken

Sense RNASense construct:

PRO ORF

Endogenous genemRNA

Transgene

PRO ORF

mRNA

Protein translatiert

mRNA

mRNA

Extra protein translated

CHS Überexpression in Petunie

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Epigenetische Phänomene –Transkriptionelle Gen-Inaktivierung (TGS)

DNA-Methylierung verursachtChromatinkondensierung

Epigenetische Phänomene:

Jede stabile und vererbbare Veränderung der Genexpression (und damit auch eines Phänotypes) die nicht auf einer Änderung der DNA-Sequenz (also nicht auf einer Mutation) beruht! Epigenetische Phänomene sind prinzipiell reversibel.

Epigenetische Phänomäne werden molekularreguliert durch

DNA Methylierung

Histon Modifikationen

RNAi Prozesse (Teil 2)

Epigenetische Regulation in Pflanzen:

Blühinduktion (Entwicklungsprozesse)

Umweltanpassung

Transposon silencing

Paramutationen (Gene silencing in trans)

Kontrolle von “Imprinted Genes”

DNA Methylierung und Histon Modifikationenzusammen beeinflussen Chromatin Struktur

kondensiertes Heterochromatin (Inaktiv)

lockere Euchromatin (Aktiv)

DNA Methylierung von Cytosin durch Methyltransferasen behindert Bindung DNA bindender Proteine

� Inhibition der Transkription

DNA Methylierungen können vererbt werdenund sind reversibel

Methylierungsmuster werden durch ubiquitin likecontaining PHD and ring finger domain (UHRF)Proteine erkannt, rekrutiert DNA-Methyltransferases

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Histon Modifikationen beeinflussen Chromatinstruktur

N-terminale Schwänze der Histone könnenunterschiedlicheModifikationen aufweisen

Der Histon Code

Histonmodifikation

H4: K8 Acetylierung Aktivierung

H3: K14 Acetylierung Aktivierung

H3: K27 einfache Methylierung Aktivierung

H3: K27 dreifache Methylierung Repression

H2B: Ubiquitinierung Aktivierung

H2B: S14 Phosphorylierung DNA-Reparatur

Modifikationen von Lysin Resten beeinflussen direkt den Grad der Chromatin Kondensation

Methylierte Histone rekrutieren Proteine die weiter die DNA/Chromatin Struktur und Transkription beeinflussen

- Polycombproteine (PC) (inhibieren Transkription) werden durch HistonMethylierungen rekrutiert

+ TATA-Box bindende Proteine(aktivieren Transkription) werden durchHistonacetylierungen rekrutiert

Vererbung von Histonmodifizierungensemikonservativ (Modell 1) vs. Nachbarschaftsmodell (2)

Histonmodifikationen sind reversibel

HAT: Histon Acetyl Transferase

DHAC: HistonDeacetylase

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Konstitutive Funktion der HeterochromatinbildungFakultative Heterochromatinbildung

beeinflusst Pflanzenentwicklung

Epigenetische Kontrolle der Blühinduktion Mutanten im FLOWERING LOCUS C (FLC) blühen ohne Vernalisation

FLC inhibiert Flowering Locus T -einen Aktivator der Blühinduktion

FT wird in Blättern gebildet, und wandert dann zum meristematischen Gewebe

FT = Florigen

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FLC wird durch Vernalisierung transkriptionell inaktiviert FLC wird durch Histon Modifikation und Assoziation von Polycombproteine reguliert

Besonderheit: Inaktivierung von FLC ist quantitativ Zusammenfassung Teil 1

Chromosomenstruktur und transkriptionelle Aktivität von Genen kann durch DNA Methylierung und Histon-Modifikationen beeinflusst werden

Methylierungsmuster und Histonmodifikationen können vererbt werden, und sind reversibel

Methylierungsmuster und Histonmodifikationen können z.B. Blühinduktion beeinflussen

Teil 2

RNA silencing und

Epigenetische Phänomene

Mechanismen und Funktionen

RNA silencing

RNA silencing: verschiedene RNA-basierende Prozesse die alle zur Sequenz-spezifischen Inhibierung derGen-Expression führen.(Transkription, mRNA-Stabilität, Translation)

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Post-transkriptionelle Gen-Inaktivierung (PTGS)

RNA silencing erfolgt mittels kleiner einzelsträngiger RNA Spezies (21-24 nt Länge):je nach Herkunft und Funktion unterscheidet man:

small interfering RNAs (siRNA)micro RNAs (miRNA)

trans-acting siRNA (ta-siRNA) natural-cis siRNA (nat-siRNA)

repeat-associated siRNA/cis-acting siRNA (rasiRNA, casiRNA)

Allen gemeinsam ist eine Funktion beim Gene Silencing!

antisense-DNA

Was sind small interfering RNAs?Gene targeting durch antisense-RNA

LB T- DNA RB

vir-Gene

ori

tra

noc Annealing

?

Transkription

von mRNA

und

anti-sense RNA

in planta

Silencing

5‘3‘

mRNA

anti-sense

5‘

3‘

5‘

3‘

Im Genom der Pflanze

2 Kopien:

Endogenes Gen: sense

Transgen: antisense

Grundprinzipien des RNA silencing (RNA interference)

Dicer

dsRNA

small dsRNA(ca. 21-24 nt mit 2 Nucleotid Überhang)

RNA silencing: Die Rolle von Dicer(bzw. Dicer like [DCL])

Dicer schneidet dsRNA-VorläuferDurch die Endonuklease Aktivität derRNaseIII Domänen.PAZ Domände bindet am Ende der dsRNAAbstand der RNAseIII Domänenbestimmt 20-30 nt Fragmentgröße

Grundprinzipien des RNA silencing (RNA interference)

Dicer

dsRNA

small dsRNA(ca. 21-24 nt mit 2 Nucleotid Überhang)

RISC (RNA Induced Silencing Complex)mit Argonaute Protein

small ssRNA (siRNA) mit RISC

RNA silencing: Die Rolle von Argonaute

Argonaute: silencing effector protein, die gebundene Einzelstang RNA führt den Komplex zum Ziel,Ziel-RNA bindet 5‘ an Mid und 3‘ an PAZ DomäneSchnitt der Target RNA im katalyt. Zentrum der Piwi Domäne

Arabidopsis ago1

octopus Argonauta argo

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Grundprinzipien des RNA silencing (RNA interference)

Dicer

Targeting

dsRNA

small dsRNA(ca. 21-24 nt mit 2 Nucleotid Überhang)

RISC (RNA Induced Silencing Complex)mit Argonaute Protein

mRNA

small ssRNA (siRNA) mit RISC

Silencingnächste mRNA

Komplexbindung an endogene,komplementäre mRNA� Abbau der mRNA

Weitere Post Transkriptionelle Silencing (PTGS) Effekte

Die Funktion von siRNAs

• Abbau und Silencing unerwünschter Transkripte

• Gene Silencing von Transposons oder repetitiver Elemente

• Epigentik

• Bekämpfung von Virusinfektion

Virus-induziertes gene silencing (VIGS)

siRNA Mutanten besitzen eine verminderte Viren-Resistenz

WT Arabidopsis +TRV

Double mutant dcl2-dcl4

+TRV

Tobacco Rattle Virus (TRV) silencing in wild-type Arabidopsis plants prevents disease symptoms. Mutants deficient in Dicer activity are unable to suppress viral infection.

Systemische Resistenz durch Virus-induziertes gene silencing (VIGS)

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Wie kann sich siRNA systemisch ausbreiten? Systemische Ausbreitung RNAi vermittelterSignale

Systemische Ausbreitung RNAi vermittelterSignale

- kleine RNAs können symplastisch weitergegeben werden

- oder über Phloem transportiert- die effektive, systemische

Ausbreitung erfordert eine Amplifikation des silencingEffekts mittels RDR

RNA silencing: Verstärkung des silencing Effektsdurch RNA abhängige RNA Polymerasen

− durch Argonaut geschnittene mRNA dient als Matritze für RNA-abhängige RNA Polymerase (RNA-dependent RNA polymerase, RDR) in Komplex mit SGS3 (supressor of gene silencing)

− doppelsträngige RNA wird durch DCL4 prozessiert

Amplifikation ermöglicht systemische Ausbreitung

Virale Proteine können die Funktion von siRNA aufheben

Tabakpflanze mit GUS Gen, mittels RNAigesilenced.

Kein viralerSuppressor:

GUS Gen inaktiv

Mutierter viralerSuppressor:

GUS Geninaktiv

Viral suppressor: GUS gene expressed

Transcription

siRNA siRNA siRNA

Viral suppressor

RNA Silencing wird durch viraleProteine inhibiert.Dabei kann jederSchritt beeinflusstwerden.

Das 19K Protein (P19) – ein viraler Suppressor

z.B. Tomato Bushy Stunt Virus:- Dimer bindet dsRNA (21nt)

kein Einbau in RISC- Transkriptionelle Regulation von AGO1

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RNA silencing: Vergleich siRNA und micro RNA

miRNA: microRNA- werden von Genen kodiert- Bilden Stamm-Loop-Struktur, keine perfekte Paarung- Vorläufer miRNA wird von DCL1prozessiert (Nucleus), miRNA duplexwird in Cytoplasma transportiert- guide RNA wird in RISC eingebaut- endogene mRNA wird abgebaut (trans)

siRNA: small interfering RNA- wird aus dsRNA gebildet- Strang und Gegenstrang bilden perfekte Paarung- Ursprung-RNA wird abgebaut (cis)

miRNA Reifung in Pflanzen und Tieren

„mirtron“

dsRNA bindet in pre-RISC,- guide Strang: Bindet an Ziel-RNA mit AGO und vermittelt Ziel-RNA Abbau- passenger Strang: wird durch AGO abgebaut- pre-RISC wird zum aktiven RISC

Unterschiede am 5‘ Ende bestimmen guideund passenger:Strang mit weniger stabilen 5‘- Ende verbleibt im RISC (guide), Strang mit stabilem 5‘-Ende (passenger) wird abgebaut

RNA silencing: welcher RNA Strang bleibt übrig? Funktion von miRNAs

Funktion von miRNAs bei der BlattbildungPhabulosa wird durch miR165/6 reguliert

Wildtyp PHB

Transkriptverteilungwird durch miRNA

reguliertadaxial (hoch) –abaxial (niedrig)

PHB mit mutierter miRNA target site

Transkriptverteilungnicht mehr regulierbar

durch miRNAs

lokale PHBExpression

globale PHBExpression

Funktion miR165/6 bei der Wurzelanatomie

miR165/6 PHB

miR165/6 werden in der Endodermis exprimiert und smyplastisch verteilt� Konzentrationsgradient von miRNA begrenzt die Expression von Phabulosa im zentralen Berreich des Zentralzyllinders

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Funktion von miR399 bei der Phosphataufnahme

Wurzel:hohe Expression von PHO2(vermittelt die Degradation von Proteinen notwendig für Phosphataufnahme)

Phosphat+ -

PHO2

miR399

miR399

miR399

Blätter:niedrige Expression von miR399(kann über Phloem transportiert werden; Target von miR399 ist PHO2 - wird in der Wurzel exprimiert)

� wenige Moleküle erreichen Wurzel, kein Einfluss auf PHO2

Wurzel:niedrige Expression von PHO2(Proteinen notwendig für Phosphataufnahme werden stabilisiert -Phosphataufnahme)

Blätter:hohe Expression von miR399 und erreicht über das Phloem die Wurzel

� negativer Einfluss auf PHO2

Pi

PHO2

miR399

miR399

miR399

Pi

miR399

Funktion von miRNA168 – Feedback-Regulation von AGO1durch virale Suppressoren

AGO1 Transkript wird selbst durch miRNA168 gesteuert

Die Menge an miRNA168 kann durch virale Proteine wie P19 erhöht werden �verstärkte Suppression von AGO1

Bildung von trans-acting-siRNAs erfolgt mit Hilfe von miRNAs

TAS Gen im Genom kodiert:- Transkript des TAS-Gens wird durch miRNA gebunden- TAS-Gen Transkript wird mittels RISC geschnitten- verkürztes Transkript wird durchRNA-abhängige RNA Pol. kopiert- doppelstrang RNA wird durch DCL4mehrfach geschnitten (tasiRNADuplexe)- tasiRNA bindet an Ziel-mRNA,Abbau durch RISC

TAS Gene in Arabidopsis:TAS1/TAS2, Ziel: pentatricopeptide repeatgenes und HTTsTAS3, Ziel: ARF transcription factorTAS4, Ziel: MYB transcription factor

Hitzeschock Toleranz in Arabidopsis wird durch TAS1 reguliert

HEAT-INDUCED TAS1 TARGET

Die Länge der miRNA steuert mRNAAbbau oder RNAKopierung

21nt miRNA: RNA Schnitt mittels AGO � Degradation

22-24nt miRNA: RNA Schnitt mittels AGO � Zweitstrangsynthese mittels RDR

Bildung von Natural antisense-siRNAs (Nat-siRNA)

- sense Gen wird konstitutiv exprimiert- antisense Gen wird stress-induziert exprimiert (z.B. Salzstress)- Transkripte von sense und antisense Gen binden imüberlappenden Bereich- komplementärer Überlapp wird durch DCL2 geschnitten, nat-siRNA Duplexe werden gebildet- nat-siRNA bindet an die ursprüngliche Transkripte- Ursprung-RNA wird durch RISC geschnitten, und durch RDR kopiert, doppelsträngige RNA wird durchDCL1 geschnitten- nat-siRNA bildet mit RISC Komplex, bindet anZiel-mRNA- Ziel-mRNA wird geschnitten

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repeat-associated siRNA/cis-acting siRNA vermittelt transkriptionelles gene silencing (TGS)

− transkriptionell „inaktiver“ Bereich der DNA wird von RNA-Polyermase IV abgelesen (reich an repetitiven Elementen)

− Transkript dient als Matrize für RDR

− doppelsträngige RNA wird durch DCL3 zu

kurzen RNA-Duplexen prozessiert

− rasi/casiRNA komplexiert mit AGO

− RNA-AGO Komplex interagiert mit RNA-Polymerase V und bindet an komplemtären„DNA“-Strang

− Komplex vermittelt die Bindung von DNA-Methyltransferasen und Histon-modifizierenden Proteinen -Heterochromatinbildung

DNA-abhängige RNA Polymerasen IV und V sindpflanzenspezifisch

Überblick: Unterschiedliche Funktionen verschiedener Argonaute Proteine

Transkriptionelles Silencing von FLC erfolgt vielleicht durch FLC Antisense RNA

RNAi vermittelte Paramutationen am booster1 Lokus in Mais?

+B‘/B‘ B-I/B-I

B‘/B-I

Nach Mendel erfolgt eine Aufspaltung 50%:50%durch das B‘ Allel bilden 100% der Nachkommen weniger Anthocyane

50%

50%

Erwartet:

100%

+

B‘

B-I/B-I

Allel B‘ überträgt Eigenschaften auf B-I (paramutiert) mit Hilfe von RNA-abhängigen RNA Polymerasen

RNAi vermitteltes silencing von Transposons

Transposons = springende Gene(erstmals Beschrieben in Mais von Barbara McClintock, 1948)

75% des Maisgenoms besteht aus Transposon DNA

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RNAi vermitteltes silencing von Retrotransposons

Genomstabilität wird durch RNAi gewährleistet1. post-transkriptionelles silencing2. transkriptionell inaktiv durch RNAi vermittelte DNA methylierung und Histonmodifizierung

Virus-induziertes transkriptionelles gene silencing

Intron

Biotechnologische Anwendung: Gene silencing mit Hilfeartifizieller miRNA (amiRNA)

LB T- DNA RB

vir-Gene

ori

tra

noc

Annealing

Splicing

Transkription

in planta

Targeting

Online Tools helfen beim Design der artificial miRNA

Gene targeting durch miRNA induced gene silencing (MIGS)

Vorteile:

- kein „Design“ der miRNA

- miRNA-target Sequenz kann leicht

mittels PCR Primer angebracht werden

- PCR Fragment leicht „klonierbar“