Equator Spectrum Der Wissenschaft Opt

download Equator Spectrum Der Wissenschaft Opt

of 7

Transcript of Equator Spectrum Der Wissenschaft Opt

  • 8/6/2019 Equator Spectrum Der Wissenschaft Opt

    1/7

    DOSS IER : D IE W ELT 1M INTERNET

  • 8/6/2019 Equator Spectrum Der Wissenschaft Opt

    2/7

    Zum TitelbildDas Internet hat sich innerhalb wenigerJahre von einern etzwerk fur Wissen-schaftler und Ingenieure zu einererd umspannenden, allgemei n zugangl i-chen multirnedialen Kornmunikations-plattforrn enrwickelt, wic Jeff Brice indieser syrnbolischen Darstellungandeutet. Die Vielfalt an Informationen,die theoretisch zuganglich sind, legtebereits den Vergleich mit einer Weltbi-bliothek nahe. och schrnalcrt dieschiere Menge unorgani ierrer Datenden Nutzen, denn die Indizierung durchautom ati che Suchrna chinen erwei tsich in del' taglichcn Praxis als mangel-haft. Zudem legen Vorlage und anderekomrncrzicl lc Anbieter wichrigc Werkeer t gar nicht in elektronischer Form auf,urn sie gegen Raubkopieren zu schutzcn.A nd ererse its w erd en Software-Agcmcnirn etz als inielligente Helfer bald dasChaos orclnen und . chnellen Zugri If zuden gcwtinschtcn Informationcnerrnoglichen. Die Informationsge cll-schaft ist in Teilbereichen schonWirklichkeit; der von ihr ausgehendeVeranderungsdruck crfal lr iimtl ichegcscllschaftlichc Strukturen lindEinrichtungen.

    ImpressumChefredaktion: Albrecht Kunkel(verantwortlich fOr den lnhalt),Sekretariat: Erika Achberger,Tel. (0 62 21) 504711Redaktion: Dr. Inge Hoefer (Stellvertreterindes Chefredakteurs; -714), Dr. Klaus-Dieter Linsmeier(-717), Dr. Chr is toph Poppe (-719), Dr. Uwe Reichert(71S), Dr. Michael Springer (752), Dr. AdelheidStahnke (715), Dr. Gerhard Trageser (Stellvertreterdes Chefredakteurs; 713);Online-Redaktion: Elke Reinecke, Olaf Fritsche,Christoph Roloff;Vangerowstraf le 20, 69115 Heidelberg;Fax (0 62 21) 50 47 51;e-mail: [email protected];CompuServe 100342,2416.Buro Bonn: G. Hartmut AltenmOller,Uckerather Straf le 57,53639 Konigswinter;Postrach 3228, 53627 K6nigswinter;Tel. (Q 22 44) 43 03, Fax: (0 22 44) 63 S3.Korrespondenten: Dieter Beste, Marion Kalke;MediaKonzept, Heinrichstrafle 24, 40239 Dusseldorf;Tel. (0211) 90S 3357, Fax (0211) 90S 33 5S;e-mail: [email protected] dieser Ausgabe: Dieter Beste, Marion Kalke,Dr. Norbert Poflberg, Dr. Lutz-Henning RohloffMediaKonzept, Heinrichstraf le 24, 40239 Dusseldorf

    4

    6 D ie Kunst und ihre n- uen IcdionVon Oerhard Blechinaer

    Traditionell sichen bildcndc Kunst und Tcchnik einan-del' gcgcnubcr. Inzwi chen andcrt del' Computer diese.Vcrhaltnis und wird elbst Medium fur eine vollkom-men neue Kunstform.

    12 Wissenschaftskommunikationohne GrenzenVon Eilce Jessen

    16 Publ iz ie ren m i t L ich tgeschwind igke itVon Oan) ti.'I;

    24 Weltb ib lio th ek In te rn et

    lifford Lynch (Stratcgicn dcr Information. uchc),Gary Siix (Das Auffindcn von Bildern), Bruno Oudct(Globales Medium Englisch - welche Chancen habenandere Sprachen"), Klaus Meier ( aklersysterne alsVcrrnittlcr zwischen xperten und Journalistcn) und

    ichael Le k (Die digitale Bucherwelt),38 D ie Zukunft des B uches

    Von Walther Umstatter

    44 Lern n inder Informat ionsgesel lschaftHarald Gap ki (Del' omputer im KIa senzimmer) undFrerk Meyer (Deutsche Schulen im Word Wide Web).

    52 Int rn t und SicherheitJeffrey 1. Schiller (Sicherheit im Daten- ahverkehr),Mark Stefik (Schutz des Urheberrechts), RudigerGrimm, Ulrich Pordesch (Wie sicher i t die digitaleSignatur?), Alexander Rofsnagel (Sozialraum Internet).

    80 Strategien fur lectronic C omm erceMichael Dowling, Ralf Beuker sowie GUnter Rexroelt

    86 Interne t - M edium fur n eue B eru fe u nd.beltsplatze?Vall Bernhard Jaaoda

    9 0 Welch c C han cen brin gt das Inte rnet demSuden?JiOIl Hoiaer BauIII, Kla liS Bo/dt und KambizGIl{[ ioa 1/1i

    S P E K T R U M D E R W IS S E N S C H A F T . D O S S I E R : D IE W E L T 1 M I N TE R N E T

    mailto:[email protected];mailto:[email protected]:[email protected]:[email protected];
  • 8/6/2019 Equator Spectrum Der Wissenschaft Opt

    3/7

    SPEKTRUM 1M BILD

    Die Kunst undihre neuen MedienTradition 11st h nbildend Kunst und Technik einander gegenub r.In d nl tzt nJahrenindeshatsichdiesesVerhtiltnisg and rt.D I' omput r,d rgewaltigenEinflu13aufdieG sellschaft g \~onnen hat, wurd zuerst Objektder kunstlenschen Betrachtung, dann auchMediumfur einevollkommenn ueKunstform.

    R evo,utionen durch technischeMoglichkeiten in der Kunst gibte nicht erst in unserem Jahr-hundert. E war eine jung G-neration von KUn tlern, die mit Hilfeneuester Technik die Vorstellung omBild.ja von der Kun tin gesamt, revolu-tioniertcn. Wa vorher kaum dar tellbar,viellcicht nicht einrnal wahrgenomrn nworden war, ruckre in den Blick. DasAbendland schuf sich eine Bilderspra-che, die in den nachsten Jahrhundertenund bi heute besiimrnend bleiben ollte.

    Die niederlandischen BrUder vanyck zum Beispiel haben die Technikder Olrnalerei er unal in der Kunstge-

    schichte p rfektioniert. Au. del' Handde Jan van Eyck (1390 bis 1441) tam-men die ersten Portrat , die immer nochal perfekt gcltcn diirfen. Zweierleirnacht den Maler Jan van Eyek fur un 0bedeutcnd. Er entdeckte das Individuelleals gultigen Bildinhalt; die Wiirde jedeseinzelnen Menschen ist in diesen Por-trats wie in einem abendlandischen Ma-nifest der Humanitat ausgedruckr. Zumzweiten gelang es van Eyck wie nieman-d rn VOl' ihm, mit del' Olmalerei Bildervon brillanter Qualitat herzu: tellen. 0-wohl sein Sinn fur Farben al auch eineBegabung fur Detailgenauigkeit hattendamit das optimale Ausdrucksmittel ge-funden. Die Olrnalerci ist High-Tech de16. Jahrhunderts.

    Etwa zur gleichen Zeit realisierteeine ebenso junge Generation von gebil-deten Klin. tlern in Italien ein geradezuaiemberaubende Abbildungskonzept. Indel' ahe del' niver itat Padua darnalein europai ch . Zentrum fur mathema-tischc Forschung, fanden ich die wis-ensehaftlichen Vorau etzungen Iur einsolches nternehrnen. Es erbanden sieh

    hundert Jahre opti. ehe Forschung mitki in: rlerischem Talent und Kiihnheit, Es6

    V o n G e r h a r d B l e c h in g e r

    war die Geburt der Zentralperspektive inder Malerei, del' Methode, auf einemzweidimen ionalen Bildtrager, einemBlatt Papier oder einer Kirchenwand,dreidi mensional Raum abzubi Iden.Das Trinita t -Fre ko de italieni chenMaler Ma aceio (1401 bis 1429) in del'-Iorentin I' Kirche Santa Maria ovellaist da er te Gernalde, in dem di Geset-ze del' Linearperspektive angewendetsind und dern folglich eine marhernati-sche Struktur zugrunde Ii gt. Schon vor-her war das zwar versucht und praktiziertworden. un abel' stand eine berechen-bare Technik del' Dar tellung z ur V erf tl-gung, die gelehrt und . mit wiederholtwerden konnte.

    och etwa hundert Jahre sparer un-ternahm Albrecht DUrer (1471 bis 1521)eine Studienr i e naeh Italicn, um dieTechnik del' Zentralper pektive zu erfor-sehen. DUrer war nicht nul' genialerKunstler, sondern auch geschickter Un-ternehmcr, del' binnen kurzer Zeit b -ruhmt und sogar vcrmogend wurde, weiler eine Abbildungsrechnologie perfektio-nieren konnte: Seine reproduzierbarenHolzschnitte, Kupfer. tiche oeler Radie-rungen zahlen zu einen grofsen Leisrun-gen. Er arbeitete eng mit den bestenTechnikern in einem UmfeJd zusam-men, urn die Druckgraphik, die hervorra-gend zu verkaufen war mit cincr vorhernicht gekannten Qualitat auszu ratten.

    Kunst und TechnikWenn sich heute ein Kunstler ent-

    chlieBt, mit neuester Technologie ZlI ar-bcitcn, trifft er ni ht elten auf cr. tauntcReaktionen, zuweilen sogar auf Unver-standnis. Doch bereits eit Beginn del'Neuzeit hat sich vieles verandert: Kunstund Technik begannen, eigene Wege ein-

    zuschlagen, Wahreud die Technik iehrnehr und rnehr verzweigte und irnrnerneue Bereich erschlofl, erwartete manvorn KUn tler, sich davon zu di tanzie-ren, ja gleich am den Gegenpol dazu zubilden. Wahrend die Gesellschaft be-gann, mehr und rnehr Leben bereichenmathernati che Modelle zugrunde zu le-gen - von del' Erfindung d I'Weltzeit del'poli tisehen Statistik bis hin z ur n Metr urn-, wurde del' Kunstler AuBenseiter. Be-sender . chlieBlich das 19. Jahrhundert,das Zeiralter der Tndustriali ierung spal-tete Kunst und Technik tief. Die azare-ner etwa, wie die b terreichischen unddeut. chen Maler de. .Luka: bunde. "spoui ch genannt wurden, gingen 1810ange ichis del' Modernisierung welle inswarme rornische Exil. Im 20. Jahrhun-dert konnte schlieBlich del' Kunstler alsExi renz aufserhalb del' g ell chaftli-chen orrn, am Rande des Wahns odergar al Schamane zum Sinnbild vonKun t schl chthin werden, weil edenwesentlichen Zugcn diesel' letzren 200Jahre, del' allseits sichtbaren technischen

    mge tal tung del' Ge: ellschaft, wider-spraeh.

    Frliher waren es deutlich sichtbareTechnologien, die euerungen einfuhr-ten. Die Dampfrna chine, die i enbahnvcrandertcn die Leben gewohnheit n deJ9. Jahrhundert grundlegend und un-uber ehbar. Die Fliefsbandarbeir, die inden zwanziger Jahren beim Autornobil-hersteller Ford besichtigt werd n konnte,war die Voraus etzung fur Massenpro-duktion in unserern Jahrhunclert. Heuteallerdings finden die techni chen Revo-lutionen in Dimensionen stall, die fur dabloBe uge un ichtbar sind. Del' Compu-ter zeigt, daB traditionelle Muster del'Kritik in die er Technologie nieht rnehrgrcifen konnen. Zwar sind e nicht Itenschr cinfachc Funktion mechanismen

    S P E K T R U M D E R W IS S E N S C H A F T . D O SS IE R : D I E W E L T 1 M I N T E R N ET

  • 8/6/2019 Equator Spectrum Der Wissenschaft Opt

    4/7

    http://www.ave.ch/echo/lost.html: H erv e G ra um an n z we ife ltbei seiner M aler-M aschine, der er einen N amen und etwas zuarbe ite n gibt (T in te , P apier u nd e lek trisch en S trom ), n ich tda ra n, d aB er so eb en eine P erso nlic hk eit g es ch affen h at, dieihn uberwaltigen, ihn verfo lgen, ja sogar m it ihrer lndividualltatprov ozieren w ird . 1 st "R aou l P icto r" an fa ng s au ch d as P ro du ktvon Herve G raum ann (hat er nicht jede einzelne Zeile seinesP ro gramms g es ch rie be n? ), so s ch ein t es d oc h, da B die se rm ittle rw eile au f seine n S ch op fe r a bg efa rb t ha t. 1 st d er S cho p-fer, das Indiv iduum, das etwas schafft und sich dabei aus-druckt, nun zu einer stum men A ussage seiner M aschinenre du zie rt w ord en ? O h ne s ic h h in te r Id en tita ts fra ge n v ers te ck enzu wollen, positioniert H erve G raum ann seine A rbeit doch aufdie se r a bs tra kte n un d flieB end en G re nze zw is ch en de m A utorund der M aschine. Bei seinem Projekt fUr die W eb-S ite derdocum enta weiB m an nicht genau, w er sich ausdrC Jckt, w erdie se trau rig e, verlas se ne P erson is t, d ie u m H ilfe b ittet.D ennoch macht sie es von einem bestimm ten O rt irgendwo imW orld W ide W eb. AuBerdem ist sie nur dort zu erreichen.AuB er sie ist nur auf dem S chirm des Betrachters. T atsachllchbeginnt a lles m it e inem schw arzen B ildschirm . Bew egt m anden Curser m it der M aus auf diesem, bewegt man auch eine

    w eiB e S ch eibe , die an e in en vo n ein er T as ch en la mp e erze ug tenL ic hts tra hl e rin ne rt. D ies e F orm gibt S chritt fu r S ch ritt ein enT ext preis, den man nur lesen kann, wenn man m it d iesemL ichtstrahl uber den S chirm zieht: .aargh! nicht m ein T agheute", dann ,w irk lich nicht" und .wie lan ge s ch on ?" od er "tie fsc hw arze N ach t" u nd w eite r un ten "a lle in", .e ing es pe rrt, a lle in ,ve rlo re n! a lle in, ve rg es se n". D ie w orter be we ge n sic h, sin dze rs tC Jc ke lt, u be r d en g an ze n S ch irm v erte ilt, g ro B o de r k le ingeschrieben, und es ist n icht m 6glich vorherzusehen, w o dieW orter auftauchen, von wo oder wem sie kommen. D ochersc he int p l6 tzlich ein F en ster, w o m an direk t [email protected] sc hreib en ka nn , w ie ein ve rzw eife lte r A ufru f zu r K on ta kta uf-n ah me. J etzt m CJ Bte m an no ch w is se n, w er die K on ta ktp erso nist und w as m it den N achrichten passiert. E inerseits fUhlt sichde r M en sc h vo n d er M a sch in e a ng ezog en , an de re rse its fU rc hteter sie. D ie Arbeit von Herve Graumann spielt sowohl m it demeinen als auch m it dem anderen G efC Jhl. E r laB t die M aschineneine gew isse A nzahl von O perationen durchfUhren, dam it sieso ihre U nabhangigkeit vorgeben k6nnen und eine C hancehaben zu verfC Jhren, und gerade dadurch eine andere Form vonm en sc hlic hem Gen ie a ufzu ze ig en . (T ex t: K urz ka ta lo g d oc um en -ta X , http://www.documenta.de).

    die der ornpurcr au fiihrt, . imple Re-chen. chrittc in raschcr, .ukzcs iver Fol-ge od er p arallel zue ina ndc r. Die Kornbi-nation dieser einfachen Schrinc crzeugtjedoch einen .0 komplcxcn EfTekl. der\ eit uber das hinausgcht. wa die einzel-ncn blaufc in einem Recliner crklarcnkonncn. u die em Grund meincn h utc

    nicht wenige Menschcn, \ irkung wei-en moderncr Technologien zwar nicht

    mehr vcrsichcn, aber die Foigen dicscrWirkung i iberdeutlich wahrnehrncn ZLIkonnen. lnformaiionen iiberflutcn unsubcr allc hcutc exi. ticrendcn Meclicn,da Ge am tw issc n d er M en sch heit i t Iiirein Individuum lang: t nicht mehr fafsbar,

    und Entfcrntc . Frerndes riickt in unmit-tel bare 'iihe. Die elt i. t komplexer.vi lleicht kornplizicrter ge. orden.

    Die Uniibcrsi htliehkeit hat auch fu rdie Kun. t erhebl iche Konsequenzen. Er-hcbt . ie weitcrhin den nspruch. Weltnicht nur a bz ub ild cn , onclern auch zuintcrprerier n unci Zll crklarcn. l11uBsie

    S P E K T R U M D E R W IS S E N S C H A F T D O S S I E R : D IE W E l T 1 M I N TE R N E T 7

    http://www.ave.ch/echo/lost.html:mailto:[email protected]:[email protected]://www.ave.ch/echo/lost.html:
  • 8/6/2019 Equator Spectrum Der Wissenschaft Opt

    5/7

    SPEKTRUM 1M BILD

    durch den Norden Kanadas, im anderen als Tourist in Mexiko."A Description of the Equator and Some OtherLands" ist ansich ebenfalls eine Reisen-als-Kunst-Programmschleife, obwohldas Reisen diesmal weniger auf das Reiseziel als auf deninterpersonalen Austausch orientiert ist. Wie seine beidenvorganger ist auch "A Description of the Equator and SomeOtherLands" eine doppelte Reise - einerseits in der virtuellenRealitat, als symbolischer Austausch zwischen Autoren undBenutzern via Netzwerk und andererseits in der wirklichenRealitat, als Reise nach dem am Aquator liegenden ostafrikani-schen Entebbe und anderen geographischen Reisezielen(Quito, Ecuador, die Galapagosinseln, Singapur, Borneo). Wasals klassischer Experimentalfilm beginnt, der in erster Linie ausW6rtern besteht, verschmilzt mit einer spielahnlichen Drama-turgie, die von Benutzern hervorgebracht wird, die zu Autorenwerden; und Autoren, Benutzer und Geschichte werdenununterscheidbar. Aquator steht hier fur eine .Jdentitat in derheutigen globalen Gesellschaft". ldentitat bedeutet hier einesich bestatigende und erhartende Entsprechung zweierEntitaten, die jedoch niemals absolut "identisch" sind. DieErinnerung ist eine solche Identitiit, niimlich eine Entsprechungzwischen im Geiste aufbewahrten Ereignissen und denwirklichen Ereignissen, die sie enthalten. (Text: Kurzfiihrerdocumenta X, http://www.documenta.de).

    auf die neue Situation reagieren. Zum ci-nen muf sie sich der Grundlagen ihrerMittel vcr ichern: ine fortgeschriueneKunst wird ihre kunstlerischen Bezugereflektieren und un eren Blick bcruhi-gen, .chulcn und uns wieder das Aben-

    teuer des Schauens lehren. E s gibt je-doch eine zweite Aufgabe fur die Kunst.Sie besteht darin, sich auf neue und vor-her nicht gekannte Moglichkeiten derBilderzeugung einzulas en. Der Compu-ter, einer der Ausloscr fijr Unilbersicht-

    lichkeit, ist als bildfahiges In. trumentnicht nur Gegenstand der Auseinander-setzung, ondern eit einiger Zeit clbstzu einem Bildmedium geworden.

    Die sogenannte Medienkunst reagiertauf euerungen, die hcute un: ere Ge-

    8

    moure s.n tml 2 JJ Pnn J Flrid Stop I

    ~~I.!!:L,..t i l J tilj

    ~ B ~ ' 2~l~,~~ . -. .. . . I X !~., < 1 ~l.. - . ';Il.~ . . . .'-.

    http://king.dom.de/equator: Das Werk "A Description of theEquator and Some OtherLands" (1997) ist ein experimentellesInternet-Projekt von Felix S. Huber, Philip J. Pocock, Udo Nollund Florian Wenz, auf W6rtern basierend und mit dem Filmverwandt, das als tiiglich aktualisierte Serie digitaler Hypermo-vies erscheint, deren Drehbucher und Schnitt von den Besu-chern der virtuellen Ausstellungs-Site besorgt werden. Diesgeschieht nicht nach MaBgabe einer einzigen fur Drehbuchund Schnitt verantwortlichen Autoritat, wie es beim Rlmema-chen normalerweise der Fall ist, sondern nach MaBgabe derSpuren, die diejenigen hinterlassen, die in der Site navigieren.Die W6rter werden durch ein neuronales Netz gefiltert, das aufdem Server installiert ist und die Benutzer, das Publikum, indas Drehbuch und ihre neue Rolle als globale, kollaborierendeGruppe von Autoren hineinversetzt. Jeder kann als Autor selbsterlebte oder erfundene Szenen hochladen, auf die Erziihlstriin-ge der anderen reagieren und online eine Welt aus .JesbarenK6rpern" schaffen. Ihre W6rter unterstreichen oder unterbre-chen Szenenwie Untertitel oder Zwischentitel, die irgendwozwischen einer Newsgroup und einem Film angesiedelt sind."A Description of the Equator and Some OtherLands" ist eineFortsetzung der beiden vorhergehenden Netzwerk-Kunstprojek-te Hubers und Pococks - "Arctic Circle" und "Tropic of Cancer"=, die beide ein wirkliches Reisen beinhalten, im einen Fall

    S P E K T R U M D E R W IS S E N S C H A F T . D O S S I E R : D I E W E L T 1 M I N T E R N E T

    http://king.dom.de/equator:http://king.dom.de/equator:
  • 8/6/2019 Equator Spectrum Der Wissenschaft Opt

    6/7

    DIE KUNST UNO IHRE NEUEN MEDlEN

    Pr mt Fmd I I

    )(

    ~~ = = = = ~ = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = ~ = = = ; = ; ~ o

    http://www.irational.org./london/front.html: D er A ktivis mu s vo nHeath B unting, der in L ondon lebt und arbeitet, zeigt s ich nichtnur in seinen S tucken und P rojekten, sondern auch in derA ufs te llu ng v on Kommun ik atio ns ne tz en . S e in k un st le ri sc he sE ng ag em en t b etrifft e ig en tlic h a ll s ein e Aktivitaaten, und esw are e in e E in sc hr an ku ng , w ur de m an s ie n ac h A rten tren ne n.D ie M aterialie n, die B unting b en utzt, sind d as 6ffentlich eT ele pho n, da s T ele fax , E -M ail, die P os t (die g es am ten T elek om -m un ik atio ns te ch nik en e ig en tlic h). D ie A rb eit m it d ie se nM aterialie n ha t ihn a uch d azu ge bra cht, e inig e unabhanglgeI nte rn et- S erv er z u in sta lli ere n, A rb eit s- u nd D i sk us sio ns gr up -pe n zu gru nd en od er e ben solc he in tera ktiven P ro jek te fU r d asW orld W ide W eb zu realisieren. E r benutzt d iese N etze undC om pute rte ch nologien nich t d ire kt, um sie zu and ere n alsihren eigentlichen Zw ecken zu gebrauchen und sie aufve rsc hie de ne W e ise zu v erfalsc he n. S eine P ro jek te sin d als on ic ht d as E rg eb nis irg en dw elc he r te ch no lo gis ch er H oc hle is tu n-ge n, so nde rn eh er d ie g an z ein fac he A ufs tellun g von B ild ern ,T exte n ode r intera ktiv en D ialo gzone n, d ie d en B etrac hte r inein e kritisc he S ie ht a uf das M ed ium od er d ie G ese lls eha ftein be zie he n. D as en orm e A usm aB s ein es zum gr6 Bten T eilu nt er d er Wo rld -W i de -Web -A dre ss e ..ira tio na l. org " e rre ic hb are nW erks enthalt ein ige Arbeiten, die in diese R iehtung gehen. D erin diese m W e rk sofort verm ittelte E indrue k vo n lowtech,

    e infa eh er T ec hnik als o, zeigt, d aB sieh B un tin g po litis ch fure ine n ein fae hen Z uga ng zu m N etz un d e in se hn elle s B egre ifender Ideen engagiert. D er G roBteil der Bilder w urde auf einM inim um von O ktetten fUr ein M axim um an Im pact reduziert,um so die G eschw indigkeit erh6hen zu k6nnen. D ie niedrigeAufl6sung dient dem schnell w echselnden D ialog, den m an indiese r A rbe it erreic he n w ill. In se ine m P roje kt ..V isitors G uid e toLondon" (1994 bis 1995), d as a uf H yp ercard realisie rt u ndd ann an s N etz an ge sch los sen w urde, biete t e r e ine an dereS ic htw eise L on don s als s ie alle nth alb en in de n typis ch enS ta dtp la ne n fU r T ou ris te n v erm itte lt w ird . B un tin g v erw en de tS ch wa rz we iB bild er (o hn e G ra us tu fe n) m it n ie drig er A ufl6 su ngun d e in se hr e infa ch es N avig ation ssy ste m. D er B esuc he rbewegt sich vom M etroplan der S tadt ausgehend, indem erZ eich en fU r N orde n, N ord osten , O ste n od er Suden a nk lick t. M itH ille dieses Plans gelangt m an zu allen M etrostationen derS tadt, wo B unting an der O berflache ganz banale P hotosgem acht hat, und etwas realisiert, w as er selbst nennt: "D ieb ere its v era lte te p sy ch og eo gra ph is ch e T ou r d urc h L on do n,ide al fU r frem de N ich t-B es uch er, b esteh t a us uber 250A nsic hte n vo n a ntih isto ris che m W e rt. U nvo tls tan dig o hn eAnweis un ge n, je tz t zuganglich im In te rn et fU r a ile (R e ic he n)uber d as W o rld W ide W e b." (T ex t: K urzka talo g d oc um enta X ,http://www.documenta.de).

    sellschaft bcstimmen. In diesem Zu am -men hang ist auch da Thoma Kun t undInternet zu bcgrcifcn, will man das bild-fahig gewordene Kornmunikation instru-m ent nicht als cine Art giganti. che Ko-picrmaschine fU r K un : t vcrstchen.

    Tarsachlich geht e urn ki.in ulcri ch eAnsatze, die zcitgcnossische Verhaltnis-se und Bedingungcn in unserer Gesell-schaft unci dabei stcts den M en. chenselbst zurn Thcrna haben. Untcr den so -gcnannten euen M eclien i Ici a Internct

    S P E K T R U M D E R W IS S E N S C H A F T . D O S S IE R : D IE W E L T 1 M H IT E R N E T

    heute wahrscheinlich cia beruhrnteste,. icherlich da chwierigstc in Bezug aufd ie b il cl enc le Kunst.

    D ie Besonderhcit c lieses Mediumbeginni chon beirn Einsticg in diese vir-iuclle W elt, genauer: dem M onitor cine

    9

    http://www.irational.org./london/front.html:http://www.irational.org./london/front.html:
  • 8/6/2019 Equator Spectrum Der Wissenschaft Opt

    7/7

    SPEKTRUM 1M BILOComputers. Es ist nicht da elbe, ob sichein Betrachter in einem Mu eurn befin-det oder - ctwa am Arb it sp la tz o de r zuHau e - sich jedcrzeit in das Internet ein-loggen kann.

    Internet-KunstSchon del' Philo oph Walter Benja-

    min (1892 bis 1940) beklagte in seinern1935 in Frankreich erschienenen Auf atz.Das Kunstwerk im Zeitalter der techni-schen Reproduzierbarkeit" den Verlu tdel' ura eine Kun twerk , das durchdi Verviclfaltigung teehnik eine Ein-rnaligkeit, cine .Echrheit" einblillt; erbezog sich in seiner Schrift wcnigcr aufdie fruhen ormen der Reproduktion wieeiwa antike Bronzen oder Durer Holz-schnitte und Kupferstichc, ondern aufdie modernen Moglichkeiten technischerReproduzierbarkeit, die der Photogra-phie und des Films, die ctwas vollig

    eue hcrvorbringen: die Masse.Die e ntwicklung i Idurch den all-

    gegenwartigen Monitor heute auf dieSpitze getrieben. Man steht nicht mehrvor einem Zeugnis "echter" Kun t, son-dern zappt ich durch da kunstleri cheVorabendprogramm, Wer wollte Kun tnoch von anderen Diverti ement unter-scheiden? Wa etwa ware del' Unter-chied zwischen textbasierter Kun t und

    sogenannter animated poetry, einer gra-phi ch aufbereiteten Literaturforrn im In-ternet? Von diesen Fragen lei ten sich si-cherlich die dcrzeitig noch vorgetrage-nen Vorbehalte etwa der traditionellenK un unu seen a b o

    Wohl hat di Reproduzierbarkeit vonKunst auch einen dernokrati chenAspekt, kann sie doch vielcn Menschenein Werk problernlo nahebringen. Zu-

    I' t schlof del' exze iv amrnelndeLudwig del' Erste von Bayern (1786 bi1868) die Museen fiir da Volk auf,meinte dies indessen als Offnung einerIn titution del' Bildung. Er nahm e inKauf, daB die Be ucher ob ihrer grolsenAnzahl mil einer rcduzicrten Aura zu-Frieden. ein mulsten, wenn ich nur da.Heilsarne an del' Kunst 0 rccht in gauzeVolk verbreiten konne.

    Del' demokrati che A pekt ist [iirki instleri che Projekte irn Internet wich-tig geblieben. Access/or all Zugang Iliraile, nennt sich ein Projekt, de sen Be-treiber mit del ' Intention angetreten ind,die frcic und individuel le Kommunikari-on des Internet al Bildungsinstitution zuerrichten und ZlI bewahren, Oa soge-nanntc Gutenbergprojekt verfolgt einenahnlichen Gedanken: Eine weltweite Ge-rneinschaft on freiwill igen Mitarbeitern

    10

    tellt Literatur im Internet ko. tenlos zu rVerfligung. Auch die ko tenia en "E-Zi-ne " litcrarische, kunstlcri che oderauch philo ophi che Auf atz ammlun-gen wic "C-Theory" von Arthur und Ma-rielouise Kroker, die per Computer furjedermann zugangl ich sind, haben ahnli-che Anspruche. Dabei vel' chwimmenzwar die Er cheinungsformen, doch dieZielrichtung, eine tete V er fu gb ar ke it u n-erer Bildung guter kornmt del' Vi ion

    einer frcien Akademie, wie sie Jo ephBeuy hatte, durchaus nahe.

    Im vergangenen Sommer widmetesich zurn er: ten Mal eine "documenta",die seit 1955 aile vier bi funf Jahre inKassel staufindcnde inlernationale u-tellung aktucller Kun t, auch dern The-

    rna Kun: t irn Internet. Hier zeigte sich,daB insbe ondere mit dem Internet eineKunsirichtung ent teht, die unsere Auf-merk amkeit wert ein durfte.Philip B cock Pro jekr , )\ . .qua te r" istein Bei piel. E. ent pricht dem Typudel' Kiln tlerrei e, eine Tour urn denAquator it darnit Teil einer kunstleri-chen Arbeit die nicht in er ter Linie auf

    die Produktion cines Kun tgegenstandesabzielt. Die Haltung des Kiln tiers undein Erleben, da norrnalcrweise als Vor-

    bereitung fiir die eigentliche Kun tpro-duktion verstanden wird, bekommt nunelbst ki.in tleri chen An. pruch. Bocock

    stell t dern Rezi pienten schon wahrendeiner Reise ein Tagebuch zur Verfu-

    gung. Seine Texte und die von ihm auf-genommenen Bilder ind von jedermannim Internet abzurufen, E tellt ich da-bei chnell die Illusion von Unrnittelbar-keit ein, man hat den Eindruck, den Sta-tionen und Routen die er Kunstlerreiserecht nah zu sein. Daruber hinaus kanndel' Rezipient seine eigenen Rei enorizeneintragen und damit sieh selb. In diesenkiln: tlerischen Kontext stellen.

    Mensch, Computer, KunstE zcigt sich, daB Kunst nicht durchdie Existenz eine neuen Mediums gebo-

    ren wird, daB vielrnehr ein neues Medi-um dem Kunstler zu einem neuen Aus-druck verhelfen kann. Viel wichtiger alsdie Frage, ob e . ich um kanonischeKun t hanelelt, i. t jene nach del' Fahig-keit des KUn tier, alte Menschenthemenauf gultige Wei. e kiin tlerisch zu bear-beiten. Jeder einzelne wird fur sich kla-ren rnussen ob die Traume de Men-chen von del' Ornniprasenz, del' Fahig-

    keit liberal I gleichzeitig scin zu konnen,ob Allverfugbarkcit und schlielslich dieMacht, die damit verbunden ist, in unse-rem eben eine Rolle spielen.

    Da Mifitrauen, da die Vertreter del'Bereiche Kun t und Technik dem jeweilsanderen entgegenbringen, wiegt auchnoch heute chwer. Ein I' eits beharrenKiin II I' und i hr e An ha ng er noch imrnerauf del' traditionellen Oppo ition de!"Kunst zu Gesell ehaft und Technik. An-dererseits war e gerade die Szenerie immfelel der elektroni chen Medien, de-ren Technikeuphorie fur jederrnann, obKun ie xp er te oder nicht, wicderurn exo-tisch bleiben mufste. Halle nicht schondie Kun tler- und ArchitektengruppeCoop Himrnelblau in den sechziger Jah-ren die popularen Hoffnungen auf einelichte, technoide Zukunft ironi eh korn-mentiert? Konnte man ich des Ein-drucks erwehren, hier ver uchten sinnes-ferne Ingenieure und Philo ophen, denMenschen al einen nul' zufalligcrweisef1ei chl ichen Computer zu crklarcn?Auch die Kunst im Internet wird zuer tgefordert sein, ein Bild de Menschen ZlIfinden, da ihrn verwandt i t, darf abel'nicht versuchen, ihm ein Bild oder eineIdee aufzuzwingen.

    Ein prorninenter Ver uch, cia Bildde Men chen irnZeitalter del' AIlgegen-wartigkeit der Bilder wiederzufinden, i. tda Zentrum fiir Kunst und Medientech-nologie in Karlsruhe. Die e weltweit er-st e Medienmu eum kann zeigen, daB dieneuen, daruntcr auch die elektronischenMedien, wenn ie Bilder erzeugen, alsTei l der kunstler i chen Landschaft gese-hen werden mussen. Daruber hinaumacht es cleutlich, daf er t die Verbin-dung von Produktion und Pra entationda Umfeld chafft, um innerhalb die erneuen Technologicn libel' Kunst sprechenZ L I konnen. Del' Besucher wird nicht cin-faeh mit feniger Kun t konfrontiert, son-dern d urch K om rn en tare u nd E xperirnen-te in diese neue Welt der Kunst einge-fuhrr, ja kann sich interaktiv mit ihr aus-einandersetzen. Wa fur tradit ionelle Mu-scum .konzeptionen undenkbar cheint,i. t eine wichtige Vorau etzung fur dieKun t, die sich elektronischer Medienbedient. Sie wird in Zukunfr urn so wich-tiger ein, je mchr diese elektroni chenMcdien unseren Alltag bestirnmen, Wel-che Di ziplin sollte eincn Ausdruck da-WI' finden, den Menschen inmitten derTechnologie wieder aufzu puren, wennnicht die KUI1 t?Ge rhard B l ec h inge r s tud i er te WI derUniversittit Miinchen Kunstgeschichteund promovierte anschliefiend WI derUniversitiit Gesatuthochschulewuppertal im Fach Philosophie. Zur Zeitleitet er im Zentnun fiir Kunst undMedienteclinologie (ZKM) ill Karlsruhedas Projektbiiro Expo 2000.

    S P E K T R U M D E R W I S S E N S C H A F T . D O S S I E R : D I E W E L T 1 M I N T E R N E T