Erasmus-Erfahrungsbericht Córdoba Sommersemester 2011 · PDF fileIch habe drei...

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1 Erasmus-Erfahrungsbericht Córdoba Sommersemester 2011 Mezquita im Morgenlicht Vorbemerkungen Ich studiere Spanisch als drittes Fach im modularisierten Lehramtsstudiengang und habe mich nach dem 1. Staatsexamen in meinen anderen Fächern Englisch und Geographie inklusive einem Auslandssemester in Neuseeland zu einem zweiten Auslandsaufenthalt entschlossen. Auch wenn ich leider nur ein Semester, das Sommersemester, bleiben konnte, so würde ich diese Entscheidung jederzeit wieder treffen und bin froh über die Zeit, die ich im wunderschönen Córdoba verbringen durfte. Die Vorteile von einem ganzjährigen Aufenthalt liegen natürlich auf der Hand – also wenn ihr könnt, dann verbringt unbedingt ein Jahr in Spanien! Vorbereitungen von Deutschland aus Neben dem Bewerbungsformular und dem Motivationsschreiben für die deutsche Universität, habe ich an die Universidad de Córdoba ein Transcript of Records schicken müssen, auf dem meine bis zu dem Zeitpunkt besuchten Kurse samt Noten aufgelistet sind. Nach Annahme der Bewerbung, d.h. nach Auswahl durch die Philipps-Universität Marburg und die Bestätigung seitens der spanischen Universität, ist als nächster wichtiger Schritt das so genannte Learning Agreement auszufüllen. Diese Informationen, sowie die jeweiligen Deadlines, sind dem Informationsmaterials von Frau Rokitzki, im Fachbereich 10 Romanistik, zu entnehmen. Mithilfe des sehr

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Erasmus-Erfahrungsbericht Córdoba Sommersemester 2011

Mezquita im Morgenlicht

Vorbemerkungen Ich studiere Spanisch als drittes Fach im modularisierten Lehramtsstudiengang und habe mich nach dem 1. Staatsexamen in meinen anderen Fächern Englisch und Geographie inklusive einem Auslandssemester in Neuseeland zu einem zweiten Auslandsaufenthalt entschlossen. Auch wenn ich leider nur ein Semester, das Sommersemester, bleiben konnte, so würde ich diese Entscheidung jederzeit wieder treffen und bin froh über die Zeit, die ich im wunderschönen Córdoba verbringen durfte. Die Vorteile von einem ganzjährigen Aufenthalt liegen natürlich auf der Hand – also wenn ihr könnt, dann verbringt unbedingt ein Jahr in Spanien! Vorbereitungen von Deutschland aus Neben dem Bewerbungsformular und dem Motivationsschreiben für die deutsche Universität, habe ich an die Universidad de Córdoba ein Transcript of Records schicken müssen, auf dem meine bis zu dem Zeitpunkt besuchten Kurse samt Noten aufgelistet sind. Nach Annahme der Bewerbung, d.h. nach Auswahl durch die Philipps-Universität Marburg und die Bestätigung seitens der spanischen Universität, ist als nächster wichtiger Schritt das so genannte Learning Agreement auszufüllen. Diese Informationen, sowie die jeweiligen Deadlines, sind dem Informationsmaterials von Frau Rokitzki, im Fachbereich 10 Romanistik, zu entnehmen. Mithilfe des sehr

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übersichtlichen Infopaketes kann nichts schief gehen und bei Fragen helfen auch die FAQ auf der Internetseite oder in der Erasmusgruppe auf ILIAS. Für die Zeit des Auslandsaufenthaltes empfiehlt es sich unbedingt sich von der Uni Marburg beurlauben zu lassen. Die Semestergebühr muss man trotzdem zahlen, aber man kann bereits vor Abreise beim ASTA beantragen, einen Teil der Semestergebühr, nämlich den Anteil des Studententickets, zurückerstattet zu bekommen. Das Formular findet sich auf der Homepage des ASTA Marburg. Um eine geeignete Auslandskrankenversicherung sollte man sich ebenfalls kümmern. In meinem Fall hat sich der Auslandsschutz des ADAC angeboten, aber es gibt natürlich viele ähnliche Angebote. Falls noch nicht vorhanden ist ein Studentenkonto bei der Deutschen Bank sinnvoll, da man in Córdoba und eigentlich in allen etwas größeren spanischen Städten kostenlos am Automaten der Deutschen Bank Geld abheben kann. Darüber hinaus ist auch das Bezahlen mit der EC-Karte kostenlos, was das lästige Herumtragen von viel Bargeld erspart. Eine Kreditkarte kann auch nicht schaden (z.B. die Kreditkarte der Deutschen Bank, die für Studenten ein Jahr lang kostenlos ist), um beispielsweise im Internet Hostels für die Reisen buchen zu können. Man sollte am besten schon einige Passbilder mit möglichst hellem bzw. weißem Hintergrund mitbringen, da man für den Studentenausweis ein Foto und für jeden belegten Kurs ein Foto braucht für eine Art Anmeldebogen. Anreise Córdoba hat leider keinen eigenen Flughafen, aber dennoch lässt sich die Anreise leicht organisieren. Man kann entweder nach Sevilla oder Málaga fliegen und dann weiter mit dem Zug oder Bus nach Córdoba reisen. Ich bin mit Airberlin für einen guten Preis nach Sevilla geflogen, unbedingt abraten kann ich jedoch von der Fluglinie Iberia, da mehrere Besucher von mir sehr großen Ärger mit plötzlich gestrichenen Flügen, geänderten Flugzeiten, unverschämten Verspätungen und Ähnlichem hatten. Vom Flughafen in Sevilla aus nimmt man am besten den Flughafenbus (Linie EA) Richtung Innenstadt und steigt bei der Estación Santa Justa, dem Bahnhof aus. Auf der Seite www.renfe.com kann man sich über die Fahrzeiten und Preise informieren, wobei die AVE-Züge (wie ICE bei uns) am teuersten, Avant mittelteuer und Media Distancia am günstigsten sind. Mit letzterem kommt man in 1h20 für zurzeit 10,55€ nach Córdoba. Ein Vorteil von Málaga ist, dass auch die Billigfluglinie Ryanair von Frankfurt/Hahn dorthin fliegt. Allerdings ist die Zugfahrt nach Córdoba teurer (22,40€) als von Sevilla aus und der günstigere Bus braucht etwa 3Stunden. Wohnungssuche Ich habe in Córdoba mit zwei Spaniern und einer Mexikanerin zusammen in einer WG gewohnt. Es ist mehr als empfehlenswert mit Spaniern zusammen zu wohnen, nicht nur der Sprache wegen, sondern auch um mehr von der spanischen Kultur direkt zu erleben. Die Wohnungssuche kann man gut vor Ort erledigen, wenn man etwas Zeit vor Unibeginn hat. Anzeigen findet man überall: zum Beispiel an den schwarzen Brettern der Uni, die Tutoren für uns Erasmusstudenten helfen gerne, an Straßenlaternen, aber natürlich auch im Internet. Da ich erst am Wochenende vor Vorlesungsbeginn im Februar anreisen konnte, habe ich mich vorher um meine Unterkunft gekümmert und dafür verschiedene Internetseiten bemüht. Hilfreich waren unter anderem die folgenden Seiten:

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http://www.pisocompartido.com, http://www.compartepiso.com, http://www.easypiso.com, http://www.milanuncios.com oder natürlich auch die Erasmusgruppen auf Facebook, wo ich letztendlich meine Wohnung gefunden habe. Man sollte sich allerdings nicht zu früh auf die Suche machen, da hier in Spanien häufig sehr spontan und kurzfristig die Wohnungen gewechselt werden. Die meisten Studenten wohnen im Studentenviertel Ciudad Jardin oder in der Altstadt, die Judería heißt. Die Mietpreise sind deutlich geringer als in Deutschland und in einer WG in Ciudad Jardin kann man mit ca. 180€/Monat zuzüglich Nebenkosten (Strom, Gas und Internet ca 20-30€) rechnen, sodass man um die 200€ einkalkulieren kann. Schön an den spanischen Wohnungen ist, dass sie alle möbliert sind und immer über ein separates Wohnzimmer verfügen. Die Schlafzimmer sind mit etwa 8-12qm in der Regel ein bisschen kleiner als in Deutschland. Studium In der “Filosofía y Letras“ habe ich vier Spanischkurse belegt, was knapp 30 ECTS entspricht. Alle Kursen finden hier jeweils vierstündig statt, d.h. zwei Mal pro Woche, sodass man sich in Deutschland für einen spanisches Seminar meist ein Seminar und eine Vorlesung anrechnen lassen kann. Ich habe drei linguistisch orientierte Kurse (El andaluz, Introducción a la dialectología hispánica, Comentario filológico de textos) und ein literaturwissenschaftliches Seminar (Introducción a la literatura hispanoamericana – mein Favorit) besucht, wobei der Arbeitsaufwand sehr unterschiedlich und ausschließlich abhängig vom Dozenten war. Die Kursübersicht findet sich auf der homepage http://www.uco.es/organiza/centros/filosofia/lfilhispanica/planificacion/index.html und für das Sommersemester kamen vorwiegende die sogenannten optativa-Kurse in Frage, weil die anderen oft über ein ganzes Jahr laufen. Auf Nachfrage beim jeweiligen Dozenten ist es aber auch manchmal möglich in einen ganzjährigen Kurs zwischendurch einzusteigen. Die meisten Kurse begannen mit einer theoretischen Phase, in der vorlesungsartig die grundlegende Theorie behandelt wurde und man versucht hat soviel wie möglich mitzuschreiben. Anschließend folgte eine praktisch orientierte Phase, in der wir in Gruppen Referate ausarbeiteten und präsentierten. Zusätzlich musste in allen Kursen etwas verschriftlicht werden, beispielsweise eine reseña crítica von der zu lesenden Lektüre oder ähnliches. Am Ende des Semesters fanden dann noch die Abschlussklausuren statt, die teilweise durch zusätzliche Aufgaben und entsprechende Noten während des Semesters ersetzt werden konnten. Alle Dozenten habe ich als sehr hilfsbereit und freundlich erlebt und auch spanische Kommilitonen haben bei Verständnisschwierigkeiten oder beim Austausch von Notizen immer geholfen. Man muss sie einfach nur ansprechen! Freiwillig besuchte ich neben den obligatorischen Seminaren noch den dreiwöchigen Intensivsprachkurs, der kostenlos für uns Erasmusstudenten von der Sprachschule der Universität "UCO idiomas" angeboten wurde. Ab Anfang März fand dieser in den Räumlichkeiten meiner Fakultät, der Filosofía y Letras, täglich statt und entsprach etwa dem Niveau B2. Gerade am Anfang ist es eine gute Gelegenheit schnell ins Spanische hineinzufinden, die ein oder andere Grammatikregel zu wiederholen und andere Erasmusstudenten kennen zu lernen. Zusätzlich habe ich an einer "Grupo de Conversación" teilgenommen, die von dem Vicedecanato der Universität organisiert worden war. Spanische und deutsche Studenten haben im Prinzip in einem großen Tandem sich gegenseitig mit der jeweiligen Fremdsprache geholfen. Auf diese Weise sind nette Kontakte entstanden.

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Alltag und Freizeit Was den Alltag in Córdoba angeht, so ist dieser fast klischeehaft andalusisch, sprich gemütlich. Als erstes sollte man sich an den anderen Tagesrhythmus gewöhnen, denn man steht später auf, macht nachmittags eine Siesta (in der Zeit haben fast alle Geschäfte außer die großen Ketten geschlossen von ca. 14 bis 17:30), isst gegen 22Uhr zu Abend und geht abends viel später aus als in Deutschland. Auch nehmen es die Spanier mit der Pünktlichkeit nicht immer so genau (die Züge und Überlandbusse sind jedoch überpünktlich) und auch Formalitäten dauern etwas länger. Lässt man sich darauf ein, wird man den südspanischen Lebensstil aber schnell lieben lernen. Die Freizeitgestaltung ist sehr vielseitig in Córdoba: Gerade im Sommersemester jagt eine Fiesta die nächste und besonders im Mai ist jedes Wochenende etwas los, bis Ende Mai zehn Tage lang Ausnahmezustand herrscht beim größten Volksfest, der "Feria". Abgesehen von den vielen Festen gibt es natürlich auch einige Sehenswürdigkeiten, die man sich unbedingt anschauen sollte. Als erstes sei das Wahrzeichen der Stadt, die berühmte Mezquita (freier Eintritt von 8-10Uhr morgens) genannt. Aber auch die Gärten des Alcázar (mittwochs freier eintritt), die Ruinen der Medina Azahara etwas außerhalb der Stadt, die kleinen Gassen der Judería mit der Synagoge und diversen Kirchen, das Museum Torre de la Calahorra an der Puente Romano und die schönen Plätze sind einen Besuch wert (Plaza de las Tendillas, Plaza de la Corredera, kleinere Plätze). Für alle Unternehmungen lohnt es sich zu Beginn des Aufenthaltes eine carnet joven im Casa de la juventud zu holen, denn damit oder mit dem Studentenausweis bekommt man fast überall sehr lohnenswerte Rabatte (beispielsweise 20-25% auf Zugtickets). Von Córdoba aus ist man auch schnell in den anderen wunderschönen Städten Andalusiens wie Sevilla, Granada, Málaga, Cádiz, Huelva etc. Der super ausgebaute ÖPNV und die günstigen Preise von Bus und Bahn machen das Reisen, zum Beispiel für einen Wochenendtrip, leicht. Kulinarisches An der spanischen Küche geht natürlich kein Weg vorbei! Nach Belieben sollte man also möglichst viel ausprobieren; hier ein paar Tipps: Tapas: kennt jeder! Hier gibt es sie fast immer kostenlos zum Getränk dazu. Im Studentenviertel Ciudad Jardín kann man beispielsweise La Rosca, La Tapita oder La Caña d’España empfehlen. Wenn man Essen gehen möchte und spanische Studenten fragt, dann schlagen sie meistens Moriles (auch Ciudad Jardín) vor, weil da das Preis-Leistungsverhältnis sehr gut ist. Unbedingt probieren sollte man dort den typisch cordobesischen salmorejo (Tomatencreme mit Olivenöl, Knoblauch, Schinken), den rabo de toro (viel günstiger als an anderen Orten und sehr lecker) und pulpo a la gallega für Meeresfrüchtefans. Auf der Plaza Corredera reiht sich ein Restaurant an das andere und meistens kann man nur schwer unterscheiden, welche Stühle zu welchem gehören. Das Essen hat uns am besten im Restaurant Sotano geschmeckt, gleich vorne links am Platz vom Haupttor aus gesehen. Zum typisch spanischen Frühstück gehört eine tostada con tomate. Es gibt viele kleine Bars, die das sehr günstig anbieten, aber vom Ambiente am tollsten ist das Sojo Ribera, direkt am Fluss. Für nur 2€ erhält man dort von Montag bis Freitag eine media tostada, einen Kaffee/Tee, einen frisch gepressten Orangensaft und zusätzlich natürlich den wunderbaren Blick von der Terrasse auf den Fluss.

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Fazit Ein Fazit zu ziehen ist leicht: Ich hatte eine wirklich wunderbare, abwechslungsreiche, spannende Zeit in einer der schönsten Städte Andalusiens. Dass ich die Zeit so genießen konnte, lag mit Sicherheit an den tollen Leuten, die ich kennen gelernt habe. Nach einem halben Jahr hatte ich einen bunt gemischten Freundeskreis aus internationalen Studenten und Spaniern. Mein besonderes Highlight war, dass ich im Sinfonieorchester des "Conservatorio superior de música" mitspielen durfte und wir ein einmaliges Konzert spielten. Es hat mir sehr geholfen, dass ich meine Leidenschaft für das Geige bzw. Bratsche spielen auch hier in Spanien ausleben konnte; es hätte mir sonst sehr gefehlt. Da das gesamte Orchester aus Spaniern bestand, hatte ich dort auch gleich viele nette Kontakte. Wenn also jemand ein Instrument spielt: Mitnehmen, nachfragen und einfach soviel Glück haben wie ich! Genießt die Zeit einfach – zur Einstimmung kann ich nur diese beiden cordobesischen Ohrwürmer empfehlen: http://www.youtube.com/watch?v=KqvVJzKJ9d0&NR=1 http://www.youtube.com/watch?v=0h4N13JMeZk&feature=related Bei weiteren Fragen stehe ich gerne zur Verfügung: Stephanie Biechele „[email protected]