Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020....

82
Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Hugo Bachmann Richtlinien des BWG – Directives de l’OFEG – Direttive dell’UFAEG Bern, 2002

Transcript of Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020....

Page 1: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten –Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

Hugo Bachmann

Richtlinien des BWG – Directives de l’OFEG – Direttive dell’UFAEGBern, 2002

Page 2: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

Impressum

Herausgeber: Bundesamt für Wasser und Geologie

Zitiervorschlag: Hugo Bachmann: Erdbebengerechter Entwurf vonHochbauten – Grundsätze für Ingenieure,Architekten, Bauherren und Behörden, Richtliniendes BWG (Biel 2002, 81S.)

Original in deutsch. Diese Publikation ist auch auffranzösisch erhältlich.Die Publikationen ist im PDF-Format auf der BWG-Internetsite verfügbar: www.bwg.admin.ch

Auflage: 3’500d/1’500f

Bestellnummer: 804.802 d

Bezugsadresse: BBL, Vertrieb Publikationen, CH-3003 Bern,Internet: www.bbl.admin.ch/bundespublikationen

Copyright: © BWG, Biel, September 2002

Page 3: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und KommunikationDépartement fédéral de l’environnement, des transports, de l’énergie et de la communicationDipartimento federale dell’ambiente, dei trasporti,dell’energia e delle comunicazioni

Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten –Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

Hugo Bachmann

Richtlinien des BWG – Directives de l’OFEG – Direttive dell’UFAEGBern, 2002

Page 4: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

sowie erläuternden Texten. Die Grundsätze und dieselbst angefertigen oder aus anderen Quellen herange-zogenen Bilder wie auch die Texte sind das Ergebniseiner jahrelangen intensiven wissenschaftlichen undpraktischen Auseinandersetzung mit der anspruchsvol-len und in starker Entwicklung befindlichen Materieder Erdbebensicherung von Bauwerken.

Der Verfasser dankt vor allem den zahlreichen am Schlussder Publikation aufgeführten Bildautoren für die Gross-zügigkeit, Ergebnisse eines stets aufwendigen und oftauch gefahrvollen Bemühens zur Verfügung zu stellen.Und dem Bundesamt für Wasser und Geologie gebührtDank für die Herausgabe und den sorgfältigen Druckder Broschüre.

Zürich, August 2002 Prof. Hugo Bachmann

Vorwort des Verfassers

Lange Zeit wurde das Erdbebenrisiko sozusagen alsnaturgegeben erachtet. Man ging davon aus, dass dieFolgen der Bodenbewegungen für die Bauwerkeeinfach hingenommen werden müssen. Dementspre-chend wurden Massnahmen zur Erdbebenvorsorgevorwiegend auf Vorbereitungen für die Katastrophen-bewältigung beschränkt. Doch bereits am Anfang des20. Jahrhunderts wurden auch bauliche Massnahmenvorgeschlagen. Und in den letzten Jahrzehnten lernteman dank intensiver Forschung immer besser, wie dieVerletzbarkeit der Bauwerke durch Erdbeben starkreduziert werden kann.Die vorliegende Publikation will moderne Erkenntnissezum baulichen Erdbebenschutz auf einfache und leichtfassliche Weise darstellen. Dies geschieht anhand vonGrundsätzen mit zugehörigen Bildern und Beispielen

3

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

Begleitwort des Herausgebers

Im Jahre 1998 erarbeitete die Schweizer Gesellschaftfür Erdbebeningenieurwesen und Baudynamik SGEBeine Dokumentation betreffend den Handlungsbedarfvon Behörden, Hochschulen, Industrie und Privaten zur Erdbebensicherung der Bauwerke in der Schweiz.Darin wurde vor allem bezüglich des Verhaltens derBauten und Anlagen, dem Kernbereich der Erdbeben-vorsorge, ein enormer Nachholbedarf und ein dring-licher Handlungsbedarf festgestellt. Diese Publikationund andere Interventionen haben dazu geführt, dassdas Bundesamt für Wasser und Geologie vom Bundes-rat beauftragt wurde, ab dem 1. Januar 2000 imRahmen der Aufgaben des Bundes den Schutz vorErdbeben zu bearbeiten. Das Bundesamt hat eineKoordinationsstelle Erdbebenvorsorge geschaffen, dieberatende und unterstützende Funktionen für dieganze Bundesverwaltung wahrnimmt. Am11. Dezember2000 genehmigte der Bundesrat ein Programm vonsieben Massnahmen zur Erdbebenvorsorge imZuständigkeitsbereich des Bundes für den Zeitraum2001 bis 2004.

Die Erdbebensicherung neu zu errichtender Bauwerkesteht an der Spitze des Massnahmenprogramms desBundes. Professor Hugo Bachmann war lange Jahre inder wissenschaftlichen Forschung zur Erdbebenge-fährdung und zum Erdbebenverhalten von Bauwerkentätig. Auf Wunsch des Bundesamtes hat er sich bereiterklärt, wissenschaftliche Erkenntnisse zur Erdbe-bensicherung von Bauwerken für die Praxis verfügbarzu machen. Das Bundesamt ist ihm dafür zu Dankverpflichtet. Die vorliegende Anleitung soll dazubeitragen, dass Forschungsergebnisse inskünftig vonBaufachleuten konsequent in die Praxis umgesetzt,d.h. bei der Planung und Projektierung von Bauwerkenberücksichtigt werden. Bei der in unserem Landevorhandenen vergleichsweise mässigen Seismizitätkann so bei neuen Bauwerken mit keinem odervernachlässigbar kleinem Mehraufwand eineangemessene Erdbebensicherung erreicht werden.

Biel, August 2002 Dr. Christian FurrerDirektor des Bundesamtesfür Wasser und Geologie

Page 5: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

4

Inhaltsverzeichnis

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

Zur Zielsetzung 6

Was geschieht bei einem Erdbeben? 7

Die bedeutendste Naturgefahr 8

Das Erdbebenrisiko wird laufend vergrössert 9

Fehlende Massnahmen 9

Dringlicher Handlungsbedarf 9

GS 1 Enge Zusammenarbeit von Architekt und Bauingenieur beim Entwurf! 10

GS 2 Die Erdbebenbestimmungen der Normen einhalten! 11

GS 3 Keine wesentlichen Mehrkosten dank moderner Verfahren! 13

GS 4 Weiche Erdgeschosse vermeiden! 15

GS 5 Weiche Obergeschosse vermeiden! 19

GS 6 Unsymmetrische Aussteifungen vermeiden! 21

GS 7 Versetzungen von Aussteifungen vermeiden! 24

GS 8 Sprünge bei Steifigkeiten und Widerständen sind problematisch! 25

GS 9 Zwei schlanke Stahlbetontragwände pro Hauptrichtung! 26

GS 10 Mischsysteme mit Stützen und tragenden Mauerwerkswänden 28vermeiden!

GS 11 «Ausfachen» von Rahmen durch Mauerwerk vermeiden! 29

GS 12 Mauerwerksbauten durch Stahlbetontragwände aussteifen! 32

GS 13 Horizontal tragende Mauerwerkswände bewehren! 34

GS 14 Tragwerk und nichttragende Bauteile aufeinander abstimmen! 38

GS 15 Nichttragende Mauerwerkswände in Skelettbauten durch Fugenabtrennen! 40

GS 16 Kurze Stützen vermeiden! 42

5

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

GS 17 Brüstungen in Rahmen vermeiden! 44

GS 18 Fachwerke sorgfältig wählen und bemessen! 46

GS 19 Stahltragwerke duktil gestalten! 48

GS 20 Fugen zwischen benachbarten Gebäuden fachgerecht ausbilden! 50

GS 21 Kompakte Grundrisse anstreben! 52

GS 22 Durch die Deckenscheiben den Zusammenhalt sichern und die Kräfte verteilen! 53

GS 23 Duktiles Tragwerk dank Kapazitätsbemessung! 55

GS 24 Duktilen Bewehrungsstahl mit Rm/Re ≥ 1.15 und Agt ≥ 6 % verwenden! 56

GS 25 Querbewehrung in Tragwänden und Stützen mit 135°-Haken und Abständen s ≤ 5d ! 58

GS 26 Keine Aussparungen und Öffnungen in plastischen Bereichen! 60

GS 27 Bei vorfabrizierten Bauten die Verbindungen sichern! 62

GS 28 Fundation durch Kapazitätsbemessung schützen! 64

GS 29 Standortspezifisches Antwortspektrum entwickeln! 65

GS 30 Mögliche Bodenverflüssigung untersuchen! 66

GS 31 «Verweichen» kann besser sein als Verstärken! 68

GS 32 Fassadenbauteile auch für horizontale Kräfte verankern! 70

GS 33 Brüstungen und frei stehende Mauern verankern! 72

GS 34 Unterdecken und Beleuchtungskörper gut befestigen! 74

GS 35 Installationen und Einrichtungen sichern! 75

Bildnachweis 78

Literatur 79

Kontakte 80

Anhang: Gefährdungskarte 81

Page 6: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

4

Inhaltsverzeichnis

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

Zur Zielsetzung 6

Was geschieht bei einem Erdbeben? 7

Die bedeutendste Naturgefahr 8

Das Erdbebenrisiko wird laufend vergrössert 9

Fehlende Massnahmen 9

Dringlicher Handlungsbedarf 9

GS 1 Enge Zusammenarbeit von Architekt und Bauingenieur beim Entwurf! 10

GS 2 Die Erdbebenbestimmungen der Normen einhalten! 11

GS 3 Keine wesentlichen Mehrkosten dank moderner Verfahren! 13

GS 4 Weiche Erdgeschosse vermeiden! 15

GS 5 Weiche Obergeschosse vermeiden! 19

GS 6 Unsymmetrische Aussteifungen vermeiden! 21

GS 7 Versetzungen von Aussteifungen vermeiden! 24

GS 8 Sprünge bei Steifigkeiten und Widerständen sind problematisch! 25

GS 9 Zwei schlanke Stahlbetontragwände pro Hauptrichtung! 26

GS 10 Mischsysteme mit Stützen und tragenden Mauerwerkswänden 28vermeiden!

GS 11 «Ausfachen» von Rahmen durch Mauerwerk vermeiden! 29

GS 12 Mauerwerksbauten durch Stahlbetontragwände aussteifen! 32

GS 13 Horizontal tragende Mauerwerkswände bewehren! 34

GS 14 Tragwerk und nichttragende Bauteile aufeinander abstimmen! 38

GS 15 Nichttragende Mauerwerkswände in Skelettbauten durch Fugenabtrennen! 40

GS 16 Kurze Stützen vermeiden! 42

5

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

GS 17 Brüstungen in Rahmen vermeiden! 44

GS 18 Fachwerke sorgfältig wählen und bemessen! 46

GS 19 Stahltragwerke duktil gestalten! 48

GS 20 Fugen zwischen benachbarten Gebäuden fachgerecht ausbilden! 50

GS 21 Kompakte Grundrisse anstreben! 52

GS 22 Durch die Deckenscheiben den Zusammenhalt sichern und die Kräfte verteilen! 53

GS 23 Duktiles Tragwerk dank Kapazitätsbemessung! 55

GS 24 Duktilen Bewehrungsstahl mit Rm/Re ≥ 1.15 und Agt ≥ 6 % verwenden! 56

GS 25 Querbewehrung in Tragwänden und Stützen mit 135°-Haken und Abständen s ≤ 5d ! 58

GS 26 Keine Aussparungen und Öffnungen in plastischen Bereichen! 60

GS 27 Bei vorfabrizierten Bauten die Verbindungen sichern! 62

GS 28 Fundation durch Kapazitätsbemessung schützen! 64

GS 29 Standortspezifisches Antwortspektrum entwickeln! 65

GS 30 Mögliche Bodenverflüssigung untersuchen! 66

GS 31 «Verweichen» kann besser sein als Verstärken! 68

GS 32 Fassadenbauteile auch für horizontale Kräfte verankern! 70

GS 33 Brüstungen und frei stehende Mauern verankern! 72

GS 34 Unterdecken und Beleuchtungskörper gut befestigen! 74

GS 35 Installationen und Einrichtungen sichern! 75

Bildnachweis 78

Literatur 79

Kontakte 80

Anhang: Gefährdungskarte 81

Page 7: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

Tragwerks und zu erheblichen Schäden mit lokalemVersagen und im Extremfall zum Kollaps d.h. zumEinsturz des Tragwerks.

Wesentlich für die Wirkungen eines Erdbebens auf ein Bauwerk sind die Zeitverläufe der drei Boden-bewegungsgrössen Bodenbeschleunigung (ag),Bodengeschwindigkeit (vg) und Bodenverschiebung(dg) mit ihrem spezifischen Frequenzgehalt. AmBeispiel der eindimensionalen horizontalen Bodenbe-wegungsgrössen eines künstlich generierten «WalliserErdbebens» lässt sich erkennen, dass die wesentlichenFrequenzen der Bodenbeschleunigung erheblich höher liegen als jene der Bodengeschwindigkeit undsehr viel höher als jene der Bodenverschiebung.

Die Erdbebengefährdung ist je nach Region unterschied-lich (siehe Karte im Anhang und [GM 98]). Aber nochwichtiger als die Region kann der konkrete Standorteines Gebäudes sein. Denn die Bodenbewegungsgrös-sen und andere Kennwerte an einem Standort infolgeeines Erdbebens bestimmter Stärke (Magnitude) könnensehr verschieden sein und stark streuen. Sie hängen vonzahlreichen Parametern ab wie Distanz, Richtung, Tiefeund Mechanismus der Bruchzone (Herd) in der Erdkru-ste sowie insbesondere von den lokalen Bodenverhält-nissen (Schichtstärken, Scherwellengeschwindigkeiten)am Standort. Vor allem bei weicheren Böden können imVergleich zu Felsstandorten erhebliche lokale Aufschau-kelungen erfolgen. Und die Antwort der Bauwerke aufdie Bodenbewegungen wird ihrerseits von wichtigenEigenschaften des Bauwerks (Eigenfrequenzen, Tragwerk-sart, Duktilitäten, usw.) beeinflusst.

Die Bauwerke müssen daher so gestaltet werden, dassbeträchtliche Streuungen und Unsicherheitenabgedeckt sind.

Bei einem Erdbeben werden bei ruckartigen Verschie-bungen in einer Bruchzone der Erdkruste (aktiveVerwerfung) seismische Wellen abgestrahlt. Die Wellenverschiedener Arten und mit unterschiedlichenWellenwegen und -Geschwindigkeiten erreichen denStandort eines Bauwerks und erzeugen dort vielfältigeBodenbewegungen.

Der Boden bewegt sich rasch horizontal in allen Rich-tungen hin und her und auch vertikal auf und ab;vertikal meist etwas weniger als horizontal. Wie langedauert die Bodenbewegung? Zum Beispiel ein mittel-starkes Erdbeben dauert etwa 10 bis 20 Sekunden,also nur eine verhältnismässig kurze Zeit. Wie grosssind die maximalen Ausschläge der Bodenbewegung?Zum Beispiel bei einem typischen «Walliser Beben» mitetwa Magnitude 6 – ähnlich wie das Schadenbebenvon Visp 1855 – liegen die horizontalen Amplituden inder Grössenordnung von etwa 8, 10 oder 12 cm. Oderbei einem Erdbeben mit etwa Magnitude 6.5 oderetwas stärker, ähnlich wie ein «Basler Beben» wie essich 1356 ereignete als Basel und seine Umgebungweitgehend zerstört wurden: Da liegen die maximalenBodenverschiebungen in der Grössenordnung vonetwa 15 oder 20 cm, vielleicht auch etwas mehr.

Und was geschieht mit den Bauwerken? Wenn sichder Boden rasch hin und her bewegt, dann werden dieFundamente der Bauwerke gezwungen, dieseBewegungen mitzumachen. Der obere Teil der Bauwerkeaber, der möchte – wegen seiner Massenträgheit –sozusagen am liebsten dort bleiben, wo er immergewesen ist. Das bewirkt starke Schwingungen mitresonanzähnlichen Phänomenen zwischen Bauwerkund Boden und somit grosse innere Beanspruchungen.Diese führen oft zu plastischen Verformungen des

7

Was geschieht bei einem Erdbeben?

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

6

Schäden – positiven oder negativen Beispielen –(Illustrationsbilder) mit zugehörigen Texten.

Die Grundsätze (GS) sind nach folgenden Themengruppiert:• Zusammenarbeit, Normen und Kosten

(GS 1 bis GS 3)• Aussteifungen und Verformungen

(GS 4 bis GS 20)• Gestaltung im Grundriss

(GS 21 und GS 22)• Konstruktive Durchbildung des Tragwerks

(GS 23 bis GS 27)• Fundation und Boden

(GS 28 bis GS 31)• Nichttragende Bauteile und Einrichtungen

(GS 32 bis GS 35)

Es versteht sich von selbst, dass allgemein und beieinem bestimmten Objekt nicht sämtliche Grundsätzevon gleicher Bedeutung sind. Je nach Gefährdung(Erdbebenzone und lokale Bodenverhältnisse) undMerkmalen des Objekts mögen aufgrund eineringenieurmässigen Beurteilung Kompromisse zulässigsein. Im Vordergrund muss stets das strikte Einhaltender für die Sicherheit von Personen relevantenGrundsätze stehen, insbesondere derjenigen betref-fend die Aussteifungen. Hingegen können beiGrundsätzen, die primär der Schadensverminderungdienen, Konzessionen eher in Frage kommen.

Die vorliegende Publikation richtet sich vor allem anBaufachleute wie Bauingenieure und Architekten, aberauch an Bauherren und Behörden. Sie eignet sichsowohl zum Selbststudium als auch als Grundlage fürentsprechende Vorträge an Tagungen und Weiter-bildungskursen sowie für den Unterricht an Schulen. Zu diesem Zweck können Bilder in elektronischer Formbeim Herausgeber der Publikation bezogen werden.Alle übrigen Rechte wie die der Reproduktion derBilder und Texte usw. sind vorbehalten.

Die vorliegende Publikation hat zum Ziel, dieErdbebensicherung von Hochbauten auf elementarerEbene jedoch in grosser Breite zu behandeln. Dazuwerden Grundsätze für den erdbebengerechtenEntwurf und die erdbebengerechte Gestaltung derHochbauten präsentiert. Die Grundsätze betreffen vorallem den

• konzeptionellen Entwurf und die• konstruktive Durchbildung

von

• Tragwerk und• nichttragenden Bauteilen.

Beim konzeptionellen Entwurf und bei der konstruktivenDurchbildung von Tragwerk (Wände, Stützen, Decken)und nichttragenden Bauteilen (Zwischenwände,Fassadenbauteile) werden entscheidende Weichengestellt für die Erdbebensicherheit (Versagensverhal-ten) und die Erdbebenverletzbarkeit (Schadensanfällig-keit) eines Hochbaus. Denn «erdbebenmässige» Fehlerund Mängel des Entwurfs können durch eine auchnoch so ausgeklügelte Berechnung und Bemessungdurch den Bauingenieur nicht kompensiert werden. Ein erdbebengerechter Entwurf ist zudem erforderlich,um ohne oder ohne wesentliche Mehrkosten ein gutesErdbebenverhalten der Hochbauten zu erreichen.

Die vorliegenden Grundsätze sind somit primär auf diePlanung von Neubauten ausgerichtet. Es versteht sichjedoch von selbst, dass sie auch bei einer Überprüfungund allfälligen Ertüchtigung bestehender Bautenherangezogen werden können. Zu einigenGrundsätzen werden deshalb auch Anwendungen bei bestehenden Bauten gezeigt.

Die Grundsätze sind bewusst sehr einfach gehalten.Aspekte der Berechnung und Bemessung werden mehrnur am Rande erwähnt. Vertieftere Betrachtungen sindin der fachwissenschaftlichen Literatur zu finden (z.B.[Ba 02]).

Idee und Konzept der Grundsätze entstanden imRahmen zahlreicher in den Jahren 1997 bis 2000 gehal-tener Vorträge, deren Inhalte laufend weiterentwickeltund ergänzt wurden. Pro Grundsatz wird zuerst einleicht erklärbares, schematisch gehaltenes Bild(Grundsatzbild) und ein zugehöriger allgemeiner Textpräsentiert. Zur weiteren Veranschaulichung desGrundsatzes folgen anschliessend meist Fotobilder von

Zur Zielsetzung

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

Rasche Bodenbewegungen:

Antwort der Bauwerke:

Wie lange?Wie viel?

– Starke Schwingungen– Grosse Beanspruchungen– Lokales Versagen– Kollaps = Einsturz

Was geschieht bei einem Erdbeben?

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

E/1Zeit (s)

Zeitverläufe der Bodenbewegungsgrössen«Walliser Erdbeben»

E/2

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

Page 8: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

Tragwerks und zu erheblichen Schäden mit lokalemVersagen und im Extremfall zum Kollaps d.h. zumEinsturz des Tragwerks.

Wesentlich für die Wirkungen eines Erdbebens auf ein Bauwerk sind die Zeitverläufe der drei Boden-bewegungsgrössen Bodenbeschleunigung (ag),Bodengeschwindigkeit (vg) und Bodenverschiebung(dg) mit ihrem spezifischen Frequenzgehalt. AmBeispiel der eindimensionalen horizontalen Bodenbe-wegungsgrössen eines künstlich generierten «WalliserErdbebens» lässt sich erkennen, dass die wesentlichenFrequenzen der Bodenbeschleunigung erheblich höher liegen als jene der Bodengeschwindigkeit undsehr viel höher als jene der Bodenverschiebung.

Die Erdbebengefährdung ist je nach Region unterschied-lich (siehe Karte im Anhang und [GM 98]). Aber nochwichtiger als die Region kann der konkrete Standorteines Gebäudes sein. Denn die Bodenbewegungsgrös-sen und andere Kennwerte an einem Standort infolgeeines Erdbebens bestimmter Stärke (Magnitude) könnensehr verschieden sein und stark streuen. Sie hängen vonzahlreichen Parametern ab wie Distanz, Richtung, Tiefeund Mechanismus der Bruchzone (Herd) in der Erdkru-ste sowie insbesondere von den lokalen Bodenverhält-nissen (Schichtstärken, Scherwellengeschwindigkeiten)am Standort. Vor allem bei weicheren Böden können imVergleich zu Felsstandorten erhebliche lokale Aufschau-kelungen erfolgen. Und die Antwort der Bauwerke aufdie Bodenbewegungen wird ihrerseits von wichtigenEigenschaften des Bauwerks (Eigenfrequenzen, Tragwerk-sart, Duktilitäten, usw.) beeinflusst.

Die Bauwerke müssen daher so gestaltet werden, dassbeträchtliche Streuungen und Unsicherheitenabgedeckt sind.

Bei einem Erdbeben werden bei ruckartigen Verschie-bungen in einer Bruchzone der Erdkruste (aktiveVerwerfung) seismische Wellen abgestrahlt. Die Wellenverschiedener Arten und mit unterschiedlichenWellenwegen und -Geschwindigkeiten erreichen denStandort eines Bauwerks und erzeugen dort vielfältigeBodenbewegungen.

Der Boden bewegt sich rasch horizontal in allen Rich-tungen hin und her und auch vertikal auf und ab;vertikal meist etwas weniger als horizontal. Wie langedauert die Bodenbewegung? Zum Beispiel ein mittel-starkes Erdbeben dauert etwa 10 bis 20 Sekunden,also nur eine verhältnismässig kurze Zeit. Wie grosssind die maximalen Ausschläge der Bodenbewegung?Zum Beispiel bei einem typischen «Walliser Beben» mitetwa Magnitude 6 – ähnlich wie das Schadenbebenvon Visp 1855 – liegen die horizontalen Amplituden inder Grössenordnung von etwa 8, 10 oder 12 cm. Oderbei einem Erdbeben mit etwa Magnitude 6.5 oderetwas stärker, ähnlich wie ein «Basler Beben» wie essich 1356 ereignete als Basel und seine Umgebungweitgehend zerstört wurden: Da liegen die maximalenBodenverschiebungen in der Grössenordnung vonetwa 15 oder 20 cm, vielleicht auch etwas mehr.

Und was geschieht mit den Bauwerken? Wenn sichder Boden rasch hin und her bewegt, dann werden dieFundamente der Bauwerke gezwungen, dieseBewegungen mitzumachen. Der obere Teil der Bauwerkeaber, der möchte – wegen seiner Massenträgheit –sozusagen am liebsten dort bleiben, wo er immergewesen ist. Das bewirkt starke Schwingungen mitresonanzähnlichen Phänomenen zwischen Bauwerkund Boden und somit grosse innere Beanspruchungen.Diese führen oft zu plastischen Verformungen des

7

Was geschieht bei einem Erdbeben?

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

6

Schäden – positiven oder negativen Beispielen –(Illustrationsbilder) mit zugehörigen Texten.

Die Grundsätze (GS) sind nach folgenden Themengruppiert:• Zusammenarbeit, Normen und Kosten

(GS 1 bis GS 3)• Aussteifungen und Verformungen

(GS 4 bis GS 20)• Gestaltung im Grundriss

(GS 21 und GS 22)• Konstruktive Durchbildung des Tragwerks

(GS 23 bis GS 27)• Fundation und Boden

(GS 28 bis GS 31)• Nichttragende Bauteile und Einrichtungen

(GS 32 bis GS 35)

Es versteht sich von selbst, dass allgemein und beieinem bestimmten Objekt nicht sämtliche Grundsätzevon gleicher Bedeutung sind. Je nach Gefährdung(Erdbebenzone und lokale Bodenverhältnisse) undMerkmalen des Objekts mögen aufgrund eineringenieurmässigen Beurteilung Kompromisse zulässigsein. Im Vordergrund muss stets das strikte Einhaltender für die Sicherheit von Personen relevantenGrundsätze stehen, insbesondere derjenigen betref-fend die Aussteifungen. Hingegen können beiGrundsätzen, die primär der Schadensverminderungdienen, Konzessionen eher in Frage kommen.

Die vorliegende Publikation richtet sich vor allem anBaufachleute wie Bauingenieure und Architekten, aberauch an Bauherren und Behörden. Sie eignet sichsowohl zum Selbststudium als auch als Grundlage fürentsprechende Vorträge an Tagungen und Weiter-bildungskursen sowie für den Unterricht an Schulen. Zu diesem Zweck können Bilder in elektronischer Formbeim Herausgeber der Publikation bezogen werden.Alle übrigen Rechte wie die der Reproduktion derBilder und Texte usw. sind vorbehalten.

Die vorliegende Publikation hat zum Ziel, dieErdbebensicherung von Hochbauten auf elementarerEbene jedoch in grosser Breite zu behandeln. Dazuwerden Grundsätze für den erdbebengerechtenEntwurf und die erdbebengerechte Gestaltung derHochbauten präsentiert. Die Grundsätze betreffen vorallem den

• konzeptionellen Entwurf und die• konstruktive Durchbildung

von

• Tragwerk und• nichttragenden Bauteilen.

Beim konzeptionellen Entwurf und bei der konstruktivenDurchbildung von Tragwerk (Wände, Stützen, Decken)und nichttragenden Bauteilen (Zwischenwände,Fassadenbauteile) werden entscheidende Weichengestellt für die Erdbebensicherheit (Versagensverhal-ten) und die Erdbebenverletzbarkeit (Schadensanfällig-keit) eines Hochbaus. Denn «erdbebenmässige» Fehlerund Mängel des Entwurfs können durch eine auchnoch so ausgeklügelte Berechnung und Bemessungdurch den Bauingenieur nicht kompensiert werden. Ein erdbebengerechter Entwurf ist zudem erforderlich,um ohne oder ohne wesentliche Mehrkosten ein gutesErdbebenverhalten der Hochbauten zu erreichen.

Die vorliegenden Grundsätze sind somit primär auf diePlanung von Neubauten ausgerichtet. Es versteht sichjedoch von selbst, dass sie auch bei einer Überprüfungund allfälligen Ertüchtigung bestehender Bautenherangezogen werden können. Zu einigenGrundsätzen werden deshalb auch Anwendungen bei bestehenden Bauten gezeigt.

Die Grundsätze sind bewusst sehr einfach gehalten.Aspekte der Berechnung und Bemessung werden mehrnur am Rande erwähnt. Vertieftere Betrachtungen sindin der fachwissenschaftlichen Literatur zu finden (z.B.[Ba 02]).

Idee und Konzept der Grundsätze entstanden imRahmen zahlreicher in den Jahren 1997 bis 2000 gehal-tener Vorträge, deren Inhalte laufend weiterentwickeltund ergänzt wurden. Pro Grundsatz wird zuerst einleicht erklärbares, schematisch gehaltenes Bild(Grundsatzbild) und ein zugehöriger allgemeiner Textpräsentiert. Zur weiteren Veranschaulichung desGrundsatzes folgen anschliessend meist Fotobilder von

Zur Zielsetzung

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

Rasche Bodenbewegungen:

Antwort der Bauwerke:

Wie lange?Wie viel?

– Starke Schwingungen– Grosse Beanspruchungen– Lokales Versagen– Kollaps = Einsturz

Was geschieht bei einem Erdbeben?

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

E/1Zeit (s)

Zeitverläufe der Bodenbewegungsgrössen«Walliser Erdbeben»

E/2

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

Page 9: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

9

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

8

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

��

TrockenheitHitze Erdbeben

Boden-bewegung

Waldbrand

Kältewelle

Lawinen

Sturm

GewitterLawinen

Hochwasser

Brand, Sturm,Schädlinge usw.

im Wald

übrige Naturgefahreninkl. Erdbeben

Risiken aus denverschiedenen Naturgefahren

Aufwendungen der öffentlichenHand für Schutzmassnahmen

Hochwasser

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

E/3

Die bedeutendste Naturgefahr

In der Schweiz – wie anderswo auch – wurde langeZeit das Erdbebenrisiko kaum beachtet und erheblichunterschätzt. Heute ist man sich vermehrt bewusst,dass auch in diesem Land Erdbebenkatastrophenenormen Ausmasses möglich sind.

Starke Erdbeben, vergleichbar mit den grossenSchadenbeben von Izmit Türkei 1999, Kobe Japan1995 und Northridge Kalifornien 1994, veranschau-lichen für schweizerische Verhältnisse etwa ein«Maximalbeben». Sie weisen zwar eine relativ geringejährliche Wahrscheinlichkeit auf, sind aber nichtunmöglich. Das Erdbeben von Basel 1356 gehört indiese Stärkeklasse.

Die Frage nach dem Ausmass von möglichenErdbebenkatastrophen in der Schweiz wurde in denletzten Jahren aus der Sicht der Versicherer und derKatastrophenvorsorge intensiv untersucht [D0150].Die Versicherer schätzten in «Was-wäre-wenn-Studien»die Folgen ab, wenn ausgewählte historische Erdbebenin der Schweiz heute wieder auftreten würden, wasjederzeit möglich und zu erwarten ist. So werden für das Visper Beben von 1855 heuteGebäudeschäden in der Grössenordnung von bis zurund 10 Milliarden Schweizer Franken erwartet. DasBasler Beben von 1356 entspricht einer mittlerenstatistischen Wiederkehrperiode von etwa 500 bis 1000Jahren und dürfte heute Gebäudeschäden in derGrössenordnung von bis zu 50 Milliarden SchweizerFranken verursachen. Dabei wurden die Verluste an

Menschenleben nicht explizit abgeschätzt. Es müssteaber mit bis zu einigen Hundert oder gar Tausend Totenund bis zu zehn mal mehr Verletzten gerechnetwerden. Um die Schäden am Inhalt der Gebäude anInfrastrukturbauten für Verkehr, Kommunikation,Versorgung und Entsorgung, Kosten von Produktions-ausfällen, Folgekosten von Toten und Verletzten undUmweltschäden zu berücksichtigen, müssen dieGebäudeschäden erfahrungsgemäss mit einem Faktorvon 2 bis 3 multipliziert werden. Damit ergäben sich fürdas Basler Beben Gesamtschäden, die ein Mehrfachesder jährlichen Staatsrechnung der SchweizerischenEidgenossenschaft (2001 ca. 50 Milliarden SchweizerFranken) betragen.

Ähnlich schwerwiegende Folgerungen resultieren auseiner Studie des Bundesamtes für Zivilschutz, das sichmit der Katastrophenvorsorge befasst (Katanos-Studie1995). Das Kuchendiagramm links im Bild zeigt dieAnteile der einzelnen Naturgefahren am gesamtengewichteten Risiko aus Naturgefahren in der Schweiz(ohne das Risiko aus der sogenannten Ausmassklasse5, gemäss [D0150]). Es gibt die Risiken aus Hochwas-ser, Gewitter, Sturm, Lawinen usw., und das Risiko ausErdbeben. Man erkennt, dass das Erdbebenrisiko vonähnlicher Grössenordnung oder sogar nochbedeutender ist als die Risiken aus den anderenNaturgefahren.

Das Erdbebenrisiko wird laufendvergrössert

Das Erdbebenrisiko ist das Produkt aus der Gefährdung(Bebenstärke/Auftretenswahrscheinlichkeit und lokaleBodenverhältnisse) und dem exponierten Wert und derVerletzbarkeit der Bausubstanz. Zu den vorhandenenBauwerken kommen ständig neue Bauwerke hinzu,und bei manchen von ihnen ist die Verletzbarkeitdurch Erdbeben beträchtlich und damit wesentlich zugross. Ein Grund hierfür ist vor allem die Tatsache, dassbei neuen Bauwerken wichtige Grundsätze deserdbebengerechten Entwurfs und oft auch die Erdbe-benbestimmungen der Normen nicht eingehaltenwerden, sei es aus Unkenntnis, aus Bequemlichkeitoder aus bewusster Ignoranz. Dadurch wird das Erdbe-benrisiko auf unnötige Weise laufend vergrössert.

Fehlende Massnahmen

Wie steht es mit den Massnahmen gegen Naturgefah-ren? Die öffentliche Hand wendet pro Jahr rund 600Millionen Schweizer Franken auf für Schutzmassnahmengegen Naturgefahren. Das Kuchendiagramm rechts imBild zeigt die Verteilung auf die verschiedenen Natur-gefahren. Für Schutzmassnahmen gegen Erdbebenwerden vergleichsweise nur verschwindend kleine Mitteleingesetzt. Im Vergleich zum Erdbebenrisiko zeigt sichein krasses Missverhältnis. Die Defizite bei der Erdbe-benvorsorge hängen wohl mit dem allgemeinenBewusstsein zusammen. Es gibt alle paar Jahre einHochwasser mit Überschwemmungen, oder einenLawinenwinter, oder einen grossen Sturm. Deshalb istman sich dieser Naturgefahren sehr bewusst, unddarum werden auch schon lange Schutzmassnahmenergriffen. Aber nicht jede Generation erlebt ein starkesErdbeben, und darum sind mögliche Schadenbeben inder Schweiz noch kaum im allgemeinen Bewusstsein.Wenn jedoch ein solches auftritt, ist die Wirkungenorm, und die Personen- und die Sachschädenkönnen um Grössenordnungen gewaltiger sein als beiÜberschwemmungen, Lawinen, usw.

Dringlicher Handlungsbedarf

Die vorstehenden Ausführungen zeigen klar: In derSchweiz gibt es bei der Erdbebenvorsorge durchbauliche Massnahmen grosse Defizite. Es besteht einenormer Nachholbedarf und ein entsprechenddringlicher Handlungsbedarf [D0150]. Neue Bauwerkemüssen auf angemessene Weise erdbebensichergestaltet werden, damit zu den vielen bestehenden beiErdbeben gefährlichen Bauwerken nicht laufend noch weitere gefährliche Bauwerke hinzukommen. Die vorliegende Publikation soll dazu beitragen, dasentsprechende Basiswissen zu verbreiten.

Page 10: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

9

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

8

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

��

TrockenheitHitze Erdbeben

Boden-bewegung

Waldbrand

Kältewelle

Lawinen

Sturm

GewitterLawinen

Hochwasser

Brand, Sturm,Schädlinge usw.

im Wald

übrige Naturgefahreninkl. Erdbeben

Risiken aus denverschiedenen Naturgefahren

Aufwendungen der öffentlichenHand für Schutzmassnahmen

Hochwasser

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

E/3

Die bedeutendste Naturgefahr

In der Schweiz – wie anderswo auch – wurde langeZeit das Erdbebenrisiko kaum beachtet und erheblichunterschätzt. Heute ist man sich vermehrt bewusst,dass auch in diesem Land Erdbebenkatastrophenenormen Ausmasses möglich sind.

Starke Erdbeben, vergleichbar mit den grossenSchadenbeben von Izmit Türkei 1999, Kobe Japan1995 und Northridge Kalifornien 1994, veranschau-lichen für schweizerische Verhältnisse etwa ein«Maximalbeben». Sie weisen zwar eine relativ geringejährliche Wahrscheinlichkeit auf, sind aber nichtunmöglich. Das Erdbeben von Basel 1356 gehört indiese Stärkeklasse.

Die Frage nach dem Ausmass von möglichenErdbebenkatastrophen in der Schweiz wurde in denletzten Jahren aus der Sicht der Versicherer und derKatastrophenvorsorge intensiv untersucht [D0150].Die Versicherer schätzten in «Was-wäre-wenn-Studien»die Folgen ab, wenn ausgewählte historische Erdbebenin der Schweiz heute wieder auftreten würden, wasjederzeit möglich und zu erwarten ist. So werden für das Visper Beben von 1855 heuteGebäudeschäden in der Grössenordnung von bis zurund 10 Milliarden Schweizer Franken erwartet. DasBasler Beben von 1356 entspricht einer mittlerenstatistischen Wiederkehrperiode von etwa 500 bis 1000Jahren und dürfte heute Gebäudeschäden in derGrössenordnung von bis zu 50 Milliarden SchweizerFranken verursachen. Dabei wurden die Verluste an

Menschenleben nicht explizit abgeschätzt. Es müssteaber mit bis zu einigen Hundert oder gar Tausend Totenund bis zu zehn mal mehr Verletzten gerechnetwerden. Um die Schäden am Inhalt der Gebäude anInfrastrukturbauten für Verkehr, Kommunikation,Versorgung und Entsorgung, Kosten von Produktions-ausfällen, Folgekosten von Toten und Verletzten undUmweltschäden zu berücksichtigen, müssen dieGebäudeschäden erfahrungsgemäss mit einem Faktorvon 2 bis 3 multipliziert werden. Damit ergäben sich fürdas Basler Beben Gesamtschäden, die ein Mehrfachesder jährlichen Staatsrechnung der SchweizerischenEidgenossenschaft (2001 ca. 50 Milliarden SchweizerFranken) betragen.

Ähnlich schwerwiegende Folgerungen resultieren auseiner Studie des Bundesamtes für Zivilschutz, das sichmit der Katastrophenvorsorge befasst (Katanos-Studie1995). Das Kuchendiagramm links im Bild zeigt dieAnteile der einzelnen Naturgefahren am gesamtengewichteten Risiko aus Naturgefahren in der Schweiz(ohne das Risiko aus der sogenannten Ausmassklasse5, gemäss [D0150]). Es gibt die Risiken aus Hochwas-ser, Gewitter, Sturm, Lawinen usw., und das Risiko ausErdbeben. Man erkennt, dass das Erdbebenrisiko vonähnlicher Grössenordnung oder sogar nochbedeutender ist als die Risiken aus den anderenNaturgefahren.

Das Erdbebenrisiko wird laufendvergrössert

Das Erdbebenrisiko ist das Produkt aus der Gefährdung(Bebenstärke/Auftretenswahrscheinlichkeit und lokaleBodenverhältnisse) und dem exponierten Wert und derVerletzbarkeit der Bausubstanz. Zu den vorhandenenBauwerken kommen ständig neue Bauwerke hinzu,und bei manchen von ihnen ist die Verletzbarkeitdurch Erdbeben beträchtlich und damit wesentlich zugross. Ein Grund hierfür ist vor allem die Tatsache, dassbei neuen Bauwerken wichtige Grundsätze deserdbebengerechten Entwurfs und oft auch die Erdbe-benbestimmungen der Normen nicht eingehaltenwerden, sei es aus Unkenntnis, aus Bequemlichkeitoder aus bewusster Ignoranz. Dadurch wird das Erdbe-benrisiko auf unnötige Weise laufend vergrössert.

Fehlende Massnahmen

Wie steht es mit den Massnahmen gegen Naturgefah-ren? Die öffentliche Hand wendet pro Jahr rund 600Millionen Schweizer Franken auf für Schutzmassnahmengegen Naturgefahren. Das Kuchendiagramm rechts imBild zeigt die Verteilung auf die verschiedenen Natur-gefahren. Für Schutzmassnahmen gegen Erdbebenwerden vergleichsweise nur verschwindend kleine Mitteleingesetzt. Im Vergleich zum Erdbebenrisiko zeigt sichein krasses Missverhältnis. Die Defizite bei der Erdbe-benvorsorge hängen wohl mit dem allgemeinenBewusstsein zusammen. Es gibt alle paar Jahre einHochwasser mit Überschwemmungen, oder einenLawinenwinter, oder einen grossen Sturm. Deshalb istman sich dieser Naturgefahren sehr bewusst, unddarum werden auch schon lange Schutzmassnahmenergriffen. Aber nicht jede Generation erlebt ein starkesErdbeben, und darum sind mögliche Schadenbeben inder Schweiz noch kaum im allgemeinen Bewusstsein.Wenn jedoch ein solches auftritt, ist die Wirkungenorm, und die Personen- und die Sachschädenkönnen um Grössenordnungen gewaltiger sein als beiÜberschwemmungen, Lawinen, usw.

Dringlicher Handlungsbedarf

Die vorstehenden Ausführungen zeigen klar: In derSchweiz gibt es bei der Erdbebenvorsorge durchbauliche Massnahmen grosse Defizite. Es besteht einenormer Nachholbedarf und ein entsprechenddringlicher Handlungsbedarf [D0150]. Neue Bauwerkemüssen auf angemessene Weise erdbebensichergestaltet werden, damit zu den vielen bestehenden beiErdbeben gefährlichen Bauwerken nicht laufend noch weitere gefährliche Bauwerke hinzukommen. Die vorliegende Publikation soll dazu beitragen, dasentsprechende Basiswissen zu verbreiten.

Page 11: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

gezeigt, dass das Einhalten der Normenbestimmungendie Verletzbarkeit der Bauwerke durch Erdbeben ohneoder ohne wesentliche Mehrkosten entscheidendreduziert und insbesondere eine erheblich verbesserteEinsturzsicherheit bewirkt.

Durch die Ignoranz der Erdbebenbestimmungen derBaunormen oder auch bei deren teilweiser Nichteinhal-tung kann ein (auch rechtlich) minderwertigesBauwerk resultieren [Sc 00]. Der Minderwert kann u.a.in den Kosten für eine Nachrüstung bestehen, abzüg-lich der Ohnehin-Kosten, die bei einem erdbebenge-rechten Neu- oder Umbau entstanden wären. Für dieKosten der Nachrüstung können die verantwortlichenPlaner haften, nebst der Haftpflicht der Planer und derEigentümer für getötete und verletzte Mitmenschensowie für Sachschäden im Erdbebenfall. Eine Nachrü-stung verursacht im Allgemeinen ein Vielfaches derKosten einer fachgerechten Erdbebensicherung desNeubaus und kann zudem mit grossen Umtrieben bishin zur temporären Räumung und Unbenutzbarkeitdes betreffenden Bauwerks verbunden sein. Zur Festle-gung der Haftungsanteile von Architekt und Ingenieurkönnen zudem langwierige und aufwendige Gerichts-verfahren erforderlich sein. Es liegt daher im erklärtenInteresse von Bauherr, Architekt, Ingenieur undBehörden, dass bei sämtlichen Neubauten die Erdbe-benbestimmungen der Normen strikte eingehalten und die entsprechenden Nachweise und die Protokolle von Kontrollen bei den Bauakten aufbewahrt werden.

In der Schweiz wurden 1970 in der Norm SIA 160erstmals Erdbebenbestimmungen erlassen, die jedochaus heutiger Sicht völlig ungenügend waren.Angemessenere Bestimmungen für Grundlagen undMassnahmen zur Erdbebensicherung der Bauwerkeerschienen dann 1989 im Artikel 4.19 der Neufassungdieser Norm [SIA 160]. Die Bestimmungen verlangenkonzeptionelle und konstruktive Massnahmen sowieeinfache rechnerische Nachweise (vor allem Ersatzkraft-verfahren) für sämtliche Neubauten in der Schweiz,abgestuft nach der Gefährdung (Erdbebenzone undBaugrund) und der Bedeutung des Bauwerks (Bau-werksklasse). Diese und andere Tragwerksnormenwerden demnächst abgelöst durch die Swisscodes, dieeine Weiterentwicklung der bisherigen SIA-Normendarstellen und die Prinzipien der europäischen Normen(Eurocodes) realisieren. In den Swisscodes sind dieErdbebenbestimmungen – mit Ausnahme der Beschrei-bung der Einwirkungen – in die Vorschriften für dieeinzelnen Bauweisen integriert, d.h. sie sind dort auf-geführt, wo man sie unmittelbar benötigt. Die neuenBestimmungen werden eine weitere Verschärfung derAnforderungen an die Erdbebensicherung derBauwerke bringen, insbesondere für nicht duktileTragwerke.

Leider wurden und werden auch heute noch dieErdbebenbestimmungen der Baunormen oft nichteingehalten, sei es aus Unkenntnis, Gleichgültigkeit,Bequemlichkeit oder aufgrund schlichter Ignoranz.Zudem fehlen entsprechende behördliche und baupoli-zeiliche Auflagen und Kontrollen. Immer noch werdenBauwerke gebaut, die eine grosse Verletzbarkeit undsomit schon bei einem relativ schwachen Erdbeben einbeträchtliches Risiko aufweisen. Untersuchungen vonbestehenden Bauwerken (z.B. [La 02]) haben jedoch

11

GS 2 Die Erdbebenbestimmungen der Normen einhalten!

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

10

beim Ingenieur den Entwurf und die Gestaltung einessicheren, effizienten und kostengünstigen Tragwerks. DieZusammenarbeit von Architekt und Ingenieur mussdeshalb bei den ersten Skizzen des Entwurfs beginnen!

Falsch und auch ineffizient ist insbesondere ein«Nacheinander-Entwurf». Das heisst, es ist ausgespro-chen unzweckmässig, wenn zuerst der Architekt einKonzept für das Tragwerk entwirft und Art und Materialfür die nichttragenden Zwischenwände und Fassaden-bauteile wählt, und erst dann der Ingenieur beigezogenwird, um eine Berechnung und Bemessung des Trag-werks durchzuführen. Falsch ist aber auch, wenn zuerstein Tragwerk für die Schwerelasten entworfen und dienichttragenden Zwischenwände und Fassadenbauteilegewählt werden, und erst nachher im Hinblick auf dieErdbebeneinwirkung das Tragwerk sozusagen nochergänzt wird. Denn auch dies führt oft nur zu einemteuren und trotzdem nicht befriedigenden Flickwerk.

Viel besser und insgesamt oft wesentlich kostengünstigerist ein «Miteinander-Entwurf»: Architekt und Ingenieurentwerfen gemeinsam und unter Einbezug der relevantenAspekte des ästhetischen und funktionalen Entwurfs einsicheres, effizientes und kostengünstiges «Mehrzwecktrag-werk» für die Schwerelasten und die Erdbebeneinwirkung,und sie wählen gemeinsam die zu diesem Tragwerk verfor-mungsmässig passenden nichttragenden Zwischenwändeund Fassadenbauteile. Mit diesem Vorgehen kann dasbestmögliche Ergebnis erzielt werden. Und deshalb mussauch der Bauherr ein grosses Interesse daran haben, dass eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit vonArchitekt und Ingenieur stattfindet, und zwar nicht erst fürdas «Rechnen» und bei der Detailplanung sondern bereitsdann, wenn die entscheidenden Weichen bezüglich Erdbe-bensicherheit und Schadensanfälligkeit gestellt werden,d.h. im frühesten Entwurfsstadium.

Bei manchen Bauherren und Architekten besteht immernoch die irrige Meinung, dass es bei der Planung einesHochbaus genüge, den Bauingenieur erst gegen Endedes Entwurfsprozesses beizuziehen mit dem Auftrag,das Tragwerk «zu rechnen». Ein solches Vorgehenmuss als falsch bezeichnet werden; es kann gravieren-de Folgen haben und zudem wesentliche Mehrkostenbewirken. Denn «erdbebenmässige» Fehler undMängel beim konzeptionellen Entwurf des Tragwerksund bei der Wahl der nichttragenden Bauteile – vorallem der Zwischenwände und Fassadenbauteile –können durch eine auch noch so ausgeklügelteBerechnung und Bemessung nicht kompensiert werden.

Für das Ergebnis des Entwurfsprozesses, für die Sicherheitund die Schadensanfälligkeit und auch für die relevantenKosten eines Hochbaus ist es von grosser Bedeutung, dassvom frühesten Entwurfsstadium an eine enge Zusammen-arbeit zwischen Architekt und Ingenieur erfolgt. Dabeivereinigen beide Partner unterschiedliche jedoch unab-dingbare Fachkompetenzen. Beim Architekten betrifft diesvor allem den ästhetischen und funktionalen Entwurf,

GS 1 Enge Zusammenarbeit von Architekt undBauingenieur beim Entwurf!

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

��

«Erdbebenmässige» Fehler und Mängel beim konzeptionellenEntwurf des Tragwerks und der nichttragenden Bauteilekönnen durch eine auch noch so ausgeklügelte Berechnung undBemessung nicht kompensiert werden!

Enge Zusammenarbeit von Architekt und Ingenieur bereits im frühesten Entwurfsstadium

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

1/1

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

Falsch:

1. Architekt: Konzept für Tragwerk

und nichttragende Bauteile

2. Ingenieur: Berechnung...

1. Tragwerk für Schwerelasten

2. Nichttragende Bauteile

3. Tragwerk für Erdbeben

Viel besser und kostengünstiger:

• Architekt und Ingenieur

entwerfen gemeinsam• «Mehrzweck» – Tragwerk und

nichttragende Bauteile

«Nacheinander – Entwurf»

«Miteinander – Entwurf»

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

1/2

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

Die Erdbebenbestimmungen der Normen einhalten!

SIA 260 GrundlagenSIA 261 EinwirkungenSIA 262 BetonbauSIA 263 Stahlbau

SIA 264 VerbundbauSIA 265 HolzbauSIA 266 MauerwerkSIA 267 Geotechnik

Bisher: SIA 160 (1989)

SwisscodesNeu:

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

2

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

Enge Zusammenarbeit von Architekt und Bauingenieur beim Entwurf!

Architekt

Bauherr

Bauingenieur

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

1

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

Page 12: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

gezeigt, dass das Einhalten der Normenbestimmungendie Verletzbarkeit der Bauwerke durch Erdbeben ohneoder ohne wesentliche Mehrkosten entscheidendreduziert und insbesondere eine erheblich verbesserteEinsturzsicherheit bewirkt.

Durch die Ignoranz der Erdbebenbestimmungen derBaunormen oder auch bei deren teilweiser Nichteinhal-tung kann ein (auch rechtlich) minderwertigesBauwerk resultieren [Sc 00]. Der Minderwert kann u.a.in den Kosten für eine Nachrüstung bestehen, abzüg-lich der Ohnehin-Kosten, die bei einem erdbebenge-rechten Neu- oder Umbau entstanden wären. Für dieKosten der Nachrüstung können die verantwortlichenPlaner haften, nebst der Haftpflicht der Planer und derEigentümer für getötete und verletzte Mitmenschensowie für Sachschäden im Erdbebenfall. Eine Nachrü-stung verursacht im Allgemeinen ein Vielfaches derKosten einer fachgerechten Erdbebensicherung desNeubaus und kann zudem mit grossen Umtrieben bishin zur temporären Räumung und Unbenutzbarkeitdes betreffenden Bauwerks verbunden sein. Zur Festle-gung der Haftungsanteile von Architekt und Ingenieurkönnen zudem langwierige und aufwendige Gerichts-verfahren erforderlich sein. Es liegt daher im erklärtenInteresse von Bauherr, Architekt, Ingenieur undBehörden, dass bei sämtlichen Neubauten die Erdbe-benbestimmungen der Normen strikte eingehalten und die entsprechenden Nachweise und die Protokolle von Kontrollen bei den Bauakten aufbewahrt werden.

In der Schweiz wurden 1970 in der Norm SIA 160erstmals Erdbebenbestimmungen erlassen, die jedochaus heutiger Sicht völlig ungenügend waren.Angemessenere Bestimmungen für Grundlagen undMassnahmen zur Erdbebensicherung der Bauwerkeerschienen dann 1989 im Artikel 4.19 der Neufassungdieser Norm [SIA 160]. Die Bestimmungen verlangenkonzeptionelle und konstruktive Massnahmen sowieeinfache rechnerische Nachweise (vor allem Ersatzkraft-verfahren) für sämtliche Neubauten in der Schweiz,abgestuft nach der Gefährdung (Erdbebenzone undBaugrund) und der Bedeutung des Bauwerks (Bau-werksklasse). Diese und andere Tragwerksnormenwerden demnächst abgelöst durch die Swisscodes, dieeine Weiterentwicklung der bisherigen SIA-Normendarstellen und die Prinzipien der europäischen Normen(Eurocodes) realisieren. In den Swisscodes sind dieErdbebenbestimmungen – mit Ausnahme der Beschrei-bung der Einwirkungen – in die Vorschriften für dieeinzelnen Bauweisen integriert, d.h. sie sind dort auf-geführt, wo man sie unmittelbar benötigt. Die neuenBestimmungen werden eine weitere Verschärfung derAnforderungen an die Erdbebensicherung derBauwerke bringen, insbesondere für nicht duktileTragwerke.

Leider wurden und werden auch heute noch dieErdbebenbestimmungen der Baunormen oft nichteingehalten, sei es aus Unkenntnis, Gleichgültigkeit,Bequemlichkeit oder aufgrund schlichter Ignoranz.Zudem fehlen entsprechende behördliche und baupoli-zeiliche Auflagen und Kontrollen. Immer noch werdenBauwerke gebaut, die eine grosse Verletzbarkeit undsomit schon bei einem relativ schwachen Erdbeben einbeträchtliches Risiko aufweisen. Untersuchungen vonbestehenden Bauwerken (z.B. [La 02]) haben jedoch

11

GS 2 Die Erdbebenbestimmungen der Normen einhalten!

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

10

beim Ingenieur den Entwurf und die Gestaltung einessicheren, effizienten und kostengünstigen Tragwerks. DieZusammenarbeit von Architekt und Ingenieur mussdeshalb bei den ersten Skizzen des Entwurfs beginnen!

Falsch und auch ineffizient ist insbesondere ein«Nacheinander-Entwurf». Das heisst, es ist ausgespro-chen unzweckmässig, wenn zuerst der Architekt einKonzept für das Tragwerk entwirft und Art und Materialfür die nichttragenden Zwischenwände und Fassaden-bauteile wählt, und erst dann der Ingenieur beigezogenwird, um eine Berechnung und Bemessung des Trag-werks durchzuführen. Falsch ist aber auch, wenn zuerstein Tragwerk für die Schwerelasten entworfen und dienichttragenden Zwischenwände und Fassadenbauteilegewählt werden, und erst nachher im Hinblick auf dieErdbebeneinwirkung das Tragwerk sozusagen nochergänzt wird. Denn auch dies führt oft nur zu einemteuren und trotzdem nicht befriedigenden Flickwerk.

Viel besser und insgesamt oft wesentlich kostengünstigerist ein «Miteinander-Entwurf»: Architekt und Ingenieurentwerfen gemeinsam und unter Einbezug der relevantenAspekte des ästhetischen und funktionalen Entwurfs einsicheres, effizientes und kostengünstiges «Mehrzwecktrag-werk» für die Schwerelasten und die Erdbebeneinwirkung,und sie wählen gemeinsam die zu diesem Tragwerk verfor-mungsmässig passenden nichttragenden Zwischenwändeund Fassadenbauteile. Mit diesem Vorgehen kann dasbestmögliche Ergebnis erzielt werden. Und deshalb mussauch der Bauherr ein grosses Interesse daran haben, dass eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit vonArchitekt und Ingenieur stattfindet, und zwar nicht erst fürdas «Rechnen» und bei der Detailplanung sondern bereitsdann, wenn die entscheidenden Weichen bezüglich Erdbe-bensicherheit und Schadensanfälligkeit gestellt werden,d.h. im frühesten Entwurfsstadium.

Bei manchen Bauherren und Architekten besteht immernoch die irrige Meinung, dass es bei der Planung einesHochbaus genüge, den Bauingenieur erst gegen Endedes Entwurfsprozesses beizuziehen mit dem Auftrag,das Tragwerk «zu rechnen». Ein solches Vorgehenmuss als falsch bezeichnet werden; es kann gravieren-de Folgen haben und zudem wesentliche Mehrkostenbewirken. Denn «erdbebenmässige» Fehler undMängel beim konzeptionellen Entwurf des Tragwerksund bei der Wahl der nichttragenden Bauteile – vorallem der Zwischenwände und Fassadenbauteile –können durch eine auch noch so ausgeklügelteBerechnung und Bemessung nicht kompensiert werden.

Für das Ergebnis des Entwurfsprozesses, für die Sicherheitund die Schadensanfälligkeit und auch für die relevantenKosten eines Hochbaus ist es von grosser Bedeutung, dassvom frühesten Entwurfsstadium an eine enge Zusammen-arbeit zwischen Architekt und Ingenieur erfolgt. Dabeivereinigen beide Partner unterschiedliche jedoch unab-dingbare Fachkompetenzen. Beim Architekten betrifft diesvor allem den ästhetischen und funktionalen Entwurf,

GS 1 Enge Zusammenarbeit von Architekt undBauingenieur beim Entwurf!

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

��

«Erdbebenmässige» Fehler und Mängel beim konzeptionellenEntwurf des Tragwerks und der nichttragenden Bauteilekönnen durch eine auch noch so ausgeklügelte Berechnung undBemessung nicht kompensiert werden!

Enge Zusammenarbeit von Architekt und Ingenieur bereits im frühesten Entwurfsstadium

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

1/1

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

Falsch:

1. Architekt: Konzept für Tragwerk

und nichttragende Bauteile

2. Ingenieur: Berechnung...

1. Tragwerk für Schwerelasten

2. Nichttragende Bauteile

3. Tragwerk für Erdbeben

Viel besser und kostengünstiger:

• Architekt und Ingenieur

entwerfen gemeinsam• «Mehrzweck» – Tragwerk und

nichttragende Bauteile

«Nacheinander – Entwurf»

«Miteinander – Entwurf»

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

1/2

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

Die Erdbebenbestimmungen der Normen einhalten!

SIA 260 GrundlagenSIA 261 EinwirkungenSIA 262 BetonbauSIA 263 Stahlbau

SIA 264 VerbundbauSIA 265 HolzbauSIA 266 MauerwerkSIA 267 Geotechnik

Bisher: SIA 160 (1989)

SwisscodesNeu:

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

2

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

Enge Zusammenarbeit von Architekt und Bauingenieur beim Entwurf!

Architekt

Bauherr

Bauingenieur

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

1

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

Page 13: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

erheblich verbessert und somit auch die Schadenan-fälligkeit verringert werden. Von besonderer Bedeu-tung sind die duktile Bauweise und die entsprechen-de Methode der Kapazitätsbemessung. Damitkönnen Elemente wie Stahlbetonwände, die zurWindsicherung oder aus funktionalen Gründenohnehin vorgesehen sind, ohne wesentlicheMehrkosten für die Erdbebensicherung «hergerich-tet» werden (z.B. modifizierte Bewehrung);zusätzliche Elemente sind dann nicht oder nur ingeringerem Umfang als bei älteren Verfahrenerforderlich.

Hinweise zur Anwendung moderner Verfahren undderen Vorteile können der Publikation [D0171]entnommen werden. Darin wird die Erdbebensiche-rung eines 7-geschossigen Geschäfts- und Wohnhau-ses dargestellt, und es können die resultierendenBauwerke bei Anwendung der verformungsorientier-ten Kapazitätsbemessung und der konventionellenBemessung (älteres Verfahren) miteinander verglichenwerden. Die Vorteile des modernen Verfahrens beidiesem Beispiel lassen sich wie folgt zusammenfassen(siehe auch Seite 12):

– Drastische Verringerung der für den erforderlichenTragwiderstand massgebenden Erdbebenkräfte

– Höhere Sicherheit gegen Einsturz– Gute Beherrschung der Verformungen– Weitgehende Verhinderung von Schäden bis zu

einer wählbaren Erdbebenstärke (Schadengrenzebe-ben)

– Grössere Flexibilität bei Nutzungsänderungen– Praktisch gleiche Kosten

Für den Bauherrn sind vor allem die drei letztge-nannten Vorteile bedeutend. Die grössere Flexibilitätbei Nutzungsänderungen resultiert vor allem daraus,dass die allermeisten Wände problemlos verändertoder ganz entfernt werden können.

Seite 143/1 Ergebnisse der Erdbebenbemessung eines 7-geschossigenWohn- und Geschäftshauses nach verschiedenen Verfahren [D0171].

Immer noch ist unter Baufachleuten die Meinungverbreitet, die Erdbebensicherung neuer Bauwerke inder Schweiz verursache wesentliche Mehrkosten; ineiner Umfrage wurden zwischen 3 % und 17 % derNeubaukosten genannt. Diese Meinung trifft nicht zu.Bei der vorhandenen mässigen Seismizität kann dieErdbebensicherung neuer Gebäude oft ohne oderohne wesentliche Mehrkosten (im Promillebereich)erreicht werden.

Der Aufwand für die Erdbebensicherung kannallerdings vom gewählten Vorgehen bei der Planungund dem angewendeten Verfahren erheblichbeeinflusst werden:

• Beim Vorgehen bei der Planung ist die früheZusammenarbeit zwischen Architekt und Bauingeni-eur entscheidend (siehe Grundsatz 1). DieErdbebensicherung muss ganz von Anfang an inden architektonischen Entwurf des Gebäudes und inden Entwurf des Tragwerks miteinbezogen werden.Wesentliche Mehrkosten können vor allementstehen, wenn erst in einem fortgeschrittenenPlanungsstadium Veränderungen und Ergänzungendes Tragwerks vorgenommen werden müssen, wasoft auch Umplanungen des architektonischenEntwurfs erfordert. Das kann sehr aufwendig sein.

• Bezüglich des anzuwendenden Verfahrens istfestzustellen, dass in der letzten Zeit grosseFortschritte erzielt worden sind. Durch eine intensiveForschung wurde das Erdbebenverhalten der Bau-und Tragwerke immer besser verstanden, und eswurden effiziente moderne Verfahren entwickelt. ImVergleich zu älteren Verfahren kann der baulicheAufwand für die Erdbebensicherung reduziertund/oder das Erdbebenverhalten der Bauwerke

13

GS 3 Keine wesentlichen Mehrkosten dank moderner Verfahren!

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

12

2/2 Auch Bauten mit fehlenden oder stark exzentrisch angeordnetenAussteifungen gegen horizontale Kräfte und Verschiebungenentsprechen im Allgemeinen nicht den Bestimmungen der bestehen-den Normen und können deshalb bereits bei einem relativ schwachenErdbeben Schaden nehmen oder einstürzen (Schweiz 2000).

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

2/1 Immer noch werden Bauwerke gebaut, bei denen ein Nachweiseiner genügenden Erdbebensicherheit gemäss den gültigen Normenweder durchgeführt wurde noch möglich ist. Bei diesem Gebäudeaus Mauerwerk scheinen keine entsprechenden Massnahmen (z.B.aussteifende Stahlbetonwände) ergriffen worden zu sein. Eineungenügende Erdbebensicherheit kann einen erheblichen Minderwertdes Bauwerks zur Folge haben und entsprechendeHaftpflichtprozesse auslösen (Schweiz 2001).

��

Keine wesentlichen Mehrkosten dank moderner Verfahren!

Kosten für die Edbebensicherung abhängig vom

• Vorgehen bei der Planung• Angewandten Verfahren

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

3

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

Page 14: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

erheblich verbessert und somit auch die Schadenan-fälligkeit verringert werden. Von besonderer Bedeu-tung sind die duktile Bauweise und die entsprechen-de Methode der Kapazitätsbemessung. Damitkönnen Elemente wie Stahlbetonwände, die zurWindsicherung oder aus funktionalen Gründenohnehin vorgesehen sind, ohne wesentlicheMehrkosten für die Erdbebensicherung «hergerich-tet» werden (z.B. modifizierte Bewehrung);zusätzliche Elemente sind dann nicht oder nur ingeringerem Umfang als bei älteren Verfahrenerforderlich.

Hinweise zur Anwendung moderner Verfahren undderen Vorteile können der Publikation [D0171]entnommen werden. Darin wird die Erdbebensiche-rung eines 7-geschossigen Geschäfts- und Wohnhau-ses dargestellt, und es können die resultierendenBauwerke bei Anwendung der verformungsorientier-ten Kapazitätsbemessung und der konventionellenBemessung (älteres Verfahren) miteinander verglichenwerden. Die Vorteile des modernen Verfahrens beidiesem Beispiel lassen sich wie folgt zusammenfassen(siehe auch Seite 12):

– Drastische Verringerung der für den erforderlichenTragwiderstand massgebenden Erdbebenkräfte

– Höhere Sicherheit gegen Einsturz– Gute Beherrschung der Verformungen– Weitgehende Verhinderung von Schäden bis zu

einer wählbaren Erdbebenstärke (Schadengrenzebe-ben)

– Grössere Flexibilität bei Nutzungsänderungen– Praktisch gleiche Kosten

Für den Bauherrn sind vor allem die drei letztge-nannten Vorteile bedeutend. Die grössere Flexibilitätbei Nutzungsänderungen resultiert vor allem daraus,dass die allermeisten Wände problemlos verändertoder ganz entfernt werden können.

Seite 143/1 Ergebnisse der Erdbebenbemessung eines 7-geschossigenWohn- und Geschäftshauses nach verschiedenen Verfahren [D0171].

Immer noch ist unter Baufachleuten die Meinungverbreitet, die Erdbebensicherung neuer Bauwerke inder Schweiz verursache wesentliche Mehrkosten; ineiner Umfrage wurden zwischen 3 % und 17 % derNeubaukosten genannt. Diese Meinung trifft nicht zu.Bei der vorhandenen mässigen Seismizität kann dieErdbebensicherung neuer Gebäude oft ohne oderohne wesentliche Mehrkosten (im Promillebereich)erreicht werden.

Der Aufwand für die Erdbebensicherung kannallerdings vom gewählten Vorgehen bei der Planungund dem angewendeten Verfahren erheblichbeeinflusst werden:

• Beim Vorgehen bei der Planung ist die früheZusammenarbeit zwischen Architekt und Bauingeni-eur entscheidend (siehe Grundsatz 1). DieErdbebensicherung muss ganz von Anfang an inden architektonischen Entwurf des Gebäudes und inden Entwurf des Tragwerks miteinbezogen werden.Wesentliche Mehrkosten können vor allementstehen, wenn erst in einem fortgeschrittenenPlanungsstadium Veränderungen und Ergänzungendes Tragwerks vorgenommen werden müssen, wasoft auch Umplanungen des architektonischenEntwurfs erfordert. Das kann sehr aufwendig sein.

• Bezüglich des anzuwendenden Verfahrens istfestzustellen, dass in der letzten Zeit grosseFortschritte erzielt worden sind. Durch eine intensiveForschung wurde das Erdbebenverhalten der Bau-und Tragwerke immer besser verstanden, und eswurden effiziente moderne Verfahren entwickelt. ImVergleich zu älteren Verfahren kann der baulicheAufwand für die Erdbebensicherung reduziertund/oder das Erdbebenverhalten der Bauwerke

13

GS 3 Keine wesentlichen Mehrkosten dank moderner Verfahren!

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

12

2/2 Auch Bauten mit fehlenden oder stark exzentrisch angeordnetenAussteifungen gegen horizontale Kräfte und Verschiebungenentsprechen im Allgemeinen nicht den Bestimmungen der bestehen-den Normen und können deshalb bereits bei einem relativ schwachenErdbeben Schaden nehmen oder einstürzen (Schweiz 2000).

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

2/1 Immer noch werden Bauwerke gebaut, bei denen ein Nachweiseiner genügenden Erdbebensicherheit gemäss den gültigen Normenweder durchgeführt wurde noch möglich ist. Bei diesem Gebäudeaus Mauerwerk scheinen keine entsprechenden Massnahmen (z.B.aussteifende Stahlbetonwände) ergriffen worden zu sein. Eineungenügende Erdbebensicherheit kann einen erheblichen Minderwertdes Bauwerks zur Folge haben und entsprechendeHaftpflichtprozesse auslösen (Schweiz 2001).

��

Keine wesentlichen Mehrkosten dank moderner Verfahren!

Kosten für die Edbebensicherung abhängig vom

• Vorgehen bei der Planung• Angewandten Verfahren

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

3

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

Page 15: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

14

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

15

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

4/2 Ein Stützenmechanismus ist bei weichen Erdgeschossen oftunvermeidlich (Izmit Türkei 1999).

4/3 Hier stehen die vorderen Stützen – in ihrer schwächeren Richtung– schief, die hinteren haben ganz versagt (Izmit Türkei 1999).

Seite 164/4 Dieses Wohngebäude ist infolge Stützenversagen umgekippt(Taiwan1999).

GS 4 Weiche Erdgeschosse vermeiden!

Weiche Erdgeschosse vermeiden!

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

4

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

Viele Einstürze von Gebäuden unter Erdbeben sinddarauf zurückzuführen, dass Aussteifungselemente,z.B. Wände, die in den Obergeschossen vorhandensind, im Erdgeschoss weggelassen und dafür nurStützen angeordnet werden. Dadurch entsteht ein inhorizontaler Richtung weiches Erdgeschoss («Softstorey»). Die Stützen sind dann oft nicht in der Lage,die Relativverschiebungen zwischen dem sich hin undher bewegenden Boden und dem oberen Teil desGebäudes schadlos mitzumachen. Die plastischenVerformungen («plastische Gelenke») am oberen undunteren Ende der Stützen führen zum gefürchtetensogenannten Stützenmechanismus (Stockwerksmecha-nismus) mit grosser Konzentration der plastischenVerformungen an den Stützenenden. Ein Einsturz istoft unvermeidlich.

4/1 Dieser Stützenmechanismus im Erdgeschoss eines im Baubefindlichen Gebäudes führte nur ganz knapp nicht zum Einsturz(Friaul Italien 1976).

Konventionelle Bemessung

Fassade West Schnitt C Schnitt H

Erdbebengerechter Entwurf und Kapazitätsbemessung

Fassade West Schnitt C Schnitt K

Wände, Decken, Unterzüge und Stützen aus Stahlbeton für Schwerelasten

Stahlbetontragwände und Stahlbetonrahmen für Erdeben

Tragendes Mauerwerk

4. Obergeschoss

3. Obergeschoss

2. Obergeschoss

1. Obergeschoss

Zwischengeschoss

Erdgeschoss

1. Untergeschoss

2. Untergeschoss

4. Obergeschoss

3. Obergeschoss

2. Obergeschoss

1. Obergeschoss

Zwischengeschoss

Erdgeschoss

1. Untergeschoss

2. Untergeschoss

C H

C H

C K

C K

Page 16: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

14

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

15

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

4/2 Ein Stützenmechanismus ist bei weichen Erdgeschossen oftunvermeidlich (Izmit Türkei 1999).

4/3 Hier stehen die vorderen Stützen – in ihrer schwächeren Richtung– schief, die hinteren haben ganz versagt (Izmit Türkei 1999).

Seite 164/4 Dieses Wohngebäude ist infolge Stützenversagen umgekippt(Taiwan1999).

GS 4 Weiche Erdgeschosse vermeiden!

Weiche Erdgeschosse vermeiden!

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

4

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

Viele Einstürze von Gebäuden unter Erdbeben sinddarauf zurückzuführen, dass Aussteifungselemente,z.B. Wände, die in den Obergeschossen vorhandensind, im Erdgeschoss weggelassen und dafür nurStützen angeordnet werden. Dadurch entsteht ein inhorizontaler Richtung weiches Erdgeschoss («Softstorey»). Die Stützen sind dann oft nicht in der Lage,die Relativverschiebungen zwischen dem sich hin undher bewegenden Boden und dem oberen Teil desGebäudes schadlos mitzumachen. Die plastischenVerformungen («plastische Gelenke») am oberen undunteren Ende der Stützen führen zum gefürchtetensogenannten Stützenmechanismus (Stockwerksmecha-nismus) mit grosser Konzentration der plastischenVerformungen an den Stützenenden. Ein Einsturz istoft unvermeidlich.

4/1 Dieser Stützenmechanismus im Erdgeschoss eines im Baubefindlichen Gebäudes führte nur ganz knapp nicht zum Einsturz(Friaul Italien 1976).

Konventionelle Bemessung

Fassade West Schnitt C Schnitt H

Erdbebengerechter Entwurf und Kapazitätsbemessung

Fassade West Schnitt C Schnitt K

Wände, Decken, Unterzüge und Stützen aus Stahlbeton für Schwerelasten

Stahlbetontragwände und Stahlbetonrahmen für Erdeben

Tragendes Mauerwerk

4. Obergeschoss

3. Obergeschoss

2. Obergeschoss

1. Obergeschoss

Zwischengeschoss

Erdgeschoss

1. Untergeschoss

2. Untergeschoss

4. Obergeschoss

3. Obergeschoss

2. Obergeschoss

1. Obergeschoss

Zwischengeschoss

Erdgeschoss

1. Untergeschoss

2. Untergeschoss

C H

C H

C K

C K

Page 17: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

17

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

4/5 Dieses oben gut ausgesteifte Gebäude ist um das Erdgeschossabgesackt …

4/7 Dieses vielstöckige Gebäude ist haarscharf am Einsturz vorbei-gegangen …

4/8 …dank massiven Stützen mit konstruktiv gut durchgebildeterStabilisierungs- und Umschnürungsbewehrung (Taiwan 1999).

4/6 …und das sind die Überreste der Erdgeschossstütze an derlinken vorderen Ecke des Gebäudes (Kobe Japan 1995).

Page 18: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

17

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

4/5 Dieses oben gut ausgesteifte Gebäude ist um das Erdgeschossabgesackt …

4/7 Dieses vielstöckige Gebäude ist haarscharf am Einsturz vorbei-gegangen …

4/8 …dank massiven Stützen mit konstruktiv gut durchgebildeterStabilisierungs- und Umschnürungsbewehrung (Taiwan 1999).

4/6 …und das sind die Überreste der Erdgeschossstütze an derlinken vorderen Ecke des Gebäudes (Kobe Japan 1995).

Page 19: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

18

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

19

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

5/2 Auch in diesem Bürogebäude hat ein Obergeschoss versagt. Der darüber liegende Teil des Gebäudes ist abgesackt, und er hat sichdabei etwas verdreht und nach vorne geneigt.

Auch ein Obergeschoss kann im Verhältnis zu denübrigen Geschossen weich sein, sofern dort Aussteifun-gen gegen horizontale Kräfte und Relativverschiebungengeschwächt sind oder ganz weggelassen werden. Oderder horizontale Tragwiderstand ist ab einer bestimmtenHöhe im ganzen darüber liegenden Teil eines Gebäudesstark reduziert. Die Folge kann wiederum eingefährlicher Stützenmechanismus (Stockwerksmecha-nismus) sein.

5/1 In diesem Geschäftshaus ist das dritte Obergeschossverschwunden. Der darüber liegende Teil ist um ein Stockwerkabgesackt (Kobe Japan 1995).

GS 5 Weiche Obergeschosse vermeiden!

Weiche Obergeschosse vermeiden!

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

5

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

5/3 Diese Nahaufnahme zeigt das zerquetschte Obergeschoss desBürogebäudes (Kobe Japan 1995).

4/10 Und auch bei diesem bestehenden Gebäude sind die innerhalbder Verkleidung sehr dünnen Stützen vermutlich zu schwach.Wenige horizontal kurze Stahlbetontragwände könnten entschei-dend helfen (Schweiz 1998).

4/9 Bei solchen bestehenden Gebäuden ist zu vermuten, dass sieschon bei einem relativ schwachen Erdbeben einstürzen (Schweiz2000).

Page 20: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

18

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

19

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

5/2 Auch in diesem Bürogebäude hat ein Obergeschoss versagt. Der darüber liegende Teil des Gebäudes ist abgesackt, und er hat sichdabei etwas verdreht und nach vorne geneigt.

Auch ein Obergeschoss kann im Verhältnis zu denübrigen Geschossen weich sein, sofern dort Aussteifun-gen gegen horizontale Kräfte und Relativverschiebungengeschwächt sind oder ganz weggelassen werden. Oderder horizontale Tragwiderstand ist ab einer bestimmtenHöhe im ganzen darüber liegenden Teil eines Gebäudesstark reduziert. Die Folge kann wiederum eingefährlicher Stützenmechanismus (Stockwerksmecha-nismus) sein.

5/1 In diesem Geschäftshaus ist das dritte Obergeschossverschwunden. Der darüber liegende Teil ist um ein Stockwerkabgesackt (Kobe Japan 1995).

GS 5 Weiche Obergeschosse vermeiden!

Weiche Obergeschosse vermeiden!

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

5

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

5/3 Diese Nahaufnahme zeigt das zerquetschte Obergeschoss desBürogebäudes (Kobe Japan 1995).

4/10 Und auch bei diesem bestehenden Gebäude sind die innerhalbder Verkleidung sehr dünnen Stützen vermutlich zu schwach.Wenige horizontal kurze Stahlbetontragwände könnten entschei-dend helfen (Schweiz 1998).

4/9 Bei solchen bestehenden Gebäuden ist zu vermuten, dass sieschon bei einem relativ schwachen Erdbeben einstürzen (Schweiz2000).

Page 21: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

20

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

21

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

6/1 Dieser neue Skelettbau mit Flachdecken und dünnen Schwere-laststützen weist als einzige Aussteifung gegen horizontale Kräfteund Verschiebungen einen in der Gebäudeecke platzierten undsomit stark unsymmetrisch gelegenen Lift- und Treppenhauskern ausStahlbeton auf. Es besteht eine grosse Exzentrizität zwischenMassenzentrum und Widerstands- bzw. Steifigkeitszentrum. Verdre-hungen im Grundriss führen zu grossen Relativverschiebungen dervom Kern entferntesten Stützen und zu entsprechender Durchstanz-gefahr. Eine entscheidende Verbesserung brächte z.B. dieAnordnung von je einer horizontal kurzen und über die ganzeGebäudehöhe laufenden Stahlbetonwand in den vom Kern entfern-testen Fassaden. Vom Kern müssten dann z.B. nur zwei Wändebetoniert werden, und die anderen Wände könnten in Mauerwerkausgeführt werden (Schweiz 1994).

Unsymmetrische Aussteifung ist eine häufige Ursachevon Einstürzen von Gebäuden bei Erdbeben. In denbeiden schematisierten Grundrissen sind nur Ausstei-fungselemente wie Wände oder Fachwerke gegenhorizontale Kräfte und entsprechende Verschiebungendargestellt. Nicht gezeichnet sind die meist in einemRaster angeordneten Stützen, die mit ihrer Rahmenwir-kung nicht wesentlich zum Widerstand gegenhorizontale Kräfte und Verschiebungen beitragen. Die Stützen müssen «nur» die Schwerelasten abtragen,sollen aber in der Lage sein, die horizontalenVerschiebungen des Gesamtsystems mitzumachenohne ihren Tragwiderstand einzubüssen.

Jedes Gebäude hat im Grundriss ein MassenzentrumM («Schwerpunkt» aller Massen), in dem die wirken-den Trägheitskräfte angenommen werden, einWiderstandszentrum W für horizontale Kräfte(«Schwerpunkt» der Biege- bzw. Rahmenwiderständealler vertikalen Tragelemente in Richtung der beidenHauptaxen) und ein entsprechendes Steifigkeitszen-trum S (Schubmittelpunkt). Wenn das Widerstandszen-trum nicht im Massenzentrum und somit exzentrischliegt, entsteht Torsion, und das Gebäude verdreht sichim Grundriss um das Steifigkeitszentrum. Die Verdre-hung bewirkt vor allem bei den am weitesten vomSteifigkeitszentrum entfernten Stützen grosseRelativverschiebungen zwischen deren Fuss und Kopf,die oft bald zum Versagen führen. Daher muss dasWiderstandszentrum im oder nahe beim Massenzen-trum liegen, und es muss ein genügender Torsions-widerstand vorhanden sein. Beides wird erreicht durcheine weitgehend symmetrische Anordnung derAussteifungen möglichst entlang der Gebäuderänder(oder jedenfalls mit beträchtlichen Abständen zumMassenzentrum).

GS 6 Unsymmetrische Aussteifungen vermeiden!

MS W

Unsymmetrische Aussteifungen vermeiden!

W, S

M

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

6

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

5/4 Hier waren sämtliche Obergeschosse zu weich… (Izmit Türkei 1999).

Seite 226/2 Dieses Bürogebäude hatte auf der rechten hinteren Seite einedurchgehende Brandmauer und im hinteren Bereich weitereexzentrische Aussteifungen. Das Gebäude hat sich stark verdreht, dadurch haben die vorderenStützen versagt (Kobe Japan 1995).

Page 22: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

20

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

21

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

6/1 Dieser neue Skelettbau mit Flachdecken und dünnen Schwere-laststützen weist als einzige Aussteifung gegen horizontale Kräfteund Verschiebungen einen in der Gebäudeecke platzierten undsomit stark unsymmetrisch gelegenen Lift- und Treppenhauskern ausStahlbeton auf. Es besteht eine grosse Exzentrizität zwischenMassenzentrum und Widerstands- bzw. Steifigkeitszentrum. Verdre-hungen im Grundriss führen zu grossen Relativverschiebungen dervom Kern entferntesten Stützen und zu entsprechender Durchstanz-gefahr. Eine entscheidende Verbesserung brächte z.B. dieAnordnung von je einer horizontal kurzen und über die ganzeGebäudehöhe laufenden Stahlbetonwand in den vom Kern entfern-testen Fassaden. Vom Kern müssten dann z.B. nur zwei Wändebetoniert werden, und die anderen Wände könnten in Mauerwerkausgeführt werden (Schweiz 1994).

Unsymmetrische Aussteifung ist eine häufige Ursachevon Einstürzen von Gebäuden bei Erdbeben. In denbeiden schematisierten Grundrissen sind nur Ausstei-fungselemente wie Wände oder Fachwerke gegenhorizontale Kräfte und entsprechende Verschiebungendargestellt. Nicht gezeichnet sind die meist in einemRaster angeordneten Stützen, die mit ihrer Rahmenwir-kung nicht wesentlich zum Widerstand gegenhorizontale Kräfte und Verschiebungen beitragen. Die Stützen müssen «nur» die Schwerelasten abtragen,sollen aber in der Lage sein, die horizontalenVerschiebungen des Gesamtsystems mitzumachenohne ihren Tragwiderstand einzubüssen.

Jedes Gebäude hat im Grundriss ein MassenzentrumM («Schwerpunkt» aller Massen), in dem die wirken-den Trägheitskräfte angenommen werden, einWiderstandszentrum W für horizontale Kräfte(«Schwerpunkt» der Biege- bzw. Rahmenwiderständealler vertikalen Tragelemente in Richtung der beidenHauptaxen) und ein entsprechendes Steifigkeitszen-trum S (Schubmittelpunkt). Wenn das Widerstandszen-trum nicht im Massenzentrum und somit exzentrischliegt, entsteht Torsion, und das Gebäude verdreht sichim Grundriss um das Steifigkeitszentrum. Die Verdre-hung bewirkt vor allem bei den am weitesten vomSteifigkeitszentrum entfernten Stützen grosseRelativverschiebungen zwischen deren Fuss und Kopf,die oft bald zum Versagen führen. Daher muss dasWiderstandszentrum im oder nahe beim Massenzen-trum liegen, und es muss ein genügender Torsions-widerstand vorhanden sein. Beides wird erreicht durcheine weitgehend symmetrische Anordnung derAussteifungen möglichst entlang der Gebäuderänder(oder jedenfalls mit beträchtlichen Abständen zumMassenzentrum).

GS 6 Unsymmetrische Aussteifungen vermeiden!

MS W

Unsymmetrische Aussteifungen vermeiden!

W, S

M

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

6

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

5/4 Hier waren sämtliche Obergeschosse zu weich… (Izmit Türkei 1999).

Seite 226/2 Dieses Bürogebäude hatte auf der rechten hinteren Seite einedurchgehende Brandmauer und im hinteren Bereich weitereexzentrische Aussteifungen. Das Gebäude hat sich stark verdreht, dadurch haben die vorderenStützen versagt (Kobe Japan 1995).

Page 23: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

6/5 Bei diesem bestehenden Hörsaalgebäude der ETH Zürich im CampusHönggerberg befand sich im ursprünglichen Zustand aus den 70er Jahrendie einzige Aussteifung gegen horizontale Kräfte und Verschiebungen inForm von torsionsweichen Stahlbetonwänden am hinteren Gebäudeen-de. Wegen der beträchtlichen Exzentrizität zum Zentrum der grossenGebäudemasse hätte sich auch für das relativ schwache Bemessungsbe-ben (Zone 1 nach SIA 160) das Gebäude im Grundriss verdreht. Die weni-gen und hoch belasteten Stahlbetonstützen im Erdgeschoss hätten vorallem im vorderen Gebäudebereich erhebliche Verschiebungen erfahren.Für die erforderliche Duktilität der Stützen war jedoch deren konstruktiveDurchbildung nicht genügend. Daher wurden auf drei Seiten desGebäudes aussen liegende Stahlstützen in Form eines Fachwerksangeordnet, dessen horizontale Scheibenkräfte infolge Erdbeben diebestehende Fundation problemlos übernehmen kann. Mit dieserErtüchtigungsmassnahme konnte gleichzeitig auch die erforderlicheSanierung der Auskragungen für Schwerelasten vollzogen werden.

6/6 Die neuen Fachwerkstützen aus Stahlrohren fügen sich ästhetischbefriedigend in das bestehende Gebäude ein.

6/3 6/4 Dieses Wohnhaus war hinten an ein ähnliches angebaut mitgemeinsamer relativ fester und steifer Brandmauer. Die Fassade vorneist wesentlich weicher, sodass Widerstands- und Steifigkeitszentrumim hinteren Bereich lagen. Das Haus hat sich im Grundriss erheblichverdreht, ist jedoch knapp nicht eingestürzt (Umbrien Italien 1997).

23

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

Page 24: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

6/5 Bei diesem bestehenden Hörsaalgebäude der ETH Zürich im CampusHönggerberg befand sich im ursprünglichen Zustand aus den 70er Jahrendie einzige Aussteifung gegen horizontale Kräfte und Verschiebungen inForm von torsionsweichen Stahlbetonwänden am hinteren Gebäudeen-de. Wegen der beträchtlichen Exzentrizität zum Zentrum der grossenGebäudemasse hätte sich auch für das relativ schwache Bemessungsbe-ben (Zone 1 nach SIA 160) das Gebäude im Grundriss verdreht. Die weni-gen und hoch belasteten Stahlbetonstützen im Erdgeschoss hätten vorallem im vorderen Gebäudebereich erhebliche Verschiebungen erfahren.Für die erforderliche Duktilität der Stützen war jedoch deren konstruktiveDurchbildung nicht genügend. Daher wurden auf drei Seiten desGebäudes aussen liegende Stahlstützen in Form eines Fachwerksangeordnet, dessen horizontale Scheibenkräfte infolge Erdbeben diebestehende Fundation problemlos übernehmen kann. Mit dieserErtüchtigungsmassnahme konnte gleichzeitig auch die erforderlicheSanierung der Auskragungen für Schwerelasten vollzogen werden.

6/6 Die neuen Fachwerkstützen aus Stahlrohren fügen sich ästhetischbefriedigend in das bestehende Gebäude ein.

6/3 6/4 Dieses Wohnhaus war hinten an ein ähnliches angebaut mitgemeinsamer relativ fester und steifer Brandmauer. Die Fassade vorneist wesentlich weicher, sodass Widerstands- und Steifigkeitszentrumim hinteren Bereich lagen. Das Haus hat sich im Grundriss erheblichverdreht, ist jedoch knapp nicht eingestürzt (Umbrien Italien 1997).

23

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

Page 25: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

24

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

25

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

8/2 Bei Erdbebeneinwirkung bewirkt die (auskragende!) Stahlbeton-wand (hinter dem Vorhang) hohe Zusatzbeansprungen in derohnehin stark belasteten Stütze des Erdgeschosses (Schweiz 2001).

Veränderungen des Querschnitts von Aussteifungenüber die Höhe eines Gebäudes bewirken Diskonti-nuitäten und führen zu Sprüngen im Verlauf derSteifigkeiten und Widerstände. Dadurch könnenUnregelmässigkeiten beim dynamischen Verhalten undentsprechende Zusatzbeanspruchungen sowie Proble-me bei lokalen Kraftübertragungen entstehen. EineVergrösserung von Steifigkeiten und Widerständen vonunten nach oben (links im Aufriss) ist im Allgemeinenungünstiger als umgekehrt (rechts im Aufriss). Aufjeden Fall muss die Berechnung der Schnittkräfte unddie Bemessung des Gesamtsystems wie auch diekonstruktive Durchbildung der Übergänge mit grosserSorgfalt durchgeführt werden.

8/1 Der Übergang der Stahlbetontragwand in den Rahmenentspricht grossen Sprüngen bei Steifigkeiten und Widerständen(Schweiz 2001).

GS 8 Sprünge bei Steifigkeiten und Widerständen sindproblematisch!

Sprünge bei Steifigkeiten und

Widerständen sind problematisch!

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

8

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

GS 7 Versetzungen von Aussteifungen vermeiden!

7/1 Die horizontalen Versetzungen der aussteifenden Stahlbeton-wand in der Fassadenebene bewirken bei Erdbeben grosse Zusatzbe-anspruchungen und entsprechende Verformungen im Tragwerk. Es sind dies z.B. hohe lokale vertikale Kräfte (aus Kippmoment),grosse zusätzliche Schubkräfte in den Decken auf der Höhe derVersetzungen, Umlagerungen der Fundationskräfte, usw. (Schweiz2001).

Horizontale Versetzungen von Aussteifungen in ihrerEbene (vorne im Grundriss) oder gar aus ihrer Ebeneheraus (hinten im Grundriss) entstehen durch eineunterschiedliche Lage der Aussteifungen im Aufrissund/oder Grundriss über die Höhe des Gebäudes. Bei den Versetzungen können vor allem die Biegemo-mente und die Querkräfte der Aussteifungen meistnicht einwandfei übertragen werden, dies trotzwesentlichem Mehraufwand. Die Versetzungen störenden direkten Kraftfluss, schwächen den Tragwider-stand und verringern die Duktilität (plastisches Verfor-mungsvermögen) der Aussteifungen. Darüber hinausbewirken sie grosse zusätzliche Beanspruchungen undVerformungen auch in anderen Tragelementen (z.B.Decken, Stützen). Im Vergleich zu kontinuierlich überdie ganze Gebäudehöhe laufenden und fachgerechtausgebildeten Aussteifungen führen Versetzungen zueiner grösseren Verletzbarkeit (Schadenanfälligkeit)und meist auch zu einer wesentlichen Reduktion derErdbebensicherheit. Versetzungen von Aussteifungensind deshalb unbedingt zu vermeiden.

��

Versetzungen von Aussteifungen

vermeiden!

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

7

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

Page 26: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

24

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

25

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

8/2 Bei Erdbebeneinwirkung bewirkt die (auskragende!) Stahlbeton-wand (hinter dem Vorhang) hohe Zusatzbeansprungen in derohnehin stark belasteten Stütze des Erdgeschosses (Schweiz 2001).

Veränderungen des Querschnitts von Aussteifungenüber die Höhe eines Gebäudes bewirken Diskonti-nuitäten und führen zu Sprüngen im Verlauf derSteifigkeiten und Widerstände. Dadurch könnenUnregelmässigkeiten beim dynamischen Verhalten undentsprechende Zusatzbeanspruchungen sowie Proble-me bei lokalen Kraftübertragungen entstehen. EineVergrösserung von Steifigkeiten und Widerständen vonunten nach oben (links im Aufriss) ist im Allgemeinenungünstiger als umgekehrt (rechts im Aufriss). Aufjeden Fall muss die Berechnung der Schnittkräfte unddie Bemessung des Gesamtsystems wie auch diekonstruktive Durchbildung der Übergänge mit grosserSorgfalt durchgeführt werden.

8/1 Der Übergang der Stahlbetontragwand in den Rahmenentspricht grossen Sprüngen bei Steifigkeiten und Widerständen(Schweiz 2001).

GS 8 Sprünge bei Steifigkeiten und Widerständen sindproblematisch!

Sprünge bei Steifigkeiten und

Widerständen sind problematisch!

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

8

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

GS 7 Versetzungen von Aussteifungen vermeiden!

7/1 Die horizontalen Versetzungen der aussteifenden Stahlbeton-wand in der Fassadenebene bewirken bei Erdbeben grosse Zusatzbe-anspruchungen und entsprechende Verformungen im Tragwerk. Es sind dies z.B. hohe lokale vertikale Kräfte (aus Kippmoment),grosse zusätzliche Schubkräfte in den Decken auf der Höhe derVersetzungen, Umlagerungen der Fundationskräfte, usw. (Schweiz2001).

Horizontale Versetzungen von Aussteifungen in ihrerEbene (vorne im Grundriss) oder gar aus ihrer Ebeneheraus (hinten im Grundriss) entstehen durch eineunterschiedliche Lage der Aussteifungen im Aufrissund/oder Grundriss über die Höhe des Gebäudes. Bei den Versetzungen können vor allem die Biegemo-mente und die Querkräfte der Aussteifungen meistnicht einwandfei übertragen werden, dies trotzwesentlichem Mehraufwand. Die Versetzungen störenden direkten Kraftfluss, schwächen den Tragwider-stand und verringern die Duktilität (plastisches Verfor-mungsvermögen) der Aussteifungen. Darüber hinausbewirken sie grosse zusätzliche Beanspruchungen undVerformungen auch in anderen Tragelementen (z.B.Decken, Stützen). Im Vergleich zu kontinuierlich überdie ganze Gebäudehöhe laufenden und fachgerechtausgebildeten Aussteifungen führen Versetzungen zueiner grösseren Verletzbarkeit (Schadenanfälligkeit)und meist auch zu einer wesentlichen Reduktion derErdbebensicherheit. Versetzungen von Aussteifungensind deshalb unbedingt zu vermeiden.

��

Versetzungen von Aussteifungen

vermeiden!

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

7

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

Page 27: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

26

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

27

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

9/3 Dieser Skelettbau mit Flachdecken hat an zwei GebäudeeckenStahlbetontragwände in Querrichtung.

9/4 Die Tragwände wurden als markantes Element in die architektonischeGestaltung miteinbezogen (Schweiz 1994).

9/1 Solche Stahlbetontragwände nehmen nur geringe Teile desGrundrisses und der Fassade in Anspruch (Schweiz 1994).

9/2 Die Bewehrung von Stahlbetontragwänden ist verhältnismässigeinfach, muss aber sehr sorgfältig gestaltet und verlegt werden. Das Bild zeigt eine kapazitätsbemessene duktile Tragwand mitRechteckquerschnitt, die in ein bestehendes Gebäude eingefügtwurde (Schweiz 1999).

Zur fachgerechten Aussteifung von Skelettbauten fürErdbebeneinwirkung sind Stahlbetontragwände mitRechteckquerschnitt bestens geeignet. Die Wändekönnen in horizontaler Richtung relativ kurz sein – z.B.3 bis 6 m bzw. etwa 1/3 bis 1/5 der Gebäudehöhe –,sie müssen aber über die ganze Gebäudehöhe laufen.Im Falle mässiger Seismizität mit entsprechend mode-raten Bemessungsbeben wie in der Schweiz genügenpro Hauptrichtung meist zwei schlanke und durchKapazitätsbemessung duktil gestaltete Wände. Bei derWahl der Abmessungen (Steifigkeit) kann auch die Artder nichttragenden Elemente (Zwischenwände undFassadenbauteile) eine Rolle spielen (vergleiche Grund-satz 14). Um Torsionseffekten zu begegnen sollten imGebäudegrundriss die Wände mit ihrer Längsrichtungsymmetrisch zum Massenzentrum und möglichstgegen die Gebäuderänder hin angeordnet werden(vergleiche Grundsatz 6). Im Hinblick auf die Abtra-gung der Erdbebenkräfte in den Baugrund (Fundation)sind Wände an einer Gebäudeecke eher zu vermeiden.Bei Wänden mit L-Querschnitt (Winkelwände) undsolchen mit U-Querschnitt können wegen der fehlen-den Symmetrie Schwierigkeiten bei der duktilenGestaltung entstehen. Hingegen lassen sich Stahlbe-tonwände mit Rechteckquerschnitt (Standardbreite 30cm) mit geringem Aufwand duktil gestalten, wodurcheine hohe Erdbebensicherheit erreicht wird [D0171].

GS 9 Zwei schlanke Stahlbetontragwände proHauptrichtung!

Zwei schlanke Stahlbetontragwände pro Hauptrichtung!

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

9

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

Page 28: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

26

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

27

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

9/3 Dieser Skelettbau mit Flachdecken hat an zwei GebäudeeckenStahlbetontragwände in Querrichtung.

9/4 Die Tragwände wurden als markantes Element in die architektonischeGestaltung miteinbezogen (Schweiz 1994).

9/1 Solche Stahlbetontragwände nehmen nur geringe Teile desGrundrisses und der Fassade in Anspruch (Schweiz 1994).

9/2 Die Bewehrung von Stahlbetontragwänden ist verhältnismässigeinfach, muss aber sehr sorgfältig gestaltet und verlegt werden. Das Bild zeigt eine kapazitätsbemessene duktile Tragwand mitRechteckquerschnitt, die in ein bestehendes Gebäude eingefügtwurde (Schweiz 1999).

Zur fachgerechten Aussteifung von Skelettbauten fürErdbebeneinwirkung sind Stahlbetontragwände mitRechteckquerschnitt bestens geeignet. Die Wändekönnen in horizontaler Richtung relativ kurz sein – z.B.3 bis 6 m bzw. etwa 1/3 bis 1/5 der Gebäudehöhe –,sie müssen aber über die ganze Gebäudehöhe laufen.Im Falle mässiger Seismizität mit entsprechend mode-raten Bemessungsbeben wie in der Schweiz genügenpro Hauptrichtung meist zwei schlanke und durchKapazitätsbemessung duktil gestaltete Wände. Bei derWahl der Abmessungen (Steifigkeit) kann auch die Artder nichttragenden Elemente (Zwischenwände undFassadenbauteile) eine Rolle spielen (vergleiche Grund-satz 14). Um Torsionseffekten zu begegnen sollten imGebäudegrundriss die Wände mit ihrer Längsrichtungsymmetrisch zum Massenzentrum und möglichstgegen die Gebäuderänder hin angeordnet werden(vergleiche Grundsatz 6). Im Hinblick auf die Abtra-gung der Erdbebenkräfte in den Baugrund (Fundation)sind Wände an einer Gebäudeecke eher zu vermeiden.Bei Wänden mit L-Querschnitt (Winkelwände) undsolchen mit U-Querschnitt können wegen der fehlen-den Symmetrie Schwierigkeiten bei der duktilenGestaltung entstehen. Hingegen lassen sich Stahlbe-tonwände mit Rechteckquerschnitt (Standardbreite 30cm) mit geringem Aufwand duktil gestalten, wodurcheine hohe Erdbebensicherheit erreicht wird [D0171].

GS 9 Zwei schlanke Stahlbetontragwände proHauptrichtung!

Zwei schlanke Stahlbetontragwände pro Hauptrichtung!

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

9

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

Page 29: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

28

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

29

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

11/1 Hier waren die Stützen eindeutig stärker: Das Mauerwerk istweitgehend herausgefallen, der Rahmen ist jedoch stehen geblieben(Erzincan Türkei 1992).

Die Meinung ist immer noch weit verbreitet, dass Rah-men (aus Stützen und Decken, evtl. Unterzügen) durchdas Einmauern von Mauerwerkswänden für horizontaleEinwirkungen und daher auch für Erdbebenkräfte in derRahmenebene «ausgefacht» und somit ausgesteiftwerden können. Dies ist aber nur für kleine Kräftemöglich, bei denen das Mauerwerk noch nicht wesent-lich reisst. Für Erdbebeneinwirkung handelt es sich umeine ungünstige Kombination von zwei sehr verschiede-nen Bauweisen, die schlecht zusammenpassen: Rahmensind relativ weich jedoch mehr oder weniger duktil,Mauerwerk hingegen ist sehr steif aber zugleich spröde,es «explodiert» manchmal bereits bei kleinen Verfor-mungen. Am Anfang eines Erdbebens nimmt dasMauerwerk fast die ganzen Erdbebenkräfte auf, aberdann versagt es auf schiefen Druck oder durch Gleiten,da die Reibung infolge meist mangelnder Auflast(Riegel) gering ist. Typisch ist auch das Auftreten vonKreuzrissen.Grundsätzlich können zwei Fälle unterschiedenwerden: Entweder sind die Rahmenstützen stärker alsdas Mauerwerk, oder umgekehrt. Bei stärkeren Stüt-zen wird das Mauerwerk gänzlich zerstört und fälltheraus. Bei schwächeren Stützen hingegen kann dasMauerwerk die Stützen beschädigen und vor allemabscheren, was oft zum Einsturz führt (vergleiche auchGrundsätze 16 und 17).

GS 11 «Ausfachen» von Rahmen durch Mauerwerkvermeiden!

«Ausfachen» von Rahmen durch Mauerwerk vermeiden!

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

11

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

Tragwerks als Skelettbau, d.h. nur mit Stützen undohne tragende Mauerwerkswände jedoch mit einigenwenigen horizontal kurzen und über die ganze Gebäu-dehöhe laufenden Stahlbetontragwänden, liegt somitauch im längerfristigen Interesse des Bauherrn.Sämtliche Wände können dann als nichttragend unddeshalb mit guter Flexibilität bei Nutzungsänderungenausgebildet werden. Umständliche Änderungen amTragwerk sind dann nicht erforderlich.

10/1 Diese tragende Treppenhauswand wird bereits bei einemrelativ schwachen Erdbeben zerstört werden. Ein Totaleinsturz desGebäudes dürfte die Folge sein (Schweiz 2001).

Gemischte Tragsysteme mit Stützen und tragendenMauerwerkswänden verhalten sich bei Erdbeben sehrungünstig. Die Stützen bilden zusammen mit denDecken und evtl. Unterzügen Rahmen, die für horizon-tale Kräfte und Verschiebungen eine wesentlichgeringere Steifigkeit als die Mauerwerkswände haben.Daher werden die Erdbebenkräfte weitgehend durchdie Mauerwerkswände aufgenommen. Auf die Wändewirken dann ausser den Massenträgheitskräften dereigenen Einzugsgebiete für die Schwerelasten auch dieMassenträgheitskräfte der Gebäudebereiche mit denRahmen (links im Bild); die Verhältnisse sind somitnoch wesentlich ungünstiger als bei «reinen»Mauerwerksbauten. Wenn die Mauerwerkswändeinfolge der Erdbebenkräfte bzw. -Verschiebungenversagen, können sie auch die Schwerelasten nichtmehr abtragen, was meist zu einem Totaleinsturz desGebäudes führt. Mischsysteme mit Stützen undtragenden Mauerwerkswänden müssen deshalbunbedingt vermieden werden.

Solche Mischsysteme erweisen sich aber auch alsungünstig weil unflexibel bei Nutzungsänderungen mitneuen Raumaufteilungen, die während der Lebensdau-er eines Bauwerks immer häufiger vorkommen. DieMauerwerkswände müssen dann durch aufwendigeAbfangkonstruktionen ersetzt werden, was zumassiven betrieblichen Beeinträchtigungen und zuKosten von mehreren Prozenten der Bausumme führenkann [D 0171]. Eine konsequente Ausbildung des

GS 10 Mischsysteme mit Stützen und tragendenMauerwerkswänden vermeiden!

Mischsysteme mit Stützen

und tragenden Mauer-

werkswänden vermeiden!

StahlbetonrahmenTragende

Mauerwerkswand

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

10

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

Seite 3011/2 In diesem Fall war das Mauerwerk stärker: Die Stützen wurdenerheblich beschädigt und teilweise ganz abgeschert; trotzdem ist der Rahmen knapp stehen geblieben (Mexico 1985).

Page 30: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

28

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

29

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

11/1 Hier waren die Stützen eindeutig stärker: Das Mauerwerk istweitgehend herausgefallen, der Rahmen ist jedoch stehen geblieben(Erzincan Türkei 1992).

Die Meinung ist immer noch weit verbreitet, dass Rah-men (aus Stützen und Decken, evtl. Unterzügen) durchdas Einmauern von Mauerwerkswänden für horizontaleEinwirkungen und daher auch für Erdbebenkräfte in derRahmenebene «ausgefacht» und somit ausgesteiftwerden können. Dies ist aber nur für kleine Kräftemöglich, bei denen das Mauerwerk noch nicht wesent-lich reisst. Für Erdbebeneinwirkung handelt es sich umeine ungünstige Kombination von zwei sehr verschiede-nen Bauweisen, die schlecht zusammenpassen: Rahmensind relativ weich jedoch mehr oder weniger duktil,Mauerwerk hingegen ist sehr steif aber zugleich spröde,es «explodiert» manchmal bereits bei kleinen Verfor-mungen. Am Anfang eines Erdbebens nimmt dasMauerwerk fast die ganzen Erdbebenkräfte auf, aberdann versagt es auf schiefen Druck oder durch Gleiten,da die Reibung infolge meist mangelnder Auflast(Riegel) gering ist. Typisch ist auch das Auftreten vonKreuzrissen.Grundsätzlich können zwei Fälle unterschiedenwerden: Entweder sind die Rahmenstützen stärker alsdas Mauerwerk, oder umgekehrt. Bei stärkeren Stüt-zen wird das Mauerwerk gänzlich zerstört und fälltheraus. Bei schwächeren Stützen hingegen kann dasMauerwerk die Stützen beschädigen und vor allemabscheren, was oft zum Einsturz führt (vergleiche auchGrundsätze 16 und 17).

GS 11 «Ausfachen» von Rahmen durch Mauerwerkvermeiden!

«Ausfachen» von Rahmen durch Mauerwerk vermeiden!

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

11

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

Tragwerks als Skelettbau, d.h. nur mit Stützen undohne tragende Mauerwerkswände jedoch mit einigenwenigen horizontal kurzen und über die ganze Gebäu-dehöhe laufenden Stahlbetontragwänden, liegt somitauch im längerfristigen Interesse des Bauherrn.Sämtliche Wände können dann als nichttragend unddeshalb mit guter Flexibilität bei Nutzungsänderungenausgebildet werden. Umständliche Änderungen amTragwerk sind dann nicht erforderlich.

10/1 Diese tragende Treppenhauswand wird bereits bei einemrelativ schwachen Erdbeben zerstört werden. Ein Totaleinsturz desGebäudes dürfte die Folge sein (Schweiz 2001).

Gemischte Tragsysteme mit Stützen und tragendenMauerwerkswänden verhalten sich bei Erdbeben sehrungünstig. Die Stützen bilden zusammen mit denDecken und evtl. Unterzügen Rahmen, die für horizon-tale Kräfte und Verschiebungen eine wesentlichgeringere Steifigkeit als die Mauerwerkswände haben.Daher werden die Erdbebenkräfte weitgehend durchdie Mauerwerkswände aufgenommen. Auf die Wändewirken dann ausser den Massenträgheitskräften dereigenen Einzugsgebiete für die Schwerelasten auch dieMassenträgheitskräfte der Gebäudebereiche mit denRahmen (links im Bild); die Verhältnisse sind somitnoch wesentlich ungünstiger als bei «reinen»Mauerwerksbauten. Wenn die Mauerwerkswändeinfolge der Erdbebenkräfte bzw. -Verschiebungenversagen, können sie auch die Schwerelasten nichtmehr abtragen, was meist zu einem Totaleinsturz desGebäudes führt. Mischsysteme mit Stützen undtragenden Mauerwerkswänden müssen deshalbunbedingt vermieden werden.

Solche Mischsysteme erweisen sich aber auch alsungünstig weil unflexibel bei Nutzungsänderungen mitneuen Raumaufteilungen, die während der Lebensdau-er eines Bauwerks immer häufiger vorkommen. DieMauerwerkswände müssen dann durch aufwendigeAbfangkonstruktionen ersetzt werden, was zumassiven betrieblichen Beeinträchtigungen und zuKosten von mehreren Prozenten der Bausumme führenkann [D 0171]. Eine konsequente Ausbildung des

GS 10 Mischsysteme mit Stützen und tragendenMauerwerkswänden vermeiden!

Mischsysteme mit Stützen

und tragenden Mauer-

werkswänden vermeiden!

StahlbetonrahmenTragende

Mauerwerkswand

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

10

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

Seite 3011/2 In diesem Fall war das Mauerwerk stärker: Die Stützen wurdenerheblich beschädigt und teilweise ganz abgeschert; trotzdem ist der Rahmen knapp stehen geblieben (Mexico 1985).

Page 31: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

31

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

11/4 Das sind typische Kreuzrisse in Mauerwerkswänden, die inmassive Stahlbetonrahmen eingefügt wurden (Izmit Türkei 1999).

11/3 Auch hier war das Mauerwerk stärker; es hat die relativmassiven Stützen abgeschert (Adana-Ceyhan Türkei 1998).

Page 32: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

31

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

11/4 Das sind typische Kreuzrisse in Mauerwerkswänden, die inmassive Stahlbetonrahmen eingefügt wurden (Izmit Türkei 1999).

11/3 Auch hier war das Mauerwerk stärker; es hat die relativmassiven Stützen abgeschert (Adana-Ceyhan Türkei 1998).

Page 33: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

32

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

33

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

12/4 Tragende Mauerwerkswände, Stahlbetontragwände undDecken müssen druck- und schubfest sowie möglichst auch zugfestzusammenwirken (Schweiz 2001.

12/3 Dieser schliesslich 4-stöckige neue Mauerwerksbau wird inbeiden Hauptrichtungen durch je eine Stahlbetontragwandausgesteift. Zudem wird je eine lange Mauerwerkswand mit Lager-fugenbewehrung versehen und diese in den Stahlbetontragwändenverankert (Schweiz 2001).

12/5 Deshalb sollen tragende Mauerwerkswände undStahlbetontragwände mit sattgefüllten Mörtelfugen gestossenwerden (Schweiz 2001).

12/1 Solche – und auch niedrigere! – neue Mauerwerksbauten sindohne aussteifende Stahlbetontragwände durch Erdbeben extremverletzbar (Schweiz 2001).

12/2 Dieses neue 3-stöckige Einfamilienhaus mit tragendenunbewehrten Mauerwerkswänden wird in Längsrichtung durch jeeine Stahlbetontragwand in den Fassaden und in Querrichtungdurch eine Stahlbetontragwand im Gebäudeinnern ausgesteift(Schweiz 2001).

Traditionsgemäss werden in der Schweiz vor allemWohnhäuser und auch kleinere Gewerbebauten oftmit unbewehrten tragenden Mauerwerkswänden ausBacksteinen, Kalksandsteinen oder Zementsteinenausgeführt. Es gibt solche Bauten mit bis zu 16 Stock-werken (!). Mauerwerk ist ein in bauphysikalischerHinsicht (Wärmedämmung und –speicherung, Behag-lichkeit) und zur Aufnahme von Schwerelasten gutgeeigneter Baustoff. Für Erdbebeneinwirkung hinge-gen sind Mauerwerksbauten wenig geeignet. Einer-seits sind sie relativ steif, sie haben meist eine hoheEigenfrequenz – im Plateaubereich des Bemessungs-antwortspektrums der Beschleunigung – und erfahrenentsprechend grosse Erdbebenkräfte. Anderseits sindunbewehrte Mauerwerkswände ziemlich spröde undzeigen eine verhältnismässig geringe Energiedissipa-tion. Da bei solchen Mauerwerksbauten auch fürmoderate Erdbebeneinwirkung (z.B. Zone 1 nach SIA160) im Allgemeinen kein normgemässer Nachweiseiner genügenden Erdbebensicherheit möglich ist, sindzusätzliche Massnahmen erforderlich.Eine Möglichkeit besteht darin, unbewehrte Mauer-werksbauten durch kragarmförmige Stahlbetontrag-wände auszusteifen. Hiermit können vor allem diehorizontalen Verformungen des Mauerwerks begrenztund dadurch der Tragwiderstand für vertikale Lastenerhalten werden. Die Stahlbetontragwände müssengenügend steif gestaltet werden; massgebend sind die(horizontale) Wandlänge und der Vertikalbewehrungs-gehalt. Die Wände müssen ihren Anteil an der Erdbe-beneinwirkung im Allgemeinen «elastisch», d.h. ohnewesentliches Fliessen der Bewehrung, aufnehmen undin die Fundation ableiten können. Die horizontalenVerschiebungen der Stahlbetontragwände unter demBemessungsbeben dürfen die Bruchverschiebungender steifsten, d.h. längsten Mauerwerkswände nichtüberschreiten.

GS 12 Mauerwerksbauten durch Stahlbetontragwändeaussteifen!

Mauerwerksbauten durch Stahlbetontragwände aussteifen!

MauerwerkStahlbeton-tragwand Mauerwerk

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

12

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

Page 34: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

32

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

33

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

12/4 Tragende Mauerwerkswände, Stahlbetontragwände undDecken müssen druck- und schubfest sowie möglichst auch zugfestzusammenwirken (Schweiz 2001.

12/3 Dieser schliesslich 4-stöckige neue Mauerwerksbau wird inbeiden Hauptrichtungen durch je eine Stahlbetontragwandausgesteift. Zudem wird je eine lange Mauerwerkswand mit Lager-fugenbewehrung versehen und diese in den Stahlbetontragwändenverankert (Schweiz 2001).

12/5 Deshalb sollen tragende Mauerwerkswände undStahlbetontragwände mit sattgefüllten Mörtelfugen gestossenwerden (Schweiz 2001).

12/1 Solche – und auch niedrigere! – neue Mauerwerksbauten sindohne aussteifende Stahlbetontragwände durch Erdbeben extremverletzbar (Schweiz 2001).

12/2 Dieses neue 3-stöckige Einfamilienhaus mit tragendenunbewehrten Mauerwerkswänden wird in Längsrichtung durch jeeine Stahlbetontragwand in den Fassaden und in Querrichtungdurch eine Stahlbetontragwand im Gebäudeinnern ausgesteift(Schweiz 2001).

Traditionsgemäss werden in der Schweiz vor allemWohnhäuser und auch kleinere Gewerbebauten oftmit unbewehrten tragenden Mauerwerkswänden ausBacksteinen, Kalksandsteinen oder Zementsteinenausgeführt. Es gibt solche Bauten mit bis zu 16 Stock-werken (!). Mauerwerk ist ein in bauphysikalischerHinsicht (Wärmedämmung und –speicherung, Behag-lichkeit) und zur Aufnahme von Schwerelasten gutgeeigneter Baustoff. Für Erdbebeneinwirkung hinge-gen sind Mauerwerksbauten wenig geeignet. Einer-seits sind sie relativ steif, sie haben meist eine hoheEigenfrequenz – im Plateaubereich des Bemessungs-antwortspektrums der Beschleunigung – und erfahrenentsprechend grosse Erdbebenkräfte. Anderseits sindunbewehrte Mauerwerkswände ziemlich spröde undzeigen eine verhältnismässig geringe Energiedissipa-tion. Da bei solchen Mauerwerksbauten auch fürmoderate Erdbebeneinwirkung (z.B. Zone 1 nach SIA160) im Allgemeinen kein normgemässer Nachweiseiner genügenden Erdbebensicherheit möglich ist, sindzusätzliche Massnahmen erforderlich.Eine Möglichkeit besteht darin, unbewehrte Mauer-werksbauten durch kragarmförmige Stahlbetontrag-wände auszusteifen. Hiermit können vor allem diehorizontalen Verformungen des Mauerwerks begrenztund dadurch der Tragwiderstand für vertikale Lastenerhalten werden. Die Stahlbetontragwände müssengenügend steif gestaltet werden; massgebend sind die(horizontale) Wandlänge und der Vertikalbewehrungs-gehalt. Die Wände müssen ihren Anteil an der Erdbe-beneinwirkung im Allgemeinen «elastisch», d.h. ohnewesentliches Fliessen der Bewehrung, aufnehmen undin die Fundation ableiten können. Die horizontalenVerschiebungen der Stahlbetontragwände unter demBemessungsbeben dürfen die Bruchverschiebungender steifsten, d.h. längsten Mauerwerkswände nichtüberschreiten.

GS 12 Mauerwerksbauten durch Stahlbetontragwändeaussteifen!

Mauerwerksbauten durch Stahlbetontragwände aussteifen!

MauerwerkStahlbeton-tragwand Mauerwerk

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

12

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

Page 35: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

34

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

35

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

13/4 13/5 Auch eine vertikale Vorspannung kann durch dieeingebrachte Normalkraft das Erdbebenverhalten von Mauerwerks-wänden wesentlich verbessern (Schweiz 1996).

13/3 Bei dieser Bewehrungsart reichen die vertikalen Schlaufenoben und unten in zwei Steinschichten hinein. Wichtig sind immerauch die Anschlusseisen zur Einspannung der Wände in den Deckenbzw. in den unteren Wänden (Schweiz 1998).

Eine zu Grundsatz 12 alternative Möglichkeit, Mauer-werksbauten für Erdbebeneinwirkung wesentlichgeeigneter zu machen, ist das Bewehren von einigenin Längsrichtung steifen d.h. (horizontal) langenMauerwerkswänden. In diesen müssen beispielsweiseeine vertikale und horizontale Minimalbewehrung undeine verstärkte vertikale Randbewehrung angeordnetwerden [Ba 02]. Dadurch kann Gleiten in den Lagerfu-gen verhindert und eine gewisse Verschiebeduktilitätbis µ∆ =~ 2 erreicht werden. Die bewehrten Wändekönnen deshalb als «Horizontal tragende Mauerwerks-wände» bezeichnet werden. Die horizontalenVerschiebungen der bewehrten Mauerwerkswände inihrer Ebene unter dem Bemessungsbeben dürfen dieBruchverschiebungen der steifsten d.h. längstenunbewehrten Mauerwerkswände nicht überschreiten,sodass deren Tragwiderstand für vertikale Lastenerhalten bleibt.

GS 13 Horizontal tragende Mauerwerkswändebewehren!

13/1 13/2 Bewehrtes Mauerwerk erfordert besondere Mauersteinevor allem für das Einbringen und Vermörteln der vertikalen Beweh-rungsstäbe. Weltweit sind Entwicklungen für Bewehrungssystemeund entsprechende Mauersteine im Gange. Die beiden Bilder zeigenNeuentwicklungen der Ziegelindustrie (Schweiz 1998).

Horizontal tragende Mauerwerkswände

bewehren!

Minimalbewehrung

Randbewehrung

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

13

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

Page 36: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

34

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

35

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

13/4 13/5 Auch eine vertikale Vorspannung kann durch dieeingebrachte Normalkraft das Erdbebenverhalten von Mauerwerks-wänden wesentlich verbessern (Schweiz 1996).

13/3 Bei dieser Bewehrungsart reichen die vertikalen Schlaufenoben und unten in zwei Steinschichten hinein. Wichtig sind immerauch die Anschlusseisen zur Einspannung der Wände in den Deckenbzw. in den unteren Wänden (Schweiz 1998).

Eine zu Grundsatz 12 alternative Möglichkeit, Mauer-werksbauten für Erdbebeneinwirkung wesentlichgeeigneter zu machen, ist das Bewehren von einigenin Längsrichtung steifen d.h. (horizontal) langenMauerwerkswänden. In diesen müssen beispielsweiseeine vertikale und horizontale Minimalbewehrung undeine verstärkte vertikale Randbewehrung angeordnetwerden [Ba 02]. Dadurch kann Gleiten in den Lagerfu-gen verhindert und eine gewisse Verschiebeduktilitätbis µ∆ =~ 2 erreicht werden. Die bewehrten Wändekönnen deshalb als «Horizontal tragende Mauerwerks-wände» bezeichnet werden. Die horizontalenVerschiebungen der bewehrten Mauerwerkswände inihrer Ebene unter dem Bemessungsbeben dürfen dieBruchverschiebungen der steifsten d.h. längstenunbewehrten Mauerwerkswände nicht überschreiten,sodass deren Tragwiderstand für vertikale Lastenerhalten bleibt.

GS 13 Horizontal tragende Mauerwerkswändebewehren!

13/1 13/2 Bewehrtes Mauerwerk erfordert besondere Mauersteinevor allem für das Einbringen und Vermörteln der vertikalen Beweh-rungsstäbe. Weltweit sind Entwicklungen für Bewehrungssystemeund entsprechende Mauersteine im Gange. Die beiden Bilder zeigenNeuentwicklungen der Ziegelindustrie (Schweiz 1998).

Horizontal tragende Mauerwerkswände

bewehren!

Minimalbewehrung

Randbewehrung

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

13

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

Page 37: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

36

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

Seite 3713/8 Bei Giebelwänden (Kragarme) und bei anderen in horizontalerRichtung kaum gehaltenen Mauerwerkswänden sowie für stärkereErdbeben eventuell auch bei Wänden mit aufliegenden Deckenmüssen die Beanspruchungen quer zur Wandebene ebenfallsbetrachtet werden. Hier versagten die Wände im oberen Stockwerkmit geringer Normalkraft durch die «Aus-der-Ebene»-Beanspruchung(Loma Prieta 1989). Eine Bewehrung, eine vertikale Vorspannungoder aufgeklebte Lamellen können auch solches verhindern.

13/6 Festigkeit und Duktiltät von Mauerwerkswänden bestehenderBauten können durch Lamellen aus Kohlefasern oder aus Stahlverbessert werden.

13/7 Die Lamellen müssen sorgfältig aufgeklebt und in denGeschossdecken verankert werden (Schweiz 1997).

Page 38: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

36

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

Seite 3713/8 Bei Giebelwänden (Kragarme) und bei anderen in horizontalerRichtung kaum gehaltenen Mauerwerkswänden sowie für stärkereErdbeben eventuell auch bei Wänden mit aufliegenden Deckenmüssen die Beanspruchungen quer zur Wandebene ebenfallsbetrachtet werden. Hier versagten die Wände im oberen Stockwerkmit geringer Normalkraft durch die «Aus-der-Ebene»-Beanspruchung(Loma Prieta 1989). Eine Bewehrung, eine vertikale Vorspannungoder aufgeklebte Lamellen können auch solches verhindern.

13/6 Festigkeit und Duktiltät von Mauerwerkswänden bestehenderBauten können durch Lamellen aus Kohlefasern oder aus Stahlverbessert werden.

13/7 Die Lamellen müssen sorgfältig aufgeklebt und in denGeschossdecken verankert werden (Schweiz 1997).

Page 39: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

38

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

14/1 Hier wurden die nichttragenden Zwischenwände zerstört,obschon sich das Rahmentragwerk nur wenig verformt hat undkaum Schäden aufweist, und obwohl sogar die Fenster intaktgeblieben sind (Armenien 1988).

14/2 Und hier wird eine zerstörte Zwischenwand einfach wiederaufgemauert – bis zum nächsten Erdbeben… (Adana-Ceyhan Türkei1998).

Seite 3914/3 Die Glasfassade des neuen Hochhauses hat ein starkes Erdbe-ben nahezu schadlos überstanden, dank speziellen nachgiebigenBefestigungselementen für die Fassadenbauteile (Kobe Japan 1995).

Werden verformungsempfindliche nichttragendeZwischenwände und Fassadenbauteile (z.B. aus Mauer-werk) in ein horizontal weiches Tragwerk (z.B. Rah-men) fugenlos eingebaut, so können bereits bei relativschwachen Erdbeben erhebliche Schäden entstehen.Erfahrungen haben gezeigt, dass in solchen Fällen einGebäude unter Umständen abgebrochen werdenmuss, obwohl das Tragwerk keine oder keine wesent-lichen Schäden erlitten hat. Eine moderne Erdbebensi-cherung wird deshalb die Steifigkeit des Tragwerks unddie Verformungsempfindlichkeit der nichttragendenZwischenwände und Fassadenbauteile aufeinanderabstimmen. Entscheidend sind die Stockwerksschief-stellung des Tragwerks, d.h. das Verhältnis derStockwerksverschiebung d zur Stockwerkshöhe h, unddie Schadenanfälligkeit der nichttragenden Bauteile inAbhängigkeit von der Stockwerkschiefstellung. Beigeschickter Wahl bzw. Kombination von Tragwerk undnichttragenden Bauteilen können Schäden bis zurelativ starken Erdbeben verhindert werden.

GS 14 Tragwerk und nichttragende Bauteile aufeinanderabstimmen!

Tragwerk und nichttragende Bauteile aufeinander abstimmen!

Massgebende Grösse:Stockwerks-

schiefstellung

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

14

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

Page 40: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

38

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

14/1 Hier wurden die nichttragenden Zwischenwände zerstört,obschon sich das Rahmentragwerk nur wenig verformt hat undkaum Schäden aufweist, und obwohl sogar die Fenster intaktgeblieben sind (Armenien 1988).

14/2 Und hier wird eine zerstörte Zwischenwand einfach wiederaufgemauert – bis zum nächsten Erdbeben… (Adana-Ceyhan Türkei1998).

Seite 3914/3 Die Glasfassade des neuen Hochhauses hat ein starkes Erdbe-ben nahezu schadlos überstanden, dank speziellen nachgiebigenBefestigungselementen für die Fassadenbauteile (Kobe Japan 1995).

Werden verformungsempfindliche nichttragendeZwischenwände und Fassadenbauteile (z.B. aus Mauer-werk) in ein horizontal weiches Tragwerk (z.B. Rah-men) fugenlos eingebaut, so können bereits bei relativschwachen Erdbeben erhebliche Schäden entstehen.Erfahrungen haben gezeigt, dass in solchen Fällen einGebäude unter Umständen abgebrochen werdenmuss, obwohl das Tragwerk keine oder keine wesent-lichen Schäden erlitten hat. Eine moderne Erdbebensi-cherung wird deshalb die Steifigkeit des Tragwerks unddie Verformungsempfindlichkeit der nichttragendenZwischenwände und Fassadenbauteile aufeinanderabstimmen. Entscheidend sind die Stockwerksschief-stellung des Tragwerks, d.h. das Verhältnis derStockwerksverschiebung d zur Stockwerkshöhe h, unddie Schadenanfälligkeit der nichttragenden Bauteile inAbhängigkeit von der Stockwerkschiefstellung. Beigeschickter Wahl bzw. Kombination von Tragwerk undnichttragenden Bauteilen können Schäden bis zurelativ starken Erdbeben verhindert werden.

GS 14 Tragwerk und nichttragende Bauteile aufeinanderabstimmen!

Tragwerk und nichttragende Bauteile aufeinander abstimmen!

Massgebende Grösse:Stockwerks-

schiefstellung

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

14

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

Page 41: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

40

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

41

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

15/2 Die Dicke der Fugen – hier eine horizontale Fuge zwischen derMauerwerkswand und der Decke – und die Dimensionen derBefestigungen von Haltewinkeln (Schrauben) müssen auf dieVerformungen des Tragwerks und die Beanspruchungen beimgewählten Schutzniveau (Stärke des Schadengrenzebebens)abgestimmt werden (Schweiz 1994).

15/3 Diese Fuge zwischen der Mauerwerkswand und einer Stahlbe-tontragwand wurde durch Hartschaumplatten gefüllt. Hartschaum-stoff ist für Erdbebenverschiebungen jedoch zu steif; ein bessergeeignetes Material ist z.B. Gummischrot (Schweiz 1994).

In nicht sehr steifen Skelettbauten kann es zweckmäs-sig sein, nichttragende Zwischenwände – insbesonderein ihrer Ebene steife und spröde Mauerwerkswände –durch weiche Fugen vom Tragwerk abzutrennen.Damit kann vermieden werden, dass schon bei relativschwachen Erdbeben Schäden entstehen. Die Fugensind entlang von Stützen, Tragwänden und Deckenanzuordnen, und sie müssen durch einen sehr nachgie-bigen, jedoch zugleich möglichst schallhemmendenStoff gefüllt werden, z.B. durch Platten ausGummischrot; Hartschaumstoffe, Kork, usw. sind imAllgemeinen zu steif. Die erforderliche Fugendicke vontypischerweise 20 bis 40 mm hängt von der Steifigkeitdes Tragwerks und der Verformungsempfindlichkeitder Zwischenwände sowie vom gewählten Schutzni-veau (Schadengrenzebeben < Bemessungsbeben) ab[D0171]. Im Allgemeinen müssen die Zwischenwändeauch gegen Querbeschleunigungen (Plattenwirkung)gesichert werden, z.B. durch Haltewinkel.

GS 15 Nichttragende Mauerwerkswände inSkelettbauten durch Fugen abtrennen!

Gummischrot10–40 mm

Nichttragende Mauerwerkswände

in Skelettbauten durch Fugen abtrennen!

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

15

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

15/1 Hier wurde zwischen der Mauerwerkswand und derStahlbetonstütze eine – wohl wesentlich zu dünne – vertikale Fugeangeordnet (Schweiz 1994).

Page 42: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

40

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

41

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

15/2 Die Dicke der Fugen – hier eine horizontale Fuge zwischen derMauerwerkswand und der Decke – und die Dimensionen derBefestigungen von Haltewinkeln (Schrauben) müssen auf dieVerformungen des Tragwerks und die Beanspruchungen beimgewählten Schutzniveau (Stärke des Schadengrenzebebens)abgestimmt werden (Schweiz 1994).

15/3 Diese Fuge zwischen der Mauerwerkswand und einer Stahlbe-tontragwand wurde durch Hartschaumplatten gefüllt. Hartschaum-stoff ist für Erdbebenverschiebungen jedoch zu steif; ein bessergeeignetes Material ist z.B. Gummischrot (Schweiz 1994).

In nicht sehr steifen Skelettbauten kann es zweckmäs-sig sein, nichttragende Zwischenwände – insbesonderein ihrer Ebene steife und spröde Mauerwerkswände –durch weiche Fugen vom Tragwerk abzutrennen.Damit kann vermieden werden, dass schon bei relativschwachen Erdbeben Schäden entstehen. Die Fugensind entlang von Stützen, Tragwänden und Deckenanzuordnen, und sie müssen durch einen sehr nachgie-bigen, jedoch zugleich möglichst schallhemmendenStoff gefüllt werden, z.B. durch Platten ausGummischrot; Hartschaumstoffe, Kork, usw. sind imAllgemeinen zu steif. Die erforderliche Fugendicke vontypischerweise 20 bis 40 mm hängt von der Steifigkeitdes Tragwerks und der Verformungsempfindlichkeitder Zwischenwände sowie vom gewählten Schutzni-veau (Schadengrenzebeben < Bemessungsbeben) ab[D0171]. Im Allgemeinen müssen die Zwischenwändeauch gegen Querbeschleunigungen (Plattenwirkung)gesichert werden, z.B. durch Haltewinkel.

GS 15 Nichttragende Mauerwerkswände inSkelettbauten durch Fugen abtrennen!

Gummischrot10–40 mm

Nichttragende Mauerwerkswände

in Skelettbauten durch Fugen abtrennen!

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

15

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

15/1 Hier wurde zwischen der Mauerwerkswand und derStahlbetonstütze eine – wohl wesentlich zu dünne – vertikale Fugeangeordnet (Schweiz 1994).

Page 43: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

42

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

43

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

16/3 Auch dieser Schubbruch in der kurzen Eckstütze im Erdge-schoss eines Geschäftshauses hat nur knapp nicht zum Einsturzgeführt (Erzican Türkei 1992).

16/2 Hier wirkten die Mauerwerkspfeiler im Erdgeschoss einesRestaurants als kurze gedrungene Stützen. Sie wurden durchSchrägrisse stark beschädigt (Umbrien Italien 1997).

16/1 Die Kreuzrisse und Schubbrüche in den kurzen Stützen einesParkhauses haben beinahe einen Einsturz bewirkt (NorthridgeKalifornien 1994).

Das Schubversagen von sogenannten kurzen Stützenbildet eine häufige Einsturzursache von Gebäuden beiErdbeben. Es handelt sich um gedrungene d.h. imVerhältnis zu ihrer Höhe dicke Stützen, die oft instarken Riegeln eingespannt sind oder durch die nach-trägliche Anordnung von Brüstungen entstehen(«unplanmässig verkürzte Stützen»).Stützen in Rahmen können an den Enden maximal biszu ihrem plastischen Moment (Fliess– bzw. Bruchmo-ment) beansprucht werden. Bei kurzen Stützen mitbeträchtlicher Biegekapazität ergibt sich ein enormerMomentengradient und somit eine grosse Querkraft,die oft schon vor dem Erreichen des plastischenMoments zu einem Schubbruch führt. Kurze Stützensollten deshalb vermieden werden. Eine Alternativedazu ist eine Gestaltung der Stützen gemäss denRegeln der Kapazitätsbemessung, wobei die Querkraftentsprechend der Überfestigkeit der Vertikalbeweh-rung vergrössert werden muss [Ba 02] [PP 92].

GS 16 Kurze Stützen vermeiden!

��

Kurze Stützen vermeiden!

EnormerMomentengradient

Schubbruch!

Mpl

Mpl

l

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

16

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

Page 44: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

42

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

43

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

16/3 Auch dieser Schubbruch in der kurzen Eckstütze im Erdge-schoss eines Geschäftshauses hat nur knapp nicht zum Einsturzgeführt (Erzican Türkei 1992).

16/2 Hier wirkten die Mauerwerkspfeiler im Erdgeschoss einesRestaurants als kurze gedrungene Stützen. Sie wurden durchSchrägrisse stark beschädigt (Umbrien Italien 1997).

16/1 Die Kreuzrisse und Schubbrüche in den kurzen Stützen einesParkhauses haben beinahe einen Einsturz bewirkt (NorthridgeKalifornien 1994).

Das Schubversagen von sogenannten kurzen Stützenbildet eine häufige Einsturzursache von Gebäuden beiErdbeben. Es handelt sich um gedrungene d.h. imVerhältnis zu ihrer Höhe dicke Stützen, die oft instarken Riegeln eingespannt sind oder durch die nach-trägliche Anordnung von Brüstungen entstehen(«unplanmässig verkürzte Stützen»).Stützen in Rahmen können an den Enden maximal biszu ihrem plastischen Moment (Fliess– bzw. Bruchmo-ment) beansprucht werden. Bei kurzen Stützen mitbeträchtlicher Biegekapazität ergibt sich ein enormerMomentengradient und somit eine grosse Querkraft,die oft schon vor dem Erreichen des plastischenMoments zu einem Schubbruch führt. Kurze Stützensollten deshalb vermieden werden. Eine Alternativedazu ist eine Gestaltung der Stützen gemäss denRegeln der Kapazitätsbemessung, wobei die Querkraftentsprechend der Überfestigkeit der Vertikalbeweh-rung vergrössert werden muss [Ba 02] [PP 92].

GS 16 Kurze Stützen vermeiden!

��

Kurze Stützen vermeiden!

EnormerMomentengradient

Schubbruch!

Mpl

Mpl

l

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

16

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

Page 45: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

44

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

45

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

17/6 Eine Möglichkeit, die ungünstige Wirkung von Brüstungen inRahmen zu vermeiden oder stark zu reduzieren, ist die Anordnungvon Fugen zwischen Brüstung und Stützen. Die Fuge hier istgrundsätzlich zweckmässig ausgebildet, da sie durch eine weicheund daher stark zusammendrückbare Steinwolleplatte gefüllt ist. Die Fugenbreite erlaubt jedoch nur eine zwängungsfreie Stützen-schiefstellung von ~ 1 % (Schweiz 2001).

17/4 Auch hier bewirkte das Einfügen von Mauerwerkswänden mitFensterbändern hohe Zusatzbeanspruchungen und den Bruch vonRahmenstützen. Die massive Ausbildung und das relativ guteVerhalten der Stütze rechts im Bild hat dazu beigetragen, dass dasBauwerk knapp nicht eingestürzt ist.

17/5 Die Stützen wiesen eine mangelhafte konstruktive Durchbildungauf (Bügel mit 90°- anstatt 135°-Haken und mit entsprechendemVerankerungsbruch, vergleiche Grundsatz 25). Ohne die ungünstigeWirkung der eingefügten Wände hätte sich diese Stütze aber vielbesser verhalten (Izmit Türkei 1999).

17/2 Links neben der zerstörten Stütze befand sich eine analogeFensteröffnung wie links aussen im Bild. Der – bereits abgebrochene –Mauerwerksteil unter den Fensteröffnungen wirkte wie eineeingefügte Brüstung. Diese bewegte sich nach rechts, stiess gegendie Stütze und scherte sie ab.

17/3 Vermutlich hätte eine bessere Querbewehrung der Stütze(Bügel und Verbindungsstäbe in engen Abständen) den Schubbruchverhindert. Das «Grundübel» war jedoch das durch die Brüstungbewirkte Phänomen der kurzen Stützen (Izmit Türkei 1999).

Das fugenlose Einfügen von Brüstungen in ein Rahmen-tragwerk kann das Phänomen der kurzen Stützenbewirken (siehe vorstehender Grundsatz). Es entstehtein Schubbruch oder – bei genügender Schubfestigkeit –ein Stützenmechanismus mit unter Umständenbeträchlichen Effekten 2. Ordnung (N-∆-Effekt).

17/1 Hier führte das Einfügen von Brüstungen in einen Rahmenzum Phänomen der kurzen Stützen. Dank der guten Verbügelungentstand jedoch kein eigentlicher Schubbruch sondern ein ebensogefährlicher Stützenmechanismus (Friaul Italien 1976).

GS 17 Brüstungen in Rahmen vermeiden!

Brüstungen in Rahmen vermeiden!

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

17

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

Page 46: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

44

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

45

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

17/6 Eine Möglichkeit, die ungünstige Wirkung von Brüstungen inRahmen zu vermeiden oder stark zu reduzieren, ist die Anordnungvon Fugen zwischen Brüstung und Stützen. Die Fuge hier istgrundsätzlich zweckmässig ausgebildet, da sie durch eine weicheund daher stark zusammendrückbare Steinwolleplatte gefüllt ist. Die Fugenbreite erlaubt jedoch nur eine zwängungsfreie Stützen-schiefstellung von ~ 1 % (Schweiz 2001).

17/4 Auch hier bewirkte das Einfügen von Mauerwerkswänden mitFensterbändern hohe Zusatzbeanspruchungen und den Bruch vonRahmenstützen. Die massive Ausbildung und das relativ guteVerhalten der Stütze rechts im Bild hat dazu beigetragen, dass dasBauwerk knapp nicht eingestürzt ist.

17/5 Die Stützen wiesen eine mangelhafte konstruktive Durchbildungauf (Bügel mit 90°- anstatt 135°-Haken und mit entsprechendemVerankerungsbruch, vergleiche Grundsatz 25). Ohne die ungünstigeWirkung der eingefügten Wände hätte sich diese Stütze aber vielbesser verhalten (Izmit Türkei 1999).

17/2 Links neben der zerstörten Stütze befand sich eine analogeFensteröffnung wie links aussen im Bild. Der – bereits abgebrochene –Mauerwerksteil unter den Fensteröffnungen wirkte wie eineeingefügte Brüstung. Diese bewegte sich nach rechts, stiess gegendie Stütze und scherte sie ab.

17/3 Vermutlich hätte eine bessere Querbewehrung der Stütze(Bügel und Verbindungsstäbe in engen Abständen) den Schubbruchverhindert. Das «Grundübel» war jedoch das durch die Brüstungbewirkte Phänomen der kurzen Stützen (Izmit Türkei 1999).

Das fugenlose Einfügen von Brüstungen in ein Rahmen-tragwerk kann das Phänomen der kurzen Stützenbewirken (siehe vorstehender Grundsatz). Es entstehtein Schubbruch oder – bei genügender Schubfestigkeit –ein Stützenmechanismus mit unter Umständenbeträchlichen Effekten 2. Ordnung (N-∆-Effekt).

17/1 Hier führte das Einfügen von Brüstungen in einen Rahmenzum Phänomen der kurzen Stützen. Dank der guten Verbügelungentstand jedoch kein eigentlicher Schubbruch sondern ein ebensogefährlicher Stützenmechanismus (Friaul Italien 1976).

GS 17 Brüstungen in Rahmen vermeiden!

Brüstungen in Rahmen vermeiden!

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

17

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

Page 47: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

46

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

47

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

18/3 Auch diese fachwerkartige Tragkonstruktion zeigteStabilitätsversagen von Stäben und zahlreiche lokale Schäden (Kobe Japan 1995).

18/1 Diagonalstäbe mit Breitflanschquerschnitt sind um ihreschwache Axe geknickt …

18/2 … und gebrochen (Kobe Japan 1995).

Zur Aussteifung von Hochbauten – vor allem Industrie-bauten – können auch Stahlfachwerke angeordnetwerden. Solche müssen jedoch sehr sorgfältig gewähltund bemessen werden. Denn übliche Fachwerke mitzentrischen Anschlüssen in den Knoten und mitschlanken Diagonalstäben können bei zyklischer Bean-spruchung ein sehr ungünstiges Verhalten zeigen: DieDiagonalstäbe fliessen unter Zug und werden immerlänger, und sie knicken unter Druck. Bei der Hin- undHerbewegung ist daher beim Nulldurchgang dieSteifigkeit nur noch klein, und dynamische Effektekönnen zu einem baldigen Versagen beitragen. SolcheFachwerke sollen deshalb nur für elastisches Verhaltenoder allenfalls sehr niedrige Duktilität bemessenwerden. Zusätzlich ist die Kompatibilität der Verfor-mungen der Fachwerke mit denjenigen anderertragender und nichttragender Bauteile zu überprüfen,was zur Anordnung steiferer Fachwerke oder anders-artiger Aussteifungen (Wände) führen kann.Wesentlich besser als Fachwerke mit zentrischenAnschlüssen und schlanken Stäben verhalten sichFachwerke mit exzentrischen Anschlüssen undgedrungenen Stäben [Ba 02].

GS 18 Fachwerke sorgfältig wählen und bemessen!

Fachwerke sorgfältig wählen

und bemessen!

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

18

Page 48: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

46

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

47

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

18/3 Auch diese fachwerkartige Tragkonstruktion zeigteStabilitätsversagen von Stäben und zahlreiche lokale Schäden (Kobe Japan 1995).

18/1 Diagonalstäbe mit Breitflanschquerschnitt sind um ihreschwache Axe geknickt …

18/2 … und gebrochen (Kobe Japan 1995).

Zur Aussteifung von Hochbauten – vor allem Industrie-bauten – können auch Stahlfachwerke angeordnetwerden. Solche müssen jedoch sehr sorgfältig gewähltund bemessen werden. Denn übliche Fachwerke mitzentrischen Anschlüssen in den Knoten und mitschlanken Diagonalstäben können bei zyklischer Bean-spruchung ein sehr ungünstiges Verhalten zeigen: DieDiagonalstäbe fliessen unter Zug und werden immerlänger, und sie knicken unter Druck. Bei der Hin- undHerbewegung ist daher beim Nulldurchgang dieSteifigkeit nur noch klein, und dynamische Effektekönnen zu einem baldigen Versagen beitragen. SolcheFachwerke sollen deshalb nur für elastisches Verhaltenoder allenfalls sehr niedrige Duktilität bemessenwerden. Zusätzlich ist die Kompatibilität der Verfor-mungen der Fachwerke mit denjenigen anderertragender und nichttragender Bauteile zu überprüfen,was zur Anordnung steiferer Fachwerke oder anders-artiger Aussteifungen (Wände) führen kann.Wesentlich besser als Fachwerke mit zentrischenAnschlüssen und schlanken Stäben verhalten sichFachwerke mit exzentrischen Anschlüssen undgedrungenen Stäben [Ba 02].

GS 18 Fachwerke sorgfältig wählen und bemessen!

Fachwerke sorgfältig wählen

und bemessen!

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

18

Page 49: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

48

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

19/5 19/6 Am Fuss der Stütze eines Hauptrahmens in einemHochhaus aus Stahl bildete sich ein breiter Riss (rechts im oberenBild). Als Ursache wurden hohe zyklische Normalkräfte, Auswir-kungen der Dehngeschwindigkeit, Materialfehler, Schweissfehler undTemperaturwirkungen in Betracht gezogen (Kobe Japan 1995).

19/3 Dieses Bild zeigt einen Bruch in einem typischen Rahmen-knoten; es versagte die geschweisste Verbindung zwischen der Stützeund dem Träger durch einen breiten Riss (Kobe Japan 1995).

19/4 Am Fuss der Stütze eines 3-stöckigen Rahmens erfolgte einlokales Ausbeulen des Kastenquerschnitts; dabei wurde die weisseFarbe abgesprengt (Kobe Japan 1995).

49

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

19/1 Dieser Stahlrahmen erlitt grosse verbleibende Verformungen.Vermutlich waren keine weiteren Aussteifungen vorhanden, und dieAusbildung der Knoten für zyklische Beanspruchung war mangelhaft(Kobe Japan 1995).

19/2 Hier versagten die Schrauben in der Verbindung des Trägerszur Stütze (Kobe Japan 1995).

Der Baustoff Stahl an und für sich weist im Allgemei-nen ein gutes plastisches Verformungsvermögen(Dehnungsduktilität) auf. Trotzdem können Bauteileund ganze Tragwerke aus Stahl bei zyklischerBeanspruchung ein wenig duktiles oder sogar sprödesVerhalten zeigen, vor allem infolge von lokalenInstabilitäten und Brüchen. Beispielsweise könnenbreite Flanschen von Stützen und Trägern in plastischenBereichen beulen oder in und bei Schweissnähtenversagen. Daher müssen beim konzeptionellen Entwurf,bei der Wahl der Stabquerschnitte («Querschnittsklas-sen») und bei massgebenden Details bestimmte Anfor-derungen erfüllt, Regeln eingehalten und eventuell weitere Massnahmen ergriffen werden [Ba 02] [EC 8].

GS 19 Stahltragwerke duktil gestalten!

Stahltragwerke duktil gestalten!

EntscheidendeBereiche

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

19

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

Page 50: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

48

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

19/5 19/6 Am Fuss der Stütze eines Hauptrahmens in einemHochhaus aus Stahl bildete sich ein breiter Riss (rechts im oberenBild). Als Ursache wurden hohe zyklische Normalkräfte, Auswir-kungen der Dehngeschwindigkeit, Materialfehler, Schweissfehler undTemperaturwirkungen in Betracht gezogen (Kobe Japan 1995).

19/3 Dieses Bild zeigt einen Bruch in einem typischen Rahmen-knoten; es versagte die geschweisste Verbindung zwischen der Stützeund dem Träger durch einen breiten Riss (Kobe Japan 1995).

19/4 Am Fuss der Stütze eines 3-stöckigen Rahmens erfolgte einlokales Ausbeulen des Kastenquerschnitts; dabei wurde die weisseFarbe abgesprengt (Kobe Japan 1995).

49

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

19/1 Dieser Stahlrahmen erlitt grosse verbleibende Verformungen.Vermutlich waren keine weiteren Aussteifungen vorhanden, und dieAusbildung der Knoten für zyklische Beanspruchung war mangelhaft(Kobe Japan 1995).

19/2 Hier versagten die Schrauben in der Verbindung des Trägerszur Stütze (Kobe Japan 1995).

Der Baustoff Stahl an und für sich weist im Allgemei-nen ein gutes plastisches Verformungsvermögen(Dehnungsduktilität) auf. Trotzdem können Bauteileund ganze Tragwerke aus Stahl bei zyklischerBeanspruchung ein wenig duktiles oder sogar sprödesVerhalten zeigen, vor allem infolge von lokalenInstabilitäten und Brüchen. Beispielsweise könnenbreite Flanschen von Stützen und Trägern in plastischenBereichen beulen oder in und bei Schweissnähtenversagen. Daher müssen beim konzeptionellen Entwurf,bei der Wahl der Stabquerschnitte («Querschnittsklas-sen») und bei massgebenden Details bestimmte Anfor-derungen erfüllt, Regeln eingehalten und eventuell weitere Massnahmen ergriffen werden [Ba 02] [EC 8].

GS 19 Stahltragwerke duktil gestalten!

Stahltragwerke duktil gestalten!

EntscheidendeBereiche

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

19

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

Page 51: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

50

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

51

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

20/3 Das moderne Stahlbetongebäude links wurde durch denZusammenprall mit dem älteren sehr steifen Gebäude rechts zumEinsturz gebracht (Mexico 1985).

20/4 Das eingestürzte Gebäude war eine Erweiterung des älterenGebäudes links, aber ohne genügende Fugenbreite oder – alternativ –eine feste Verbindung zu diesem. Beim Erdbeben prallte das ältereGebäude gegen das neue und brachte es zum Einsturz (Kobe Japan1995).

20/2 An diesen beiden sehr unterschiedlichen Gebäuden entstandendurch den Zusammenprall erhebliche Schäden (Mexico 1985).

20/1 Bei dieser Fuge zwischen zwei ähnlichen Gebäuden mitGeschossdecken auf gleicher Höhe bewirkte der ZusammenprallSchäden in den Fassaden sowie Abplatzungen usw. am Tragwerk(Mexico 1985).

Durch den Zusammenprall (pounding) und das Gegen-einanderhämmern (hammering) benachbarter Gebäu-de können erhebliche Schäden und oft auch Einstürzebewirkt werden. Einsturzgefahr besteht vor allemdann, wenn Geschossdecken der benachbartenGebäude auf unterschiedlicher Höhe liegen und gegenStützen prallen können. In solchen Fällen müssen dieFugen fachgerecht ausgebildet werden, das heisst:1) Die Fugen müssen eine gewisse Mindestbreite

haben (Angaben in Normen)2) Die Fugen müssen leer sein und dürfen keine

Kontaktbrücken aufweisenUm das freie Schwingen benachbarter Gebäude zuermöglichen und den Anprall zu vermeiden, ist oft eineerhebliche Fugenbreite erforderlich. Sofern die Tragele-mente beim Anprall ihren Tragwiderstand nichtverlieren, sind auch andere Lösungen möglich [EC 8].

GS 20 Fugen zwischen benachbarten Gebäudenfachgerecht ausbilden!

Fugen zwischen benachbarten Gebäuden fachgerecht ausbilden!

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

20

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

Page 52: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

50

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

51

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

20/3 Das moderne Stahlbetongebäude links wurde durch denZusammenprall mit dem älteren sehr steifen Gebäude rechts zumEinsturz gebracht (Mexico 1985).

20/4 Das eingestürzte Gebäude war eine Erweiterung des älterenGebäudes links, aber ohne genügende Fugenbreite oder – alternativ –eine feste Verbindung zu diesem. Beim Erdbeben prallte das ältereGebäude gegen das neue und brachte es zum Einsturz (Kobe Japan1995).

20/2 An diesen beiden sehr unterschiedlichen Gebäuden entstandendurch den Zusammenprall erhebliche Schäden (Mexico 1985).

20/1 Bei dieser Fuge zwischen zwei ähnlichen Gebäuden mitGeschossdecken auf gleicher Höhe bewirkte der ZusammenprallSchäden in den Fassaden sowie Abplatzungen usw. am Tragwerk(Mexico 1985).

Durch den Zusammenprall (pounding) und das Gegen-einanderhämmern (hammering) benachbarter Gebäu-de können erhebliche Schäden und oft auch Einstürzebewirkt werden. Einsturzgefahr besteht vor allemdann, wenn Geschossdecken der benachbartenGebäude auf unterschiedlicher Höhe liegen und gegenStützen prallen können. In solchen Fällen müssen dieFugen fachgerecht ausgebildet werden, das heisst:1) Die Fugen müssen eine gewisse Mindestbreite

haben (Angaben in Normen)2) Die Fugen müssen leer sein und dürfen keine

Kontaktbrücken aufweisenUm das freie Schwingen benachbarter Gebäude zuermöglichen und den Anprall zu vermeiden, ist oft eineerhebliche Fugenbreite erforderlich. Sofern die Tragele-mente beim Anprall ihren Tragwiderstand nichtverlieren, sind auch andere Lösungen möglich [EC 8].

GS 20 Fugen zwischen benachbarten Gebäudenfachgerecht ausbilden!

Fugen zwischen benachbarten Gebäuden fachgerecht ausbilden!

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

20

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

Page 53: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

52

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

22/1 Bei diesem Gebäude ist ein Eckbereich eingestürzt. Die Decken bestanden nur aus vorfabrizierten Elementen ohnebewehrten Überbeton und ohne bewehrte Verbindungen zu denvertikalen Tragelementen (Armenien 1988).

In mehrstöckigen Gebäuden müssen die Geschossde-cken als praktisch starre Scheiben wirken können. Undsie müssen mit sämtlichen vertikalen Tragelementenschubfest verbunden sein, um den «Querschnitt desKragarmstabes» zu erhalten (Diaphragmawirkung). Die Decken haben somit den Zusammenhalt inhorizontaler Richtung zu sichern und die Erdbebenkräfteund –verschiebungen auf die vertikalen Tragelementeentsprechend deren Steifigkeiten zu verteilen. Ungenü-gend sind z.B. Decken aus vorfabrizierten Elementenohne gut haftenden und bewehrten Überbeton. Vielbesser sind monolithische Decken aus Stahlbeton, indenen wenn nötig verstärkte Randbewehrungenangeordnet sind.

53

GS 22 Durch die Deckenscheiben den Zusammenhaltsichern und die Kräfte verteilen!

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

��

��

Durch die Deckenscheiben den Zusammenhalt sichern und

die Kräfte verteilen!

ungünstig besser

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

22

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

21/1 Solche rechtwinklig zueinander stehende Gebäudeflügelsollten durch eine genügend breite und sehr weiche, flexible Fuge getrennt werden, damit sie unabhängig voneinander schwingenkönnen (Schweiz 2001).

Bei der Gestaltung von Gebäudegrundrissen sollte mansich das dynamische Verhalten der Baukörpermöglichst konkret vorstellen. Im L-förmigen und somitstark aufgelösten Grundriss des dargestellten Beispielssind die Steifigkeiten des linken und des rechtenGebäudeflügels für eine horizontale Erdbebeneinwir-kung in einer Hauptrichtung sehr verschieden. Die beiden Flügel möchten daher stark verschiedenschwingen, doch behindern sie sich gegenseitig. Dies führt vor allem im Eckbereich in den Deckenschei-ben und an den Flügelenden im ganzen Tragwerk zugrossen Zusatzbeanspruchungen und entsprechenden,oft sehr aufwendigen Massnahmen. Dies kannverhindert werden bei Auftrennung der beiden Gebäu-deflügel durch eine fachgerecht ausgebildete Fuge. Es entstehen dann zwei rechteckige und somit je fürsich sehr kompakte Grundrisse bzw. Baukörper, diebeide ein ungehindertes «dynamisches Eigenleben»führen können.

GS 21 Kompakte Grundrisse anstreben!

Kompakte Grundrisse anstreben!

ungünstig besser

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

21

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

Page 54: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

52

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

22/1 Bei diesem Gebäude ist ein Eckbereich eingestürzt. Die Decken bestanden nur aus vorfabrizierten Elementen ohnebewehrten Überbeton und ohne bewehrte Verbindungen zu denvertikalen Tragelementen (Armenien 1988).

In mehrstöckigen Gebäuden müssen die Geschossde-cken als praktisch starre Scheiben wirken können. Undsie müssen mit sämtlichen vertikalen Tragelementenschubfest verbunden sein, um den «Querschnitt desKragarmstabes» zu erhalten (Diaphragmawirkung). Die Decken haben somit den Zusammenhalt inhorizontaler Richtung zu sichern und die Erdbebenkräfteund –verschiebungen auf die vertikalen Tragelementeentsprechend deren Steifigkeiten zu verteilen. Ungenü-gend sind z.B. Decken aus vorfabrizierten Elementenohne gut haftenden und bewehrten Überbeton. Vielbesser sind monolithische Decken aus Stahlbeton, indenen wenn nötig verstärkte Randbewehrungenangeordnet sind.

53

GS 22 Durch die Deckenscheiben den Zusammenhaltsichern und die Kräfte verteilen!

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

��

��

Durch die Deckenscheiben den Zusammenhalt sichern und

die Kräfte verteilen!

ungünstig besser

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

22

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

21/1 Solche rechtwinklig zueinander stehende Gebäudeflügelsollten durch eine genügend breite und sehr weiche, flexible Fuge getrennt werden, damit sie unabhängig voneinander schwingenkönnen (Schweiz 2001).

Bei der Gestaltung von Gebäudegrundrissen sollte mansich das dynamische Verhalten der Baukörpermöglichst konkret vorstellen. Im L-förmigen und somitstark aufgelösten Grundriss des dargestellten Beispielssind die Steifigkeiten des linken und des rechtenGebäudeflügels für eine horizontale Erdbebeneinwir-kung in einer Hauptrichtung sehr verschieden. Die beiden Flügel möchten daher stark verschiedenschwingen, doch behindern sie sich gegenseitig. Dies führt vor allem im Eckbereich in den Deckenschei-ben und an den Flügelenden im ganzen Tragwerk zugrossen Zusatzbeanspruchungen und entsprechenden,oft sehr aufwendigen Massnahmen. Dies kannverhindert werden bei Auftrennung der beiden Gebäu-deflügel durch eine fachgerecht ausgebildete Fuge. Es entstehen dann zwei rechteckige und somit je fürsich sehr kompakte Grundrisse bzw. Baukörper, diebeide ein ungehindertes «dynamisches Eigenleben»führen können.

GS 21 Kompakte Grundrisse anstreben!

Kompakte Grundrisse anstreben!

ungünstig besser

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

21

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

Page 55: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

54

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

55

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

Duktile, d.h. im plastischen Beanspruchungsbereichstark verformungsfähige Tragwerke bieten gegenüberanalogen spröden Tragwerken meist wesentlicheVorteile. Vor allem kann der erforderliche Tragwider-stand reduziert werden, was erhebliche Einsparungenbringt, und die Sicherheit gegen Einsturz wird meistwesentlich erhöht. Deshalb soll das Tragwerk einesHochbaus wenn immer möglich duktil gestaltetwerden. Dies ist auch zweckmässig im Extremfall, woder Tragwiderstand aus anderen Gründen so gross ist,dass das Bemessungsbeben «elastisch» überstandenwerden kann; denn tatsächliche Erdbeben «haben dieNormen nicht gelesen» (nach T. Paulay) und könnenauch wesentlich stärker als das Bemessungsbeben sein.

Für eine duktile Gestaltung des Tragwerks bietet dieMethode der Kapazitätsbemessung ein einfaches undeffizientes Verfahren: Man «sagt» dem Tragwerk ganzgenau, wo es plastifizieren darf und soll und muss, undwo nicht. Damit wird ein günstiger plastischerMechanismus bewirkt. Durch eine fachgerechte Kapazi-tätsbemessung kann ein hoher und gut bekannterSchutzgrad gegen Einsturz erreicht werden [PP 92] [Ba 02].

GS 23 Duktiles Tragwerk dank Kapazitätsbemessung!

Duktiles Tragwerk dank Kapazitätsbemessung!

SprödesTragwerk

DuktilesTragwerk

Versagen

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

23

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

23/1 Statisch-zyklische Versuche am unteren Teil von 6-stöckigenStahlbetontragwänden im Massstab 1:2 haben die Wirksamkeiteiner duktilen Gestaltung auf eindrückliche Weise demonstriert [Da 99]. Mit kapazitätsbemessenen Wänden wurde im Vergleich zukonventionell d.h. nach der SIA-Norm 162 bemessenen Wändenohne nennenswerten Mehraufwand eine rund 3 bis 4 mal grössereErdbebensicherheit erreicht.

22/2 22/3 Auch bei diesen Wohnhäusern bestanden die Deckennur aus vorfabrizierten Platten, die unter sich und mit den Wändenungenügend verbunden waren (Armenien 1988).

Page 56: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

54

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

55

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

Duktile, d.h. im plastischen Beanspruchungsbereichstark verformungsfähige Tragwerke bieten gegenüberanalogen spröden Tragwerken meist wesentlicheVorteile. Vor allem kann der erforderliche Tragwider-stand reduziert werden, was erhebliche Einsparungenbringt, und die Sicherheit gegen Einsturz wird meistwesentlich erhöht. Deshalb soll das Tragwerk einesHochbaus wenn immer möglich duktil gestaltetwerden. Dies ist auch zweckmässig im Extremfall, woder Tragwiderstand aus anderen Gründen so gross ist,dass das Bemessungsbeben «elastisch» überstandenwerden kann; denn tatsächliche Erdbeben «haben dieNormen nicht gelesen» (nach T. Paulay) und könnenauch wesentlich stärker als das Bemessungsbeben sein.

Für eine duktile Gestaltung des Tragwerks bietet dieMethode der Kapazitätsbemessung ein einfaches undeffizientes Verfahren: Man «sagt» dem Tragwerk ganzgenau, wo es plastifizieren darf und soll und muss, undwo nicht. Damit wird ein günstiger plastischerMechanismus bewirkt. Durch eine fachgerechte Kapazi-tätsbemessung kann ein hoher und gut bekannterSchutzgrad gegen Einsturz erreicht werden [PP 92] [Ba 02].

GS 23 Duktiles Tragwerk dank Kapazitätsbemessung!

Duktiles Tragwerk dank Kapazitätsbemessung!

SprödesTragwerk

DuktilesTragwerk

Versagen

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

23

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

23/1 Statisch-zyklische Versuche am unteren Teil von 6-stöckigenStahlbetontragwänden im Massstab 1:2 haben die Wirksamkeiteiner duktilen Gestaltung auf eindrückliche Weise demonstriert [Da 99]. Mit kapazitätsbemessenen Wänden wurde im Vergleich zukonventionell d.h. nach der SIA-Norm 162 bemessenen Wändenohne nennenswerten Mehraufwand eine rund 3 bis 4 mal grössereErdbebensicherheit erreicht.

22/2 22/3 Auch bei diesen Wohnhäusern bestanden die Deckennur aus vorfabrizierten Platten, die unter sich und mit den Wändenungenügend verbunden waren (Armenien 1988).

Page 57: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

56

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

57

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

24/2 Bei dieser Versuchswand mit Bewehrungsstäben mit zu kleinemVerfestigungsverhältnis Rm/Re konzentrierten sich die plastischenVerformungen weitgehend auf nur einen einzigen Riss («Ein-Riss-Gelenk» gemäss [BW 98]). Bald wurden Bewehrungsstäbe imWandinnern (x) zerrissen. Dadurch war der betreffende Wandquer-schnitt geschwächt, und die weiteren plastischen Verformungenkonzentrierten sich voll auf diesen Querschnitt, sodass auchBewehrungsstäbe am Wandrand zerrissen wurden. Die Wand konnteknapp (nur 2 Zyklen) eine Verschiebeduktilität µ∆=~2 erreichen [DW 99].

24/3 24/4 Hier knickten die Bewehrungsstäbe mit relativ kleinem Rm/Re

aus (links) und wurden bei der anschliessenden Zugbeanspruchung dortzerrissen (rechts), wo die grösste Knickkrümmung gewesen war [DW 99].

In Stahlbetontragwerken muss der Bewehrungsstahl sobeschaffen sein, dass sich genügend grosse und verfor-mungsfähige plastische Bereiche entwickeln können.Im Hinblick darauf gibt es beim Bewehrungsstahl zweientscheidende Parameter (Duktilitätseigenschaften):• Verfestigungsverhältnis Rm/Re, d.h. das Verhältnis der

Zugfestigkeit Rm zur Fliessgrenze Re

• Gesamtdehnung bei Höchstzugkraft Agt

Das Verfestigungsverhältnis ist auch von grosserBedeutung für das Ausknicken gedrückter Beweh-rungsstäbe. Je kleiner Rm/Re, desto früher knicken dieStäbe aus [TD 01].In Europa hat ein grosser Teil des auf dem Markterhältlichen Bewehrungsstahls – vor allem bei kleine-ren Stabdurchmessern bis 16 mm – ungenügendeDuktilitätseigenschaften [BW 98]. Um eine «mittlere»Duktilität der Tragwerke erreichen zu können muss –nebst anderen Massnahmen – der Bewehrungsstahlmindestens die folgenden Anforderungen erfüllen(Fraktilwerte):

• Rm/Re ≥ 1.15• Agt ≥ 6 %

Bezeichnungen wie «Bewehrungsstahl gemäss NormSIA 162» oder «Erfüllt die Normanforderungen» oder«duktil» bzw. «hochduktil» usw. genügen nicht undsind irreführend, weil die relevanten Normbestimmungenselbst ungenügend sind. Es ist deshalb dringend zuempfehlen, bei Bauausschreibungen klare Anforderun-gen festzulegen und vor Beschaffung bzw. Einbau desBewehrungsstahls entsprechende Prüfungen durchzu-führen.

GS 24 Duktilen Bewehrungsstahl mit Rm/Re ≥ 1.15 und Agt ≥ 6 % verwenden!

�� Duktilen

Bewehrungsstahl mit

Rm/Re ≥ 1.15 und Agt ≥ 6 %

verwenden!

Verfestigungsverhältnis

Gesamtdehnung beiHöchstzugkraft

Dehnung [%]

Span

nu

ng

[M

Pa]

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

24

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

Hysteretic Behaviour of Static-Cyclic Test Walls

Ben

din

g m

om

ent

(kN

m)

Ben

din

g m

om

ent

(kN

m)

Horizontal top deflection (mm)

Horizontal top deflection (mm)

Act

uat

or

forc

e (k

N)

Act

uat

or

forc

e (k

N)

24/1

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

24/1 Diese Hysteresekurven des plastischen Bereichs von 2 verschie-denen 6-stöckigen Stahlbetontragwänden ohne (WSH1) und mit(WSH3) duktilem Bewehrungsstahl zeigen auf eindrückliche Weise den Unterschied des Verhaltens: Die wenig duktile Wand erreichte knapp eine Verschiebeduktilität von nur µ∆=~2, die sehr duktile Wandhingegen µ∆=~6. Die duktile Wand kann damit ein etwa 4 malstärkeres Erdbeben überstehen!

Page 58: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

56

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

57

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

24/2 Bei dieser Versuchswand mit Bewehrungsstäben mit zu kleinemVerfestigungsverhältnis Rm/Re konzentrierten sich die plastischenVerformungen weitgehend auf nur einen einzigen Riss («Ein-Riss-Gelenk» gemäss [BW 98]). Bald wurden Bewehrungsstäbe imWandinnern (x) zerrissen. Dadurch war der betreffende Wandquer-schnitt geschwächt, und die weiteren plastischen Verformungenkonzentrierten sich voll auf diesen Querschnitt, sodass auchBewehrungsstäbe am Wandrand zerrissen wurden. Die Wand konnteknapp (nur 2 Zyklen) eine Verschiebeduktilität µ∆=~2 erreichen [DW 99].

24/3 24/4 Hier knickten die Bewehrungsstäbe mit relativ kleinem Rm/Re

aus (links) und wurden bei der anschliessenden Zugbeanspruchung dortzerrissen (rechts), wo die grösste Knickkrümmung gewesen war [DW 99].

In Stahlbetontragwerken muss der Bewehrungsstahl sobeschaffen sein, dass sich genügend grosse und verfor-mungsfähige plastische Bereiche entwickeln können.Im Hinblick darauf gibt es beim Bewehrungsstahl zweientscheidende Parameter (Duktilitätseigenschaften):• Verfestigungsverhältnis Rm/Re, d.h. das Verhältnis der

Zugfestigkeit Rm zur Fliessgrenze Re

• Gesamtdehnung bei Höchstzugkraft Agt

Das Verfestigungsverhältnis ist auch von grosserBedeutung für das Ausknicken gedrückter Beweh-rungsstäbe. Je kleiner Rm/Re, desto früher knicken dieStäbe aus [TD 01].In Europa hat ein grosser Teil des auf dem Markterhältlichen Bewehrungsstahls – vor allem bei kleine-ren Stabdurchmessern bis 16 mm – ungenügendeDuktilitätseigenschaften [BW 98]. Um eine «mittlere»Duktilität der Tragwerke erreichen zu können muss –nebst anderen Massnahmen – der Bewehrungsstahlmindestens die folgenden Anforderungen erfüllen(Fraktilwerte):

• Rm/Re ≥ 1.15• Agt ≥ 6 %

Bezeichnungen wie «Bewehrungsstahl gemäss NormSIA 162» oder «Erfüllt die Normanforderungen» oder«duktil» bzw. «hochduktil» usw. genügen nicht undsind irreführend, weil die relevanten Normbestimmungenselbst ungenügend sind. Es ist deshalb dringend zuempfehlen, bei Bauausschreibungen klare Anforderun-gen festzulegen und vor Beschaffung bzw. Einbau desBewehrungsstahls entsprechende Prüfungen durchzu-führen.

GS 24 Duktilen Bewehrungsstahl mit Rm/Re ≥ 1.15 und Agt ≥ 6 % verwenden!

�� Duktilen

Bewehrungsstahl mit

Rm/Re ≥ 1.15 und Agt ≥ 6 %

verwenden!

Verfestigungsverhältnis

Gesamtdehnung beiHöchstzugkraft

Dehnung [%]

Span

nu

ng

[M

Pa]

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

24

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

Hysteretic Behaviour of Static-Cyclic Test Walls

Ben

din

g m

om

ent

(kN

m)

Ben

din

g m

om

ent

(kN

m)

Horizontal top deflection (mm)

Horizontal top deflection (mm)

Act

uat

or

forc

e (k

N)

Act

uat

or

forc

e (k

N)

24/1

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

24/1 Diese Hysteresekurven des plastischen Bereichs von 2 verschie-denen 6-stöckigen Stahlbetontragwänden ohne (WSH1) und mit(WSH3) duktilem Bewehrungsstahl zeigen auf eindrückliche Weise den Unterschied des Verhaltens: Die wenig duktile Wand erreichte knapp eine Verschiebeduktilität von nur µ∆=~2, die sehr duktile Wandhingegen µ∆=~6. Die duktile Wand kann damit ein etwa 4 malstärkeres Erdbeben überstehen!

Page 59: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

58

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

25/1 Bei der Stütze einer Halle aus vorfabrizierten Stahlbetonele-menten waren die Bügel mit 90°-Haken ungenügend verankert. Deshalb öffneten sich die Bügel und die Vertikalstäbe knickten aus(Adapazari Türkei 1999).

25/2 Auch am Fuss dieser Rahmenstütze erfolgte ein Verankerungs-bruch der Bügel, weil diese nur mit 90°-Haken versehen waren (IzmitTürkei 1999)

Seite 5925/3 Diese Querbewehrung – Bügel und Verbindungsstäbe – imEndbereich einer Stahlbetontragwand ist mustergültig bezüglich derVerankerung mit 135°-Haken und der Verlegegenauigkeit. Dervertikale Abstand der Querbewehrung ist jedoch zu gross, nämlich s = 7.5 d anstatt s ≤ 5d, wie er für Bewehrungsstahl mit einemrelativ kleinen Verfestigungsverhältnis (Rm/Re = 1.15) erforderlich ist[DW 99][TD 01].

In zyklisch beanspruchten plastischen Bereichen vonStahlbetontragwänden und –stützen wird nach demÜberschreiten der Fliessgrenze der Vertikalbewehrung dieBetonüberdeckung abgesprengt. Daher müssen dort dievertikalen Bewehrungsstäbe gegen Ausknicken stabilisiertund allenfalls auch der Beton umschnürt werden, damitgrössere Druckstauchungen möglich sind. Die Querbe-wehrung – Stabilisierungs- und Umschnürungsbewehrungaus Bügeln und Verbindungsstäben – muss mit 135°-Haken verankert werden; 90°-Haken genügen nicht, wassich bei Schadenbeben stets wieder neu zeigt. Und dieQuerbewehrung muss in relativ kleinen vertikalen Abstän-den von s ≤ 5d (d = Stabdurchmesser des stabilisiertenStabes) angeordnet werden; dies ist eine Folge der relativschlechten Duktilitätseigenschaften (kleinesVerfestigungsverhältnis Rm/Re) der europäischen Beweh-rungsstähle, die zu einem ungünstigen Knickverhaltenführen [TD 01].

In plastischen Bereichen von Rahmenriegeln sind ähnlicheRegeln zu beachten [Ba 02].

In den gemäss Kapazitätsbemessung elastisch bleibendenBereichen genügen die Regeln der konventionellenBemessung gemäss SIA162.

GS 25 Querbewehrung in Tragwänden und Stützen mit135°-Haken und Abständen s ≤ 5d!

Querbewehrung in Tragwänden und Stützen mit 135°-

Haken und Abständen s ≤ 5d!

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

25

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

Page 60: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

58

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

25/1 Bei der Stütze einer Halle aus vorfabrizierten Stahlbetonele-menten waren die Bügel mit 90°-Haken ungenügend verankert. Deshalb öffneten sich die Bügel und die Vertikalstäbe knickten aus(Adapazari Türkei 1999).

25/2 Auch am Fuss dieser Rahmenstütze erfolgte ein Verankerungs-bruch der Bügel, weil diese nur mit 90°-Haken versehen waren (IzmitTürkei 1999)

Seite 5925/3 Diese Querbewehrung – Bügel und Verbindungsstäbe – imEndbereich einer Stahlbetontragwand ist mustergültig bezüglich derVerankerung mit 135°-Haken und der Verlegegenauigkeit. Dervertikale Abstand der Querbewehrung ist jedoch zu gross, nämlich s = 7.5 d anstatt s ≤ 5d, wie er für Bewehrungsstahl mit einemrelativ kleinen Verfestigungsverhältnis (Rm/Re = 1.15) erforderlich ist[DW 99][TD 01].

In zyklisch beanspruchten plastischen Bereichen vonStahlbetontragwänden und –stützen wird nach demÜberschreiten der Fliessgrenze der Vertikalbewehrung dieBetonüberdeckung abgesprengt. Daher müssen dort dievertikalen Bewehrungsstäbe gegen Ausknicken stabilisiertund allenfalls auch der Beton umschnürt werden, damitgrössere Druckstauchungen möglich sind. Die Querbe-wehrung – Stabilisierungs- und Umschnürungsbewehrungaus Bügeln und Verbindungsstäben – muss mit 135°-Haken verankert werden; 90°-Haken genügen nicht, wassich bei Schadenbeben stets wieder neu zeigt. Und dieQuerbewehrung muss in relativ kleinen vertikalen Abstän-den von s ≤ 5d (d = Stabdurchmesser des stabilisiertenStabes) angeordnet werden; dies ist eine Folge der relativschlechten Duktilitätseigenschaften (kleinesVerfestigungsverhältnis Rm/Re) der europäischen Beweh-rungsstähle, die zu einem ungünstigen Knickverhaltenführen [TD 01].

In plastischen Bereichen von Rahmenriegeln sind ähnlicheRegeln zu beachten [Ba 02].

In den gemäss Kapazitätsbemessung elastisch bleibendenBereichen genügen die Regeln der konventionellenBemessung gemäss SIA162.

GS 25 Querbewehrung in Tragwänden und Stützen mit135°-Haken und Abständen s ≤ 5d!

Querbewehrung in Tragwänden und Stützen mit 135°-

Haken und Abständen s ≤ 5d!

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

25

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

Page 61: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

60

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

26/3 Hier wurde ein – viel zu grosses – Loch gespitzt und dieBewehrungseisen wurden durchgetrennt. Eine mit dem Ingenieurgeplante, viel kleinere Öffnung ohne Verletzung der Bewehrung undmit konzentrierten und rechtwinklig zur Wand geführten Leitungenwäre vielleicht zulässig gewesen.

26/4 Immerhin konnte die Verletzung einigermassen behoben und – anders als im vorherigen Fall – die ursprüngliche Wirkungsweiseetwa wieder hergestellt werden (Schweiz 2001).

61

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

26/5 Auch solche ungeplant verlegte Leitungsstränge können dasErdbebenverhalten einer Stahlbetontragwand beeinträchtigen(Schweiz 2001).

26/6 In elastisch bleibenden Bereichen des «erdbebenrelevanten»Tragwerks (hier eine kurze Stahlbetontragwand) sind je nachUmständen Öffnungen erlaubt. Eine sorgfältige Absprache mit demIngenieur ist jedoch unerlässlich (Schweiz 2001).

26/1 Diese zuvor gut geplante «Erdbebenwand» wurde durch in dieSchalung eingelegte Aussparungskörper, grosse herausgespitzteLöcher und teilweise brutale Durchtrennung der Bewehrungseisengänzlich ruiniert.

26/2 Mit aufwendigen Reparaturarbeiten durch sorgfältiges Ausbe-tonieren der Öffnungen mit Quellbeton sowie Aufkleben undVerankern von fachwerkartig angeordneten Stahllamellen konnte beider ruinierten Wand der Tragwiderstand wieder hergestellt werden;das mit der ursprünglichen Bewehrung mögliche duktile Verhaltenwird jedoch kaum mehr erreicht werden können (Schweiz 2001).

Auf manchen Baustellen besteht die Tendenz, Ausspa-rungen für Leitungen, Lüftungskanäle usw. oder gargrössere Öffnungen für verschiedenste Zwecke ohnePlanung und Absprache mit dem Bauingenieur irgend-wo im Tragwerk anzuordnen. Oft werden solche in dieSchalung von hochbeanspruchten Stahlbetonbauteileneingelegt oder gar nachträglich herausgespitzt. Dieswirkt sich in plastischen Bereichen besondersungünstig und schädigend aus und ist unbedingt zuvermeiden. Denn es kann zum vorzeitigen Versagenvon zuvor sorgfältig geplanten «überlebenswichtigen»Tragelementen und somit zu gravierenden Sicherheits-problemen führen.

In elastisch bleibenden Bereichen des Tragwerkshingegen sind gut geplante und günstig platzierteAussparungen und eventuell auch grössere Öffnungenim Allgemeinen möglich und zulässig. Sie sind z.B. miteiner kräftigen Zusatzbewehrung einzufassen oderallenfalls aufgrund einer Rahmenberechnung zugestalten [D0171].

GS 26 Keine Aussparungen und Öffnungen inplastischen Bereichen!

Keine Aussparungen und Öffnungen in plastischen

Bereichen!

verboten!

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

26

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

Page 62: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

60

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

26/3 Hier wurde ein – viel zu grosses – Loch gespitzt und dieBewehrungseisen wurden durchgetrennt. Eine mit dem Ingenieurgeplante, viel kleinere Öffnung ohne Verletzung der Bewehrung undmit konzentrierten und rechtwinklig zur Wand geführten Leitungenwäre vielleicht zulässig gewesen.

26/4 Immerhin konnte die Verletzung einigermassen behoben und – anders als im vorherigen Fall – die ursprüngliche Wirkungsweiseetwa wieder hergestellt werden (Schweiz 2001).

61

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

26/5 Auch solche ungeplant verlegte Leitungsstränge können dasErdbebenverhalten einer Stahlbetontragwand beeinträchtigen(Schweiz 2001).

26/6 In elastisch bleibenden Bereichen des «erdbebenrelevanten»Tragwerks (hier eine kurze Stahlbetontragwand) sind je nachUmständen Öffnungen erlaubt. Eine sorgfältige Absprache mit demIngenieur ist jedoch unerlässlich (Schweiz 2001).

26/1 Diese zuvor gut geplante «Erdbebenwand» wurde durch in dieSchalung eingelegte Aussparungskörper, grosse herausgespitzteLöcher und teilweise brutale Durchtrennung der Bewehrungseisengänzlich ruiniert.

26/2 Mit aufwendigen Reparaturarbeiten durch sorgfältiges Ausbe-tonieren der Öffnungen mit Quellbeton sowie Aufkleben undVerankern von fachwerkartig angeordneten Stahllamellen konnte beider ruinierten Wand der Tragwiderstand wieder hergestellt werden;das mit der ursprünglichen Bewehrung mögliche duktile Verhaltenwird jedoch kaum mehr erreicht werden können (Schweiz 2001).

Auf manchen Baustellen besteht die Tendenz, Ausspa-rungen für Leitungen, Lüftungskanäle usw. oder gargrössere Öffnungen für verschiedenste Zwecke ohnePlanung und Absprache mit dem Bauingenieur irgend-wo im Tragwerk anzuordnen. Oft werden solche in dieSchalung von hochbeanspruchten Stahlbetonbauteileneingelegt oder gar nachträglich herausgespitzt. Dieswirkt sich in plastischen Bereichen besondersungünstig und schädigend aus und ist unbedingt zuvermeiden. Denn es kann zum vorzeitigen Versagenvon zuvor sorgfältig geplanten «überlebenswichtigen»Tragelementen und somit zu gravierenden Sicherheits-problemen führen.

In elastisch bleibenden Bereichen des Tragwerkshingegen sind gut geplante und günstig platzierteAussparungen und eventuell auch grössere Öffnungenim Allgemeinen möglich und zulässig. Sie sind z.B. miteiner kräftigen Zusatzbewehrung einzufassen oderallenfalls aufgrund einer Rahmenberechnung zugestalten [D0171].

GS 26 Keine Aussparungen und Öffnungen inplastischen Bereichen!

Keine Aussparungen und Öffnungen in plastischen

Bereichen!

verboten!

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

26

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

Page 63: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

62

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

Die Verbindungen von vorfabrizierten Bauten werdenoft nur auf die bei der Montage wirkenden Schwerela-sten ausgelegt. Solche Bauten können deshalb durchErdbeben sehr verletzbar sein: Kurze Auflagerlängen,zu schwache oder ganz fehlende Schubdorne undmangelhafte Kippsicherungen von Trägern sind häufi-ge Einsturzursachen. Deshalb müssen bei beweglichenLagern eine minimale Auflagerlänge (bmin) gemässErdbebenormen und bei festen Lagern Schubdorneangeordnet werden, die auf die Schnittkräfte entspre-chend der Überfestigkeit in den plastischen Bereichenbemessen sind (Methode der Kapazitätsbemessung).Zusätzlich müssen die Träger meist bei den Lagerngegen Kippen gesichert werden. Um eine Scheiben-wirkung sicherzustellen, müssen Decken aus vorfabri-zierten Platten mit einem bewehrten und in gutemVerbund wirkenden Überbeton versehen werden(vergleiche Grundsatz 22).

GS 27 Bei vorfabrizierten Bauten die Verbindungensichern!

Bei vorfabrizierten Bauten die Verbindungen sichern!

BeweglichesLager

Schubdorn

zusätzlich: Kippsicherung!

Festes Lager

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

27

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

27/1 Auf den Stützenkonsolen einer vorfabrizierten Fabrikhallewaren zwar Schubdorne jedoch keine genügenden Kippsicherungenvorhanden. Der Auflagerbereich hat versagt, die Hauptträger sindseitlich – d.h. in Hallenlängsrichtung – ausgekippt ...

27/2 … und die gesamte Dachkonstruktion ist abgestürzt (Adana-Ceyhan Türkei 1998).

Seite 6327/3 Folgen von schlechtem Entwurf und ungenügenderBemessung und konstruktiver Durchbildung eines vorfabriziertenIndustriebaus (Adapazari Türkei 1999).

Page 64: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

62

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

Die Verbindungen von vorfabrizierten Bauten werdenoft nur auf die bei der Montage wirkenden Schwerela-sten ausgelegt. Solche Bauten können deshalb durchErdbeben sehr verletzbar sein: Kurze Auflagerlängen,zu schwache oder ganz fehlende Schubdorne undmangelhafte Kippsicherungen von Trägern sind häufi-ge Einsturzursachen. Deshalb müssen bei beweglichenLagern eine minimale Auflagerlänge (bmin) gemässErdbebenormen und bei festen Lagern Schubdorneangeordnet werden, die auf die Schnittkräfte entspre-chend der Überfestigkeit in den plastischen Bereichenbemessen sind (Methode der Kapazitätsbemessung).Zusätzlich müssen die Träger meist bei den Lagerngegen Kippen gesichert werden. Um eine Scheiben-wirkung sicherzustellen, müssen Decken aus vorfabri-zierten Platten mit einem bewehrten und in gutemVerbund wirkenden Überbeton versehen werden(vergleiche Grundsatz 22).

GS 27 Bei vorfabrizierten Bauten die Verbindungensichern!

Bei vorfabrizierten Bauten die Verbindungen sichern!

BeweglichesLager

Schubdorn

zusätzlich: Kippsicherung!

Festes Lager

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

27

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

27/1 Auf den Stützenkonsolen einer vorfabrizierten Fabrikhallewaren zwar Schubdorne jedoch keine genügenden Kippsicherungenvorhanden. Der Auflagerbereich hat versagt, die Hauptträger sindseitlich – d.h. in Hallenlängsrichtung – ausgekippt ...

27/2 … und die gesamte Dachkonstruktion ist abgestürzt (Adana-Ceyhan Türkei 1998).

Seite 6327/3 Folgen von schlechtem Entwurf und ungenügenderBemessung und konstruktiver Durchbildung eines vorfabriziertenIndustriebaus (Adapazari Türkei 1999).

Page 65: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

64

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

29/1 Am Standort eines Gebäudes mit geplanter «Base isolation»(schwimmende Lagerung auf speziellen Erdbebenlagern) beträgt diein nahen Bohrlöchern gemessene vorherrschende Bodenfequenz0.65 bis 0.85 Hz, was einer Eigenperiode von 1.2 bis 1.5 sentspricht. Bei der Entwicklung eines standortspezifischen Bemes-sungsantwortspektrums der Beschleunigung wurde das relevanteNormspektrum in diesem Bereich wesentlich angehoben und bereitsab T = 1.5 s eine konstante Verschiebung angenommen. Umallfällige Resonanzerscheinungen klar auszuschliessen und dieBeschleunigungen möglichst klein zu halten, wurde bei der Erdbe-benbemessung des Gebäudes die Zielperiode auf T0 =~ 3s (f0 =~ 0.33Hz) festgelegt (Schweiz 2000).

Besondere lokale Bodenverhältnisse können imVergleich zu den Bemessungsantwortspektren derNormen erhebliche Modifikationen bei den zuerwartenden Bodenbewegungsgrössen und damitauch bei der Bauwerksantwort bewirken. Dies kannder Fall sein

• bei weichen Böden mit Scherwellengeschwindigkei-ten unter etwa 200 m/s oder/und bei grossenSchichtstärken

• bei bestimmten Tälern mit alluvialen oder glazialenAuffüllungen (Verhältnis Tiefe zu Breite grösser als ~ 0.2)

• allgemein bei Verdacht auf Resonanz zwischenBoden und Bauwerk

In solchen Fällen kann der Boden auch bei schwäche-ren Erdbeben zu ausgeprägten Eigenschwingungenund entsprechenden Amplifikationen der Bewegungenan der Erdoberfläche neigen. Deshalb sind vor allembei wichtigeren Gebäuden spezielle Untersuchungenerforderlich. Sofern noch keine Mikrozonierung mitzugehörigen Spektralwerten (boden- und schichtstär-kenspezifische Antwortspektren) vorliegt, müssen dievorherrschende Eigenfrequenz des Bodens ermitteltund ein standortspezifisches Bemessungsant-wortspektrum (Beschleunigungs- und Verschiebungs-spektrum) entwickelt werden.

65

GS 29 Standortspezifisches Antwortspektrumentwickeln!

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

Standortspezifisches Antwortspektrum

entwickeln!

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

29

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

Standortspezifisches seismisches Antwortspektrum

Standort Lützelhof

EC 8, Bodenklasse B

EC 8, Bodenklasse A

EC 8, reduziert für Fels

Periode (s)

Spek

tral

bes

chle

un

igu

ng

(m

/s2 )

29/1

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

Die Kräfte aus der Erdbebeneinwirkung müssen somitüber die ganze Fundationsstruktur bis hin zur sicherenAbtragung durch den Baugrund verfolgt werden.Dabei können die zulässigen dynamischen Beanspru-chungen des Bodens höher angesetzt werden alsanaloge statische Beanspruchungen, doch sind auchim Boden plastische Verformungen unter allenUmständen zu vermeiden [SK 97].

28/1 Hier mussten Bodenanker angeordnet werden, um dasAbheben der Fundation von – noch zu betonierenden – duktilenStahlbetontragwänden vom Baugrund verhindern zu können(Schweiz 1999).

Wichtig für die Erdbebensicherung von Hochbauten istdie fachgerechte Ausbildung der Fundation zurAbtragung der Erdbebenkräfte. Meist sind kragarmför-mige Wände und auch Rahmenstützen in einerFundationsstruktur bestehend aus einem odermehreren Untergeschossen («steifer Kasten») oder ineiner massiven Fundamentplatte eingespannt. Da sichan den Einspannstellen plastische Bereiche entwickeln,müssen deren Überfestigkeits-Schnittkräfte gemässden Prinzipien der Kapazitätsbemessung durch dieFundation übernommen und ohne Fliessen auf denBaugrund übertragen werden können [PB 90]. Funda-tionen sollten immer elastisch bleiben, da plastischeVerformungen im Allgemeinen zu einem unübersicht-lichen Verhalten und zusätzlichen Verschiebungen undBeanspruchungen im Oberbau führen; zudem sindReparaturen in der Fundation meist erheblich schwieri-ger auszuführen als im Oberbau. Deshalb muss dieBewehrung unmittelbar unterhalb der plastischenBereiche deutlich verstärkt und entsprechend konstruk-tiv durchgebildet werden [D0171].

Sofern die Fundationsstruktur als steifer Kasten ausStahlbetonwänden und -Decken ausgebildet ist, mussdie Weiterleitung der Schub-, Zug- und Druckkräfte ausBiegung und Querkraft der plastischen Bereiche vonStahlbetontragwänden über die Decken zu den Umfas-sungswänden und zur Bodenplatte gewährleistet sein.Dabei müssen eine allfällig erforderliche Verstärkungdieser Tragelemente ( unter Berücksichtigung voneventuell vorhandenen Aussparungen undÖffnungen), eine lokale Vergrösserung der Bodenpres-sungen im Bereich der Wände einschliesslichVerstärkung der Bodenplatte sowie allfällige weitereMassnahmen in Betracht gezogen werden.

GS 28 Fundation durch Kapazitätsbemessung schützen!

Fundation durch Kapazitätsbemessung

schützen!Schnittkräfte beiÜberfestigkeit

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

28

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

Page 66: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

64

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

29/1 Am Standort eines Gebäudes mit geplanter «Base isolation»(schwimmende Lagerung auf speziellen Erdbebenlagern) beträgt diein nahen Bohrlöchern gemessene vorherrschende Bodenfequenz0.65 bis 0.85 Hz, was einer Eigenperiode von 1.2 bis 1.5 sentspricht. Bei der Entwicklung eines standortspezifischen Bemes-sungsantwortspektrums der Beschleunigung wurde das relevanteNormspektrum in diesem Bereich wesentlich angehoben und bereitsab T = 1.5 s eine konstante Verschiebung angenommen. Umallfällige Resonanzerscheinungen klar auszuschliessen und dieBeschleunigungen möglichst klein zu halten, wurde bei der Erdbe-benbemessung des Gebäudes die Zielperiode auf T0 =~ 3s (f0 =~ 0.33Hz) festgelegt (Schweiz 2000).

Besondere lokale Bodenverhältnisse können imVergleich zu den Bemessungsantwortspektren derNormen erhebliche Modifikationen bei den zuerwartenden Bodenbewegungsgrössen und damitauch bei der Bauwerksantwort bewirken. Dies kannder Fall sein

• bei weichen Böden mit Scherwellengeschwindigkei-ten unter etwa 200 m/s oder/und bei grossenSchichtstärken

• bei bestimmten Tälern mit alluvialen oder glazialenAuffüllungen (Verhältnis Tiefe zu Breite grösser als ~ 0.2)

• allgemein bei Verdacht auf Resonanz zwischenBoden und Bauwerk

In solchen Fällen kann der Boden auch bei schwäche-ren Erdbeben zu ausgeprägten Eigenschwingungenund entsprechenden Amplifikationen der Bewegungenan der Erdoberfläche neigen. Deshalb sind vor allembei wichtigeren Gebäuden spezielle Untersuchungenerforderlich. Sofern noch keine Mikrozonierung mitzugehörigen Spektralwerten (boden- und schichtstär-kenspezifische Antwortspektren) vorliegt, müssen dievorherrschende Eigenfrequenz des Bodens ermitteltund ein standortspezifisches Bemessungsant-wortspektrum (Beschleunigungs- und Verschiebungs-spektrum) entwickelt werden.

65

GS 29 Standortspezifisches Antwortspektrumentwickeln!

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

Standortspezifisches Antwortspektrum

entwickeln!

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

29

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

Standortspezifisches seismisches Antwortspektrum

Standort Lützelhof

EC 8, Bodenklasse B

EC 8, Bodenklasse A

EC 8, reduziert für Fels

Periode (s)

Spek

tral

bes

chle

un

igu

ng

(m

/s2 )

29/1

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

Die Kräfte aus der Erdbebeneinwirkung müssen somitüber die ganze Fundationsstruktur bis hin zur sicherenAbtragung durch den Baugrund verfolgt werden.Dabei können die zulässigen dynamischen Beanspru-chungen des Bodens höher angesetzt werden alsanaloge statische Beanspruchungen, doch sind auchim Boden plastische Verformungen unter allenUmständen zu vermeiden [SK 97].

28/1 Hier mussten Bodenanker angeordnet werden, um dasAbheben der Fundation von – noch zu betonierenden – duktilenStahlbetontragwänden vom Baugrund verhindern zu können(Schweiz 1999).

Wichtig für die Erdbebensicherung von Hochbauten istdie fachgerechte Ausbildung der Fundation zurAbtragung der Erdbebenkräfte. Meist sind kragarmför-mige Wände und auch Rahmenstützen in einerFundationsstruktur bestehend aus einem odermehreren Untergeschossen («steifer Kasten») oder ineiner massiven Fundamentplatte eingespannt. Da sichan den Einspannstellen plastische Bereiche entwickeln,müssen deren Überfestigkeits-Schnittkräfte gemässden Prinzipien der Kapazitätsbemessung durch dieFundation übernommen und ohne Fliessen auf denBaugrund übertragen werden können [PB 90]. Funda-tionen sollten immer elastisch bleiben, da plastischeVerformungen im Allgemeinen zu einem unübersicht-lichen Verhalten und zusätzlichen Verschiebungen undBeanspruchungen im Oberbau führen; zudem sindReparaturen in der Fundation meist erheblich schwieri-ger auszuführen als im Oberbau. Deshalb muss dieBewehrung unmittelbar unterhalb der plastischenBereiche deutlich verstärkt und entsprechend konstruk-tiv durchgebildet werden [D0171].

Sofern die Fundationsstruktur als steifer Kasten ausStahlbetonwänden und -Decken ausgebildet ist, mussdie Weiterleitung der Schub-, Zug- und Druckkräfte ausBiegung und Querkraft der plastischen Bereiche vonStahlbetontragwänden über die Decken zu den Umfas-sungswänden und zur Bodenplatte gewährleistet sein.Dabei müssen eine allfällig erforderliche Verstärkungdieser Tragelemente ( unter Berücksichtigung voneventuell vorhandenen Aussparungen undÖffnungen), eine lokale Vergrösserung der Bodenpres-sungen im Bereich der Wände einschliesslichVerstärkung der Bodenplatte sowie allfällige weitereMassnahmen in Betracht gezogen werden.

GS 28 Fundation durch Kapazitätsbemessung schützen!

Fundation durch Kapazitätsbemessung

schützen!Schnittkräfte beiÜberfestigkeit

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

28

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

Page 67: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

66

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

30/4 Auch dieser Tank hat sich schief gestellt. Als Ursache wurde dieVerflüssigung von aufgeschüttetem sandigem Boden festgestellt(Kobe Japan 1995).

30/3 Dieses solid konstruierte Gebäude ist wie ein starrer Körperumgekippt, die massive Bodenplatte ragt in die Luft. Das Gebäudeselbst hat nur relativ geringe Schäden erlitten (Adapazari Türkei1999).

67

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

30/1 Dieses Gebäude ist infolge Bodenverflüssigung um etwa 1 mgleichmässig abgesunken. Das verdrängte Bodenmaterial hat dieStrasse aufgewölbt (Izmit Türkei 1999).

30/2 Das schief stehende Gebäude ist ungleichmässig abgesunkenund lehnt sich gegen ein Nachbargebäude (Izmit Türkei 1999).

Bestimmte sandige und siltige Böden mit wesentlichemWassergehalt können für ruhende Lasten sehr fest seinund eine gute Tragfähigkeit aufweisen. Wenn sie abervibriert werden – wie das bei einem Erdbebengeschieht – verhalten sie sich plötzlich wie eine Flüssig-keit. Ganze Gebäude oder Teile davon können dannabsinken oder – bei inhomogenem Boden bzw.ungleicher Verflüssigung – umkippen, was je nachAusbildung des Tragwerks meist zum Totaleinsturzführt. Deshalb müssen sandige und siltige Böden aufihr Potential zur Verflüssigung untersucht werden.Gegenmassnahmen wie Verfestigung durch Injektio-nen, Pfahlfundation usw. können die Folge sein.

GS 30 Mögliche Bodenverflüssigung untersuchen!

Mögliche Bodenverflüssigung untersuchen!

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

30

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

Page 68: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

66

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

30/4 Auch dieser Tank hat sich schief gestellt. Als Ursache wurde dieVerflüssigung von aufgeschüttetem sandigem Boden festgestellt(Kobe Japan 1995).

30/3 Dieses solid konstruierte Gebäude ist wie ein starrer Körperumgekippt, die massive Bodenplatte ragt in die Luft. Das Gebäudeselbst hat nur relativ geringe Schäden erlitten (Adapazari Türkei1999).

67

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

30/1 Dieses Gebäude ist infolge Bodenverflüssigung um etwa 1 mgleichmässig abgesunken. Das verdrängte Bodenmaterial hat dieStrasse aufgewölbt (Izmit Türkei 1999).

30/2 Das schief stehende Gebäude ist ungleichmässig abgesunkenund lehnt sich gegen ein Nachbargebäude (Izmit Türkei 1999).

Bestimmte sandige und siltige Böden mit wesentlichemWassergehalt können für ruhende Lasten sehr fest seinund eine gute Tragfähigkeit aufweisen. Wenn sie abervibriert werden – wie das bei einem Erdbebengeschieht – verhalten sie sich plötzlich wie eine Flüssig-keit. Ganze Gebäude oder Teile davon können dannabsinken oder – bei inhomogenem Boden bzw.ungleicher Verflüssigung – umkippen, was je nachAusbildung des Tragwerks meist zum Totaleinsturzführt. Deshalb müssen sandige und siltige Böden aufihr Potential zur Verflüssigung untersucht werden.Gegenmassnahmen wie Verfestigung durch Injektio-nen, Pfahlfundation usw. können die Folge sein.

GS 30 Mögliche Bodenverflüssigung untersuchen!

Mögliche Bodenverflüssigung untersuchen!

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

30

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

Page 69: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

68

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

Frequenz (Hz)

Standortspezifisches Spektrum = 5%

Standortspezifisches Spektrum = 8%

Spektrum für mittelsteife Böden nach SIA 160 = 5%

Frequenz (Hz)

Erhöhung der Dämpfung

Frequenzverschiebung durch schwimmende Lagerung

Erhöhung der Dämpfung

Frequenzverschiebung durch schwimmende Lagerung

Ver

sch

ieb

un

g (

mm

)B

esch

leu

nig

un

g (

m/S

2 )

Bemessungsspektren Grosstank

31/2 In die 8 Stahlbetonstützen wurden Erdbebenlager aushochdämpfendem Gummi mit einem Durchmesser von 60 cm undeiner Höhe von rund 30 cm eingebaut.

Zur Verbesserung des Erdbebenverhaltens eines geplantenoder eines bestehenden Gebäudes denken mancheArchitekten und Bauingenieure an eine Verstärkung, d.h.an eine Erhöhung der Festigkeit bzw. des Tragwiderstandesfür horizontale Kräfte. Eine Verstärkung (strengthening)bewirkt immer auch eine Versteifung (stiffening), wodurchdie Eigenfrequenzen angehoben werden. Unter bestimm-ten Bedingungen kann jedoch eine «Verweichung»(softening) besser sein als eine Verstärkung bzw. Verstei-fung [Ba 01]. Durch den Einbau von speziellen horizontalrelativ weichen Erdbebenlagern über der Fundation füreine «Base isolation» (schwimmende Lagerung) wird eineFrequenzverschiebung in den niedrigspektralen Bereich desBemessungsantwortspektrums der Beschleunigungbewirkt. Dadurch – und weil meist auch kombiniert miteiner Vergrösserung der Dämpfung – werden dieeinwirkenden Erdbebenkräfte und damit auch dasSchadenpotential erheblich reduziert. Anderseits nehmendie relativen Verschiebungen wesentlich zu, was einengenügend grossen Freiraum um das erdbebenisolierteGebäude und die Flexibilisierung sämtlicher Zu- und Ablei-tungen erfordert.

GS 31 «Verweichen» kann besser sein als Verstärken!

«Verweichen» kann besser sein als Verstärken!

«Verweichen» Verstärken

Bes

chle

un

igu

ng

Rel

ativ

eV

ersc

hie

bu

ng

Frequenz

Frequenz

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

31

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

31/1 Dieser Grosstank für 700 t Flüssiggas und mit einerTragkonstruktion aus Stahlbeton wurde durch eine «Verweichung»ertüchtigt (Schweiz 1999).

Seite 6931/3 In den Bemessungantwortspektren der Beschleunigung undder relativen Verschiebung können die Wirkung der Verringerungder Grundfrequenz auf ~ 0.5 Hz und diejenige der zusätzlichenDämpfung direkt abgelesen werden.

Page 70: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

68

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

Frequenz (Hz)

Standortspezifisches Spektrum = 5%

Standortspezifisches Spektrum = 8%

Spektrum für mittelsteife Böden nach SIA 160 = 5%

Frequenz (Hz)

Erhöhung der Dämpfung

Frequenzverschiebung durch schwimmende Lagerung

Erhöhung der Dämpfung

Frequenzverschiebung durch schwimmende Lagerung

Ver

sch

ieb

un

g (

mm

)B

esch

leu

nig

un

g (

m/S

2 )

Bemessungsspektren Grosstank

31/2 In die 8 Stahlbetonstützen wurden Erdbebenlager aushochdämpfendem Gummi mit einem Durchmesser von 60 cm undeiner Höhe von rund 30 cm eingebaut.

Zur Verbesserung des Erdbebenverhaltens eines geplantenoder eines bestehenden Gebäudes denken mancheArchitekten und Bauingenieure an eine Verstärkung, d.h.an eine Erhöhung der Festigkeit bzw. des Tragwiderstandesfür horizontale Kräfte. Eine Verstärkung (strengthening)bewirkt immer auch eine Versteifung (stiffening), wodurchdie Eigenfrequenzen angehoben werden. Unter bestimm-ten Bedingungen kann jedoch eine «Verweichung»(softening) besser sein als eine Verstärkung bzw. Verstei-fung [Ba 01]. Durch den Einbau von speziellen horizontalrelativ weichen Erdbebenlagern über der Fundation füreine «Base isolation» (schwimmende Lagerung) wird eineFrequenzverschiebung in den niedrigspektralen Bereich desBemessungsantwortspektrums der Beschleunigungbewirkt. Dadurch – und weil meist auch kombiniert miteiner Vergrösserung der Dämpfung – werden dieeinwirkenden Erdbebenkräfte und damit auch dasSchadenpotential erheblich reduziert. Anderseits nehmendie relativen Verschiebungen wesentlich zu, was einengenügend grossen Freiraum um das erdbebenisolierteGebäude und die Flexibilisierung sämtlicher Zu- und Ablei-tungen erfordert.

GS 31 «Verweichen» kann besser sein als Verstärken!

«Verweichen» kann besser sein als Verstärken!

«Verweichen» Verstärken

Bes

chle

un

igu

ng

Rel

ativ

eV

ersc

hie

bu

ng

Frequenz

Frequenz

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

31

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

31/1 Dieser Grosstank für 700 t Flüssiggas und mit einerTragkonstruktion aus Stahlbeton wurde durch eine «Verweichung»ertüchtigt (Schweiz 1999).

Seite 6931/3 In den Bemessungantwortspektren der Beschleunigung undder relativen Verschiebung können die Wirkung der Verringerungder Grundfrequenz auf ~ 0.5 Hz und diejenige der zusätzlichenDämpfung direkt abgelesen werden.

Page 71: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

70

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

71

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

32/3 Diese Fassadenverkleidung war ungenügend verankert undnicht auf die zu erwartenden Verformungen des Tragwerks (Stahlbe-tonrahmen) abgestimmt (Northridge Kalifornien 1994).

32/4 Der Blick in eine enge Gasse zeigt zahlreiches abgestürztes«Fassadengut», durch das auch die Rettungsarbeiten, der Zugangder Feuerwehr usw. stark behindert wurden (Kobe Japan 1995).

32/1 Das Tragwerk dieses Gebäudes stürzte nicht ein, hingegen sindungenügend verankerte, schwere Fassadenplatten abgestürzt (KobeJapan 1995).

32/2 Auch diese Leichtbetonplatten als Verkleidung eines wenigbeschädigten Stahlbaus wurden zerstört (Kobe Japan 1995).

Die Verankerungen von Fassadenbauteilen werdenhäufig nur für Kräfte aus den Schwerelasten und somitnur für vertikale Kräfte ausgebildet. Oft werden Fassa-denbauteile gar nur auf Konsolen gestellt und obenleicht fixiert. Bei Erdbebeneinwirkung kann jedochdurch horizontale und vertikale Beschleunigungen dieReibung aus den Schwerelasten überwunden werden,und ein Absturz der Fassadenbauteile mit entsprechen-der Gefährdung von Fussgängern, Fahrzeugen, usw. istunvermeidlich. Die Verankerungen von Fassadenbau-teilen müssen deshalb nicht nur für Schwerelastensondern auch für alternierende horizontale Zug- undDruckkräfte fachgerecht dimensioniert und konstruiertwerden. Die Verankerungen und allfällige Fugenzwischen den Fassadenbauteilen sollten zudem auf diezu erwartenden Verformungen des Tragwerksabgestimmt werden.

GS 32 Fassadenbauteile auch für horizontale Kräfteverankern!

Fassadenbauteile auch für horizontale

Kräfte verankern!

ungenügend besser

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

32

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

Page 72: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

70

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

71

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

32/3 Diese Fassadenverkleidung war ungenügend verankert undnicht auf die zu erwartenden Verformungen des Tragwerks (Stahlbe-tonrahmen) abgestimmt (Northridge Kalifornien 1994).

32/4 Der Blick in eine enge Gasse zeigt zahlreiches abgestürztes«Fassadengut», durch das auch die Rettungsarbeiten, der Zugangder Feuerwehr usw. stark behindert wurden (Kobe Japan 1995).

32/1 Das Tragwerk dieses Gebäudes stürzte nicht ein, hingegen sindungenügend verankerte, schwere Fassadenplatten abgestürzt (KobeJapan 1995).

32/2 Auch diese Leichtbetonplatten als Verkleidung eines wenigbeschädigten Stahlbaus wurden zerstört (Kobe Japan 1995).

Die Verankerungen von Fassadenbauteilen werdenhäufig nur für Kräfte aus den Schwerelasten und somitnur für vertikale Kräfte ausgebildet. Oft werden Fassa-denbauteile gar nur auf Konsolen gestellt und obenleicht fixiert. Bei Erdbebeneinwirkung kann jedochdurch horizontale und vertikale Beschleunigungen dieReibung aus den Schwerelasten überwunden werden,und ein Absturz der Fassadenbauteile mit entsprechen-der Gefährdung von Fussgängern, Fahrzeugen, usw. istunvermeidlich. Die Verankerungen von Fassadenbau-teilen müssen deshalb nicht nur für Schwerelastensondern auch für alternierende horizontale Zug- undDruckkräfte fachgerecht dimensioniert und konstruiertwerden. Die Verankerungen und allfällige Fugenzwischen den Fassadenbauteilen sollten zudem auf diezu erwartenden Verformungen des Tragwerksabgestimmt werden.

GS 32 Fassadenbauteile auch für horizontale Kräfteverankern!

Fassadenbauteile auch für horizontale

Kräfte verankern!

ungenügend besser

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

32

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

Page 73: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

72

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

33/2 … und der Sims und einzelne ihn tragende Baluster habenbeim Absturz die auskragende Dachplatte beschädigt (Loma PrietaKalifornien 1989).

33/3 Frei stehende und im Fundament nicht weiter verankerteMauern können umstürzen (Kobe Japan 1995).

Wo rasche horizontale Verschiebungen und entspre-chende Beschleunigungskräfte wirken, entsteht einKippmoment. Wenn keine oder keine genügendeVerankerung oder Einspannung vorhanden ist, könnenvor allem schlanke Bauteile umkippen.

33/1 Bei diesem klassizistischen Stahlbetongebäude entstandenkeine grösseren Schäden, sogar die Fensterscheiben sind intaktgeblieben. Auf der einen Seite der Dachterrasse ist jedoch dieBrüstung (Balustrade) teilweise umgekippt…

GS 33 Brüstungen und frei stehende Mauern verankern!

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

33

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

Brüstungen und frei stehende

Mauern verankern!

HorizontaleErdbebenkraft

Kippmoment

Seite 7333/4 Auch diese Gartenmauer aus Blocksteinen ist umgestürzt(Northridge Kalifornien 1994).

Page 74: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

72

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

33/2 … und der Sims und einzelne ihn tragende Baluster habenbeim Absturz die auskragende Dachplatte beschädigt (Loma PrietaKalifornien 1989).

33/3 Frei stehende und im Fundament nicht weiter verankerteMauern können umstürzen (Kobe Japan 1995).

Wo rasche horizontale Verschiebungen und entspre-chende Beschleunigungskräfte wirken, entsteht einKippmoment. Wenn keine oder keine genügendeVerankerung oder Einspannung vorhanden ist, könnenvor allem schlanke Bauteile umkippen.

33/1 Bei diesem klassizistischen Stahlbetongebäude entstandenkeine grösseren Schäden, sogar die Fensterscheiben sind intaktgeblieben. Auf der einen Seite der Dachterrasse ist jedoch dieBrüstung (Balustrade) teilweise umgekippt…

GS 33 Brüstungen und frei stehende Mauern verankern!

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

33

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

Brüstungen und frei stehende

Mauern verankern!

HorizontaleErdbebenkraft

Kippmoment

Seite 7333/4 Auch diese Gartenmauer aus Blocksteinen ist umgestürzt(Northridge Kalifornien 1994).

Page 75: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

74

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

75

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

35/2 Behälter und Maschinen können umkippen, wenn sie nichtgenügend verankert sind (Kobe Japan 1995).

35/3 In einem Chemielabor sind ungesicherte Gläser mitChemikalien vom Tisch und durch offene Türen heruntergestürztund geborsten (San Fernando Kalifornien 1971).

Die Sicherung von Installationen und Einrichtungen allerArt in Gebäuden – evtl. auch ausserhalb derselben aufDächern usw. – ist sehr wichtig bei Bauten, die nach einemschweren Erdbeben funktionstüchtig bleiben sollten, oderwo das zumindest sehr erwünscht ist. Es betrifft dies vorallem sogenannte Lifelinebauten, d.h. überlebenswichtigeInfrastrukturbauten der Bauwerksklasse III gemäss NormSIA 160 wie Spitäler, Zentralapotheken, Feuerwehrgebäu-de, Kommandozentralen, Kommunikationseinrichtungenusw.; es kann sich aber z.B auch um Industrieanlagenhandeln, deren Stillstand zu Produktionsausfällen undentsprechenden, hohen Verlusten führt. Sämtliche Installa-tionen und Einrichtungen wie Rohrleitungen, Sprinkler-anlagen, Laborgeräte, Behälter, Schränke, Lagergestelleetc. und gegebenenfalls auch Produktionseinrichtungenmüssen auf Erdbebeneinwirkungen systematisch unter-sucht und wo nötig durch zweckmässige Massnahmenwie Befestigungen, Aussteifungen usw. wirksamgesichert werden.

35/1 Rohrleitungen – vor allem solche mit grösseren Durchmessern –weisen eine hohe Verletzbarkeit auf, sofern sie nicht wirksam befestigtsind (San Fernando Kalifornien 1971).

GS 35 Installationen und Einrichtungen sichern!

Installationen und Einrichtungen

sichern!

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

35

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

Herabfallende Unterdecken und Beleuchtungskörperkönnen Personen erheblich gefährden. Die Befestigun-gen müssen deshalb nicht nur das Eigengewichtsondern auch Kräfte aus vertikalen und horizontalenBeschleunigungen und Vibrationen mit genügenderSicherheit übertragen können. Gleiches gilt für dieBefestigungen von Lüftungskanälen und Leitungenaller Art, die in den Hohlräumen zwischen Unterdeckeund tragender Decke montiert sind.

GS 34 Unterdecken und Beleuchtungskörper gutbefestigen!

Unterdecken und Beleuchtungskörper

gut befestigen!

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

34

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

34/2 … die nur an dünnen Drähten hängen, können ein grossesPersonenrisiko darstellen (Northridge Kalifornien 1994).

34/3 34/4 Auch solche schlecht befestigte oder nur in die Deckehineingesteckte Beleuchtungskörper können abstürzen und Personengefährden (San Fernando Kalifornien 1971).

34/1 Unterdecken und Deckenverkleidungen…

Page 76: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

74

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

75

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

35/2 Behälter und Maschinen können umkippen, wenn sie nichtgenügend verankert sind (Kobe Japan 1995).

35/3 In einem Chemielabor sind ungesicherte Gläser mitChemikalien vom Tisch und durch offene Türen heruntergestürztund geborsten (San Fernando Kalifornien 1971).

Die Sicherung von Installationen und Einrichtungen allerArt in Gebäuden – evtl. auch ausserhalb derselben aufDächern usw. – ist sehr wichtig bei Bauten, die nach einemschweren Erdbeben funktionstüchtig bleiben sollten, oderwo das zumindest sehr erwünscht ist. Es betrifft dies vorallem sogenannte Lifelinebauten, d.h. überlebenswichtigeInfrastrukturbauten der Bauwerksklasse III gemäss NormSIA 160 wie Spitäler, Zentralapotheken, Feuerwehrgebäu-de, Kommandozentralen, Kommunikationseinrichtungenusw.; es kann sich aber z.B auch um Industrieanlagenhandeln, deren Stillstand zu Produktionsausfällen undentsprechenden, hohen Verlusten führt. Sämtliche Installa-tionen und Einrichtungen wie Rohrleitungen, Sprinkler-anlagen, Laborgeräte, Behälter, Schränke, Lagergestelleetc. und gegebenenfalls auch Produktionseinrichtungenmüssen auf Erdbebeneinwirkungen systematisch unter-sucht und wo nötig durch zweckmässige Massnahmenwie Befestigungen, Aussteifungen usw. wirksamgesichert werden.

35/1 Rohrleitungen – vor allem solche mit grösseren Durchmessern –weisen eine hohe Verletzbarkeit auf, sofern sie nicht wirksam befestigtsind (San Fernando Kalifornien 1971).

GS 35 Installationen und Einrichtungen sichern!

Installationen und Einrichtungen

sichern!

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

35

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

Herabfallende Unterdecken und Beleuchtungskörperkönnen Personen erheblich gefährden. Die Befestigun-gen müssen deshalb nicht nur das Eigengewichtsondern auch Kräfte aus vertikalen und horizontalenBeschleunigungen und Vibrationen mit genügenderSicherheit übertragen können. Gleiches gilt für dieBefestigungen von Lüftungskanälen und Leitungenaller Art, die in den Hohlräumen zwischen Unterdeckeund tragender Decke montiert sind.

GS 34 Unterdecken und Beleuchtungskörper gutbefestigen!

Unterdecken und Beleuchtungskörper

gut befestigen!

Grundsätze für den erdbebengerechten Entwurf von Hochbauten

34

Prof. Hugo Bachmann ibk – ETH Zürich

34/2 … die nur an dünnen Drähten hängen, können ein grossesPersonenrisiko darstellen (Northridge Kalifornien 1994).

34/3 34/4 Auch solche schlecht befestigte oder nur in die Deckehineingesteckte Beleuchtungskörper können abstürzen und Personengefährden (San Fernando Kalifornien 1971).

34/1 Unterdecken und Deckenverkleidungen…

Page 77: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

76

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

77

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

35/9 Und sogar Lagergestelle für Weinfässer können auf einemErdbebensimulator («Rütteltisch») geprüft werden... (Berkeley 2000).

35/8 Diese «wertvollen» Flaschen in einem Getränkeladen wurdendurch Drähte mit Federn gesichert (Kalifornien 1978).

35/6 Bücher stellen eine beträchtliche Masse dar, sodass kräftigeVerankerungen und Aussteifungen der Gestelle in beidenHauptrichtungen erforderlich sind (Whittier Narrows 1987).

35/4 Aktenschränke können umstürzen, besonders wenn dieRollschubladen nicht gesichert sind (Morgan Hill Kalifornien 1984)

35/5 Offene Büchergestelle entleeren sich bei jedem starkenErdbeben. Wertvolle Bücher können durch nach hinten geneigteTablare oder durch Haltestäbe gesichert werden (Loma PrietaKalifornien 1989).

35/7 Gut gesicherte Batteriengruppen und Notstromaggregratekönnen auch nach einem starken Erdbeben die Energieversorgunggewährleisten (Kalifornien 1980).

Page 78: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

76

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

77

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

35/9 Und sogar Lagergestelle für Weinfässer können auf einemErdbebensimulator («Rütteltisch») geprüft werden... (Berkeley 2000).

35/8 Diese «wertvollen» Flaschen in einem Getränkeladen wurdendurch Drähte mit Federn gesichert (Kalifornien 1978).

35/6 Bücher stellen eine beträchtliche Masse dar, sodass kräftigeVerankerungen und Aussteifungen der Gestelle in beidenHauptrichtungen erforderlich sind (Whittier Narrows 1987).

35/4 Aktenschränke können umstürzen, besonders wenn dieRollschubladen nicht gesichert sind (Morgan Hill Kalifornien 1984)

35/5 Offene Büchergestelle entleeren sich bei jedem starkenErdbeben. Wertvolle Bücher können durch nach hinten geneigteTablare oder durch Haltestäbe gesichert werden (Loma PrietaKalifornien 1989).

35/7 Gut gesicherte Batteriengruppen und Notstromaggregratekönnen auch nach einem starken Erdbeben die Energieversorgunggewährleisten (Kalifornien 1980).

Page 79: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

78

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

79

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

[La 02] Lang K.: «Seismic Vulnerability of ExistingBuildings». Institut für Baustatik undKonstruktion (IBK), ETH Zürich. Bericht inVorbereitung, Birkhäuser Verlag Basel BostonBerlin 2002.

[PB 90] Paulay T., Bachmann H., Moser K.: «Erdbe-benbemessung von Stahlbetonhochbauten».Birkhäuser Verlag Basel Boston Berlin 1990.

[PP 92] Paulay T., Priestley M.J.N.: «Seismic Design ofReinforced Concrete and Masonry Structu-res». John Wiley & Sons, New York 1992.

[Sc 00] Schumacher R.: «Zur rechtlichen Verantwor-tung für die Erdbebensicherung von Bauwer-ken». SGEB/SIA-Dokumentation D0162«Erdbebenvorsorge in der Schweiz –Massnahmen bei neuen und bestehendenBauwerken», Schweizerischer Ingenieur- undArchitekten-Verein, Zürich 2000.

[SIA 160] SIA 160 (Norm): «Einwirkungen auf Tragwer-ke». Schweizerischer Ingenieur- und Archi-tekten-Verein, Zürich 1989.

[SK 97] Studer J., Koller M.G.: «Bodendynamik –Grundlagen, Kennziffern, Probleme». 2. Auflage. Springer-Verlag Berlin HeidelbergNew York 1997.

[TD 01] Thiele K., Dazio A., Bachmann H.: «Beweh-rungsstahl unter zyklischer Beanspruchung».Institut für Baustatik und Konstruktion (IBK),ETH Zürich. Bericht Nr. 264, Birkhäuser Ver-lag Basel Boston Berlin 2001.

[Ba 02] Bachmann H.: «Erdbebensicherung vonBauwerken». 2. Auflage Birkhäuser VerlagBasel Boston Berlin 2002

[Ba 01] Bachmann H.: «Softening as Seismic Upgra-ding Strategy – Requirements and CaseStudies». Proceedings 20th European Regio-nal Earthquake Engineering Seminar Sion,September 3-7, 2001. Schweizer Gesell-schaft für Erdbebeningenieurwesen undBaudynamik SGEB, Martigny 2001.

[BW 98] Bachmann H., Wenk T.: «UngenügendeDuktilität beim Bewehrungsstahl». SchweizerIngenieur und Architekt, Heft 29, Juli 1998.

[DW 99] Dazio A., Wenk T., Bachmann H.: «Versuchean Stahlbetontragwänden unter zyklisch-statischer Einwirkung». Institut für Baustatikund Konstruktion (IBK), ETH Zürich. BerichtNr. 239, Birkhäuser Verlag Basel BostonBerlin 1999.

[D0150] Bachmann H., Darbre G.R., Deichmann N.,Koller M.G., Studer J., Tiniç S., Tissières P.,Wenk Th., Wieland M., Zwicky P.: «Hand-lungsbedarf von Behörden, Hochschulen,Industrie und Privaten zur Erdbebensiche-rung der Bauwerke in der Schweiz».SGEB/SIA-Dokumentation D0150,Schweizerischer Ingenieur- und Architekten-Verein, Zürich 1998.

[D0171] Bachmann H., Dazio A., Bruchez P., MittaxX., Peruzzi R., Tissières P.: «Erdbebengerech-ter Entwurf und Kapazitätsbemessung einesGebäudes mit Stahlbetontragwänden».SGEB/SIA-Dokumentation D0171, Schwei-zerischer Ingenieur- und Architekten-Verein,Zürich 2002.

[EC 8] Eurocode 8 (Norm): «Auslegung vonBauwerken gegen Erdbeben», Teile 1-1, 1-2,1-3. Norm SIA V160.811/812/813 als Euro-päische Vornorm ENV 1998-1-1/-2/-3.Schweizerischer Ingenieur- und Architekten-Verein, Zürich 1997.

[GM98] Grünthal G., Mayer-Rosa D., Lenhardt W.:«Abschätzung der Erdbebengefährdung fürdie D-A-CH-Staaten – Deutschland,Österreich, Schweiz», Bautechnik 75 (1998)Heft 10, S. 753–767.

Literatur

Die verwendeten Bilder stammen von folgenden Personen und Institutionen:

Walter Ammann, Davos: 11/2, 20/1, 20/2, 20/3

Hugo Bachmann, Zürich: Grundsatzbilder 1 bis 35, E/1,E/2, E/3, 1/1, 1/2, 2/1, 2/2, 4/9, 4/10, 6/1, 7/1, 8/1, 8/2,9/1, 9/3, 9/4, 10/1, 12/1, 12/2, 12/3, 12/4, 12/5, 15/1,15/2, 15/3, 17/6, 21/1, 25/1, 26/1, 26/3, 26/5, 26/6,27/3, 31/3

Marc Badoux, Lausanne: 30/1

Alessandro Dazio, San Diego CA: Umschlagbild mitBewehrung, 9/2, 23/1, 24/1, 24/2, 24/3, 24/4, 25/3

Martin Koller, Carouge: 28/1, 29/1

Pierino Lestuzzi, Lausanne: 4/2, 4/3, 11/3, 11/4, 17/2,17/3, 17/4, 17/5, 25/2, 30/2

Eberhard Luz, Stuttgart: 14/1, 22/1, 22/2, 22/3

Roland Madöry, Basel: 31/1

Paul Missbauer, Sion: 31/1

Kaspar Peter, Lausanne: 14/2

Meta Sozen, Illinois: 30/3

Dieter Wepf, Flawil: 11/1, 16/3

Thomas Wenk, Zürich: Umschlagbild mit Gebäude,4/4, 4/5, 4/6, 4/7, 4/8, 5/2, 5/3, 6/2, 6/3, 6/4, 6/5, 6/6,13/6, 13/7, 14/3, 16/2, 27/1, 27/2, 30/4, 32/1, 32/4

Architectural Institute of Japan: 5/1, 18/1, 18/2, 18/3,19/1, 19/2, 19/3, 19/4, 19/5, 19/6, 20/4, 32/2, 32/3,33/3

Earthquake Engineering Research Institute, OaklandCA: Umschlagbild mit Rohrleitung, 16/1, 32/3, 33/1,33/2, 33/4, 34/1, 34/2, 34/3, 34/4, 35/1, 35/2, 35/3,35/4, 35/5, 35/6, 35/7, 35/8

Losinger AG, Lyssach BE: 13/4, 13/5

Pacific Earthquake Engineering Research Center,Berkeley CA: 35/9

Schweizerische Ziegelindustrie, Zürich: 13/1, 13/2, 13/3

Stahlton AG, Zürich: 26/2, 26/4

NN.: 4/1, 13/8, 17/1

Bildnachweis

Page 80: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

78

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

79

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

[La 02] Lang K.: «Seismic Vulnerability of ExistingBuildings». Institut für Baustatik undKonstruktion (IBK), ETH Zürich. Bericht inVorbereitung, Birkhäuser Verlag Basel BostonBerlin 2002.

[PB 90] Paulay T., Bachmann H., Moser K.: «Erdbe-benbemessung von Stahlbetonhochbauten».Birkhäuser Verlag Basel Boston Berlin 1990.

[PP 92] Paulay T., Priestley M.J.N.: «Seismic Design ofReinforced Concrete and Masonry Structu-res». John Wiley & Sons, New York 1992.

[Sc 00] Schumacher R.: «Zur rechtlichen Verantwor-tung für die Erdbebensicherung von Bauwer-ken». SGEB/SIA-Dokumentation D0162«Erdbebenvorsorge in der Schweiz –Massnahmen bei neuen und bestehendenBauwerken», Schweizerischer Ingenieur- undArchitekten-Verein, Zürich 2000.

[SIA 160] SIA 160 (Norm): «Einwirkungen auf Tragwer-ke». Schweizerischer Ingenieur- und Archi-tekten-Verein, Zürich 1989.

[SK 97] Studer J., Koller M.G.: «Bodendynamik –Grundlagen, Kennziffern, Probleme». 2. Auflage. Springer-Verlag Berlin HeidelbergNew York 1997.

[TD 01] Thiele K., Dazio A., Bachmann H.: «Beweh-rungsstahl unter zyklischer Beanspruchung».Institut für Baustatik und Konstruktion (IBK),ETH Zürich. Bericht Nr. 264, Birkhäuser Ver-lag Basel Boston Berlin 2001.

[Ba 02] Bachmann H.: «Erdbebensicherung vonBauwerken». 2. Auflage Birkhäuser VerlagBasel Boston Berlin 2002

[Ba 01] Bachmann H.: «Softening as Seismic Upgra-ding Strategy – Requirements and CaseStudies». Proceedings 20th European Regio-nal Earthquake Engineering Seminar Sion,September 3-7, 2001. Schweizer Gesell-schaft für Erdbebeningenieurwesen undBaudynamik SGEB, Martigny 2001.

[BW 98] Bachmann H., Wenk T.: «UngenügendeDuktilität beim Bewehrungsstahl». SchweizerIngenieur und Architekt, Heft 29, Juli 1998.

[DW 99] Dazio A., Wenk T., Bachmann H.: «Versuchean Stahlbetontragwänden unter zyklisch-statischer Einwirkung». Institut für Baustatikund Konstruktion (IBK), ETH Zürich. BerichtNr. 239, Birkhäuser Verlag Basel BostonBerlin 1999.

[D0150] Bachmann H., Darbre G.R., Deichmann N.,Koller M.G., Studer J., Tiniç S., Tissières P.,Wenk Th., Wieland M., Zwicky P.: «Hand-lungsbedarf von Behörden, Hochschulen,Industrie und Privaten zur Erdbebensiche-rung der Bauwerke in der Schweiz».SGEB/SIA-Dokumentation D0150,Schweizerischer Ingenieur- und Architekten-Verein, Zürich 1998.

[D0171] Bachmann H., Dazio A., Bruchez P., MittaxX., Peruzzi R., Tissières P.: «Erdbebengerech-ter Entwurf und Kapazitätsbemessung einesGebäudes mit Stahlbetontragwänden».SGEB/SIA-Dokumentation D0171, Schwei-zerischer Ingenieur- und Architekten-Verein,Zürich 2002.

[EC 8] Eurocode 8 (Norm): «Auslegung vonBauwerken gegen Erdbeben», Teile 1-1, 1-2,1-3. Norm SIA V160.811/812/813 als Euro-päische Vornorm ENV 1998-1-1/-2/-3.Schweizerischer Ingenieur- und Architekten-Verein, Zürich 1997.

[GM98] Grünthal G., Mayer-Rosa D., Lenhardt W.:«Abschätzung der Erdbebengefährdung fürdie D-A-CH-Staaten – Deutschland,Österreich, Schweiz», Bautechnik 75 (1998)Heft 10, S. 753–767.

Literatur

Die verwendeten Bilder stammen von folgenden Personen und Institutionen:

Walter Ammann, Davos: 11/2, 20/1, 20/2, 20/3

Hugo Bachmann, Zürich: Grundsatzbilder 1 bis 35, E/1,E/2, E/3, 1/1, 1/2, 2/1, 2/2, 4/9, 4/10, 6/1, 7/1, 8/1, 8/2,9/1, 9/3, 9/4, 10/1, 12/1, 12/2, 12/3, 12/4, 12/5, 15/1,15/2, 15/3, 17/6, 21/1, 25/1, 26/1, 26/3, 26/5, 26/6,27/3, 31/3

Marc Badoux, Lausanne: 30/1

Alessandro Dazio, San Diego CA: Umschlagbild mitBewehrung, 9/2, 23/1, 24/1, 24/2, 24/3, 24/4, 25/3

Martin Koller, Carouge: 28/1, 29/1

Pierino Lestuzzi, Lausanne: 4/2, 4/3, 11/3, 11/4, 17/2,17/3, 17/4, 17/5, 25/2, 30/2

Eberhard Luz, Stuttgart: 14/1, 22/1, 22/2, 22/3

Roland Madöry, Basel: 31/1

Paul Missbauer, Sion: 31/1

Kaspar Peter, Lausanne: 14/2

Meta Sozen, Illinois: 30/3

Dieter Wepf, Flawil: 11/1, 16/3

Thomas Wenk, Zürich: Umschlagbild mit Gebäude,4/4, 4/5, 4/6, 4/7, 4/8, 5/2, 5/3, 6/2, 6/3, 6/4, 6/5, 6/6,13/6, 13/7, 14/3, 16/2, 27/1, 27/2, 30/4, 32/1, 32/4

Architectural Institute of Japan: 5/1, 18/1, 18/2, 18/3,19/1, 19/2, 19/3, 19/4, 19/5, 19/6, 20/4, 32/2, 32/3,33/3

Earthquake Engineering Research Institute, OaklandCA: Umschlagbild mit Rohrleitung, 16/1, 32/3, 33/1,33/2, 33/4, 34/1, 34/2, 34/3, 34/4, 35/1, 35/2, 35/3,35/4, 35/5, 35/6, 35/7, 35/8

Losinger AG, Lyssach BE: 13/4, 13/5

Pacific Earthquake Engineering Research Center,Berkeley CA: 35/9

Schweizerische Ziegelindustrie, Zürich: 13/1, 13/2, 13/3

Stahlton AG, Zürich: 26/2, 26/4

NN.: 4/1, 13/8, 17/1

Bildnachweis

Page 81: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

81

Anhang

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

80

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

http://www.bwg.admin.chBundesamt für Wasser und Geologie BWGKoordinationsstelle für ErdbebenvorsorgeLändtesstrasse 202501 Biel

http://www.sgeb.chSchweizer Gesellschaft für Erdbeben-ingenieurwesen und Baudynamik SGEBCase postale 15711227 Carouge

http://www.sia.chSchweizerischer Ingenieur- und Architektenverein SIASelnaustrasse 16 Postfach8039 Zürich

http://www.seismo.ethz.chSchweizerischer Erdbebendienst SEDETH Hönggerberg8093 Zürich

http://www.vkf.chSchweizerischer Pool für ErdbebendeckungBundesgasse 203001 Bern

http://www.ibk.baug.ethz.chInstitut für Baustatik und Konstruktion IBKBereich Baudynamik und ErdbebeningenieurwesenETH Hönggerberg8093 Zürich

http://beton.epfl.chLaboratoire de construction en bétonFaculté ENAC Institut de Structures EPFL GC1015 Lausanne

Kontakte

Erdbebengefährdung für die D-A-CH Staaten(Deutschland, Österreich, Schweiz)

mit unterlegter Karte der Epizentren tektonischer Erdbeben

Erdbebengefährdung in Form berechneter Intensitätswerte für eine Nichtüberschreitenswahrscheinlichkeit von 90% in 50 Jahren

Page 82: Erdbebengerechter Entwurf von Hochbauten – Grundsätze für Ingenieure, Architekten ... · 2020. 8. 30. · Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden Begleitwort

81

Anhang

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

80

Grundsätze für Ingenieure, Architekten, Bauherren und Behörden

http://www.bwg.admin.chBundesamt für Wasser und Geologie BWGKoordinationsstelle für ErdbebenvorsorgeLändtesstrasse 202501 Biel

http://www.sgeb.chSchweizer Gesellschaft für Erdbeben-ingenieurwesen und Baudynamik SGEBCase postale 15711227 Carouge

http://www.sia.chSchweizerischer Ingenieur- und Architektenverein SIASelnaustrasse 16 Postfach8039 Zürich

http://www.seismo.ethz.chSchweizerischer Erdbebendienst SEDETH Hönggerberg8093 Zürich

http://www.vkf.chSchweizerischer Pool für ErdbebendeckungBundesgasse 203001 Bern

http://www.ibk.baug.ethz.chInstitut für Baustatik und Konstruktion IBKBereich Baudynamik und ErdbebeningenieurwesenETH Hönggerberg8093 Zürich

http://beton.epfl.chLaboratoire de construction en bétonFaculté ENAC Institut de Structures EPFL GC1015 Lausanne

Kontakte

Erdbebengefährdung für die D-A-CH Staaten(Deutschland, Österreich, Schweiz)

mit unterlegter Karte der Epizentren tektonischer Erdbeben

Erdbebengefährdung in Form berechneter Intensitätswerte für eine Nichtüberschreitenswahrscheinlichkeit von 90% in 50 Jahren