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Erfahrungsbericht Auslandssemester in León, Nicaragua Zeitraum: Sommersemester 2018 Name: Sina Montag Studiengang: Umweltingenieurwissenschaften

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Erfahrungsbericht Auslandssemester in León, Nicaragua

Zeitraum: Sommersemester 2018

Name: Sina Montag Studiengang: Umweltingenieurwissenschaften

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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Mein Leben in León

3. Organisation vor dem Aufenthalt

4. Organisation während dem Aufenthalt

5. Die Universität

6. Abschluss

1. Einleitung

Seit Beginn meines Studiums hat es mich gereizt, ein Semester im Ausland zu verbringen. Dafür bietet die TU

Darmstadt unglaublich viele Ziele auf der ganzen Welt an. Doch wie soll man sich da entscheiden? Nicaragua,

das Land der tausend Vulkane. Klingt ja schon einmal sehr spannend. Aber liegt das nicht irgendwo in Afrika?

Nachdem mir eine Freundin im Unisport von dem Stipendium erzählte, wusste ich noch nicht viel über das

Land. So begann ich Recherche und informierte mich über das Stipendium das vom Fachgebiet

Ingenieurökologie jedes Semester für drei Studierende angeboten wird. Schließlich bewarb ich mich, zu

verlieren hatte ich schließlich nichts. Als ich einige Wochen später die Zusage bekam, wusste ich, dass mir ein

großes Abenteuer bevorsteht. Das gleiche Glück wie ich hatten meine Zwillingsschwester Mara, Studentin der

Geowissenschaften und Rebecca, eine meiner Mitstudentinnen.

Natürlich wussten wir vor Antritt unserer Reise nicht, dass alles anders kommen würde, als wir es uns

vorgestellt hatten. Nach nur zwei Wochen unseres Aufenthaltes veranlasste eine Rentenreform des

Präsidenten, dass sich das Land innerhalb kürzester Zeit an den Rand eines Bürgerkriegs begab. Es kam zu

ständigen Protesten und Unruhen, die Verletzte und Tote mit sich brachten. Ende Juni entschieden wir uns

schließlich schweren Herzens, das bereits lieb gewonnene Nicaragua aus Sicherheitsgründen zu verlassen. In

diesem Bericht möchte ich auf die mehr als schöne und friedliche Zeit eingehen, die wir zu dritt in León

verbracht haben.

2. Mein Leben in León

Die Stadt León ist etwa so groß wie Darmstadt und damit die zweitgrößte Stadt Nicaraguas. Sie liegt im Westen

des Landes und ist nur 20km vom Strand entfernt. Alle Ziele innerhalb der Stadt lassen sich einfach mit dem

Fahrrad oder auch zu Fuß erreichen. Im „Casa de la Cultura“ kann man Yoga-, Salsa-, Musik-, Sprachkurse und

vieles mehr belegen. Um mein Spanisch etwas aufzufrischen und mir so den Einstieg in das Leben in dem

mittelamerikanischen Land zu erleichtern, habe ich dort zu Anfang einen Spanischkurs belegt. In der Schule

hatte ich schon sechs Jahre spanisch gelernt und kam in die Sprache schnell wieder rein, weshalb ich den Kurs

im Nachhinein als überflüssig empfand. Generell würde ich die Sprachkurse im „Casa de la Cultura“ weniger

weiterempfehlen. In León gibt es viele andere Möglichkeiten, um Sprachkurse zu belegen. Am einfachsten

lernt man die Sprache jedoch, wenn man viel mit spanisch sprechenden Freunden unternimmt und sich

einfach auf den Lebensstil einlässt. Für mich ging das beispielsweise am besten beim Quiz, das jeden Montag

in der Bar „ViaVia“ stattfindet. Es ist dort nicht nur eine gute Möglichkeit, neue Freundschaften zu schließen,

sondern man kann auch tolle Preise gewinnen, wie zum Beispiel einen Mega Mojito oder ein leckeres

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Abendessen. Wer gerne mal das Tanzbein schwingen möchte, der geht am besten donnerstags in den „Olla

Quemada“ zur Salsa-Nacht. Keine Sorge, wenn du noch kein Salsa tanzen kannst, wirst du es dort automatisch

lernen! Um am Wochenende oder unter der Woche nach der Uni etwas abzuschalten, eignet sich der

nahegelegene Strand „Las Peñitas“ am besten. Dort kann man surfen, Frisbee spielen, joggen oder einfach

entspannen. Meine liebsten Bars dort waren „Bomalu“ und „Sua“, wo es sehr leckere Cocktails, Fruchtshakes

und vieles mehr gibt. An manchen Abenden bieten sie sogar Livemusik. Bevor die Uni im Mai anfing,

unternahmen wir im April einige Trips, um das Land kennenzulernen. Direkt von León aus starten

abenteuerliche Trips zu den nahegelegenen Vulkanen. Die besten Triporganisatoren sind mit Abstand die

„Quetzaltrekkers“ und „Volcanoday“. Mit ihnen kann man atemberaubende Hikes und Übernachtungen

übernehmen. Diese führen dich in die pure Natur mit den schönsten Aussichten und Sonnenuntergängen, die

du auf dieser Welt sehen kannst.

Pazifikstrand Las Peñitas

3. Organisation vor dem Aufenthalt

Zu allererst solltet ihr euch natürlich bewerben. Es ist wichtig zu wissen, dass die Bewerbung für ein

Auslandssemester an der ULSA in Nicaragua nicht über das Referat Internationale Beziehungen & Mobilität

läuft, sondern über das Fachgebiet Ingenieurökologie. Demnach herrschen auch andere Bewerbungsfristen.

Alle Informationen darüber findet ihr auf der Webseite des IAG. Nachdem ihr nach ein paar Wochen

hoffentlich eine Zusage erhalten habt, könnt ihr euch an die Vorbereitungen machen. Denn bevor die Reise

losgeht, sind auf eurer To-do-Liste noch einige Haken zu setzen. Diese startet mit der möglichen

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Voranerkennung von Kursen. Ich konnte mir am IAG den Kurs für Geothermie I (3CP) durch „Energía

Geotérmica“ und Technische Hydromechanik und Hydraulik (THH, 6CP) durch „Mecánica de Fluidos“

voranerkennen lassen. Bei Interesse lasse ich euch gerne die von mir auf Deutsch übersetzten

Modulbeschreibungen zukommen.

Das Visum für euren Aufenthalt wird automatisch bei der Einreise ins Land erstellt. Dieses ist jedoch nur für

drei Monate gültig. Darum braucht ihr einen Nachweis, dass ihr das Land innerhalb dieses Zeitraums wieder

verlassen werdet. Dieser wurde von uns am Flughafen in Atlanta verlangt. Als Nachweis gelten z.B. ein Flug-

oder Busticket in ein anderes Land (Achtung: Nicht gültig ist eine Ausreise nach El Salvador, Honduras oder

Guatemala, da diese Länder zusammen mit Nicaragua das sogenannte CA4-Gebiet bilden. Die maximale

Reisedauer von 90 Tagen gilt für diese vier Länder zusammen.) Am einfachsten ist es somit, nach Costa Rica

auszureisen. Danach könnt ihr direkt wieder normal nach Nicaragua zurückkehren und bekommt ein neues

Visum über drei Monate ausgestellt. Es gibt auch die Möglichkeit, dass Visum in Managua verlängern zu lassen.

Mir wurde jedoch gesagt, dass dies sehr aufwändig sei und eine Ausreise im Endeffekt einfacher sei.

Außerdem seid ihr auf der sicheren Seite, wenn ihr bei der Einreise nach Nicaragua ein Ausreiseticket

vorweisen könnt.

Unsere Flugtickets haben wir nach dem Vergleich verschiedener Websites online gekauft. Der Flug ging von

Frankfurt über Paris und Atlanta nach Managua. Der Preis pro Person für Hinflug (04.04.18) und Rückflug

(28.09.18) betrug 627€. Meine Empfehlung ist es, einen Umstieg in den USA zu vermeiden, denn dafür müsst

ihr das ESTA-Visum beantragen. Dieses kostet zusätzliche 14$, auch wenn ihr am Flughafen nur umsteigen

wollt. Der Umstieg kann sich dazu sehr langwierig und aufwändig gestalten. Endlich in Managua angekommen,

wurden wir von einem Angestellten der ULSA abgeholt und nach León zu unserer Unterkunft gefahren.

In der Zeit von November bis März fanden vom Fachgebiet Ingenieurökologie organisierte Stipendiatentreffen

mit den derzeitigen Austauschstudenten aus Nicaragua und ehemaligen Studenten der TU Darmstadt statt.

Dadurch konnte ich schon viele Eindrücke gewinnen und Fragen zum Austauschprogramm klären.

Um eine Unterkunft in León müsst ihr euch noch keine großen Gedanken machen. Die Suche ist zwar möglich

von Deutschland aus, jedoch gestaltet sich diese etwas schwierig und ist nicht unbedingt notwendig.

Die letzten Checks auf eurer Liste sind, sich beim Auswärtigen Amt über empfohlene Impfungen zu

informieren und, falls nicht schon vorhanden, eine Kreditkarte und eine Auslandsversicherung zu beantragen.

Alles abgehakt? Dann kann die Reise ja losgehen!

4. Organisation während dem Aufenthalt

Welcher Handyanbieter ist für mich am besten? Wo soll ich die nächsten sechs Monate wohnen? Wie kläre ich

das alles auf Spanisch und… wie komme ich eigentlich zur Uni? Vor diesen Fragezeichen und vielen mehr stand

ich am Anfang meines Aufenthaltes. Wirklich sehr große Hilfe erhielten wir von den einheimischen Nicas, die

wir in Deutschland schon kennengelernt hatten. Sie halfen uns zudem mit den zu klärenden Formalitäten an

der Uni und erklärten uns, welche Büros für welche Anliegen zuständig seien. Für die Wohnungssuche

empfehle ich, ehemalige Auslandsstudenten aus Darmstadt nach Empfehlungen zu fragen. Außerdem hängen

hin und wieder Anzeigen an schwarzen Brettern oder Straßenlaternen. Am schnellsten an Informationen

kommt man meiner Meinung nach jedoch, wenn man einfach vor Ort rumfragt oder eine kleine Anzeige bei

der Facebook-Gruppe „Expatriates in León“ schreibt. In dieser Gruppe werden zudem regelmäßig interessante

und hilfreiche Posts über Neuigkeiten in der Stadt und Umgebung gepostet. Für die ersten Nächte haben wir

uns im „Hostal Lazybones“ eingebucht. Da wir uns etwas heimischer fühlen wollten, begannen wir zügig mit

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der Suche nach einer passenden Bleibe. Unsere nächste Unterkunft wurde das direkt gegenüber liegende

Gasthaus „Jiménez“, in dem wir einen Monat lang blieben. Da es uns auch dort zu unpersönlich war, suchten

wir weiter und so fanden meine Schwester und ich eine WG im Stadtviertel „Zaragoza“ mit zwei

Mitbewohnern, welche ich wirklich sehr weiterempfehle. Für mehr Informationen könnt ihr mir gerne eine

Mail schreiben. Zur Uni fuhren wir in den ersten Wochen mit den sogenannten „Camionetas“, welche man sich

als kleine Trucks mit Ladefläche und Sitzgelegenheiten vorstellen kann. Diese Fahrten waren immer lustig und

aufregend, da es ein solches Transportmittel in Deutschland niemals geben würde. Nach einiger Zeit hatte ich

mein eigenes Fahrrad, durch welches ich viel flexibler war. Ich hatte es gebraucht in der Nähe des „Parque San

Juan“ für umgerechnet 30€ gekauft.

León mit Aussicht auf die Vulkankette

5. Die Universität

Man kann Kurse aus dem Plan „diario“ (Montag bis Freitag) und dem Plan „sabatino“ (Samstag) wählen. Belegt

habe ich die Kurse „Energía Eólica“, „Energía solar“, „Energía Geotérmica“ und „Mecánica de Fluidos“. Zur Uni

kommt man schnell und einfach mit den Camionetas, welche direkt bei der Uni halten. Beim Ausstieg am

„Politécnico“ zahlt ihr jedes Mal 5Cs, egal wo ihr eingestiegen seid. Mit dem Fahrrad ist man sehr flexibel und

man betreibt etwas Sport. Von meiner WG aus habe ich nur 5-10 Minuten gebraucht. Jedoch kommt man sehr

verschwitzt an der Uni an, was ein großer Nachteil ist, wenn man direkt die meistens viel zu kalt klimatisierten

Räume betreten muss. Aus diesem Grund solltet ihr auch immer ein Langarmshirt dabei haben. Im Gegensatz

zu Deutschland ist das Verhältnis zwischen Studenten und Dozenten sehr freundschaftlich, woran ich mich

anfangs erst gewöhnen musste. Dadurch fühlte ich mich viel mehr wie an einer Schule als einer Universität.

Das Niveau des Unterrichts ist zudem etwas niedriger als an der TU Darmstadt. In Sachen Klausuren konnte ich

leider keine Erfahrungen sammeln, da ich diese aufgrund unserer verfrühten Ausreise nicht mitschreiben

konnte. Somit habe ich auch keine CP in diesem Semester machen können. Der Kontakt zu den Mitstudenten

hat sich leider trotz Bemühungen sehr schwierig gestaltet. Zwar waren sie stets hilfsbereit und sehr nett, aber

sehr schüchtern und verschlossen uns gegenüber. Vielleicht lag es an dem Altersunterschied oder daran, dass

wir alle drei Mädchen waren. Schließlich fangen die Schüler in Nicaragua früher mit ihrem Studium an und an

der ULSA sind nicht viele Frauen unter den Studenten vertreten.

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6. Abschluss

Nicaragua ist ein wunderschönes Land, das unglaublich viel zu bieten hat. Es ist noch nicht so stark vom

Tourismus befallen, wie z.B. das benachbarte Costa Rica, was es perfekt für Abenteurer und Entdecker macht.

Die Nicas sind ein sehr offenes und hilfsbereites Volk. Sobald sich die Situation normalisiert hat, wird es

hoffentlich wieder möglich sein, dort ein Semester zu absolvieren. Ein Studium an der ULSA in León hat mein

Leben in so vielen Hinsichten bereichert, auch wenn ich leider nur für ein paar Wochen das Vergnügen hatte.

Ich würde jedem raten, der sich für ein Auslandssemester interessiert, die Beine in die Hand zu nehmen, und

sich zu bewerben. Egal wo es einen hinführt, es wird ein unvergessliches Erlebnis werden.

Mara, Rebecca und ich auf dem Cerro Negro