Erfolgreiche Übertragung des Lymphogranuloma Inguinale auf Meerschweinchen

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5. SEPTEMBER 1931 KLINISCHE WOCHENSCHRIFT. IO. JAHRGANG. Mr. 3 6 1653 stehenden Jodk6rper anzureichern. Der Jodreichtum h6rt auf, wenn die Sehilddrfise fehlt. Die Tkyroxinzufuhr zu dem nicht- endokrinen allgemeinen Kbrpergewebe ist im Vergleich zur GrbBe der dort verankerten Joddepots, die ja fiber 70% des gesamten Kbrperjods ausmachen, so gering, dab sein Fehlen beim Ausfallen der Schilddrt~sensekretion nicht nachweisbar wird. Der innere Jodstoffwechsel der K6rperorgane f~hrt zum Tell das Jod wieder ins Blut zurfick, zum Tell erfolgt die Ausscheidung durch die Nieren, die Speicheldrfisen, Magendrfisen und GMle. Andert sich der Funkeionszustand der Sehilddrfise in krank- hafter Weise, z. I3. im Sinne einer 13asedowschen Krankheit, so mfissen wir uns im Schema Drosselhahn R 2 weitge6ffnet vorstellen, wobei wiederum dem zentralregulierten Sympathicus eine besondere Bedm~tung zugeschrieben werden mug. Die Fotge ist, dab die Hormonzufuhr zum 131ute eine st~rkere wird, der Jodspiegel sich dauernd erh6ht. Der Jodgehalt der Schilddrt~se sinkt ab, Das Drfisengewebe befindet sich in fieberhafter T~tigkeit, um m6glichst rasch wieder neues Itormon aus dem mit dem arteriellea Blur zugeft~hrten Jod zu bilden. Das anatomische Bild einer solchen Schilddrfise zeigt das hohe zylindriw Epithel einer stark sezer- nierenden Drfise, das klinische 13lid entspricht dem einer Thyroxin- vergiftung, die wir such pharmakologisch bei entsprechender Uber- dosierung erzielen kgnnen. Der einfache Kropf dagegeu bedingt keine Anderung des Jod- stoffweehsels. Das Drfisengewebe ist prozentual jodarmer, das Joddepot als Gauzes ist meist unverXndert. Die auf ein jodarmes Milieu der Natur eingestellte ,,groBe Schilddrfise" scheint gegen kfinsttiche Zufuhr yon Jod sehr empfindlich zu sein. Der Schilddrfisenschwund oder die Schilddrfisenentar~ung zu Kalkcysten hat eine Minderung der Thyroxinabfuhr und damit eine Senkung des Blutjodspiegels zur Folge. Der Thyroxinmangel im Gesamtk6rper tritt klinisch in Form des Myx6dems in Erschei- nung and kann dutch kt~nstliche Zufuhr yon Thyroxin bek~mpft werden. FlieBen dem 131ut therapeutisch groge Jodmengen zu -- prak- tisch handelt es sich dabei fast inamer um anorganische Jodmengen, da such organische Jodpr~parate das Jod gr6Btenteils infolge des Verdammgsprozesses dem K6rper in ionisierter Form zuffihren --, so wird sieh zun~chst das Blutjoddepot anffillen. Es ist fiber das iooofache erweiterungsf~hig. Aber schnelI sorgt eine weite (3ff- nung des Drosselhahnes _R 1 daffir, dab binnen Tagesfrist der alte Spiegel wieder erreicht ist. Das zur Schilddrfise wandernde Jod wird dort in groBen Mengen aufgespeichert, so dag sich der Ge- samtjodgehalt um das 3--4lathe steigern kann. Nunmehr ist aber die Hauptmenge des Jods in der Schilddrfise in anorganischer Form deponiert. Die unter der \u der anorganischen Jod- zufuhr einsetzende erste Phase der Jodspeicherung bedingt einen sekretorischen Ruhestand der Drfise, der die Hormonabgabe zum Blute mindert; der JodeiweiBgehalt des 13iutes sinlce. Diesen Jod- effekt benutzt die moderne 13asedowtherapie, wenn sie durch ,,Jodst613e" oder dutch Medikation yon Lugolscher L6sung eine Beruhigung der fiberm~Big arbeitenden Schilddr/ise zu erzielen sucht. Dieser Jodeffekt ist jedoch meist nur vorfibergehender Natur; fiberschreitet bei weiterer anorganischer Jodzufuhr der Jodionen- gehalt der Schilddrfise einen bestimmten Schwellenwert, so iibt das Jodion selbst einen sekretorischen Reiz aus und veranlaBt nunmehr, gegenteilig zur Wirknng der beginnenden Jodspeicherung, die erh6hte Abgabe yon spezifischem Drfisenhormon. Das Jod- eiweiBdepot der Drfise beginnt sich zu leeren; der JodeiweiBgehalt des Blutes steigt an. Sehr bald wird sich such bei weiterer Zunahme des anorganischen Jodlagers in der Schilddrfise eine neue Jod- abfluBbahn bilden, die nicht mehr fertig synthetisiertes Jodeiweig, sondern die unfertigen Bausteine der S3mthese , ja wahrscheinlich vorwiegend anorganisches Jod, abtransportiert. Das dem fibrigen K6~pergewebe zugeffihrte Jod wird nut in geringem MaBe gespeichert. Es wird sehr rasch zu den Ansscheidungs- organen in Nieren und Darmkanal bef6rdert. 6 Tage nach der kfinst- lichen Jodzufuhr zeigen nunmehr diese Ausscheidungsorgane eine geringe Erh6hung des Jodgehaltes. Die Schilddrfise dagegen behalf ihren aufgeft~lleen Jodspeicher monate- und jahrelang. So wird es erld~rlich, dab dann sp~terhin verabreichte kleine Joddosen, die sonst beim normalen Menschen klinisch v611ig harmlos sind, infolge Addition mit dem schou vorhandenen Joddepot die Reizsehwelle fiberschreiten und so fiberraschend schnell einen sekretorischen Reizzustand der Schilddrfise ausl6sen, d. h. gesundheitliche Sch~ digungen setzen. Die Schilddrfise ist durch die erste Jodgabe gegen weitere Joddarreichnng sensibilisiert. Hierbei spielen konstitutionelle und region~re Momente zweifellos eine grof3e Rolle. Wirkt dem beim Sekretionsmeehanismus der Sehilddrfise so bedeutungsvollen sympathischen Nmwensystem eine konstitufionell oder pharmakologisch bedingte Tonisierung des parasympathischen Systems entgegen, so vertrXgt der Mensch such grofle Joddosen ohne sch~dliche Schilddrt~senreizung. Die Jodunempfindlichkeit des vagotonisehen Asthmakranken ist eine altgemeine Xrztliche Erfahrungstatsache. Finden sich im K6rper krankhafte Gewebsteile, die Jod in sich aufzuspeichern verm6gen, so z. B. tuberkul6ses oder syphilitisches Gewebe, so besteht ffir die Schilddrfise keine Gefahr far die Jod- zufuhr. Die systematische Erforschung des Jodhaushalts der be- lebten and unbelebten Nafur hat uns also einen Einblick in einen chemischen Mikrokosmos yon erstaunlicher "Viel- gestaltigkeit und mit wunderbaren Regulationsmechanismen erbffnet. Dieser Einblick ist nicht nur itir den I3iologen in• essant, sondern wirkt sich auch segensreich aus ffir die kranke Menschheit insofern, Ms wir jenes seit langem gesch~tzte, aber auch geffirchtete Medikament Jod viel selbstsicherer und zielbewuBter zu handhaben wissen. Die Erfolge der Kropfprophylaxe nnd der modernen Basedowtherapie sind die ersten Frfichte dieses neuen Wissens. ORIGINALIEN. ERFOLGREICHE 0BERTRAGUNG DES LYMPHO- GRANULOMA INGUINALE AUF MEER- SCHWEINCHEN *. ~ron KURT 5{EYER, HERBERT ROSENFELD und H. E. ANOERS. Aus der BaMeNotogischen(Dr. KURT MEYER), Dermatolog~sehen(Prof.Dr. LOHE) und Pathologischen (ProL Dr. ANDERS) Abteilung des Rudolf Virchow-Krankenhauses in BeNin. I. EXPERIMENTELLER TEIL. Von KURT MEYER und H. ROSENFELD. DaB das Lymphog~nuloma ingu@~cde, jene zuerst volt DURAND, IX~ICOLAS und I~AVRE1 genauer beschriebene vene- rische Erkrankung, such in Deutschland immer mehr art Bedeutung gewinnt, unferliegt keinem Zweifel. Wir erinnern daran, daB, wie LOHI~ und BL0-~IMERS~ kfirzlich berichteten, allein an einer der beiden Dermafologischen Abteitungen des Virchow-Krankenhauses in wenig mehr Ms einem Jahre 5I F/~lle zur Beobachtung kamen. * Vorgetragen in der Sitzung der Berlhler DermatotogisehenGeseltschaft vom 14. Juli I93I. Die Atiologie dieser Erkrankung ist bisher unbekannt. Es sind zwar eine Reihe yon bakteriellen Befunden beschrieben worden. Man darf aber als sicher annehmen, dab der Erreger des L.i. sich unter diesen nicht befunden hat. Ahnlich ergebnislos waren nach allgemeiner Ansicht his vor kurzem die Versuche, die Erkrankung auf die gew6hnlichen Versuchstiere zu fibertragen. Zwar berichtete GA~NA ~ schon vor einer Reihe yon Jahren fiber Meerschweinchenversuche, bei denen es ihm gelang, Lymphdrfisen- schwellnngen zn erzeugen, die nach seiner Meinung dem Frfih- stadium des menschlichen L.i. glichen. In einigen wenigen F~llen getang such die Weiteriibertragung auf neue Meersehweinchen und einmal eine dritte Passage. Auch GAY PRIETO4 berichtete fiber einige anscheinend erfolg- reiche Infektionsversuche an Meerschweinchen, doch gelang nut in einem Falle eine einmalige ~Veiterfibertragung. Diese und noch einige ~thnliche vereinzelte 13eobachtungen fanden wenig Beachtung, und so kommt HELLERSTR6M s in seiner groBei1 Monographie aus dem Jahre 1929 zu dem Ergebnis , dab kein. einwandfreier Beweis ffir die ~bertragung des L.i. anf Tiere er- bracht sei, und FREI, der beste Kenner dieser Erkrankung in Deutsch- land, der selbst mit HOFFMANN 6 ~hnliche Impfreaktionen bei Meerschweinchen beobachtete, legt diesen keine Bedeutung bei und spricht sich in seiner zusammenfassenden Darstellung in derl

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5. SEPTEMBER 1931 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . IO. J A H R G A N G . Mr. 3 6 1653 stehenden Jodk6rper anzureichern. D e r Jodreichtum h6r t auf, wenn die Sehilddrfise fehlt. Die Tkyroxinzufuhr zu dem nicht- endokrinen allgemeinen Kbrpergewebe ist im Vergleich zur GrbBe der dor t veranker ten Joddepots, die ja fiber 70% des gesamten Kbrperjods ausmachen, so gering, dab sein Fehlen beim Ausfallen der Schilddrt~sensekretion nicht nachweisbar wird. Der innere Jodstoffwechsel der K6rperorgane f~hr t zum Tell das Jod wieder ins Blut zurfick, zum Tell erfolgt die Ausscheidung durch die Nieren, die Speicheldrfisen, Magendrfisen und GMle.

Ander t sich der Funkeionszustand der Sehilddrfise in krank- haf ter Weise, z. I3. im Sinne einer 13asedowschen Krankhei t , so mfissen wir uns im Schema Drosselhahn R 2 weitge6ffnet vorstellen, wobei wiederum dem zentralregulierten Sympathicus eine besondere Bedm~tung zugeschrieben werden mug. Die Fotge ist, dab die Hormonzufuhr zum 131ute eine st~rkere wird, der Jodspiegel sich dauernd erh6ht . Der Jodgehalt der Schilddrt~se sinkt ab, Das Drfisengewebe befindet sich in fieberhafter T~tigkeit, um m6glichst rasch wieder neues I to rmon aus dem mi t dem arteriellea Blur zugeft~hrten Jod zu bilden. Das anatomische Bild einer solchen Schilddrfise zeigt das hohe zylindriw Epi the l einer s ta rk sezer- nierenden Drfise, das klinische 13lid entspr icht dem einer Thyroxin- vergiftung, die wir such pharmakologisch bei entsprechender Uber- dosierung erzielen kgnnen.

Der einfache Kropf dagegeu bedingt keine Anderung des Jod- stoffweehsels. Das Drfisengewebe ist prozentual jodarmer, das Joddepot als Gauzes i s t meist unverXndert. Die auf ein jodarmes Milieu der Natur eingestellte ,,groBe Schilddrfise" scheint gegen kfinsttiche Zufuhr yon Jod sehr empfindlich zu sein.

Der Schilddrfisenschwund oder die Schilddrfisenentar~ung zu Kalkcysten ha t eine Minderung der Thyroxinabfuhr und dami t eine Senkung des Blutjodspiegels zur Folge. Der Thyroxinmangel im Gesamtk6rper t r i t t klinisch in Form des Myx6dems in Erschei- nung and kann du tch kt~nstliche Zufuhr yon Thyroxin bek~mpft werden.

FlieBen dem 131ut therapeut i sch groge Jodmengen zu -- prak- t isch handel t es sich dabei fast inamer um anorganische Jodmengen, da such organische Jodpr~para te das Jod gr6Btenteils infolge des Verdammgsprozesses dem K6rper in ionisierter Form zuffihren - - , so wird sieh zun~chst das Blut joddepot anffillen. Es ist fiber das iooofache erweiterungsf~hig. Aber schnelI sorgt eine weite (3ff- nung des Drosselhahnes _R 1 daffir, dab binnen Tagesfrist der alte Spiegel wieder erreicht ist. Das zur Schilddrfise wandernde Jod wird dor t in groBen Mengen aufgespeichert, so dag sich der Ge- samtjodgehal t u m das 3 - - 4 l a t h e steigern kann. Nunmehr ist aber die Hauptmenge des Jods in der Schilddrfise in anorganischer Form deponiert . Die un te r der \u der anorganischen Jod- zufuhr einsetzende erste Phase der Jodspeicherung bedingt einen sekretorischen Ruhes tand der Drfise, der die Hormonabgabe zum Blute minder t ; der JodeiweiBgehalt des 13iutes sinlce. Diesen Jod- effekt benutz t die moderne 13asedowtherapie, wenn sie durch ,,Jodst613e" oder du tch Medikation yon Lugolscher L6sung eine

Beruhigung der fiberm~Big arbei tenden Schilddr/ise zu erzielen sucht. Dieser Jodeffekt ist jedoch meist nur vorfibergehender Natur ; fiberschreitet bei weiterer anorganischer Jodzufuhr der Jodionen- gehal t der Schilddrfise einen bes t immten Schwellenwert, so i ibt das Jodion selbst einen sekretorischen Reiz aus und veranlaBt nunmehr , gegenteilig zur Wirknng der beginnenden Jodspeicherung, die erh6hte Abgabe yon spezifischem Drfisenhormon. Das Jod- eiweiBdepot der Drfise beginnt sich zu leeren; der JodeiweiBgehalt des Blutes steigt an. Sehr bald wird sich such bei weiterer Zunahme des anorganischen Jodlagers in der Schilddrfise eine neue Jod- abfluBbahn bilden, die n icht mehr fertig synthet is ier tes Jodeiweig, sondern die unfertigen Bausteine der S3mthese , ja wahrscheinl ich vorwiegend anorganisches Jod, ab t ranspor t ie r t .

Das dem fibrigen K6~pergewebe zugeffihrte Jod wird nu t in geringem MaBe gespeichert. Es wird sehr rasch zu den Ansscheidungs- organen in Nieren und Darmkanal bef6rdert. 6 Tage nach der kfinst- lichen Jodzufuhr zeigen nunmehr diese Ausscheidungsorgane eine geringe Erh6hung des Jodgehaltes. Die Schilddrfise dagegen behal f ihren aufgeft~lleen Jodspeicher monate- und jahrelang. So wird es erld~rlich, dab dann sp~terhin verabreichte kleine Joddosen, die sonst beim normalen Menschen klinisch v611ig harmlos sind, infolge Addition mi t dem schou vorhandenen Joddepot die Reizsehwelle fiberschreiten und so fiberraschend schnell einen sekretorischen Reizzustand der Schilddrfise ausl6sen, d. h. gesundheitl iche S c h ~ digungen setzen. Die Schilddrfise ist durch die erste Jodgabe gegen weitere Joddarreichnng sensibilisiert. Hierbei spielen konst i tut ionel le und region~re Momente zweifellos eine grof3e Rolle.

Wi rk t dem beim Sekretionsmeehanismus der Sehilddrfise so bedeutungsvollen sympathischen Nmwensystem eine konsti tufionell oder pharmakologisch bedingte Tonisierung des parasympathischen Systems entgegen, so vertrXgt der Mensch such grofle Joddosen ohne sch~dliche Schilddrt~senreizung. Die Jodunempfindl ichkei t des vagotonisehen As thmakranken ist eine altgemeine Xrztliche Erfahrungsta tsache.

Finden sich im K6rper krankhaf te Gewebsteile, die Jod in sich aufzuspeichern verm6gen, so z. B. tuberkul6ses oder syphilit isches Gewebe, so besteht ffir die Schilddrfise keine Gefahr far die Jod- zufuhr.

Die s y s t e m a t i s c h e E r f o r s c h u n g des J o d h a u s h a l t s d e r be - l e b t e n a n d u n b e l e b t e n N a f u r h a t uns also e i n e n E i n b l i c k in e inen c h e m i s c h e n Mik rokosmos y o n e r s t a u n l i c h e r "Viel- ge s t a l t i gke i t u n d m i t w u n d e r b a r e n R e g u l a t i o n s m e c h a n i s m e n erbf fne t . Dieser E i n b l i c k i s t n i c h t n u r i t i r d e n I3iologen in• essant , s o n d e r n w i r k t s ich a u c h segens re ich aus ffir die k r a n k e M e n s c h h e i t insofern, Ms wir jenes se i t l a n g e m gesch~tz te , abe r a u c h gef f i rch te te M e d i k a m e n t J o d vie l s e lbs t s i che re r u n d z ie lbewuBter zu h a n d h a b e n wissen. Die Er fo lge d e r K r o p f p r o p h y l a x e n n d de r m o d e r n e n B a s e d o w t h e r a p i e s i nd die e r s t e n F r f i ch t e dieses n e u e n Wissens .

ORIGINALIEN. ERFOLGREICHE 0BERTRAGUNG DES LYMPHO-

GRANULOMA INGUINALE AUF MEER- SCHWEINCHEN *.

~ron

KURT 5{EYER, HERBERT ROSENFELD u n d H . E . ANOERS. Aus der BaMeNotogischen (Dr. KURT MEYER), Dermatolog~sehen (Prof. Dr. LOHE) und Pathologischen (ProL Dr. ANDERS) Abteilung des Rudolf Virchow-Krankenhauses

in BeNin.

I. EXPERIMENTELLER TEIL. Von

KURT MEYER u n d H. ROSENFELD.

DaB das Lymphog~nuloma ingu@~cde, j ene z u e r s t vo l t DURAND, IX~ICOLAS u n d I~AVRE 1 genaue r b e s c h r i e b e n e v e n e - r i sche E r k r a n k u n g , s u c h in D e u t s c h l a n d i m m e r m e h r art B e d e u t u n g gewinn t , u n f e r l i e g t k e i n e m Zweifel. W i r e r i n n e r n d a r a n , daB, wie LOHI~ u n d BL0-~IMERS~ kf i rz l ich b e r i c h t e t e n , a l le in a n e iner de r b e i d e n D e r m a f o l o g i s c h e n A b t e i t u n g e n des V i r c h o w - K r a n k e n h a u s e s in wen ig m e h r Ms e i n e m J a h r e 5I F/~lle zur B e o b a c h t u n g k a m e n .

* Vorgetragen in der Sitzung der Berlhler Dermatotogisehen Geseltschaft vom 14. Juli I93I.

Die At iologie d ieser E r k r a n k u n g i s t b i s h e r u n b e k a n n t . E s s ind zwar e ine R e i h e y o n b a k t e r i e l l e n B e f u n d e n b e s c h r i e b e n worden . M a n da r f abe r als s icher a n n e h m e n , d a b de r E r r e g e r des L . i . s ich u n t e r d iesen n i c h t b e f u n d e n h a t .

A h n l i c h e rgebnis los w a r e n n a c h a l lgemeine r A n s i c h t h is v o r k u r z e m die Versuche , die E r k r a n k u n g auf die g e w 6 h n l i c h e n Ver suchs t i e r e zu f iber t ragen .

Zwar berichtete GA~NA ~ schon vor einer Reihe yon Jah ren fiber Meerschweinchenversuche, bei denen es ihm gelang, Lymphdr f i s en - schwellnngen zn erzeugen, die nach seiner Meinung dem Frfih- s tadium des menschlichen L.i . glichen. In einigen wenigen F~llen getang such die Weiter i iber t ragung auf neue Meersehweinchen und einmal eine dr i t te Passage.

Auch GAY PRIETO 4 ber ichtete fiber einige anscheinend erfolg- reiche Infektionsversuche an Meerschweinchen, doch gelang n u t in einem Falle eine einmalige ~Veiterfibertragung.

Diese und noch einige ~thnliche vereinzelte 13eobachtungen fanden wenig Beachtung, und so kommt HELLERSTR6M s in seiner groBei1 Monographie aus dem Jahre 1929 zu dem Ergebnis , dab kein. einwandfreier Beweis ffir die ~be r t r agung des L. i . anf Tiere er- b rach t sei, und FREI, der beste Kenner dieser Erk rankung in Deutsch- land, der selbst mi t HOFFMANN 6 ~hnliche Impfreakt ionen bei Meerschweinchen beobachtete, legt diesen keine Bedeutung bei und spricht sich in seiner zusammenfassenden Darstel lung in derl

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1654 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . IO. J A H R G A N G . Mr. 36 5. SEPTEMBER z93z

Neuen. Deutschen Klinik ~ dah in aus, dab die Tierversuche bisher zur Kl~rung der Atiologie des L . i . nichts beigetragen haben.

]Krst in letzter Zeit haben auf dem Internat ionalen KongreB fiir Dermatologie in Kopenhagen HELL~RSTR5~ nnd WASS~N s fiber erfolgreiche Affenversuche berichtet . Es gelang ihnen, du tch intracerebrale Verimpfung yon menschlichem Material eine Meningo- Encephali t is hervorzurufen, die nach ihrer Meinung in recht hohem Grade der "Vaccine-]Kncephalitis glich. Ft~r den spezifischen Cha- rak te r der ]Kncephalitis ffihren die Autoren an, dab sowohl die Spinalflfissigkeit der infizierten Affen wie Ex t rak te aus den ence- phali t isehen VerXnderungen bei menschlichen L . i . -Pa t ien ten die Freische Oberempfindlichkeitsreaktion hervorriefen.

LEVADITI 9 mit seinen Mitarbei tern und A. COI~N and KLGEBERG haben die 13efunde yon ]~ELLERSTROM and WASSl~N best~tigt.

W i r h a b e n , ohne d a b n n s zun i i chs t die ~ l te ren Meer- s c h w e i n c h e n v e r s u c h e b e k a n n t waren , y o n n e u e m die E r k r a n - k u n g auf Mee r sch w e i nchen zu t i b e r t r a g e n ve r such t . Das E r - gebnis v o r w e g n e h m e n d , glauben ~vir sagen zu lc5nnen, dab uns die ~bertragung einwand/rei gelungen ist.

I n j i z i e r t m a n E i t e r y o n L. i . -F~l len in M e n g e n y o n 0, 5 bis I ccm Mee r schwe inchen in die Ingu ina lgegend , a m b e s t e n n a c h v o r h e r i g e r Q u e t s c h n n g de r Ingu ina ld r i i se , so f i ih l t m a n rac is t s e h o n n a c h 4 8 S t u n d e n eine l e ich te Res i s t enz a n tier I n j e k - f ionsste l le , die n a c h 3 bis 5 T a g e n zur d e u t l i c h e n Schwel lung wird, u n d n a c h 7 - - IO T a g e n h a t s ich eine k i r sch- bis p f l a u m e n - groBe Geschwuls t ausgebi lde t . B a l d b e g i n n t s ich diese wieder zu ve rk le ine rn , wobei ih re K o n s i s t e n z z u n i m m t , u n d n a c h we i t e r en 7 T a g e n i s t h~uf ig n u r n o c h eine anf E rbseng r6Be geschwol lene h a r t e Dr~ise zu f i ihlen.

T 6 t e t m a n die Tiere e twa 8 - - I O Tage n a c h de r I m p f u n g , so f inde r m a n an. der I n j e k t i o n s s t e l l e e in 6 d e m a t S s d u r c h - t r / tnk tes , gef~iBreiches, y o n H ~ m o r r h a g i e n du rchse t z t e s , di f fus in das F e t t g e w e b e i ibe rgehendes In f i l t r a t , das ein oder zwei Dr i i sen einsehl ieBt , die abe r als solche h~uf ig n i c h t m e h r er- k e n n b a r s ind. I n m a n c h e n F ~ l l e n e r sch ien ein Tel l des Gewebes s chon m a k r o s k o p i s c h n e k r o t i s c h u n d zeigte e in k~tsiges Aus- sehen.

N e b e n d iesen Iolcalen Veriinderungen war, besonde r s bei s p a r e r g e t 6 t e t e n Tieren , s u c h eine Ausbreitung des Prozesses zu e rkennen , auf die H. A ~ D ~ S unse re A n f m e r k s a m k e i t l enkte . Be i de r M e h r z a h l der T ie re war a u c h die Iliaealdri~se der g le ichen Seite a n d in e i n e m e r h e b l i c h e n Tei l de r F~lle eine oder m e h r e r e Mesenterialdr4sen verg rSger t . I n 3 F~illen w a r e n eine oder m e h r e r e Mesen t e r i a ld r i i s en v611ig verk~s t . E i n m a l b i l d e t e n die v e r k ~ s t e n a n d u n t e r e i n a n d e r v e r s c h m o l z e n e n Mesen te r i a ld r f i s en e inen k i r schgroBen z u s a m m e n h ~ n g e n d e n T u m o r .

Die Milz war in e inem Tell der F~lle e rheb l i ch vergr6Ber t . Die Leber zeigte v ie l f ach tel ls e inzelne gr6Bere weiBliche F lecken , te i ls m e h r oder m i n d e r zah l re iche graue K n 6 t c h e n y o n S tecknade lkopfgrSBe . A u c h in den Lungen f a n d e n s ich in m e h r e r e n F~ l l en k le ine K n 6 t c h e n . I n e i n e m Fa l le h a t t e n i m U n t e r l a p p e n de r e inen L u n g e die K n 6 t c h e n da s n o r m a l e Ge- webe f a s t v611ig v e r d r ~ n g t . I n 3 F~l Ien w a r e n p leu r i t i sche V e r w a e h s u n g e n v o r h a n d e n . Je n a c h d e m Z e i t p u n k t , zu d e m die Tiere g e t 6 t e t w a r d e n , e r g a b e n s ich U n t e r s c h i e d e in de r A u s b r e i t u n g des Krankhe i t sp rozes se s . I~ber d e n endgf i l t igen A b l a u f de r I n f e k t i o n v e r m 6 g e n w i t n o c h ke ine b e s t i m m t e n A n g a b e n zu m a c h e n . Wi r wol len n u r h e r v o r h e b e n , d a b s ich n o c h n a c h M o n a t e n der ProzeB auf r o l l e r H 6 h e b e f i n d e n k a n n . (Schwel lung der Mesenter ia l - , B ronch ia l - u n d S te rna l - dr i isen, D u r c h s e t z u n g yon L e b e r a n d L u n g e n m i t G r a n u l o m - herden . )

N a c h d e m E r g e b n i s der histologisehen Untersuchung w a r e n diese m a k r o s k o p i s c h e r k e n n b a r e n V e r i i nde r ungen d u r e h Pro - zesse bed ing t , die, wie u n t e n e ingehend b e g r i i n d e t w e r d e n wird, ein ganz spezi]isehes GeprSge trugen und den yore menseh- lichen L. i. bel~annten Jgefunden durchaus gleichzusetzen waren.

U n s e r Ma te r i a l u m f a B t 10 Fdlle y o n m e n s c h l i c h e m L. i. Von 9 F~ l l en wurde E i te r , y o n e inem L y m p h d r i i s e n b r e i ver - impf t . In sSmtliehen ~4illen war die ~2bertragung erJolgreich. Von 22 m i t d i e sem Mate r i a l g e i m p f t e n Mee r s chwe inchen er- k r a n k t e n I9, also e in sehr h o h e r P r o z e n t s a t z . B e m e r k e n s - w e f t e r sche in t , d ab ge legen t l i ch n o c h M e n g e n y o n o,o~ ccm E i t e r in fek t i6s wi rken , k 6 n n e n .

A n die e r fo lgre ichen p r im/ i r en I n f e k t i o n s v e r s u c h e w u r d e n Passageverauche a n we i t e r en Meer schwe inchen angeschlossen . Diese w a r e n 5ei allen 10 Virusstiimmen erJolgreieh, and zwar gelang die Weiteri~bertragung nieht nut yore In/elctionsherd aug sondern auch mit .Leber- and Lungcnherden.

Wir haben aber, obwohl unser Tiermaterial bereits I25 Meer- schweinchen umfaBt, n icht alle St~mme beliebig weiterffihren k6nnen. Tells verzichteten wir yon vornherein auf weitere Pass.a.gen, teils muBten wir wegen seknnd~rer Infektionen yon weiteren Uber- t ragungen absehen. Im ganzen ha t t en wir den ]Kindruck, dab das Virus eine gewisse Abschw~chung erfuhr. Einmal schienen die sekund~ren Ver~nderungen weniger intensiv zu sein als bei den prim~ren Impfungen, so dab wir z. 13. Verk~tsung der MesenteriM- drfisen in den Passagen nur einmal beobachteten. Sodann schien die Zahl der Versager in den sp~teren Passagen zuzunehmen.

A n s c h e i n e n d s te l t t das m e i s t zur W e i t e r i m p f u n g v e r w a n d t e I n f i l t r a t g e w e b e e in weniger v i ru sha l t i ge s Ma te r i a l da r als de r mensch l i che E i te r . I m m e r h i n h a b e n wir ein Virus his in die zwSl]te, ein zweites bis in die ]i~njte, zwei weitere bis in die vierte Generation fortfi'~hren ]c5nnen.

Zur Kontrolle h a b e n wir Mee r schwe inchen E i t e r ande re r H e r k u n f t , tei ls y o n v o r n h e r e i n steril , tells d u r c h E r w ~ r m e n auf 65 ~ s ter i l is ier t , i n die I n g u i n a l g e g e n d e ingespr i t z t . I n e inem Tall , w o e s s ich u m e inen bak te r io log i sch s te r i l en E i t e r aus e inem KieferabsceB hande l t e , wa r t i b e r h a u p t ke ine R e a k t i o n fes tzus te l len . Dagegen b i l d e t e n s ich in zwei F~l len, wo s te r i l i s ie r te r S t a p h y l o k o k k e n - bzw. S t r e p t o k o k k e n e i t e r in- j i z ie r t wurde , a n der In j ek t ions s t e l l e ebenfa l ls f a s t k i rschgroBe In f i l t r a t e . ]3ei der h i s to log i schen TJn te r suchung ze ig ten diese abe r unspez i f i schen C h a r a k t e r u n d bei de r W e i t e r i m p i u n g auf neue Meer schwe inchen r ie fen sie, was uns y o n e n t s c h e i d e n d e r B e d e u t u n g erschein t , ke ine R e a k t i o n he rvor .

M a n wird d a r a u s schl ieBen dfirfen, d a b a n d e m pri- m~iren In f i l t r a t , das s ich a n der Impfs t e l l e n a c h I n j e k t i o n yon L. i . -E i te r b i lde t , ebenfa l l s unspeziJisehe t~eizvorgange be- t e i l ig t s ind. Die h i s to log i sche U n t e r s u c h u n g bes tg t ig te , wie im zwei t en Tell der A r b e i t gezeigt wird, die R i c h t i g k e i t dieser SchluBfolgerung.

Mit wenigen Worten sei noch die Frage der Beziehung des L. i. zur Tuberkulose berfihrt . 13ekanntlieh zeigen ja die menschlichen Driisenvergnderungen mehr oder weniger groBe .~hnlichkeit mi t der Lymphdr~sentuberkulose. Die Ausbrei tung des Prozesses beim Meerschweinchen, besonders das Auftreten miliarer Herde in Leber and Lungen, k0nnte yon neuem den Verdaeht erwecken, dab hier eine eigenartige Form der Tuberkulose vorliegt, vielleieht, in An- be t rach t des negativen 13acillenbefundes, durch eine unsichtbare Form des Tuberkelbacillus bedingt. Wir wollen hier nicht auf die zahlreichen in der Li te ra tur wiederholt erSrter ten Tat- sachen eingehen, die gegen die 13eziehung des L. i. zur Tuber- kulose sprechen. ]Ks sei nur hervorgehoben, dab bei einer Reihe yon Tieren, denen der Prim~raffekt 7--15 Tage nach der Infekt ion exstirpiert worden war, nach weiteren 3--4 Monaten keinerlei Yer~nderungen vorhanden waren, sei es, dab die All- gemeinerscheinungen des L. i . sich i iberhaupt nicht entwickelt, sei es, dab sie sich wieder zurfickgebildet hat ten. DaB aber beim Meerschweinchen ein tuberkulSser ProzeB, der seine Entwicklung bereits begonnen, zum Stil lstand kommt and sogar ausheilt, kann als ausgeschlossen gelten.

W i r g l a u b e n aus n n s e r e n V e r s u c h e n schl ieBen zu dfirfen, d a b es gelingt, beim Meerschweinehen dutch Verimpjung des Materials von menschlichen L. i.-Fgllen eine charakteristische yon Meerschweinchen zu Meerschweinchen weiter i~bertragbare In]ektion hervorzuru]en, die nicht au] die Imp]stelle besehrgnkt bleibt, sondern zundchst von den regiongren au] ent]erntere Lymph- dr~sen ~bergreiJt and sich schliefilich auch in den Organen, ~ie Leber und Lunge, lokalisieten kann.

DaB diese I n f e k t i o n d e m m e n s c h l i c h e n L. i. g le ichzuse tzen ist , folgt , wie be re i t s o b e n b e t o n t , aus d e m i m zwei ten Tell zu e r 6 r t e r n d e n h i s to log i schen ]3efund. W i r k o n n t e n abe r hierf i i r n o c h e inen we i t e r en Beweis d a d u r c h e rb r ingen , d a b es uns gelungen ist, mit Extralcten aus den tierischen Kranl~heits- produkten bei mensehlichen L. i.-Patienten die spezijische Yreische ~3beremp]indliehkeitsreaktion hervorzurujen.

Vc'ir haben mit 4 ]Kxtrakten gearbeitet, yon denen wir uns er- klXrlicherweise jeweils nur kleinere 2r herstellen konnten. Zwei (Nr. 264 und 272 ) waren in der yon FREI angegebenen Weise

Page 3: Erfolgreiche Übertragung des Lymphogranuloma Inguinale auf Meerschweinchen

5. S E P T E M B E R I93z K L I N I S C I - t E W O C I t E N S C t t

aus verk~stem Mesenterialdrflseninhalt, zwei weitere (Nr. 263 und 277 ) aus dem Inf i l t ra t der Infektionsstelle hergestellt. Ex t rak t Nr. 277 erhi tz ten wir zur ttXlfte s tar t auf 6o ~ auf ioo ~ wodurch ein groBer Teil des a r t f remden EiweiBes ausgef~llt nnd anscheinend die unspezifische Reizwirkung herabgesetzt wird. Wir ha t t en n~mlich zuvor festgestellt, dab Kochext rak t aus menschlichem L. i . -Ei te r nahezu ebenso wirksam sein kann, wie auf 6o ~ erwXrmter. Wie die naehfolgende Tabelle zeigt, besaB auch der Kochext rakt yore Meer- schweinchen ann~herfid die gleiche Wirksamkei t wie der anf 6o ~ hitzte. Wir bemerken zu der Tabelle noch, dab E x t r ak t Mr. 264 yon einer 3., E x t r a k t Nr. 263 yon einer 6. und E x t r a k t Mr. 277 yon einer 7. Passage s tammte, w~hrend Ex t r ak t Mr. 272 allerdings aus der I. Passage, abet doch aus einer sekundaren Lokalisation s tammte, also ebenfalls Irei yon Resten des injizierten menschlichen Materials w a r .

Aus]all der 2Freischen Intracutanreaktlon.

; Ex t r ak t ~77 Ext rak t 264 Ext rak t 263 Ext rak t 272 6o o iooO

L . i . I . . L . i . 2 . . L . i . 3 . . L . i . 4 . .

G o . I . . .

Go. 2 . . .

Go. 3 - �9 �9

+++++ + + +

+. + , +

:+ + I +++ I

+ +

++++§ + + +

+ + + + +

+

+ + +

+ + +

4 -

Es bedeutet: • Schwache R6tung der Injektionsstelle. + QuaddeI. + + In- f i l t rat . + + + Inffl trat und toter Hof.

Wie s ich aus der Tabe l le e rg ib t , zeigte E x t r a k t 264 kein ganz s t r e n g spezi f isches GeprXge. Es f ief a u c h bei 2 G o n o r r h o i k e r n R e a k t i o n e n , e i n m a l eine schwache , e i n m a l eine s t~rkere , he rvor . D a b e i i s t abe r zu ber i i cks ich t igen , da'fl das a r t f r e m d e Mate r i a l a n s ieh eine IReizwirkung ans f iben dfir i te , u n d bei de r ge r ingen Menge de r zur Verff ig img s t e h e n d e n E x t r a k t e eine genaue Aus- t i t r a t i o n n i c h t m6g l i ch War. D i e L. i .-F~lle r eag i e r t en au f d iesen E x t r a k t a u s n a h m s l o s s t a r k 0de r seh r s t a r k pos i t iv . Bei d e n dre i a n d e r e n E x t r a k t e n s ehen wir dagegen bei d e n Kon t ro l l - f~llen ga r 'keine oder n u r ganz s chwache R e a k t i o n e n , w ~ h r e n d die L. i . - P a t i e n t e n s / imt l ich s t a r k e oder s t~rks te ' R e a k t i o n e n aufwiesen . A n de r Spezi f i t~ t d e r R e a k t i o n k a n n also ke in Zweifel b e s t e h e n u n d e s i s t s o m i t bewiesen, dab auch in den spdten Passagen das Virus des L. i. in de~ Meerschweinehenver- dnderungen enthalten ist.

W i r h a b e n wei te r Ver suche fiber Natur und Eigenschaflen des Virus auges te l l t , die abe r vor l / iuf ig n u r t a s t e n d e r N a t u r sind, wobei wir v o r a u s s c h i c k e n wollen, d a b alle unse re K u l t u r - ve r suche n e g a t i v geb l ieben s ind.

Zun~chst haben wir festgestellt, dab das Virus im Eisschrank lange haltbar ist. Ein 9 Wochen im Eisschrank aufbewahrter Ei ter fief bei si~mtlichen 4 damit geimpften Meerschweinchen die oben geschilderten VerXnderungen hervor.

Welter praf ten wir die Hitzeempfindlichkeit des Virus. Je 2 Ei ter wurden 1/e Stunde einmal auf 55~ einmal auf 65 ~ erhitzt . Die beiden auI 55 ~ erhi tzten Proben ergaben ein positives Impflesul tat . Von den beiden auI 65 ~ erhi tz ten Proben wirkte nur die eine in- fektiSs. Die Erkrankung lieB sich in Passagen welter fortfflhren, war also speziiischer Natur .

Ferner bewahrten wir 2 Ei terproben mit 5oproz. Glycerin im Eisschrank auI. Der eine Eiter -- es wurde nur ein Tier geimpft -- rief nach 8 Tagen keine Reaktion hervor, der zweite wirkte sowohl nach 8 Tagen wie nach 5 Wochen infekti6s.

]:)as Virus scheint demnach eine bemerkenswerte Resistenz zu besitzen. Wi t m6chten aber die Ergebnisse noch nicht als endg~iltig bet rachten, da die untersuchten Eiter, wie das ja bei L . i . -Ei ter gew6hnlich der Fall ist, aul3erordentlich z~the Konsistenz besaBen u n d e s daher m6glich ist, dab die Einwirkung sowohl der W~rme wie des Glycerins nicht alle Par t ien gleichm~13ig erfaBte.

E n d l i c h m S c h t e n wir n o c h fiber tZiltrationsversuche be- r ich ten , die abe r ebenfa l l s n u t e rs te V o r v e r s u c h e dars te l l en .

Zwei Ei ter wurden mit der Iofachen Menge NaC1-LSsung ver- dfinnt, die Gemische im Scht i t t e lappara t s t a r k durchgesehfit telt und dann mittels Wassers t rahlpumpe d urch Berkefeld-Filter N gesaugt. Die Fi l ter waren neu, aber nicht auf ihre UndnrchlXssig- keit fgr Bakter ien eigens geprfift, so dab die Ergebnisse noch nicht als endgfiltig anzusehen sind.

Mit beiden Fi l t ra ten wurden je 2 Meerschweinchen mit einer etwa I ccm Eiter entsprechenden Menge geimpft. Nur bei einem Tiere entwickelte sich eine erbsengroge Schwellung der Inguinal-

R I F T . IO. J A H R G A N G . Mr. 36 1655

drfise, die fibrigen Tiere zeigten keine makroskopisch erkennbare Reaktion. Die mikroskopische Untersuehung ergab bei dem ersten Tiere spezifische Ver~nderungen in den Lymphdrfisen, sowie Herde in Lungen und Leber. Von den flbrigen Tieren erwies sich das eine auch bei mikroskopischer Untersuchung frei yon pathologischen Ver~nderungen, w~hrend die beiden anderen t te rde in der Leber, das eine auch in der Lunge zeigte,

Es s c h e i n t h i e rnach , d a b das Vi rus des L. i. d i e P o r e n des 13erkefeld-Fil ters pass ie r t . Soll te s ich dieser B e f u n d in we i t e r en V e r s u c h e n bes t s so w~re d a m i t de r t3eweis e r b r a c h t , d a b de r E r r ege r des L. i. weder ein B a k t e r i u m noch e in P r o t o z o o n ist, s o n d e r n zu de r Klasse der sog. f i l t r i e rba ren V i r u s a r t e n g e h 6 r t Dieses E r g e b n i s wfirde erkl~ren, d a b b i she r alle Ver- suche , m ik roskop i sch cde r ku l tu re l l den Er rege r zu l inden , erfolglos geb l ieben s ind.

E n d l i c h sei n o c h erw~thnt, d a b w i t a u c h die F r a g e de r Ausbildung eines Immunitdtszustandes in Angr i f f g e n o m m e n h a b e n . A u c h diese Versuche b e f i n d e n s ieh noch i m A n f a n g s - s t a d i u m . Wi r h a b e n b i she r fes tges te l l t , d a b bei 6 Tieren , d e n e n der P r i m g r a f f e k t n a e h 7 - - I 5 T a g e n e x s t i r p i e r t w o r d e n war , e ine 3 - - 6 W o c h e n sp~te r v o r g e n o m m e n e N e u i n f e k t i o n au f de r a n d e r e n Seite regelm~Big anging, obwoh l bei i h n e n die A l lgeme in in fek t i on y o n der e r s t e n I m p f u n g he r h6chs t - wah r sche in l i ch noch I o r t b e s t a n d . Ob die I n f e k t i o n den ge- w 6 h n l i c h e n Ver lau f n a h m , k o n n t e n o c h n i c h t e n t s c h i e d e n werden . I3ei dieser Ge l egenhe i t sei e r w ~ h n t , d a b sich ein- zelne u n v o r b e h a n d e l t e Tiere a u c h gegenf iber w i e d e r h o l t e n I n f e k t i o n s v e r s u c h e n r e f r a k t ~ r ve rh ie l t en .

Sowei t die E rgebn i s se unse re r b i she r igen Versuche . W i r g l a u b e n ihre Bedeutung d a r i n s ehen zu dfirfen, d a b es uns ge lungen ist, das L. i. au] ein leicht zugiingliehes, auch /i~r , Massenversuche geeignetes Versuehstier zu iibertragen und bei ihm ein charakteristisches Krankheitsbild yon typischem Verlau] zu erzeugen. D a m i t i s t die MSgl ichke i t gegeben, die Fo r - s e h u n g k i inf t ig v o m Versuch a m M e n s c h e n unabh~ingig zu m a - chen. Es wi rd mSgl ich sein, wei tere U n t e r s u c h u n g e n fiber die N a t u r des Erregers , f e rner vo r a l l em t h e r a p e u t i s c h e , ins- besondere c h e m o t h e r a p e u t i s c h e Versuche au f b r e i t e r G r u n d - lage durchzuf f ih ren . W i r g lauben , d a b d a m i t in Z u k u n f t die E r f o r s c h u n g u n d B e k / i m p f u n g dieser in ih re r k l in i schen u n d sozia len B e d e u t u n g v ie l le ich t noch n i c h t geni igend gewi i rd ig ten E r k r a n k u n g wesen t l i ch e r l e i ch te r t se in wird.

Von F o l g e r u n g e n auf die K l in ik des L. i., die unse re F e s t - s t e l lungen nahe legen , s ehen wir e ins twe i len ab. Auf ih re all- geme inpa tho log i s che B e d e u t u n g wird i m n~ichsten A b s c h n i t t e ingegangen werden .

II. 0BER HISTOGENESE UND PATHOGENESE DES AUF DAS MEERSCHWEINCHEN 0BERTRAGENEN

LYMPHGRANULOMA INGUINALE.

Von

H. ]~. ANDERS.

Die Frage , ob eine K r a n k h e i t , wie das Lymphogranuloma inguinale (L. i.), dessert E r r ege r b i s h e r nicht b e k a n n t ist, m i t ErJolg auf ein Ver suchs t i e r f i b e r t r a g b a r ist, k a n n morpho- logisch i m p o s i t i v e n Sinne n u r d a n n b e a n t w o r t e t werden , w e n n es gel ingt , ffir den A b l a u f des k r a n k h a f t e n , f i be r t r agenen Prozesses ganz b e s t i m m t e c h a r a k t e r i s t i s c h e h i s to log i sche 13e- funde zu e rheben , die, in ze i t l icher u n d causa le r H i n s i c h t zu- e i n a n d e r in B e z i e h u n g gesetz t , aus b e s t i m m t e n Z u s t a n d s - b i lde rn - - i h n l i c h wie e t w a bei de r Tuberku lose , bei de r w i t j a a u c h u n t e r Ve rz i ch t des f / i rber i schen Nachweises des E r - regers n u r aus den h i s to log i schen B e f u n d e n in d e n m e i s t e n F~ l l en die Diagnose s te l len k 6 n n e n - - , eine b e s t i m m t e Diagnose ges t a t t en .

U m das E r g e b n i s unse re r histologisehen U n t e r s u c h u n g e n v o r w e g z u n e h m e n : wir g lauben , die eben a n g e s c h n i t t e n e Frage , ob es ffir das L. i. c h a r a k t e r i s t i s c h e n n d beweisende h i s to - logische Be funde gibt , die a l le in ffir s ich die Diagnose s c h o n ges t a t t en , ffir viele F/ille b e j a h e n zu kSnnen , v o r a l l em ffir die

* Anmerkung bei der Korrektur: In zwei weiteren Versuchsreihen, fiber die spgter ber ich te t werden wird, wurde die Fi l t r ierbarkei t des Virus eindeutig festgestellt.

Page 4: Erfolgreiche Übertragung des Lymphogranuloma Inguinale auf Meerschweinchen

5. S E P T E M B E R I93z K L I N I S C I - t E W O C I t E N S C t t

aus verk~stem Mesenterialdrflseninhalt, zwei weitere (Nr. 263 und 277 ) aus dem Inf i l t ra t der Infektionsstelle hergestellt. Ex t rak t Nr. 277 erhi tz ten wir zur ttXlfte s tar t auf 6o ~ auf ioo ~ wodurch ein groBer Teil des a r t f remden EiweiBes ausgef~llt nnd anscheinend die unspezifische Reizwirkung herabgesetzt wird. Wir ha t t en n~mlich zuvor festgestellt, dab Kochext rak t aus menschlichem L. i . -Ei te r nahezu ebenso wirksam sein kann, wie auf 6o ~ erwXrmter. Wie die naehfolgende Tabelle zeigt, besaB auch der Kochext rakt yore Meer- schweinchen ann~herfid die gleiche Wirksamkei t wie der anf 6o ~ hitzte. Wir bemerken zu der Tabelle noch, dab E x t r ak t Mr. 264 yon einer 3., E x t r a k t Nr. 263 yon einer 6. und E x t r a k t Mr. 277 yon einer 7. Passage s tammte, w~hrend Ex t r ak t Mr. 272 allerdings aus der I. Passage, abet doch aus einer sekundaren Lokalisation s tammte, also ebenfalls Irei yon Resten des injizierten menschlichen Materials w a r .

Aus]all der 2Freischen Intracutanreaktlon.

; Ex t r ak t ~77 Ext rak t 264 Ext rak t 263 Ext rak t 272 6o o iooO

L . i . I . . L . i . 2 . . L . i . 3 . . L . i . 4 . .

G o . I . . .

Go. 2 . . .

Go. 3 - �9 �9

+++++ + + +

+. + , +

:+ + I +++ I

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++++§ + + +

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4 -

Es bedeutet: • Schwache R6tung der Injektionsstelle. + QuaddeI. + + In- f i l t rat . + + + Inffl trat und toter Hof.

Wie s ich aus der Tabe l le e rg ib t , zeigte E x t r a k t 264 kein ganz s t r e n g spezi f isches GeprXge. Es f ief a u c h bei 2 G o n o r r h o i k e r n R e a k t i o n e n , e i n m a l eine schwache , e i n m a l eine s t~rkere , he rvor . D a b e i i s t abe r zu ber i i cks ich t igen , da'fl das a r t f r e m d e Mate r i a l a n s ieh eine IReizwirkung ans f iben dfir i te , u n d bei de r ge r ingen Menge de r zur Verff ig img s t e h e n d e n E x t r a k t e eine genaue Aus- t i t r a t i o n n i c h t m6g l i ch War. D i e L. i .-F~lle r eag i e r t en au f d iesen E x t r a k t a u s n a h m s l o s s t a r k 0de r seh r s t a r k pos i t iv . Bei d e n dre i a n d e r e n E x t r a k t e n s ehen wir dagegen bei d e n Kon t ro l l - f~llen ga r 'keine oder n u r ganz s chwache R e a k t i o n e n , w ~ h r e n d die L. i . - P a t i e n t e n s / imt l ich s t a r k e oder s t~rks te ' R e a k t i o n e n aufwiesen . A n de r Spezi f i t~ t d e r R e a k t i o n k a n n also ke in Zweifel b e s t e h e n u n d e s i s t s o m i t bewiesen, dab auch in den spdten Passagen das Virus des L. i. in de~ Meerschweinehenver- dnderungen enthalten ist.

W i r h a b e n wei te r Ver suche fiber Natur und Eigenschaflen des Virus auges te l l t , die abe r vor l / iuf ig n u r t a s t e n d e r N a t u r sind, wobei wir v o r a u s s c h i c k e n wollen, d a b alle unse re K u l t u r - ve r suche n e g a t i v geb l ieben s ind.

Zun~chst haben wir festgestellt, dab das Virus im Eisschrank lange haltbar ist. Ein 9 Wochen im Eisschrank aufbewahrter Ei ter fief bei si~mtlichen 4 damit geimpften Meerschweinchen die oben geschilderten VerXnderungen hervor.

Welter praf ten wir die Hitzeempfindlichkeit des Virus. Je 2 Ei ter wurden 1/e Stunde einmal auf 55~ einmal auf 65 ~ erhitzt . Die beiden auI 55 ~ erhi tzten Proben ergaben ein positives Impflesul tat . Von den beiden auI 65 ~ erhi tz ten Proben wirkte nur die eine in- fektiSs. Die Erkrankung lieB sich in Passagen welter fortfflhren, war also speziiischer Natur .

Ferner bewahrten wir 2 Ei terproben mit 5oproz. Glycerin im Eisschrank auI. Der eine Eiter -- es wurde nur ein Tier geimpft -- rief nach 8 Tagen keine Reaktion hervor, der zweite wirkte sowohl nach 8 Tagen wie nach 5 Wochen infekti6s.

]:)as Virus scheint demnach eine bemerkenswerte Resistenz zu besitzen. Wi t m6chten aber die Ergebnisse noch nicht als endg~iltig bet rachten, da die untersuchten Eiter, wie das ja bei L . i . -Ei ter gew6hnlich der Fall ist, aul3erordentlich z~the Konsistenz besaBen u n d e s daher m6glich ist, dab die Einwirkung sowohl der W~rme wie des Glycerins nicht alle Par t ien gleichm~13ig erfaBte.

E n d l i c h m S c h t e n wir n o c h fiber tZiltrationsversuche be- r ich ten , die abe r ebenfa l l s n u t e rs te V o r v e r s u c h e dars te l l en .

Zwei Ei ter wurden mit der Iofachen Menge NaC1-LSsung ver- dfinnt, die Gemische im Scht i t t e lappara t s t a r k durchgesehfit telt und dann mittels Wassers t rahlpumpe d urch Berkefeld-Filter N gesaugt. Die Fi l ter waren neu, aber nicht auf ihre UndnrchlXssig- keit fgr Bakter ien eigens geprfift, so dab die Ergebnisse noch nicht als endgfiltig anzusehen sind.

Mit beiden Fi l t ra ten wurden je 2 Meerschweinchen mit einer etwa I ccm Eiter entsprechenden Menge geimpft. Nur bei einem Tiere entwickelte sich eine erbsengroge Schwellung der Inguinal-

R I F T . IO. J A H R G A N G . Mr. 36 1655

drfise, die fibrigen Tiere zeigten keine makroskopisch erkennbare Reaktion. Die mikroskopische Untersuehung ergab bei dem ersten Tiere spezifische Ver~nderungen in den Lymphdrfisen, sowie Herde in Lungen und Leber. Von den flbrigen Tieren erwies sich das eine auch bei mikroskopischer Untersuchung frei yon pathologischen Ver~nderungen, w~hrend die beiden anderen t te rde in der Leber, das eine auch in der Lunge zeigte,

Es s c h e i n t h i e rnach , d a b das Vi rus des L. i. d i e P o r e n des 13erkefeld-Fil ters pass ie r t . Soll te s ich dieser B e f u n d in we i t e r en V e r s u c h e n bes t s so w~re d a m i t de r t3eweis e r b r a c h t , d a b de r E r r ege r des L. i. weder ein B a k t e r i u m noch e in P r o t o z o o n ist, s o n d e r n zu de r Klasse der sog. f i l t r i e rba ren V i r u s a r t e n g e h 6 r t Dieses E r g e b n i s wfirde erkl~ren, d a b b i she r alle Ver- suche , m ik roskop i sch cde r ku l tu re l l den Er rege r zu l inden , erfolglos geb l ieben s ind.

E n d l i c h sei n o c h erw~thnt, d a b w i t a u c h die F r a g e de r Ausbildung eines Immunitdtszustandes in Angr i f f g e n o m m e n h a b e n . A u c h diese Versuche b e f i n d e n s ieh noch i m A n f a n g s - s t a d i u m . Wi r h a b e n b i she r fes tges te l l t , d a b bei 6 Tieren , d e n e n der P r i m g r a f f e k t n a e h 7 - - I 5 T a g e n e x s t i r p i e r t w o r d e n war , e ine 3 - - 6 W o c h e n sp~te r v o r g e n o m m e n e N e u i n f e k t i o n au f de r a n d e r e n Seite regelm~Big anging, obwoh l bei i h n e n die A l lgeme in in fek t i on y o n der e r s t e n I m p f u n g he r h6chs t - wah r sche in l i ch noch I o r t b e s t a n d . Ob die I n f e k t i o n den ge- w 6 h n l i c h e n Ver lau f n a h m , k o n n t e n o c h n i c h t e n t s c h i e d e n werden . I3ei dieser Ge l egenhe i t sei e r w ~ h n t , d a b sich ein- zelne u n v o r b e h a n d e l t e Tiere a u c h gegenf iber w i e d e r h o l t e n I n f e k t i o n s v e r s u c h e n r e f r a k t ~ r ve rh ie l t en .

Sowei t die E rgebn i s se unse re r b i she r igen Versuche . W i r g l a u b e n ihre Bedeutung d a r i n s ehen zu dfirfen, d a b es uns ge lungen ist, das L. i. au] ein leicht zugiingliehes, auch /i~r , Massenversuche geeignetes Versuehstier zu iibertragen und bei ihm ein charakteristisches Krankheitsbild yon typischem Verlau] zu erzeugen. D a m i t i s t die MSgl ichke i t gegeben, die Fo r - s e h u n g k i inf t ig v o m Versuch a m M e n s c h e n unabh~ingig zu m a - chen. Es wi rd mSgl ich sein, wei tere U n t e r s u c h u n g e n fiber die N a t u r des Erregers , f e rner vo r a l l em t h e r a p e u t i s c h e , ins- besondere c h e m o t h e r a p e u t i s c h e Versuche au f b r e i t e r G r u n d - lage durchzuf f ih ren . W i r g lauben , d a b d a m i t in Z u k u n f t die E r f o r s c h u n g u n d B e k / i m p f u n g dieser in ih re r k l in i schen u n d sozia len B e d e u t u n g v ie l le ich t noch n i c h t geni igend gewi i rd ig ten E r k r a n k u n g wesen t l i ch e r l e i ch te r t se in wird.

Von F o l g e r u n g e n auf die K l in ik des L. i., die unse re F e s t - s t e l lungen nahe legen , s ehen wir e ins twe i len ab. Auf ih re all- geme inpa tho log i s che B e d e u t u n g wird i m n~ichsten A b s c h n i t t e ingegangen werden .

II. 0BER HISTOGENESE UND PATHOGENESE DES AUF DAS MEERSCHWEINCHEN 0BERTRAGENEN

LYMPHGRANULOMA INGUINALE.

Von

H. ]~. ANDERS.

Die Frage , ob eine K r a n k h e i t , wie das Lymphogranuloma inguinale (L. i.), dessert E r r ege r b i s h e r nicht b e k a n n t ist, m i t ErJolg auf ein Ver suchs t i e r f i b e r t r a g b a r ist, k a n n morpho- logisch i m p o s i t i v e n Sinne n u r d a n n b e a n t w o r t e t werden , w e n n es gel ingt , ffir den A b l a u f des k r a n k h a f t e n , f i be r t r agenen Prozesses ganz b e s t i m m t e c h a r a k t e r i s t i s c h e h i s to log i sche 13e- funde zu e rheben , die, in ze i t l icher u n d causa le r H i n s i c h t zu- e i n a n d e r in B e z i e h u n g gesetz t , aus b e s t i m m t e n Z u s t a n d s - b i lde rn - - i h n l i c h wie e t w a bei de r Tuberku lose , bei de r w i t j a a u c h u n t e r Ve rz i ch t des f / i rber i schen Nachweises des E r - regers n u r aus den h i s to log i schen B e f u n d e n in d e n m e i s t e n F~ l l en die Diagnose s te l len k 6 n n e n - - , eine b e s t i m m t e Diagnose ges t a t t en .

U m das E r g e b n i s unse re r histologisehen U n t e r s u c h u n g e n v o r w e g z u n e h m e n : wir g lauben , die eben a n g e s c h n i t t e n e Frage , ob es ffir das L. i. c h a r a k t e r i s t i s c h e n n d beweisende h i s to - logische Be funde gibt , die a l le in ffir s ich die Diagnose s c h o n ges t a t t en , ffir viele F/ille b e j a h e n zu kSnnen , v o r a l l em ffir die

* Anmerkung bei der Korrektur: In zwei weiteren Versuchsreihen, fiber die spgter ber ich te t werden wird, wurde die Fi l t r ierbarkei t des Virus eindeutig festgestellt.

Page 5: Erfolgreiche Übertragung des Lymphogranuloma Inguinale auf Meerschweinchen

1656 K L I N ! S C H E W O C H E N S C H

Endstadien des Prozesses , in denen die d i f fe ren t ia ld iagnos t i sche A b g r e n z u n g gegen die Tuberkulose, mi t der das L. i. h is to- logisch groBe Ahnl ichke i t h a b e n kann, in vielen F~llen mSg- l ich sein wird.

Wel te r h a b e n unsere h i s to log ischen U n t e r s u c h u n g e n zu d e m Ergebn i s geftihrt, dab das pa thoh is to log i sche Geschehen bei d e m L. i. ganz b e s t i m m t e n Gesetzm(~fiigkeiten un te rwor f en ist, wodu rch der kl inische Verlauf unse rem Verst~indnis wesen t l i ch n~iher geriickt wird.

Bei unse ren U n t e r s u c h u n g e n s t a n d Uns das v o m Menschen gewonnene Mater ia l der ve r sch iedenen k l in ischen Ab te i lungen des Rudo l f V i r c h o w - K r a n k e n h a u s e s zu Ber l in zur Verft igung, i n s g e s a m t ~ s i n d es 17 pos i t ive F~ille. An tierischem Mater ia l wurden yon uns 6o Meerschweinchen s y s t e m a t i s c h un te r - sucht , die yon K. MEYER und ROSENi~LD m i t d e m E i t e r yon io verschiedenel l L. i . -Pa t i en t en inf iz ier t worden wareii .

Die Ergebn i sse der an d iesem Mater ia l v o r g e n o m m e n e n histologisbhen U n t e r s u c h u n g e n lassen sich Io lgendermaBen z u s a m m e n i a s s e n :

i. Bei allen Versuchstiereli waren die nach der Impfung auf- tretenden histologischen Ver~inderungen immer die gleiehen, gleich- gfiltig, um welches menschliche Ausgangsmaterial es sich handelte. Diese IdentitXt der erhobenen histologischen Befunde bezieht sich nicht nur auf den erreichteli Endzustand des krankhafteii Pro- zesses, sondern auch alif alle ihm vorangehenden Phasen der geweb- lichen Reaktionen.

2. Das histo-pathologische Geschehen im AnschluB an die i3ber- t ragung alif das Meerschweinchen zeigt bei der yon 14. MEYER lind ROSENFELD beniitzten subcutaneli Injektionsmethode in die Lei- stenbeuge des Versuchstieres folgeiide, immer wieder beobachtete Eilizelphasen, die IIur in quantitativer Beziehung geringe Unter- schiede zeigen kSnneli.

3. Im Bereich der Injektionsstelle, dem experimentell gesetzten Prim~rln]e~t im subcutanen Binde- und Fettgewebe, ents teht als erste gewebliche Reaktioii eine exsudativ-leukocyt~ire Entztindung IImschriebener Art, auf die eine sehr bald einsetzende diffuse epi- theloidzellig-fibroblastische :Proliferation des ortsst~ndigen Binde- gewebes folgt. Die Neigung zur auffallend frfihen Bildung jungeli Bilidegewebes im Sinne einer kollagenen fibroblastischen Ausdiffe- reiizierung t r i t t als besonderes histotogisches Merkmal beim L. i . schon bei dem Prim~irinfekt in die Erscheinung und l~13t sich auch welter im Verlauf des Prozesses in den erkralikten ]~ymphdri~sen feststellen.

4. Im weiteren Verlauf treten in dem Fettgewebe der Inguinal- gegend kleilie, galiz scharf umschriebene Granulome in miliarer Aiiordnung auf, die, aus Epitheloidzellen zusammeligesetzt, Riesen- zellen verschiedener Form und GrSBe enthalten. Diese Riesenzellen kdnnen einerseits groBe ~hnlichkeit mit den typischen Langhans- schen Riesenzelleli des klassischen EpitheIoidzellentuberkels haben, andererseits haben sie aueh ein ganz uncharakteristisches Aussehen, kSiinen aber auch den Sternbergschen Riesenzellen des malignen Granuloms (HODGKIN) sehr Xhiilich sehen. Diese Graliulome sind ebenso wie der durch den Kochscheii Bacillus hervorgerufelie Epi- theloidzellentllberkel ge]gfl/rei und zeigen wie dieser eine Neigung zur zelitralen 2Vekrose; in den Nekroseii kann es zur sekulidiiren Ablagerung voli Kalksalzen kommen.

5. AuBer diesen produktiven miliaren Gewebsreaktionen, die im iibrigen -- auch in dieser IRichtulig besteht eine Analogie mit dem Tuberkel -- mit einer allerdings anscheinend nut kurzen exsudativen Gewebsreaktloli eingeleitet werden (Fibrin !), treteli im Binde- lind Fettgewebe der Inguinalgegend alsbald exsudative Yer~indernngen auf, die abscedierend-phlegmoliSsen Charakter zeigeli ulid welt auf die Umgebung iibergreifen kSnnen. Es entsteht so das beim Ver- suchstier und beim Melischeii tastbare Infiltrat in der Leistenbeuge.

6. Um den zehnten Tag etwa linch der IIIfektion sind in der region~iren Lymphdrfise die ersten spezi/isehen geweblichen Ver~iiide- rungen festzustellen: War scholi friiher ein unspeziJischer, sog. des- quamativer Silluskatarrh IIachzuweisen, so lXBt sich jetzt auBer der Aiiwesenheit voii Leukocyten, unter denen die eosinophilen vor- herrschen, die ]3ildung eines epitheloidzelligen, fibroblastischen Granulationsgewebes ilinerhalb der Lymphdriise feststellen, das sich zuligen- oder sektorf0rmig vorschiebt und in diesem Bereich die Struktur der Driise v611ig verwischt. In vorgeschrittenen Fitllen kann die gauze Drtise dutch das neueingebalite spezifische Graiiu- lationsgewebe durchsetzt sein, vielleicht, dab sich nnr IIoch in den Randpart ien Reste des lymphatiseh-lymphoiden Gewebes nach- weisen lasseii (s. Abb. I), Bemerkenswert erscheint die Tatsache, dab der produktiv-entztindliche ProzeB auf die Kapsel der erkrank- ten Lymphdriise fibergreift und sie zerstSren kann, um dann in den nXchstgelegenen Drfisen nachweisbar zu sein.

R I F T . io. J A H R G A N G . N r . 36 5. SEPTEMBER x93I

7" In diesem Stadium hat sich bereits der typische, ffir das L. i. charakteristische Primgrkomplex gebildet, der sich aus dem lokalen, experimentelt gesetzten Primi~rin[ekt ulid dem zugeh6rigeli Dr~en- herd zusammensetzt. Schon jetzt kann der ProzeB yon der primar befallenen inguinalen Lymphdrfise auf das region~re Lymphabflufl- 9ebiet entsprechelid dem t3artelsschen Leitliiigsgesetz iibergreifen.

8. Das in der erkralikten Lymphdrfise entstandene spezifische Granulatiolisgewebe hat einerseits die besondere Neigung zur nar- bigen Umwandlung, so dab hier gewisse )khnlichkeiten mit dem Hodgkin besteheli. Andererseits treteli in ibm Nekrosen auf, in die danii meist in sehr groBer Zahl Leukoeyten einwandern, unter deiien wieder die eosinophilen Granulocyteli vorherrscheli. Diese Nekrosen wandeln sich so sekulid~r in Pseudoabscesse urn, die hXufig in charakteristischer Sterliform auftreteli, worauI bereits in der vor- liegendeli Literatur alifmerksam gemacht wordeli ist. Diese yon Leukocyten durchsetzten Nekrosen sind voli einem Wall yon epi- theloideli Zellen umgeben, die hg, ufig, wie beim Tiiberkel, palli- sadenf6rmig angeordnet sind. Manchmal sind hier IRiesenzellen

Abb. I. Spezifisches Granulationsgewebe in einer hlguinalen Lymphdriise. Ob]. Leitz 4. Kond. Apochromat 1,4. Filter griiu. Vergr. 67 : i.

nachzuweisen, die den Langhansschen sehr Xhnlich sehen, aber auch galiz nncharakteristische Formen annehmen k0nnen.

9. Wie aus dieser histologischen Beschreibulig der beim Ver- suchstier festgestellten Befunde hervorgeht, besteht zwischen diesen t3efunden und denen, die am melischlichen Material z. t3. einer in~ guilialeii Lymphdrtise zu erhebeli sind, kein prinzipieller Unter- schied.

Wie bere i t s oben e inle i tend bemerk t , h a b e n wir unsere U n t e r s u c h u n g e n auch auf die Pathogenese des L. i. au sgedehn t und uns die Frage vorgelegt : I s t das L. i. eine s t reng lokal b le ibende E rk rankung , die s ich in der Ausb i ldung eines ty - p ischen Pr im~rkomplexes ersch6pft , oder h a n d e l t es s ich u m eine im Organismus sich gesetzmgBig ausbre i t ende Allyemein- erkrankung, die, ghnl ich wie die Tuberkulose, mi t der sie his tologisch so groBe Jkhnlichkei ten zeigen kann, ganz be- s t i m m t e n Ausbre i tungsgese tzen folgt. Unsere h ierauf bei den Sekt ionen der Versuehs t ie re ge r i ch te ten U n t e r s u c h u n g e n h a b e n diese unsere V e r m u t u n g im vol len U m f a n g e bestgtigt. An der H a n d des Schemas (s. Abb. 2) mSge der wei tere Verlauf und die Ausbre i tung des Prozesses gezeigt werden : Ganz wie bei der Tuberkulose b re i t e t sich der spezif ische Prozel3 yore L y m p h d r t i s e n h e r d des Prim~irkomplexes in der region~iren Dr t i senke t te aus, d. h. in d e m vor l iegenden Falle in den an den groBen Gef~iBen des U n t e r b a u c h e s l iegenden parailiacalen und paraaortalen Drfisen, die makroskop i sch eine Schwel lung und Vergr6gerung zeigen. Man ch ma l h a b e n diese Drt isen eine gewisse r6t l ich-bri iunl iche Verf i i rbung; h is to logisch zeigen sie die fiir das L. i. cha rak te r i s t i s chen oben beschr i ebenen Be- funde. In e inem Falle war es zu einer sehr s t a rken Vergr6Be-

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5. SEPTEMBER I93I K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . io. J A H R G A N G . Nr. 3 6

rung der an der Radix mesenterii gelegene n Drfisen gekom- men, die, fiber haselnuBgroB, eine totale Nekrose mit begin- nender Verflfissigung im Zentrum zeigteil. Makroskopisch hat ten die so ver~ilderten Drfisen grol3e Ahnlichkeit mi t tuberkul6seil Drfisen, jedoch konnte eine tuberkulSse Atio- logie hier dutch I-teranziehung aller in Frage kommenden Methoden mit Sicherheit ausgeschlossen werden.

Zeigt somit das L. i. dutch die yore Lymphdriisenherd des Prim~rkomplexes ausgeheilde lymphogene Propagation gr6gte Ahnlichkeit mit der Tuberkulose, so ergab sich folgerichtig die zweite Frage, ob sich beim L. i. ebenso wie bet der Tuber- kulose an die lymlphogene Ausbreitung des Prozesses die hdmatoffene Streuung mit ]3ildung yon Organmetastasen all- schliel3t oder nicht. Uilsere diesbezfiglichei1 Untersuchnngen richteteil sich zungchst auf makroskopisch verd~chtige Herde

bei der Sektion der Ver- suchstiere : wir fanden solche in derLeber, gleich- zeitig meist auch in den Lungen in Gestalt kleiner ~mschriebener miliarer tlerde, die in beiden Or- ganen in der Regel sub- kapsul~r bzw. subpleural sa13en. Die Entscheidung brachte die histologische Untersuchung: in beiden genannten Organen fan- den sich in alien F~llen fibereinstimmend miliare Granulome, bestehend aus einem epitheloidzelligen Reticulum, die zum Teil isoliert ffir sich lagen, zum Tell abe= auch zu grSBerell Herden konfluierten. Im Zent- rum dieser Granulome kommt es in der gleichen Art, wie I fir die Lymph- driise des Prim~rkom- plexes beschrieben, zu zentralen Nekrosen, in die daiiil vom Rande aus Leukocyten einwandern,

Abb. 2. Schema der Ausbreitung des L . i . vom SO dab Pseudoabscesse Prim~irinfekt aus, In der linken Inguinalbeuge die entstehen, ein Befund, spezifisch ver~inderten Lymphdrtisen, desgleichen paraaortal und parailiacal, In Leber und Lungen der in der Leber besonders

miliare spezifisehe Herde (weil3). deutlich war. In diesem Organ k6nnen die t-Ierde

besondere GrSl3e erreichen. Waren die geilanllteil Herde in den Lungen nachzuweisell, so bestaild in manchen F~llen auch eine t3eteiligung der region~rell brollchopulmonalen Drfisengruppen (s. Abb. 3 und 4).

Fassen wir die Ergebnisse unserer auf die Histogenese und l~athogenese des auf das Meerschweinchen fibertragenen L. i. zusammen, so kommen wir zu folgenden

Sehtufisiitzen: I. Das L. i. ist eine auf das Meerschweinchen fibertragbare Illfektionskrankheit, ffir die unter Heranziehung aller in Frage kommenden f~rberischen ~e thoden ein Erreger im histologischen Schnitt nieht nachgewiesen werden konllte. Die sog. GamllakSrperchen, die zun~chst als Erreger angesprochen wurden, stellen pyknotische Kerntrfimmer dar.

2. Das L. i. ist beim Meerschweinchen keine Lokalerkran- kung, die sich in der Setzung eines typischen Prim~rkomplexes ersch6pft, es haildelt sich vielmehr um eine allgemeine Er- krankung, deren Ausbrei• an ganz bestimmte Gesetz- m~13igkeitell gebunden ist: in absoluter Analogie mit der Tuberkulose entsteht aus dem Drfisenherd des Prim~rkom- plexes eine lymphoge~e Propagation in den region~ren Lymph- drfisen, an die sich danll in einer grol3en Zahl der F~lle die hi~matogene Metastasierung anschlieBt. Derartige Organ- metastasen warden bisher in Leber and Lunge nachgewiesell.

1657

3. Das L. i. gehSrt pathohistologisch in die Gruppe der sog. ,,in/el~tiSsen Granulome", mit denen es morphologisch-- es gilt dies besonders fiir die Tuberkulose -- groBe Ahillich- keit haben kann. In der Mehrzahl der F~Llle wird es jedoch m6glich sein, das L. i. gegen die allderen in Frage kommendeil

Abb. 3. Spezifisches L. i . - Granulom in der Lunge. Obj. Leitz 4. Kond. Apochromat 1,4. Filter griin. Vergr. 66 : i .

Erkrankungen abzugrenzen. Die sich besonders in Frgh- stadien ergebenden differentialdiagnostischen Schwierigkeiten hinsichtlich der Unterscheiduilg yon einer etwa vorliegendell Tuberkulose werden durch den positiven oder negativen Nachweis der l<ochschen Bacillen im Schnitt beseitigt.

Abb. 4. Spezifisches L. i. - Granulom bzw. Nekrose in der' Leber. Obj. Zeiss x6 ram. K~ 27 ram. Filter griin. Vergr. 52 : I .

4. Das bisher unbekannte Virus des L. i. 16st sowohl am Orte der prim~ren Infektion als auch in den alsdann befallenen Lymphdrfisen und in den Organmetastasell entzfilldliche Reaktionen aus, die in bezug auf ihren Ablauf gewisse Gesetzm(ifliglceiten zeigen. Neben exsudativen Vorg/ingen, die zur phlegmonSs-abscedierenden Elltzfindung ffihren ~ - - Be- funde, die beim Menschen Millisch so eindrucksvoll ill die Erscheinung treten --, sind sehr bald produktive Gewebsreak- tionen nachweisbar, die alsdanll das Bild beherrschen, ohne dab jedoch die exsudativen Vorg~nge ganz verschw~nden. Dies Ineinandergreifen der genanllten gleichzeitig bestehellden

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1 6 5 8 K L I N I S C H E W O C H E N S C H

gewebl ichen R e a k t i o n e n m a c h f uns den k l i n i s c h e n Ver lau f besonders de r spezi f isch e r k r a n k t e n L y m p h d r f i s e n g r u p p e n des M e n s c h e n ve r s t~nd l i ch .

5. Sowohl b e i m M e n s c h e n als a u c h b e i m Ver suchs t i e r f i ih ren die i m Ver l au i der L. i . - I n f ek t i on a u i t r e t e n d e n pro- dulctiven en tz f ind l i chen Prozesse zur B i l d u n g eines speziJischen GranuIationsgewebes, das sowohl in mi l i a re r F o r m in die E r - s c h e i n u n g t r i t t , als a u c h diffus in d e n be fa l l enen L y m p h - drf isen aufsch ieBt u n d diese v611ig d u r c h s e t z e n k a n n . Dies Granu l a f i onsgewe be i s t ebenso wie das t f lberku l6se ge/afilos u n d zeigt d a h e r eine groBe N e i gung zur B i l d u n g y o n Nekrosen , d e r e n U m g e b u n g als R e s t des spez i f i sehen G r a n u l a t i o n s - gewebes y o n e inem Wal I ep i the lo ide r Zel len geb i lde t wird. W e t t e r k o m m t es zu e iner sekund~irgn - - i m Gegensa tz zur T u b e r k n l o s e ganz besonde r s hoehgradigen -- E i n w a n d e r u n g y o n Leukocy ten , so d a b Pseudoabsces se en f s t ehen , die inne r - h a l b de r L y m p h d r f i s e n of t S t e r n f o r m zeigen. D u t c h l~ber- gre i fen des Prozesses y o n Drfise auf Drfise e n t s t e h e n die c h a r a k t e r i s t i s c h e n groBen d e r b e n I n f i l t r a t e ill der Le i s ten- beuge y o n M e n s c h u n d Versuchs t i e r .

6. Wie unse re U n t e r s u c h u n g e n zeigen, b e s t e h e n h i n s i c h t - l ich de r Histogenese ides L. il b e i m M e n s c h e n u n d d e m Ver- suchs t i e r lceine ~}inzipiel len Ug ie r sch iede . Ob die h i n s i c h t l i c h der Pathogenes'~ des L. , i . m i t ' R ~ c l ~ i c h t auf die A u s b r e i t u n g des Prozesses b e i m Versuc}~t ie~ fe s tges te l l t en Gesetzm~Big- k e i t e n a u c h ffir d en Menschen Gii l t igke i t h a b e n , m u g wei te re r pa tho log i s ch -ana~omische r F o r s c h u n g v o r b e h a l t e n b le iben . Die i m Ver lau f der L. i . - E r k r a n k u n g b e i m M e n s c h e n zu beob- a c h t e n d e n k l i n i s chen A l l g e m e i n e r s c h e i n u n g e n lassen a n die M6gl ichke i t denken , d a b es s ich a u c h b e i m M e n s c h e n nieht n u t u m eine lokale E r k r a n k u n g h a n d e l t . W e n n a u c h ein- schf~igige B e o b a c h t u n g e n a n m e n s c h l i c h e m Mate r i a l noch n i c h t vor t iegen, d u r c h die der Nachwe i s y o n Organmetastasen e inwands f re i e r b r a c h t w o r d e n ist , so verf f igen w i t f iber e inen Fal l , bet d e m - - es wi rd dar f ibe r n o c h e ingehend b e r i c h t e t w e r d e n - - eine sehr a u s g e d e h n t e lymphogene P r o p a g a t i o n des L . i . n a c h z u w e i s e n war .

ZusammenJassung: Es i s t ge lungen, das menschliche Lymphogranuloma inguinale d u r c h s u b e u t a n e V e r i m p f u n g y o n E i t e r oder L y m p h d r f i s e n b r e i in die I n g u i n a l g e g e n d auf Mecr- sehweinehen zu ~bertragen. Die V e r i m p f u n g wa r in a l len IO v e r a r b e i t e t e n F~ l l en er/olgreich.

I n s ~ m t l i c h e n F~l len ge lang a u c h die Weiteri~bertragung auI neue Meersehweinehen . E i n V i r u s s t a m m k o n n t e bis in die /i~nJte, ein zwei ter bis in die zwSl/te G e n e r a t i o n fo r tge f i ih r t werden .

Das V~,~irus i s t d u t c h Berke fe ld -F i l t e r ]iltrierbar. Gegenf iber Erhitzen G u n d der E i n w i r k u n g y o n Glycerin zeig t es h o h e Resistenz!

Der i~ber t ragene spezif ische ProzeB b l e i b t b e i m Meer- s chwe inch6n nicht an{ die Impfs t e l l e beschr~inkt , s o n d e r n b r e i t e t s ich 'ganz gesetzm~tBig zunXchst lymphogen aus, u m d a n n hgmatogene o~g, anmetqs~sen zu setzen, Diese w u r d e n b i s h e r in Leber und*,Lung, fn b e o b a c h t e t . Die b e i m Ver suchs t i e r f e s tges te l l t en h i s to log i schen 13efunde de r be fa l l enen L y m p h - drf isen s ind m i t d e n e n a m m e n s c h l i c h e n L. i . -Mater ia l iden- t isch.

L i t e r a t u r : 1 M. DURAND, J. NICOLAS n. M. ]?AVRE, 13ull. Soe. m4d. H6p. Paris, 6. fdvr. 1913. -- z H. LOHE u. K. ~L1OMMERS, Ned. Klin. 193I , 614. -- a C. GAMNA, Arch. Sci. med. 46 , 31 (1923) -- Arch. Pat . e CIin. reed. 3, 305 (1924). -- ~ Joss ANwoxlo GAy PRIETO, Actas dermo-sifiligr. Dee. i927/Enero 1928. -- ~ Sv. ~-~EL- LERSTROM, A contr ibut ion to the knowledge of Lymphogrannloma inguinale. Stockhohn 1929. -- ~ W. FREI U. M. HOFFMANN, Arch. f. Dermat . 153, 179 (1927). -- ~ W. FREI, Neue Dtsch. Klin. 6, 543 (193o) �9 - - s Sv. t-IELLERSTR6M U. E. WASSs Verh. 8. in ternat . iKongr, f. Dermatologie in Kopenhagen 193 o. -- ~ C. LEVADITI, P. RAVAUr, P. L~PINE U. R. SCI~O~N, C. r. Acad. Sci. Paris 192, 310 (1931) . _ 16 A. COHN u. L. I4LEEBERG, Dermat .Wschr . 193I, 580.

R I F T . io. J A t I R G A N G . N r . 36 5. SEPTEMBER I93I

UBERTRAGUNG DES LYMPHOGRANULOMA INGUINALE (NICOLAS-FAVRESCHE

KRANKHEIT) AUF KANINCHEN UND MEERSCHWEINCHEN.

Von

HELMUT FREUND u n d FRANKLIN REISS. Aus der Universit~its-HautMinik zu Berlin

(Stellv. Direktor: Prof. FRANZ BLUMENTHAL).

HELLERSTROIVi u n d WASS~:IV 1 h a b e n gezeigt, d a b m a n d u r c h i n t r a e e r e b r a l e V e r i m p f u n g yore L y m p h o g r a n u l o m a ingu ina le (L. i.) bet n i ede ren Affen eine M e n i n g o - E n c e p h a l i t i s e rzeugen kann , d e r e n Spezifit~tt d u r c h den pos i t i ven AusfalI der F r e i s c h e n R e a k t i o n b e i m L. i . - k r a n k e n M e n s c h e n m i t ei l lem aus d e m e r k r a n k t e n A i f e n h i r n he rges t e l l t en A n t i g e n bewiesen wird, A. CoI~N u n d I4LEEBERG 2 k o n n t e n diese B e f u n d e vo l l au f bes t~ t igen , w~ihrend LEVADITI, RAVAUT, LEPINE u n d SCI-IOEN 3, sowie LEVADITI, PINARD u n d ROBERT 4 zwar d e n , ,Nachweis eines ffir d e n Affen p a t h o g e n e n Vi rus in gewissen v e n e r i s c h e n B u b o n e n des M e n s c h e n " ebenfa l l s be- st~itigen, abe r die Spezif i t / i t der. e r h o b e n e n ]3elunde of ten- liel3en, z u m a l sie augensche in l i ch ke ine F r e i r e a k t i o n m i t er- k r a n k t e m A f f e n h i r n anges t e l l t h a b e n .

HELLERSTROl~I u n d WASS~N h a b e n fer~er bet e inem A l i e n n a c h I m p f u n g in die P r ~ p u t i a l h a u t geschwdl lene Ingu ina l - dr f i sen b e o b a c h t e t , welche h i s to log isch c h a r a k t e r i s t i s c h er- s ch i enen u n d gleichfalls , zu A n t i g e n ve r a rbe i t e t , die Fre i sche R e a k t i o n b e i m L. i . - k r a n k e n M e n s c h e n e rgabe n. Diese Ver- suche s ind b i s h e r n o c h n i c h t r e p r o d u z i e r t worden . D a g e g e n b e r i c h t e n K. MEYER, ROSENEELD u n d ANDERS 7 in de r Ber l ine r d e r m a t o l o g i s c h e n Gese l l schaf t v o m 14. J u l i 1931, d a b i h n e n die E r z e u g u n g h i s to log i sch c h a r a k t e r i s t i s c h e r G r a n u l o m e b e i m Mee r schwe inchen n a c h V e r i m p f u n g y o n L. . i . -Mate r i a l in die Le i s tendr f i sen ge lungen set*. Diese G r a n u l o m e l ieBen s ich ser ienweise y o n Tier zu Tier f i b e r t r a g e n u n d l ie ier ten , zu A n t i g e n v e r a r b e i t e t , eine pos i t ive F re i sche R e a k t i o n b e i m L. i . - k r a n k e n Menschen . Dar f ibe r h i n a u s wurde die Genera l i - s i e rung der I n f e k t i o n b e i m Meer schwe inchen auI d e m L y m p h - wege d u r c h ANDERS d e m o n s t r i e r t .

B e i m K a n i n c h e n h a b e n CHEVALLIER, LEVY-BRUHL, MORI- C.aRD u n d ALQUIER 5, s n a c h i n t r a c e r e b r a l e r I m p f u n g eine ser ienweise f i be r t r agba re E n c e p h a l i t i s b e o b a c h t e t , den Beweis de r Spezifit~it de r e r zeug t en Ver~inderungen d u r c h A n s t e l l u n g de r F r e i s c h e n P r o b e j e d o c h n i c h t e r b r a c h t . Das E r g e b n i s i h r e r h i s to log i schen U n t e r s u c h u n g e n s t e h t zur Zeis noch aus.

Wi r se lbs t h a b e n b i s h e r E i t e r y o n 5 e i n w a n d f r e i e n FXllen y o n L. i. m i t s t a r k p o s i t i v e n F r e i s c h e n R e a k t i o n e n (einer d a v o n gleichzei t ig m i t pos i t i ve r Dmelc0s -Reakf ion ) auf K a n i n c h e n u n d Mee r schwe inchen v e r i m p i t u n d k o n n t e n in der Aus- sp rache z u m V o r t r a g y o n MEYER, ROSENFELD und ANDERS fiber die E r z e u g u n g ether passagenweise f i b e r t r a g b a r e n Men ingoencepha l i t i s n a c h s u b d u r a l e r I m p f u n g be im K a n i n - c h e n be r i ch t en . Diese E n c e p h a l i t i s h a b e n w i t u n t e r d e s s e n w iede rho l t r eproduz ie r t , wobei wi t zur I m p f u n g bak te r io log i sch s te r i l en E i t e r aus gesch lossenen ]3ubonen b e n u t z t e n . Die I n k u b a t i o n s z e i t i s t wechse lnd u n d k a n n y o n 2 - - 3 T a g e n b is zu I - - 3 W o c h e n s c h w a n k e n . I n ausgepr i ig ten F~l len s ind die Tiere a n a l len 4 Ex t r emi t~ i t en gel~ihmt, f ressen a b e t dabe i n n d k 6 n n e n in d iesem Z u s t a n d n o c h w o c h e n l a n g wei te r leben . A u c h K r ~ m p f e in der N a c k e n m u s k u l a t u r w e r d e n b e o b a c h t e t , E r - sche inungen , welche m i t de r h e r p e t i s c h e n E n c e p h a l i t i s groge A h n l i e h k e i t h a b e n , doch k o n n t e n w i t H e r p e s v i r u s m i t Sicher- he f t d u r c h zah l re iche nega t i ve corneale I m p f u n g e n ausschl ie- Ben. Gew6hn l i ch b e g i n n t die E r k r a n k u n g m i t Gle ichgewich ts - s t b r n n g e n u n d e iner U n s i c h e r h e i t de r h i n t e r e n Ext remi t~ i ten , die n a c h anf i ing l i chen Kr~impfen allm~thlich ge l~hmt werden , d a r a u f Iolgt die L~ihmung der Vorderbe ine . Blase n n d Mas t - d a r m b le iben a n s c h e i n e n d i n t a k t , t t i s t o log i sch l i n d e n s ich m a k r o s k o p i s c h in de r Rege l ke ine Ver~inderungen, mikro -

* Auf die Untersuchungen MUSGERs (Dermatologen-Kongreg K6nigsberg i922 ) kann an dieser Stelle aus Raummangel nicht eingegangen werden. Ftir diese Arbeit sowie weitere, gltere experimentelle Arbeiten verweisen wir auf die Monographie yon MELLERSTROM [Acta dermato-veaer. (Stockh.) I (7929)].