Erhalt psychischer Gesundheit. Unternehmen sind gefragt.

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FÖRDERHINWEISE / UNTERSTÜTZER DOKUMENTATION NETZWERKKONFERENZ / Frankfurt am Main Fachlich begleitet durch: Im Rahmen der Initiative: Projektträger: ERHALT PSYCHISCHER GESUNDHEIT UNTERNEHMEN SIND GEFRAGT! 13.-14. März 2012 / Saalbau Gallus / Frankfurt am Main

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Dokumentation der DemTV-Netzwerkkonferenz vom März 2012 in Frankfurt/Main.

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FÖRDERHINWEISE / UNTERSTÜTZER

DOKUMENTATION NETZWERKKONFERENZ / Frankfurt am Main

Fachlich begleitet durch: Im Rahmen der Initiative:Projektträger:

ERHALT PSYCHISCHER GESUNDHEIT – UNTERNEHMEN SIND GEFRAGT!13.-14. März 2012 / Saalbau Gallus / Frankfurt am Main

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DOKUMENTATION NETZWERKKONFERENZ / Frankfurt am Main

STATEMENTS DER SOZIALPARTNER AGENDA 13. MÄRZ 2012

ERHALT PSYCHISCHER GESUNDHEIT – UNTERNEHMEN SIND GEFRAGT!

Peter Hausmann, Mitglied des geschäftsführenden Hauptvorstandes, IG BCE

Der demogra-

fische Wandel

macht Be-

schäftigungs-

konzepte not-

wendig, die

auf die unter-

schiedlichen

L e b e n s p h a -

sen Rücksicht

nehmen. Gegenwärtig sind wir dabei, praxistaugliche Ansät-

ze für alterns- und altersgerechte Arbeitsplätze gemeinsam

in den Unternehmen zu entwickeln.

Die Qualifikationen, Kompetenzen und die Leistungsfähig-

keit der Mitarbeiter sind entscheidende Faktoren für den Er-

folg und die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen. Eine

strategische Personalplanung und der Erhalt der Leistungs-

fähigkeit der Mitarbeiter werden zu den wesentlichen Zu-

kunftsaufgaben der Unternehmen gehören. Wir sehen diese

Entwicklung nicht einfach an und warten, was passiert, son-

dern wir verstehen uns als aktiven Gestalter und schaffen

Rahmenbedingungen für den demografischen Wandel. Wir

sind ganz vorne in diesen Themen und wir wollen es auch in

Zukunft bleiben.

Demografie ist ein langfristiges Thema und wir werden es

weiterhin zu einem zentralen Thema unserer Tarif- und Be-

triebspolitik für die nächsten Jahre weiterentwickeln.

Stephan Meißner, Geschäftsführer, VAP

Das Thema „Erhalt psychischer Gesundheit“ hat nicht nur

eine gesellschaftliche und betriebspolitische, sondern vor

allem eine ganz individuelle Bedeutung. Die Bandbreite

psychosomatischer Störungen zeigt, dass die Behandlung

des Themas nicht nur auf Burnout beschränkt werden darf.

Letztendlich geht es in der Praxis um Belastungsreduzierung

insgesamt, also auch bei den gesunden Beschäftigten.

Egal, welche Formen psychischer Erkrankungen auftreten,

alle haben sie gemein, dass sie die Fähigkeit am sozialen Le-

ben und Arbeitsleben teilzunehmen, vermindern.

Daher müs-

sen sich dem

Thema alle Be-

teiligten an-

nehmen: Un-

t e r n e h m e n ,

Arbeitgeber-

verbände, Ge-

werkschaften,

aber auch die

gesetzlichen Sozialversicherungsträger müssen in ihrem je-

weiligen Verantwortungsbereich dazu beitragen, dass alle

gesund und gut gelaunt zur Arbeit kommen und Freude bei

der Arbeit haben.

STEPHAN MEISSNER

PETER HAUSMANN

2. NETZWERKKONFERENZ – FRANKFURT AM MAIN / SAALBAU GALLUS.AGENDA / 13. MÄRZ 2012

Begrüßung und kurze Vorstellung des Programms Helmut Krodel, Geschäftsführer QFC

Grußwort der IG BCE Peter Hausmann, Mitglied des geschäftsführenden Hauptvorstandes der IG BCE

Impulsvorträge:

Psychische Erkrankungen – Was können Unternehmen leisten?Dr. Werner Kissling, Leitender Oberarzt des Centrum für Disease Management (Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der TU München)

Analyse und Gestaltung von psychischen Belastungen bei der ArbeitProf. Dr. Ralph Bruder, Institut für Arbeitswissenschaft der TU Darmstadt und Präsident der Gesellschaft für Arbeitswissenschaft e.V. (GfA)

Mittagsimbiss und Gelegenheit zum „Netzwerken“

Impulsvorträge:

Aktivitäten des BMAS und Synergien für das Projekt DemTVMinisterialrat André Große-Jäger,Referatsleiter Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS)

Gute Absichten und viel dahinter? Strategien um etwas für sich selbst zu tunProf. Dr. Sonia Lippke,Jacobs Center on Lifelong Learning and Institutional Development (Jacobs University Bremen)

Podiumsdiskussion „Demografischer Wandel – psychisch gesunde Belegschaften und Fachkräftemangel – Was bedeutet das für eine nachhaltige und de-mografiefeste Personalpolitik?“

„Talk im Keller“ Gemeinsames Abendessen mit der Möglichkeit des Austausches

11:00 Uhr

11:15 Uhr

11:30 Uhr

13:15 Uhr

14:15 Uhr

16:15 Uhr

ca. 18:30 Uhr

Im Podium vertreten:

Francesco Grioli, IG BCEVorstandssekretär

Birgit Kuhlhoff, SasolBetriebsratsvorsitzende

Prof. Ralph Bruder,TU Darmstadt

Prof. Sonia Lippke,Jacobs University Bremen

André Große-Jäger, BMASMinisterialrat

Dr. Werner Kissling,Klinikum der TU München

Dr. Erich Latniak, IAQ

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DOKUMENTATION NETZWERKKONFERENZ / Frankfurt am Main

DR. WERNER KISSLING

PROF. RALPH BRUDER

FRAGE AUS DEM PLENUM

ANDRÉ GROßE-JÄGER

IMPULSVORTRÄGE. PSYCHISCHE BELASTUNG IN DER ARBEITSWELT.

Psychische Erkrankungen – Was können Unternehmen leisten? – Dr. Werner Kissling

In seinem Vortrag „Psychische Erkrankungen – Was können

Unternehmen leisten?“ stellte der Leiter des Centrums für

Disease Ma-

nagement der

TU München

klar, dass das

s o g e n a n n t e

Burnout nur

eine von vielen

psychis chen

Erkrankungen

sei. Das Thema

sei aber endlich in der Öffentlichkeit, Politik, Wirtschaft und

den Unternehmen angekommen. Besonders der Medienhy-

pe um das Thema Burnout biete eine gute Chance, um mit

Hilfe dieses „Türöffners“ mehr Aufmerksamkeit für die ge-

samte Breite psychischer Erkrankungen zu erreichen.

Dr. Kissling betonte, dass der Faktor Arbeitsstress dabei nur

eine von vielen weiteren Ursachen für psychische Erkran-

kungen sei. Nach derzeitigem Stand erkranken in Deutsch-

land 25 bis 30 Prozent der Arbeitnehmer während ihres

Berufslebens an einer psychischen Erkrankung. Die dadurch

entstehenden Fehltage bedeuten für ein Unternehmen

mit 1000 Beschäftigten jährliche Kosten von 5 Mio. Euro.

Gleichzeitig wies er darauf hin, dass die Dunkelziffer für

solche Schätzungen weitaus höher liege. Man kann davon

ausgehen, dass nach aktuellem Stand die Zahl der durch psy-

chische Erkrankungen verursachten Fehltage jährlich um 10

Prozentpunkte zunehme während sie bei allen körperlichen

Erkrankungen stabil bleibe.

Daher ist es für Dr. Kissling nur logisch, dass die Unterneh-

men künftig in die Prävention solcher Erkrankungen inves-

tieren, da diese Kosten um ein Vielfaches geringer sind. Um

psychischen Erkrankungen wirksam entgegentreten zu kön-

nen, bedarf es zum einen Veränderungen auf der strukturel-

len Ebene: Es muss ein effizientes Gesundheitsmanagement

etabliert werden, das alle Akteure in „ein Boot holt“. Zudem

bedarf es betrieblicher Ansprechpartner, einer Mitarbeiter-

beratung (intern oder extern) sowie flexibler Arbeitszeitmo-

delle im Sinne der Work-Life-Balance. Zum anderen müssen

die Beschäftigten für das Thema sensibilisiert und in einem

nächsten Schritt entsprechend geschult werden, um lang-

fristig psychischen Erkrankungen entgegenwirken zu kön-

nen. Nachdem Dr. Kissling und sein Team vom Centrum für

Disease Management in den letzten Jahren in mehr als 200

Unternehmen Schulungen zum Thema „Psychische Gesund-

heit am Arbeitsplatz“ durchführen konnten, habe er den

Eindruck gewonnen, dass viele Unternehmen die Relevanz

des Themas inzwischen erkannt haben und dabei sind, ein

wirksames Gesundheitsmanagement für die psychische Ge-

sundheit zu implementieren.

„Analyse und Gestaltung von psychischen Belastun-gen bei der Arbeit“ – Prof . Ralph Bruder

Was macht

heutzutage ein

glückliches Le-

ben aus? Dies

war die Fra-

ge, der Prof.

Ralph Bruder

in seinem Vor-

trag nachging.

Hauptfaktor

für ein glückliches Leben ist laut Prof. Bruder demnach vor

allem ein gesundes Leben, das es gilt auch in der Arbeits-

welt abzubilden. Allerdings machen die Analysen deutlich,

dass derzeit immer mehr Menschen aufgrund ihrer Arbeit

psychisch erkranken. Dies führt zwangsläufig zu der Frage,

wie sieht heute eine gesunde Arbeitswelt aus? Prof. Bruder

nennt hierfür vier Punkte: 1. einen großen Handlungs- und

IMPULSE AUS DER WISSENSCHAFT IMPULSE AUS DER WISSENSCHAFT

Entscheidungsspielraum haben, 2. dazu einen angemesse-

nen zeitlichen Gestaltungsspielraum bieten, 3. Angebote zur

persönlich geprägten Erfassung und Bewältigung von Anfor-

derungen im Sinne einer Strukturierbarkeit machen und 4.

frei von Behinderungen sein.

Für ihn sind es

zwei Dinge, die

diese Punkte

immer mehr

einschränken:

Erstens, die

globalisierte

arbeitsteilige

W i r t s c h a f t ,

die zu einem

24-Stunden-Arbeitstag und zu einer 7-Tage-Arbeitswoche

führt. Zweitens, das Konsumverhalten der Kunden, das die

„just-in-time“-Arbeitsweise weiter forciert. Damit macht er

deutlich, dass vorwiegend die Arbeitsgestaltung die Ursache

für Stress und somit steigende psychische Belastungen sind;

auch wenn er gleichzeitig einräumt, dass psychische Erkran-

kungen aus mehreren komplexen Ursachen entstehen. Er

zieht daraus den Schluss, dass psychische Belastungen nicht

nur zu ertragen seien, sondern auch aktiv gestaltet werden

müssen. Dazu bedarf es allerdings noch weitergehender

Analysen und der Bereitschaft der betroffenen Interessen-

gruppen in Forschung und Lösungsansätze zu investieren.

Einen Ratschlag erteilte Prof. Bruder zum Abschluss: „Da

müssen andere Dinge, die scheinbar wichtiger sind, wie Kun-

denakquise, auch mal warten“. (Uwe Rothermund, Noven-

tum Consulting)

Aktivitäten des BMAS und Synergien für das Projekt DemTV – André Große-Jäger

Ministerialrat André Große-Jäger, Referatsleiter beim Bun-

desministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), hob in sei-

nem Beitrag die Aktivitäten des Ministeriums hervor und

zeigte Synergien zum Projekt DemTV auf.

Zu Beginn widmete sich Herr Große-Jäger den Trends der

heutigen Arbeitswelt. Prägend seien diesbezüglich der glo-

bale Wettbewerb, der demografische Wandel und ein rasan-

ter Strukturwandel. Belegschaften werden immer älter und

bunter, die Arbeitswelt verändert sich schnell und dyna-

misch. Klar ist auch, dass der dadurch entstehende Fach-

kräftemangel zu einem Paradigmenwechsel führt: der Ar-

beitsmarkt wird sich weg von der Arbeitgeber- hin zu einer

Arbeitnehmerorientierung entwickeln.

Eine weitere Herausforderung stellt die Zunahme von psychi-

schen Erkrankungen; so sind seit 1994 die, durch seelische

Erkrankungen hervorgerufenen, Fehlzeiten um 80 Prozent

gestiegen. Für 2030 wird prognostiziert, dass psychische Er-

krankungen die häufigste Ursache für krankheitsbedingten

und langfristigen Arbeitsausfall sein wird. Er betonte, dass

die psychische Gesundheit nicht nur grundlegend für die

Lebensqualität jedes einzelnen Menschen ist, sondern auch

dazu beiträgt, die Innovationskraft und Wettbewerbsfähig-

keit von Unternehmen zu erhalten. Ergänzend stellte Herr

Große- Jäger

die durch das

BMAS ins Le-

ben gerufene

„ I n i t i a t i v e

Neue Qualität

der Arbeit“

(INQA) vor.

Die Ziele der

Initiative sind:

1. Beschäftigungspotenziale im Unternehmen sichern.

2. Arbeitsfähigkeit der Beschäftigten erhalten und ihre

Beschäftigungsfähigkeit erhöhen.

3. Sich um faire und verlässliche Arbeitsbedingungen

kümmern.

Darüber hinaus soll die Initiative Neue Qualität der Arbeit

ein überparteiliches Netzwerk, Think Tank, Service-Platt-

form und Sprachrohr sein, das die öffentliche Debatte über

Arbeitsqualität als wesentlichen Standortfaktor in Deutsch-

land fördert. Das Projekt DemTV ist hierfür ein gutes Bei-

spiel.

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PROF. SONIA LIPPKE

DR. JANA MAY-SCHMIDT

ANKUNFT DER TEILNEHMER KONFERENZBEGINN IM GESPRÄCH AM BWS STAND

DOKUMENTATION NETZWERKKONFERENZ / Frankfurt am Main

DR. ERICH LATNIAK

„Analyse und Gestaltung von psychischen Belastun-gen bei der Arbeit“ – Prof . Sonia Lippke

Prof. Sonia

Lippke, vom

Jacobs Center

on Lifelong

Learning and

Institutional

Development

der Jacobs

U n i v e r s i t y

Bremen, rück-

te in ihrem Beitrag „Gute Absichten und viel dahinter?

– Strategien, um etwas für sich selbst zu tun“ weniger das

Thema Gesundheitsförderung aus Betriebsperspektive in

den Mittelpunkt, sondern vielmehr das individuelle Verhal-

ten des Einzelnen. Sie machte deutlich, dass es vor allem der

„innere Schweinehund“ sei, der Menschen im Alltag davon

abhalte für ihre Gesundheit aktiv zu werden. Im Umkehr-

schluss bedeute dies jedoch nicht, dass Unternehmen aus

der Pflicht genommen werden sollen, vielmehr ist es ihre

Aufgabe diese Erkenntnis bei der Gesundheitsförderung zu

berücksichtigen.

Nach aktuellen Analysen bieten derzeit etwa 65 Prozent der

Unternehmen eine Form von betrieblichem Gesundheitsma-

nagement an. Jedoch nehmen diese Angebote nur etwa 10

Prozent der Beschäftigten wahr.

Für Prof. Lippke hat Gesundheitsförderung zwei Ebenen:

Ebene 1 bezieht sich auf das Individuum, das seine Gesund-

heitsförderung gestalten muss. Hilfreich sei in diesem Zu-

sammenhang ein individuelles Bewegungsbuch, das helfen

kann, eine Strategie zu entwickeln, wie gesundheitsfördern-

de Hemmnisse überwunden werden können.

Ebene 2 befasst sich damit, wie Unternehmen Gesundheits-

vorsorge attraktiver für die Beschäftigten machen können,

da sich die jährlichen Kosten für krankheitsbedingte Fehlta-

ge derzeit auf 65 Mrd. Euro belaufen. Für die Unternehmen

heißt dies, sie müssen ihre Gesundheitsförderung breiter

aufstellen. In Bezug auf die Beschäftigten bedeutet das, bei

der Umsetzung von Zielen zu unterstützen und entspre-

chende Anreizsysteme zu schaffen.

Stressprävention – Ansatzpunkte und Erfahrungen aus betrieblichen Projekten – Dr. Erich Latniak

In seinem Vortrag erläuterte Dr. Erich Latniak vom Institut

Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen

nochmals die Probleme mit diesem Thema. Das erste Prob-

lem besteht darin, dass es ein Daten- und Informationsde-

fizit gebe; psychische Belastungen und Beanspruchung sind

immer subjektiv geprägt und nicht ‚objektiv‘ messbar. Das

Zweite Problem liegt im Zusammenwirken innerer und äu-

ßerer Ursachen von Stress und der Schwierigkeit, immer

auch beides bearbeiten zu müssen. Allerdings gelte hier die

Grundregel: „Was im Betrieb als belastend erkannt wird,

kann auch nur dort geändert werden“. Das dritte Problem

ergibt sich aus der Tabuisierung des Themas. Trotz promi-

nenter Beispiele gilt das öffentliche Eingestehen einer psy-

chischen Erkrankung als „Gesichtsverlust“.

Im weiteren Verlauf

konnte Dr. Latniak

Ergebnisse aus For-

schungsprojekten in

der IT-Branche präsen-

tieren, in denen stres-

sauslösende Faktoren

analysiert wurden.

Mangelnder Gestal-

tungseinfluss, schlech-

tes Führungsverhalten

sowie ‚entgrenzte‘ Ar-

beitszeiten und Hochleistungskultur führen zu permanen-

tem Stress und langfristig zu Burnout. Als Lösungsansatz

zur Stressvermeidung favorisiert er ein „integratives Modell

der Stressprävention“, das sowohl Beschäftigte, Arbeits-

gestaltung, Unternehmenskultur als auch Führungskräfte

einschließt. Noch immer sei es jedoch schwierig, klare Ver-

haltensregeln zu implementieren und die Erkenntnis durch-

zusetzen, dass gute Führung als eine wesentliche Ressource

zur Vermeidung psychischer Belastungen anerkannt wird.

„Ihr sollt euch zwar totarbeiten… aber doch nicht gleich

Selbstmord begehen“, mit diesem sarkastischen Zitat de-

monstrierender Mitarbeiter der France Télécom zur Selbst-

mordserie im Jahr 2010 schloss Dr. Latniak seinen Vortrag.

IMPULSE AUS DER WISSENSCHAFT IMPULSE AUS DER WISSENSCHAFT

Und machte damit nochmals deutlich, dass neben der Ar-

beitsorganisation insbesondere das Führungsverhalten die

Gesundheit der Mitarbeiter beeinflusst.

Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt fördern, Vorstellung der erarbeiteten Leitfäden als Hilfsmittel für die Praxis – Dr. Jana May-Schmidt

Dr. Jana May-Schmidt, von der Bundesanstalt für Arbeits-

schutz und Arbeitsmedizin (BAuA), stellte in ihrer Präsen-

tation das Projekt „psyGA-transfer“ vor, das im Rahmen der

INQA durchgeführt wird. Das Projekt hat am 1. Januar 2011

begonnen und läuft noch bis zum 31. Dezember 2013.

Im Mittelpunkt stehen dabei die Förderung psychischer

Gesundheit und die Prävention psychischer Gesundheitsge-

fahren und Erkrankungen in der Arbeitswelt mit dem Ziel,

Handlungshilfen und Produkte zu konzipieren, bereitzustel-

len und zu verbreiten. Dazu gehören die Erarbeitung von:

Qualitätskriterien zur psychischen Gesundheitsförderung

am Arbeitsplatz, Instrumente für die Selbsteinschätzung

– Selbstcheck zur psychischen Gesundheitsförderung am

Arbeitsplatz, Handlungshilfen für Beschäftigte, Handlungs-

hilfen für Führungskräfte und ein Webbasiertes Themen-

Portal.

Grundidee ist, die in psyGA-transfer entwickelten Instrumen-

te in den Transferbereichen Klein- und Mittelunternehmen‚

Gesundheitswesen und Wohlfahrtspflege‚ Arbeitsmarkt-

inte g rat ion‚

Öffentlicher

Dienst und

G r o ß u n t e r -

nehmen aus-

z uprobieren

und anzupas-

sen. Ferner

sollen die Er-

gebnisse als

Vehikel genutzt werden, um für die Thematik „Psychische

Gesundheitsförderung“ in den verschiedenen Settings der

Arbeitswelt eine stärkere Aufmerksamkeit und Verbreitung

zu erreichen.

Im weiteren Verlauf stellte Dr. May-Schmidt die bereits ent-

wickelten Handlungsleitfäden „Kein Stress mit dem Stress“

für Beschäftigte und Führungskräfte vor, die schon jetzt

eine wichtige Handreichung zur Ermittlung psychischer Be-

lastungen am Arbeitsplatz sind. Abschließend verwies Sie

darauf, dass die in psyGA-transfer entwickelten Broschüren

von jedem Kooperationspartner und allen Interessierten in

ihrem eigenen CI gedruckt und verbreitet werden können.

Page 5: Erhalt psychischer Gesundheit. Unternehmen sind gefragt.

DOKUMENTATION NETZWERKKONFERENZ / Frankfurt am Main

PODIUMSDISKUSSION

DEMOGRAFISCHER WANDEL. AUSWIRKUNGEN AUF DIE PERSONALPOLITIK.PODIUMSDISKUSSION

„Demografischer Wandel – psychisch gesunde Beleg-schaften und Fachkräftemangel – Was bedeutet das für eine nachhaltige und demografiefeste Personal-politik?“

Am Ende des ersten Tages stand eine Podiumsdiskussion, die

das Thema demografischer Wandel, Fachkräftemangel und

psychische Belastungen miteinander verband. Geleitet wur-

de die Diskussion von IG BCE-Vorstandssekretär Francesco

Grioli, der noch einmal die wesentlichen Punkte der bishe-

rigen Redebeiträge aufgriff und mit den Expertinnen und

Experten diskutierte.

Zum Thema Nachhaltigkeit der Gesundheitsförderung in

den Unternehmen merkte Birgit Kuhlhoff, Betriebsrats-

vorsitzende der Sasol Germany GmbH, an, dass trotz der

suggerierten Nachhaltigkeit, diese noch lange nicht in den

Betrieben angekommen sei und es zudem an ganzheitlichen

Konzepten fehle. Die Bereitschaft zum „Zuhören“ sei in den

Führungsebenen zwar gegeben, allerdings fehle es anschlie-

ßend an der Bereitschaft zur konsequenten Umsetzung.

Unterstützend wirken können vor allem betriebswirtschaft-

lichen Argumente, die der Geschäftsführung den Nutzen

eines betrieblichen Gesundheitsmanagements vor Augen

führen. An diesem Punkt machte Prof. Bruder allerdings

den Einwurf, dass man die Einführung eines betrieblichen

Gesundheitsmanagements nicht nur auf die ökonomischen

Argumente setzen dürfe, sondern dass dies auch eine Ent-

scheidung der Vernunft sein müsse.

Zu Recht stellte Francesco Grioli in diesem Kontext die Fra-

ge, warum trotz des aufgezeigten „Return on Investment“ so

viele Hemmnisse bei der Umsetzung vorzufinden sind. Frau

Kuhlhoff sieht das größte Problem darin, dass Führungskräf-

te eher nach ihrer fachlichen und weniger nach ihrer sozialen

Kompetenz eingestellt werden. Dies mache es schwierig für

das Thema Gesundheitsförderung im Allgemeinen und für

das Thema psychische Gesundheit im Speziellen zu sensibi-

lisieren. Offen bliebe in diesem Zusammenhang die Frage,

wie mit Führungskräften umgegangen werden soll, die nicht

mitarbeiterorientiert führen. Auf die Frage, was man tun

kann, wenn Handlungsbedarf im Unternehmen festgestellt

wurde, antwortete Dr. Kissling, dass er sich für Schulun-

gen der Beschäftigten einsetzt, um den richtigen Umgang

mit psychischen Erkrankungen zu erlernen. Er verwies aber

auch darauf, dass hierfür von allen Beteiligten, also von Ge-

schäftsführung, Führungskräften und Beschäftigten, die

Bereitschaft zur Veränderung vorhanden sein muss. Daher

bedarf es einer guten Organisation und einem von Experten

begleiteten Prozess, um eine effiziente präventive Gesund-

heitsförderung einzuführen.

Nachdem die theoretischen Handlungsmöglichkeiten aufge-

zeigt wurden, wollte Francesco Grioli von den Diskutanten

wissen, welche konkreten Beispiele sie für die Praxis emp-

fehlen. Hier waren die Podiumsteilnehmenden einer Mei-

nung, dass es eine allgemeingültige Antwort auf ein solch

komplexes Thema nicht geben kann. Jedes Unternehmen

muss für sich eine eigene Strategie entwickeln, um dem The-

ma gerecht zu werden.

Abschließend waren sich die Podiumsteilnehmenden dar-

in einig, dass der Gesundheitsförderung und insbesondere

dem Erhalt psychischer Gesundheit ein größerer Stellenwert

in den Unternehmen beigemessen werden muss. Während

Dr. Werner Kissling aus seiner Erfahrung die Einführung

gesundheitsfördernder Maßnahmen in den kommenden

Jahren positiv einschätzte, teilte Ministerialrat André Gro-

ße-Jäger diese Sichtweise nicht und sieht noch viel Hand-

lungsbedarf, der jedoch durch das Projekt DemTV positiv

gefördert werde.

PODIUMSDISKUSSION

PODIUMSDISKUSSION IN BILDERN

PODIUMSDISKUSSION BLICK INS PLENUM PODIUMSDISKUSSION

Page 6: Erhalt psychischer Gesundheit. Unternehmen sind gefragt.

AGENDA 14. MÄRZ 2012

PLENUM INFOSTAND DER BWS MODERATION – DR. UTE SCHLEGEL

FAZIT AUS DEM FORUM 1

DOKUMENTATION NETZWERKKONFERENZ / Frankfurt am Main

ERHALT PSYCHISCHER GESUNDHEIT – UNTERNEHMEN SIND GEFRAGT!AGENDA / 14. MÄRZ 2012

Eröffnung und kurze Vorstellung des Ablaufs Impulsvorträge:

Stressprävention – Ansatzpunkte und Erfahrungen aus betriebli-chen ProjektenDr. Erich Latniak,Institut für Arbeit und Qualifikation (IAQ)

PsyGA-Transfer: Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt fördern, Vorstellung der erarbeiteten Leitfäden als Hilfsmittel für die Praxis Dr. Jana May-Schmidt, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA)

Entspannen und Kaffee

Diskussionsforen

Forum 1: Erfahrungen beim Abschluss einer Betriebsvereinbarung zu psychischer Belastung

Forum 2: Der Weg zum psychisch und physisch gesunden UnternehmenForum 3: Psychosoziale Beratung bei MerckForum 4: Der Weg zum psychisch gesunden Unternehmen

Ausblick RA Stephan Meißner, Hauptgeschäftsführer VAP (Vereinigung der Arbeitgeberverbände der Deutschen Papierindustrie)

09:00 Uhr

09:15 Uhr

10:00 Uhr

10:30 Uhr

11:00 Uhr

13:00 Uhr

FORUM 1. ERFAHRUNGEN ZUM ABSCHLUSS EINER BV ZUR PSYCHISCHEN BELASTUNG.ERGEBNISSE DER DISKUSSION

Die Moderation im Forum „Erfahrungen beim Abschluss einer Betriebsvereinbarung zur psychischen Belastungen“ übernahm

Christoph Schneider. Hier berichteten Be-triebsrätin Anke Strüber-Hummelt von Evonik Industries, der Betriebsratsvorsit-zende der InfraLeuna GmbH, Joachim No-wak sowie Prof. Jürgen Kädtler, Direktor des Soziologischen Forschungsinstitutes der Universität Göttingen. Alle Beteiligten waren sich darüber einig, dass im Unter-nehmen Geschäftsführung, Betriebsrat und Belegschaft „an einem Strang ziehen“ müs-sen, wenn sie eine Betriebsvereinbarung zur Gesundheitsvorsorge auf den Weg bringen wollen. Ebenso Einig darin, dass eine solche

ERFAHRUNGSAUSTAUSCHANKE STRÜBER-HUMMELT & JOACHIM NOWAK

Beide Ansätze können nur funktionieren, wenn:

oder

Vereinbarung auch zu einem Wandel in der Führungskultur führen muss, sonst wird betriebliches Gesundheitsmanagement zum „Papiertiger“.

Page 7: Erhalt psychischer Gesundheit. Unternehmen sind gefragt.

FAZIT AUS DEM FORUM 2 FAZIT AUS DEM FORUM 3

DOKUMENTATION NETZWERKKONFERENZ / Frankfurt am Main

FORUM 2. DER WEG ZUM PSYCHISCH GESUNDEN UNTERNEHMEN.ERGEBNISSE DER DISKUSSION

Das Forum zum Thema „Der Weg zum psy-

chisch und physisch gesunden Unterneh-

men – Kollegen als Gesundheitstrainer“ wur-

de von Ina Uhlich moderiert. Anschaulich

und in einer spannenden Diskussion stellte

Georg Selinger, Betriebsratsvorsitzender

der BK Giulini GmbH, den steinigen Weg

vor, den Betriebsrätinnen und Betriebsräte

meist gehen müssen, wollen sie das Thema

seelische Erkrankungen am Arbeitsplatz

thematisieren und angehen. Nicht minder

Interessant war der Austausch mit Perso-

nalleiter Jörg Dietze von der BHS Tabletop

AG, der seine Erfahrungen und Ratschläge

im Umgang mit psychischen Erkrankungen

in seinem Unternehmen darstellte.

GEORG SELINGER BERICHTET

WICHTIGES NOTIERT VON INA UHLICH

FORUM 3. DIE PSYCHOSOZIALEBERATUNG BEI MERCK. ERGEBNISSE DER DISKUSSION

IM DIALOG HELMUT ORTGIES

Unter der Leitung von Dieter Kropp berich-

teten Helga Greiling und Helmut Ortgies

über die Sozialberatungsstelle bei der Merck

KGaA. Ausgiebig nutzten die Forumsteil-

nehmer die Möglichkeit die beiden Referen-

ten zu befragen. Kernpunkte der Diskussi-

on waren „gesundes Führen“, „wie sieht ein

gutes betriebliches Eingliederungsmanage-

ment aus“ und „wie kann eine Atmosphäre

des Vertrauens hergestellt werden, um über

psychische Belastungen am Arbeitsplatz

sprechen zu können“.HELGA GREILING

Page 8: Erhalt psychischer Gesundheit. Unternehmen sind gefragt.

FAZIT AUS DEM FORUM 4 TAGUNGSIMPRESSIONEN

STEPHAN MEISSNER – AUSBLICK WEITERE INFORMATIONEN HELMUT KRODEL

AUSWAHL DER FOREN AUSTAUSCH IM FORUM ERFAHRENE BETRIEBSRÄTE BERICHTEN

PAUSENGESPRÄCHE TALK IM KELLER FRAGEN AUS DEM PLENUM

DOKUMENTATION NETZWERKKONFERENZ / Frankfurt am Main

FORUM 4. DER WEG ZUM PSYCHISCH GESUNDEN UNTERNEHMEN.ERGEBNISSE DER DISKUSSION

Martin Weiss leitete das Forum „Der Weg

zum psychisch gesunden Unternehmen

– Unterstützung von außen“. Thomas Eh-

renberg von der BKK Pronova nutzte die

Möglichkeit, die vielfältigen Angebote und

Handlungsmöglichkeiten von Seiten der

Krankenkasse darzustellen, um psychischen

Belastungen zu begegnen. Thomas Ehren-

berg unterstrich jedoch auch, dass Präven-

tion besser als jede Therapie sei. Personal-

leiter Stefan Eich von SG Isover stellte in

diesem Zusammenhang das Projekt „smart

work“ vor, mit dessen Hilfe es gelungen ist,

Stress und psychische Belastungen im Un-

ternehmen zu reduzieren. STEFAN EICH

MARTIN WEISS

DIE NETZWERKKONFERENZ. DOKUMENTIERT IN BILDERN.

Page 9: Erhalt psychischer Gesundheit. Unternehmen sind gefragt.

KONTAKT / IMPRESSUM

FRANCESCO GRIOLI

„Die Rahmenbedingungen und die vorhan-denen Instrumente sind gut. Dies wollen wir für reale betriebliche Veränderungen nutzen. Wenn wir die richtigen Antworten auf die He-rausforderungen des demografischen Wandels geben wollen, brauchen wir flexible Lösungen für Unternehmen, sozialpartnerschaftliches Handeln und die Bereitschaft sich den Verän-derungen zu stellen.“

FRANCESCO GRIOLI

Vorstandssekretär IG BCE

Qualifizierungsförderwerk Chemie GmbH Königsworther Platz 6

30167 Hannover

Tel.: +49 511 7631 252

Fax: +49 511 7631 734

E-Mail: [email protected]

Web: www.qfc.de

Fotos: Jan Wagner / Jose Poblete

Texte: Ute Schlegel / Ina Uhlich /

ddddddddEike Metzmann