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Erhaltungsaufwand Haufe Finance Office Professional, Version 10.1.0.0 Stand: 09.02.2012, Ausdruck vom 17.07.2012 Seite 1 von 6 Erhaltungsaufwand Zusammenfassung Begriff Erhaltungsaufwendungen setzen voraus, dass etwas bereits Bestehendes zeitgemäß erneuert oder instand gehalten wird. Sie zählen steuerrechtlich zu den sofort abzugsfähigen Werbungskosten oder Betriebsausgaben. Instandsetzungs- und Modernisierungsaufwendungen stellen unabhängig von ihrer Höhe Herstellungskosten dar, wenn sie für eine Erweiterung i. S. d. § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB entstanden sind oder wenn sie zu einer über den ursprünglichen Zustand hinausgehenden wesentlichen Verbesserung eines Vermögensgegenstands geführt haben. Zu den Herstellungskosten eines Gebäudes gehören auch Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die innerhalb von 3 Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden, wenn die Aufwendungen ohne Umsatzsteuer 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen. Im Gegensatz zu Erhaltungsaufwendungen sind (nachträgliche) Herstellungskosten nicht sofort, sondern nur im Wege der AfA als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben abziehbar. Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung Gesetzliche Regelungen finden sich in § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG (anschaffungsnahe Herstellungskosten), § 9 EStG (Werbungskosten), § 11 Abs. 2 EStG (Abfluss von Ausgaben), §§ 11a, 11b EStG (Sonderbehandlung von Erhaltungsaufwand), § 35 a EStG (Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen) und in § 255 HGB (Handelsrechtlicher Begriff der Anschaffungs- und Herstellungskosten). Weitere Hinweise zur steuerlichen Behandlung finden sich in R 21.1 EStR (Erhaltungs- und Herstellungsaufwand), in R 7h, 7i EStR (Erhöhte Absetzungen), in § 82b EStDV (Behandlung größeren Erhaltungsaufwands bei Wohngebäuden) sowie im BMF-Schreiben v. 18.7.2003 [1] zur Abgrenzung von Anschaffungs-/Herstellungskosten und Erhaltungsaufwendungen bei Gebäuden. EINKOMMENSTEUER 1 Steuerrechtliche Grundsätze Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen an einem bestehenden Gebäude, das der Erzielung von Einkünften dient, sind als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben abzugsfähig. Bei diesen Aufwendungen ist allerdings zwischen Erhaltungsaufwendungen und (nachträglichen) Herstellungskosten zu unterscheiden. Erhaltungsaufwand kann auch bei anderen Wirtschaftsgütern außer Gebäuden anfallen, z. B. bei Außenanlagen oder bei Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens, wie Betriebsvorrichtungen oder Ladeneinbauten. Die steuerliche Einordnung, ob Erhaltungsaufwand oder Herstellungsaufwand vorliegt, ist von erheblicher Bedeutung. Erhaltungsaufwendungen können im Jahr ihrer Zahlung, bei Bilanzierenden im Jahr der Entstehung, in voller Höhe als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben abgezogen werden. Herstellungskosten sind dagegen nur im Wege der AfA als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben berücksichtigungsfähig; bei einem bestehenden Gebäude erhöhen sie als nachträgliche Herstellungskosten

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Erhaltungsaufwand

Haufe Finance Office Professional, Version 10.1.0.0 Stand: 09.02.2012, Ausdruck vom 17.07.2012 Seite 1 von 6

Erhaltungsaufwand

Zusammenfassung

Begriff Erhaltungsaufwendungen setzen voraus, dass etwas bereits Bestehendes zeitgemäß erneuert oder instand gehalten wird. Sie zählen steuerrechtlich zu den sofort abzugsfähigen Werbungskosten oder Betriebsausgaben. Instandsetzungs- und Modernisierungsaufwendungen stellen unabhängig von ihrer Höhe Herstellungskosten dar, wenn sie für eine Erweiterung i. S. d. § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB entstanden sind oder wenn sie zu einer über den ursprünglichen Zustand hinausgehenden wesentlichen Verbesserung eines Vermögensgegenstands geführt haben. Zu den Herstellungskosten eines Gebäudes gehören auch Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die innerhalb von 3 Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden, wenn die Aufwendungen ohne Umsatzsteuer 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen. Im Gegensatz zu Erhaltungsaufwendungen sind (nachträgliche) Herstellungskosten nicht sofort, sondern nur im Wege der AfA als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben abziehbar.

Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung Gesetzliche Regelungen finden sich in § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG (anschaffungsnahe Herstellungskosten), § 9 EStG (Werbungskosten), § 11 Abs. 2 EStG (Abfluss von Ausgaben), §§ 11a, 11b EStG (Sonderbehandlung von Erhaltungsaufwand), § 35 a EStG (Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen) und in § 255 HGB (Handelsrechtlicher Begriff der Anschaffungs- und Herstellungskosten). Weitere Hinweise zur steuerlichen Behandlung finden sich in R 21.1 EStR (Erhaltungs- und Herstellungsaufwand), in R 7h, 7i EStR (Erhöhte Absetzungen), in § 82b EStDV (Behandlung größeren Erhaltungsaufwands bei Wohngebäuden) sowie im BMF-Schreiben v. 18.7.2003[1] zur Abgrenzung von Anschaffungs-/Herstellungskosten und Erhaltungsaufwendungen bei Gebäuden.

EINKOMMENSTEUER

1 Steuerrechtliche Grundsätze Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen an einem bestehenden Gebäude, das der Erzielung von Einkünften dient, sind als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben abzugsfähig. Bei diesen Aufwendungen ist allerdings zwischen Erhaltungsaufwendungen und (nachträglichen) Herstellungskosten zu unterscheiden. Erhaltungsaufwand kann auch bei anderen Wirtschaftsgütern außer Gebäuden anfallen, z. B. bei Außenanlagen oder bei Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens, wie Betriebsvorrichtungen oder Ladeneinbauten. Die steuerliche Einordnung, ob Erhaltungsaufwand oder Herstellungsaufwand vorliegt, ist von erheblicher Bedeutung. Erhaltungsaufwendungen können im Jahr ihrer Zahlung, bei Bilanzierenden im Jahr der Entstehung, in voller Höhe als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben abgezogen werden. Herstellungskosten sind dagegen nur im Wege der AfA als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben berücksichtigungsfähig; bei einem bestehenden Gebäude erhöhen sie als nachträgliche Herstellungskosten

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die Bemessungsgrundlage für die AfA und andere Abschreibungen des Gebäudes. Die Unterscheidung zwischen Erhaltungsaufwand und Herstellungsaufwand ist fließend und erfolgt sowohl für die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als auch für den betrieblichen Bereich nach gleichen Grundsätzen.

2 Kriterien des Erhaltungsaufwands bei Gebäuden Der BFH hat sich in mehreren Urteilen mit der Abgrenzung von Anschaffungskosten, Herstellungskosten und Erhaltungsaufwendungen bei der Instandsetzung und Modernisierung von Gebäuden auseinandergesetzt und gegenüber der bisherigen Rechtsprechung teilweise neue Grundsätze entwickelt. Die Finanzverwaltung hat im BMF-Schreiben v. 18.7.2003[1] hierzu ausführlich Stellung genommen. Erhaltungsaufwendungen sind danach Aufwendungen

• für Maßnahmen an einem bereits angeschafften oder fertiggestellten Gebäude, • die in sachlicher und zeitlicher Hinsicht gegenüber der Anschaffung oder Fertigstellung des

Gebäudes abgrenzbar sind, • durch die an dem vorhandenen Gebäude nichts Neues, bisher nicht Vorhandenes geschaffen

wird[2], • durch die das vorhandene Gebäude über den ursprünglichen Zustand zwar modernisiert, aber

nicht wesentlich verbessert wird[3], • durch die das vorhandene Gebäude durch eine Aufstockung oder einen Anbau nicht erweitert

oder durch die Baumaßnahme in seiner Substanz nicht vermehrt wird. Der Anerkennung von Aufwendungen als Erhaltungsaufwendungen steht nicht entgegen

• eine Zusammenballung ungewöhnlich hoher Aufwendungen[4], • eine Werterhöhung des Gebäudes oder • eine gegenüber den bisherigen Bestandteilen verbesserte Beschaffenheit der neuen

Bestandteile.

3 Kriterien für (nachträgliche) Herstellungskosten bei Gebäuden Instandsetzungs- und Modernisierungsaufwendungen sind bei einem Vollverschleiß, bei einer Erweiterung sowie bei einer über den ursprünglichen Zustand hinausgehenden wesentlichen Verbesserung des Gebäudes stets als Herstellungskosten zu berücksichtigen.

3.1 Vollverschleiß Instandsetzungs- und Modernisierungsarbeiten können ausnahmsweise auch im Zusammenhang mit der (Neu-)Herstellung eines Gebäudes stehen. Dies ist der Fall, wenn das Gebäude so sehr abgenutzt ist, dass es unbrauchbar geworden ist (Vollverschleiß) und durch die Instandsetzungsarbeiten unter Verwendung der übrigen noch nutzbaren Teile ein neues Gebäude hergestellt wird.

3.2 Erweiterungen Eine Erweiterung liegt in folgenden Fällen vor:

• Aufstockung oder Anbau, • Vergrößerung der nutzbaren Fläche, • Substanzvermehrung.

Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen an Gebäuden, die zu einer Vergrößerung der Nutz- oder Wohnfläche führen, rechnen stets zu den Herstellungskosten. Dies gilt selbst dann, wenn der Flächenzuwachs geringfügig ist[1]. Keine Herstellungskosten liegen in folgenden Fällen vor:

• Anbringung zusätzlicher Fassadenverkleidung, z. B. Eternitverkleidung, Verkleidung mit Hartschaumplatten und Sichtklinker[2].

• Umstellung von Einzelöfen auf eine Zentralheizung;

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• Ersatz eines Flachdachs durch ein Satteldach, wenn infolge der geringen Raumhöhe keine Erhöhung der Nutzfläche eintritt;

• Ersatz vorhandener Fenster durch größere Fenster[3]; • Einbau einer Solaranlage zur Brauchwassererwärmung in eine vorhandene

Gaswärmeversorgung[4].

3.3 Wesentliche Verbesserung Eine wesentliche Verbesserung liegt nicht bereits vor, wenn ein Gebäude generalüberholt wird, d. h. Aufwendungen, die für sich genommen als Erhaltungsaufwendungen zu beurteilen sind, in ungewöhnlicher Höhe zusammengeballt in einem Veranlagungszeitraum anfallen. Eine wesentliche Verbesserung und damit Herstellungskosten sind nur gegeben, wenn die Maßnahmen zur Modernisierung eines Gebäudes in ihrer Gesamtheit über eine zeitgemäße substanzerhaltende (Bestandteil-)Erneuerung hinausgehen, den Gebrauchswert des Gebäudes insgesamt deutlich erhöhen und damit für die Zukunft eine erweiterte Nutzungsmöglichkeit geschaffen wird. Von einer deutlichen Erhöhung des Gebrauchswerts ist z. B. auszugehen, wenn der Gebrauchswert des Gebäudes von einem sehr einfachen auf einen mittleren oder von einem mittleren auf einen sehr anspruchsvollen Standard gehoben wird[1]. Bei der Prüfung, ob eine Baumaßnahme nach § 255 Abs. 2 HGB zu Herstellungsaufwand führt, darf nicht auf das gesamte Gebäude, sondern nur auf den entsprechenden Gebäudeteil abgestellt werden, wenn das Gebäude in unterschiedlicher Weise genutzt wird und deshalb mehrere Wirtschaftsgüter umfasst[2].

3.3.1 Sehr einfacher Wohnungsstandard Sehr einfacher Wohnungsstandard liegt vor, wenn die zentralen Ausstattungsmerkmale im Zeitpunkt der Anschaffung nur im nötigen Umfang oder in einem technisch überholten Zustand vorhanden sind.

Praxis-Beispiel Sehr einfacher Wohnungsstandard

• Das Bad besitzt kein Handwaschbecken. • Die Wände im Bad sind nicht überwiegend gefliest. • Die Badewanne steht ohne Verblendung frei. • Es ist lediglich ein Badeofen vorhanden. • Die Fenster haben nur eine Einfachverglasung. • Es ist eine technisch überholte Heizungsanlage vorhanden, z. B. Kohleöfen. • Die Elektroversorgung ist unzureichend.

3.3.2 Mittlerer Standard Mittlerer Standard liegt vor, wenn die zentralen Ausstattungsmerkmale durchschnittlich und selbst höheren Ansprüchen genügen.

3.3.3 Sehr anspruchsvoller Standard Sehr anspruchsvoller Standard liegt vor, wenn bei dem Einbau der zentralen Ausstattungsmerkmale nicht nur das Zweckmäßige, sondern das Mögliche, vor allem durch den Einbau außergewöhnlich hochwertiger Materialien, verwendet wurde (Luxussanierung).

3.3.4 Zentrale Ausstattungsmerkmale Ob eine Gebrauchswerterhöhung (ein Standardsprung) gegeben ist, bestimmt sich nach Umfang und Qualität folgender zentraler Ausstattungsmerkmale:

• Heizungsinstallation, • Sanitärinstallation,

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• Elektroinstallation, • Fenster.

Nur wenn ein Bündel von Baumaßnahmen bei mindestens 3 der vorgenannten zentralen Ausstattungsmerkmale zu einer Erhöhung und Erweiterung des Gebrauchswerts führt, hebt sich der Standard des Gebäudes und es liegen insoweit (nachträgliche) Herstellungskosten i. S. einer wesentlichen Verbesserung vor.

Wichtig Sanierung in Raten Aufwendungen für Baumaßnahmen innerhalb eines Veranlagungszeitraums sind Herstellungskosten i. S. v. § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB, wenn die Baumaßnahmen zwar für sich gesehen noch nicht zu einer wesentlichen Verbesserung führen, wenn sie aber Teil einer Gesamtmaßnahme sind, die sich planmäßig in zeitlichem Zusammenhang über mehrere Veranlagungszeiträume erstreckt und die insgesamt zu einer Hebung des Standards führt (Sanierung in Raten). Von einer Sanierung in Raten ist grundsätzlich auszugehen, wenn die Maßnahmen innerhalb eines 5-Jahreszeitraums durchgeführt worden sind[1].

4 Gleichzeitige Durchführung mehrerer Baumaßnahmen Grundsätzlich ist jede Baumaßnahme für sich zu sehen und dahingehend zu unterscheiden, ob Erhaltungs- oder Herstellungsaufwendungen vorliegen. Danach sind die Erhaltungsaufwendungen und die nachträglichen Herstellungskosten - ggf. im Wege der Schätzung - aufzuteilen, und zwar auch dann, wenn sie einheitlich in Rechnung gestellt worden sind. Sind im Rahmen einer umfassenden Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahme sowohl Arbeiten zur Schaffung eines betriebsbereiten Zustands, zur Erweiterung des Gebäudes oder Maßnahmen, die über eine zeitgemäße substanzerhaltende Erneuerung hinausgehen, als auch Erhaltungsaufwand durchgeführt worden, sind die hierauf jeweils entfallenden Aufwendungen grundsätzlich - ggf. im Wege der Schätzung - in Anschaffungs- oder Herstellungskosten und Erhaltungsaufwendungen aufzuteilen, die mit den jeweiligen Aufwendungsarten im Zusammenhang stehen. Aufwendungen für ein Bündel von Einzelmaßnahmen, die für sich genommen teils Anschaffungskosten oder Herstellungskosten, teils Erhaltungsaufwendungen darstellen, sind aber insgesamt als Anschaffungskosten oder Herstellungskosten zu beurteilen, wenn die Arbeiten in einem sachlichen Zusammenhang stehen. Von einem bautechnischen Ineinandergreifen ist nicht allein deswegen auszugehen, weil der Steuerpflichtige solche Herstellungsarbeiten zum Anlass nimmt, auch sonstige anstehende Renovierungsarbeiten vorzunehmen. Allein die gleichzeitige Durchführung der Arbeiten, z. B. um die mit den Arbeiten verbundenen Unannehmlichkeiten abzukürzen, reicht für einen solchen sachlichen Zusammenhang nicht aus.

Praxis-Beispiel Zeitlicher Zusammenhang begründet keinen sachlichen Zusammenhang Durch das Aufsetzen einer Dachgaube wird die nutzbare Fläche des Gebäudes geringfügig vergrößert. Diese Maßnahme wird zum Anlass genommen, gleichzeitig das alte, schadhafte Dach neu einzudecken. Die Erneuerung der gesamten Dachziegel steht insoweit nicht in einem bautechnischen Zusammenhang mit der Erweiterungsmaßnahme. Die Aufwendungen für Dachziegel, die zur Deckung der neuen Gauben verwendet werden, sind Herstellungskosten, die Aufwendungen für die übrigen Dachziegel sind Erhaltungsaufwendungen.

5 Anschaffungsnahe Aufwendungen für ein Gebäude Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG liegen anschaffungsnahe Aufwendungen (= Herstellungskosten des Gebäudes) vor, wenn die Aufwendungen (ohne Umsatzsteuer) innerhalb der ersten 3 Jahre nach Anschaffung 15 % der Gebäudeanschaffungskosten übersteigen. Bei der Prüfung der 15 %-Grenze werden nur Aufwendungen für Erweiterungen i. S. d. § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB sowie Aufwendungen für jährlich

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üblicherweise anfallende Erhaltungsarbeiten von den zu berücksichtigenden Herstellungskosten ausgeschlossen.

Wichtig Nachträgliches Überschreiten der 15 %-Grenze Wird nachträglich die 15 %-Grenze überschritten, können auch bereits bestandskräftige Bescheide der vorangehenden Jahre von den Finanzämtern noch korrigiert werden. Das Überschreiten dieser Grenze stellt ein rückwirkendes Ereignis i. S. v. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO dar[1].

6 Vereinfachungsregelung bei Gebäuden Betragen die Aufwendungen nach Fertigstellung eines Gebäudes für die einzelne Baumaßnahme nicht mehr als 4.000 EUR (Rechnungsbetrag ohne Umsatzsteuer) je Gebäude, können diese auf Antrag des Steuerpflichtigen als Erhaltungsaufwendungen behandelt werden[1]. Auf Aufwendungen, die der endgültigen Fertigstellung eines neu errichteten Gebäudes dienen, ist diese Vereinfachungsregel jedoch nicht anzuwenden, z. B. Gebäudefertigstellung in 2010, aber der Anstrich des Außenputzes erfolgt erst in 2011.

7 Verfahrensfragen

7.1 Abflussprinzip Erhaltungsaufwendungen sind bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sowie bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG (Einnahme-Überschuss-Rechnung) grundsätzlich im Jahr der Zahlung (Abflussjahr) abzuziehen (§ 11 Abs. 2 Satz 1 EStG), bei Bilanzierenden in dem Wirtschaftsjahr, in dem sie angefallen sind.

7.2 Verteilung der Erhaltungsaufwendungen Größere Aufwendungen für die Erhaltung von Gebäuden im Privatvermögen, die im Zeitpunkt der Leistung überwiegend Wohnzwecken dienen, können abweichend von § 11 Abs. 2 EStG auf 2 - 5 Jahre gleichmäßig verteilt werden (§ 82b Abs. 1 Satz 1 EStDV).

7.3 Nachträgliche Herstellungskosten Nachträgliche Herstellungskosten an einem Gebäude werden der bisherigen Bemessungsgrundlage der AfA hinzugerechnet und mit den bisherigen AfA-Sätzen abgeschrieben. Handelt es sich um nachträgliche Herstellungskosten an einem beweglichen Wirtschaftsgut erhöhen diese Kosten den Restbuchwert; die Abschreibung erfolgt auf der Grundlage dieser neuen AfA-Bemessungsgrundlage nach der verbleibenden Restnutzungsdauer des Wirtschaftsguts.

7.4 Sonderbehandlung von Erhaltungsaufwand Nach §§ 7h, 7i EStG werden Herstellungs- und Anschaffungskosten für bestimmte Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen an einem im Inland belegenen Gebäude in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet oder in einem städtebaulichen Entwicklungsbereich sowie an Baudenkmalen steuerlich begünstigt, sofern das Gebäude bzw. das Baudenkmal der Erzielung von Einkünften dient. Führen Baumaßnahmen an nach §§ 7h oder 7i EStG begünstigten Objekten zu Erhaltungsaufwand, ist nach §§ 11a, 11b EStG eine gleichmäßige Verteilung dieses Erhaltungsaufwands auf 2 - 5 Jahre möglich.

7.5 Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen Für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und

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Modernisierungsmaßnahmen ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen, auf Antrag um 20 % der Aufwendungen des Steuerpflichtigen, höchstens jedoch um 1.200 EUR[1].

Autor/in • H. Bur, Dipl.-Finanzwirt