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83 Erhöhung des Milcheiweißgehaltes durch die Fütterung - Möglichkeiten und Grenzen Dr. Ad M. van Vuuren, Animal Sciences Group, Wageningen University and Research Centres, Lelystad, Niederlande Zusammenfassung Es gibt im Wesentlichen zwei Methoden um den Milcheiweißgehalt zu erhöhen: die Be- reitstellung von Extraenergie und/oder die Bereitstellung von Extraeiweiß für das Euter. Die Energie für die Milcheiweißbildung wird hauptsächlich aus Glucose bereitgestellt, die beim Wiederkäuer durch die Gluconeogenese aus Propionsäure erzeugt wird. Neben der Propionsäure können unter Energiemangelbedingungen aber auch Amino- säuren zur Energieversorung genutzt werden. Extraglucose wird z. B. durch pansenbe- ständige Maisstärke, die im Dünndarm verdaut wird und als Glucose absorbiert wird, bereitgestellt. Eine Verbesserung der Glucoseversorgung – sei es durch Propionsäure als Glucosevorstufe oder direkt durch intestinal verfügbare Glucose – hat also einen Spareffekt auf die für die Gluconeogenese genutzten Aminosäuren. Eine verbesserte Versorgung mit Energie und die Einsparung von Aminosäuren steigert die Lactosebil- dung – und damit auch die Milchmenge – und hat einen positiven Effekt auf die Milch- eiweiß- bzw. Caseinbildung. Bei Versorgung mit Extrastärke- oder Extraglucose muss aber bedacht werden, dass durch viel Stärke das Risiko für subakute Pansenacidosen steigt und der Milchfettgehalt sinkt. Eine Erhöhung des Eiweißangebotes ist ökonomisch nur dann sinnvoll, wenn in der Ra- tion zuwenig Eiweiß enthalten ist bzw. bestimmte Aminosäuren im Mangel sind. Dann kann die Futteraufnahme und damit auch die Energieversorgung verbessert werden. Um den Effekt von Aminosäurenzulagen besser einschätzen zu können, ist jedoch ein Aminosäurenbewertungssystem für Futtermittel erforderlich.

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Erhöhung des Milcheiweißgehaltes durch die Fütterung -Möglichkeiten und Grenzen

Dr. Ad M. van Vuuren,Animal Sciences Group, Wageningen University and Research Centres, Lelystad, Niederlande

Zusammenfassung

Es gibt im Wesentlichen zwei Methoden um den Milcheiweißgehalt zu erhöhen: die Be-reitstellung von Extraenergie und/oder die Bereitstellung von Extraeiweiß für das Euter.Die Energie für die Milcheiweißbildung wird hauptsächlich aus Glucose bereitgestellt,die beim Wiederkäuer durch die Gluconeogenese aus Propionsäure erzeugt wird.Neben der Propionsäure können unter Energiemangelbedingungen aber auch Amino-säuren zur Energieversorung genutzt werden. Extraglucose wird z. B. durch pansenbe-ständige Maisstärke, die im Dünndarm verdaut wird und als Glucose absorbiert wird,bereitgestellt. Eine Verbesserung der Glucoseversorgung – sei es durch Propionsäureals Glucosevorstufe oder direkt durch intestinal verfügbare Glucose – hat also einenSpareffekt auf die für die Gluconeogenese genutzten Aminosäuren. Eine verbesserteVersorgung mit Energie und die Einsparung von Aminosäuren steigert die Lactosebil-dung – und damit auch die Milchmenge – und hat einen positiven Effekt auf die Milch-eiweiß- bzw. Caseinbildung. Bei Versorgung mit Extrastärke- oder Extraglucose mussaber bedacht werden, dass durch viel Stärke das Risiko für subakute Pansenacidosensteigt und der Milchfettgehalt sinkt.

Eine Erhöhung des Eiweißangebotes ist ökonomisch nur dann sinnvoll, wenn in der Ra-tion zuwenig Eiweiß enthalten ist bzw. bestimmte Aminosäuren im Mangel sind. Dannkann die Futteraufnahme und damit auch die Energieversorgung verbessert werden.Um den Effekt von Aminosäurenzulagen besser einschätzen zu können, ist jedoch einAminosäurenbewertungssystem für Futtermittel erforderlich.

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Summary

Increasing the milk protein percentage by feeding strategies – potentials and limits

In theory, milk protein production by dairy cows can be stimulated by an increase in thesupply of either energy or protein to the udder. Glucose is the major energy source formilk protein synthesis. In ruminants, glucose is derived from propionic acid through glu-coneogenesis. Besides propionic acid, amino acids can be used. Extra glucose can beprovided by feeding rumen undegraded starch (e.g. maize), which is digested in thesmall intestine and absorbed as glucose. Thus, an increase in glucose supply either bypropionic acid as a precursor or directly by intestinal glucose absorption has a sparingeffect on amino acids utilised for gluconeogenesis. The extra supply of glucose andamino acids to the udder may increase the synthesis of lactose and milk protein (ca-sein). However, feeding extra starch to stimulate the glucose supply should be imple-mented cautiously to reduce the risks of (sub-acute) rumen acidosis and milk fat depres-sion.Increasing protein supply is economical beneficial when the supply of protein or speci-fic amino acids is inadequate. Improving the protein supply may result in an increaseddry matter intake, thereby also improving energy supply. An adequate prediction of theeffect of amino acid supplementation requires feed evaluation systems that estimate thesupply and status of individual amino acids in dairy cows.

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Milchproteinsynthese

Um die Frage, wie man den Eiweißgehalt in der Milch erhöhen kann, zu beantworten,muss man zunächst klären, was eine Kuh braucht, um Milcheiweiß zu synthetisieren.Die Synthese von Milcheiweiß im Euter ist ein Prozess, der viele Beispiele hat. Für jedenSyntheseprozess braucht man, um etwas zu bilden, Bausteine und Arbeit. Arbeit kannman auch übersetzen in Energie. Man braucht also Bausteine und Energie, um etwaszu bilden. Wie sieht das aus in der Kuh (Abbildung 1)?

Abb. 1Die Synthese von Milcheiweißim Euter

Auch die Kuh braucht Bausteine und Energie. Für die Synthese von Milcheiweiß sinddie Bausteine die Aminosäuren, die die Kuh aus Eiweiß bekommt. Die Energie be-kommt die Kuh aus Glucose und Stärke. Das sind die wichtigsten Quellen für die Milch-eiweißsynthese. Zunächst soll die Versorgung mit Eiweiß betrachtet werden.

Eiweißversorgung

Zur Bilanzierung der Eiweißversorgung stehen viele Systeme zur Verfügung (Abbildung 2):

Abb. 2Systeme zur Bilanzierung der Eiweißver-sorgung der Milchkuh

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Das nXP für Deutschland, das AAS für Skandinavien, das PDI-System für Frankreich,das DVE-System für die Niederlande und Belgien sowie das Metabolisable-Protein-Sy-stem für Großbritannien und die USA. Alle Systeme versuchen zu schätzen, wie vielReineiweiß eine Kuh im Dünndarm absorbiert. Dabei wird die Fermentation und derAufbau von mikrobiellem Eiweiß im Pansen berücksichtigt, sowie die Verdauungspro-zesse im Dünn- und Dickdarm. Die Eiweißversorgung ist damit nicht nur ein Resultatdes Eiweißgehaltes des Futters, sondern auch ein Resultat der Energieversorgung imPansen. Das ist wichtig zu wissen. Einen Teil des absorbierten Eiweißes braucht die Kuhfür die Erhaltung. Das bedeutet also, dass nicht das gesamte absorbierte Eiweiß zurVerfügung steht für die Synthese von Milcheiweiß. Die Frage ist also, welchen Einflussder Eiweißgehalt im Futter auf die Milchleistung hat. Im Jahr 2003 hat BRODERICK ausden USA ein Experiment veröffentlicht, wobei er mit 36 Kühen 9 Behandlungen prüfte.Die Behandlungen waren Mischungen aus drei Stufen Rohprotein und drei Energiestu-fen. Die drei Stufen im Proteingehalt waren, 151 g,167 g und 184 g Rohprotein pro kgTM. Abbildung 3 zeigt, dass eine Steigerung des Rohproteingehaltes von 15,1 % auf16,7 % auch mit einer Steigerung der täglichen Futteraufnahme von 21,2 kg auf22,1 kg und 22,6 kg einherging. Die aufgenommene Rohproteinmenge stieg ebenfalls.Das war das Ziel des Experimentes gewesen. Und es ist zu erkennen, dass die Steige-rung von 15,1 % auf 16,7 % eine Steigerung der Milchleistung von 33 kg auf 34 kg be-wirkte. Ein höherer Rohproteingehalt hatte weder auf die Milchleistung noch auf den Ei-weißgehalt einen weiteren Effekt. Dieser steigerte sich erst von 2,99 % auf 3,03 %, bliebdann aber konstant. Die Eiweißproduktion pro Tag stieg von 0,99 kg auf 1,02 kg; auchhier wieder kein Effekt bei der höchsten Rohproteinstufe.

Abb. 3Milchleistungspa-rameter und Fut-teraufnahme inAbhängigkeitvon der Eiweiß-versorgung

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Aminosäurenversorgung

Soweit zur Eiweißversorgung. Das Euter braucht aber kein Eiweiß, sondern Aminosäu-ren. Es gibt bisher aber noch sehr wenige Systeme, die auch die Versorgung von indivi-duellen Aminosäuren schätzt. Es ist nicht genau bekannt, welche Menge an individuel-len Aminosäuren absorbiert werden und wieviele individuelle Aminosäuren die Milch-kuh benötigt. Außerdem muss bedacht werden, dass es um die Versorgung des Eutersmit Aminosäuren geht. Das Euter hat aber Konkurrenz von anderen Organen. Nebendem Euter sind auch die Verdauungsorgane und das Immunsystem wichtige Verbrau-cher von Aminosäuren (Abbildung 4).

Abb. 4Versorgung derMilchkuh mitAminosäuren

Das Euter absorbiert die Aminosäuren aus dem Blut. Die Konzentration im Blut ist alsoeine wichtige Voraussetzung. Es gibt 21 verschiedene Aminosäuren. Die Aminosäurenstammen aus verdautem Protein, das im Dünndarm absorbiert wird. Einige Aminosäu-ren werden in der Leber synthetisiert und auch die Muskeln sind ein Depot von Amino-säuren. Die Aminosäuren, die das Tier nicht selbst synthetisieren kann, sind die essen-tiellen Aminosäuren. Vor etwa 10 Jahren wurde in Lelystad (MEIJER et al., 1995) ge-prüft, wie sich der Aminosäurengehalt im Blut rund um das Kalben ändert.

Dazu standen 36 Kühe zur Verfügung. Blut wurde wöchentlich und später dreiwöchent-lich beprobt. Muskelbiopsien erfolgten 1 Woche vor dem Kalben sowie in der 3. und15. Woche der Laktation. Es erfolgten dann Analysen der freien Aminosäuren im Blut-plasma und in den Muskeln (Abbildung 5). Abbildung 6 zeigt den Verlauf einer ausge-wählten Aminosäure, in diesem Fall Methionin.

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Abb. 5Material undMethoden zurVeränderung derAminosäuren inBlut und Muskelnbei der Milchkuhin der Früh-laktation

Abb. 6Verlauf vonfreiem Methioninim Blutplasma

Die vertikalen Streifen zeigen die großen Variationen zwischen den Tieren. Wenn manden mittleren Wert beachtet, dann sieht man, dass der Methioningehalt schon in derWoche vor dem Kalben sinkt und dass die Konzentration sich nach dem Kalben nichtverändert, sondern konstant bleibt. Also auch nach 15 Wochen hat die Konzentrationsich nicht erholt bis auf den Anfangswert vor dem Kalben. Solche Grafiken wurden füralle Aminosäuren erstellt und in Abbildung 7 zusammengefasst:

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Abb. 7 Relative Änderungen der freien Aminosäuren

In der linken Darstellung sieht man die Veränderungen der nicht essentiellen Amino-säuren. Der Wert am Ende der Trächtigkeit ist als Anfangskonzentration gleich 100 ge-setzt. Es ist zu erkennen, dass die Konzentration der meisten dieser nicht essentiellenAminosäuren nach dem Kalben auf eine Konzentration von über 100 ansteigt. In dermittleren Abbildung wird gezeigt, was in den ersten 15 Wochen nach dem Kalben mitden essentiellen Aminosäuren passiert: Die Konzentrationen sehr vieler Aminosäurensind niedriger als vor dem Kalben und erholen sich nicht. Dies wurde für die meisten es-sentiellen Aminosäuren ermittlelt. In der rechten Darstellung sieht man, dass sich auchdie nicht essentiellen Aminosäuren Glutamin und Glutaminsäuren verhalten, als wärenes essentielle Aminosäuren. Die Autoren MEIJER et al. (1995) vermuten, dass Glutaminund Glutaminsäure wichtige Aminosäuren für das Immunsystem sind. Eine Reduktionder Plasmagehalte an Glutamin und Glutaminsäure kann folglich die Immunantwort derMilchkuh in dieser Phase beeinträchtigen. Eine hohe Milchleistung beeinträchtigt dem-zufolge auch die Immunabwehr.

Methionin

In der mittleren Darstellung sind die Aminosäuren zu erkennen, die man als erstlimitie-rend für die Milch-Eiweiß-Synthese betrachtet. Die bekannteste ist das Methionin. MitMethionin hat man eine Vielfalt von Versuchen gemacht. Meistens handelte es sich

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dann um geschütztes Methionin. Das ist ein Methionin, das nicht im Pansen fermentiertwird. Kürzlich ist ein neues Produkt auf den Markt gebracht worden: das SmartaminPlus. Erste Ergebnisse über ein Experiment mit Milchkühen wurden jetzt von ST. PIERREund SYLVESTER (2005) publiziert (Abbildung 8):

Abb. 8Einfluss des pansengeschütz-ten Methionins»SmartaminPlus« auf dieMilchproduktion

Die Tiere bekamen zwei Behandlungen: Kontrolle oder dieselbe Ration mit SmartaminPlus. Smartamin Plus bewirkte eine Steigerung der Milchleistung von 39,8 auf 42,3 kg.Auch der Reineiweißgehalt wurde erhöht von 2,81 auf 2,97 %. Zusammen ergab daseine Erhöhung der Reineiweißproduktion von etwa 130 g/Tag. Außerdem wurde eineleichte, aber nicht signifikante Zunahme der täglichen TM-Aufnahme von 22,7 auf 23,5kg registriert. Die gelben Zahlen waren signifikant. Dies ist also ein sehr deutliches Re-sultat über geschütztes Methionin. Die Ergebnisse sind aber nicht immer so deutlich. Einanderer Versuch, auch dieses Jahr publiziert von GIRARD et al. (2005), hat den Einflussvon Smartamin M, ein anderes geschütztes Methionin, getestet (Abbildung 9):

Abb. 9Einfluss des pan-sengeschütztenMethionins»Smartamin M«auf die Milchpro-duktion

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Es war eine leichte Reduzierung der TM-Aufnahme zu verzeichnen. Der Eiweißgehaltstieg von 3,19 auf 3,50 % und auch der Caseingehalt, also der Reineiweißgehalt, wur-de erhöht von 2,66 auf 2,92 %. Aber es ist auch zu erkennen, dass die Aufnahme unddie Milchleistung bei der Versuchsbehandlung niedriger waren als bei der Kontrolle.Man kann sich also die Frage stellen, ob die 4 Liter weniger Milch nicht zu einer Ein-dickung der Milch geführt haben und ob das die Ursache ist für den höheren Milchei-weißgehalt.

Energieversorgung

Bei der Energieversorgung geht es um Glucose. Glucose kommt von der absorbiertenStärke im Dünndarm oder von der Glucose aus der Gluconeogenese in der Leber. Derwichtigste Stoff für die Gluconeogenese ist Propionsäure, aber auch Aminosäuren wer-den dafür gebraucht. Durch die Gluconeogenese aus den Aminosäuren besteht also einZusammenhang zwischen Energie und Aminosäuren.Wenn man geschützte Stärke hat, kommt Stärke in den Dünndarm und kann dort, nachenzymatischen Prozessen, als Glucose absorbiert werden. Ein Teil der Stärke wird imPansen auch fermentiert zu Propionsäure. Auch andere Kohlenhydrate, die Fasern, lie-fern einen Teil der Propionsäure.Die Glucose ist ein wichtiger Baustein für Lactose. Die Lactoseproduktion ist wichtig,weil sie direkt im Zusammenhang mit der Milchmenge steht. Eine erhöhte Lactosepro-duktion bedeutet auch mehr Milch. Wie schon erwähnt, können auch die Aminosäurenbei der Gluconeogenese für die Synthese von Glucose verbraucht werden. Ein Mangelan Glucose kann also eine erhöhte Gluconeogenese aus den Aminosäuren bedeuten,was wiederum zu einem Mangel an Bausteinen für die Synthese von Milcheiweiß füh-ren kann. Anders gesagt, mehr Glucose spart Aminosäuren und damit stehen mehrBausteine für die Milcheiweißsynthese zur Verfügung. Glucose wird außerdem als Ener-giequelle für die Bildung von Milcheiweiß aus Aminosäuren benötigt (Abbildung 10).

Abb. 10Beziehung zwi-schen Energieund Eiweiß beider Milchkuh

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Mit diesen Kenntnissen ein Blick zurück zu dem Versuch von BRODERICK (2003) mitdrei Eiweißstufen und drei Energiestufen in der Ration (Abbildung 11):

Abb. 11Milchleistungs-parameter undFutteraufnahmein Abhängigkeitvon der Energie-versorgung

Der Energiegehalt in der Ration war durch eine Steigerung des Kraftfutteranteils von6,5 auf 6,7 und 6,8 MJ NEL/kg TM erhöht. Mit steigendem Energiegehalt stieg auchdie Energieaufnahme von 142 auf 150 MJ NEL/Tag. Die Milchleistung erhöhte sich von31,2 auf 36,2 kg/Tag und auch zwischen den verschiedenen Stufen war immer einesignifikante Differenz vorhanden. Der Eiweißgehalt wurde gesteigert von 2,95 über3,01 auf 3,08 %. Die täglich produzierten Mengen an Eiweiß als auch an Lactose wur-den durch die Extraenergie gesteigert.

Zusammenfassung und Schlussfolgerungen

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass mit Extraenergie nicht nur zusätzlicheEnergie für die Synthese von Milcheiweiß zur Verfügung steht, sondern auch mehr Glu-cose für die Lactosebildung sowie extra Aminosäuren als Bausteine für die Synthese vonMilcheiweiß. Eine Erhöhung des Milcheiweißes und der Milcheiweißmenge durch eineErhöhung der Versorgung mit Eiweiß oder Extraaminosäuren ist hingegen nur sehr be-grenzt möglich. Positive Erfolge sieht man nur, wenn in der Kontrolle ein Mangel in derAminosäurenversorgung besteht oder wenn die Erhöhung zu einer verbesserten Futter-aufnahme führt. Die Versuche mit pansengeschütztem Methionin ergaben eine mittlereErhöhung von etwa 0,2 % Milch Extraeiweiß, d. h. eine Zunahme von 50-100 g Milch-eiweiß/Tag. In vielen Versuchen war keine erhöhte Milchleistung zu verzeichnen. Umden Effekt von geschützten Aminosäuren noch besser einzuschätzen, ist jedoch einAminosäurenbewertungssystem für Futtermittel erforderlich. Bislang gibt es das aller-dings nur für Methionin und Lysin im französischen PDI-System sowie im DVE-Systemder Niederlande.

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Literatur

BRODERICK, G.A. (2003): Effects of varying dietary protein and energy levels on the productionof lactating dairy cows. J. Dairy Sci. 86: 1370-1381.GIRARD, C.L., H. LAPIERRE, J.J. MATTE und G.E. LOBLEY (2005): Effects of dietary supplements offolic acid and rumen-protected methionine on lactational performance and folate metabolism ofdairy cows. J. Dairy Sci. 88: 660-670.MEIJER, G.A.L., J. VAN DER MEULEN, J.G.M. BAKKER, C.J. VAN DER KOELEN und A.M. VANVUUREN (1995): Free amino acids in plasma and muscle of high yielding dairy cows in early lac-tation. J. Dairy Sci. 78: 1131-1141.ST. PIERRE, N.R. und J.T. SYLVESTER (2005): Effects of 2-hydroxy-4-(methylthio) butanoic acid(HMB) and its isopropyl ester on milk production and composition by Holstein cows. J. Dairy Sci.88: 2487-2497.